ZIP - FreiDok - Albert-Ludwigs

Werbung
1
Aus der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie
der Klinik für Psychiatrie und Psychosomatik
und aus der Sektion für Epileptologie am Neurozentrum
der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i.Br.
Zur Prävalenz psychopathologischer Auffälligkeiten bei Patienten mit
pharmakorefraktären fokalen Epilepsien und zum psychiatrischen Outcome
nach epilepsiechirurgischen Interventionen
INAUGURAL – DISSERTATION
zur
Erlangung des Medizinischen Doktorgrades
der Medizinischen Fakultät
der Albert-Ludwigs-Universität
Freiburg i.Br.
Vorgelegt 2008
von Petros Mamalis
geboren in Athen
2
Dekan: Prof. Dr. med. Christoph Peters
1. Gutachter: Prof. Dr. med. Ludger Tebartz van Elst
2. Gutachter: Prof. Dr. med. Andreas Schulze-Bonhage
Jahr der Promotion: 2008
3
Στους γονείς µου Ελένη και Γρηγόρη...
(Meinen Eltern Helene und Gregorios…)
4
Abkürzungsverzeichnis
AFS
Affektive Störung
AHE
Amygdalahippokampektomie
DS
Dysphorische Störung
EEG
Elektroenzephalogramm
FLE
Frontallappenepilepsie
HS
Hippokampussklerose
IDS
Interiktale dysphorische Störung
IIP
Interiktale Psychose
KPA
Komplex fokale Anfälle
MRT
Magnetresonanztomographie
NA
Noradrenalin
PDS
Postiktale dysphorische Störung
PET
Positronen-Emissions-Tomographie
PIP
Postiktale Psychose
PS
Persönlichkeitsstörung
PSY
Epilepsiepsychose
SAHE Selektive Amygdalahippokampektomie
SPECT Single Photon Emission Computed Tomography
SGA
Sekundär generalisierte Anfälle
ST
Serotonin
TLE
Temporallappenepilepsie
5
Inhalt
1. Einleitung
1.1. Epilepsie
1.1.1. Definition
1.1.2. Klassifikation
1.1.3. Epidemiologie
1.2. Fokale Epilepsien
1.2.1. Einleitung
1.2.2. Temporallappenepilepsie
1.2.2.1. Definition
1.2.2.2. Klassifikation
1.2.2.3. Epidemiologie
1.2.2.4. Ätiologie
1.3. Epilepsiechirurgie
1.3.1.
1.3.2.
1.3.3.
1.3.4.
1.3.5.
Pharmakoresistenz
Indikationen für Epilepsiechirurgie
Operative Behandlungsverfahren
Postoperative Anfallskontrolle und prognostische Faktoren
Neurologische Komplikationen
1.4. Psychiatrische Störungen bei Epilepsien
1.4.1. Klassifikation
1.4.2. Prävalenz
1.4.3. Affektive Störungen
1.4.3.1. Prävalenz
1.4.3.2. Dysphorische Störungen
1.4.3.3. Pathogenese der affektiven Störungen bei Epilepsien: eine bidirektionale Beziehung?
1.4.3.4. Risikofaktoren der affektiven Störungen bei Epilepsien: eine kontroverse Diskussion
1.4.4. Epilepsiepsychosen
1.4.4.1. Iktale Psychosen
1.4.4.2. Postiktale Psychosen
1.4.4.3. Interiktale Psychosen
1.4.4.4. Forcierte Normalisierung (Alternative Psychosen)
1.4.4.5. Epidemiologie
1.4.4.6. Pathogenese: die Temporallappenhypothese
1.4.5. Persönlichkeitsstörungen
1.4.5.1. Temporallappenepilepsie und das Geschwind-Syndrom: ein historischer Rückblick
1.4.5.2. Epidemiologie
1.5. Psychiatrisches Outcome nach Epilepsiechirurgie
1.5.1 „De novo“ psychiatrische Störungen
1.5.1.1. „De novo“ Psychosen
1.5.1.2. „De novo“ affektive Störungen
1.5.2 Outcome der präoperativen Psychopathologie
1.5.3 Prädiktoren des psychiatrischen Outcomes
1.6. Fragestellung der Arbeit
2. Material und Methoden
2.1. Patientenkollektiv und Rahmenbedingungen
2.2. Querschnittsanalyse der präoperativen Psychopathologie
2.2.1. Klinischen Daten
2.2.2. Statistik
2.2.2.1. Prävalenz der psychiatrischen Diagnosen
2.2.2.2. Interiktaler psychopathologischer Befund
2.2.2.3 Vergleich der klinischen Daten
6
2.3. Längsschnittsanalyse des postoperativen psychiatrischen Outcomes
2.3.1. Klinischen Daten
