M E D I Z I N AKTUELL Frank Schaeffel Eberhart Zrenner K urzsichtigkeit ist eines der häufigsten Augenleiden: je nach betrachteter Bevölkerungsgruppe sind in Europa und den USA 20 bis 60 Prozent der Bevölkerung betroffen. In fernöstlichen Industrienationen liegt die Häufigkeit an den Universitäten dagegen über 95 Prozent. Gleichzeitig sind aber die Ursachen über viele Jahrzehnte unklar geblieben. Kurzsichtigkeit zeichnet sich dadurch aus, daß das Auge im Verhältnis zur Brennweite von Kornea und Linse zu lang wird. Als Folge entsteht das Bild entfernter Objekte vor statt auf der Netzhaut. Die Abbildung ist unscharf. Gegenstände in der Nähe können dagegen ohne zusätzliche Akkommodation (die durch den Ziliarmuskel vermittelte verstärkte Linsenkrümmung) scharf gesehen werden. Insofern hat Kurzsichtigkeit den Vorteil, daß keine Akkommodationsleistungen für Tätigkeiten in der Nähe erforderlich werden, was besonders im Alter nützlich werden kann, wenn die Akkommodation versagt („Altersweitsichtigkeit“, Presbyopie). Kurzsichtigkeit wird durch Vorsetzen von Streulinsen (Brille oder Kontaktlinse) oder durch Hornhautabflachung mit dem Excimer-Laser korrigiert; Streulinsen verlängern die Brennweite des Auges, so daß die Abbildungsebene wieder mit der Netzhautebene zusammenfällt. Außer daß optische Korrektur durch Brille oder Kontaktlinse gewisse kosmetische Einschränkungen darstellen, sind Komplikationen bei Kurzsichtigkeit selten, sofern sie unter etwa sechs Dioptrien (dpt) bleibt (etwa zwei mm Augenverlängerung). Bei höheren Graden von Kurzsichtigkeit kommt es aber gehäuft zu Komplikationen (zum Beispiel Netzhautablösung), die zur Blindheit führen können. Die Stärke der Kurzsichtigkeit ist mit dem Alter ihres ersten Auftretens korreliert: je früher das Entstehungsalter, desto stärker entwickelt sich die Kurzsichtigkeit. Angesichts ihrer Häufigkeit und der Steuerung des Augenlängenwachstums durch Sehen Tierexperimentelle Befunde zur Kurzsichtigkeit und ihre möglichen therapeutischen Konsequenzen Bei etwa einem Viertel der Bevölkerung ist das Auge zu lang, und das Bild wird beim Sehen in die Ferne bereits vor der Netzhaut entworfen. Angesichts der sonst hervorragenden Abbildungseigenschaften der Optik des Auges im fovealen Bereich fragt man sich, wie es zu dieser Fehlsteuerung des Wachstums kommen kann. Ohne Beantwortung dieser Frage ist keine rational begründete Therapie der Kurzsichtigkeit möglich. Leider lieferten Untersuchungen am Menschen bisher keine eindeutigen Hinweise. Bei Tiermodellen können die grundsätzlichen Mechanismen jedoch aufgeklärt werden, da die Seherfahrung gezielt manipuliert werden kann, während der genetische Hintergrund wenig variiert. Tendenz, sich bis zur Lebensmitte weiter zu entwickeln, besteht Bedarf an Ursachenforschung, die zu echten Präventivmaßnahmen und Therapie führen soll. Gegenwärtig gibt es noch keine allgemein anerkannte und rational begründete Therapie. Trennung genetischer und umweltbedingter Einflüsse Ursachenforschung an der Kurzsichtigkeit wurde und wird beim Menschen stets dadurch erschwert, daß eine genetische und eine UmUniversitäts-Augenklinik, Abteilung für Pathophysiologie des Sehens und Neuroophthalmologie (Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. med. Eberhart Zrenner), Eberhard-Karls-Universität Tübingen weltkomponente beteiligt sind. Die Trennung beider Faktoren ist beim Menschen nicht möglich, da sich gezielte Experimente (wie Fehlkorrektur) aus ethischen Gründen verbieten. Die Existenz einer genetischen Komponente läßt sich daraus ersehen, daß Kinder zweier kurzsichtiger Eltern von Anfang an größere Augäpfel haben (11) und daß die Wahrscheinlichkeit, kurzsichtig zu werden, signifikant größer ist als bei normalsichtigen Eltern (4, 11). Auf der anderen Seite steht der Einfluß von Seherfahrung auf die Entwicklung der Kurzsichtigkeit außer Frage: Es besteht eine „starke, bemerkenswert konsistente und dosisabhängige Korrelation zwischen Ausbildungsstand und Häufigkeit der Kurzsichtigkeit“, und es gilt als gesichert, daß eine Korrelation zwischen Lesen und Kurzsichtigkeit besteht (7). Dafür spricht unter anderem die Beobachtung, daß sich die Kurzsichtigkeit während