4.3.3 Fluviale Formung Quantitativ wichtigster geomorphologischer Abtragsprozess auf der Erdoberfläche Hohe Energiemenge (Potenzialenergie) im Wasserkreislauf Umsetzung in Reibungsarbeit, Erosions- und Transportvorgänge Begriffe Erosion: Linearer Abtrag durch fließendes Wasser Denudation: flächige Tieferlegung des Reliefs Transport: Bewegung von Material mit dem Wasser dominant z.B. bei Tieflandsflüssen Lösungsfracht Schwebfracht dominant z.B. bei Gebirgsbächen Sohlfracht Schwimmfracht Akkumulation: Ablagerung der Fracht bei nachlassender Transportkraft 4.3.3.1 Fluvialer Hangabtrag Splash- oder Planschwirkung beim Auftreffen von Regentropfen (Zepp 2003, S. 126) Kinetische Energie ausgewählter Niederschlagsarten Intensität mittlerer Durchmesser Fallgeschwindigkeit [mm/h] [mm] [m/s] [kJ/m²•h] 0,10 1,00 1,20 2,10 3,00 0,20 4,20 4,90 6,90 8,40 10-3 100 101 103 104 Art Sprühregen Nieselregen Leichter Regen Starker Regen Gewitterregen 0,2 0,5 1,0 15,0 100,0 kinetische Energie (Auerswald 1998) Oberflächenabfluss und Rillenerosion Oberflächenabfluss führt zu flächiger Denudation Konzentration des Abflusses: Rillenerosion Rinnenerosion Rinnenerosion durch Abflusskonzentration hpts. auf unbewachsenen Flächen z.B. Rodung, unangepasste Landnutzung, Überweidung Badlandbildung innerhalb weniger Jahre bis Jahrzehnte Bodenerosion als anthropogenes Phänomen Intakte Vegetation verhindert Abfluss und Hangabtrag fast vollständig auf bewirtschaften Flächen und Brachland Steigerung um Zehnerpotenzen Bedeutung von Erosionsschutz (Mulchen, Konturpflügen etc.) 4.3.3.2 Erosion, Transport, Akkumulation Laminares Fließen am schnellsten entlang des Stromstriches und nahe der Oberfläche (Reibung an Ufern und Grund) Größere Erosionsleistung bei turbulentem Fließen Arten der Erosion Tiefenerosion Seitenerosion Rückschreitende Erosion Belastungsverhältnis (BV) = Last (L) / Schleppkraft (S) < 1: Freie Energie zur Erosion ≈ 1: Transport, evtl. Mäandrieren > 1: Akkumulation Das Hjulström-Diagramm Erosion in Festgestein Deutlich schwieriger und langsamer Bedeutung von Erosionswaffen Bildung von Kolken Fluviale Akkumulation Absetzen der Schwebfracht und Sohlfracht bei Nachlassen der Transportkraft (=Gefällsverminderung) Schottersohlen von Tälern im Unterlauf Endgültige Ablagerung in Seen oder an der Küste Flussdeltas ( s. Küsten) Verlanden von Seen Nur feinste Korngrößen werden bis ins Meer transportiert ( Tiefseeton) Fluviale Akkumulation Schwemmfächer an der Ausmündung von Gebirgstälern ins Haupttal (Siedlungslagen, z.B. Hall i.T.) Bildung von Flussterrassen Terrassen entstehen durch Wechsel von Einschneidung und Aufschüttung Klimatische Gründe: z.B. Kalt- und Warmzeiten (= wechselnde Sedimentund Wasserführung) Warmzeiten: weniger Sediment, konstantere Wasserführung Einschneidung Kaltzeiten: Höhere Sedimentfracht, stoßweise Wasserführung Aufschotterung Veränderungen der Erosionsbasis Tektonische Hebung oder Senkung Meeresspiegelschwankungen a) bei tektonischer Senkung b) bei tektonischer Hebung Hohes Gefälle gestreckt (evtl. Riffle-Pool) Korngröße Bodenfracht Stabilität des Grundrisses 4.3.3.3 Gerinnebettmuster Geringeres Gefälle, hpts. Suspensionsfracht mäandrierend Hohe Bodenfracht braided river Gefälle Braided River Hohe Sedimentfracht, geringes Gefälle Fluss