Nierenszintigrafie aus der Sicht der MTRA Ennio Müller Kantonsspital Graubünden SVMTRA 2016 Tatort Praxis Mit welchen Problemen, Besonderheiten und Herausforderungen sehen sich MTRA’s bei dieser Untersuchung konfrontiert? Wo liegen eventuelle Fallstricke verborgen E. Müller, Tatort Praxis, Fachgruppe Nuklearmedizin, SVMTRA 2016 Untersuchungsdurchführung • • • • • Patientenaufklärung Tracerinjektion erfolgt intravenös gleichzeitiger Start der Akquisition ggf. Furosemid-Gabe nach x Minuten (je nach F± Protokoll) Ev. Blutentnahmen aus separatem Zugang – Bestimmung der Blutclearance • Blasenentleerung unmittelbar nach Untersuchungsende zur Reduzierung der Strahlenexposition • Postmiktionsaufnahme mit Lageänderung E. Müller, Tatort Praxis, Fachgruppe Nuklearmedizin, SVMTRA 2016 Patientenvorbereitung • Untersuchungsablauf vorher erklären: • Zeitlicher Aufwand • Ablauf der Untersuchung • ev. Diuretikumgabe besprechen • Anamnese: • • • • • • Gewicht und Körpergrösse Parkinsonmedikamente Blutdruckmedikamente Entzündungsmedikamente Kontrastmittelgabe Kreatininwert, GFR, Harnsäure (Leitlinien) E. Müller, Tatort Praxis, Fachgruppe Nuklearmedizin, SVMTRA 2016 Patientenvorbereitung • Interressenslage des Arztes: – Nierenfunktionsbestimmung unter den real herrschenden Lebensbedingungen des Patienten – unter voller Medikamenteneinnahme • Umfangreiche Anamnese ist wichtig als zusätzliche Information zur korrekten Beurteilung der Funktionskurven • Abklärung neuer oder vorher unbekannter Medikamente • Abklärung einer nicht bekannten Parkinsonerkrankung oder einer psychiatrisch bedingten Medikamentation mit Dopamin E. Müller, Tatort Praxis, Fachgruppe Nuklearmedizin, SVMTRA 2016 Patientenvorbereitung • Abklärung Kontrastmitteluntersuchungen: – Iodierte Kontrastmittel und Aminoglykoside senken den effektiven renalen Plasmafluss in Abhängigkeit vom Ausmass einer ev. vorherrschenden Nierenschädigung – Die Wirkung von iodierten Kontrastmitteln hält im allgemeinen nicht länger als 2 Wochen an – Eine quantitative Basis-Nierenuntersuchung mit TechneScan MAG3 sollte frühestens 1 - 2 Wochen nach einer Untersuchung mit Kontrastmitteln durchgeführt werden E. Müller, Tatort Praxis, Fachgruppe Nuklearmedizin, SVMTRA 2016 Patientenvorbereitung • Schwangerschaft und Stillzeit: Stillzeit stellt keine Kontraindikation dar • Zeitpunkt und Menge der Hydrierung: – 10 ml / Kg KG, 30 – 60 Min. vor Untersuchungsbeginn – Reichlich Flüssigkeitszufuhr nach der Untersuchung (Strahlenschutz) – Kinder: angepasste Flüssigkeitsmenge – Säuglinge vorher stillen E. Müller, Tatort Praxis, Fachgruppe Nuklearmedizin, SVMTRA 2016 Inadequate Hydrierung • Aufstauung im Nierenbeckenkelchsystem • Aufstauefekte im Nierenparenchym möglich • Kann auch beschränkt sein auf eine Niere E. Müller, Tatort Praxis, Fachgruppe Nuklearmedizin, SVMTRA 2016 Patientenlagerung – Sitzend mit dorsalen Strahlengang – Stehend: • Abflussverhältnisse bei Wandernieren – Liegend: • Wird insbesonders bei Kindern empfohlen E. Müller, Tatort Praxis, Fachgruppe Nuklearmedizin, SVMTRA 2016 Patientenlagerung • Patientenlagerung liegend in Rückenlage: – – – – – Minimierung der Patientenbewegung Lagestabilität der Nieren durch ruhigere Atmung Verringerung des Kollimator – Objektabstandes Unkompliziertere Verlegung des peripheren Zugangs Herz im oberen FOV, suprapubischer Anteil unten • Postmiktionsaufnahme abhängig vom Protokoll: – Sitzend oder Stehend gewährleistet eine bessere Abflussbeurteilung als liegende Aufnahmen