Arve - Gebirgswald

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Professur für Waldbau und Professur für Forstschutz & Dendrologie, ETH Zürich 1995
Pinus cembra L.
Familie:
Pinaceae
Unterfamilie:
Pinoideae
Sektion:
Haploxylon
dtsch.:
franz.:
ital.:
engl.:
Arve, Zirbelkiefer, Zirbe, Zürbel, Zirme
arolle; pin cembro
cembro; pino cembro
Swiss stone pine, cembran pine
Da die Arve in zwei geographisch getrennten Komplexen vorkommt (europäische Arve,
sibirische Arve; vgl. Verbreitungskarte), bestehen verschiedene taxonomische
Auffassungen:
a) es handelt sich um zwei Arten: Pinus cembra L. und P. sibirica Du Tour;
b) es handelt sich um zwei Unterarten: P. cembra ssp. cembra und P. cembra ssp.
sibirica (Rupr.) Kryl.;
Die Beschreibung bezieht sich auf die in den Alpen verbreitete Arve.
Triebe: Langtriebe kräftig, im ersten Jahr rostrot-filzig behaart, später kahl und
dunkelgrau. Knospen: spitz-eiförmig, 6-10 mm lang, harzig, mit sehr vielen Schuppen;
Schuppen in eine Spitze auslaufend; als End- und Quirlknospen an Langtrieben
vorhanden, selten endständig an Kurztrieben, aber dann viel kleiner, mit wenigen
Schuppen. Blätter: nadelförmig, ausschliesslich auf Kurztrieben (ausser früheste
Jugend); fünf Nadeln pro Kurztrieb; derb, fest, 5-8 (-12) cm lang, ca. 1 mm breit, werden
3-6 Jahre alt, Aussenseite dunkelgrün, beide Innenseiten mit weisslichen
Spaltöffnungslinien; Nadelrand fein gesägt; Harzkanäle medial; Nadelscheide fällt im
ersten Jahr ab.
Blüten: Pflanze einhäusig, Blüten getrenntgeschlechtig, windbestäubt; Befruchtung erst
ein Jahr nach der Bestäubung; männliche Blüten sitzen zu vielen an der Basis der neuen
Langtriebe, gelb bis rötlich, eiförmig, zäpfchenartig; Pollen mit 2 Flug-säcken; weibliche
Blütenstände einzeln oder mehrere (meist 2-4) seitlich an der Spitze des diesjährigen
Langtriebes, kegelförmig, bis 1.5 cm lang, blau-violett; wachsen im ersten Jahr wenig, im
zweiten Jahr sehr rasch.
Zapfen/Samen: Zapfen und Samen benötigen für die Reife 1,5 bis 2 Jahre. Zapfen: kurz
gestielt, stumpf eiförmig, 6-8 cm lang, 4-5 cm breit, zuerst violett, reife Zapfen braun.
Samenschuppen dick, bis 2 cm breit, schwach zurückgeschlagen. Zapfen fallen gegen
Ende des zweiten Winters mit den Samen ab und zerfallen am Boden. Samen: ca. 12
mm lang und ca. 6-7 mm dick, hartschalig, ungeflügelt (allerdings ist andeutungsweise
ein Saum vorhanden, der den Samen zangenförmig umfasst); essbar; Tierverbreitung.
Wurzel: Anfänglich Pfahlwurzel, später Entwicklung kräftiger, weitausstreichender
Seitenwurzeln; umklammert gerne Felsblöcke und verwurzelt ausserordentlich fest.
1.2 Phänologie
Blütezeit: je nach Höhenlage im Juni oder Juli; junge Zapfen violett überlaufen, im
zweiten Jahr reifend, dann zimtbraun; Samenreife im Oktober/November des zweiten
Jahres; Abfall des ganzen Zapfens mit den Samen zu Beginn der dritten Vegetationszeit.
1. Artbeschreibung
1.3 Fortpflanzung
1.1 Morphologie
Gestalt: Streng monopodial verzweigte, immergrüne Baumart; Kurz- und Langtriebe;
Aeste streng etagenweise angeordnet; Krone in den ersten Jahrzehnten schlank,
kegelförmig; im Alter durch Umwelteinflüsse oft sehr unregelmässig verzweigt (v.a. im
Freistand), aber auch sehr alte Arven können regelmässig verzweigt sein
(Bestandesbäume); meist dichte Benadelung; ausserordentliche Regenerationsfähigkeit;
Stamm stark abholzig; erreicht Höhen bis 25 m und Durchmesser von über 1 m.
Rinde: Bei jungen Bäumen glatt, grau mit braunen Lentizellen; im Alter wird sie borkig
und längsrissig, graubraun, mit rötlich-braunen Partien.
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Blühreife erst mit 60-70 Jahren, im Mittelland mit 25-30 Jahren; Samenjahre alle 6-10
Jahre, einzelne Bäume alljährlich.
Tausendkorngewicht (TKG): 150-300 g.
Keimfähigkeit von frischem Material ca. 60-80%.
Keimung: im Herbst ausgesäte Samen keimen grösstenteils schon im nächsten Frühjahr;
im Frühjahr ausgesäte Samen dagegen erst nach 2-3 Jahren; durch wiederholte
Kältebehandlung von stratifizierten Samen kann die Keimungsruhe in manchen Fällen
aufgehoben werden.
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Die Samen werden zur Hauptsache durch den Tannenhäher (Nucifraga caryocatactes)
verbreitet, der sie bis zu 15 km von den Mutterbäumen entfernt im Boden oberflächlich
versteckt. Da nur etwa 80% der versteckten Samen gefressen werden, ist die Verjüngung
der Arve gesichert.