schottert sein eigenes Bett auf Verzweigungen, häufige Laufverlagerung Vorkommen: Gebirgsflüsse, Gletschervorfelder... Oft bei stoßweiser Wasserführung "braided river", Thorsmörk (Island) Mäanderbildung Voraussetzungen: gemischte Frachtbedingungen geringes Gefälle leicht erodierbares Gestein Stromstrich beginnt zu pendeln (Ursachen nicht völlig geklärt), Bildung von Prall- und Gleithängen Prallhänge: Unterschneidung Gleithänge: Akkumulation Selbstverstärkungseffekt Mäanderbildung Mäanderschlingen wandern flussabwärts Seitenerosion bewirkt immer weiteres Ausbiegen Schließlich durchtrennen des Mäanderhalses Verkürzung der Lauflänge Bildung von Altwasserarm und evtl. Umlaufberg Flussmäander: "freie" Mäander in der Talsohle (können sich noch verlagern) Talmäander: mäandrierender Fluss schneidet sich ein (deutlich langsamere Verlagerung!); sehr häufig (Neckar, Mosel, Mur) 4.3.3.4 Längsprofil von Flüssen Jeder Fluss strebt ein "ideales Längsprofil" an: Oberlauf (Erosion) Mittellauf (gemischt) Unterlauf (Akkumulation) Exponentialkurve Erosionsbasis: z.B. Felsriegel, Meer Veränderung der Erosionsbasis Erosionsimpuls Ahnert (2009) Flusslängsprofil am Beispiel Rhein Zepp (2003) Durchbruchstäler 1. 2. 3. 4. Überlaufdurchbruch Rückschreitende Erosion Antezendenz Epigenese Antezendentes Durchbruchstal: sehr häufig in Gebirgsgebieten Fluss kann mit Hebung schritthalten Epigenetisches Durchbruchstal: Felsuntergrund wird verschüttet Fluss schneidet sich neu ein und trifft im Untergrund auf Felsriegel Flussanzapfung A: angezapfter Fluss B: anzapfender Fluss <: Fließrichtung RE: rückschreitende Erosion K: Anzapfungsknie T: Trockental "Kampf um die Wasserscheide": Fluss mit höherem Gefälle (niedrigere Erosionsbasis) ist i.d.R. im Vorteil Beispiele: Wutachschlucht, Engadin/Malojapass 4.3.3.5 Talformen Talform (im Querprofil) ist abhängig vom Verhältnis zwischen Tiefenerosion, Seitenerosion und Hangabtrag Starke Tiefenerosion, geringer Hangabtrag steilwandige Talform Geringe Tiefenerosion, starker Hangabtrag flachere Talform Bei starker Tiefenerosion werden Talflanken steiler Steigerung der Hangprozesse, bis (dynamisches) Gleichgewicht erreicht ist Achtung: Gleichgewicht wird in der Natur selten erreicht! Klamm und Schlucht Klamm: Ausgebildet in standfestem Gestein (praktisch keine Seitenerosion) Schnelle, starke Tiefenerosion (z.B. Hängetäler, hohes Gefälle) senkrechte bis überhängende Wände Schlucht: Tiefenerosion >> Seitenerosion Hänge sehr steil, aber nicht senkrecht Canyon Sonderform der Schlucht bei horizontal lagernden, wechselnd widerständigen Gesteinsschichten Widerständige Gesteine bilden steilere, weichere Gesteine flachere Hangteile Bsp. Grand Canyon, Fish River, Ordesa Kerbtal Verbreitete Talform bei hoher Tiefenerosion und wenig widerständigem Gestein Sohlental Steile Talhänge, flache Talsohle Bei nachlassender Tiefenerosion und steigender Seitenerosion oft im Unterlauf Bei nachträglicher Aufschotterung eines anderen Taltyps (z.B. Kerbsohlental, Trogsohlental) Muldental Allg. bei sehr starker Hangdenudation, (z.B. periglaziales Bodenfließen) Oder: Flüsse mit geringer Erosionskraft (z.B. geringes Gefälle, fehlende Erosionswaffen) Prüfungsfragen Welche Transportarten in Fließgewässern kann man unterscheiden? Skizzieren Sie das