2.3.2. Statistik
2.3.2.1. Outcome der psychiatrischen Diagnosen
2.3.2.2. Outcome des interiktalen psychopathologischen Befundes
2.3.2.3 Vergleich der klinischen Daten
3. Ergebnisse
3.1. Querschnittsanalyse der präoperativen Psychopathologie
3.1.1. Prävalenz der psychiatrischen Diagnosen
3.1.2. Interiktaler psychopathologischer Befund
3.1.3. Vergleich der klinischen Daten
3.1.3.1. Demographische Daten
3.1.3.2. Psychiatrische Daten
3.1.3.3. Biographische Anamnese und Sozialdaten
3.1.3.4. Neurologische Daten
3.1.3.5. Lateralität des Anfallsfokus
3.1.3.6. Lokalisation des Anfallsfokus
3.2. Längsschnittsanalyse des postoperativen psychiatrischen Outcomes
3.2.1. Outcome der psychiatrischen Diagnosen
3.2.2. Outcome des interiktalen psychopathologischen Befundes
3.2.3. Vergleich der klinischen Daten
3.2.3.1. Demographische Daten
3.2.3.2. Psychiatrische Vorgeschichte
3.2.3.3. Outcome des Arbeitsstatus
3.2.3.4. Lateralität der Epilepsiechirurgie
3.2.3.5. Lokalisation der Epilepsiechirurgie
3.2.3.6. Outcome des Anfallsstatus
4. Diskussion
4.1. Methoden
4.2. Querschnittsanalyse der präoperativen Psychopathologie
4.2.1. Prävalenz psychopathologischer Auffälligkeiten
4.2.2. Vergleich der klinischen Daten
4.2.2.1. Demographische Daten
4.2.2.2. Psychiatrische Daten
4.2.2.3. Biographische Anamnese und Sozialdaten
4.2.2.4. Neurologische Daten
4.2.2.5. Lateralität des Anfallsfokus
4.2.2.6. Lokalisation des Anfallsfokus
4.3. Längsschnittsanalyse des postoperativen psychiatrischen Outcomes
4.3.1. „De novo“ psychopathologische Auffälligkeiten
4.3.2. Outcome der präoperativen Psychopathologie
4.3.3. Prädiktoren des psychiatrischen Outcomes
4.3.3.1. Outcome des Arbeitsstatus
4.3.3.2. Outcome des Anfallsstatus
4.3.3.3. Lateralität der Epilepsiechirurgie
4.3.3.4. Lokalisation der Epilepsiechirurgie
5. Zusammenfassung
6. Literaturverzeichnis
7
1. Einleitung
1.1 Epilepsie
1.1.1 Definition
Die Bezeichnung „Epilepsie” stammt von dem griechischen Wort επιλαµβάνω (epilambano) und
bedeutet „ergriffen” oder „überwältigt” werden. Die ersten medizinischen Texte über die
Krankheit stammen aus der ägyptischen und babylonischen Zeit. Die Epilepsie wurde im
Altertum als Besessenheit durch Götter oder böse Geister erklärt, bis Hippokrates das Konzept
der Krankheit neu definierte. In seiner ca. 400 v. Chr. veröffentlichten Monographie „Über die
heilige Krankheit” wurde die Epilepsie nicht mehr abergläubisch gedeutet, sondern als eine
organische Erkrankung des Gehirns beschrieben [Masia und Devinsky 1999].
Während das Grand mal („großes Übel“) bereits im Mittelalter erwähnt wurde und Tissot (1770)
kleine Anfälle unter dem Begriff des Petit mal beschrieb, nahm J.H. Jackson im späten 19.
Jahrhundert als erster richtig an, dass epileptischen Anfällen „gelegentliche, plötzliche, schnelle
und lokalisierte Entladungen der grauen Substanz” zugrunde liegen [Jackson 1958]. Aufbauend
auf Jacksons Überlegungen unterschied Gastaut (1954) schließlich zwischen partiellen und
generalisierten Epilepsien [Gastaut 1973]. Mit dem Einsatz der Elektroenzephalographie durch
Berger (1929), wechselten die Perspektiven der Anfallsbeschreibung einer zunächst vorwiegend
phänomenologischen zu einer elektroenzephalographischen Definition. Die Epilepsie sollte dabei
als eine Gruppe neurologischer Störungen betrachtet werden, die vornehmlich durch das
wiederholte Auftreten von Anfällen klinisch manifest werden [Engel und Pedley 1997].
