Das Hackbrett

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Das Hackbrett
Ein kurzer Überblick
Das Hackbrett ist ein trapezförmiger, mit Saiten bespannter Holzkörper. Mehrere Saiten sind
gleichgestimmt und zu sogenannten Chören zusammengefasst. Die Anordnung variiert je nach
Bauweise und Region. Im Italien des 18. Jahrhundert z.B. wurden vorwiegend die ersten
Kreuztonarten benützt und deshalb sind auf den erhaltenen Instrumenten diese Tonarten bevorzugt.
Die heute in Mitteleuropa gespielten Instrumente sind durchwegs chromatisch, d.h. alle Ganz- und
Halbtöne sind vorhanden und zwar über etwa drei Oktaven. Es gibt kaum eine Gegend der Welt, wo
das Hackbrett nicht gespielt wurde
Die Ursprünge des Hackbrettes sind noch nicht genau erforscht. Ältere Studien datieren die ersten
Hackbretter in Persien, um das Jahr 1000. Neuere Untersuchungen von Reliefs aus Assyrien,
zwischen dem neunten und dem siebten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung, zeigen ein
Instrument, das mit grösster Wahrscheinlichkeit als ein Vorgänger des Hackbretts bezeichnet
werden kann. Somit wäre das Hackbrett mit seinen nachgewiesenen ca. 2800 Jahren eines der ganz
alten Instrumente der Welt.
Das zurzeit älteste Zeugnis eines Hackbrettes in Europa ist aus dem Jahr 988 und findet sich auf
einem Bild in der Hofkapelle des Bischof von Canterbury.
In der europäischen Musik sind verschiedene Blütezeiten des Hackbretts auszumachen:
Von 1400 – 1500; von 1700 – 1800 und zaghaft seit ca. 1870 (Ungarn) und seit 1970 auch in der
Schweiz.
Holzschnitt, Basel 1511
Ruedi Bischoff Wolfganghof 7 i CH–9014 St. Gallen 071/278 76 51 / März 2001
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Über die ersten Hackbretter in der Schweiz liest man in Ratsbüchern, (1447
Zürich) oder Gerichtsprotokollen (z.B. vom 24. April 1631 aus Bern), wo
berichtet wird, man habe verbotenerweise zum Hackbrett getanzt. Aus der
Ostschweiz ist erwähnenswert, dass auch der aus dem Toggenburg
stammende Zürcher Reformator Ulrich Zwingli (1484 – 1531) das
Hackbrett gespielt habe.
Aus Appenzell ist folgendes bekannt: "1646 wurde ein Tiroler
Hackbrettspieler, der an der Maienkilbi in Appenzell zum Tanze
aufgespielt, über das Mass getrunken hatte, und sich Intimitäten mit
Mädchen erlaubt hatte, mit fünf Pfund gebüsst und beim Eide aus dem
Buchmalerei
von Caspar
Lande verwiesen."
Härteli 1562
Stiftsbibliothek St. Gallen
Das Hackbrett in der klassischen Musik
Zur Zeit sind zahlreiche Originalwerke für Hackbrett (vor allem aus dem 18. Jahrhundert) erhältlich.
Und jedes Jahr werden in Museen und Archiven neue "alte" Werke gefunden und veröffentlicht.
Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert hat das Hackbrett kontinuierlich an Popularität
gewonnen, auch zeitgenössische Komponisten wie Paul Huber, Heinz Holliger, Alfons Zwicker und
Daniel Ott (Weltausstellung in Hannover 2000) aus der Schweiz, aber auch Harald Genzmer und
Ruedi Spring aus Deutschland, haben für das Hackbrett komponiert.
Heute gibt es Bearbeitungen für Hackbrett
aus sämtlichen Stilrichtungen des klassischen
Repertoires, und von allen wichtigen
Komponisten.
Leider sind viele noch nicht publiziert und
somit manchmal schwierig zu erhalten.
Homme du Qualité jouant du Tympanon
Französischer Stich um 1700
Ruedi Bischoff Wolfganghof 7 i CH–9014 St. Gallen 071/278 76 51 / März 2001
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Das Hackbrett in der Volksmusik
Neben der klassischen hat das Hackbrett auch eine volkstümliche Tradition. Diese ist in
verschiedenen Regionen nie unterbrochen worden, und hier hat das Hackbrett einen so wichtigen
Platz, dass manchmal seine Bedeutung für andere Stilrichtungen vergessen wird.
In Europa sind dies (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):
Appenzell – Toggenburg
Wallis
Bayern
Tirol
England
Griechenland
Osteuropa (Ungarn, Rumänien, Weissrussland...)
