Der Mittlere Weg majjhimâ-patipadâ Zeitschrift des Buddhistischen Bundes Hannover e.V. Gemeinnütziger Verein . Zentrum: Drostestraße 8 . 30161 Hannover Heftpreis 2,- € 42. Jahrgang Mai - August 2010 / 2554 Nr. 2 P R O G R A M M und E I N L A D U N G Buddhistischer Bund Hannover e.V. - Drostestraße 8 (Nähe Lister Meile) Veranstaltungen von Mai - August 2010 / 2554 09.05. Sonntag 10-17 Uhr 15.05. Samstag 16.05. Sonntag 10-17 Uhr 18.05. Dienstag 19.30 Uhr 20.45 Uhr Praxisstudium Lamrim (auch am 13.6.2010) mit Geshe Nawang Thapkhe Der buddhistische Stufenweg vermittelt die wesentlichen Inhalte der buddhistischen Lehre in der tibetischen Tradition. Veranstalter: Buddh. Gemeinschaft Chöling e.V. – Ort: Vietn.-Buddh. Kloster Vien Giac, Karlsruher Str. 6, 30519 Hannover – Information: www.choeling.de – Organisation: Jochen Dienemann 0511 574551 - Teilnahme auf Dana- / Spenden-Basis Vesakh-Fest im BBH 15.00 Uhr: Eröffnung - anschließend kleines Buffet – gleichzeitig Angebot zur Meditation 16.30 Uhr: Video-Dokumentation “Siddharta - Ein Leben im Licht” 17.30 Uhr: Meditation 18.15 Uhr: Musik mit BHAVANA 19.00 Uhr: Tee und Ausklang des Abends Alle sind herzlich eingeladen Einsichts-Dialog mit Bhante Sukhacitto Die Praxis des Einsichts-Dialoges ist eine Form der Dhamma-Praxis, bei der ein ausgewähltes Thema gemeinsam kontempliert wird. Hierbei sind keine Vorkenntnisse erforderlich. Meditative und interaktive Phasen wechseln einander ab. Veranstalter: Buddh. Gemeinschaft Chöling e.V. – Ort: Vietn.-Buddh. Kloster Vien Giac, Karlsruher Str. 6, 30519 Hannover – Information: www.choeling.de - Organisation: Jochen Dienemann 0511 574551 - Teilnahmegebühr: für den Lehrer wird eine Spende erbeten (Dana) Einführung in die Praxis der Dharma-Kontemplation mit Bhante Sukhacitto Erklärungen zur Praxis, Fragen und Antworten - anschließend eine stille Meditation Praxis der Dharma Kontemplation in der Gruppe, anschliessend Austausch Wir wollen einen kurzen Auszug aus Buddha’s Worten kontemplieren und ihnen erlauben, uns zu verwandeln. Diese Worte, in übersetzter Form, stammen direkt aus den Pali-Sutten, der ursprünglichen Lehre des Buddha. Wenn wir diesen Text hören und dann mehrmals lesen, wird er in unseren Geist einsickern. Schicht für Schicht werden wir unser Verständnis und unsere Erfahrung der Lehre vertiefen. Zu Beginn sammeln wir uns in einem Kreis und bereiten uns in Stille vor. Der Text, der kontempliert werden soll, wird von zwei verschiedenen Lesern laut und langsam vorgelesen. Wir treten in die Praxis ein. 20.-24.05. Zen-Sesshin in Reileifzen (Ochsenbrink 3) (zu Pfingsten) Do - Mo mit Zen-Meisterin Dagmar Dôkô Waskönig - Praxistage für Geübte und Ungeübte Beitrag 160,- € (erm. 150,- €), Anmeldung bis zwei Wochen vorher, Tel. 864871 28.-30.05. VESAK-Feiertage Fr - So im Buddhistischen Kloster, Pagode Vien Giac, Karlsruher Str. 6 - Treffpunkt auch für Nicht-Vietnamesen! Programm und Teilnahme unter Tel. 0511/879630 oder www.viengiac.de 29.05. 15.00 Uhr Samstag 2 Tibetisch - Buddhistischer Gesprächskreis Video und Gespräche mit Bernd Weber (Karma Gelek Samten) Thema: Buddhas & Boddhisattvas majjhima patipada 2 - 2010 30.05. Sonntag 30.05. 16.00 Uhr Sonntag 04.06. Freitag 19.30 Uhr VESAK-Feier mit 50jährigem Jubiläum des Hauses der Stille (ab 10.30 Uhr) Zum Besuch der VESAKH- und Jubiläumsfeier in Roseburg, Haus der Stille, wird eine Mitfahrgelegenheit vom BBH organisiert - Abfahrt 8.00 Uhr morgens - bitte rechtzeitig anmelden. Tee-Nachmittag Zu einem gemütlichen Teenachmittag wird herzlich eingeladen. Der Nachmittag dient sowohl dem gegenseitigen Kennenlernen unserer alten und neuen Freunde und Interessenten als auch dem Verständnis zwischen Älteren und Jüngeren. Wir wollen Erfahrungen austauschen und Lehrinhalte vertiefen (gleichzeitig Bücherausleihe bzw. -rückgabe). Sich selbst der beste Freund sein Vortrag von Bhante Dhammananda Erfolg im Leben ist nicht nur eine Sache des Verstandes, sondern auch des Herzens. Beide Seiten müssen gepflegt werden, will man seine menschliche Existenz bestmöglich nutzen. Aufgrund falscher Vorstellungen ist uns die Tür zu Frieden, Harmonie und Glück verschlossen, obwohl wir alle die Anlagen dazu in uns tragen. Wie wir uns Zugang zu diesem verschütteten Schatz verschaffen können, ist Thema des Vortrags. Bhante Dhammananda wird auf die fünf Fähigkeiten (Vertrauen, Energie, Achtsamkeit, Sammlung, Weisheit) und die vier göttlichen Verweilungen (bedingungslose Liebe, Mitgefühl, Mitfreude, Gleichmut) eingehen. Er wird erklären, wie wir sie kultivieren, unseren inneren Reichtum entdecken und zu unserem besten Freund werden können. Grundlage des Vortrags ist das Metta Sutta. - Teilnahme auf Spendenbasis (Dana) - 05.06. Samstag 10-15 Uhr Meditationstag - Theorie, Einführung in die Praxis - (Seminar) 26.06. 15.00 Uhr Samstag Tibetisch - Buddhistischer Gesprächskreis mit Bhante Dhammananda Behandelt werden die vier Grundlagen der Achtsamkeit in Theorie und Praxis. Achtsamkeit kann die Kräfte des Geistes anregen und klares Denken, tiefes Verstehen und geistiges Gleichgewicht fördern. Sie inspiriert uns, unsere Intelligenz, unseren inneren Reichtum und unsere natürliche Würde zu entdecken und ist eine große Hilfe zur Bewältigung der Probleme des modernen Lebens. Zur Person: Bhante Dhammananda, geboren in Sri Lanka, studierte in seiner Heimat Buddhismus, Pali und Sanskrit und praktizierte bei erfahrenen Meditationsmeistern. Zurzeit leitet er Meditationskurse und hält Dhamma-Vorträge in buddhistischen Zentren in Deutschland, um die zeitlose Buddha-Lehre zu erklären und anhand von Beispielen aus verschiedenen Lehrreden zu verdeutlichen, wie man die Lehre im Alltag umsetzen kann. - Teilnahme auf Spendenbasis (Dana) - Video und Gespräche mit Bernd Weber (Karma Gelek Samten) Thema: Wer ist Karmapa? 27.06. So 16 Uhr Teenachmittag (wie am 30.05.) 16.-17.07. Die Welt der Gefühle Vortrag und Seminar-Workshop mit Dr. Alfred Weil Fr 19 Uhr Einführungsvortrag Sa 9-17 Uhr Seminar-Workshop „Im Hinblick auf die fühlenden Wesen lehre ich“, sagte der Buddha. Und er wusste nur zu gut, warum. Die Gefühle sind es, die unser Leben bestimmen. Sie sind es, die uns erheben oder niederdrücken, die wir entweder sehnsüchtig herbeiwünschen und suchen, oder unter allen Umständen vermeiden wollen. Aber sehr weit kommen wir mit unseren Bemühungen meist nicht. Was sind Gefühle oder wo kommen Sie her? Wie gehen wir mit ihnen um und wie schaffen wir es, unabhängiger von ihnen zu werden? Seminar-Beitrag: 40 € - (Ermäßigung möglich), bitte rechtzeitig anmelden Fortsetzung auf Seite 39 majjhima patipada 2 - 2010 3 Inhalt Seite Der Mittlere Weg Programm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 majjhimâ-patipadâ Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Herausgeber: Buddhistischer Bund Hannover e.V. Drostestr. 8, 30161 Hannover Tel. + Fax 05 11 / 3 94 17 56 E-mail: [email protected] Internet: www.buddha-hannover.de Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Axel Rodeck Politischer und sozialer Buddhismus - ein Paradigmenwechsel? . . . . . . . . 6 Hans Wolfgang Schumannl Ist alles Karma? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Einladung zum DBU-Kongress 2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Uwe Kickstein Die Lehre des Buddha vor dem religiösen Hintergrund seiner Zeit . . . . . . 15 Axel Rodeck Vor 10 Jahren: Die Weltausstellung und die Weltreligionen. . . . . . . . . . . . 27 Michael Schmidt Glaube und Erfahrung - Kalamer-Rede u. Ansichten eines Theologen . . . 32 Hätten Sie’s gewusst? - Fragen aus dem Buddhismus . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Für Sie gelesen – Lesenswertes aus anderen Zeitschriften . . . . . . . . . . . . 35 Auch das noch . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Programm (Fortsetzung von Seite 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Redaktionsteam: Rother Baumert, Uwe Kickstein, Axel Rodeck, Michael Schmidt Satz u. Gestaltung: Uwe Kickstein Druck: Forum Druck, Hannover Spendenkonto: Buddhistischer Bund Hannover e.V. Postgirokonto: Postbank Hannover, Kto.-Nr. 180 18 303 BLZ: 250 100 30 IBAN: DE07 2501 0030 0018 0183 03 BIC: PBNKDEFF Abbildungen: Titelfoto: Pavillon von Nepal auf der EXPO 2000 von Axel Rodeck S. 28, 30, 31 von Axel Rodeck alle anderen lt. Quelle oder Archiv »Der Mittlere Weg - majjhima patipada« erscheint nach Bedarf und ist für Mitglieder kostenlos. Ein Anspruch auf Lieferung besteht nicht. Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Der Nachdruck ist nur mit Genehmigung gestattet. Ein Belegexemplar wird erbeten. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte und Fotos übernehmen wir keine Gewähr. Notwendige Kürzungen versuchen wir vorher mit den AutorInnen zu besprechen. Texte und Bilder, wenn möglich, bitte auf Diskette/CD (Windows) zusenden oder per Email: [email protected] Anreise zum BBH mit öffentlichen Verkehrsmitteln: Das Buddhistische Zentrum in der Drostestr. 8 ist gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen: mit den Linien 3 und 7 ab Hbf (Tiefebene) bis zur ersten Haltestelle »Sedanstr./Lister Meile«, dann zu Fuß die Lister Meile hoch, rechts in die Drostestr. einbiegen; mit den Bus-Linien 121, 131, 132 bis Haltestelle »Lister Platz«, zu Fuß die Lister Meile hinunter. 4 majjhima patipada 2 - 2010 EDITORIAL Liebe Leserinnen und Leser! Wir freuen uns stets, wenn unser redaktionelles Nichtwissen durch Anmerkungen aus dem aufmerksamen Leserkreis gemindert wird. Ein Leser gab zu dem Beitrag von F. Fenzl in Heft 1/2010 „Der Svastika – ein faschistisches Symbol?“ folgenden Hinweis: Das linksläufige Hakenkreuz (Haken nach links) bedeutet für die Buddhisten, daß das Rad nicht mehr weiterrollt, sondern zum Stillstand gekommen ist. Es ist also ein Symbol für die Erlösung – anders als das rechts drehende Hakenkreuz der Faschisten. Im übrigen wird das Substantiv „Svastika“ vom Geschlecht her unterschiedlich, richtigerweise aber wohl als männlich angesehen. .......... Weniger erfreulich war die im letzten Heft bereits geschilderte Diskussion über die Zulässigkeit (religions-)kritischer Berichte, konkret Tibet und den Dalai Lama betreffend. Wir meinen, dass insbesondere das Gebot „rechter Rede“ durch eine sachgerechte Erörterung im Rahmen unserer abendländischen Streitkultur nicht verletzt wird. Wenn dann aber Kritik mit Intoleranz verwechselt wird, wenn aus sachlicher Analyse der Wille nach Zwietracht hergeleitet wird, wenn mit „deutschem Bierernst“ lockere Passagen gleich als Beleidigung aufgefaßt werden, so hinterlässt dies einen traurigen Eindruck. Gezieltes Beleidigtsein ist eine Nötigung und kann keine Argumente ersetzen. Wir sind gefragt worden, warum wir immer nur die negativen Beanstandungen unserer Ausführungen, nicht aber die gleichermaßen eingegangenen positiven Stimmen schildern. Wohlan, wir wollen die Diskussion hiermit abschließen mit dem Statement eines vielgereisten langjährigen und karitativ äußerst engagierten Buddhisten. Dieser schrieb uns: „Die menschenverachtenden Vorgänge sowohl auf chinesischer als auch auf tibetischer Seite sind mir aus fast 20 Reiseabenteuern ins ‚Schneeland’ wohl bekannt. Allerdings verspüre ich weder Lust noch majjhima patipada 2 - 2010 Neigung, meine Aufzeichnungen von brutalen Auseinandersetzungen innerhalb braunrot gewandeter Klerikergemeinschaften oder gegenüber olivgrün uniformierten Besatzern – wie auch umgekehrt – öffentlich zu machen.“ ........... Anlaß zu Diskussion wird möglicherweise (und keineswegs unerwünscht) auch der Beitrag S. 6 ff über die Entwicklung des real existierenden Buddhismus zu einer sozialen Bewegung geben. Ein Blick in buddhistische Zeitschriften zeigt, wie sehr neuerdings der Dhamma in diesem Sinne interpretiert wird, „metta“ und „karuna“ sind die Eckpunkte dieser Bewegung. Wollte der Religionsstifter Buddha Gautama das? Welche Konsequenzen hat eine Politisierung des Buddhismus? Sind wir Zeitzeugen einer Verdrehung der Lehre oder einer weiteren Drehung des Rades der Lehre? Es lohnt sich, hierüber einmal kritisch nachzudenken. Um unseren Lesern weiteren Stoff für eigene Urteilsbildung zu geben, haben wir unter „Für Sie gelesen“ aus „Buddhismus aktuell“ Heft 1/2010 einige Beiträge zum Thema „Aktives Mitgefühl“ zitiert. …….. Immer wieder taucht in buddhistischen Gesprächskreisen und anderswo die Frage auf, ob jedes uns treffende Ereignis „karmisch“ bedingt ist, also auf früherem (vorgeburtlichem) Verhalten beruht. Der Indologe Dr. H.W. Schumann hatte 2001 in „Ursache & Wirkung“ Heft 35 zu diesem Thema eine prägnante Arbeit veröffentlicht, die er uns nun überarbeitet und ergänzt zum Abdruck im „Mittleren Weg“ zur Verfügung gestellt hat. (S. 11 ff) Danach bestimmt das Karma zwar die Umstände unserer Geburt, nicht aber alles im Leben erfolgende Missgeschick. Sagen Sie, liebe Leser, also künftig nicht bei jeder auf den Fuß gefallenen Saftflasche, hier spiele die Vergeltungskausalität aus früherer Zeit eine Rolle. Passen Sie einfach besser auf. Ihre Redaktion A.R. 5 Politischer und sozialer Buddhismus ein Paradigmenwechsel? von Axel Rodeck 1. Buddhismus – Hilfe auch für andere a) Einsatz für die Welt Kürzlich warfen wir in dieser Zeitschrift einen Blick 30 Jahre zurück auf Themen, die die Deutsche Buddhistische Union im Jahr 1980 zur Erörterung auf europäischer Ebene (Generalkonferenz der World Fellowship Of Buddhists) vorgeschlagen hatte: Humanitäre Angelegenheiten wie Entwicklungshilfe, Erhaltung des Weltfriedens, Atomwaffen und Atomenergie, Umweltschutz und Ökologie sowie Kampf gegen Drogen. Kurz: Es ging um die Weltprobleme aus buddhistischer Sicht. Bemerkenswert auch der Artikel über Sarvodaya Shramadana, eine buddhistische Laienbewegung, die mit ihrem Einsatz für die gewaltlose Schaffung vorbildlicher Sozialordnungen als vorbildlich für die Dritte Welt bezeichnet wird. Inzwischen haben sich solche Gedanken verbreitet und wir erleben, daß beispielsweise der derzeitige Dalai Lama – für seine Vorgänger wohl undenkbar – eine Großveranstaltung unter dem Motto „Kunst des Lebens“ führte und dabei gegenwartsbezogene Referate zu Themen wie globale Verantwortung, Klimaschutz und Wirtschaftsethik gehalten wurden. Der Dalai Lama legte erstaunlich weltoffen dar, daß Beten oder Meditieren im Kloster nicht ausreicht, sondern daß soziales Engagement im Alltag erforderlich ist. Das buddhistische Hausblatt „Buddhismus aktuell“ widmete der Heilung der Erde gar ein Schwerpunktthema (Heft 3/2009) und beklagte unsere naturmissachtende Lebens- und Wirtschaftweise. Jedenfalls steht fest, daß der Buddhismus das Meditationskissen verlassen hat und sich um soziale und politische Anliegen seiner Anhänger oder gar darüber hinaus aller Wesen dieser gemeinsamen Erde kümmert. Die Natur wird nicht mehr wie in früheren Zeiten als der zu bekämpfende Feind des Menschen angesehen, sondern ist vor seiner Gier zu schützen. Kurz – ein sich in hohem Maße sozial betätigender Buddhismus wird, möglicherweise dem 6 christlichen Vorbild folgend, zunehmend gefordert und praktiziert. Aber ist das überhaupt im Sinne seines Stifters, des Buddha Gautama? Zu fragen wäre letztlich auch, ob die Buddhisten im Bemühen um eine Heilung der Welt nicht ein allgemeinpolitisches Mandat erstreben und wo die Grenze zwischen Staat und Religion verläuft. b) Keine kommunalistische Religion Der Buddha Gautama war kein Sozialrevolutionär. Er akzeptierte die vorgefundene staatliche Ordnung und sah soziale Ungleichheit (Kastenwesen!) als das Ergebnis früherer Taten an, jeder hat sich seinen Stand karmisch verdient. Buddha lehrte die Menschen ausschließlich einen Weg aus dem als leidhaft empfundenen Dasein: „Nur dies verkünde ich früher wie heute: Das Leiden und des Leidens Aufhebung.