1.1.2 Klassifikation
Zur besseren internationalen Verständigung wurde eine internationale Terminologie für die
Klassifikation epileptischer Anfälle eingeführt. Es gibt vier Stufen der Klassifikation: 1. nach
dem Anfallstyp (einfach/komplex partielle; primär oder sekundär generalisierte Anfälle), 2. nach
der Ätiologie (idiopathisch, symptomatisch oder kryptogen), 3. nach der Lokalisation des
epileptogenen Areals und 4. nach dem epileptischen Syndrom.
Eine Klassifikation nach diesem Ansatzprinzip wurde 1985 von der ILAE veröffentlicht und
1989 revidiert (Tab. 1) [Commission on Classification and Terminology of the International
League Against Epilepsy 1989].
8
1.
Lokalisations-abhängige (lokale, fokale, partielle) Epilepsien und Syndrome
1.1
1.3
Idiopathisch (mit altersabhängigem Beginn)
Benigne Epilepsie der Kindheit mit centro-temporalen spikes
Epilepsie der Kindheit mit okzipitalen Paroxysmen
Primäre Lese-Epilepsie
Symptomatisch
Chronisch progressive epilepsia partialis continua
Syndrome charakterisiert durch spezifische Auslöser
Temporallappenepilepsien
Frontallappenepilepsien
Parietallappenepilepsien
Okzipitallappenepilepsien
Kryptogen
2.
Generalisierte Epilepsien und Syndrome
1.2
2.1
Idiopathisch (mit altersabhängigem Beginn)
Benigne neonatale familiäre Konvulsionen
Benigne neonatale Konvulsionen
Benigne myoklonische Epilepsie
Absencen der Kindheit
Juvenile Absence
Juvenile myoklonische Epilepsie
Epilepsie mit grand mal Anfällen beim Erwachen
Andere generalisierte idiopathische Epilepsien
Epilepsien mit Anfällen, die auf verschiedene Arten der Aktivierung ausgelöst werden
2.2 Kryptogen oder symptomatisch
West Syndrom (Blitz-Nick-Salaam Anfälle)
Lennox-Gastaut Syndrom
Epilepsie mit myoklonisch-astatischen Anfällen
Epilepsie with myoklonischen Absencen
2.3 Symptomatisch
2.3.1 Unspezifische Ätiologie
Frühe myoklonische Enzephalopathie
Frühe infantile epileptische Enzephalopathie mit ”suppression burst”
Andere symptomatische generalisierte Epilepsien
2.3.2 Spezifische Syndrome
Epileptische Anfälle als Komplikation anderer Krankheiten
3. Epilepsien und Syndrome unklaren fokalen oder generalisierten Ursprungs
3.1 Mit sowohl generalisierten als auch partiellen Anfällen
Neonatale Anfälle
Schwere myoklonische infantile Epilepsie
Epilepsie mit kontinuierlichen spike waves während des slow wave Schlafs
Erworbene epileptische Aphasie
Andere unklare Epilepsien
3.2 Ohne eindeutige generalisierte oder partielle Eigenschaften
3.3 Spezielle Syndrome
4.Situationsabhängige Anfälle
Fieberkrämpfe
Tab. 1: Klassifikation der Epilepsien und epileptischen Syndrome (Nach: International Classification of Epilepsies
and Epileptic Syndromes and Related Seizure Disorders, ILAE 1989)
1.1.3 Epidemiologie
Ungefähr 5% der Weltbevölkerung werden in ihrem Leben einen einzelnen Anfall erleiden. Die
jährliche Inzidenz der Epilepsie, definiert als wiederholte unprovozierte Anfälle, ist aber sehr
viel niedriger und wird auf 24-35/100 000 geschätzt, bei einer Prävalenz von 4-8/1000 [Hauser
1997]. Damit steht die Epilepsie an der Spitze der Liste der Diagnosen, die in neurologischen
Fachambulanzen gestellt werden. Sie macht ca. 10% aller neuen Konsultationen aus [Perkin
1989] und hat die höchste Prävalenz unter den schweren neurologischen Krankheiten, wobei sie
9
zehnmal häufiger ist als Multiple Sklerose und hundertmal häufiger als die Amyotrophe
Lateralsklerose [Shorvon 1990].
