Wichtige bakterielle Atemwegserkrankungen beim Schwein Beim Schwein kommt es häufig zu Atemwegserkrankungen. Dementsprechend groß ist auch ihre wirtschaftliche Bedeutung für die Schweineproduzenten. Atemwegserkrankungen können sowohl durch Viren als auch durch Bakterien verursacht werden. Jedoch sind sie meist sehr komplex und selten auf einen einzigen Erreger zurückzuführen. Es handelt sich also um eine typische so genannte Faktorenkrankheit. In der Regel werden Atemwegeserkrankungen durch ungünstige Haltungsbedingungen wie Zugluft, hohen Ammoniak- und Staubgehalt der Luft oder Temperaturschwankungen begünstigt. Auch andere immunsuppressive Faktoren wie Transport, Umstallung oder Rangordnungskämpfe sind im Zusammenhang mit Atemwegserkrankungen von Bedeutung. Diese stallspezifischen, ohne prädisponierende Faktoren nicht pathogene Erreger, schädigen entweder die Schleimhaut oder setzen die Immunabwehr herab. Die Schädigung der Schleimhaut durch den Primärerreger ermöglicht das Angehen einer Sekundärinfektion, die das Krankheitsbild noch verstärkt und sich ungünstig auf den Verlauf auswirkt. Im Zusammenhang mit den bakteriell bedingten Atemwegserkrankungen ist der Erreger der Pleuropneumonie, Actinobacillus pleuropneumoniae (APP), einer der wichtigsten bakteriellen Erreger beim Schwein, seltener beim Ferkel. APP kommt weltweit in vielen Schweinebeständen vor, ohne Erkrankungen auszulösen. Durch schlechte Haltungsbedingungen und virale Infektionen (z.B. PRRS) wird das Angehen einer Infektion von APP begünstigt. Dabei ist allerdings die Virulenz des Erregers von Bedeutung. Diese ist abhängig von den Toxinen (Apx I, Apx II, Apx III), die der Erreger produziert. Die Toxine Apx I und II besitzen die höchste Virulenz. Es sind bislang 15 Serotypen von APP bekannt. Der Erreger gelangt in der Regel durch zugekaufte Tiere in den Bestand, wo er sich dann durch direkten Kontakt und als Tröpfcheninfektion ausbreiten kann. Andere Erreger von bakteriellen Atemwegserkrankungen beim Schwein, in erster Linie beim Saugferkel, sind Bordetella bronchiseptica und Pasteurella multocida. Vetion.de Rehbrücker Weg 4 14165 Berlin www.vetion.de [email protected] 030 / 804 999 37 -1- Diese verursachen zum einen die progressive Rhinits atrophicans (PRT, Schnüffelkrankheit) und zum anderen können sie für Pneumonien verantwortlich sein. Charakteristisch sind hier die nach Ausheilung zurückbleibenden Einschnürungen des Lungengewebes. Im Zusammenhang mit chronischen Pneumonien ist Mycoplasma hyopneumoniae, der Primärerreger der Enzootischen Pneumonie (EP) beim Schwein, ebenfalls von Bedeutung. Außerdem kommt der Erreger der Glässerschen Krankheit, Hämophilus parasuis, ebenso wie Streptococcus suis als Verursacher von Atemwegserkrankungen beim Schwein in Frage. Eine „Schrittmacherfunktion“ besitzen darüber hinaus auch Chlamydien. Erkrankungen der Atemwege äußern sich bei Schweinen, insbesondere bei Ferkeln, durch eine Entzündung der Nasenschleimhaut mit Sekretbildung, Niesreiz und Atembeschwerden. Pasteurella multocida und Bordetella bronchiseptica können außerdem eine Degeneration der Nasenscheidewand und der Nasenmuschel hervorrufen. Gelegentlich kann bei ältern Schweinen auch Nasenbluten beobachtet werden. Besonders empfänglich sind Schweine jedoch für akute und chronische Lungenentzündungen. Diese bedingen eine erhöhte Atemfrequenz und partielle Hyperventilation mit verstärkter Atembewegung und Nasenflügelatmung. Akute Krankheitsgeschehen gehen teilweise mit Fieber und einem gestörten Allgemeinbefinden einher. Die Futteraufnahme ist reduziert oder wird ganz verweigert. In besonders schweren Fällen kann auch Maulatmung sowie Zyanose beobachtet werden. Husten deutet meist auf ein bereits abklingendes oder chronisches Geschehen hin. Bei der Auskultation hört man Rasselgeräusche oder giemende Töne, die das Resultat von Flüssigkeitsansammlungen in der Lunge sind. Wenn Teile der Lunge nicht mehr belüftet werden, sind in diesen Bezirken keine Atemgeräusche zu vernehmen. Pathologisch liegt oft ein Schleimhautkatarrh, Laryngitis, Pharyngitis, Bronchopneumonie