“(SN 22) Wenn dieser Weg dann zu einer in die Gemeinschaft ausstrahlenden positiven Geisteshaltung führte, so war diese erfreuliche Konsequenz zwar zu begrüßen, aber keineswegs beabsichtigt. Der Buddha verkündete eine Heilslehre, die sich, wie alle Religionen, primär mit dem Schicksal nach dem Tode befasst. Nicht aber wirkte er in die Gesellschaft hinein, indem er ihr Handlungsmodelle vorsetzte. Insbesondere fehlen im Buddhismus Rituale bei den wichtigen Lebensabschnitten eines Menschen wie Geburt, Pubertät, Heirat und Tod. Der Indologe Richard Gombrich bezeichnet in Anlehnung an soziologischen Sprachgebrauch die mit einer Vielzahl von Normen in die Gesellschaft hineinwirkenden Religionen als „kommunalistisch“. Das betrifft beispielsweise den Hinduismus ebenso wie den Islam mit dessen Vorstellung einer Identität von Staat und (islamischer) Religion. Genau daran war der Buddha nicht interessiert, sondern predigte reine Soteriologie, einen „religiösen Individualismus ohne spirituelle Vermittler“. majjhima patipada 2 - 2010 c) Das Sutra von den vier Ständen Im „Sutra von den vier Ständen“ (Agganna-Sutra; D 27) belehrt der Buddha zwei ehemalige Brahmanen, die als Novizen seinem Orden beigetreten sind, und erteilt dem priesterlichen Standesdünkel eine Absage. Weil in allen vier Kasten gleichermaßen sowohl gute als auch schlechte Taten mit entsprechenden karmischen Folgen begangen würden, sei kein Stand der bessere Stand. Wie der Indologe K. Meisig ausführt, ist der Kern des Sutras die Frage nach dem Verhältnis von Religion und Gesellschaft. Beide lassen sich vom Standpunkt der frühen buddhistischen Mönchsethik her nicht miteinander vereinbaren. Denn nur der weltflüchtige Mönch, der alle gesellschaftlichen Bindungen abgestreift hat, kann das Rad der Wiedergeburten für sich persönlich zum Stillstand bringen und sich dadurch aus dem Leiden erlösen. Das gilt auch für Angehörige der niederen Kasten, die somit nicht erst über viele Wiedergeburten in der gesellschaftlichen Hierarchie aufsteigen müssen. Der Buddha lehrte also eine „gesellschaftsverneinende und von daher individualistische Erlösungsethik für jedermann“ (K. Meisig). Nicht das Sammeln von gesellschaftlichem oder religiösem Verdienst mit der Folge des Erwerbs von gutem Karma, sondern die Vermeidung von jeglichem Karma war angesagt. Denn Karma, heilsames ebenso wie unheilsames, ist eine Bindung an den Wiedergeburtenkreislauf. Nirvana kann nur eintreten, wenn das Karma-Konto gelöscht ist. 2. Der Bodhisattva Hilfsbereitschaft gegenüber notleidenden Mitwesen war traditionell nicht gerade Schwerpunkt der indischen Kultur (s. hierzu Aufsatz Kickstein S. 20). Doch die strenge Ausrichtung der frühen Buddhisten auf die eigene Erlösung wurde seit dem Entstehen des Mahayana-Buddhismus im 1.Jh.v.Chr. ein ständiger Kritikpunkt. Es erschien selbstsüchtig, wenn die Anhänger des frühen Buddhismus zwar Mitgefühl (karuna) für alle Wesen übten, sich aber dadurch nicht vom ausschließlichen Ziel des eigenen Heils (Nirvana) abbringen ließen. Herzlos und egoistisch sei es, so wurde gesagt, sich ins Nirvana zu verabschieden und die bedauernswerten Mitwesen im Geburtenkreislauf zurück zu lassen. Mit dem Mahayana kam daher ein neues Leitbild auf, das des „Bodhisattva“. Ein Bodhisattva („Erleuchtungswesen“) war nach altem Sprachgebrauch jeder auf dem Weg zur Erlösung Befindliche. Nun wurde der Begriff auf einen kurz vor dem Ziel befindlichen, uneigennützigen Heilssucher bezogen: Dieser könnte zwar schon das Heilsziel erreichen, verzichtet darauf jedoch freiwillig, um sich der Leidensbefreiung anderer zu widmen. Aus reinem Mitgefühl bleibt er als Nothelfer in der Welt und räumt den anderen Heilssuchern unheilsames Karma (die Folgen früherer schlechter Taten) aus dem Wege. majjhima patipada 2 - 2010 Anders als die Buddhas, die sich auf das Aufzeigen des Erlösungsweges beschränken, aber keine praktische Hilfe leisten, stehen die Bodhisattvas nun für tatkräftige Unterstützung zur Verfügung. Sie geben aus ihrem reichhaltigen Vorrat an Verdienst den Bedürftigen ab. Das widersprach freilich der alten Lehre, wonach das Karma höchstpersönlich wirkt und Verdienstübertragung (Pali: pattidana) durch Dritte nicht möglich ist. Der Populärbuddhismus hatte jedoch auch in den theravadischen Ländern den Brauch entwickelt, lieben Verstorbenen Verdienst (punna) nachzusenden. Dies gab den neuen mahayanischen Vorstellungen Raum: Bei aller Ablehnung der mahayanischen Neuerungen übernahmen die Anhänger des Hinayana (Theravada) doch gelegentlich stillschweigend Mahayanalehren, die sie als nützlich und akzeptabel empfanden. Verdienstübertragung und mitleidiges Tätigwerden gehörten dazu. Der Altruismus der Bodhisattvas wurde somit allgemeines buddhistisches Leitbild und prägte das soziale Verantwortungsbewußtsein über die Anhänger des Mahayana hinaus auch für die Angehörigen anderer Lehrtraditionen. In heutiger Zeit mag die Konkurrenz zum die Nächstenliebe predigenden Christentum dazu beigetragen haben, daß die eingangs genannten, in die Gesellschaft hineinwirkenden buddhistischen Aktivitäten entwickelt wurden. Die alten Texte werden so ausgelegt, daß sich aus ihnen die Verbundenheit von Natur und Wesen, ja gerade- 7 zu ein holistisches Weltbild ergibt. Wie der Buddha lehrte, ist die Welt ein ausschließlich dynamischer Vorgang, der auf Ursache und Wirkung beruht. Menschen, Tiere und Pflanzen sind Teile dieses unpersönlichen evolutionären Prozesses. Diese Aussage gewinnt heute, wo – anders als zu Buddhas Lebzeiten – die Natur nicht als bedrohend, sondern als bedroht aufgefasst wird, besondere Bedeutung. Es liegt auf der Hand, daß mit dieser Ausdehnung auf die Belange der Welt die Basis religiöser Tätigkeit verlassen und das Feld politischen Handelns betreten wird. Aber letztlich muß sich der Buddhismus, wie jede andere Religion auch, mit der Gesellschaft arrangieren und zu Fragen des weltlichen Lebens Stellung beziehen. 3. Die ethischen Grundlagen a) Weg vom Opferkult Die dogmatischen Grundlagen für ein das Leid der Welt bekämpfendes Tun finden sich in der buddhistischen Ethik. Diese entstand aus der vedischen Tradition mit ihrem Opferkult heraus. Die Opferrituale hatten sich zu komplizierten magischen Techniken entwickelt und wurden vom Buddha entschieden abgelehnt und umgedeutet: Statt blutiger Tieropfer ethische Verhaltensweisen wie Almosenspende, Klosterbau und Zuflucht zum Buddha. Freilich hat, so K. Meisig, Ethik im frühen Buddhismus keinen Wert an sich, sondern ist nur eine Vorleistung im Dienste des Heilserwerbs. Denn nicht um des Nächsten Willen wird hier Liebe geübt, sondern wegen der Förderung des eigenen Heils. Allerdings hat der Buddha selber nach seiner Erleuchtung die zur Erlösung führende Lehre (dhamma) aus reinem Mitgefühl verkündet, war für ihn persönlich doch die Angelegenheit erledigt – ein klarer Altruismus. Es sei auch angemerkt, daß das sittlich-vollkommene Leben allenfalls in die Welt der Götter führt, aber noch nicht zur Erlösung. Natürlich ist der ethische Wandel der Mönche strenger geregelt als der der Laien. Für letztere gelten (nur) fünf grundsätzliche Verhaltensweisen, die „fünf Silas“ (Pali „sila“ = sittliches Verhalten). Ohne ihre Beachtung ist es unmöglich, den Buddhaweg mit Erfolg zu beschreiten. b) Die Silas Am Anfang des buddhistischen Sittengesetzes stehen also fünf Regeln, die universale Grundnormen sind, wie wir sie auch in anderen Religionen finden, die „Silas“. Es handelt sich, wohlgemerkt, nicht um Ge- oder Verbote, sondern um (dringende) Empfehlungen, die keinerlei metaphysische Begründung oder außer- 8 weltliche Verankerung haben. Stattdessen ist die Vernunft gefordert: Der Verstand soll den sittlichen Lebenswandel kontrollieren. „Sittlichkeit und Vernunft sind die beiden Grundpfeiler, auf die das gesamte Gebäude der Religion des Buddhismus gegründet ist“ (K. Meisig). Die fünf Silas, die sowohl für Mönche als auch für Laien gelten, lauten: 1.) kein Lebewesen töten, 2.) nicht stehlen, 3.) keinen (insbesondere sexuell) unreinen Lebenswandel führen, 4.) nicht lügen und 5.) keine berauschenden Getränke zu sich nehmen. Dieser Negativkatalog wurde dann auf seine positiven Gegenstücke erweitert, also z.B. aus dem Tötungsverbot die Pflicht zu Hege und Pflege anderer Lebewesen, ja der ganzen Umwelt abgeleitet. Für Mönche gelten zusätzlich fünf weitere Silas: 6.) nicht zur Unzeit (d.h. nach 12.00 Uhr) essen, 7.) nicht an Tanz- oder Musikaufführungen teilnehmen, 8.) keinen Blumenschmuck, Salben oder Parfüm gebrauchen, 9.) keine bequeme Lagerstatt benutzen und 10.) kein Gold oder Silber annehmen. Später wurde das Alltagsleben der Mönche in 227 und das der Nonnen gar in 311 Vorschriften penibel geregelt. c) Die Brahmaviharas Die (theravada-)buddhistischen Formen der Meditation (Bewachung der Sinnestore, Achtsamkeitsübungen und vierstufige Versenkung) sind grundsätzlich nach innen gerichtet, wirken auf den Meditierenden selbst und nützen nur ihm. Daneben gibt es aber eine Meditation, die nach außen gerichtet ist und ausstrahlen soll in die Gesellschaft. Sie wird nach dem Hindu-Gott Brahma als „Brahmavihara“ ( = Brahma-Verweilung, auch: göttliche Verweimajjhima patipada 2 - 2010 lung) bezeichnet, weil Brahma mit vier in alle Himmelsrichtungen schauenden Gesichtern dargestellt wird. Genau so soll der Meditierende seine heilsamen Stimmungen in die Weltgegenden schicken. Das erste Objekt dieser Meditation ist die „liebende Güte“ (metta). Der Meditierende begibt sich in Meditationshaltung und durchströmt mit einem Denken voller Güte nacheinander die vier Himmelsrichtungen sowie den Raum nach oben und unten. Anschließend strahlt er nacheinander Mitgefühl (karuna), Mitfreude (mudita) und Gleichmut (upekkha) auf die selbe Weise aus. Ob diese Verfahrensweise (das gilt auch für Gebete!) unmittelbare Wirkung entfalten kann, sei dahingestellt. Zumindest nutzt sie dem Meditierer selber, was mittelbar positive Auswirkungen auf die Gesellschaft haben mag. Für unsere Betrachtung wichtig sind die „liebende Güte“ (metta) und das oben (Ziff. 2) schon erwähnte Mitgefühl (karuna). „Karuna“ erstreckt sich über Menschen und Tiere hinaus bis in die Pflanzenwelt. Metta und Karuna sind die Anknüpfungspunkte für die altruistischen Tätigkeiten, insbesondere auf sozialem Gebiet. Denn mit ihnen geht der Heilssucher über die bloße Unterlassung unheilsamer Taten hinaus, gibt den negativ gefassten Verhaltensregeln also eine positive Interpretation. Sittlichkeit ist das, was ein anständiger Mensch sowieso nicht tut, sie verhindert schlechtes Karma. Wer jedoch gutes Karma erlangen will, muß darüber hinaus gehen. „Mitgefühl und Güte geben der buddhistischen Lehre die Lebenswärme, die sie den Strafgesetzen überlegen macht“ (H.W. Schumann). d) Vier Edle Wahrheiten Die Lehre Buddhas ist eine ethische Lehre und es überrascht daher nicht, daß er in seinen fundamentalen „Vier Edlen Wahrheiten“, die er in Benares seinen ersten Anhängern verkündete, hierauf einging. Die Vierte Edle Wahrheit vom Wege zur Leidensaufhebung, der „achtgliedrige Pfad“, umfasst neben den Themenblöcken „Erkenntnis“ (Glieder 1 und 2) und „Meditation“ (Glieder 6 – 8) den Themenblock „Ethik“ (Glieder 3 – 5). Dessen drei Regelungen betreffen a) Rechte Rede (samma-vaca), also nicht lügen (4. Sila!), schmähen oder schwätzen, b) Rechtes Verhalten (samma-kammanta), also eine die Sittlichkeitsregeln beachtende Lebensweise führen und c) Rechten Lebensunterhalt (samma-ajiva), also kein grausamer und anderen Wesen Schmerzen oder Nachteile bringender Broterwerb. Unabdingbar für den Heilsweg ist also die Befolgung der „Silas“. 4. Politisierung des Buddhismus? a) Ein Reich wird buddhistisch Spätestens unter Kaiser Ashoka ( Regentschaft 268-239 v.Chr.) wurde der Buddhismus in Indien von einer Erlösungsbewegung zur Religion. Die Buddhisten hatten sich nun in der Welt eingerichtet, bauten Stupas und Klöster und nahmen am Gesellschaftsleben teil. Ashoka, der mit brutaler Gewalt ein Riesenreich erkämpft hatte, schwor der Gewalt ab und wünschte sich Frieden und ein harmonisches Zusammenleben der Menschen. Dazu schien ihm der Buddhismus das geeignete Instrument zu sein. Denn zum einen gefiel dem Herrscher seine antibrahmanische Haltung, hatte Ashoka doch innenpolitisch gegen diesen Stand zu kämpfen. Zum anderen hatte der Buddhismus die universelle Ethik und Weltoffenheit, die in seinem von vielen äußeren und inneren Gefahren bedrohten majjhima patipada 2 - 2010 Reich benötigt wurden. Der Kaiser wurde daher zum Freund und Förderer der Buddhisten. Ashokas politische Inanspruchnahme des Buddhismus hatte jedoch für die Entwicklung des Buddhismus erhebliche Folgen: „Auf der Grundlage der buddhistischen Laienethik“, so der Religionswissenschaftler v. Brück, „veränderte sich der im Prinzip weltentsagende Glaube in eine potentiell weltgestaltende Ethik“. Es entstand erstmals eine „buddhistische Soziallehre“. b) Aktives Handeln wird gefragt Es würde zu weit führen, hier auf die unterschiedliche Entwicklung der buddhistischen Religion im südlichen (Theravada) und nördlichen (Mahayana) Buddhismus einzugehen. Im Laufe der Zeit wurde in allen buddhistischen 9 Ländern der König als Bodhisattva oder Maitreya verehrt. Dies führte zum Beispiel in Tibet zur Identifikation des Dalai Lama mit dem Bodhisattva Avalokiteshvara („Gottkönig“). Der König nahm daher bald eine religiös höhere Stellung ein als die Mönche und verlangte, daß diese eine Partnerschaft von Macht und Religion pflegen und sich aktiv in der Welt betätigen sollten. Auch wies beispielsweise im alten China die Verehrung des Amitabha schon soziale Komponenten auf. Und in der wichtigsten Schule des japanischen Buddhismus, Jodo-Shinshu, wurde in der Bodhisattvamentalität der Ausdruck einer grundlegenden sozialen Idee gesehen. Denn meditative Ausstrahlung von „Liebender Güte“ allein ist sicherlich erfreulich, kann aber keinen einzigen Hungernden satt machen. Doch erst die durch Industrialisierung und Urbanisierung Anfang vorigen Jahrhunderts entstandenen Probleme führten in einigen Ländern zu buddhistischen Sozialbewegungen. Ein charakteristischer Zug im modernen Buddhismus etwa in Japan ist die Hinwendung zum Diesseits und zu Diesseitsaufgaben. Während der alte Buddhismus die Diesseitsaufgaben der Religion gering bewertete oder gar abstritt, wird seit einiger Zeit der Diesseitsvorteil, den der Buddhismus bringt, in den Vordergrund gestellt. Hier wie in allen anderen großen Religionen der Gegenwart wird die soziale Verpflichtung des Menschen stark betont. c) Sozial engagierter Buddhismus In Japan entwickelte sich die Vorstellung eines „buddhistischen Sozialismus“. Erwähnt werden soll hier die nach dem II. Weltkrieg aus dem nationalistischen Nichiren-Buddhismus hervorgegangene neobuddhistische Laienbewegung „Soka-Gakkai“, die sich dem Weltfrieden und gesellschaftspolitischen Aufgaben widmet. Auch in Thailand wurde nach Modellen für buddhistische Gesellschaften gesucht. Der Thailänder Buddhadasa erarbeitete eine religiös-utopische Soziallehre, die auf dem urbuddhistischen Axiom von der ursprünglichen Gleichheit aller Wesen basierte. Im Westen führte die Friedensbewegung vietnamesischer buddhistischer Mönche und amerikanischer Aktivisten, an der der bekannte vietnamesische Buddhist Thich Nhat Hanh maßgeblich beteiligt war, zu der Bewegung „Engagierter Buddhismus“. Sie will sich auf der Basis buddhistischer Spiritualität der Friedensarbeit sowie ökologischen Themen widmen. Der (amerikanische) Theravada-Mönch und Gelehrte Bhikkhu Bodhi fasst den Paradigmenwechsel im Buddhismus prägnant zusammen: „Der Dharma sollte heute nicht nur als Mittel zum inneren Erwachen dienen, sondern auch dazu, die Welt zu transformieren und soziale und ökonomische Strukturen umzugestalten, entsprechend den ethischen Prinzipien, die sich aus den Lehren des Buddha ergeben.“ Ethisches Verhalten und liebende Güte, so Bhikkhu Bodhi, bedeuteten heute, „für die Opfer sozialer, wirtschaftlicher und politischer Ungerechtigkeit aufzustehen.“ Es empfiehlt sich, den Akzent von bloßer Frömmigkeit mit dem Fernziel der „unio mystica“ hin zum sozialen Handeln in aller Welt zu verschieben. Damit schließen wir den Kreis zu den eingangs (1 a) genannten Aktivitäten. Zu Bewusstseinsschulung durch Meditation und Studium der Buddha-Lehre sind nun auch soziale Aufgaben und Mitarbeit in Politik und Ökonomie gekommen. Die Buddhisten haben ihre vornehme Zurückhaltung in weltlichen Fragen aufgegeben – auch ihnen steht schließlich das Wasser bis zum Halse. „Der Buddhismus ist damit weltweit in eine neue Phase seiner Entwicklung eingetreten“ (v. Brück). Es ist ihm zu wünschen, daß er sich dabei nicht übernimmt. Das eigne Heil gib niemals auf, sei’s auch für großes Heil von andern. Hat man das eigne Heil erkannt, so sei man stets darauf gerichtet. Dhp 166 10 majjhima patipada 2 - 2010 Ist alles Karma? von Hans Wolfgang Schumann Die junge Dame hob den Kasten Mineralwasser aus dem Laderaum ihres VW, um ihn ins Haus zu tragen. Da glitt ihre Hand ab, der Kasten fiel und zwei Flaschen zerplatzten mit leichtem Knall auf den Steinen. „Karma“, meinte die junge Frau und lachte in dem Glauben, das Missgeschick philosophisch erklärt zu haben. Wir halten ihr zugute, dass sie nicht karman (Skt.; Pali: kamma) im Sinne von „Tat“ meinte, sondern (Skt.) karmavipaka, „Reifung (früher getaner) Tat“. Brahmanische Geheimlehre Im 6./5. oder 5./4. Jh.v.Chr. war die Karma-Lehre noch neu und keineswegs jedem in Indien bekannt. In den Upanishaden, deren älteste, „die große Wald-Upanishad“ (Brhad-Aranyaka-Upanishad) Siddhattha vor seiner Erwachung zum „Buddha“ bei dem Lehrer Uddaka Ramaputtagehört hatte, wird das Karma-Gesetz noch als Geheimlehre behandelt. In diesem Text befragt Artabhaga den Yajnavakya, was mit den Menschen nach dem Tode geschieht. Yajnavakya erwidert: „Artabhaga, mein Freund, nimm meine Hand. Wir beiden allein sollten dies wissen und es hier nicht öffentlich diskutieren.“ Die beiden gingen hinaus und besprachen sich. Was sie besprachen, war das Karman (Werk), und was sie lobten, war das Karman: Wahrlich, gut wird man durch gutes Tun, schlecht durch schlechtes Tun.