des Schuljahres schneller entwickelt als in der Ferienzeit. Nicht abzuleiten ist allerdings eine Korrelation zwischen Intelligenz und Kurzsichtigkeit (2). Aus diesen Beobachtungen läßt sich zunächst auch noch nicht schließen, daß das Auge die extrem präzise Abstimmung seiner Länge auf seine Brennweite (etwa 0,1 mm Toleranz) durch retinale Bildanalyse und Erkennung der Lage der Bildebene leistet. Dieser Nachweis blieb Experimenten am Tiermodell vorbehalten (1). Hier ist eine klare Trennung von genetischer und Umweltkomponente möglich, da die Seherfahrung gezielt verändert und die Refraktionsentwicklung und das Augenwachstum daraufhin präzise vermessen werden können. Deutsches Ärzteblatt 94, Heft 17, 25. April 1997 (37) A-1121 M E D I Z I N AKTUELL Experimentelle Nachweise visueller Refraktionssteuerung im Tiermodell Daß das Bild auf der Netzhaut die Längenwachstumsrate des Auges beeinflußt, wurde zuerst von Hubel und Wiesel beim Affen beobachtet (9). Es des beraubt („depriviert“) wird, bezeichnet man diese Art von Kurzsichtigkeit als „Deprivationsmyopie“. Deprivationsmyopie ist nicht auf Affe oder Huhn beschränkt, sondern tritt auch beim Menschen auf, wenn das Netzhautbild in den ersten Lebensjahren gestört ist (beispielsweise durch kongenitalen Katarakt, Ptosis oder Deprivationsmyopie ist der derzeit am häufigsten untersuchte visuell gesteuerte Augenwachstumsprozeß, da sie im Tiermodell leicht erzeugt werden kann und da gemeinsame Stoffwechselwege mit anderen visuellen Steuermechanismen für das Augenlängenwachstum vermutet werden. Beim Huhn erholt sich das Auge von der er- Grafik 1 A 5 „Deprivation“ Refraktion (dpt) B Defokussierung mit Linsen Refraktion (dpt) Kontrollen + 7 dpt 15 0 -5 10 -10 5 -15 weitsichtig Kontrollen 0 -20 Mattgläser - 7 dpt -5 kurzsichtig -25 Achsenlänge (mm) Achsenlänge (mm) 11,0 - 7 dpt 9,5 10,0 + 7 dpt 9,0 9,0 8,0 Mattgläser 5 Linsen 10 15 20 13 14 15 16 17 18 Alter (Tage) (A) Deckt man die Augen beim Huhn mit einem Mattglas ab (hier: vom Tag 2 bis Tag 11), so beginnen sie stark in die Länge zu wachsen (unten) und werden hochgradig kurzsichtig (oben). Die Kontrollaugen bleiben normalsichtig (rote Linien). Daten von sieben Tieren sind gezeigt. Man beachte die starke interindividuelle Variabilität, die genetisch bestimmt ist. (B) Behandelt man die Augen mit Sammellinsen oder Streulinsen, so werden sie innerhalb weniger Tage weitsichtiger beziehungsweise kurzsichtiger und wachsen kürzer beziehungsweise länger als die Kontrollaugen (Mittelwerte von sieben Tieren für jede Linse (6)). wurde beobachtet, daß experimenteller Lidverschluß während des ersten Lebensjahres zu verstärktem Augenlängenwachstum und starker Kurzsichtigkeit führte. Es wurde auch gezeigt, daß bereits geringe Störungen der retinalen Bildqualität (beispielsweise durch Vorsetzen von Mattgläsern) sehr starke Wirkung auf das Augenlängenwachstum haben. Bei jungen Hühnern werden über 20 dpt Kurzsichtigkeit in zwei Wochen erreicht (8); dabei ist festzustellen, daß die Mattgläser durchaus nicht zum vollständigen Bildverlust führen, sondern lediglich feine Details aus dem Netzhautbild herausfiltern. Da das Auge eines guten Netzhautbil- Blepharospasmus). Die Rolle der Deprivationsmyopie bei der normalen Refraktionsentwicklung ist allerdings noch unklar. Deprivation läge vor, wenn die Akkommodation ungenau wäre. Tatsächlich zeigen kurzsichtige Kinder weniger präzise Akkommodation als Normalsichtige, so daß prinzipiell die Entstehung der Kurzsichtigkeit aus dieser Bildstörung denkbar wäre. Weitere Untersuchungen zeigten dann aber, daß die Akkommodationsprobleme erst auftraten, nachdem die Kurzsichtigkeit bereits vorlag (4). Es ist deshalb noch nicht klar, ob deprivationsähnliche Mechanismen Auslöser für Kurzsichtigkeit im Schulalter sind. A-1122 (38) Deutsches Ärzteblatt 94, Heft 17, 25. April 1997 zeugten Deprivationsmyopie, sobald die Mattgläser wieder abgenommen wurden (Grafik 1 A). Das Längenwachstum des Auges wird dann gehemmt, bis durch die entwicklungsbedingte Verlängerung der Brennweite des Auges wieder eine Übereinstimmung mit der Augenlänge erreicht ist. Die hier auftretende gezielte Hemmung des Längenwachstums deutet darauf hin, daß