Vorläufige Ergebnisse aus der deutschen Bevölkerungsstudie vom „Verein zur Erforschung der
Epidemiologie der Epilepsien” zeigen eine geschätzte Punktprävalenz von 4.9 +/- 1,3/1000,
wobei diese Zahl nur Patienten erfasst, die unter Behandlung stehen [Pfäfflin et al. 1997].
1.2 Fokale Epilepsien
1.2.1 Einleitung
Im Kindes- und Erwachsenenalter geht bei ca. 40% bzw. 65% aller Epilepsien die epileptische
Aktivität von einem cirkumskripten Hirnareal/Fokus aus [Erikson u. Koivikko 1997, Forsgren et
al. 1996]. Bei einfach partiellen Anfällen liegt in 49-63% und bei komplex partiellen Anfällen in
28-44% eine symptomatische Epilepsie vor [Dam et al. 1985]. Im Laufe der Zeit wird der Anteil
kryptogener Epilepsien jedoch sinken, da laufend neue genetische Epilepsiesyndrome entdeckt
werden und mit verfeinerten bildgebenden Verfahren kryptogene Epilepsien zunehmend als
symptomatisch erkannt werden können.
Eine weitere, klinisch und vor allem für die operative Therapie wichtige Einteilung fokaler
Epilepsien erfolgt nach ihrem kortikalen Ursprung und nach abnehmender Häufigkeit in
Temporallappen-, Frontallappen-, Parietal- und Occipitallappenepilepsien. Den extratemporalen
Epilepsien ist im Vergleich zu der Temporallappenepilepsie gemeinsam, dass Pathogenese,
Klinik und Verlauf weniger gut bekannt sind.
1.2.2 Temporallappenepilepsie
1.2.2.1 Definition
Bei der Temporallappenepilepsie (TLE) ist der Ursprung der epileptischen Anfälle im
Temporallappen lokalisiert. Dabei kann es sich um einfach fokale Anfälle mit autonomen oder
psychischen Phänomenen handeln, oder um komplex fokale Anfälle, die häufig mit motorischem
Arrest beginnen und denen oroalimentäre Automatismen folgen [Commission on Classification
and Terminology of the International League Against Epilepsy 1989].
Die komplex fokalen Anfälle des Temporallappens bestehen typischerweise aus einer Aura,
einer Bewusstseinsveränderung und einem Automatismus. Die Aura beinhaltet normalerweise
epigastrische, gustatorisch-olfaktorische, experientielle (déjà vu- oder jamais vu- Erlebnisse)
oder affektive Symptome, kann aber auch halluzinatorisch oder autonom sein. Nach der Aura
folgt eine Umdämmerung und ein motorischer Arrest und später Automatismen. Diese können
10
oroalimentär sein, wie Schlucken und Schmatzen, oder manuell, wie Nesteln [Duncan et al.
1995]. Der Patient nimmt während des Anfalls in der Regel die Umgebung nicht wahr und
reagiert nicht auf Ansprache. Der Anfall dauert meistens 1 - 2 Minuten. Zum Anfallsende lichtet
sich die Bewusstseinsstörung über eine Desorientierungsphase allmählich im Laufe einiger
Minuten. In dieser Zeit kann das Kurzzeitgedächtnis gestört sein.
Die interiktalen EEG-Befunde variieren von keiner Abnormalität oder nur leicht asymmetrischer
Hintergrundaktivität bis zu uni- oder bilateralen spikes und sharp/slow waves. Die EEGVeränderungen sind nicht immer auf die temporalen Ableitungen beschränkt [Commission on
Classification and Terminology of the International League Against Epilepsy 1989].
1.2.2.2 Klassifikation
Die Temporallappenepilepsie wird nach der ILAE weiter in amygdalo-hippokampale (temporomesiale) und temporo-laterale neokortikale Anfälle subklassifiziert.
Die Semiologie der mesialen Anfälle ist typischerweise gekennzeichnet durch ein initiales
aufsteigendes epigastrisches Gefühl, Übelkeit und ausgeprägte autonome Veränderungen.
Blässe, Erröten, Angst und olfaktorisch-gustatorische Halluzinationen sind weitere Symptome,
gefolgt von bewegungslosem Starren und oroalimentären oder manuellen Automatismen. Häufig
gesellt sich nach dem Anfallskern eine zunehmende tonische motorische Symptomatik hinzu,
z.B. dystone Armhaltung. Nicht selten kommt es zu einer langsamen Kopfdrehung, die in der
Regel ipsilateral zum EEG-Fokus hin gerichtet ist. Temporo-mesiale Anfallsaktivität kann sich
schnell nach frontal ausbreiten und als Folge Schalensymptome hervorrufen, die mit motorischer
Hyperaktivität von Rumpf und unteren Extremitäten einhergehen, z.B. body shifting, Strampeln.