“ (BaU 3, 2, 13) Die Bilanz zwischen den guten und den unguten Taten eines Menschen bestimmt, ob er nach dem Tode wieder als Mensch oder in einer anderen Daseinsform wiedergeboren wird. Der Buddha hat die Karma-Lehre der Upanishaden später als zutreffend bestätigt. In dem großen Erkenntnisdurchbruch (bodhi), der ihn zu einem „Buddha“, einem „Erwachten“ werden ließ, erinnerte er sich an seine eigenen Vorexistenzen und deren Lebensumstände und erkannte das Gesetz der vergeltenden Ethik als allgemein gültig: „Mit dem Himmlischen Auge ... sah ich, wie die Wesen vergehen und erstehen, sah ich hohe und majjhima patipada 2 - 2010 niedrige, glänzende und unscheinbare, wie ihnen je nach ihren Taten günstige oder schlechte Wiedergeburt zuteil geworden war. Ich erkannte: ‚Die Wesen, die von Körper, Rede und Denken schlechten Gebrauch machen, die erlangen nach dem Zerfall ihres Körpers, nach dem Tode, schlechte Wiedergeburt, sinken ab, verderben, geraten in die Hölle. Jene Wesen hingegen, die von Körper, Rede und Denken guten Gebrauch machen, die erlangen nach dem Zerfall ihres Körpers, nach dem Tode, gute Wiedergeburt und gelangen in den Himmel.’“ Neue Karma-Lehre Als der Buddha begann, seine Lehre öffentlich darzulegen, sah er keinen Grund, die Karma-Lehre weiter geheim zu halten. Weshalb sollte eine Erkenntnis, die das Warum der eigenen Lebensumstände erklärt und einen Antrieb zu heilsamem Tun darstellt – warum sollte eine solche Lehre nicht publik gemacht werden? Aber der Buddha vertiefte die Kamma-Lehre. Nicht die Tat an sich ist es, die die Zukunft des Täters bestimmt, sondern der Tatvorsatz: „Das Wollen (cetana) nenne ich Tat (kamma). Nachdem man sich etwas vorgenommen hat, tut man die Tat mit dem Körper, dem Rede- oder Denkorgan.“ (A 6,63,11) An anderer Stelle des Pali-Kanons spricht der Buddha von den Tatabsichten, die die Wiedergeburt bestimmen: „Die Wiedergeburt entsprechend den Tatabsichten werde ich euch zeigen, Mönche. … Da besitzt ein Mönch Glaubensvertrauen, Sittsamkeit, Wissen, Freigiebigkeit und Weisheit. Dem kommt der Gedanke: ‚Ach, wenn ich doch nach dem Zerfall (meines) Körpers, nach dem Tode, in die Großgemeinschaft vermögender Krieger hinein wiedergeboren würde!’ Dieses Denken trägt er, bei diesem Denken beharrt er, dieses Denken pflegt er. Diese seine Tatabsichten und sein Verweilen dabei … führen ihn zu einer dortigen Wiedergeburt.“ (M 120) Die Absicht, der Vorsatz, so oder so zu handeln, ist für die Zukunft des Menschen wichtiger als das tatsächliche Tun. 11 Die Absicht Dies führt zu zwei Folgerungen. Die erste ist, dass aus der Absicht zu einer bösen Tat, deren Ausführung aber durch äußere Umstände verhindert wird, dennoch die entsprechende negative kammische Frucht (kamaphala) hervorgeht. Ein Mann, der in einem Wutanfall seinen Opponenten erschlagen will, von besonnenen Freunden aber davon abgehalten wird, schädigt seine kammische Zukunft bereits durch das bloße Wollen (cetana), durch die Tatabsicht (sankhara). Alles böse Tun oder Vorhaben geht aus Gier, Hass und Verblendung hervor und ist eine Bindung an die leidhafte Wiedergeburt. Selbstkontrolle im Denken und Tun sowie Bewusstheit (sati) in allen Lebenslagen sind in Gotamas System die Grundvoraussetzungen zur Erlösung. Die zweite Folgerung aus der Psychologisierung der Karmalehre ist, dass Tatabsichten und Taten, die nicht von Gier, Hass und Unwissenheit motiviert sind, ohne kammische Nachwirkungen bleiben, den Täter also nicht an neue Wiedergeburt binden. „Welche Tat, Mönche, ohne Begehren, ohne Hass und frei von Verblendung getan worden ist, nachdem man (jene drei Verunreinigungen) vernichtet hat, diese Tat ist aufgehoben, an der Wurzel abgeschnitten, … am Werden (d.h. kammischen Reifen) gehindert, zukünftig nicht dem Gesetz des Werdens unterworfen.“ (A 3,34) Aktives Tun - im alltäglichen Leben unverzichtbar - wird im Buddhismus nicht abgewertet. Es muss jedoch mit der richtigen geistigen Einstellung getan werden. Würde jedes, d.h. auch das affektfreie gute und selbstlose Wollen den Menschen in den Wiedergeburtenkreislauf (samsara) verstricken, gäbe es keinen Ausweg aus dem Leiden. Wiedergeburt Wieweit wird die Wiedergeburt durch die Taten der Präexistenz bestimmt? Zum einen bedingt das alte Karma, dass überhaupt eine Wiedergeburt stattfindet. Zum anderen legt es fest, wo und als wer der Verstorbene neu ins Dasein tritt. Nach der buddhistischen Kosmographie gibt es fünf - nach einigen, wohl späteren Textstellen sechs - Bereiche der Wiedergeburt: 12 - die Götterwelt, deren Bewohner zwar ein leidarmes, aber nicht ewiges Leben haben und wie alle anderen Wesen dem Zwang zur Wiedergeburt unterliegen, also unerlöst sind; - die Welt der Menschen, die die besten Erlösungsmöglichkeiten bietet, weil man als Mensch am ehesten der Buddhalehre begegnen kann; - das Reich der Totengeister; - die Welt der Tiere, die nicht nur von ihresgleichen, sondern auch durch Menschen Grausames zu leiden haben; und schließlich - die Hölle, in welcher, bis zur Abgeltung ihres unheilsamen alten Kamma, jene Wesen leiden müssen, deren Taten in den anderen Welten nicht abgeltbar sind. Zwischen diesen fünf Welten laufen die Wesen im Wiedergeburtenkreislauf umher und nehmen unter dem Zwang des Kamma-Gesetzes nach dem Tode jeweils die Daseinsform an, die der Durchschnittsqualität der Taten ihrer vergangenen Existenz entspricht. „Infolge ihres ruchlosen Wandels … gelangen gelangen hier manche Wesen bei der Auflösung ihres Körpers, jenseits des Todes, auf den schlimmen Weg, zu Stätten der Qual, zur Hölle. … Infolge ihres der Lehre gemäßen Wandels, ihres besonnenen Wandels, gelangen hier manche Wesen bei der Auflösung des Körpers, jenseits des Todes, auf den guten Weg, zur Himmelswelt.“ (A 2,16) Auch die soziale Schicht, in der jemand auf Erden wieder geboren wird, ist durch das Karma bestimmt. „Besitzer ihres Tuns sind die Wesen, Erben ihres Tuns, aus ihrem Tun gehen sie hervor, mit ihrem Tun sind sie verwandt, ihr Tun haben sie (nach dem Tode) als Zuflucht. Das Tun ist es, das die Wesen aufteilt in niedrig stehende und höhere.“ (M 135) Die Kammafrucht (kammaphala) wird nicht geerntet in der neuen Existenzform, sondern als die neue Existenzform. Nach dem „Kleinen Sutta von der Unterteilung (vibhanga) des Kamma“ (M 135) bestimmt das Tun: - den niedrigen oder höheren geistigen Rang des Wiedergeborenen; - seine Kurz- oder Langlebigkeit; - seine Kränklichkeit oder Gesundheit; - Hässlichkeit oder Schönheit; majjhima patipada 2 - 2010 Garten mit Buddhastatue in Bangkok / Thailand majjhima patipada 2 - 2010 13 hat nicht Recht. Die Meinung, dass alles, was man erlebt und empfindet, die Frucht alten Tuns sei, gehört zu den Auffassungen, die der Buddha als falsch bekämpfte. (A 3,62; S 36,21) Nicht durch ihre Kammareifung ist die Flaschenkiste gefallen, sondern weil die junge Dame mit ihren Gedanken nicht bei der Sache war. Sie hat es einen kleinen Moment an der Achtsamkeit fehlen lassen, die der Buddha bei allen Verrichtungen empfiehlt (D2,65). - seinen gesellschaftlichen Einfluss; - seinen Vermögensstand (d.h. ob er in armer oder reicher Familie geboren wird); - seinen sozialen Stand (d.h. seine Kaste) und - den Grad seiner Intelligenz. Kurzum: Das Kamma legt das Geburtsumfeld und die körperlich-geistigen Anlagen der Wiedergeburt fest, nicht aber deren Schicksal und zukünftiges Tun. Das Kamma-Gesetz darf nicht deterministisch ausgelegt werden. Innerhalb seines Entscheidungsfreiraums, der bei Tieren freilich schmäler ist als beim Menschen, kann jeder sein Tun - und damit seine kammische Zukunft - frei bestimmen. Hat also die junge Dame Recht, wenn sie ihr Missgeschick mit den zerbrochenen Flaschen der Auswirkung alten Kammas zuschreibt? Sie Abkürzungen A BaU M S Skt. Anguttara-Nikaya Brhad-Aranyaka-Upanisad Majjhima-Nikaya Samyutta-Nikaya Sanskrit DBU-Kongress 2010 ARBEIT – WIRTSCHAFT – UMWELT VERANTWORTLICH HANDELN Erkennen – Benennen – Ändern Die DBU lädt ein zum Kongress in Berlin vom 15. bis zum 17. Oktober 2010 Weltwirtschaftskrise, Klimakatastrophe, soziale Ungerechtigkeit: Die Welt leidet unter schweren Verwerfungen, die unsere Existenzgrundlagen gefährden und viel Leid hervorbringen. Es ist unübersehbar geworden, dass grundlegende Veränderungen dringend notwendig sind. Dieser Kongress soll Fragen aufwerfen, Antworten geben und zum Handeln motivieren. Projekte die von Achtsamkeit und Mitgefühl geprägt sind können sich vorstellen und vernetzten. Ethisches und verantwortungsbewusstes Handeln bildet das Fundament der Buddha-Lehre. Obwohl diese Lehren viele Jahrhunderte alt sind, enthalten sie höchst wirksame Anleitungen, wie Menschen und Gesellschaften sich gerade in der modernen Welt sinnvoll verändern können. Kartenvorverkauf ab 1.Mai 2010 über Webseite www.buddhismus-kongress.de Info unter 089 28 01 04, DBU-Geschäftsstelle 14 majjhima patipada 2 - 2010 Die Lehre des Buddha vor dem religiösen Hintergrund seiner Zeit von Uwe Kickstein Der heutige Mensch lernt die buddhistische Lehre in ihren verschiedenen Ausformungen kennen. Theravada, Mahayana (Zen, Reine Land-Schule, Madyamika, Yogacara u.a.) Tibetischer Buddhismus (Vajrayana, Tantrayana, Mantrayana). Die jeweiligen Schulen und Richtungen haben ihre eigenen Schriften. Die Schriften – Lehrgrundlagen – der jeweils anderen Ausformung werden zum Teil wohlwollend gesehen, jedoch in ihren Inhalten weitgehend ignoriert. Gemeinsam sind allen Richtungen die Vier Edlen Wahrheiten mit dem in der vierten Wahrheit erklärten achtgliedrigen (astha anga) Pfad. Andere Aspekte der Lehre wie Karma und Wiedergeburt, Achtsamkeit und Sammlung, „leer und Leerheit“ (shunya und Shunyata), das Bodhisattvaideal haben eigene Akzente, tauchen in dem jeweiligen Fahrzeug gar nicht auf oder werden anders interpretiert. Hinzu kommt eine Kommentarliteratur (abhidhamma und andere), welche, Jahrhunderte nach Buddhas Tod entstanden, den Anspruch erhebt, die Lehre richtig zu interpretieren, zu erklären. Erschwerend wirkt, dass auch Buddhisten selten über den Tellerrand der eigenen Lehre schauen und in Überzeugung der Richtigkeit und Authentizität der in den Sutras und der Kommentarliteratur wiedergegebenen Lehre alle anderweitigen Forschungsergebnisse von Indologen und Archäologen häufig ignorieren oder durch eine Brille sehen, die bestimmte Sachverhalte einfach ausfiltert. Es ist diese Brille des „die Schriften des Palikanon bzw. des Maha- und Vajrayana sind Buddhas Wort, sind also „wahr“ oder damals „so gesagt“ worden. Die im Palikanon schon gegebene Einschränkung zu Beginn vieler Sutras: „so habe ich es gehört“ könnte zumindest den Blick dafür öffnen, dass die historischen Texte durch einen „menschlichen Filter“ gegangen sind. Buddha selbst hat zumindest im Palikanon zu solch einer Herangehensweise an eine Lehre klare Worte gefunden: » (...) Zur Seite sitzend, sprachen nun die Kálámer aus Kesaputta zum Erhabenen also: majjhima patipada 2 - 2010 “Es kommen da, o Herr, einige Asketen und Brahmanen nach Kesaputta; die lassen bloß ihren eigenen Glauben leuchten und glänzen, den Glauben anderer aber beschimpfen, schmähen, verachten und verwerfen sie. Wieder andere Asketen und Brahmanen kommen nach Kesaputta, und auch diese lassen bloß ihren eigenen Glauben leuchten und glänzen, den Glauben anderer aber beschimpfen, schmähen, verachten und verwerfen sie. Da sind wir denn, o Herr, im Unklaren, sind im Zweifel, wer wohl von diesen Asketen und Brahmanen Wahres, und wer Falsches lehrt.“ Recht habt ihr, Kálámer, daß ihr da im Unklaren seid und Zweifel hegt. In einer Sache, bei der man wirklich im Unklaren sein kann, ist euch Zweifel aufgestiegen. Geht Kálámer, nicht nach Hörensagen, nicht nach Überlieferungen, nicht nach Tagesmeinungen, nicht nach der Autorität heiliger Schriften, nicht nach bloßen Vernunftgründen und logischen Schlüssen, nicht nach erdachten Theorien und bevorzugten Meinungen, nicht nach dem Eindruck persönlicher Vorzüge, nicht nach der Autorität eines Meisters ! Wenn ihr aber, Kálámer, selber erkennt : “Diese Dinge sind heilsam, sind untadelig, werden von Verständigen gepriesen, und, wenn ausgeführt und unternommen, führen sie zu Segen und Wohl”, dann möget ihr sie euch zu eigen machen.« (aus: „Lehrrede an die Kalamer“, Anguttara Nikaya, Angereihte Sammlung, III, 66) Überprüfen, selbst erfahren und so das Heilsame oder Unheilsame eines Lebensweges, einer Lehre, zu erkennen – dazu hatte Buddha auch in Bezug auf seine eigene Lehre aufgefordert. Und das bedeutet, dass jeder, der den Weg geht, wie ihn Buddha lehrte, aufgefordert wurde, seine Richtigkeit oder Falschheit, das Heilsame oder Unheilsame zu ergründen. 2500 Jahre nach Buddhas Tod darf man sich auch fragen: Welche Veränderungen in der Wiederga- 15 be der Lehr-Sutren, der Kommentarliteratur hat es in dieser Zeit gegeben? Da die Lehre über Jahrhunderte nur mündlich weitergegeben wurde, dann schriftlich fixiert und in verschiedene Sprachen übersetzt – von Menschen mit all ihren Vorlieben, ihrem mehr oder weniger ausgeprägtem Verständnis für die Lehrinhalte – ist es eher unwahrscheinlich, dass sich die ursprüngliche Lehre in allen Lehrreden wiederspiegelt. So verwundert es nicht, wenn Übersetzter wie z.B. Kurt Schmidt in der Mittleren Sammlung Widersprüchliches oder in späteren Jahrhunderten Hinzugefügtes – anhand von Sprach- und Wortstammanalyse (Etymologie) entdecken. Warum also nicht versuchen, den Menschen Siddharta Gautama, den späteren Erwachten (sanskrit: Buddha), in seinem wahrscheinlichen – von Indologen und Archäologen erforschten und noch zu erforschendem Umfeld – zu betrachten. Dabei insbesondere die möglichen Einflüsse auf das Kind Siddharta betrachten, in einer Kultur, die spirituell von den Ritualen der Brahmanen, von Rishis (Sehern), von ihre Lehren verkündenden Wanderasketen, den Lehrgeprächen des Vedanata (darunter auch die Upanishaden, sankr. upa=nahe ni=nieder shad=sitzen) geprägt wurde. Es könnte vielleicht hilfreich sein, um die Lehrreden des Palikanon, Intentionen und Formulierungen, besser zu verstehen. Zur Zeit Buddhas war die indo-arische Völkerwanderung, die Einwanderung von Volksstämmen aus dem nördlichen persisch-afghanischen Raum in das Gangesgebiet und in das Indus-Stromland weitgehend abgeschlossen. Begonnen hatte diese Einwanderung etwa 1500 Jahre vor Chr.. Die Indo-Arier brachten ihre Stammesstrukturen (drei der späteren vier Kasten) und ihr magisch-mythologisches Weltbild mit nach Indien. Inwieweit die vorhandenen Kulte der hier bislang lebenden drawidischen dunkelhäutigen Bevölkerung assimiliert wurden, wird weiterhin erforscht. Funde der älteren drawidischen Indus-Strom-Kultur (Fundstätten bei Mohenjo Daro und Harappa deuten daraufhin, dass es in dieser Kultur Versenkungspraktiken (Meditation) gegeben hat. Hingegen gibt es in den alten Textrezitationen der indo-arischen Einwanderer keine Erklärungen zu Sammlungs- und Versenkungspraktiken. 16 Zur Zeit des Aufwachsens des Kindes Siddharta Gautama gab es also eine gefestigte Gesellschaftstruktur mit vier Kasten (Varnas=Farben). Drei Kasten waren schon bei den indo-arischen Einwanderen/Eroberern vorhanden; die vierte Kaste bestand zunächst aus der drawidischen, meist dunkelhäutigen Urbevölkerung, welche nach der Herrschaftsübernahme durch die Indo-Arier zu Shudras (Knechten und Dienern) wurden und die Kastenfarbe (Varna) „schwarz“ erhielten. Alle Kasten haben sich bis in die heutige Zeit Indiens erhalten, wenn auch in weitere Unterkasten aufgeteilt. Zu den untersten Kasten gehören auch die Unberührbaren (Parias). Die drei indo-arischen Kasten zur Zeit Buddhas waren die Kshatriya (Varna: rot) - die weltliche herrschende Schicht der Fürsten, Könige, Krieger – vergleichbar dem europäischen Rittertum, Adel, die Brahmanen (Varna: weiß) - Priester, Gelehrte, Vollzieher der vedischen Opferrituale und die Vaishya (Varna: gelb) - Händler, Handwerker, landwirtschaftliche Grundbesitzer, wenn diese nicht Kshatryas waren. Wobei die Brahmanen allgemein als oberste Kaste anerkannt waren, auch wenn sie der Kaste der Fürsten, Könige und Krieger nur beratend zur Seite standen. Die Einführung und Belehrung der oberen drei Kastenangehörigen in die drei Veden (den heiligen, zu dieser Zeit nur mündlich weitergegebenen, Rezitationen) oblag den Brahmanen. Die untere Kaste der Shudras wurde dagegen als unwürdig befunden, den Veda zu hören. Siddharta Gautama gehörte als Fürstensohn aus dem Stamm der Shakya zur Kaste der Kshatrya. Wir können vermuten, dass er daher intensiv von Brahmanen über die Veden unterrichtet wurde. So heißt es auch vom Buddha im Palikanon immer wieder: „ ..ist Kenner der drei Veden ...