Hjulström-Diagramm und erläutern Sie in Stichworten am Beispiel einer ausgewählten Korngröße, was es aussagt! Ein Schluffteilchen wird laut H D ab einer Fließgeschwindigkeit über ca. 0,5 m/s erodiert. Was passiert, wenn die Geschwindigkeit wieder unter 0,5 m/s absinkt? Was versteht man unter dem Belastungsverhältnis eines Gewässers, und was passiert, wenn es > 1 ist? Tropische Flüsse werden trotz großer Wasserführung oft als "unfähig zur Tiefenerosion" beschrieben. Worauf ist dies zurückzuführen? Wodurch kommt es zu dem Wechsel von Aufschotterung und Zerschneidung, der zur Bildung von Flussterrassen führt? Was für ein Gerinnebettmuster entsteht bei geringem Gefälle und hoher Sedimentfracht? Erläutern Sie den Unterschied zwischen Flussmäander und Talmäander! Erläutern Sie die Entstehung eines antezendenten Durchbruchstals! Wie ist das Verhältnis von Tiefenerosion- zu Seitenerosion a) bei einem Kerbtal, b) bei einem Muldental? 4.3.4.1 Aufbau und Dynamik von Gletschern Gletscher: "Große, hauptsächlich aus Schnee, Firn und Eis bestehende Massen, welche einer aktiven Bewegung unterliegen." (Winkler, 2009) 4.3.4.1 Aufbau und Dynamik von Gletschern Nährgebiet: Schneeakkumulation überwiegt im Jahresmittel die Ablation Zehrgebiet: Ablation > Akkumulation Beide Bereiche getrennt von der Gleichgewichtslinie Gleichgewichtslinie ≈ Klimatische Schneegrenze Flächenverhältnis Nährgebiet/Zehrgebiet meist 2:1 Methode Hofer: GGL auf halber Höhe zwischen Gletscherzunge und mittl. Kammumrahmung Durch steigenden Überlagerungsdruck wird der Schnee im Nährgebiet verdichtet und umgeformt: Schnee Firn Gletschereis Unter Druck plastisches Fließen Akkumulationsgebiet: Massenüberschuss Gleichgewichtslinie: Akkumulation = Ablation Ablationsgebiet: Massendefizit (Bennett & Glasser 1996) Hintereisferner, Ötztaler Alpen (Winkler, 2009) 4.3.4.2 Glaziale Erosion Detersion: abschleifende Tätigkeit - hauptsächlich durch mitgeführtes Schuttmaterial (Moräne) Detraktion ("plucking"): Herausreißen von Gesteinsbruchstücken durch Festfrieren des Gletschers Exaration: Ausschürfen von Lockermaterial im Bereich der Gletscherstirn Gletscher können... - kaltbasal (= kälter als Druckschmelzpunkt) oder - warmbasal (= wärmer als Druckschmelzpunkt) sein Warme Gletscher haben höhere Erosionsleistung! (Gleiten auf der Unterlage, Schmelzwasser) Steuerfaktoren: Eisdicke, geothermischer Wärmestrom, Oberflächentemperatur Detersion Abschleifende Wirkung: Gletscherschrammen (striation) Sichelbrüche Typische "Kritzung" von glazialen Geschieben Rundhöcker (Winkler, 2009) Detersion und Detraktion: Rundhöcker a b Bildung von Rundhöckern (roches moutonnées): Abschleifen auf der Luvseite Gefrieren von Schmelzwasser durch Druckentlastung und "Festfrieren" von Gesteinsbruchstücken an der Leeseite Unterstützung durch Kluftnetz Stromlinienförmige Erosionsformen Großformen der Glazialerosion: Kare "Lehnsesselartige Hohlform" am Ursprung der Gletscher Karbecken (oft mit See) Karschwelle Kare Abhängig von Vorform (Verflachung), Geologie, Temperatur, Fließdynamik Wandrückverwitterung (?Schwarz-Weiß-Grenze?) Trogtäler (U-Täler) Enorme Erosionsleistung insb. von warmbasalen Gletschern Bei größerer Mächtigkeit größere Erosion Tiefe Ausschürfung, steile Wände Schliffbord Hängetäler und Konfluenzstufe beim