Iktale affektive Störungen bestehen aus Angst, Depression, Reizbarkeit/Dysphorie, Aggression
und Euphorie, welche im Anfall in extremen Empfindungen erlebt werden. Komplex partielle
Anfälle mit affektiven Leitsymptomen sind u. U. schwierig als solche zu erkennen.
In der Anamnese der mesialen TLE sind komplizierte Fieberkrämpfe und familiäre Epilepsie
häufig.
Temporo-laterale
Anfälle
weisen
häufig
initial
auditive
Halluzinationen,
visuelle
Fehlwahrnehmungen oder bei Herden in der dominanten Hemisphäre Sprachstörungen auf. Sie
sind
gefolgt
von
Dysphasie,
Orientierungsstörungen
oder
prolongierten,
auditiven
Halluzinationen, Kopfbewegungen zu einer Seite etc. [Commission on Classification and
Terminology of the International League Against Epilepsy 1989]. In der Regel breitet sich aber
die Entladung innerhalb weniger Millisekunden zu den temporo-mesialen Strukturen aus
[Baumgartner et al. 1995], die Amnesie beginnt und man beobachtet nun einen mesialen
Temporallappenanfall. Die rasche Ausbreitung macht verständlich, dass die Unterscheidung
11
zwischen der lateralen und der sehr viel häufigeren mesialen Form der Temporallappenepilepsie
nicht immer gelingt [O`Brien et al. 1996]. Bei lateralen Temporalhirnanfällen fanden jedoch
Foldvary et al. statistisch seltener als bei mesialen epigastrische Aura, orale und manuelle
Automatismen, dystone Armhaltung oder „body shifting“ [Foldvary et al.1997]. Fieberkrämpfe
gehen in lediglich 10% voraus.
1.2.2.3 Epidemiologie
Die Temporallappenepilepsie ist eines der häufigsten epileptischen Syndrome. Die genaue
Inzidenz ist wegen Klassifikations- und Terminologieschwierigkeiten unbekannt, jedoch zeigen
verschiedene Bevölkerungsstudien, dass komplex partielle Anfälle der häufigste Anfallstyp sind
[Gastaut et al. 1975, Hauser 1993]. Hauser erfasste in seiner Studie alle Neuerkrankungen an
Epilepsie in der Stadt Rochester, Minnesota, von 1935 bis 1984 (Tab. 2).
Komplex fokal
36
Einfach fokal
14
Unklar fokal
7
Generalisiert tonisch-klonisch
23
Unklassifiziert
3
Absence
6
Myoklonisch
3
Andere generalisiert
8
Tab. 2: Anteil der Anfallstypen bei neuen Epilepsiefällen (%). Aus: Proportion of incidence of cases of epilepsy by
seizure type in Rochester, Minnesota 1935-84 [Hauser 1993].
Um den Anfallsursprung abzuschätzen, eignen sich Daten aus der prächirurgischen
Epilepsiediagnostik, da präoperativ der Fokus der Anfälle genau lokalisiert werden muss. Eine
Übersicht von Statistiken aus zwei großen Epilepsiechirurgiezentren der USA, nämlich UCLA
und Yale zeigte, dass der Ursprung von 70-85% aller komplexen partiellen Anfälle in den
Temporallappen liegt [Dam 1992].
1.2.2.4 Ätiologie
Die Temporallappenepilepsie kann durch unterschiedliche Hirnläsionen verursacht werden.
Rasmussen untersuchte die Ätiologie von 1102 TLE-Fällen anhand der pathologischen
Ergebnisse einer Reihe von resezierten Temporallappen. Eine nicht-tumoröse Ätiologie lag bei
932 Patienten vor.
170 hatten Tumore, einschließlich weniger
Gefäßmalformationen.
Die
bei
weitem
häufigste
histologische
Fälle
Diagnose,
mit
die
großen
nach
12
Temporallappenoperationen gestellt wurde, war die Hippokampussklerose, die ca. 50% aller
Fälle ausmachte [Rasmussen 1980]. In der histopathologischen Studie von Babb und Brown war
dieser Anteil mit 70% noch höher gewesen [Babb und Brown 1987].