“ Der Rig-(Vers)Veda besteht überwiegend aus 10 Liederkreisen mit 1024 Hymnen inVersen, welche von den Priestern beim Opferzeremonial rezitiert und gesungen wurden. Zu damaliger Zeit gab es Schlachtopfer: (Roß-, Rind, Ziegen-Opfer). Die Götter wurden mit dem Somatrank (göttlicher Rausch- und Kraft-Trank) eingeladen. Das Feueropfer (agnihotra) – zu Voll- und Neumond vollzogen – war (und ist) Hauptritual der Brahmanen. In heutiger Zeit sind die Opfergaben aus pflanzlichen Bestandteilen. Agni (das Feuer, der Gott des Feuers) ist der Überbringer der Opfergaben an die Götter (Indra, majjhima patipada 2 - 2010 Vayu, Mitra, Soma, Varuna u.a.). Die Entstehung der Welt, des Menschen, der Wesen, der Gestirne (Sonne Mond), Naturkräfte wie Blitz und Feuer, die Luft werden Göttern (z.B. Indra, Agni und Varuna) zuerkannt. Die Naturerscheinungen waren Kräfte dieser Götter, die Gestirne sichtbarer Ausdruck von Göttern. Die Hilfe der Götter wurde in den Opferritualen erbeten. Nur die Kaste der Brahmanen war dazu bestimmt das Opferritual durchzuführen – und erst das genaue Einhalten der in den Veden beschriebenen Rituale, das genaue Rezitieren der Opfermantren und Preisungsgesänge, mit denen die Taten der Götter besungen wurden, die richtige Aussprache und die richtige Zubereitung des berauschenden Soma-Trankes, konnte diese Hilfe der Götter erbringen. Im Sama-(Gesang)Veda sind überwiegend Verse des Rig-Veda in anderer Anordnung und modifiziert für das Chanten während der Opferzeremonie enthalten. Im Yajur-(Opferspruch-Mantra)Veda sind Opfersprüche für den Adhvaryu, einer der Priester im vedischen Opferritual, gesammelt. Auch diese Opfersprüche sind weitgehend aus dem Rig-Veda mit Zusätzen versehen. Den Yajur-Veda gibt es in zwei Textfassungen: den weißen (shukla) und schwarzen (krishna) Yajur-Veda. Den Veden zugeordnet sind die zeitlich späteren Schichten der Brahmanas (überwiegend Ritualtexte), Aranyakas (Waldtexte) und Upanishaden (die z.T. aus den Waldtexten hervorgingen) Der Vollständigkeit halber sei hier noch der Atharva-Veda genannt. Dieser vierte Veda hatte zu Zeiten Buddhas noch nicht den Status eines Veda. In ihm gibt es sehr alte Textschichten (z.B. der Vratya-Gemeinschaften, welche laut J.W. Hauer bereits schon eine Art des Yoga praktizierten) aber auch Texte, die nach Buddhas Zeit, aber noch vor Chr. entstanden sind. Atharvan bedeutet Feuerpriester. Im Atharva-Veda - er besteht aus 20 Büchern mit etwa 6000 Versen in 731 Hymnen – gibt es Heilzauberriten, magische Formeln gegen Feinde, Liebeszauber, aber auch erstmals Erklärungen zur Yoga-Praxis (siehe Hauer: „Der Yoga - Ein indischer Weg zum Selbst“) Die soeben kurz dargestellte Opferthematik (die Heils- und Hilfeerwartung aus Ritualen) in den drei Veden hatte der spätere Buddha als Behinderungen auf dem Weg zur Befreiung von Gier und Hass benannt und in mehreren Gesprächen mit Brahmanen Tieropfer als Aberglaube dargelegt. Und auch der Verzicht auf „Rauschmittel“ in den Silas, den buddhistischen Ethikregeln, dürfte einen seiner Ursprünge in der Verherrlichung des „göttlichen Soma-Rausches“ während vedischer Zeremonien haben. Liest man den Rigveda, so stellt man fest, daß die Berauschung und Kräftigung durch den Somatrank grundlegend für die Opfer-Zeremonien waren. Die Asuras/Devas Agni, Indra und Varuna wurden regelrecht zur Berauschung mit dem Somatrank eingeladen. Es gibt mehrere Sanskrit-Pflanzennamen, die den Begriff “Soma” enthalten. So heißt die Weinraute Somalata, und der Strauch “Desmodium gangeticum” wird Saumya (d. h. reich an Somasaft) genannt. In seinen Wurzeln findet sich unter anderem das Halluzinogen Dimethyltryptamin. Bislang gab es aber noch keine eindeutige Identifizierung der Soma-Pflanze. So wird auch angenommen, daß es sich bei “Soma” um den Oberbegriff mehrerer zubereiteter Pflanzen (zuammen mit Milch und Mehl) handelt. Eine Gärung mit zusätzlicher alkoholischer Wirkung ist auch wahrscheinlich. Für die halluzinogene Wirkung des Soma sprechen auch einige Beschreibungen im Rig-Veda, z.B.: „Wir haben das Soma getrunken; wir sind unsterblich geworden, wir haben das Licht gesehen; wir haben die Götter gefunden.“ (Rig-Veda VIII,48) Die Verse des Rig-Veda Es folgen Zitate aus dem Rig-Veda, um den mythologischen, magischen und animistischen Charakter dieses ältesten Veda darzulegen. (Erläuterungen dazu von mir sind in Klammern gesetzt): majjhima patipada 2 - 2010 1. Liederkreis,1,14. An alle Götter: „Mit all diesen Göttern komm, Agni, zu unserem Eifer, zu den Lobreden herbei; um Soma zu trinken, vollziehe die Opferweihe! Dich haben die Kanva´s herbeigerufen; sie preisen deine weisen Gedanken, du redekundiger. Komm, Agni, mit den Göttern! 17 Wir bitten dir den Groll ab, Varuna, mit Verbeu(...) Für euch werden die ergötzenden, beraugungen, mit Gebeten, mit Opferspenden. Du, der schenden Tränke aufgetragen, die Tropfen des die Macht hat, einsichtsvoller Asura, König, erHonigtrankes, die in den Gefäßen sitzen. laß uns die getanen Sünden!... Dich rufen die Kanva´s um Gunst bittend; sie ha(Varuna wird gebeten, Krankheit und Tod abzuben das Barhis herumgelegt, Spenden bringend, wenden und die getanen Sünden zu erlassen) das Opfer rüstend. Die schmalzrückigen, durch den bloßen Gedan1. Liederkreis, 3. Buch, 1,26: An Agni ken geschirrten Fahrrosse, die dich fahren, möDenn wenn die Götter ein gutes Opferfeuer hagen die Götter zum Somatrunk herfahren. ben, so bringen sie auch uns Erwünschtes. Wir Die Opferwürdigen, die Wahrheitsmehrer mache glauben ein gutes Opferfeuer zu haben. beweibt, Agni; gib Ihnen, Schönzungiger, vom So soll zwischen uns beiden, du Unsterblicher, Süßtrank zu trinken! zwischen den Unsterblichen und den Sterblichen, Die Opferwürdigen, die Anzurufenden, die solgegenseitig Anerkennung sein. len mit deiner Zunge von dem Süßtrank unter Va1. Liederkreis, 3. Buch: An Indra satruf trinken, o Agni. Wenn wir auch wie Hoffnungslose sind, du beVon der Lichtwelt der Sonne möge der redekunwährter Somatrinker, so mach uns doch Hoffdige Hotri alle frühwachen Götnung auf tausend schmucke Kühe ter hierher fahren. und Rosse, o freigebiger Indra! So schirr denn, o Gott, deine rötDu lippenöffnender Meister der lichen, falben, roten Stuten an Gewinne, du Kraftbegabter, du den Wagen; mit diesen fahre die hast ja die MachtvollkommenGötter hierher!“ heit; mach uns doch Hoffnung auf tausend schmucke Kühe und (Agni und alle frühwachen GötRosse, o freigebiger Indra! ter werden hier zum Somatrank eingeladen. Einladungen an die (Häufig wird im Rig-Veda um den Götter zum berauschenden und Zuwachs an Gütern gebeten, stärkenden Somatrank durchziemeist sind es Kühe, Rinder und hen den ganzen Rig-Veda) Rosse. Auch wird um guten Samen für die Ernte gebeten. Kenn1. Liederkreis, 1,23 zeichen für eine Gemeinschaft, in ... Denn König Varuna hat der der Ackerbau und Viehzucht Sonne den weiten Weg bereitet, wichtig für das Überleben waren) um Ihn zu wandeln. Der Fußlo1. Liederkreis, 3. Buch, 1,31: sen hat er Füße gemacht zum An Agni Aufsetzen. Und er ist der Lossprecher selbst des ins Herz GeDu Agni bist ein Stier, der die troffenen. Aufzucht mehrt, ruhmbringend wirst du dem, der den Opferlöffel Du hast, o König, hundert, tausend Ärzte. Weit, unergründlich Der alt-vedische Hauptgott Indra hebt, der die Opferung, den Vasatruf genau kennt, der du im Ansoll deine Gnade sein. Jage weit fang im Alleinbesitz des Ayu die Stämme zu gein die Ferne die Todesgöttin ! Auch die getane winnen suchst. Sünde nimm von uns ! Du Agni, hilfst dem in der Freundschaft, im Opfer auf krumme Wege geratenen Mann heraus, du Jene Sterne, die oben befestigt des Nachts erausgezeichneter, der du im Kampfe um den Tapschienen sind, sie sind am Tag irgendwohin geferen, um den umstrittenen Siegerpreis, in der gangen. Unverletzlich sind Varuna´s Gesetze: Schlacht selbst mit Wenigen die Überzahl Des Nachts wandelt Umschau haltend der Mond. schlägst. Du Agni schützest den Mann, der Dichtersold geDas erbitte ich, mit beschwörendem Worte freundlich zuredend, das wünscht sich der Opwährt, nach allen Seiten wie ein fest genähter fernde mit seinen Opferspenden: Sei hier ohne Panzer. Wer süße Speise vorsetzt, in seiner WohGroll, Varuna! Du, dessen Worte weithin gelten, nung ein gutes Lager bereitet und ein lebendes raub uns nicht das Leben! Tier opfert, der kommt zuoberst im Himmel. 18 majjhima patipada 2 - 2010 (Agni unterstützt den Tapferen im Kampf der Schlacht. Erstmals der Hinweis auf den Übergang des Menschen in den Himmel der Götter bei gutem Vollzug des Opfers) 1. Liederkreis, 1,46. An die Asvin (...) Das lichtreiche Labsal, das uns über die Finsternis hinwegbringen soll, das gewähret uns, ihr Asvin! Kommt auf dem Schiff unserer Gedanken, um ans andere Ufer zu gelangen. Schirret euren Wagen an, ihr Asvin! Euer Ruder ist breiter als der Himmel, euer Wagen steht am Landungsplatz der Flüsse. Mit Kunst wurden die Somatränke angeschirrt. Am Orte des Himmels sind die Somatropfen, ihr Kanva´s, am Orte der Flüsse das Gute. Wohin beabsichtigt ihr eure natürliche Körperform zu legen? Licht ist der Somapflanze geworden: Die Sonne kommt dem Golde gleich. Mit der Zunge blickte jetzt der Schwarze durch. Der rechte Weg ist bereitet, um glücklich ans andere Ufer zu gelangen; die Straße des Himmels ist sichtbar geworden. Der Sänger erwartet gerade diese Gunst der Asvin immer wieder, die im Rausche des Soma hinaushelfen. (...) (Erste Ausblicke des Menschen auf einen transzendenten Himmel?) 1. Liederkreis, 1,79: An Agni Bring uns, Agni, Reichtum mit, allesamt besiegenden, begehrenswerten, in allen Kämpfen unüberwindbaren. Bring uns, Agni, durch dein Wohlwollen Reichtum, der lebenslang nährt. Schenk uns Gnade, auf daß wir leben! (...) Wer uns, Agni, nah und fern bedroht, der soll zu Fall kommen. Sei uns zum Gedeihen! Tausendäugig, vor allem Volke hervorragend, wehrt Agni die bösen Geister ab. Als preislicher Hotri wird er gefeiert. (Fürbitte um Reichtum und um Beistand bei Bedrohern, vermutlich andere Stämme, Feinde) 1. Liederkreis - 1,162.: Das Opferroß Auf vierunddreißig Rippen des göttergesellten Streitrosses trifft das Beil. Richtet die Körperteile unverletzt her, zerleget sie Glied für Glied der Reihe nach ausrufend! Einer ist der Zerleger des Rosses des Tvastri, zwei sind es, die es halten. So ist das richtige Verhältnis. So viele deiner Körperteile ich nach der majjhima patipada 2 - 2010 Reihenfolge herrichte, so viele Klöße opfere ich ins Feuer. Nicht soll dich das liebe Leben schmerzen, wenn du eingehst; nicht soll das Beil deinem Körper dauernden Schaden tun. Nicht soll ein gieriger, unerfahrener Zerleger mit dem Hackmesser ausgleitend die zerschnittenen Glieder falsch behandeln. Wahrlich, nicht stirbst du dabei, nicht nimmst du Schaden. Zu den Göttern gehst du auf gangbaren Wegen. Die beiden Falben, die beiden Schecken sind deine Jochgenossen geworden; das Streitroß ward an die Deichsel des Esels eingestellt. Schöne Rinder und schöne Rosse, männliche Kinder und allnährenden Besitz soll uns das siegesgewohnte Roß bringen. Schuldlosigkeit soll uns Aditi erwirken. Die Herrschaft soll uns das von Opfergaben begleitete Roß erringen! (Darstellung eines Tieropfers, um schöne Rinder und Pferde, männliche Kinder und allnährenden Besitz zu erbitten) 7. Liederkreis,7, 104.: An Indra, Soma und andere Götter ... Indra und Soma! Rings um den Bösredenden soll die böse Glut sieden wie ein vom Feuer erhitzter Kochtopf. Setzet dem Feind des heiligen Wortes, dem Aasfresser mit dem bösen Auge, dem Kimidin unerbittliche Feindschaft! Indra und Soma! Stoßet die Übeltäter in die Grube, in die haltlose Finsternis, auf das auch nicht einer von da wieder herauskomme. Diese eure grimmige Kraft muß zur Bezwingung genügen. ... Indra und Soma! Dieses Lied soll euch rings umfangen wie der Gurt die Streitrosse, das ich euch nach meiner Eingebung als Opfer vorführe. Ermuntert wie Fürsten diese feierlichen Reden! Gedenket daran; in fliegender Eile erschlaget die Tückebolde, die hinterlistigen Unholde! Indra und Soma, nicht soll es dem Übeltäter gut ergehen, wer uns jemals mit Tücke nachstellt. Wer mich, der ich schlichten Sinnes wandle, mit unwahren Worten beschuldigt, der werde zunichte wie Wasser, das man mit der Hand faßt, der Sprecher von Nichtigem, o Indra. Die die schlichte Rede absichtlich verdrehen, oder die das Gute willkürlich schlecht machen, die soll Soma entweder der Schlange preisgeben oder in den Schoß des Verderbens bringen. Wer uns den Saft der Speise verderben will, den unserer Rosse, Kühe oder unserer Leiber, o Agni, der Schelm, der Dieb, der Diebstahl begeht, soll 19 dahin schwinden, er soll mit Leib und Kindern eingehen! Der soll um Leib und Kinder kommen; er soll unter alle drei Erdräume versinken. Sein Ansehen soll verdorren, ihr Götter, wer uns am Tag und wer uns bei Nacht zu schädigen sucht! Für den kundigen Mann ist das leicht zu unterscheiden: das wahre und das falsche Wort widerstreiten einander. Welches von beiden das Wahre, welches das Richtige ist, das begünstigt Soma; das Unwahre bekämpft er. (...) Als ob ich je falsche Götter gehabt hätte, oder als ob ich nur zum Schein die Götter anerkannt hätte, Agni - was grollst du uns, Jatavedas? Die Falschredenden sollen dem Tode durch dich verfallen. Noch heute will ich sterben, wenn ich ein Zauberer bin oder wenn ich das Leben eines Menschen verbrannt habe. Und der soll um zehn Söhne kommen, der fälschlich zu mir sagt: du Zauberer. Wer zu mir, der ich kein Zauberer bin, sagt, du Zauberer, oder welcher Dunkelmann sagt: ich bin unschuldig, den soll Indra mit mächtiger Waffe erschlagen. Tief unter alle Kreatur soll er sinken! (Drastische Schilderung der Bitte um Vernichtung von Bösredenden, Dieben, von Verderbern der Speisen. Beteuerung, dass man keine falschen Götter habe, kein Zauberer sei. Die das falsch behaupten, sollen um Leib und Kinder kommen, zehn Söhne sollen zu Tode kommen) 10. Liederkreis, 10,117: Lob der Wohltätigkeit Wahrlich, die Götter haben nicht den Hunger als Todesstrafe verhängt. Auch den Gesättigten kommt irgend eine Todesart an. Und der Reichtum des Freigebigen erschöpft sich nicht, aber der Knauser findet keinen, der sich seiner erbarmt. Wer selbst Speise hat, aber gegen den Armen, der Speise begehrend, klappernd kommt, sein Herz verhärtet und doch früher sein Freund war, auch der findet keinen, der sich seiner erbarmet. Der ist ein Gastfreier, der dem Bettler gibt, welcher abgemagert, Speise wünschend kommt. Er steht ihm zu Diensten, wenn er ihn unterwegs an- ruft, und für die Zukunft erwirbt er sich einen Freund. (Nur an dieser einen Stelle des Rig-Veda findet sich die Hilfsbereitschaft gegenüber notleidenden Mitmenschen) 10. Liederkreis, 10,129.: Ursprung der Dinge Weder Nichtsein noch Sein war damals; nicht war der Luftraum noch der Himmel darüber. Was strich hin und her? Wo? In wessen Obhut? Was war das unergründliche tiefe Wasser? Weder Tod noch Unsterblichkeit war damals; nicht gab es ein Anzeichen von Tag und Nacht. Es atmete nach seinem Eigengesetz ohne Windzug dieses Eine. Irgend ein Anderes als dieses war weiter nicht vorhanden. Im Anfang war Finsternis in Finsternis versteckt; all dieses war unkenntliche Flut. Das Lebenskräftige, das von der Leere eingeschlossen war, das Eine wurde durch die Macht seines heißen Dranges geboren. Über dieses kam am Anfang das Liebesverlangen, was des Denkens erster Same war. - Im Herzen forschend machten die Weisen durch Nachdenken das Band des Seins im Nichtsein ausfindig. Quer hindurch ward ihre Richtschnur gespannt, Gab es denn ein Unten, gab es denn ein Oben? Es waren Besamer, es waren Ausdehnungskräfte da. Unterhalb war der Trieb, oberhalb die Gewährung. Wer weiß es gewiß, wer kann es hier verkünden, woher sie entstanden, woher diese Schöpfung kam? Die Götter kamen erst nachher durch die Schöpfung dieser Welt. Wer weiß es dann, woraus sie sich entwickelt hat? Woraus diese Schöpfung sich entwickelt hat, ob er sie gemacht hat oder nicht - der der Aufseher dieser Welt im höchsten Himmel ist, der allein weiß es, es sei denn, daß auch er es nicht weiß. (Das Unbegreifliche des Universums, seiner Entstehung. Der Versuch einer Beschreibung des Nicht-Erklärbaren) Das Ende der Veden (Vedanta) – Die Upanishaden Antwort auf Fragen wie „wer bin ich“, „warum leide ich“, „was ist die Welt“, „warum bin ich in der Welt“, „was ist der Sinn meines Lebens“ konnte der magisch-mythische Veda für viele Su- 20 chende zu Buddhas Zeit nicht geben. Doch schon bereits etwa 300 Jahre vor Buddha gab es vermehrt Menschen, die sich diese Fragen stellten.Es begann die Zeit des Vedanta, die Zeit der majjhima patipada 2 - 2010 „Vollendung“ oder des „Ende“ der Veden. Es gab also vor Buddhas Zeit die Situation, dass Opferrituale der Veden die innersten Fragen nach dem Seins-Sinn nicht mehr stillen konnten. So trafen sich sinnsuchende Menschen der unterschiedlichsten Kasten (vermutlich aber überwiegend aus der Kaste der Kshatryas, zu der auch Siddharta Gautama gehörte) in Wäldern, suchten nach dem tieferen Sinn der Veden. Texte wurden gedeutet, dabei die äußere Opferhandlung für einen inneren, seelischen Zusammenhang umgedeutet. Es entstanden die „Waldtexte“ (Aranyakas) und aus diesen wiederum gingen ein Teil der Upanishaden hervor. Auch wenn sich ein Teil der Thematik immer noch um das Opferritual bewegte, waren es doch mehr und mehr die Fragen nach dem Seinsgrund der Welt und in welcher Beziehung der Mensch zu diesem Urgrund steht. Die Welt der vedischen Devas (Götter) wurde dabei nur zum Teil verlassen. Die Beziehung von Brahman (das Urmächtige, das sich als Welt hingab, alles trägt und alles ist) zum Einzelbewusstsein (Jiva-Atman) wurde philosophisch erkundet – und durch Sammlung und Versenkung, in der Meditation, erforscht. In den so Suchenden entstand - so wird es jedenfalls in einigen Upanishaden vermittelt – die Erfahrung, dass Brahman und Einzelbewußtsein verschmelzen, wenn der Mensch existenziell (nicht intelektuell) erkennt und erfährt, dass er nicht identisch ist mit seinem Körper, seinen Gefühlen, seinen Willens- und Geistregungen, seinem sinnhaften Bewusstsein. Der Mensch ist Atman. Und Atman und Brahman sind eins. Körper, Lebenskraft (prana) und Sinnenbewusstsein sind die Um- oder Verhüllungen (koshas) des Atman. Der Prozess, der Weg hin zu dieser Einheits“empfindung“ wurde damals – vor und zu Buddhas Zeiten - als Yoga benannt (sanskrit von yuj =anjochen – hier zeigt sich noch der Ursprung des Sanskrit aus einem Volk von Nomaden und Hirten) Zu Lebzeiten Buddhas waren vermutlich vier bis sechs Upanishaden mündlich weitergegeben worden: 1. Brihadaranyaka, 2. Chandogya, 3. Taittirya, 4. Aitareya, 5. Kaushitaki und 6. Kena. Aus diesen soll zitiert werden, um zu zeigen, wie sich hier magisches und mythisches Denken mit Sinnfragen der Existenz vermischten: majjhima patipada 2 - 2010 Beschreibung des Brahman: »Es ist anders als das Bekannte und als das Unbekannte«, so hörten wir von den Alten, die uns das erklärten. Denn das, was man mittels der Rede nicht nennt, was aber selbst die Rede hervorbringt, das, wisse, ist Brahman; nicht das, was man hier verehrt. Was man mit dem Geist nicht denkt, was aber selbst den Geist denkt, das, wisse, ist Brahman; nicht das, was man hier verehrt. Was man mit dem Auge nicht sieht, wodurch man aber das Auge sieht, das, wisse, ist Brahman; nicht das, was man hier verehrt. Was man mit dem Hören nicht hört, wodurch aber das Hören gehört ist, das, wisse, ist Brahman; nicht das, was man hier verehrt. Was man mit dem Hauch nicht einatmet, durch das aber der Hauch geatmet wird, das, wisse, ist Brahman; nicht das, was man hier verehrt. Kena – Upanishad (oder Talavakara – Upanishad) Ohne Wünsche: Da fragte ihn Kahoda, der Sproß des Kaushitaka: »Yajnavalkya«, sprach er, »das Brahman, das vor Augen liegt, das sich unseren Augen nicht mehr entzieht, das Selbst, das allem innewohnt, erkläre mir.