und nicht selten auch eine (adhäsive) Pleuritis vor. Vetion.de Rehbrücker Weg 4 14165 Berlin www.vetion.de [email protected] 030 / 804 999 37 -2- Das Erkrankungsbild gibt jedoch ohne Erregernachweis, der sich allerdings häufig schwierig gestaltet, nur Hinweise auf die mögliche Ursache. Atemwegserkrankungen, die mit Peritonitis und Gelenkentzündungen einhergehen, weisen auf die Glässersche Krankheit hin. Sind Veränderungen an der Nasenmuschel zu beobachten, ist eher an eine Infektion mit Bordetella bronchiseptica oder/und Pasteurella multocida zu denken. In jedem Fall ist es bei Erkrankungen der Atemwege wichtig, die Therapie zügig einzuleiten, um ein Kümmern der Tiere zu verhindern. Treten bei mehreren Tieren im Wurf oder Bestand Atemwegserkrankungen auf, sollte prophylaktisch stets der ganze Wurf bzw. die Gruppe behandelt werden. Für die effektive Behandlung von bakteriellen Atemwegserkrankungen ist es von entscheidender Bedeutung, dass ein hoch und schnell wirksames Antibiotikum eingesetzt wird. Nur so können chronische Lungenschäden vermieden, Gewichtszunahmen trotz einer Erkrankung der Atemwege gewährleistet und wirtschaftliche Verluste begrenzt werden. Das eingesetzte Antibiotikum muss sowohl gramnegative als auch grampositive Erreger bekämpfen, da das in Frage kommende Erregerspektrum beide Erregerarten umfasst. Um Gewichtsverluste zu vermeiden und Gewichtszunahmen zu erhalten, muss im Zielgewebe schnell eine genügend große Wirkstoffkonzentration herrschen. Cefquinom, ein Cephalosporin der 4. Generation, hat sich in verschiedenen Studien als zuverlässiger Wirkstoff bei Atemwegserkrankungen von Schweinen erwiesen. Durch seine geringe Bindung an die Proteine des Blutplasmas, kann der Wirkstoff umgehend in das Bronchialsekret abgegeben werden. Bereits zwei Stunden nach der Injektion ist die Konzentration im Bronchialsekret höher als im Blutplasma. Darüber hinaus hat es eine lange Halbwertzeit, wodurch es auch lange zur Erregerbekämpfung zur Verfügung steht. Vergleichsstudien mit Amoxicillin, Enrofloxacin und Ceftiofur ergaben darüber hinaus mit 90,5 Prozent eine signifikant höhere Heilungsrate. Die Anzahl der Rückfälle war bei Cefquinom gegenüber den beiden anderen Wirkstoffen am geringsten. Vetion.de Rehbrücker Weg 4 14165 Berlin www.vetion.de [email protected] 030 / 804 999 37 -3- Der Einsatz von Cefquinom bei Läuferschweinen bewirkt während der ersten sechs Tage nach der Behandlung höhere Gewichtszunahmen als die Behandlung mit Amoxicillin oder Enrofloxacin. Zu den grundsätzlichen prophylaktischen Maßnahmen gehört die Betriebshygiene sowie die Optimierung der Haltungsbedingungen. Diese Maßnahmen beugen nicht nur den Erkrankungen der Atemwege vor. Sie helfen auch, andere Erkrankungen wie z. B. Infektionskrankheiten des Magen-Darm-Traktes vorzubeugen. Dadurch gewährleisten sie den wirtschaftlichen Erfolg in der Schweineproduktion. Neben diesen Maßnahmen kommt unter bestimmten Bedingungen gegen einige Erreger auch eine prophylaktische Bestandsimpfung in Betracht. So existiert ein hoch wirksamer Impfstoff gegen APP, der serotypübergreifend beim Schwein eine Immunität gegen die feldüblichen Serotypen hervorruft. Eine wichtige hygienische Maßnahme ist die weitestgehende Unterbindung des Personenverkehrs. Die im Betrieb verkehrenden Personen sollten betriebseigene Kleidung tragen. Damit wird sowohl der Eintrag von Erregern als auch die Verbreitung von im Betrieb vorhandener Erreger verhindert. Auch der Tierverkehr sollte so weit wie möglich beschränkt werden. Dazu gehört auch die Begrenzung des Zukaufs von Tieren. Diese sollten immer nur von den gleichen ausgesuchten Lieferanten stammen. In diesem Zusammenhang sollte auch der Zukauf so genannter SPF-Tiere erwogen werden. Das Stallklima (Temperatur, Zugluft, Schadgase) ist ebenfalls zu optimieren und regelmäßig zu überprüfen. Die Impfung kann bei verschiedenen Erkrankungen hilfreich sein, weitere Verluste zu vermeiden oder die Sanierung voranzutreiben. Vetion.de Rehbrücker Weg 4 14165 Berlin www.vetion.de [email protected] 030 / 804 999 37 -4-