Die Hippokampussklerose ist pathologisch gekennzeichnet durch Verlust von Neuronen und
dichte Gliainfiltration, v. a. in dem Feld CA1 des Ammonshorns. Auch benachbarte Strukturen,
wie die Amygdala und der Unkus, können befallen sein, was dann als mesiale
Temporallappensklerose bezeichnet wird [Lishman 1998].
Häufig werden die Begriffe „Hippokampussklerose”, „Ammonshornsklerose” und „mesiotemporale Sklerose” synonym gebraucht.
Die Ursache der mesialen Sklerose ist noch nicht endgültig geklärt. Wahrscheinlich spielt eine
frühkindliche Hirnschädigung mit Hypoxie der Neurone eine Rolle. Darüber hinaus wird ihre
Entstehung als Folge epileptischer Anfälle diskutiert [Dube et al. 2000, Tóth et al. 1998, Wolf
und Wiestler 1996].
1.3 Epilepsiechirurgie
1.3.1 Pharmakoresistenz
Bezüglich der Definition der klinisch anzunehmenden Pharmakoresistenz werden in der Literatur
verschiedene Angaben gemacht. Überwiegend wird dabei davon ausgegangen, dass in der Regel
zwei erfolglose Therapieversuche in Monotherapie sowie einer in Polytherapie eine Resistenz
annehmen lassen, wenn die Antiepileptikakonzentration im therapeutischen Bereich liegt und der
Patient nicht anfallsfrei wird oder intolerable Nebenwirkungen vorliegen [Bourgeois 1992].
Zum Grundlagenverständnis der Entwicklung einer pharmakoresistenten Epilepsie ist das
Kindling-Modell von Bedeutung. Ca. eine Woche nach dem Kindling-Beginn zeigt sich eine
Abnahme der GABA-Rezeptorsensivität und eine Zunahme eines spannungsabhängigen
Calcium-Einflusses. Später kommt eine Abnahme der GABA-Produktion und eine Zunahme der
Glutamat-Rezeptorsensivität nach ca. 8 Wochen hinzu [Lopez da Silva 1992].
Trotz optimaler Pharmakotherapie werden ca. 20 – 40% der Patienten nicht anfallsfrei [Cockerell
et al. 1995, Collaborative Group 1992, Engel et al. 2003, Kwan und Brodie 2000]. Mehrere
Studien sind zur Schlussfolgerung gekommen, dass insbesondere Patienten mit mesialer
Temporallappenepilepsie und im MRT nachweisbarer Hippokampussklerose oft medikamentös
nicht ausreichend behandelbar sind; 54 – 89% dieser Patienten sind unter Pharmakotherapie
nicht anfallsfrei [Wieser et al. 2004]. Bitemporale, interiktale epileptiforme Aktivität findet sich
13
bei 12 – 40% der Patienten mit pharmakorefraktären komplex partiellen Anfällen bei
Temporallappenepilepsie.
1.3.2 Indikationen für Epilepsiechirurgie
Die Epilepsiechirurgie stellt seit mehr als 100 Jahren eine therapeutische Option für bestimmte
Typen der pharmakorefraktären Epilepsie dar. Trotz Mangel an exakten epidemiologischen
Daten kann geschätzt werden, dass in Europa bei einer Population von 730 Millionen ca. 225275.000 Menschen potentielle Kandidaten für Epilepsiechirurgie sind [Epilepsy Surgery 2003].
Das Ziel des epilepsiechirurgischen Eingriffs besteht darin, einen epileptischen Herd zu
entfernen oder die Ausbreitung fokaler epileptischer Aktivität zu unterbinden. Die Indikationen
zur Operation haben sich im Vergleich zu früher erweitert. Während zunächst nur Eingriffe
aufgrund einer lebensbedrohlichen zerebralen Erkrankung im Sinne einer Indikation quod vitam
(z.B. Tumor) durchgeführt wurden, sind im Laufe der Zeit Indikationen quod sanationem
hinzugekommen, um eine Anfallskontrolle zu erzielen [Shaefi und Harkness 2003]. Neben der
mesialen TLE kommen für epilepsiechirurgische Eingriffe fokale Epilepsien (temporalneokortikal, extratemporal), katastrophale Epilepsien des Kindesalters oder andere läsionelle
Syndrome mit symptomatischen fokalen Epilepsien, z.B. bei niedriggradigen Gliomen,
kortikalen Dysplasien, Kavernomen, Traumata in Frage. Ein Syndrom ist vor allem dann als
operativ behandelbar einzuschätzen, wenn neben Pharmakoresistenz eine Progression des
Krankheitsverlaufs einer partiellen Epilepsie vorliegt und durch die Operation eine wesentliche
Reduktion alltagsbeeinträchtigender Anfälle erwartet werden kann.