Zusammenfließen verschieden mächtiger Gletscher Oft selektive Ausschürfung, weiches Material stärker Akzentuierung des Reliefs Schwellen, geschlossene Hohlformen Überformung von Trogtälern Hängetal, Klamm Fjord Trogsohlental 4.3.4.3 Glaziale Akkumulation Transportiertes Material: Landform aus abgelagertem glazialem Lockermaterial: Moräne engl. till Moräne engl. moraine Je nach Ablagerungsraum: Grundmoräne (Ausschmelzen unter dem Gletscher) Seitenmoräne Endmoräne Stauchendmoräne Satzendmoräne Stauchendmoränen Deformierte Stauchendmoräne (thrust moraine) an einem polythermalen Gletscherrand Material wird ausgeschmolzen und zu gestaffelten Wällen zusammengeschoben Seitenmoränen Drumlins, Oser und Kames Unter oder am Gletscher gebildete Formen aus Lockermaterial Drumlins: Gletscher überfährt nochmals seine Sedimente und formt sie um Stromlinienförmige Hügel ("Walfischrücken"), steilere Seite zum Eis hin meist als Drumlinfelder mit gegeneinander versetzten, ovalen Hügeln Oser: Ablagerung subglazialer Schmelzwasserbäche, in der Landschaft oft bahndammförmig Kames: Glazifluviale Ablagerungen in Spalten oder am Eisrand Terrassen, steilwandige Hügel Oser und Kames Die Glaziale Serie Außensaumformen Schotter-/Sanderflächen Innensaumformen Endmoräne Drumlins Zungenbecken Übergangskegel Toteislöcher Grundmoräne 4.3.4.4 Verbreitung und zeitliche Stellung von Gletscherständen Holozän (10-0 ka) Pleistozäne Kaltzeiten (Glaziale, Interglaziale) Spätglazial (15-10 ka) Würm (Weichsel) (70-15 ka) Eem Riss (Saale) (180-120 ka) Holstein Mindel (Elster) (420-260 ka) Cromer Günz (Menap) (1200-820 ka) ... frühere Glaziale Holozäne Gletscherstände (nächste Folie) Moränen in rel. Gletschernähe Spätglaziale Gletscherstände (nächste Folie) Moränen in Alpentälern/Karen Moränen im Alpenvorland jeweils mit Stadialen und Interstadialen Vergletscherung der Ostalpen im Würm-Hochglazial Nordische Vereisung im Würm-Hochglazial Schematische Gletscherausdehnung im Spätglazial (Maisch 1992) Gletscherzungen in den tiroler Tälern (Gschnitz, Daun) bzw. in den Hochtälern und Karen (Egesen) "Schneegrenzdepression" angegeben vom Bezugsniveau 1850 Holozäne Gletscherstände Neuzeitlicher Gletschervorstoss um 1850 ist im ganzen Alpenraum nachweisbar ( Bezugsniveau) Bis auf geringfügige, lokale Ausnahmen bewegten sich die holozänen Schwankungen offenbar im Rahmen dieser 1850er-Grenze Zeitweise (holozänes Optimum) nachweislich kleinere Gletscher als heute Zwischenhalte beim Gletscherrückgang seit 1850 (nicht überall nachweisbar): 1890, 1920, 1950 Prüfungsfragen Erläutern Sie die Begriffe Nährgebiet, Zehrgebiet und Gleichgewichtslinie! Wovon wird es gesteuert, ob ein Gletscher kaltbasal oder warmbasal ist? Welcher Temperaturtyp erodiert den Untergrund stärker? Erläutern Sie den Prozess der Detraktion! Nennen Sie je eine Mikroform, Mesoform und Großform der glazialen Erosion! Benennen Sie in der Grafik die gekennzeichneten Landformen! Bringen Sie folgende Begriffe in eine sinnvolle Reihenfolge im Sinne der glazialen Serie: Urstromtal / Endmoräne / Drumlin / Zungenbecken / Grundmoräne / Trompetental / Sanderfläche! oder: Skizzieren Sie eine (einfache) glaziale Serie und benennen Sie die wichtigsten Komponenten! Wie könnten Sie in einer Kiesgrube die Ablagerungen eines Flusses von