3. Standortsansprüche
3.1 Physiologische und ökologische Amplitude, Grenzen
a) Physiologisches Ökogramm (ohne Konkurrenzeinfluss)
1.4 Wachstum
Im 1. Jahr nur Einzelnadeln, im 2. Jahr 5- (ev. 3-) nadelige Kurztriebe; Astquirle werden
frühestens im 5. Jahr gebildet; Entwicklung sehr langsam, 50 jährige Bäumchen auf
2000m m ü.M. nur ca. 2-3m hoch; Höchstalter um 500 Jahre.
Die physiologische Amplitude der Arve ist breit.
dürr
Bemerkung:
Von der Alpen-Arve unterscheidet sich die ssp. sibirica durch grössere Zapfen und
dünnere Samenschalen, durch kürzere Nadeln, braunglänzende, breit hautrandige
Knospenschuppen, ihre Krone ist schmaler; sie erreicht 40 m Höhe.
Physiologisches Optimum
Physiologische Amplitude
frisch
Grenze waldfähiger Standorte
2. Verbreitung
Vorkommensgrenze derFichte
2.1 Horizontalverbreitung
Arve
nass
Ssp. cembra: Alpen und Karpaten. Trotz dieser geographischen Trennung der beiden
Teilareale werden keine geographische Rassen unterschieden.
Ssp. sibirica: östliches Nordrussland über Ural bis West- und Mittelsibirien.
Vorratsanteil in der Schweiz gemäss LFI: 0,52 %.
2.2 Vertikalverbreitung
sehr
sauer
mässig
sauer
basisch
b) Soziologisches Verhalten und Gesellschaftsanschluss
Die Arve kann sich in der oberen subalpinen Stufe der Zentralalpen gegen Fichte und
Lärche durchsetzen.
Gesellschaftsanschluss:
Die Arve kommt von 1300 m ü.M. bis auf 2400 m ü.M, in Strauchform bis 2600 m ü.M.
vor. Ihr Verbreitungsschwerpunkt liegt in der subalpinen Stufe.
Meist dominierend:
Stellenweise dominierend:
Beigemischt:
59
(47), 54, 55, 57, 58, 69
c) Limitierende Faktoren, Grenzen
für Vorkommen, Verbreitung: Die Arve ist eine relativ konkurrenzschwache Baumart. An
ihrer unteren Grenze wird sie von der Fichte verdrängt. Gegenüber der Lärche vermag
sie sich in kontinentalen Klimagebieten durchzusetzen.
für waldbauliche Arbeit: Keine besonderen Grenzen.
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d) Ökologische Kurzbeschreibung
4. Gefährdungen
Die Arve ist eine Halbschattenbaumart. Sie bevorzugt kontinentales Klima in der
subalpinen Stufe, wo sie den Klimaxwald bildet. Bezüglich Wärme und Boden ist
sie wenig anspruchsvoll.
4.1 Abiotische Gefährdungen
a) Verhalten unter Stress
3.2 Detaillierte Standortsansprüche
Wasserstress, Trockenheit: Vermutlich wenig empfindlich.
a) Klimacharakter
Überschwemmung: Kommt normalerweise in Überschwemmungsgebieten nicht vor.
Die Arve bevorzugt Standorte mit kontinentalem Höhenklimacharakter. Sie besiedelt am
häufigsten Nordlagen der subalpinen Stufe. In den Innenalpen ist sie auch in Westlagen
anzutreffen. Luftfeuchte Standorte werden bevorzugt.
Vernässung: Meidet vernässte Böden.
Wechselhafter Wasserhaushalt: Unbekannt.
b) Schattentoleranz/Lichtcharakter
Frost: Unempfindlich. Erträgt während der Vegetationszeit Frost von bis zu -8°C. Mässig
frosttrocknissempfindlich.
in der frühen Jugend: Halbschattenbaumart.
ab Dickungsstufe: Halblichtbaumart. Erträgt eine gewisse Überschirmung durch die
Lärche.
b) Standfestigkeit
Wind: Sturmfest. Bildet zuerst Pfahlwurzel, dann kräftige, weit streichende
Seitenwurzeln.
c) Wärme
Schnee, Schneebruch: Ungefährdet. Widerstandsfähig gegenüber Gleitschnee.
Gesamtwärme: Anspruchslos. Gedeiht noch bei einer mittleren Jahrestemperatur von
0°C.
c) Weitere abiotische Gefährdungen
Winterkälte: Frostunempfindlich, erträgt Temperaturen bis -47°C.
Bei fehlender Schneebedeckung sind junge Arven ziemlich empfindlich.
Jüngere Arven sind auf Schneeschliff empfindlich.
4.2 Biotische Gefährdungen
d) Boden
Generell wenig anspruchsvoll. Optimale Entwicklung auf Rohhumusböden (Eisenpodsol).
Pilze: Gremmeniella abietina (Triebsterben), Phacidium infestans (Weisser
Schneeschimmel).
Insekten: Ocnerostoma copiosella (Arvenminiermotte) Ips amitinus var. montanus
(Grosser Arvenborkenkäfer), Pityogenes conjunctus (Kleiner Arvenborkenkäfer),
Zeiraphera diniana (Grauer Lärchenwickler).
Geologisches Substrat: Indifferent.
Wasserhaushalt: Mittlere Ansprüche.
Nährstoffversorgung: Anspruchslos, erträgt hohe Aziditätsgrade (pH zwischen 3,5 und
5,5). Gedeiht auf armen und wenig entwickelten Böden, sofern sie nicht allzu kompakt
und feucht sind.
Verbiss durch Weidevieh.
Bodenstruktur, physikalische Eigenschaften: Meidet bindige, nasse Böden.
Verantwortlich für den Inhalt:
Professur Waldbau: Kap. 2.2, 3, 4.1
Professur Forstschutz & Dendr.: Kap. 1, 2.1, 4.2
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