das Auge tatsächlich die Lage der Bildebene messen und die Position der Netzhaut entsprechend korrigieren kann. Ein endgültiger Beweis für diese Vermutung war aber, daß bei Vorsetzen von Linsen das Auge seine Längenwachstumsrate so ändert, M E D I Z I N AKTUELL Weitsichtigkeit (A) und Kurzsichtigkeit (B) können aus einer Entfernung von etwa 1 m durch Infrarot-Photoskiaskopie ermittelt werden, ohne daß das Tier oder die Versuchsperson dies wahrnimmt. Dabei wird das Helligkeitsprofil des Fundusreflexes in der Pupille mittels einer digitalen Videokarte vermessen; im weitsichtigen Auge ist der obere Teil der Pupille heller, im kurzsichtigen der untere. daß das Bild wieder auf der Netzhautebene landet – trotz der Linse vor dem Auge (Grafik 1 B). Dabei ist zu erwarten, daß ein Auge mit Streulinse (Minusglas) zunächst eine längere Brennweite hat und darum auch länger wachsen muß, während ein Auge mit einer Sammellinse (Plusglas) eine kürzere Brennweite hat und kürzer bleibt. Die experimentellen Ergebnisse stimmten genau mit den Erwartungen überein (Grafik 1 B). Die Fähigkeit zur visuell gesteuerten Wachstumsänderung ist nicht auf das Auge des Huhns beschränkt: auch beim Affen wurde kürzlich (5) gezeigt, daß das Auge vorgesetzte Linsen innerhalb von 50 Tagen kompensieren kann (Grafik 2), allerdings nur über einen relativ schmalen Bereich von Linsenstärken (ungefähr –3 bis +3 dpt), während beim Huhn Kompensation auch sehr starker Linsen (von –10 bis +20 dpt) möglich ist (Grafik 2). Meßtechniken Schaeffel und Howland haben sehr leistungsfähige Techniken zur nichtinvasiven Vermessung der Refraktion des Auges bei Huhn und Mensch entwickelt (Abbildung 1). Infrarotleuchtdioden, die an einer etwa ein Meter vom Patient oder vom Versuchstier entfernten Videokamera angebracht werden, erzeugen unsichtbare Reflektionen vom Fundus des Au- ges, die wiederum als charakteristische Helligkeitsverteilung in der Pupille sichtbar werden. Dabei ist bei kurzsich- tigen Augen der untere Teil der Pupille heller (Abbildung 1 B), bei Weitsichtigen der obere (Abbildung 1 A). Die über eine infrarot-empGrafik 2 findliche Videokamera und eine digitale VideoÄnderung der Refraktion (dpt) karte ausgewertete Stei4 gerung des Helligkeit3 sprofils in der Pupille er2 laubt eine Refraktions1 angabe auf 1 dpt (Huhn) 0 oder 0,25 dpt genau -1 (Mensch). Ein großer -2 Vorteil des Verfahrens -3 Auge mit Linse ist, daß die Refraktion -4 Kontrollauge auch automatisch mit -5 Videofrequenz (25 Hz) -6 aufgezeichnet werden -6 -6 -3 -3 -3 0 3 3 3 6 6 Stärke der vorgesetzten Linse (dpt) kann, so daß die Dynamik des AkkommodatiÄnderung der Refraktion (dpt) onsverhalten untersucht werden kann. 20 Augenlänge, Vorderkammertiefe und Linsendicke können 10 sehr präzise (auf etwa 60 µm genau) mittels 0 Ultraschall bestimmt werden. Dazu genügt eiUnterschied: Kontrollauge – ne leichte Oberflächen-10 Auge mit Linse anästhesie der Kornea, damit die Berührung -20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20 30 des Meßkopfes nicht Stärke der vorgesetzten Linse (dpt) mehr wahrgenommen wird. Um normale NetzSowohl Affen als auch Hühner kompensieren vorgesetzte Linsen durch Än- hautfunktion auch nach derung des Augenwachstums. Der Bereich von Linsenstärken, über den Einsatz von Pharmaka dies möglich ist, ist beim Affen sehr viel schmaler als beim Huhn. zu überprüfen, werden Deutsches Ärzteblatt 94, Heft 17, 25. April 1997 (39) A-1123 M E D I Z I N AKTUELL Elektroretinogramme abgeleitet. Auf der Suche nach Pharmaka, die die Entwicklung von Fehlsichtigkeit im Tiermodell beeinflussen sollen, ist nämlich eine wichtige Voraussetzung, daß die Sehleistung nicht beeinträchtigt wird. Zur Untersuchung von Transmitterkonzentrationen in der Netzhaut und den anderen Geweben des Augenfundus werden Hochdruckflüssigkeitschromatographie (HPLC) und Radioimmunoassays eingesetzt. Begleitend werden histologische und molekulargenetische Untersuchungen an der Netzhaut durchgeführt. ist (Grafik 3, 4). Während der Entstehung von Deprivationsmyopie sinkt zunächst die Freisetzung von Dopamin aus den Amakrinzellen der Netzhaut Unterschied in der Achsenlänge (mm) ler Injektion die Deprivationsmyopie. Ebenfalls