« - »Es ist dein Selbst, das allem innewohnt.« »Was für eins ist das, Yajnavalkya, das allem innewohnt?« »Das, was jenseits von Hunger und Durst, von Kummer, Irrtum, Alter und Tod steht, darin sehen die Brahmanen das Selbst, lassen ab von dem Wunsch nach Kindern, von dem Wunsch nach Besitz, von dem Wunsch nach der Welt und ziehen als Bettler hinaus. Denn der Wunsch nach Söhnen ist ein Wunsch nach Besitz, der Wunsch nach Besitz ist ein Wunsch nach der Welt. Wunsch ist beides. Darum soll ein Gelehrter, der Gelehrsamkeit überdrüssig geworden, in Einfalt verharren. Der Einfalt wie der Gelehrsamkeit überdrüssig geworden, wird er ein schweigender Asket. Des Nichtschweigens wie des Schweigens überdrüssig geworden, wird er ein echter Brahman. Auf welche Weise ist er ein Brahman? So wie er ist, dadurch ist er ein solcher. Alles andere ist leidvoll«. Darauf schwieg Kahoda, der Sproß des Kaushitaka. Bribad-Aranyaka- Upanishad (Es wird das Ziehen in die Hauslosigkeit beschrieben, so wie es Siddharta Gautama auch tat. Die Wunschlosigkeit als Ideal) 21 Der Atman: »Der Kundige weiß sich mit dem Atman eins.« »Darum soll ein dessen Kundiger, müde, sanft, entsagend, geduldig, gläubig geworden, im eigenen Selbst den Atman erblicken. Er sieht einen jeden als das Selbst an, ein jeder wird für ihn zum Selbst, er wird für jeden zum Selbst. Er überwindet alles Übel, nicht überwindet ihn das Übel. Er verbrennt alles Übel, nicht verbrennt ihn das Übel; frei von Übel, Alter, Hunger, Durst wird der Brahmane, der so weiß. Das ist das große, ungeborene Selbst, das Speise ißt (ein Herr ist) und Güter spendet. Der, welcher dieses große, ungeborene Selbst, das Speise ißt und Güter spendet, kennt, erlangt Güter. Dieses große, ungeborene Selbst, das frei ist von Alter und Tod, frei von Furcht und unsterblich, ist Brahman. Freiheit von Furcht hast du, Janaka, erreicht.« So sprach Yajnavalkya. (...) Dieses große, ungeborene Selbst, das frei ist von Alter und Tod, frei von Furcht und unsterblich, ist Brahman. Furchtlos ist Brahman. Das furchtlose Brahman wird, wer so weiß. Bribad-Aranyaka- Upanishad »Es ist dein Selbst, das allem innewohnt.« »Was für eins ist das, Yajnavalkya, das allem innewohnt?« »Nicht kannst du den Seher des Sehens sehen, nicht den Hörer des Hörens hören, nicht den Denker des Denkens denken, nicht den Erkenner des Erkennens erkennen. Das ist dein Selbst, das allem innewohnt. Alles andere ist leid voll.« Darauf schwieg Ushasta Cakrayana. Bribad-Aranyaka- Upanishad Die Seele des Wunscherfüllten (Karma und Wiedergeburt): Nun sagt man: »Der Purusha ist Verlangen.« »Wie er wünscht, so will er. Wie er will, so tut er. Wie er tut, so wird er.« Das besagt der Vers: »Das, woran sein Geist sich hängt, ist das Wesentliche und geht als bezeichnendes Merkmal gemeinsam mit seinem Werk.« Wenn einer für das Werk, das er hier tut, den Lohn empfangen hat, kehrt er aus jener Welt zu dieser Welt und (neuem) Werk zurück. Bribad-Aranyaka- Upanishad (Erste Formulierungen zum Karma und den Tatfolgen. Das Wesentliche einer Tat ist ihre geistige Intention - das was ihr geistig anhängt) Die Seele des Wunschlosen: »Das gilt für den von Verlangen (von Wünschen) Erfüllten. Aber hinsichtlich dessen, der kein Ver- 22 langen hegt, heißt es: Der, welcher keine Wünsche hegt, welcher frei von Wünschen ist, dessen Wunsch das Selbst ist, dessen Wunsch erfüllt ist, aus dem ziehen die Hauche nicht fort. In ihm vereinigen sie sich. Er ist schon Brahman und geht in Brahman ein. Das sagt der Vers: »Wenn alle Wünsche schwinden, die in seinem Herzen wohnen, dann wird der Mensch unsterblich. Schon hier erlangt er Brahman.« Wie eine alte, abgeworfene Schlangenhaut auf einem Ameisenhaufen liegt, ebenso liegt der Körper hier da. Der knochenlose, körperlose, erkenntnisreiche Atman ist Brahman, ist die Welt, o Großkönig.« So sprach Yajnavalkya. Bribad-Aranyaka- Upanishad (Befreiung, Unsterblichkeit des „Selbst“ (Atman) bereits in diesem Leben. In der Wunschlosigkeit erlangt man Brahman. Würde man„für Brahman“ „Nirvana“ einsetzen, hätte es fast eine Formulierung Buddhas sein können) Karma-Folgen: In blinde Finsternis gehen die, die dem Vergehen anhängen; in noch tiefere, scheint es, die, die an dem Werden sich erfreuen". Asurisch heißen diese Welten, die von blinder Finsternis bedeckt sind. Zu diesen gehen nach dem Tode die Menschen, die ohne Wissen und Weisheit sind. Das, was wir sind, wir werden dazu. Ist das nicht erkannt, so ist das Verderben groß. Die es erkennen, die werden unsterblich. Aber die anderen verfallen der Pein. Bribad-Aranyaka-Upanishad (Folgen des Tuns – Karma. Eingang in die Höllenwelten) Der zweifache Weg: »Die, welche diese Kenntnis haben, und jene, die im Walde Glauben und Wahrheit üben, diese gehen in die Flamme ein, aus der Flamme in den Tag, aus dem Tage in die lichte Hälfte des Monats, aus der lichten Hälfte des Monats in die sechs Monate, während denen die Sonne nordwärts geht, aus den Monaten in die Götterwelt, aus der Götterwelt in die Sonne, aus der Sonne in das Blitzfeuer. Daraus naht diesen ein geistiger Mann und bringt sie in die Brahmawelt. Sie wohnen in den Brahmawelten bis in die weitesten Femen. Von dort kehren sie hierher nicht mehr zurück. Aber die, welche durch Opfer, Freigebigkeit und Askese die Welt gewinnen, diese gehen in den majjhima patipada 2 - 2010 Rauch ein, aus dem Rauch in die Nacht, aus der Nacht in die dunkle Hälfte des Monats, aus der dunklen Hälfte des Monats in die sechs Monate, während denen die Sonne südwärts geht, aus den Monaten in die Manenwelt, aus der Manenwelt in den Mond, sie gelangen in den Mond und werden Speise. Wie den König Soma mit den Worten »Schwill an«, »Nimm ab«, so genießen die Götter diese dort. Wenn das für sie zu Ende ist, so gehen sie in den Äther ein, aus dem Äther in den Wind, aus dem Wind in den Regen, aus dem Regen in die Erde; wenn sie zur Erde gelangt sind, so werden sie Speise. In dieser Weise bleiben sie im Kreislauf. Aber die, welche diese beiden Wege nicht kennen, diese werden zu Würmern, Vögeln und Insekten aller Art.« Bribad-Aranyaka-Upanishad (Die Götterwelt des Rig-Veda existiert weiter und wird Heimstatt für die Verstorbenen, die im Walde Glauben und Wahrheit übten. Die anderen, die durch Opfer, Freigegbigkeit und Askese die Welt gewinnen, bleiben im Daseinskreislauf.) Metaphysik: »Nur das Seiende, mein Lieber, war hier zu Anbeginn, das Seiende, ganz allein, ohne ein zweites.« Da sagen nun einige: »Nur das Nichtseiende war hier zu Anbeginn, das Nichtseiende allein, ohne ein zweites. Aus diesem Nichtseienden entstand das Seiende.« »Wie könnte das wohl sein, mein Lieber«, sprach er. »Wie könnte aus dem Nichtseienden das Seiende entstehen? Das Seiende also nur war hier zu Anbeginn, das Seiende allein, ohne ein zweites. Chandogya – Upanishad »Wenn saure Milch gequirlt wird, so strebt der feinste Bestandteil davon nach oben und wird Butter. Ganz ebenso strebt von genossener Speise der feinste Bestandteil nach oben und wird zum Denkorgan. Wenn Wasser genossen wird, mein Lieber, so strebt der feinste Bestandteil davon nach oben und wird zum Lebenshauch. Wenn Glut genossen wird, mein Lieber, so strebt der feinste Bestandteil nach oben und wird zur Stimme. Denn aus Speise, mein Lieber, besteht das Denkorgan, aus Wasser der Lebenshauch, aus Glut die Stimme.« »Belehre mich weiter. Ehrwürdiger.« »Ja, mein Lieber«, sagte er. Chandogya – Upanishad (Mit unserem heutigen naturwissenschaftlichem Verständnis nicht nachvollziehbar) majjhima patipada 2 - 2010 »Wenn aber die Seele einen Zweig von ihm verläßt, dann verdorrt er; verläßt sie einen zweiten, so verdorrt er, verläßt sie einen dritten, so verdorrt er; verläßt sie den ganzen (Baum), so verdorrt er ganz. Ganz in derselben Weise, wisse, mein Lieber«, sprach er, »stirbt das, was von der lebenden Seele verlassen ist; nicht stirbt die lebende Seele. Diese feinste Substanz durchzieht das All, das ist das Wahre, das ist das Selbst, das bist du, Shvetaketu.« »Lehre mich noch weiter.« »Ja, mein Lieber«, sprach er. Chandogya- Upanishad Nun lautet die Lehre in bezug auf das »Ich«: das Ich ist unten, oben, im Westen, Osten, Süden, Norden: das Ich ist die ganze Welt. Nun lautet die Lehre in bezug auf das »Selbst«: das Selbst ist unten, ist oben, im Westen, Osten, Süden, Norden. Das Selbst ist die ganze Welt. Chandogya – Upanishad (Atman als feine Substanz, das All(es) durchziehend) Die Brahma-Welt: Er sprach: »Alle, die aus dieser Welt scheiden, die gehen zum Monde. Durch ihr Leben füllt sich die zunehmende Hälfte, in der abnehmenden Hälfte veranlaßt er ihre Wiedergeburt. Der Mond ist die Pforte des Himmels. Wer ihm zu antworten versteht, den läßt er an sich vorüber. Wer ihm nicht zu antworten vermag, den sendet er, in Regen sich verwandelnd, im Regen zur Erde nieder; als Wurm, Motte, Fisch, Vogel, Löwe, Eber, Schakal, Tiger, Mensch oder sonst etwas wird er hier und da, je nach seinem Tun und Wissen, wiedergeboren. Kaushitaki – Upanishad (Mond-Mythos als Pforte zum Himmel – der Brahma-Welt (loka) – oder zur nächsten Wiedergeburt. Wieder taucht Karma - in seinem Aspekt: kausale Folgen des Tuns auf) ... Ihm kommen dort (in der Brahma-Welt) fünfhundert Apsaras entgegen: hundert mit Früchten in der Hand, hundert mit Salben in der Hand, hundert mit Kränzen in der Hand, hundert mit Kleidern in der Hand, hundert mit wohlriechenden Pulvern in der Hand. Sie schmücken ihn mit Brahmans Schmuck. Geschmückt mit dem Schmucke Brahmans geht der Brahmakundige zum Brahman. Er gelangt zum See Ara und überschreitet ihn mit dem Geist (manas); die aber, die nur die Gegenwart kennen, versinken, wenn sie dahin gekommen sind. Er gelangt zu den Yeshtiha genannten Stunden; sie laufen vor 23 ihm davon. Er gelangt zu dem Strom Vijara (»alterlos«); diesen überschreitet er wiederum mit dem Geiste. Alle guten und bösen Taten wirft er dort von sich; angenehme Verwandte nehmen die guten, nicht angenehme die bösen Taten auf sich. Wie ein zu Wagen Dahinfahrender auf die beiden Wagenräder, so blickt er auf Tag und Nacht, blickt er auf gute und böse Taten, auf alle Gegensätze hinab. Frei von guter, frei von böser Tat naht der Brahmakundige dem Brahman. Kaushitaki – Upanishad In den Upanishaden finden sich Aussagen über das Selbst (Atman), über die Folgen guten oder schlechten Handelns, die Entstehung der Welt, die Weltentsagung und Wunschlosigkeit. Aber auch die vedische Götterwelt wird in den älteren Upanishaden weiterhin als real gesehen. Das Eingehen in die „Welt Brahmans“ ist zum Teil noch immer eher ein Übergang zu einem himmlischer Ort als daß es als geistiger Zustand beschrieben würde. Es findet sich in den Upanishaden gerade in den Schöpfungs-Mythen vieles, dem heutigen naturwissenschaftlichen Verständnis Widersprechendes. Doch auch im Palikanon gibt es Geschichten, in denen der Buddha in die Welt der Götter einkehrt, sie belehrt. Oder Götter kommen zum Buddha und bitten um Lehr-Unterweisung. In einer Geschichte wird erzählt, wie der Gott-Dämon Mara den Buddha davon abbringen will, die Lehre weiterzugeben. Bleibt die Frage: Hatte der Buddha tatsächlich Begegnungen mit Göttern und Dämonen (Devas und Asuras) oder kamen hier wieder spätere Einflüsse des Vedischen in den Buddha-Dharma hinein? Bei aller Vernunft und Klarheit in der Formulierung der Vier Edlen Wahrheiten fällt es mir zumindestens schwer anzunehmen, daß der Buddha an eine vedische Götterwelt glaubte und an Bereiche (loka), in denen diese Götter, ähnlich wie Könige, lebten. Doch weiter im Vergleich: Lehrinhalte der Upanishaden wie Karma (Taten und die Folgen der Handlungen), Weltentsagung und Wunschlosigkeit finden sich ähnlich auch im Buddha-Dharma. Die Umschreibungen von Atman/Brahman und dem Nirvana in Bezug auf »das Todlose« in der buddhistischen Lehre sind fast identisch: 24 “ ... Das Todlose ist gefunden. Ich unterweise, ich zeige die Lehre. Und wenn ihr gemäß der Unterweisung lebt, so werdet ihr in gar nicht langer Zeit das, um dessentwillen Edelgeborene ganz und gar aus dem Haus in die Hauslosigkeit hinausziehen, dieses unvergleichliche Ziel des Reinheitlebens, schon in diesem Dasein aus euch selber heraus begreifen, verwirklichen und in seinem Besitz (des Todlosen) verweilen.” (aus: Majjhima Nikaya 26, III,6) „Es gibt ein Nichtgeborenes, ein Nichtgewordenes, Nichtgeschaffenes, Nichtaufgebautes. Gäbe es dies nicht, so könnte auch nicht ein Ausweg aus dem Geborenen, Gewordenen, Geschaffenen, Aufgebauten erkannt werden. Da es nun aber ein Nichtgeborenes, Nichtgewordenes, Nichtgeschaffenes, Nichtaufgebautes gibt, deshalb ist ein Ausweg aus dem Geborenen Gewordenen, Geschaffenen, Aufgebauten zu erkennen.“ (aus: Udana VIII.3) Auch im auf den Upanishaden und Samkhya gegründeten frühen Yoga hatte sich ein ethisches Verhalten herausgebildet. Indologen gehen davon aus, dass, obwohl der achtgliedrige Yoga-Pfad erst vermutlich 300 Jahre nach Chr. von dem Yoga-Gelehrten Patanjali in den Yoga-Sutras schriftlich niedergelegt wurde, eine mündliche Weitergabe über Jahrhunderte zuvor geschehen war und Patanjali nur der Zusammenfasser dieser Lehren war. Der Indologe Hauer legt sogar schlüssig dar, wie die Yoga-Sutren in drei zeitlichen Schichten entstanden, wobei sich theistische und atheistische geistige Strömungen innerhalb der Brahmanen und der Anhänger der Samkhya-Philosophie (auf die noch später hingewiesen wird) ergänzten, bzw. ihre Ansicht vom Seinsgrund darlegten. Die buddhistischen Brahma-vihara werden auch im Yoga genannt: »Die Verwirklichung von Liebe, Mitleid, Heiterkeit und Gleichmut in bezug auf Freude und Leid, Gutes und Böses (führt zur) Abgeklärtheit des Geistes.