E. Müller, Tatort Praxis, Fachgruppe Nuklearmedizin, SVMTRA 2016 Tracerinjektion • Besonderheiten bei dynamischen Akquisitionen: – Injektion sollte als Bolus durchgeführt werden – Grossvolumige Dauerverweilkanüle (rosa) – Hohe Aktivitätskonzentration des Tracers – Vermeidung einer «Doppelbolusinjektion» • Veränderung der Zeit-Aktivitätskurven in den ersten drei Minuten (Anflutungsphase), mitunter inkorrekte Berechnung des T-Max-Wertes E. Müller, Tatort Praxis, Fachgruppe Nuklearmedizin, SVMTRA 2016 Tracerinjektion – Injektion über kurzen Verlängerungsschlauches mit anschliessender Nachinjektion von grossvolumiger NaCl Menge (20 ml) – Injektionsarm sollte 90°abgewinkelt sein, um axsiläre Stauungseffekte zu reduzieren • Vortäuschung einer verzögerten Tracer Anreicherung – Keine Injektion über PortaCat oder am ende von Infusionsleitungen E. Müller, Tatort Praxis, Fachgruppe Nuklearmedizin, SVMTRA 2016 Das Diuretikum • Furosemid besitzt harntreibende Wirkung • Dosierung Furosemid: – – – – 1 mg pro Kg KG Säuglinge bis 1 Jahr 0,5 mg / Kg KG bei Kindern über 1 Jahr Max. 20 mg / 40 mg Erwachsener Einsetzung der Wirkung nach ca. 2 Min . • Injektionsgeschwindigkeit : 0,4 ml pro Minute (entsprechend 4 mg Furosemid) E. Müller, Tatort Praxis, Fachgruppe Nuklearmedizin, SVMTRA 2016 Das Diuretikum • Nebenwirkungen Furosemid: – Wirkt Blutdruckregulierend – Blutdruckabfall möglich (ev. Überwachung) – verstärkt die Wirkung von anderen, blutdrucksenkenden Arzneimitteln – Verstärkt die Wirkung von Theophylin (Asthmamittel) – Schwindel – Partielle Nierendehydrierung möglich – Verstärkung der Nebenwirkungen durch Bolusinjektion E. Müller, Tatort Praxis, Fachgruppe Nuklearmedizin, SVMTRA 2016 Entzündungsmedikamente • nicht steroide Entzündungshemmer: – z.B.: Diclofenac (Voltaren) Blockiert die Produktion von Prostaglandin kann zu spontanen Kontraktionen des Ureters führen falsch positive Ergebnisse möglich durch: Verlängerung der Transitzeit Verzögerung der Time to Peak E. Müller, Tatort Praxis, Fachgruppe Nuklearmedizin, SVMTRA 2016 Tc99m-MAG3 Captopriluntersuchung – Durchführung bei renal bedingter Hypertonie: • Hämodynamische Relevanz einer Nierenarterienstenose • Vergleich der Eleminationskurven vor und nach Captoprilgabe • Renale Blutdruckregulationsstörung bei Kurvenabfall nach Captoprilgabe – Nahrungsmittelaufnahme vermindert Captoprilwirkung, Patient sollte nüchtern erscheinen – Blutdruck und Pulsmessung alle 15 Min. E. Müller, Tatort Praxis, Fachgruppe Nuklearmedizin, SVMTRA 2016 ACE Hemmer • ACE-Hemmer sind allgemein etabliert zur Behandlung von: • • • • • arterieller Hypertonie Herzinsuffizienz diabetischen und/oder hypertensiven Nephropathie mit Albuminurie vorwiegend renal eliminiert Die häufigsten unerwünschten Nebenwirkungen sind: • Die Orthostatische Hypotension • die Hyperkaliämie • die Niereninsuffizienz E. Müller, Tatort Praxis, Fachgruppe Nuklearmedizin, SVMTRA 2016 ACE Hemmer – Blutdrucksenkende Mittel die auf den Renin - Angiotensin Regelkreislaufes wirken – – – – Verringern den effektiven Filtrationsdruck in den Glumeroli Veränderung der Zeit – Aktivitätskurven Basisuntersuchung: 4 Tage vor Untersuchung absetzen Patientenanamnese wichtig bei älteren Patienten E. Müller, Tatort Praxis, Fachgruppe Nuklearmedizin, SVMTRA 2016 Tracerbesonderheiten: Tc99m-DMSA • Medikation mit Dopamin (Parkinson, Psychiatrie): – erhöht den effektiven renalen Plasmafluss, während Dopaminantagonisten ihn vermindern, – falsch-positive bzw. falsch-negative