ZUSAMMENFASSUNG Die Patagonischen Anden befinden sich im

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ZUSAMMENFASSUNG
Die Patagonischen Anden befinden sich im Westen der Südspitze Südamerikas und bilden eine
einzigartige Fjord- und Gletscherregion. Das gesamte Gebiet ist tektonisch sehr aktiv. Die
Subduktion der pazifischen Platte unter den südamerikanische Kontinent und die dadurch
hervorgerufene Neotektonik, sowie die mitten durch das Untersuchungsgebiet verlaufende
Magallanes-Fagnano Transformstörung, welche die Scotia Platte im Süden von der
südamerikanischen Platte im Norden trennt, beeinflussen bis heute die geologischen und
geomorphologischen Prozesse in der Region. Die Geomorphologie wurde/wird auch vor allem
durch die ausgeprägte Erosion von wiederholten quartären Gletschervorstößen entlang von
aktiven Störungszonen (z.B. Magallanes-Fagnano) geprägt. Außerdem haben unterschiedliche
erosionsresistente Gesteinsformationen sowie unterschiedliche Klimabedingungen und
Vegetationen die lokale Denudation stark beeinflusst.
Zur Erforschung der natürlichen Steuermechanismen der Krustenabtragung wurde ein
Untersuchungsgebiet zwischen 52° und 54°südlicher Breite ausgewählt, welches im Zentrum
der südhemispärischen Westwindzone liegt. Die Gebirgskette der Anden bildet eine
Klimascheide, wodurch die mit den vorherrschenden Westwinden korrelierenden, extremen
Niederschläge ungleichmäßig verteilt sind. Auf der Luvseite der Anden betragen die
Niederschläge je nach Höhenlage 3.000 – 10.000 mm/a und auf der Leeseite dagegen nur 550
mm/a. Die unterschiedlichen Vegetationstypen in der Region spiegeln deutlich diese
Niederschlagsverteilung aber auch Substrateigenschaften wider. Die mittleren Jahrestemperaturen liegen auf Meeresniveau bei etwa 6,5°C und im Zentrum der höchsten Erhebungen
des Gran Campo Nevado (GCN) bei 0,5 - 3°C, so dass Permafrost-Prozesse kaum einen Rolle
spielen. Das GCN-Gebiet (max. 1.700 m ü. NN) ist von einer 200 km2 großen Eiskappe bedeckt.
Einige der abfließenden Talgletscher kalben noch heute in die Fjorde.
In dieser Arbeit wurden erstmals post-glaziale, holozäne Denudationsraten für fünf
geschlossene See-Einzugsgebiete stellvertretend für die gesamte Region berechnet. Die bisher
publizierten Denudationsraten aus den Südpatagonischen Anden beinhalten im Gegensatz zu
unserer Methode auch Komponenten der glazialen Erosion. Da die glaziale Erosion um ein
Vielfaches intensiver ist als die reine post-glaziale Abtragung, sind diese Denudationsraten nicht
repräsentativ für die rezenten Prozesse. Die von uns angewandte Sedimentvolumen-Methode
basiert auf der Berechnung post-glazialer Sedimentvolumina und –massen anhand von
Sedimentechographien und Bohrkernen. Mittels der Bohrkernparameter (Alter, Wasseranteil, C orgGehalt) werden die Sedimentvolumina in denudierte, minerogene Massen umgerechnet, die auf
die fernerkundlich bestimmte Einzugsgebietsgröße zurückgerechnet werden. Anhand der
klimatischen Parameter (Niederschlag und Temperatur) und der Einzugsgebiets-spezifischen
Parameter (Zeitspanne nach dem Gletscherrückzug, Art und Flächenanteile der Vegetation,
Gesteinsart und Grad der Bedeckung) werden die ermittelten Denudationsraten diskutiert. Diese
sind niedrig (0,21-23,42 t/km2/a) und mit Werten von nordhemisphärischen Rundhöckerlandschaften vergleichbar. Die Daten zeigen, dass lokal unterschiedliche Niederschlagsmengen
kaum eine Rolle spielen. Dagegen stellen Substrat und Vegetation die einflussreichsten
Abtragungsfaktoren dar. Neben der physikalischen Abtragung beträgt die chemische Denudation
in Torfmoorgebieten bis zu 50%.
Neben den Seen stellen die Fjorde ein wichtiges Sedimentationsgebiet dar. Die Fjorde folgen als
Relikte der glazialen Erosion den drei Hauptstörungsrichtungen der Region, von denen die
Magallanes-Fagnano Streichrichtung die stärkste Prägnanz zeigt. Aus den vergletscherten
Gebieten des GCN‘s werden glaziale Sedimente über Flüsse und Gletscher in die Fjorde
transportiert. Die Schwebfracht wird dann mit oberflächennahen Suspensionsfahnen abhängig
von Windeinflüssen und der Orientierung der Fjorde transportiert und abgelagert. Die
bathymetrisch untersuchte, subaquatische Morphologie wird von Moränen, tektonischen
Lineamenten und Grundgebirgsformationen kontrolliert und hat nur wenig Einfluss auf die
dominierende Suspensionssedimentation. An Schwellen vermischen sich jedoch die stärker
salinaren Bodenströmungen mit dem Oberflächenwasser, so dass die Tonpartikel stärker
flokkulieren und dadurch schneller sedimentieren. Die sekundären Umlagerungsprozesse und
Deformationsgefüge der Fjordsedimente, wie z.B. Entwässerungsstrukturen und biogene
Gasaustritte, wurden ebenfalls untersucht. Einige der bathymetrisch kartierten Hangrutschungen
konnten rezenten Erdbeben zu geordnet werden.
Während des spätglazialen Gletscherrückzuges kam es oft zu Durchbrüchen der sich
zurückziehenden Gletscherbarrieren. Der 320-km3-große Ausbruch des proglazialen Otway Sees
vor etwa 14.000 Jahren wurde im Rahmen dieser Arbeit rekonstruiert. Die damit verbundene
Wasserspiegelsenkung um 90 m führte zu einer extremem Erosion in den freigelegten
Uferbereichen und hinterließ eine markante Winkeldiskordanz zu den Sedimenten, die sich nach
der anschließenden marinen Ingression und dem erneuten Meeresspiegelanstieg ablagerten.
Terrestrische und subaquatische Terrassensysteme dokumentieren die durch Trans/Regressionen oder isostatischen Ausgleich hervorgerufenen veränderten See- oder
Meeresspiegelstände. So führten z.B. die isostatischen Hebungen im Bereich des GCN zum
vorübergehenden Trockenfallen flachmariner Bereiche oder Schwellen, so dass der Zustrom von
Meerwasser aus dem Pazifik häufiger in bestimmten Fjordbereichen unterbrochen wurde. Die
Perioden limitierten Meerwasserzustroms konnten anhand von Sedimentbohrkernen und PaläoSalinitäts-Proxies bestimmt werden.
Bei zunehmender Klimaerwärmung und damit verbundenen vermehrten Niederschläge werden
verstärkte Erosionsprozesse und ein höherer Eintrag von gelösten Stoffen in die Ozeane erwartet.
Dies dürfte in Zukunft Auswirkungen auf das Untersuchungsgebiet haben. Die sensiblen,
terrestrischen Ökosysteme reagieren dort sofort auf die klimatischen Änderungen. Dadurch
könnten die zukünftigen, post-glazialen Denudationsraten sowie die Massenverlagerungsprozesse nachhaltig beeinflusst werden.
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