« (Yoga-Sutra, I, 33 Daß der ethische Teil – das erste Glied der Yoga-Weges, die Yamas – noch vor Buddhas Zeit Bestandteil des Yoga-Weges war, ist wahrscheinlich, da schon die Lehre der Jaina diese Ethik (Yamas) vertrat. Bekanntlich war Buddhas Zeitgenosse Mahavira nicht der Begründer des Jaina-Dharma, sondern bereits der 24. von „Furtbemajjhima patipada 2 - 2010 reitern“ (Tirthankaras) innerhalb der um Jahrhunderte älteren Jaina-Tradition. Von den 24 Tirtankharas werden zwei als historisch verbürgt gesehen: Mahavira und sein Vorgänger Parshavanatha (ca. 350 Jahre vor Mahavira). Die fünf Yamas des Yoga (und der Jaina-Lehre) sind, kurz benannt: 1. Nichtverletzen, Gewaltlosigkeit in Taten, Worten und Gedanken (ahimsa), 2. Wohlwollen und Wahrhaftigkeit in der Rede (satya), 3. das Nicht-Stehlen (asteya), 4. das Nicht-Ergreifen der Dinge, Nicht-Anhaften, Genügsamkeit (aparigraha), 5. geschlechtliche Enthaltsamkeit (brahmacarya). Die Ähnlichkeit der yogischen Yamas und buddhistischen Sila ist offensichtlich. Es ist wahrscheinlich, dass Siddharta Gautama, nachdem er in seiner Kindheits- und Jugendzeit schon in den Veden unterrichtet worden war, dann in seiner Zeit als Asket und Yoga-Übender auch von den ethischen Zügelungen (Yamas) des Yoga-Weges erfuhr. Die drastischen Schilderungen Buddhas zu seiner Askese, insbesondere intensiver Übungen zur Einstellung der Atmung (pranayama – das vierte Glied des Yoga-Weges) legen nahe, dass Buddha vor seiner Erwachung (buddhi) zumindest den ganzen achtgliedrigen Yogapfad kannte oder praktizierte. So waren die vier bzw. acht vom Buddha gelehrten Versenkungsstufen (jhana) auch im Yoga-Weg natürliche Stufen zum Samadhi. Allein die gleiche Wortwahl „pali=jhana, sanskrit=dhyana“ und „samadhi“ als letzte Stufen des Yoga legen nahe, dass der werdende Buddha zumindest die Yoga-Definition für dhyana und samadhi kannte. Wahrscheinlich ist aber, dass er den Yoga-Weg auch bis zu den diesen letzten Yoga-Gliedern praktizierte. Buddhismusgelehrte betonen jedoch immer wieder, wie unterschiedlich die Begriffe jhana und samadhi im Yoga und im Buddha-Dharma zu verstehen sind. Allgemein, so sagen diese Gelehrten, sei es ein geschicktes Mittel des Buddha gewesen, religiöse Begriffe seiner Zeit anders zu definieren als die Brahmanen, ihnen einen anderen, heilsameren Wert mitzugeben. Das mag ja sein, es wird aber wahrscheinlich eine Zeit im Leben des noch unerwachten Siddharta Gautama gegeben haben, wo er die Definition dieser Begriffe nur so verstand, wie sie in der damaligen Yogatradition vorgegeben waren, ihm gelehrt wurden. Zu fragen wäre, ob dann durch die spätere buddhistimajjhima patipada 2 - 2010 sche Scholastik eine Umdeutung der Begriffe erfolgte oder ob Buddha selbst es bereits anders sah (erfuhr) als die Yoga-Tradition. Tatsächlich durfte ja die yogische Samadhi-Definition als „Aufgehen des Selbst (Atman) in die Weltseele (Brahman)“ im buddhistischen Lehrgebäude keinen Bestand haben, da sonst die Lehre vom Nicht-Selbst (anatta, sanskrit=anatman) hätte nicht aufrechterhalten werden können. Gehen wir aber davon aus, dass die Samadhi-Umdeutung vom Buddha selbst herrührt, so kann gesagt werden, dass Buddha die in den Upanishaden erwähnte Erfahrung der Atman- Brahman-Vereinigung nicht gemacht hatte. Andernfalls – wäre die Samadhi-Definitionsumdeutung erst nach Buddhas Tod geschehen – hätte Buddha wahrscheinlich die Einheitserfahrung auf Grund seiner identischen Begriffsverwendung, wie im Yoga, gemacht. Für diese Erfahrung sprechen die Hinweise Buddhas über das Nirvana – das Todlose - als einzig nicht Vergängliches. Die Beschreibung von Atman/Brahman in der Yoga-Tradition ist wortgleich, ebenso Teile des Weges: Die „Nicht-Gier“, das „Nicht-Ergreifen“, das Abstehen von Gier und Hass (Yamas bzw. Sila). Buddha und die Samkhya-Philosophie: Die Heimatstadt Buddhas – Kapilavastu (übersetzt: Ort/Platz des Kapila) – ist nach dem Rishi „Kapila“ benannt, welcher der Legende nach der Begründer einer ursprünglichen theistischen Samkhya-Philosophie war und etwa 750 Jahre vor Chr. gelebt haben soll. Die meisten Indologen gehen davon aus, daß der Samkhya in seinen Anfängen theistisch war und ein transzendentes unsterbliches Geistiges (Purusha/Atman), wie die Upanishaden, als real ansah. Erst ca. 500 Jahre nach Chr. wurde der Samkhya nicht-theistisch. Samkhya (sanskrit von sam=zusammen khya= benennend, erkennend, schauend) bedeutet das Erkennen des Zusammenwirkens von 25 Daseinsfaktoren (Tattvas). Genannt werden: – Purusha (Nur-Geist) – Prakriti (Schöpfungskraft, mit drei Kräften, den “guna”) – Buddhi, Ahamkara und Manas (verschiedene Aspekte des Bewußtseins: reine Erkenntnis des “Ich-Bin”, Ich/Wille, denkendes, sinnenhaftes Bewußtsein) 25 – Fünf “Elemente” (Maha-Bhuta): Raum (Äther), Feuer (Licht),Winde (Luft),Wasser und Erde – Fünf Sinnesfähigkeiten (buddhindryas): sehen, riechen, schmecken, hören und berühren – Fünf feinste, subtile Sinnesobjekte der Form, des Geruchs, des Klangs, der Berührung, des Gehörs (Tanmatras) – Fünf Tatfähigkeiten (karmendryas): sprechen, greifen, gehen, ausscheiden und zeugen Es liegt nahe, daß Siddharta Gautama vor seiner Erwachung mit Samkhya-Gelehrten zusammen gekommen war. Die Verwendung vieler der 25 Daseinsfaktoren aus dem Samkhya in den Sutren des Palikanon ist augenfällig. Der historische Buddha – der als Mensch geborene und als Mensch gestorbene Buddha – war, so ist zu vermuten, „ein Kind seiner Zeit“. Die religösen Haupströmungen waren ihm bekannt: Er war in den drei Veden und Teilen des Vedanta (den Upanishaden) belehrt worden, hatte den Yoga praktiziert. Hatte Lehren verworfen, Heilsames in den Lehren aufgenommen, Unheilsames abgelegt – so wie er es den Kalamern in einer Lehrrede selbst empfahl. War Buddha also ein Reformator innerhalb der Spiritualität seiner Zeit? Zweifellos hatte er das Kastenwesen abgelehnt. Für ihn war ein Brahmane nicht jemand auf Grund seiner Geburt, sondern weil er sich ethisch verhielt, weil er den Weg der Zügelung, des Nicht-Anhaftens ging - erst dann war er Brahmane. Die Lehre des Buddha war schon zu seinen Lebzeiten für alle Kasten zugänglich. Buddha machte keine Unterschiede. Letztendlich stimmte er auch der Aufnahme von Frauen in die Gemeinschaft (den Sangha) zu – in einer Zeit, in der religiöse Riten nur von Männern ausgeführt werden durften und auch der Gang in die Waldeinsamkeit, die Versenkungsübungen, nur den Männern vorbehalten war. Götter - und Opfer an diese Götter - galten dem Buddha nichts. Der vedische Opferkult ist für ihn hinderlich, unheilsam. Rituale allgemein führen nicht zur Befreiung von Gier und Hass, sind im Gegenteil Bestandteil von Unwissen (Verblendung, Aberglaube), sind Hindernisse. Spekulationen über die Entstehung der Welt, ihren Fortgang, über die Naturkräfte dieser Welt, seien sie nun von Göttern gewirkt oder nicht, sind für den Buddha nicht sinnvoll – allein die Frage 26 nach der Leidensentstehung und der Auflösung der Leiden, dem Weg zur Auflösung der Leiden, ist sinnvoll. Bin ich Atman? Gibt es dieses Selbst, dass ich bin? Und ist dieses „ich bin“ Teil von etwas „Größerem“, kann es sich mit diesem vereinen? Dazu schwieg der Buddha. War Buddha ein Atman-Verneiner? Für die meisten heute lebenden Buddhisten ist es klar: Buddha lehrte, das es Atman – das ewige Selbstsein – nicht gibt, da alles weltliche (samsarische) vergänglich ist, dem Wandel unterworfen. In seiner Aussage, dass weder der Körper, noch die Empfindungen, Wahrnehmungen, Geistformationen (Samskaras) und das die Welt erkennende Bewusstsein - die Skandhas - Atman sind, stimmt er mit Aussagen in den Upanishaden überein. Die Upanishaden erklären den Atman als transzendent. Für viele heutige Buddhisten der Theravada-Tradition hat der Mensch keinen Anteil am Transzendenten, da er sich nur aus den fünf Skandhas konstituiert. Was aber ist dann das Nirvana – das Ungeborene, Todlose, Ewige? Ist die Beantwortung der Frage: „Gibt es Atman oder gibt es Atman nicht“ überhaupt wichtig für den buddhistischen Dharma? Oder dient sie nur der damaligen und heutigen Abgrenzung zum Spekulativen in den Upanishaden? Benötigen die Vier Edlen Wahrheiten mit dem achtfältigen Pfad eine Aussage über den Atman, das „ewige Selbst“, um „wahr“ zu sein? Ist der achtfältige Pfad nicht mehr gangbar, wenn die philosophische oder metaphysische Entscheidung „ja oder nein“ zum Atman getroffen wurde? Ist diese “Entscheidung” nicht nebensächlich? Eher etwas, was als „Zustand” einer meditativen Versenkung - im „Erfahren“ des Nirvana, des Todlosen - Bestand oder nicht Bestand haben wird? Eine Schwierigkeit soll zum Schluß noch erwähnt werden – auch Indologen können irren und Wahrscheinlichkeiten sind eben noch keine Beweise. Gerade die zeitliche Einordnung von überlieferten Texten gestaltet sich für den indischen Raum schwer – auch wegen der langen Zeit mündlicher Überlieferung. Das gilt für buddhistische Schriften genauso wie für die Veden, Upanishaden, den Samkhya, den Yoga und andere Philosophie-Systeme majjhima patipada 2 - 2010 Vor 10 Jahren: Die Weltausstellung und die Weltreligionen von Axel Rodeck Ein Jubiläum – auch für Buddhisten Am 1. Juni 2010 ist es 10 Jahre her, daß in Hannover die Weltausstellung „Expo 2000“ eröffnet wurde unter dem Leitthema „Mensch - Natur – Technik“. Viele Hannoveraner, die zunächst sehr skeptisch dem Ereignis in ihrer Stadt gegenüberstanden, gewöhnten sich an die Schau oder gewannen zu ihr gar ein herzliches Verhältnis. Kein Wunder daher, daß mancher Besucher mit melancholischem Blick und wehmütigen Erinnerungen den Abbau der Anlagen verfolgte, als die Zeit um war und ein regnerischer November dem Treiben ein Ende machte. Wir hatten im „Mittleren Weg“ ausführlich über alle Veranstaltungen mit religiösem und insbesondere buddhistischem Bezug berichtet, die auf dem Messegelände und parallel dazu in der vietnamesischen Pagode Vien Giac stattfanden. Uns war klar, daß eine derartige Ansammlung kultureller Ereignisse, dargebracht in den bunten Gewändern vieler Völker, ein einmaliges Geschehen war, in welches wir als lokale Buddhisten mit eingebunden waren. Spontan erinnere ich mich an meinen ersten Einsatz auf dem Expo-Gelände: Ein junger Mönch aus Bhutan, der noch nie aus seinem ruhigen Himalaja-Kloster herausgekommen war, sollte nun im bhutanesischen Lhakang auf dem Messegelände in einer Kammer schlafen, die direkt auf das bayrische Bierzelt ausgerichtet war. Ich besorgte ihm eine Packung „Ohropax“, eine ihm bislang unbekannte Errungenschaft der westlichen Kultur (gegen den ebenfalls unerwarteten Lärm der westlichen Kultur), die er mit Erfolg verwendete. Wir versprachen damals, nach 10 Jahren noch einmal auf dieses großartige, einmalige Ereignis in memoriam zurückzukommen und sind erstaunt, daß diese einst so fern erscheinende Zeit nun schon gekommen ist. Lassen Sie uns daher aus dem zeitlichen Abstand heraus noch einmal in Erinnerung rufen, was im religiösen Bereich anläßlich der Expo 2000 alles angeboten wurde. Buddhistische Veranstaltungen in der Klosterpagode Mit einer Vorbereitungszeit von zwei Jahren hatten der „Lebensgarten Steyerberg e.V.“ und die vietnamesische Klosterpagode „Vien Giac“, die durch eine geradezu unwahrscheinliche Gunst des Schicksals/Zufalls nur wenige Hundert Meter vom Expo-Gelände entfernt liegt, ein umfangreiches Programm organisiert. Es stand unter der Überschrift „Buddha - Dharma - Expo 2000“ und erhoffte sich, mit Menschen aus aller Welt eine riesige Gemeinschaft in Hannover zu bilden. Wie es der Ehrwürdige Thich Nhu Dien, der damalige Abt der Pagode Vien Giac, erwartungsvoll ausdrückte: „Wir wollen mit heiterer Gelassenheit feiern, daß die Welt bei uns zu Gast ist! Alle sind willkommen, die sich bei uns erholen oder erfrischen wollen!“ Die Eröffnungszeremonie unter Anwesenheit von Vertretern des öffentlichen Lebens und der DBU war schon am 27. Mai 2000, und gleich am majjhima patipada 2 - 2010 nächsten Tag wurde gemeinsam mit allen hannoverschen buddhistischen Gruppen das Vesakfest (Vollmondtag mit Gedenken an Buddhas Geburt, Erleuchtung und vollständiges Erlöschen) gefeiert. Es folgte über fünf Monate ein Programm, wie es in seiner Vielfalt wohl kaum noch einmal erreicht werden wird, und es werden viele so wie ich bedauern, daß sie nur einen kleinen Teil der Veranstaltungen wahrnehmen konnten oder wollten. Es würde den Rahmen dieses Berichtes sprengen, auch nur annähernd erschöpfend den Veranstaltungskalender wiederzugeben, deshalb sollen ohne jede Wertung nur einige Programmpunkte erwähnt werden: Thangka-Ausstellung, Vorstellung tibetischer und anderer buddhistischer Gruppen, Vorträge beispielsweise über das Herzsutra, Sitzmeditationen, Filmvorführungen, Erörterung des Zwecks einer staatlichen Anerkennung des 27 EXPO 2000 oben: Der bhutanesische Lhakang rechts: Buddha im Altarraum des Lhakang unten: im Pavillon von Sri Lanka 28 majjhima patipada 2 - 2010 Buddhismus, Naikan-Methode, Frauen und Buddhismus, Nichiren-Chor, Sitarkonzert, Bedeutung des Zen heute, Vietnamveteran und Zenmönch Anshin Thomas, Vortrag des umstrittenen Lama Ole Nydal, diverse Aktivitäten des hiesigen Zen-Dojos Shobogendo usw. usw. Zum Abschluß dann der Kongreß „Buddhismus in Wissenschaft und Praxis“ und letztlich als feierlicher Ausklang der Jahreskongreß 2000 der Deutschen Buddhistischen Union. Eine sicherlich einmalige Fülle des Gebotenen in idealem Umfeld, die schon fast verwirrend war. So etwa auch für jenen braven Mann aus einem fernen Theravada-Land, der mit ungläubiger Miene eine in der Pagode ausliegende Postkarte scheu betrachtete, die den Adibuddha Samantabhadra in geschlechtlicher Vereinigung mit Samantabhadri zeigte. Leider mußte aber die Erfahrung gemacht werden, daß das Publikum doch nicht auf seinem Wege zur oder von der Expo zurück die Gelegenheit einer Beschäftigung mit dem Buddhismus so ergriff, wie sich alle erhofft hatten. Ein ähnlicher Irrtum, wie ihm die hannoverschen Kaufleute unterlagen: Der Expo-Besucher war nach einem anstrengenden Tag auf dem Gelände meist zu müde, sich noch anderen Aktivitäten zu widmen, wenn er nicht sowieso gleich vom Expo-Gelände direkt die Heimfahrt antrat. Oft saß daher die mit dem jeweiligen Referenten angereiste kleine Buddhistenschar, verstärkt durch einige wenige lokale Zuhörer, allein und recht verlassen am Tagungsort. Vor den liebevoll an die Klosterpagode angebauten überdachten Ständen mit Büchern und Informationsmaterial herrschte oft gähnende Leere. Buddhistische Aktivitäten auf dem Expo-Gelände Zu den Publikumslieblingen der Expo-Besucher gehörten die Pavillons der Staaten Nepal und Bhutan. Nepal hatte eine buddhistische Stupa mit einem hinduistischen Tempel zusammengefügt als Sinnbild religiöser Toleranz auf dem Dach der Welt, wo nach amtlichen Aussagen „Buddhismus und Hinduismus miteinander verschmelzen“. Eine erfreuliche Darstellung der nepalesischen Handwerkskunst boten die filigranen Schnitzereien und die reich verzierten Holzsäulen, an denen 800 nepalesische Familien 2 Jahre lang gearbeitet hatten. Der Wunsch des nepalesischen Architekten Amrit Ratna Shaky, die Menschen sollten sich in der Anlage wohl fühlen, ging zweifellos in Erfüllung, wie man den in hölzernen Liegestühlen die besondere Atmosphäre der Anlage genießenden Besuchern ansehen konnte. Neben exotischem Augenschmaus erfreute die Gäste das kleine Restaurant „Mani Mandap“ mit wohlschmeckenden „Momos“, das sind mit Mett gefüllte Maultaschen. In den nach Art eines orientalischen Basars eingerichteten, jedoch ruhig und unaufdringlich wirkenden Verkaufsständen waren Thangkas, Buddhas, Götterbilder und sonstiges aus dem religiösen Empfinden der nepalesischen Menschen entstandenes Kunstwerk zu erstehen und die Menschenmassen schoben sich neugierig durch diese für sie ungewohnte bunte Welt. Was majjhima patipada 2 - 2010 war aber neben exotischen Mitbringseln von einem fernen Kontinent sonst noch mitzunehmen? Kam auf die meist unvorbereiteten europäischen Besucher etwas herüber, was über den bloßen Reiz des Fremden hinausging? Das kleine Land Bhutan war mit einem Lhakang vertreten, dem traditionellen Tempel aus Lehm und Holz. Auch hier schoben sich, zuletzt in schon unangenehmer Drängelei, die Besucher durch die enge Gasse der Ausstellungsräume, stapften die Treppe zum Tempel hinauf, den sie meist schweigend und staunend im Gänsemarsch durchquerten. Auch hier war die Distanz zu der fremdartigen Kultur spürbar, es wurde hauptsächlich fotografiert und nach den Preisen der ausgestellten Sachen gefragt. Eine im Verkauf tätige Bhutanesin, die zum Kreis der von mir gelegentlich betreuten Expo-Gäste gehörte, fragte mich eines Tages, ob ich Engländer sei. Denn von den Deutschen sei sie nur immer ein kühl-distanziertes Verhalten ohne jede persönliche Note gewohnt. Es war wirklich erschütternd zu sehen, wie zum Beispiel die Stempelsammler sich ihre Pavillonstempel „verpassen“ ließen, ohne die Person auf der anderen Seite des Tisches auch nur eines (freundlichen) Blickes zu würdigen. Zu erwähnen ist noch, dass die deutschen Buddhisten neben dem Lhakang einen eigenen Tisch mit Informationsmaterial aufstellten und 29 sich dort den Besuchern für ein Gespräch ohne sprachliche Barriere anboten. Die beeindruckenden Anlagen von Bhutan und Nepal dürfen nicht vergessen lassen, dass auch andere asiatische Länder ihre buddhistische Kultur zeigten. Vor der Halle von Sri Lanka grüßte eine 6 m hohe Buddhafigur den Gast und innerhalb der Halle fand sich die Nachbildung eines prachtvollen kleinen Tempels mit einem aus Glasfiber gefertigten goldenen Buddha (s. Bild Seite 28). Malereien aus dem „Tempel des heiligen Zahns“ in Kandy und andere buddhistische Darstellungen schmückten die Halle. Selbst die Verkaufsstände mit ihren vielen Exponaten, darunter auch Großserien