Im Text heisst es:
Das Hackpret ist ein alter Fund
Sein Ursprung aber ist nicht kund
Doch meinen etlich für gewiss
Dass von der Harpfen es entspriss
Und von David sei erstlich gstifft
Und wie solchs bezeugt Josephi Schrifft
Der schreibt das David hab gar vil
Erfunden newen Seitenspil
Und ausgetheilt inn die Leviten
Ein sonder Instrument eim jeden
Deren eins soll das Hackpret sein
Bei Frauen ist es sehr gemein
Tobias Stimmer (1539-1584) Hackbrettlerin
Ruedi Bischoff Wolfganghof 7 i CH–9014 St. Gallen 071/278 76 51 / März 2001
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Das Hackbrett in der zeitgenössischen oder populären Musik
Berührungsängste mit populärer Musik gehören der Vergangenheit an. Es gibt viele Beispiele, dass
das Hackbrett seinen Platz gefunden hat, und noch weiter ausbauen wird. Erwähnt seien: Roland
Schildknecht mit seinem Preisgewinn beim Jazzfestival in Kaiseraugst, Remo Crivelli mit seiner
Gruppe Selection, Walter Alder mit Alder–Argentia–Appenzell, und viele, viele andere mehr.
(Bitte verzeiht mir, dass ich Euch nicht alle namentlich erwähne).
Relief aus Ninife Assyrien
700–900 v. Chr.
Ruedi Bischoff Wolfganghof 7 i CH–9014 St. Gallen 071/278 76 51 / März 2001
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Einsatzmöglichkeiten des Hackbretts
Das Hackbrett ist weder ein Schlag- noch ein Zupf-, noch ein Tasteninstrument, es bewegt sich
irgendwo dazwischen. Man spielt Melodien, Begleitungen, Akkorde. Es wird je nach Stil eingesetzt
als:
• Melodieinstrument
• Begleitinstrument: mit einer Begleitstimme oder akkordisch, auch ein Basso Continuo Einsatz ist
möglich.
• Rhythmusinstrument: in der Streichmusik oder im Jazz wird das Hackbrett oft auch rhythmisch
eingesetzt.
• Ein weiteres, grosses Einsatzgebiet ist die Improvisation.
Das Hackbrett im Unterricht
Beim Hackbrett sind alle Töne schon da, sie liegen vor einem ausgebreitet. Die Saiten werden mit
kleinen Schlägern, den sogenannten Rüetli, geschlagen. Dies bedingt und ermöglicht eine direkte
und einfache Tonerzeugung, sinnlich nachvollziehbar und mit einem grossem Spektrum an
Klangfarbe und Dynamik.
Vermittelt werden kann (mit sehr individueller Gewichtung):
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Melodiespiel
Harmonielehre (für Begleitungen)
Rhythmus
Koordination (manchmal spielen die Hände gemeinsam, manchmal getrennt, fast gegeneinander)
Gehörbildung (u.a. beim Stimmen)
Memorisierung (zu Beginn wird mehrheitlich nach Gehör und auswendig gespielt.)
Feinmotorik (um das gesamte Spektrum der Dynamik zu erreichen)
Improviation, Spielfreude und eigener Ausdruck und Kreativität
Dank der Breite der Einatzmöglichkeiten ein Kennenlernen von verschiedenen Musikstilen
Schwierigkeiten oder Nachteile:
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Das Hackbrett ist ziemlich schwer und gross, manchmal etwas unhandlich.
Das Stimmen braucht zu Beginn viel Geduld und Zeit.
In der Öffentlichkeit ist das Hackbrett noch immer mit dem Cliché der Volksmusik behaftet.
Orchesterleiter sind meist hilflos, wenn es darum geht, dem Hackbrett einen Platz zu geben.
Ruedi Bischoff Wolfganghof 7 i CH–9014 St. Gallen 071/278 76 51 / März 2001
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Schlussbemerkungen:
Es gibt weder einen einheitlichen Aufbau des Instrumentes (die Anordnung der Töne variiert nach
Instrumentenbauer und Region) noch einen einheitlichen Lehrplan für das Hackbrett. So
verschieden die Herkunft und der individuelle Hintergrund der Spieler oder der Lehrpersonen, so
verschieden kann auch der Unterricht sein.
Hackbrettlehrkräfte unterrichten privat oder an Musikschulen.
Immer mehr Musikschulen bieten Hackbrett–Unterricht an. Eine weiterführende, instrumentenspezifische Ausbildung (Akademie, Fachhochschule, Jazzschule) ist in der Schweiz zur Zeit noch
nicht möglich.
Auskünfte sind erhältlich bei:
Verband Hackbrett Schweiz (VHbS)
Ruedi Bischoff
Wolfganghof 7 i
CH–9014 St. Gallen
071 278 76 51
[email protected]
Nachzeichnung eines Reliefs aus Ninife, Assyrien
700–900 v. Chr.
Benützte Literatur:
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Das Hackbrett, ein alpenländisches Instrument; Schläpfer &Co Herisau 175
300 Jahre Pantaleon 1689 – 1989; Kulturreferat München 1989
An Assyran Stringed Instrument T.C. Mitchell; British Museum
Ruedi Bischoff Wolfganghof 7 i CH–9014 St. Gallen 071/278 76 51 / März 2001
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