blockiert wird sie durch ein Neurotoxin, 6-Hydroxy-Dopamin, und durch Haltung im Dauerlicht. Beide Bedingungen führen zu Grafik 3 einer Entleerung der retinalen Dopaminspeicher und wahrscheinlich „Deprivation“ Normale Seherfahrung zu einer Hemmung der Refraktion: Refraktion: dopaminergen Trans-11 dpt +3 dpt mission in der Netzhaut. Sulpirid, ein Dopaminantagonist, verstärkt ng/mg Protein die Deprivationsmyopie (6). Aus diesen ExperiDOPAC: DOPAC: menten wurde geschlos0.218±0.057 0.305±0.059 sen, daß Dopamin eine Serotonin: Serotonin: Rolle bei der Steuerung Mechanismen visueller 0.713±0.239 0.822±0.391 der DeprivationsmyoWachstumssteuerung und pie spielt. Diese Vermuihre Eigenschaften DOPAC: tung wurde noch unterDOPAC: 0.218±0.087 0.206±0.057 Deprivationsmyopie hat die Vorstützt durch die BeobSerotonin: Serotonin: stellung von der Rolle der Akkommoachtung, daß sich bei Er0.650±0.149 0.508±0.195 dation und des Gehirns bei der Entstezeugung lokaler Deprihung von Kurzsichtigkeit gründlich Deckt man nur einen Teil des Gesichtsfeldes durch ein Mattglas ab (dicke vationsmyopie die Änverändert. Am nachhaltigsten wirkte rote Linie), so entwickelt sich Kurzsichtigkeit nur in dem Bereich der Netz- derungen im Dopamindie Beobachtung, daß Deprivations- haut, wo das Bild gestört ist. Änderungen im Dopaminstoffwechsel der stoffwechsel auf die demyopie auch nach Durchtrennen des Netzhaut können dann selektiv in dem Bereich nachgewiesen werden, wo privierten Bereiche beSehnervs und, bei Deprivation be- Kurzsichtigkeit entsteht. schränken (Grafik 3). schränkter Bereiche des GesichtsfelDie Rolle des Dodes, auch in lokalen Bereichen im Au- und später auch der Gesamtgehalt von pamins bei Linsen-induzierten Rege induziert werden kann. Das Auge Dopamin in der Netzhaut ab. Apomor- fraktionsfehlern ist nicht klar. Setzt wächst dann nur in dem Netzhautbe- phin, ein Dopaminagonist, blockiert man Reserpin, ein Neurotoxin gegen reich vermehrt, in dem das Bild gestört bei intravitrealer oder subkonjunktiva- dopaminerge und serotoninerge Zellen, ein, so entsteht auch keine KurzGrafik 4 sichtigkeit beim Tragen von Streulinsen (Minusgläsern) mehr. SammellinLinsen-induzierte Refraktionsfehler Deprivationsmyopie sen (Plusgläser) erzeugen jedoch weiterhin Weitsichtigkeit (6). Möglicher+15 dpt -15 dpt weise sind beide Arten der Kurzsichtigkeit, sowohl die durch Deprivation wie auch die durch Streulinsen erzeug0,6 te, von normal funktionierenden dopaminergen Mechanismen der Netzlokal 0,4 haut abhängig. Worin besteht dann überhaupt der 0,2 Unterschied zwischen diesen beiden Arten der Kurzsichtigkeit? Es gibt eine 0 Anzahl theoretischer und experimenteller Hinweise, daß beide Prozesse grundsätzlich unterschiedlich sind -0,2 (Grafik 4). Im Gegensatz zur Deprivationsmyopie kann durch Negativlinsen -0,4 keine Myopie mehr erzeugt werden, Sammellinsen Streulinsen wenn der Sehnerv durchtrennt ist (10) -0,6 wirken auch wirken nur mit auch ohne Sehnerv (Grafik 4). Während lokale Bildohne Sehnerv intaktem Sehnerv störung durch Mattgläser lokale DepriDeprivationsmyopie entsteht selektiv im deprivierten Teil des Auges, und zwar selbst dann, wenn der Sehnerv vationsmyopie erzeugt (Grafik 4), erdurchtrennt wurde. Dagegen entwickelt sich beim Tragen von Streulinsen nach Durchtrennen des Sehnervs zeugt lokale Defokussierung durch Linsensegmente nur geringe Wachskeine Kurzsichtigkeit mehr, während durch Sammellinsen immer noch Weitsichtigkeit erzeugt werden kann. A-1124 (40) Deutsches Ärzteblatt 94, Heft 17, 25. April 1997 M E D I Z I N AKTUELL tumsänderungen. Deprivationsmyopie kann sowohl beim Affen als auch beim Huhn einseitig erzeugt werden, während Streulinsen selbst bei einseitiger Anwendung beim Affen auf beide Augen wirken (ansatzweise kann dies in Grafik 1 beobachtet werden). Mehrere Indizien sprechen also dafür, daß die durch Streulinsen vermittelte Kurzsichtigkeit zentralnervöse Mechanismen beinhaltet. Es liegt die Vermutung nahe, daß hier die Akkommodation eine Rolle spielt und daß vermehrte Akkommodation (die ja beim Tragen von Streulinsen erforderlich wird) das Augenlängenwachstum fördert. Tatsächlich kann man mittels der Infrarot-Photoskiaskopie zeigen, daß