von Buddhafiguren, ließen die buddhistisch-religiöse Prägung des Volkes erahnen. Erwähnenswert ist auch der Pavillon Thailands, wo der Besucher schon beim Betreten der Halle an einem riesigen Wandbild vorbeiging, welches die Versuchung Buddhas durch Mara, den buddhistischen „Teufel“, zeigte. Indien hatte einen von Lotosblättern verzierten Eingang, der in einen als Mandala konzipierten Innenraum führte. Ein Meditationsraum lud zur Ruhe ein. Sehr liebevoll gestaltet war der Ausstellungsraum von Indonesien. Hier war vor einem Foto des Borobudur die Replik eines Buddhas dieser Anlage ausgestellt, eine beeindruckende Steinfigur, die sicherlich nach der Expo irgendwo in Deutschland verblieben ist. (Für Buddhisten wäre sie zum Freundschaftspreis von 4000 DM zu kaufen gewesen!) Schließlich boten auch die kleinen Länder in der Asienhalle manchen kul- Buddhas Blicken bleibt nichts verborgen: Der Pavillon von Nepal turbezogenen Aspekt, so etwa Kambodscha mit Fotos von Angkor Wat und Nachbildungen der Weltschlange, an der gute und böse Dämonen herumzerren. Nichtbuddhistische Kulturen und Religionen Es liegt auf der Hand, dass die Selbstdarstellungen buddhistisch geprägter Länder die hiesigen deutschen Buddhisten besonders ansprachen. Doch auch viele Länder mit nichtbuddhistischer Kultur und Religion bekannten sich zu ihren Wurzeln und verdienen es, erwähnt zu werden. Leider kann hier aber nicht weiter darauf eingegangen werden und es sollen nur beispielhaft erwähnt werden die Tschechische Republik, welche die Kapelle des Heiligen Kreuzes auf der Burg Karlstein naturgetreu nachgebildet hatte, Israel mit seiner Betonung der Basis für die großen drei monotheistischen Weltreligionen und Palästina, welches sich von der Geburtskirche 30 Christi und dem Felsendom bei der Gestaltung seiner Ausstellung bestimmen ließ. Eine lobenswerte Ausstellung, die in kosmopolitischer Weise über alle Grenzen hinweg ging und eine Brücke zwischen Orient und Okzident zu schlagen versuchte, bot auch die Türkei. Das Hauptthema des Pavillons, nämlich die Begegnungen zwischen Menschen und Göttern, zwischen Kulturen und Zivilisationen, wurde in einer Weise behandelt, wie es sich für einen Staat an der Schnittstelle zwischen West und Ost geziemt. Hier wurde nicht eine bestimmte Religion hervorgehoben, sondern allgemein das Streben des Menschen nach dem Göttlichen festgehalten, symbolisiert durch Repliken von majjhima patipada 2 - 2010 Reliefs, die sich auf dem Götterberg Nemrud befinden und das Zusammentreffen König Antiochos’ I. mit den Göttern zeigen. Von den großen monotheistischen Weltreligionen konnte natürlich keine religionsübergreifende neutrale Darstellung wie bei der Türkei erwartet werden, ja, die Christen lehnten es im Vorfeld der Expo sogar ab, mit den nichtchristlichen Religionen eine gemeinsame Schau zu veranstalten. So wurde den „Exoten“ demonstriert, wer hier die „Platzhirsche“ sind. Da zeigte sich zunächst auf 9 Stahlstützen ruhend und mit ei- von CVJM und Evangelischer Allianz mit Erlebnisprogrammen, deren Lautstärke und auf Jugendliche zugeschnittene schrille Buntheit jedoch manchen Besucher abschreckte. Diese Anlage gehört zu den wenigen auf dem Expo-Gelände, die nach wie vor genutzt werden, sei es für Gottesdienst (mit Musik und Buffet) oder private Feiern. Während der Christus-Pavillon mitten im Gewühl der Expo lag, fand sich in ruhiger Randlage auf dem Westgelände in unmittelbarer Nachbarschaft der Anlagen von Indien, Bhutan und Korea der Pavillon des Heiligen Stuhls. Der ringförmige Bau aus Holz und Glas vermied katholischen Protz und die behandelten Themen sollten daran erinnern, daß in unserer Glitzerwelt immer noch viele Menschen auf der Schattenseite leben. Neben anderen Kunstwerken aus den Vatikanischen Sammlungen war hinter Panzerglas erstmals außerhalb der päpstlichen Privatkapelle das „Mandylion“ ausgestellt, ein Tuchbild, welches angeblich die älteste erhaltene Darstellung des Alles ist vergänglich: Der Abriss des Lhakang nach der EXPO Christusantlitzes sein soll. nem 18 m hohen zentralen Sakralraum der Nicht als freistehendes eigenes Gebäude, son„Christus-Pavillon“ der evangelischen und kadern innerhalb der Asienhalle war der Islam-Patholischen Kirche. Die enormen Baukosten wurvillon aufgebaut, ein prächtiges Gebilde mit 116 den je zur Hälfte von der EKD und von SponsoBögen und 2 Minaretten. Große Modelle und ren aufgebracht. Ein Wassergraben vor dem Fotos der Moscheen von Mekka und Medina Eingang symbolisierte die Trennung vom Truwaren zu bestaunen und ein üppig geschmückter bel auf dem Expo-Gelände. Christliche AusstelGebetsraum stand den Besuchern zur Verfülungsstücke waren in 9 kleineren Kammern zu gung. sehen, den Innenhof dominierte ein 27 m hohes Kreuz. Wer dabei war, wird die Veranstaltungen auf In Form eines Walfisches gestaltet war der „Padem Expo-Gelände und in der Pagode Vin Giac villon der Hoffnung“ als Gemeinschaftsobjekt sicherlich in guter Erinnerung behalten. Letzte Meldung: Der thailändische Tempel hat sich in einer Lagerhalle wieder angefunden und wird von einer Arbeitsgruppe liebevoll restauriert. Er war vor seinem Expo-Auftritt eigens von buddhistischen Mönchen geweiht worden. majjhima patipada 2 - 2010 31 Glaube und Erfahrung Die Rede an die Kalamer und die Ansichten eines Theologen von Michael Schmidt Auch das Jahr 2010 bietet die Möglichkeit, sich großer und weniger großer Persönlichkeiten zu erinnern. Vor 750 Jahren wurde der große deutsche Mystiker Meister Eckhart (1260-1328) geboren, der Reformator Philipp Melanchthon (1497-1560) starb vor 450 Jahren. Aber auch der weniger bekannte und aus buddhistischer Sicht interessante ev. Theologe und Philosoph Christoph Schrempf (1860-1944) Schrempf als Privatdozent für Philosophie an der Technischen Hochschule Stuttgart. Erfolgreich, im Sinne einer liberalen religiös-humanen Erneuerung, war er mit den „Stuttgarter Sonntagsreden“: Entscheidend ist immer die im Sinne Kierkegaards zu fordernde menschliche Eigenexistenz. Es gibt keine endgültigen Wahrheiten. Selbständiges Denken löst nach Schrempf die Kontrastellung von der Philosophie zur Theologie und zur Religion auf. Was hat ein ev. Theologe in einer buddhistischen Zeitschrift verloren? Vielleicht gibt ein Ausschnitt aus seiner Schrift „Die religiöse Aufgabe der Gegenwart (1896)“ eine Antwort: hat in diesem Jahr ein Jubiläum. Er wurde vor 150 Jahren geboren. Auch in der christlichen Theologie gibt es Vertreter, die sich um eine kritische Betrachtung ihrer Religion bemühen. Christoph Schrempf war so einer. Unter anderem wurde er stark von den Werken Kierkegaards beeinflusst. Zu einem Konflikt kam es, als er als Pfarrer in Lenzendorf das Apostolikum (Glaubensbekenntnis) in der Taufe nicht mehr anwenden wollte. In der Folge wurde er wegen Verstoßes gegen die Dienstverpflichtung entlassen. 1906 habilitierte sich Christoph 32 „ Da nach dem Ausweis der Religionsgeschichte die Illusion in allen Religionen, das Christentum eingeschlossen, die allergrößte Rolle spielt und ein richtiger Mensch nicht in und von Illusionen leben will, so ist es geradezu die Lebensfrage der Religionen, dass wir bei jeder religiösen Deutung der Wirklichkeit uns darüber klar bewusst sind, welche Anhaltspunkte wir dafür in der uns gegebenen Wirklichkeit haben. Der wirklich religiöse Mensch will nicht in einem reizenden Luftschloss leben, sondern in der rauen, nüchternen Wirklichkeit; soll sein Leben einen tieferen Sinn haben, so soll dieser nicht durch Absehen von der Wirklichkeit gewonnen werden, sondern durch genaue Betrachtung derselben. Die Deutung der Welt kann nicht selbständig neben der Erkenntnis der Welt hergehen, sondern muss sich auf dieser aufbauen. Es gibt nicht eine religiöse und eine philosophische Wahrheit, sondern die wahre, aus der Wirklichkeit geschöpfte, der Wirklichkeit entsprechende „Weisheit“. Auch könnte man noch die Ergebnisse der Wissenschaft mit einbeziehen. Wenn sie im krassen Gegensatz zu einer wie auch immer gearteten Lehre stehen, stimmt irgendwas mit der „Wahrheit“ nicht. Es stellt sich natürlich auch die Frage, ob die Menschen wirklich auf Illusionen verzichten können und wollen. Richtig ist aber, dass Lehmajjhima patipada 2 - 2010 ren religiöser und philosophischer Art sich auch im Einklang mit dem realen Leben und der eigenen Erfahrung befinden sollten. Allein nur mit dem Glauben sind die Phänomene des Lebens nicht zu begreifen. Also müssen philosophische und religiöse Aussagen dem „realen“ Leben (wenn auch subjektiv) und dem kritischen Verstand standhalten. Die wichtigste Quelle einer intellektuell wahrhaftigen und existenziell redlichen religiösen Überzeugung ist für Schrempf also die eigene Erfahrung. Diese Aussage erinnert mich sehr an Buddhas Rede an die Kalamer. Die Rede an die Kalamer „Geht, Kalamer, nicht nach Hörensagen, nicht nach Überlieferungen, nicht nach Tagesmeinungen, nicht nach der Autorität heiliger Schriften, nicht nach bloßen Vernunftgründen und logischen Schlüssen, nicht nach erdachten Theorien und bevorzugten Meinungen, nicht nach dem Eindruck persönlicher Vorzüge, nicht nach der Autorität eines Meisters! Wenn ihr aber, Kalamer, selber erkennt: diese Dinge sind heilsam, sind untadelig, werden von den Verständigen gepriesen, und, wenn ausgeführt und unternommen, führen sie zu Segen und Wohl`, dann möget ihr sie euch zu Eigen machen.“ Christoph Schrempf hat als überzeugter Christ natürlich Gott nicht in Frage gestellt. So sagte Schrempf auf die Frage, was Gottes Wille sei, ihm jedenfalls habe Gott seinen Willen nicht mitgeteilt. „Gott will offenbar nicht, dass ich mich um seinen Willen kümmere. Sonst würde er mir den unzweideutig offenbaren.“ „Ein klares und wahres Leben ohne Gott ist besser als der innigste Verkehr mit einem eingebildeten Gott“ (Schrempf 1919/1920). Quellen: Freies Christentum, 62. Jahrgang-Heft 1/Januar/Februar 2010 Biographisch-Bibliographisches kon, Verlag Traugott Bautz Kirchenlexi- Bücherwissen trägt nur insofern zur Vertiefung bei, als es die Neigung des Geistes zu spirituellen Dingen fördert. Der Glaube aus dem Hörensagen ist nicht beständig, während die Erkenntnis aus eigener Erfahrung endgültig ist. Hören ist zum intellektuellen Verstehen der Wahrheit notwendig, Meditation vertieft dieses Verständnis, und die Kontemplation führt die Verwirklichung der Wahrheit in der eigenen Erfahrung herbei. Ramana Maharshi majjhima patipada 2 - 2010 33 Hätten Sie’s gewusst? Fragen aus dem Buddhismus 2. Die mahayanische „Drei-Leiber-Lehre“ (trikaya) führt die Vorstellung vom überirdisch-transzendenten Buddha ein. Welcher Leib gehört nicht zu diesem System? A) Grobstofflicher Leib B) Leib der Wonne C) Leib der Wohlgenährtheit D) Dharma-Leib (Leib der Wahrheit) 3. Der Buddha Gautama hat aus der brahmanischen Tradition etliche Elemente übernommen, andere dagegen abgelehnt. Welche der folgend genannten Lehren lehnte er entschieden ab? A) Lehre von der Wiedergeburt B) Lehre von Ursache und Wirkung C) Lehre vom Vorhandensein einer (unsterblichen) Seele D) Lehre vom Antrieb der Wiedergeburt durch das Begehren 4. Kaiser Ashoka beauftragte seinen Sohn, die Lehre des Buddha zur Insel Sri Lanka zu bringen, wo der Pali-Kanon niedergeschrieben wurde und damit erhalten blieb. Wie hieß der Sohn? A) Mahinda B) Upaka C) Mogallana D) Sariputta 5. Ein Vetter des Buddha Gautama war in den Orden eingetreten und hatte dem Meister bis zu 34 dessen Lebensende hingebungsvoll Wie war sein Name? A) Assaji B) Ananda C) Tissa D) Arittha gedient. 6. Der Wildpark Sarnath bei Benares, wo der Buddha mit seiner „Predigt von Benares“ das Rad der Lehre in Bewegung setzte, wird durch Tiere symbolisiert. Um welche handelt es sich? A) Kühe B) Ziegen C) Gazellen D) Elefanten 7. Die vom Philosophen Karl Jaspers als „Achsenzeit“ bezeichnete Periode wies eine Vielzahl von Religionsstiftern, Philosophen und Denkern auf. Wer lebte nicht in dieser Zeit? A) Konfuzius B) Jesus Christus C) Buddha Gautama D) Mahavira 8. Die dreifache Zufluchtnahme ist das “Glaubensbekenntnis” der Buddhisten. Welches Objekt der Zuflucht gehört nicht dazu? A) Zuflucht zum Buddha B) Zuflucht zur Lehre C) Zuflucht zur Gemeinde D) Zuflucht zum Asketentum Axel Rodeck Natürlich haben Sie es gewusst … Die richtige Lösung unserer Fragen lautet: 1D; 2C; 3C; 4A; 5B; 6C; 7B; 8D. 1. Die Gefährten Gautamas aus seiner Askesezeit hatten sich zunächst von ihm losgesagt, waren dann jedoch in Benares zu seiner Lehre übergegangen. Wer von ihnen bat als erster den Buddha, ihn als Jünger anzunehmen? A) Vappa B) Bhaddiya C) Mahanama D) Condanna majjhima patipada 2 - 2010 Für Sie gelesen – Lesenswertes aus anderen Zeitschriften Schon der (verstorbene) SPIEGEL-Herausgeber Rudolf Augstein war, obwohl Atheist, an Religion sehr interessiert und ließ regelmäßig zu Ostern und Weihnachten entsprechende Beiträge veröffentlichen. In diesem Sinne widmet sich Heft Nr. 52 vom 19.12.2009 dem Zwist zwischen Islam und Christentum: „Wer hat den stärkeren Gott?“ Während die „sanften“ Religionen vor sich hin dümpeln, wird von den beiden großen monotheistischen Religionen erbittert um die Vorherrschaft auf dem globalen Glaubensmarkt gekämpft. Für diesen Kampf werden von beiden Seiten gigantische Summen ausgegeben. Den größten Zuwachs findet der Islam in Ländern mit junger Bevölkerung und hoher Reproduktionsrate. Und in Europa, so lesen wir in typischer SPIEGEL-Diktion, wird diskutiert, „wieviel Allah dem einst christlichen, heute eher heidnischen Erdteil zuträglich ist.“ Freilich: Mit den über 900 Bibelübersetzungen in die verschiedensten Sprachen kann der Koran nicht mithalten. Allah sprach Arabisch. Und jede Übersetzung ist den Strenggläubigen suspekt, da sie zwangsläufig ein Stück Interpretation enthalten muß. —————————————————— Der Buddhismus ist nur verständlich, wenn seine wicklungen hingewiesen, z.B. dem TötungsverEntstehung aus der alt-indischen Kultur beachtet bot (ahimsa) einerseits und der in der Bhagavadwird. Es ist daher erfreulich, daß die Hamburger gita enthaltenen Pflicht zum kriegerischen Töten andererseits. BUDDHISTISCHEN MONATS-BLÄTTER in Heft 1/2010 das Thema „Indien vor dem Ferner: Die auch im „Mittleren Weg“ behandelte Buddhismus“ aufgenommen haben. Wir erfahren Kritik Jochen Maugs am (Theravada-) Buddhisvon den esoterischen „Veden“ (religiöse Schrifmus wird von Marianne Wachs mit großer Fachten) und den pompösen öffentlichen Ritualen mit kenntnis analysiert. Das „anatta“-Kriterium alblutigen Tieropfern, die den Buddha später so anlein erscheint ihr für eine Bewertung zu dürftig widern sollten. Die „Upanishaden“ weisen dann und überhaupt stellt sie bei (dem Nichtfachmann) schon im Kontrast zu den altvedischen LobesMaug viele fachliche Fehler fest. Aber immerhin: hymnen eher pessimistische Züge auf und steuZu 80% stimmt sie den reformatorischen Gedanern auf die vom Buddha betonte Leidhaftigkeit ken dieses engagierten Autodidakten zu. Mögen des Daseins zu. Die klassische Yoga-Lehre wird seine Ausführungen Denkanstöße für eine sachligeschildert und auf etliche widersprüchliche Entche Betrachtung des Buddhismus geben. —————————————————— die mutmachende Erkenntnis, ist eine Sache der TIBET UND BUDDHISMUS befaßt sich in Übung. Heft 1/2010 zunächst mit der Nonnenordination: Der Dalai Lama ist dafür, viele konservative BeVon den weniger glücklichen Zeitgenossen und denkenträger sind jedoch dagegen. der globalen Armut und ihrer Bekämpfung durch Eigeninitiative berichten etliche Leserbriefe – Für Männlein und Weiblein gleichermaßen interdas Thema „sozialer Buddhismus“ erhält zunehessant ist das Titelthema „Glück“, es ist aus mend Bedeutung (s. auch in diesem Heft S. 6 ff). buddhistischer Sicht die Folge der Beendigung von Leid. Asiatische Autoren führen aus, daß das Aufschlussreich der Bericht über den DurchGlück in uns selbst liegt und echtes Glück durch bruch des Internets in Tibet, was zu spannenden Meditation entsteht. O. Petersen geht auf die ErDiskussionen unter Intellektuellen mit oft herber kenntnisse westlicher Psychologie und NeuroKritik am Dalai Lama („größtes Hindernis für wissenschaft ein und stellt viele Übereineine Emanzipation der tibetischen Gesellschaft“) stimmungen mit dem Buddhismus fest. Glück, so führt. —————————————————— majjhima patipada 2 - 2010 35 BUDDHISMUS AKTUELL hat in seinem Heft 1/2010 den „sozial engagierten Buddhismus“ und „aktives(!) Mitgefühl“ zum Thema und stößt damit wegen unseres eigenen Artikels hierüber (s. in diesem Heft S. 6 ff) auf unser besonderes Interesse. Wir wollen der diesbezüglichen Rezension daher etwas mehr Raum geben. Was sagen die bekannten Meinungsbildner und Vertreter des hiesigen Buddhismus? - Der erste Beitrag ist von einer dem tibetischen Buddhismus besonders nahe stehenden Autorin und knüpft an die Aufforderung des Dalai Lama an, bedingungsloses Mitgefühl für alle Lebewesen zu praktizieren. Dabei sollten wir aber zunächst bei uns selber anfangen und die Schwierigkeit des Übungsweges nicht unterschätzen. Es