einer Moräne unterscheiden? Bringen Sie folgende Gletscherstände in die richtige Reihenfolge und benennen Sie Gruppen davon mit Pleistozän, Spätglazial, Holozän! Gschnitz / Riss / Kleine Eiszeit / Egesen / Würm / Günz 4.3.5 Periglaziale Prozesse und Formen Periglazial: Klimabedingungen und Landformen, die durch die Vorherrschaft frostdynamischer Prozesse gekennzeichnet sind Bereich "um das Eis herum" Gebiete, die zwar unvergletschert sind, aber in denen der Unterboden das ganze Jahr über gefroren bleibt ( Permafrost) 4.3.5 Periglaziale Prozesse und Formen Charakteristika: Fehlender Sickerwasserstrom ins Grundwasser Winterniederschläge als Schnee Abflussspitze zur Schneeschmelze spärliche Vegetation Typisches Spektrum geomorphologischer Formen und Prozesse 4.3.5.1. Permafrost und seine Verbreitung überall gefroren Flächenanteil 50-100% Flächenanteil < 50% Aufbau des Permafrosts "active layer" Thermoaktiver Permafrost keine Jahresschwankung mehr begrenzt durch geothermische Tiefenstufe Verbreitung des Permafrosts eher trockene/kontinentale Gebiete (entsprechende Lagen werden sonst von Gletschern eingenommen!) Sibirien, Nordkanada, Alaska Alpen ab ca. 2500 m Höhe In den Hochglazialen: gesamter unvergletscherter Bereich Mitteleuropas! Verbreitung Nordhalbkugel Mächtigkeit bis 1500 m 4.3.5.2. Formenschatz des Periglazials Solifluktion Auftauschicht fließt ab minimaler Hangneigung (ca. 2°) auf der Permafrosttafel Sehr effektiver Hangabtragsprozess in Periglazialgebieten: Glättung von Hängen, Verfüllung von Tälern Freie und gebundene Solifluktion (bei Vegetationsbedeckung) Solifluktionsloben Pingos Isolierte Hügel in Permafrostgebieten (bis mehrere Zehnermeter hoch) Bestehend aus Eiskern,darüber lagerndes Erdreich wird durch die Eislinse angehoben Bei stark wasserhaltigem Boden (z.B. verlandender See) Wasser wandert zu zentralem Eiskern (Dampfdruckdifferenz!) http://www.geographie.uni-stuttgart.de Strukturböden (Frostmusterböden) Bildung von Eiskeilen durch wiederholtes Gefrieren ( Eiskeilnetze) Materialsortierung zwischen Fein- und Grobmaterial durch Wechsel von Gefrieren und Auftauen Horizontale Materialbewegung durch Aufwölbung Selbstorganisation zu ± sechseckigen Strukturen Blockgletscher Typische Periglazialform des Hochgebirges Entstehung gebunden an große Schuttansammlungen (Moränen, Schutthalden) Niederschlagswasser gefriert in den Hohlräumen, Bildung von Eiskern (i.d.R. kein schuttbedeckter Gletscher!) aktive, inaktive und fossile Blockgletscher Klimaindikatoren bzw. Indikatoren für alpinen Permafrost Exkurs: Das paraglaziale Prozesssystem Prozesse und Erscheinungen ohne direkte Einwirkung von Gletschereis, aber beeinflusst durch vorangegangene Vereisung z.B. eisfrei gewordene Gletschervorfelder Im Vergleich zur "geologischen Norm" stark erhöhte Prozessrate Gründe: Übertiefung von Tälern, umfangreiche Bereitstellung von erodierbarem Lockermaterial Ballantyne (2005) Periglazial: um den Gletscher (räumlich) Paraglazial: nach der Vergletscherung (zeitlich) Prüfungsfragen Skizzieren Sie Temperaturverteilung in einem Permafrostboden und benennen Sie die wichtigsten Schichten! Warum findet man in Norwegen deutlich weniger Periglazialgebiete als im Ural (bei gleicher Breitenlage und Höhe)? Nennen Sie drei typische Landformen des Periglazials! 