die Tiere mit Streulinsen vermehrt akkommodieren, ken. Diese Hypothesen konnten im Tierexperiment nicht bestätigt werden: selbst wenn die Akkommodationsmuskulatur durch Pharmaka gelähmt wurde (Zykloplegie), konnte durch Streulinsen noch Kurzsichtigkeit erzeugt werden. In Grafik 7 B ist deshalb der Weg über das Ziliarganglion zum vorderen Augenabschnitt ausgeklammert. Es wird angenommen, daß die Information über den erforderlichen Akkommodationstonus nicht über den Ziliarmuskel auf das Augenwachstum wirkt, sondern über die Aderhautnerven (Grafik 7 B) (6). Die Aderhaut ist ein reich durchblutetes Gewebe, welches, durch das retinale Pigmentepithel getrennt, hinter der Netzhaut liegt. Dieses Gewebe der Steuerung des Wachstums der äußeren Augenhaut, der Lederhaut (Sklera), spielt. Auffallend für den Aderhautmechanismus ist, daß er ebenfalls lokal arbeitet (Grafik 5 B), keinen intakten Sehnerv benötigt und auch nicht dopaminabhängig ist. Somit gibt es zwei lokal wachstumssteuernde Mechanismen, die sowohl Kurzsichtigkeit (Deprivationsmyopie) als auch Weitsichtigkeit (im Falle von Sammellinsen) erzeugen können: Man steht deshalb vor der bisher ungelösten Frage, wie die Netzhaut durch lokale Bildanalyse feststellen kann, ob das Bild vor oder hinter der Netzhaut liegt. Unser Gehirn kann dies ohne „Probieren“ nicht leisten, was daran ersichtlich ist, daß man beim Scharfstellen mit dem Grafik 5 A Aderhautdicke (mm) B positive Defokussierung 0,6 0,4 0,2 Kontrolle positive Defokussierung 0,0 Kontrolle 80 60 40 20 0 20 40 60 Winkel von optischer Achse (grd) 80 (A) Weitsichtigkeit entsteht beim Tragen von Sammellinsen zunächst dadurch, daß die Aderhaut (zwischen den schwarzen Dreiecken) stark anschwillt. (B) Das Anschwellen der Aderhaut kann beim Tragen von Linsensegmenten auch auf die defokussierten Bereiche des Auges beschränkt bleiben (nach 10). um ihr Bild auf der Netzhaut scharf zu halten. In dem Moment, wo dies erreicht wurde, liegt jedoch keine „Deprivation“ mehr vor. Die entstehende Kurzsichtigkeit kann deshalb nicht mehr als „Deprivationsmyopie“ erklärt werden, sondern muß auf einen anderen Mechanismus zurückgehen. Es ist deshalb möglich, daß die Kurzsichtigkeit, die bei Kindern während der Schulzeit entsteht, keine Deprivationsmyopie ist, sondern zu Lasten des „zentralnervösen“ Mechanismus geht, der wahrscheinlich die Akkommodation beinhaltet. Es gibt sehr viele Theorien darüber, daß mechanische Kräfte, die während der Akkommodation auftreten, den Augeninnendruck erhöhen und damit verstärkte Dehnung und Verlängerung des Augapfels bewir- zeigt erstaunliche Veränderungen beim Tragen von Linsen: bei Streulinsen (die das Auge länger machen) wird die Aderhaut dünn, beim Tragen von Sammellinsen kann sie sehr um ein Vielfaches anschwellen (Grafik 5). Damit wird die Netzhaut nach vorne verschoben, und der durch die Linse erzeugte Abbildungsfehler wird wieder kompensiert. Der Mechanismus reagiert sehr schnell: beim Huhn können innerhalb eines Tages bis zu sieben dpt kompensiert werden. Beim Menschen ist der Mechanismus dagegen wahrscheinlich weniger wichtig, da wegen der Größe des Auges Aderhautverdickungen erforderlich wären, die außerhalb der physiologischen Möglichkeiten liegen. Es ist jedoch wahrscheinlich, daß auch beim Menschen die Aderhaut eine wichtige Rolle bei Photoapparat nur durch Hin- und HerFokussieren die richtige Einstellung finden kann. Abstimmung von Augenlängenwachstum trotz chromatischer Aberration Weißes Licht enthält ein breites Band von Wellenlängen. Das menschliche Auge ist dabei empfindlich für Licht von etwa 400 nm (blau) bis 700 nm (rot) Wellenlänge. Ein großes Problem für die Steuerung des Augenlängenwachstums ist, daß kurzwelliges Licht stärker gebrochen wird als langwelliges (Dispersion). Als Folge davon wird blaues Licht vor der Netzhaut fokussiert, wenn das Bild für rotes Licht in der Netzhautebene liegt. Der Unterschied zwischen beiden Ebenen ist Deutsches Ärzteblatt 94, Heft 17, 25. April 1997 (41) A-1125 M E D I Z I N AKTUELL durchaus nicht vernachlässigbar und beträgt zwei bis drei dpt. Um dieses Problem zu umgehen, hat das Auge keine gute Sehschärfe im blauen Licht, und tatsächlich befinden