Ergebnissen möglich • Chemotherapeutika: – Methotrexat, Cyclophosphamid und Vincristin – Können die Bioverteilung von 99mTc-DMSA verändern • Natriumhydrogencarnonat (Bullrichsalz, Backpulver) – Veränderung des 99mTc-DMSA Komplexes – Akkumulation in der Nierenrinde – gleichzeitig starke Leberanreicherung und rasche Urinausscheidung E. Müller, Tatort Praxis, Fachgruppe Nuklearmedizin, SVMTRA 2016 Tracerbesonderheiten: Tc99m-DTPA • Patienten mit Aspirin Allergie: – Mögliche anaphylaktische Reaktionen auf Grund des in TechneScan DTPA enthaltenen Konservierungsmittels Gentisinsäure (Dihydroxybenzoesäure) • 2 Qualitätskontrollen vorgeschrieben: – 1. Nachweis des freien Pertechnetats – 2. Nachweis des freien reduzierten, hydrolisierten Technetiums – Summe aus beiden darf 5 % nicht übersteigen E. Müller, Tatort Praxis, Fachgruppe Nuklearmedizin, SVMTRA 2016 Tracerbesonderheiten: Tc99m-MAG3 • Zwei verschiedene Ansatzverfahren: – 10 Minuten kochen mit anschliessender Abkühlung (Technescan) – Kaltansatz mit 15 Minütiger Inkubation und anschließender Beimpfung mit einer Stoppsubstanz (Rotop) • Technescan kann kleinere Mengen von 99mTc-markierten Verunreinigungen enthalten. Elemination über Leber und Gallenblase • Haltbarkeit Technescan MAG3: 8 Stunden • Haltbarkeit Rotop MAG3: 6 Stunden E. Müller, Tatort Praxis, Fachgruppe Nuklearmedizin, SVMTRA 2016 Kinderuntersuchungen • Empfehlungen für Kinderuntersuchungen sind eher vager Natur • Hydrierung: – Trinken abhängig von Kooperationsbereitschaft – Keine definierten Volumina – Babys sollten vorher gestillt werden • Furosamidgabe: – Verdünnung auf insgesamt 10 ml Gesamtvolumen • Lagerung: – Rückenlage – Ablenkung und Beruhigung mittels Video E. Müller, Tatort Praxis, Fachgruppe Nuklearmedizin, SVMTRA 2016 Kinderuntersuchungen • Sedation: – Anästhesie mit Propofol (Aufwendig) • • • • Kleines Anästhäsieteam (Arzt und Pflegeperson) Zeitlich gut planbar Keine Bewegungsproblematik Keine Anwesenheit der Eltern im Untersuchungsraum – Dormikum rektal / oral über Sonde • Zeitlich schwer kalkulierbar, aufgrund möglicher Wirkungsverschiebung und Paradoxreaktionen • Gesamtdosierung streng limitiert durch Pflegepersonal • Nicht ausreichende Sedation möglich (Bewegungsartefakte) E. Müller, Tatort Praxis, Fachgruppe Nuklearmedizin, SVMTRA 2016 Dosisbetrachtungen Referenzdosen f. Erwachsene: DTPA: 150 MBq MAG3: 100 MBq DMSA: 70 MBq Minimaldosen f. Kinder: DTPA: 20 MBq MAG3: 15 MBq DMSA: 20 MBq E. Müller, Tatort Praxis, Fachgruppe Nuklearmedizin, SVMTRA 2016 Dosisbetrachtungen Radiopharm akon Aktivität Blasenwand Nieren Effektive Dosis Erwachs. Anteil Blasenwand Mag 3 100 MBq 11 mGy 0,34 mGy 0,70 mSv 80 % DTPA 100 MBq 6,2 mGy 0,39 mGy 0,49 mSv 56 % DMSA 100 MBq 1,8 mGy 18,0 mGy 0,88 mSv Vorgeschädigte Niere: Erhöhung der Strahlenbelastung der Niere um Faktor: Verringerung der Strahlenbelastung der Blasenwand um Faktor: E. Müller, Tatort Praxis, Fachgruppe Nuklearmedizin, SVMTRA 2016 2 -3 1,3 Zusammenfassung • Nierenszintigraphie zählt zu den Standarduntersuchungen • Vermeintliche einfache und unkomplizierte Untersuchung die jeder kennen und können sollte • Erfordert sensiblen Umgang mit der Materie, weil viele Faktoren das Ergebnis beeinflussen können • Sehr geringe Strahlenbelastung für eine Nuklearuntersuchung • Kann auch bei eingeschränkter Nierenfunktion eingesetzt werden E. Müller, Tatort Praxis, Fachgruppe Nuklearmedizin, SVMTRA 2016 Tatort Praxis E. Müller, Tatort Praxis, Fachgruppe Nuklearmedizin, SVMTRA 2016