Die Entwicklung neuer Untersuchungsverfahren für die präoperative Diagnostik ermöglicht es,
den für die Anfälle des Patienten verantwortlichen epileptogenen Herd präziser zu lokalisieren
als früher. Die entscheidende erste Untersuchung ist ein nach speziellen Kriterien durchgeführtes
MRT. Danach wird zunächst durch stationäre Langzeit-Video-EEG-Untersuchungen der Anfall
klassifiziert und, falls möglich, elektroenzephalographisch der Ort des Anfallsursprungs
identifiziert. Zusätzlich können funktionelle bildgebende Verfahren wie die interiktale und iktale
SPECT und das PET zur Herddiagnostik eingesetzt werden. Bei extratemporalen, bitemporalen
oder multifokalen Epilepsien, bei dualer Pathologie, fehlendem MRT-Befund und bei
mangelnder Korrelation zwischen den verschiedenen Befunden muss häufig eine invasive EEGUntersuchung mit subduralen oder intrazerebralen Elektroden eingesetzt werden [Blume et al.
1997]. Zusätzlich werden zur Risikominderung postoperativer motorischer und dysphasischer
Schäden, je nach Fall, das kortikale Mapping und der intrakortikale Amobarbital-Test (WADATest) eingesetzt.
14
1.3.3 Operative Behandlungsverfahren
Die operative Therapie der Temporallappenepilepsie und hier insbesondere der mesialen TLE
stellt quantitativ die größte Gruppe der epilepsiechirurgischen Eingriffe dar. Nachdem man
ursprünglich sog. En-Bloc-Resektionen des gesamten Temporallappens durchführte, wurden in
den letzten Jahren – auch bedingt durch die Möglichkeiten der Mikroneurochirurgie – neue
Operationsverfahren entwickelt, bei denen laterale temporale Strukturen geschont werden und
sich die Resektion auf den Temporalpol und die mesialen Strukturen (antero-mesiale Resektion)
oder lediglich auf die mesialen Strukturen beschränkt (selektive Amygdala-Hippokampektomie)
[Olivier 1983, Spencer 1992, Wieser 1982]. Die diesen Operationsstrategien zugrunde liegende
Überlegung besteht darin, dass durch eine selektive Operation etwaige neuropsychologische
Defizite, insbesondere Gedächtniseinbußen, minimiert werden können [Oxbury 2000].
Die
Behandlung
der
extratemporalen
Epilepsien
und
der
neokortikalen
Temporallappenepilepsien erfolgt mit kortikalen Resektionen, wobei sich die operative Strategie
nach dem Vorhandensein einer strukturellen Läsion richtet. Für die postoperative
Anfallskontrolle ist die vollständige Entfernung der Läsion und des epileptogenen Gewebes von
entscheidender Bedeutung. Die Beziehung Läsion - epileptogenes Gewebe ist dabei keineswegs
einheitlich, da sich epileptische Aktivität zumeist auch in den an die makroskopisch
identifizierbare Läsion angrenzenden Kortexarealen nachweisen lässt. Falls eine strukturelle
Läsion nicht nachgewiesen werden kann, orientiert sich die Resektion ausschließlich an
elektrophysiologischen Parametern [Olivier et al. 1993].
Falls das epileptogene Gewebe in funktionell wichtigen Hirnarealen gelegen ist und somit eine
fokale Resektion aufgrund der dadurch zu erwartenden neurologischen Ausfallserscheinungen
nicht möglich ist, bietet sich als Alternative die durch Morell eingeführte Technik der sog.
Multiplen subpialen Transektionen an [Morell et al. 1989]. Dabei werden mit einem eigens dafür
entwickelten Dissektor die kurzen, horizontalen intrakortikalen Fasern in einem Abstand von 5
mm durchtrennt, während die vertikalen Strukturen und die Pia geschont werden. Dadurch wird
die horizontale Propagation epileptischer Aktivität verhindert, während die vorwiegend in
vertikalen Zellverbänden organisierte Funktion erhalten bleibt.