sich in der Fovea, der Stelle des schärfsten Sehens, gar keine Blaurezeptoren. Das Bild wird also stets nur für den grünen bis roten Bereich scharfgestellt, während wie im Weißlicht. Auf diese elegante Weise umgeht das Auge das Problem der chromatischen Aberration. Dopamin und Fehlsichtigkeit Dopamin zeichnet sich in der Netzhaut durch einen ausgeprägten Tag/Nachtrhythmus aus: am Tage liegt am Huhn nachgewiesen (Grafik 6 A), daß das Auge tatsächlich nur am Tage wächst (etwa 0,12 mm), während das Wachstum in der Nacht gehemmt ist (etwa –0,04 mm). Erzeugt man Deprivationsmyopie, so brechen die Wachstumsrhythmen zusammen: das Auge wächst dann sowohl tags als auch nachts und wird damit zu lang. Setzt Grafik 6 A 9,8 9,4 Normale Seherfahrung 9,8 Augenlänge (mm) 9,8 9,4 9,0 9,0 8,6 8,6 8,2 Deprivationsmyopie Tage Deprivation und 6-OHDA 9,4 Myopie 9,0 8,6 Kontrolle 8,2 8,2 Licht B Normale Seherfahrung Deprivation Modell: Deprivation und 6-OHDA Tag Nacht Dopaminfreisetzung von der inneren Netzhaut Dopamin 6-OHDA Melatonin in den Photorezeptoren Bildverarbeitung Melatonin Sklerawachstum ? Sklerawachstum (A) Bei normaler Seherfahrung wächst das Auge in einem ausgeprägten Rhythmus, der bei Deprivation zusammenbricht, aber nach Anwendung von Neurotoxinen (6OHDA) gegen dopaminerge Zellen wieder zurückkehrt. (B) Schematische Darstellung der Beobachtungen und Modell zur Wirkung von Melatonin, Dopamin und 6-OHDA bei der Entstehung von Deprivationsmyopie. erhebliche Unschärfe im Blauen toleriert wird. An Hühnern wurde dann auch gezeigt, daß die Blaurezeptoren an der Augenlängenwachstumssteuerung gar nicht beteiligt sind: zieht man die Tiere mit Linsen im Blaulicht auf, so entstehen keine gezielten Änderungen mehr im Augenlängenwachstum. Dagegen werden vorgesetzte Linsen im Rotlicht genauso gut kompensiert sein Spiegel 30 bis 50 Prozent höher als in der Nacht. Da die oben beschriebenen Experimente auf einen Zusammenhang von Dopamin und Augenlängenwachstum hindeuten, kann man vermuten, daß auch das Augenlängenwachstum tageszeitlichen Rhythmen unterworfen ist. Diese Hypothese wurde getestet: durch Ultraschallmessungen am Morgen und am Abend wurde A-1126 (42) Deutsches Ärzteblatt 94, Heft 17, 25. April 1997 man ein Neurotoxin ein, das die retinalen Dopaminspeicher entleert, so kehren die Wachstumsrhythmen trotz bestehender Deprivation zurück (Grafik 6 A). Da die tageszeitlichen Rhythmen im Dopamin in diesem Fall verschwunden sind, das Auge aber dennoch einen ausgeprägten Wachstumsrhythmus zeigt, muß ein vorgeschalteter Rhythmusgenerator vermutet werden. M E D I Z I N AKTUELL Es wurde gezeigt, daß das Melatonin in den Photorezeptoren einen ausgeprägten Tag/Nachtrhythmus zeigt, der selbst bei Deprivation oder Anwendung von Neurotoxinen unbeeinflußt bleibt (Grafik 6 B). Aus diesen Beobachtungen wurde ein Modell entwickelt (Grafik 6 B), nach dem das Melatonin der Photorezeptoren der zen- ge bei Tätigkeit in der Nähe mit verstärktem Längenwachstum, was ja auch als Anpassung an die geänderte Sehbedingung interpretiert werden kann. Diese Anpassung ist jedoch in diesem Falle sicher nicht gewünscht. Man muß also nach Pharmaka suchen, die die Umsetzung von Bildverarbeitung in Wachstum weniger wirksam machen oder ganz Grafik 7 unterdrücken. Untersuchungen dieser Art A B Änderungen werden in einer Reihe des Augenlängenwachstums von Labors mit großem durch: Einsatz vorangetrieKurzer Ziliarnerv ben, und es sind inzwischen auch eine ganze Diffuse Bildstörung Reihe von TransmitterDefokussierung (durchscheinende 1. Mechanismus: systemen identifiziert, Augenklappen) positive Defokussierung die bei diesem Prozeß Aderhautdickenzunahme • Sehnervkein Einfluß Kann blockiert • 6-OHDA beteiligt sind. Deren durchtrennung werden durch: • Dauerlicht 2. Mechanismus: Beteiligung läßt sich • TTX • Reserpin Deprivation • Reserpin nachweisen, indem Tie• und andere lokales Sklerawachstum Pharmaka, re mit Mattgläsern oder jedoch nicht Linsen aufgezogen durch Sehnervdurchtrennung werden und getestet • siehe Text • siehe Text cholinerg oder TTX Ziliarganglion wird, ob Agonisten Ergebnis: Choroidalnerv?? oder Antagonisten der „Deprivationsmyopie“ Weitsichtigkeit Kurzsichtigkeit 