4.3.6 Äolische Prozesse und Formen Transport durch strömendes Medium ähnlich Wasser, jedoch viel geringere Dichte relativ hohe Windgeschwindigkeit erforderlich Feinere Korngrößen (Sand, Schluff) Vegetation bremst die Windgeschwindigkeit und schützt den Boden äolische Prozesse hpts. in vegetationsarmen /-freien Landschaften Wüsten, Halbwüsten, Steppen, Savannen Küstengebiete subpolare/polare Gebiete, Gletschervorfelder Landwirtschaftliche Flächen! 4.3.6.1 Äolischer Transport Schwebfracht (Suspension) längerfristig: ca. < 0,02 mm (Schluff) kurzfristig: ca. < 0,1 mm Saltation – Springen (Feinsand, Mittelsand) Reptation – Rollen, Anstoßen von Körnern (Grobsand) Saltation und Reptation (Leser 2003) Äolischer Transport u2m (m/s) bei z0=0,0001 40 20 10 5 2 modifiziert nach Glawion et al. 2009 4.3.6.2 Äolische Erosionsformen Deflation Ausblasen, Abheben Typische Formen: Deflationswannen, Steinpflaster Korrasion Abschleifen durch mit der Luft bewegten Sand ("Sandstrahlgebläse") Typische Formen: Windkanter, Pilzfelsen, Yardangs Steinpflaster Press & Siever (2003) Achtung: Verarmung des Unterbodens an Grobsteinen Mitwirkung von Quellungs- und Schrumpfungsprozessen (ähnlich Frosthub!) Windkanter Abschleifen von an der Oberfläche liegenden Seiten des Steins durch Korrasion Nach Umwenden durch fluviale Prozesse Bearbeitung anderer Seite Entstehung von "Facetten" und Kanten Pilzfelsen Korrasion in der Höhe maximaler Transportenergie (Geschwindigkeit x Sandgehalt) Mitwirken der geologischen Schichtung Freie Dünen Initiale Bildung an kleinen Hindernissen und Unregelmäßigkeiten Wachstum durch Selbstverstärkung (Akkumulation im Windschatten) Wanderung durch Abtrag an der Luv- und Akkumulation an der Leeseite je kleiner, je schneller (bis Zehnermeter / Jahr) typische Schichtung unimodal Barchan Parabeldüne Transversaldüne unimodal multimodal Dünenformen und Windrichtung unimodal bimodal Sterndüne Längsdüne (AHNERT, S. 159) Größte Dünenformen: Draa Cooke et al. (1993) Spiralförmige Luftbewegung im Großformen: Draadünen (Östl. Erg, Algerien) Bereich von Draa-Dünen www.earthobservatory.nasa.gov 4.3.6.4 Äolischer Ferntransport Verbreitung äolischer Prozesse 4.3.6.4 Äolischer Ferntransport In Mitteleuropa: Starke Auswehung aus Gletschervorfeldern und Sanderflächen im Pleistozän! Lössverbreitung in Mitteleuropa Deposition von Löss • feinkörniges, homogenes, meist ungeschichtetes Lockergestein • zwar unverfestigt, aber standfest • gelblich-braun • Korngröße 0,01 – 0,05 Schluff • in Mitteleuropa: 60-70% Quarz, 10-30% CaCO3, 1020% Glimmer, Feldspat • wichtiges Ausgangssubstrat für die Bodenbildung (z.B. Schwarzerden in der Ukraine) Prüfungsfragen In welchen Gebieten der Erde entfalten äolische Prozesse hauptsächlich ihre Wirkung? Welche Arten des äolischen Transports lassen sich unterscheiden, und welche Korngrößen sind davon betroffen? Was für Dünenformen entstehen bei a) unimodaler Windrichtung und wenig Sandangebot; b) unimodaler Windrichtung und hohem Sandangebot; c) bimodaler Windrichtung und wenig Sandangebot; d) multimodaler Windrichtung und hohem Sandangebot? In welchem ungefähren Zeitraum (keine Jahresangabe) wurden die verbreiteten Lösse in Mitteleuropa abgelagert? (Tertiär / Hochglazial / Frühholozän / Bronzezeit / Kleine Eiszeit)