HNO-Gemeinschaftspraxis Lippel & Bugarschi Kirchgasse 5 55469 Simmern Hunsrück Fon: 0049(0)6761 970970 Email: [email protected] Internet : www.hno-team-simmern.de Was sind Otoakustische Emissionen (OAE)? Bis in die achtziger Jahre gab es einen Widerspruch zwischen der bekannten Leistungsfähigkeit des Innenohres mit seiner hohen Frequenzauflösung, der Bewältigung eines großen Dynamikbereichs und den experimentell messbaren mechanischen Eigenschaften dieses Sinnesorgans. Die bislang gültige Vorstellung über die cochleäre Mechanik brachte keine hinreichende Erklärung für die Leistungsfähigkeit des Innenohres. Heute weiß man vom nichtlinearen Verhalten der Cochlea in Abhängigkeit von der Stärke des einfallenden Signals. Ende der siebziger Jahre wurde die Entdeckung gemacht, dass unser Innenohr nicht nur als Empfänger sondern auch als Sender von Schallsignalen fungiert, die im Gehörgang von feinen Mikrofonen aufgefangen und dann entsprechend analysiert werden können. Ab einem gewissen Maß von Schwerhörigkeit lassen sich jedoch diese Schallsignale nicht mehr nachweisen. In diesem Zusammenhang ergab sich eine Erklärung für das Modell einer Haarzellaktivität in der Cochlea im Sinne einer vielfachen Verstärkung schwacher Eingangssignale in einem engen Frequenzbereich. Die hohe Empfindlichkeit des normalen Gehörs, die präzise Frequenzanalyse bei großer Dynamik und der Lautheitsanstieg bei geschädigten Haarzellen finden hier eine Begründung. Der Aktivitätsnachweis der äußeren Haarzellen der Cochlea (Otoakustische Emissionen) bringt Aufschluss über die für das normale Gehör notwendige Verstärkung und Abstimmung des Schallsignals, ein Fehlen oder eine Minderung der Aktivität erlaubt Rückschlüsse über die Funktion bzw. Dysfunktion des Innenohres. In Ergänzung zu anderen audiologischen und neurootologischen diagnostischen Verfahren ergibt sich mit den Otoakustische Emissionen die Möglichkeit einer verbesserten Innenohrdiagnostik. Die Stärke dieser Methode liegt wohl in der relativ unproblematischen Abklärung angeborener Hörstörungen im Rahmen eines Screenings von Neugeborenen, oder bei Säuglingen und Kleinkindern, bei denen orientierende Hörprüfungen keine ausreichende Sicherheit geben. Wie funktionieren die otoakustischen Emissionen? Schallwellen gelangen über den äußeren Gehörgang zum Trommelfell. Die induzierten Schwingungen werden über die Gehörknöchelchenkette ( Hammer, Amboss, Steigbügel) auf das ovale Fenster übertragen. Der Schalldruck wird hierbei über das Flächenverhältnis von Stapes zur Fußplatte und über die Hebelwirkung der Kette transformiert, also verstärkt. Das Innenohr (Vestibularorgan und Cochlea) ist mit Lymphe gefüllt. Basilarmembran und Reissner-Membran trennen den blind endenden Ductus cochlearis mit dem Corti-Organ (gefüllt mit kaliumreicher Endolymphe aus der Stria vestibularis) von der Scala tympani und Scala vestibularis ( gefüllt mit kaliumarmer, vom liquor cerebrospinalis stammender Perilymphe). Das auf der Basilarmembran liegende Corti-Organ ist Sitz der Innenohrsinneszellen ( äußere und innere Haarzellen). Die über Trommelfell und Gehörknöchelchenkette dem Innenohr zugeleitete Schallwellen erzeugen im Ductus cochlearis eine Wanderwelle, die frequenztypisch an umschriebenen Orten der Basilarmembran scharfe Auslenkungen erzeugt. Diese Orte hängen also direkt von der Reizfrequenz ab. Es werden hohe Frequenzen nahe dem ovalen Fenster, tiefe Frequenzen in den apikalen Abschnitten der „Schnecke“ abgebildet, die Welle von den aktiven „motorischen“ äußeren Haarzellen verstärkt und von den hierdurch angeregten passiven inneren Haarzellen im Sinne eines bioelektrischen Signals frequenzabhängig zum Hörnerv weitergeleitet. Ein akustischer Reiz löst neben den bioelektrischen Vorgängen in den Sinneszellen des Innenohres auch mechanische Antwortereignisse aus, die als retrograde Wanderwellen vom Ort der Reizantwort ausgehend und zum ovalen Fenster zurücklaufend, den Stapes in Schwingung versetzen und als Schallwellen im Gehörgang mit empfindlichen Mikrophonen gemessen werden können. Bei der Messung wird nun ein breitbandiger Click-Reiz in den äußeren Gehörgang appliziert, die Reizantworten der äußeren Haarzellen zeitlich versetzt im Gehörgang aufgefangen, wobei die Emissionen der mittelohrnahen und für hohe Frequenzen zuständigen äußeren Haarzellen aufgrund der im zeitlichen Verlauf früheren Erregung und der „kürzeren Strecke“ eher aufgenommen werden , als die Emissionen der äußeren Haarzellen in der „Schneckenspitze“ (tiefe Frequenzen). Bis zu einem gewissen Grad lässt sich also auch eine Aussage über den Ort der Schädigung der äußeren Haarzellen machen. Otoakustische Emissionen erhält man nur bei weitgehend intakten äußeren Haarzellen. Gute Untersuchungsbedingungen sind naturgemäß eine geräuscharmen Umgebung und idealerweise ein ruhiges Kind.