3. Mechanismus: vermuteten Transmitnegative Defokussierung Zentralnervös Retinaler, lokal arbeitender Lokal-retinal ter die WachstumsantLängenwachstum (Sehnerv und Gehirn erforderlich?) gesteuert?? Mechanismus, an Dopamingesteuerte wort des Auges blokOder kombiniert stoffwechsel und Tag/Nacht- Verdickung der Edinger-WestphalArea pretectalis lokal-zentral? wachstumsrhythmen des Aderhaut, kieren oder verstärken. Kern Auges gekoppelt. Mechanismus Es zeigt sich, daß Deunbekannt. privationsmyopie relativ leicht beeinflußt (A) Zusammenfassung der Beobachtungen zu den drei identifizierten Regelkreisen. (B) Modell zur Wirkung der drei Regelkreise (6). werden kann, während die durch Linsen vertrale Rhythmusgenerator ist, der sich Bildschärfemessung und für Hellig- mittelten Refraktionsfehler weniger normalerweise gegenphasig zum Dop- keitsmessung besteht und daß beide empfindlich reagieren. Andererseits amin verhält. Bei Deprivation bewirkt Einfluß auf das Augenlängenwachs- scheint gerade die durch Streulinretinale Bildverarbeitung, daß beide tum haben können. Das Ergebnis un- sen erzeugte Kurzsichtigkeit der des Rhythmen entkoppelt werden. Offen- terstützt in gewisser Weise die Vermu- Menschen am nächsten zu stehen, so sichtlich kann jedoch Melatonin auch tung, daß Lesen bei geringen Hellig- daß die hier wirksamen Pharmaka am direkt auf das Wachstum der Leder- keiten der Entwicklung der Kurzsich- interessantesten sind. Es ist auch haut wirken, da bei Ausschaltung des tigkeit förderlich sein könnte. klar, daß Neurotoxine, die bestimmte dopaminergen Systems die WachsTransmittersysteme ausschalten, als Pharmakologische tumsrhythmen zurückkehren. Therapiemöglichkeit nicht in Frage Beeinflussung experimenteller Es ist bekannt, daß die Dopaminkommen, sondern nur zur IdentifikaRefraktionsfehler konzentration in der Netzhaut nicht tion beteiligter Transmitter im Tiernur durch Deprivation, sondern auch modell interessant sind. Die Aufklärung des fasziniereneinfach von der Bildhelligkeit beeinTransmitter können natürlich auf flußt wird. Wenn die Bildhelligkeit den Vorganges, wie ein Bildsignal verschiedenen Ebenen in dem Umabnimmt, nimmt auch der Dopamin- in ein gerichtetes Wachstumssignal setzungsprozeß von Bildverarbeitung gehalt in einer „Dosis“-abhängigen übersetzt wird, ist sicher von großem und Längenwachstum beteiligt sein: Weise ab. Falls Dopamin wirklich ei- grundlagenwissenschaftlichen Inter- Sie können entweder die Bildverarnen Einfluß auf das Längenwachstum esse. Klinisch relevant ist jedoch beitung selbst beeinflussen, so daß bei des Auges hat, müßte bei geringer primär der Teilaspekt, wie durch Ein- Bildstörung kein Fehlersignal mehr Bildhelligkeit ebenfalls verstärktes satz von Medikamenten dieser Um- entsteht, oder sie können die AusLängenwachstum auftreten. Beim setzungsschritt verändert werden schüttung von stofflichen Signalen Vorsetzen von Graugläsern verschie- kann. Offensichtlich reagiert das Au- aus der Netzhaut verändern, die dener Stärke wurde am Huhn auch tatsächlich gefunden, daß Abdunkelung des Netzhautbildes in dem betroffenen Auge Kurzsichtigkeit erzeugt. Dabei fiel der Dopaminspiegel in vergleichbarem Maße ab wie bei Deprivation. Dieses Experiment zeigt, daß nur eine unvollständige Trennung des retinalen „Kanals“ für Deutsches Ärzteblatt 94, Heft 17, 25. April 1997 (43) A-1127 M E D I Z I N AKTUELL/FÜR SIE REFERIERT schließlich direkt oder indirekt auf die Lederhaut wirken. Gegenwärtig wird die Ausschüttung des retinalen Dopamins als ein mögliches Signal betrachtet. Dopamin wird, abhängig von der Bildqualität auf der Netzhaut, von einer Gruppe von Zellen der Netzhaut (Amakrinzellen) freigesetzt und wandert relativ langsam (15 bis 20 sec) im Extrazellulärraum von der Netzhaut zum Pigmentepithel, wo es an D2/4-Rezeptoren bindet. Es wäre denkbar, daß die Sättigung dieser Rezeptoren die Längenwachstumsrate des Auges bestimmt; viele Agonisten und Antagonisten, die auf das Augenlängenwachstum wirken, ändern auch die Freisetzungsrate von Dopamin, so daß deren Wirkung indirekt sein könnte. Gegenwärtig werden jedoch immer noch weitere Substanzen entdeckt, die die visuelle Kontrolle des Augenlängenwachstums