gilt, meditativ die Trennung der Welt in „ich“ und „andere“ zu überwinden, bis in uns das Mitgefühl in verschiedensten Formen (z.B. soziales Engagement) entsteht. - Die nächste Autorin, studierte Indologin, geht vom Wort „Karuna“ aus und meint, es bezeichne in theravadischer Sicht eine Emotion, die unsere Hinwendung zur Außenwelt bestimmen soll. Im Mahayana sei Karuna dann zur Grundlage der Ethik eines Bodhisattvas geworden. Während die deutschen Übersetzungen mit „Mitleid“ oder „Mitgefühl“ lediglich ein Gefühl wiedergäben, sei nach buddhistischem Verständnis ein aktives Tun („heilende Hinwendung“) gemeint. - In die quirlige Welt von New York führt uns ein Interview mit Roshi Enkyo Pat O’Hara, der in einem Hochhaus in Manhattan „buddhistische Sozialarbeit“ verwirklicht. Er ermutigt seine Anhänger, z.B. an Schulen Meditation zu unterrichten Haftentlassene zu betreuen oder Hospizarbeit zu leisten. Mitgefühl, so sagt er, sei die natürliche Konsequenz aus der persönlichen Praxis. - Ein als Abt in Japan lebender (deutscher) Zen-Meister stellt fest, daß entgegen landläufiger Meinung die Asiaten eine eher passive Einstellung zum Mitgefühl haben, wenn sie auch gern Amitabha oder Avalokiteshvara in eigener Not anrufen. Das buddhistische Mitgefühl sei im Unterschied zur christlichen Nächstenliebe auf die Rettung aller Wesen (und natürlich von sich selber) gerichtet, ohne daß zwischen Nächstenund Feindesliebe unterschieden wird. Im klösterlichen Leben, so der interessante Hinweis, sei Mitgefühl keineswegs leichter kultivierbar, wohl 36 auch in Hinblick auf den in Klöstern offenbar anzutreffenden höheren Prozentsatz an Psychopathen. - Mit wie immer sehr weisen Ausführungen zeigt (der verstorbene) Geshe Thubten Ngawang, daß wir unsere Lebensumstände in die Meditation integrieren sollen, um den Geist von der Selbstsucht zu trennen und ihn mit Mitgefühl anzureichern. Praktischer Rat: Im täglichen Leben Merkverse aussprechen, die uns innerlich wohl tun. - Für die Theravada-Tradition wird Ayya Khema (verstorben 1997) ins buddhistische Feld geführt. Sie weist im Schopenhauerschen Sinn auf die Nutzlosigkeit von „Mitleid“ hin, denn mit ihm leiden zu dem sowieso vom Leid Betroffenen unnötigerweise auch noch andere Wesen. Richtiger ist es daher, von „Mitgefühl“ zu sprechen. Aber erst wenn wir unsere eigene Leidhaftigkeit (dukkha) erkannt und Mitgefühl zu uns selber entwickelt haben, können wir auch anderen Menschen helfen. Mitgefühl erleichtert die zwischenmenschlichen Beziehungen, indem wir negative Gefühle wie Ärger und Ablehnung mit Liebe zu ersetzen versuchen. Dabei soll unser Mitgefühl nicht nur den Opfern, sondern auch den Tätern gelten, müssen diese doch nach dem Gesetz von Ursache und Wirkung (irgendwann) die Folgen ihrer Vergehen erleiden. - Ebenfalls für den Theravada spricht Paul Köppler und stellt fest, daß Liebe und Mitgefühl zwar Bestandteil der buddhistischen Ethik sind, der Buddha hierüber aber zunächst gar nicht predigte. Erst im beliebtesten theravadischen Rezitationstext, dem „Sutta von der Güte“ (mettasutta, Suttanipata 143-152) wird auf diese neben Achtsamkeits- und Konzentrationsübungen bestehende Meditationsmethode hingewiesen. Sie führt dazu, den in uns waltenden negativen Kräften etwas Positives entgegen zu setzen. Freilich muß davor gewarnt werden, die liebende Zuwendung zu einer anhaftenden und damit erlösungshinderlichen Liebe werden zu lassen. - Der (aus Amerika stammende) Mönch Bhikku Bodhi fordert sehr deutlich soziales Engagement der Buddhisten in aller Welt. Der Dharma soll nicht nur Mittel zur inneren Erleuchtung sein, sondern das Ziel sozialer und ökonomischer Gerechtigkeit verfolgen. Globale buddhistische Hilfe erfordere insbesondere der Kampf gegen den Hunger. Axel Rodeck majjhima patipada 2 - 2010 Auch das noch Nachrichten aus den Religionen und ihrem Umfeld Hindu darf über offenem Feuer bestattet werden In Großbritannien hat ein 71-jähriger Mann vor dem Obersten Gericht durchgesetzt, dass er nach seinem Tod gemäß der Hindu-Tradition im Freien über offenem Feuer verbrannt werden darf. Die obersten Richter gaben nach jahrelangem Rechtsstreit am Mittwoch einem entsprechenden Begehren von Davender Ghai statt. „Wenn ich jetzt morgen sterbe, dann werde ich friedlich scheiden“, sagte der 1958 aus Kenia eingewanderte Ghai nach der Entscheidung. „Denn ich weiß jetzt, dass ich einen guten Abschied haben werde.“ Jeder solle nach seiner Religion leben und auch sterben dürfen, fügte der 71-Jährige hinzu. Der Rentner hatte 2006 in Northumberland in Nordengland einen Antrag auf einen Platz für eine traditionelle Hindu-Bestattung gestellt, was aber von den Behörden abgelehnt wurde. Diese Entscheidung wurde zunächst in mehreren Instanzen bestätigt, nun aber gab das Oberste Gericht in London dem Kläger recht. HAZ 11.02.10 Islam bereitet den Deutschen Sorgen Der Islam macht mehr als drei Vierteln der Deutschen Sorge. Nur 22 Prozent der Bundesbürger sehen kein Problem mit dem muslimischen Glauben und glauben auch nicht, dass er sich zu stark in unserer Gesellschaft ausbreitet. Das ist das Ergebnis einer am Freitag veröffentlichten dimap-Umfrage für das ARD-Morgenmagazin. Danach äußern 39 Prozent der Befragten ein wenig Sorge, 36 Prozent machen sich große Sorgen um eine Expansion des Islam. Ein Minarettverbot nach Schweizer Vorbild findet allerdings keine Mehrheit. HAZ 12.12.2009 Der Islam - keine Religion für Europa? Überall in Europa schüttelten die Menschen mit dem Kopf, als sich am vergangenen Sonntag die Mehrheit der Schweizer in einem Referendum gegen den Bau neuer Minarette ausgesprochen hat. Dabei ist die Ablehnung gegenüber Zuwanderern im Allgemeinen und Muslimen im Besonderen keine Schweizer Eigenart, sondern in ganz Europa verbreitet. Eine internationale Vermajjhima patipada 2 - 2010 gleichsstudie zur Bielefelder Untersuchung über „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Deutschland“ hat ergeben, dass fast 55 Prozent der Europäer im Islam eine Religion der Intoleranz sehen; zwischen den einzelnen Ländern gibt es hier kaum Unterschiede. Deutschland liegt im europaweiten Vergleich der Vorurteile gegenüber Migranten und Muslimen mit 52,5 Prozent Zustimmung zu islamfeindlichen Einstellungen im Mittelfeld. Besonders problematisch ist die Haltung gegenüber Muslimen in Polen und ausgerechnet bei der Seefahrernation Portugal - dort zeigen 61,5 beziehungsweise 62,2 der Bevölkerung deutlich antiislamische Einstellungen. HAZ 5.12.2009 Geste an Muslime Die US-Regierung wirbt verstärkt um Unterstützung bei den Muslimen in aller Welt. US-Präsident Barack Obama gab am Sonnabend anlässlich der siebten Jahrestagung des „US-Islamic World Forum“ bekannt; dass er seinen Berater Rashad Hussain zum neuen US-Sonderbotschafter bei der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) ernannt habe. Er wolle die Partnerschaft mit der muslimischen Welt vertiefen und weiterentwickeln, sagte Obama in seiner Videobotschaft zum Auftakt des Internationalen US-Islam-Forums in der katarischen Hauptstadt Doha. HAZ 15.02.10 Papst verurteilt Attentat Nach dem Attentat auf koptische Christen in Ägypten hat Papst Benedikt XVI. religiös motivierte Gewalt verurteilt. Die Unterschiede zwischen den Religionen rechtfertigten ein solches Handeln in keinem Fall, sagte der Papst am Sonntag nach dem Angelusgebet. Im Namen Gottes dürfe Gewalt nicht ausgeübt werden, hob das Kirchenoberhaupt vor mehreren Tausend Gläubigen auf dem Petersplatz hervor. Angehörige der vor wenigen Tagen in Ägypten getöteten Christen äußerten unterdessen die Vermutung, das Attentat habe politische Hintergründe. HAZ 11.1.2010 37 Papst fordert Priester zu Internetnutzung auf Papst Benedikt XVI. hat die Priester aufgerufen, moderne Kommunikationsmöglichkeiten wie das Internet stärker zu nutzen. Die Neuen Medien ermöglichten eine „neue Epoche“ der Glaubensverkündigung, schrieb der Papst in seiner Botschaft zum 44. Katholischen Welttag sozialer Kommunikationsmittel am Sonntag. Die „rasende umfassende Verbreitung“ und der Einfluss der neuen Kommunikationswege erlaubten es, Christi Wort engagiert zu verkünden. Der Welttag stand unter dem Motto „Der Priester und die Seelsorge in der digitalen Welt - die Neuen Medien im Dienst des Wortes“. „Durch die modernen Kommunikationsmittel kann der Priester das Leben der Kirche bekannt machen und den Menschen von heute helfen, das Gesicht Christi zu entdecken“, schreibt der Papst. Priester müssten auch Blogs und Onlinevideos zu Evangelisierung nutzen. Der Einsatz des Internets sollte Teil der Priesterausbildung werden. HAZ 25.01.10 Tibeter verzichten auf Fest Wenige Tage vor seinem Besuch bei US-Präsident Barack Obama hat der Dalai Lama die Tibeter aufgerufen, das Neujahrsfest Losar nicht zu feiern. Da die zweiwöchigen Feierlichkeiten offenbar in Tibet nicht begangen würden, sollten sich auch Exiltibeter so verhalten, sagte das geistliche Oberhaupt am Sonntag im indischen Dharamsala. Mit dem Verzicht wollen die Tibeter auf die problematische Lage in ihrem von China besetzten Heimatland aufmerksam machen. Äußerungen zu China oder zum bevorstehenden Besuch in Washington vermied der Dalai-Lama. HAZ 15.02.10 Russlands Kirche kappt Kontakte -Orthodoxe akzeptieren Margot Käßmann nicht Die Russische Orthodoxe Kirche will ihre Kontakte zur Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) kappen. Hintergrund sei die Wahl Margot Käßmanns zur Ratsvorsitzenden der EKD, berichteten mehrere russische Medien am Donnerstag. Die hannoversche Landesbischöfin war Ende Oktober zur Repräsentantin der rund 25 Millionen Protestanten in Deutschland gewählt worden. „Eine Frau als Bischöfin - das widerspricht den evangelischen Prinzipien“, sagte der Sprecher des Außenamtes des Moskauer Patriarchats, der orthodoxe Geistliche Georgi Sawerschinski, laut der russischen Agentur „Ria Novosti“. Deshalb könne es keine Kirchenbeziehungen zwischen den Orthodoxen und den deutschen Protestanten geben. HAZ 13.11.2009 Die Redaktion dankt der “Hannoverschen Allgemeinen Zeitung” für die freundliche Erlaubnis zur Übernahme der Pressemitteilungen. --------------------------nen entspannende wie auch belastende Schaumburger Zeitung, 16. Jan. 2010: Aufgaben. Dabei maßen die Forscher die Yoga schützt Körper vor Entzündungen IL-6-Werte im Blut. Die Konzentration des ProRegelmäßiges Yoga schützt Körper vor Entzünteins lag bei den Novizinnen durchschnittlich dungsprozessen. Eine Studie zeigt, dass solche um 41 Prozent höher als bei den Yoga-erfahreÜbungen die Konzentration entzündungsförnen Frauen, wie die Forscher in der Zeitschrift dernder Proteine im Blut senken. Die Zytokine „Psychosomatic Medicine“ schreiben. vom Typ Interleukin-6 (IL-6) sind an etlichen Erkrankungen beteiligt, darunter Herzleiden, Schlaganfall, Diabetes 2 oder GelenkbeschwerFalls Sie durch diesen Artikel neugierig auf den. Den Effekt von Yoga prüfen die Mediziner Yoga geworden sind, ein kleiner Hinweis. Jeden der Ohio State Universität an 50 erwachsenen Donnerstag von 18.45 – ca. 21.15 Uhr findet im Frauen. Ein Teil von ihnen praktizierte die aus BBH „Meditation und Yoga“ statt. An jedem 1. Indien stammenden Körperübungen schon seit Donnerstag gibt Uwe Kickstein eine Einführung mindestens zwei Jahren, die anderen hatten ge(bitte vorher anmelden Tel.: 0511/1316224) rade erst damit angefangen. Alle Teilnehmerinnen absolvierten an drei verschiedenen TermiMichael Schmidt 38 majjhima patipada 2 - 2010 16.-18.07. Lojong - Dem Leben mehr Sinn geben Fr 19 Uhr bis Vortrag (Fr) und Wochenendkurs (Sa und So) mit Bhikshu Tenzin Peljor So 13 Uhr Geistesübung und Herzensschulung. Veranstalter: Buddh. Gemeinschaft Chöling e.V. – Ort: Vietn.-Buddh. Kloster Vien Giac, Karlsruher Str. 6, 30519 Hannover – Information: www.choeling.de – Organisation: Christian Jacob 0531 3624501 - Teilnahmegebühr: Dana-Spende (Vorschlag: Euro 40,--) erbeten 25.07. So 16 Uhr Teenachmittag (wie am 30.05.) 31.07. 15.00 Uhr Samstag Tibetisch - Buddhistischer Gesprächskreis Video und Gespräche mit Bernd Weber (Karma Gelek Samten) Thema: Dalai Lama - Botschafter der Toleranz 06.08. 8 - 18 Uhr Freitag Hiroshima-Gedenktag - Gedenkfeier, Stille, Gebete und Meditationen unter Beteiligung verschiedener 07.08. Samstag 17 Uhr Wenn wir uns nicht ändern, werden wir geändert Vortrag von Manfred Folkers, Diplompädagoge, Taiji-, Quigong- und Dharmalehrer Die Lehre des Buddha ist das Fundament eines achtsamen und ethisch integeren Handelns, das von Liebe Mitgefühl, Freude und Gleichmut geprägt ist. Hinsichtlich unserer gegenwärtigen Lebensweise kritisiert diese Lehre vor allem die Antriebskräfte - Mehrungsstreben, Konkurrenz, Verdrängung der Folgewirkungen. Veranstalter und Ort: Haus der Weltreligionen, Erlebnispark “Steinzeichen Steinbergen” bei Rinteln. Weltreligionen anläßlich des 64. Jahrestages der Atombombenabwürfe in Japan. Ort: In der Ruine der St. Aegidienkirche (Nähe Aegidientorplatz) 20.-22.08. Ullambana-Fest Fr - So Ulambana ist das Fest, für das der Buddha sämtlichen Jüngern auftrug, ihren Eltern, vor allem den Müttern, Dank zu bezeugen. So wurde es zu einem Familienfest im vietnamesischen Buddhismus. Ort: Buddh. Kloster Vien Giac, Karlsruher Str. 6, 30519 Hannover, Informationen: Tel. 0511/879630 21.08. Samstag 14-18 Uhr 28.08. 15.00 Uhr Samstag 29.08. So 16 Uhr Die Geschichte des Buddhismus in Indien - Von Siddharta Gautama bis zur Auswanderung des Dharma nach Tibet Seminartag mit Franz-Johannes Litsch, Berlin Der Referent, Jahrgang 1945, Architekt und Vorstandsmitglied der Buddh. Akademie Berlin, ist seit 1962 mit der Lehre und Praxis Buddhas in verschiedenen Traditionen und durch zahlreiche Reisen nach Asien vertraut. - Seminar-Beitrag : 20,- € (Ermäßigung möglich), bitte rechtzeitig anmelden Tibetisch - Buddhistischer Gesprächskreis Video und Gespräche mit Bernd Weber (Karma Gelek Samten) Thema: Umgang mit Emotionen Teenachmittag (wie am 30.05.) Soweit nicht anders angegeben finden alle Veranstaltungen im Buddhistischen Zentrum, Drostestr. 8, statt. Zur Kostendeckung wird um einen Spendenbeitrag gebeten. Gäste sind stets willkommen. Außerdem wird dort auf andere Veranstaltungen hingewiesen, die unser Interesse verdienen. Haftungsausschluß: Der Verein übernimmt keine Haftung für eventuell auftretende psychische und/oder physische Schädigungen, die bei der Teilnahme an den Veranstaltungen auftreten könnten. Das Zentrum ist in der Regel nur während der Veranstaltungen besetzt. Außerdem: Sprechzeit jeden Freitag von 17 - 18.30 Uhr ! majjhima patipada 2 - 2010 39 Weitere regelmäßige Veranstaltungstermine: (Drostestr. 8) Gesprächskreis Buddha-Lehre jeden Dienstag ab 19.15 h - ca. 22.00 Uhr Offener Kreis, auch für Interessierte ohne Vorkenntnisse Meditation (19.25 - 20.00 Uhr), anschließend, ab 20.00 Uhr: Lesung buddhistischer Texte; Gespräche und Diskussion zur buddhistischen Praxis; Buddhismus in der Gegenwart; Einführung in die Meditation nach vorheriger Absprache. Abschließend: Satipatthana-Meditation (Anapanasati – Atembetrachtung) Zen Dôjô Shôbôgendô Spirituelle Leitung: Zen-Meisterin Dagmar Dôkô Waskönig Zazen Montag: 20.00 Uhr Mittwoch: 20.00 Uhr – Jeden 1. Mittwoch im Monat, 19.00 Uhr: Einführung für Neue Freitag: 19.00 Uhr (unregelmäßig nach Absprache) Vipassana Meditation regelmäßiger Meditationstermin, zur Zeit jeden Donnerstag 18.00 bis ca. 20.00 Uhr. Sitzen in Stille, Atembetrachtung, Gehmeditation, Erfahrungsaustausch. Anfänger/innen sind willkommen, eine Einführung ist möglich. In diesem Fall bitte vorher anmelden unter (0511) 348 07 76 (Franz Friczewski). Meditation und Yoga jeden Donnerstag 18.45 - ca. 21.15 Uhr. Hatha-Yoga; Asanas, Atmung, entspannte Sammlung, Stille und Haltung des Yoga, Singen von Liedern als Vorbereitung für die Meditation. Bitte entsprechende Kleidung und Übungsdecke mitbringen. (Einführung jeden 1. Do. des Monats nach Absprache - Tel. 131 62 24, Uwe Kickstein) Tibetisch - Buddhistischer Gesprächskreis jeden letzten Samstag im Monat - ab 15.00 Uhr Video und Gespräche über die Vier Edlen Wahrheiten des Buddha, debattieren mit Bernd Weber (Karma Gelek Samten) Puja Buddhistische Andacht, einmal im Monat, Sonntag - 9.30 Uhr - nach vorheriger tel. Nachfrage. Eine zeremonielle Vertiefung buddhistischer Lehrinhalte unter Leitung von Bernd Rink, offene Veranstaltung, ohne Vorkenntnisse - Tel.-Info: 05130/4569 Tee-Nachmittage mit Bücherausleihe und -rückgabe jeden letzten Sonntag im Monat - ab 16.00 Uhr - Zusätzliche Treffen nach Vereinbarung (bitte anfragen). AnsprechpartnerInnen: Axel Rodeck Uwe Kickstein Dagmar Dôkô Waskönig (Zen-Buddhismus) Bernd Weber (Tibetisch-Buddhistische Tradition) Michael Schmidt Dieter Stöhr Rother Baumert 40 Tel. 0511/67 37 48 Tel. 0511/131 62 24 Tel. 0511/86 48 71 / Email [email protected] Tel. 0511/47 14 09 / Email [email protected] Tel. 05722/8 17 25 / Email [email protected] Tel. 05532/1692 / Email [email protected] Tel. 0511/40 66 88 / Email [email protected] majjhima patipada 2 - 2010