verändern, und es ist noch nicht klar, welche Substanzklassen den besten Wirkungsgrad bei geringsten Nebenwirkungen zeigen. Es ist auch noch nicht klar, warum die Wirkung auf das Längenwachstum des Auges entfaltet wird. Ausblick Experimente an Tiermodellen haben eindeutig gezeigt, daß die Feinsteuerung des Augenlängenwachstums über Bildverarbeitung in der Netzhaut erfolgt. Dabei gliedern sich die Steuerungsmechanismen in drei pharmakologisch und bezüglich der beteiligten Gewebe unterschiedliche Mechanismen (Grafik 7). Da die Ergebnisse bei weit voneinander entfernten Wirbeltierklassen wie Vögeln und Säugern bemerkenswert konsistent sind, muß man davon ausgehen, daß eine optische Korrektur auch beim Menschen die Refraktionsentwicklung beeinflußt. Es scheint angeraten, beim Lesen oder anderen Arbeiten mit kurzer Sehdistanz keine volle Korrektur zu verwenden, da dies die Wachstumsregelkreise (zumindest im Tiermodell) beschleunigt. Da andererseits ein schlechtes Netzhautbild die Deprivationsmyopie begünstigt, kann deutliche Unterkorrektur beim Sehen in der Ferne eine negative Wirkung haben. Man muß allerdings auch bedenken, daß Sammellinsen (die ja auch einer „Unterkorrektur“ entsprächen) im Tiermodell Weitsichtigkeit erzeugen. Da die Umsetzungsschritte von Bildverarbeitung in Augenlängenwachstum prinzipiell aufgeklärt werden können, besteht hier die Möglichkeit einer medikamentösen Intervention. Verschiedene Transmittersysteme wurden bereits identifiziert, die diese Umsetzung verändern. Es ist zu erwarten, daß in Zukunft auch Pharmaka gefunden werden, die die Entwicklung der Kurzsichtigkeit hemmen können. Zitierweise dieses Beitrags: Dt Ärztebl 1997; 94: A-1121–1128 [Heft 17] Gabexat zur Prävention der ERCP-Pankreatitis Im Rahmen der endoskopisch retrograden Cholangio-Pankreatikographie (ERCP) findet sich ein Anstieg der Pankreasenzyme in bis zu 70 Prozent aller Patienten. Andererseits stellt eine akute Pankreatitis jedoch ein relativ seltenes Ereignis dar. Um diese Komplikationen zu vermeiden, sind Aprotinin, Glukagon, Kalzitonin, Nifedipin, Somatostatin und Octreotide eingesetzt worden. Allerdings konnte durch den Einsatz dieser Substanzen kein überzeugendes Ergebnis erzielt werden. Die Autoren führten eine doppelblinde Multizenter Studie durch, bei der 30 bis 90 Minuten vor dieser endoskopischen Untersuchung eine Infusion mit einem Gramm Gabexatmesilat (FOY) für zwölf Stunden angelegt wurde. Insgesamt nahmen an der Studie 418 Patienten teil. Eine Erhöhung der Pankreasenzyme fand sich bei 66 Prozent. Die Amylasewerte lagen allerdings signifikant höher in der Plazebogruppe. Über abdominelle Beschwerden klagten zwölf Patienten in der Gabexatund 29 in der Plazebogruppe, eine A-1128 (44) Deutsches Ärzteblatt 94, Heft 17, 25. April 1997 Literatur 1. Bock G, Widdows K, eds: Myopia and the control of eye growth. Ciba Symposium 155, Chichester, Wiley 1990; 1–256. 2. Curtin B: The Myopias. Basis science and clinical management. 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Wildsoet CF, Wallman J: Choroidal and scleral mechanisms of compensations for spectacle lenses in chicks. Vision Research 1995; 35: 1175–1195. 11. Zadnik K, Satariano WA, Mutti DO, Sholtz RI, Adams AJ: The effect of parental history of myopia on children’s eye size. JAMA 1994; 271: 1323–1327. Eine vollständige Literaturliste kann bei den Autoren angefordert werden. Anschrift für die Verfasser Priv.-Doz. Dr. rer. nat. Frank Schaeffel Universitäts-Augenklinik Abteilung für Pathophysiologie des Sehens und Neuroophthalmologie Schleichstraße 12–16 72076 Tübingen akute Pankreatitis entwickelten zwei Prozent unter Gabexat und acht Prozent unter Plazebo. Die Autoren kommen zu dem Schluß, daß die prophylaktische Behandlung mit Gabexat sich positiv hinsichtlich einer möglichen Pankreasschädigung auswirkt. w Cavallini G, Tittobello A, Frulloni L, Masci E, Mariani A, di Francesco V and the Gabexate in Digestive Endoscopy Italian Group: Gabexate for the prevention of pancreatic damage related to endoscopic retrograde cholangiopancreatography. N Engl J Med 1996; 339: 919–923. Cattedra die Gastroenterologia Policlinico Borgo roma, via delle Menegone, 37134 Verona, Italien.