Bei ausgedehnten Pathologien (Hemimegalenzephalien und andere diffuse kortikale Dysplasien,
Sturge-Weber-Syndrom, große porenzephale Zysten, Rasmussen-Enzephalitis), die oft schwer
behandelbare Epilepsien im frühen Kindesalter mit katastrophalem Verlauf verursachen, besteht
die operative Strategie in großen multilobären Resektionen oder Hemisphärektomien. Bei der
sog. funktionellen Hemisphärektomie wird die Zentralregion und der Temporallappen entfernt
und eine Kallosotomie durchgeführt, während die restlichen, diskonnektierten Frontal- und
Parietooccipitallappen in situ belassen werden. Durch diese Operationstechnik kann die
15
gefürchtete Spätkomplikation einer oberflächlichen, zerebralen Hämosiderose verhindert werden
[Villemure 1992]. Bei entsprechend früher Intervention profitieren die zumeist schwer
behinderten Kinder oft bedeutend sowohl hinsichtlich Anfallskontrolle als auch bezüglich ihrer
psychomotorischen Entwicklung, wobei auch eine allfällige Hemisymptomatik meistens eine
gute Rückbildungstendenz zeigt [Duchowny 1999, Wyllie 1996].
Als palliativer Eingriff ist schließlich die Korpus-Kallosotomie zu erwähnen, deren Indikation in
der Behandlung von Sturzanfällen bei sekundär generalisierten Epilepsien im Rahmen eines
Lennox-Gastaut-Syndroms besteht. Dabei wird der Balken durchtrennt und so die
interhemisphärische Propagation epileptischer Aktivität zwischen homotopen Arealen beider
Frontal- bzw. Parietallappen verhindert [Roberts et al. 1993].
1.3.4 Postoperative Anfallskontrolle und prognostische Faktoren
Die
Beurteilung
der
postoperativen
Anfallskontrolle
erfolgt
mit
Hilfe
von
Klassifikationssystemen, um so einen Vergleich der einzelnen epilepsiechirurgischen Zentren zu
ermöglichen und auch eine entsprechende Qualitätskontrolle zu gewährleisten. Das
gebräuchlichste Klassifikationssystem ist die sog. Engel-Klassifikation (Tab. 3) [Engel et al.
1993].
Klasse 1: frei von behindernden Anfällen
1A. komplett anfallsfrei
1B. ausschließlich nicht behindernde, einfach fokale Anfälle
1C. einige behindernde postoperative Anfälle, jedoch in den letzten 2 Jahren keine behindernden Anfälle
1D. ausschließlich generalisierte Anfälle bei Absetzen der antiepileptischen Therapie
Klasse 2: seltene behindernde Anfälle („nahezu anfallsfrei“)
2A. anfänglich anfallsfrei, aber nunmehr seltene Anfälle
2B. seltene behindernde Anfälle
2C. mehr als seltene behindernde Anfälle postoperativ, jedoch in den letzten 2 Jahren seltene Anfälle
2D. ausschließlich nächtliche Anfälle
Klasse 3: lohnenswerte Verbesserung
3A. lohnenswerte Anfallsreduktion
3B. längere anfallsfreie Intervalle für mehr als die Hälfte der mindestens 2jährigen Follow-up-Periode
Klasse 4: keine lohnenswerte Verbesserung
4A. keine signifikante Anfallsreduktion
4B. keine wesentliche Änderung
4C. Verschlechterung der Anfälle
Tab. 3: „Engel-Klassifikation“ der postoperativen Anfallskontrolle [Engel et al. 1993]
16
Ferner ist zu beachten, dass sich auch postoperativ die Anfallssituation über die Zeit ändern kann
(Wiederauftreten von Anfällen bei zunächst bestehender Anfallsfreiheit oder Sistieren der
Anfälle, nachdem zunächst postoperativ Anfälle bestanden haben im Sinne eines „RunningDown-Phänomens“) [Salanova et al. 1996].
Eine Metaanalyse von 47 gut definierten größeren Studien (jeweils n>30, follow-up von
mindestens 1 Jahr) aus den Jahren 1984 – 2001 an insgesamt 3511 operierten Patienten mit
verschiedenen fokalen Epilepsien ergab folgende Resultate [Tonini et al. 2004]: bei 63% der
Patienten ein Ergebnis aus Klasse 1, bei 21% aus Klasse 2 oder 3 und bei 12% aus Klasse 4. Bei
4% der Fälle konnte der postoperative Anfallsstatus nicht spezifiziert werden.
Nach anteriorer Temporallappenresektion waren 2429 von 3579 Patienten (67,9 %) und nach
selektiver Amygdalahippokampektomie 284 von 413 Patienten (68,8%) anfallsfrei [Engel et al.
1993]. In einer multifaktoriellen Analysis von Berg et al. sind die Patienten mit temporomesialer Sklerose, dokumentierter Ätiologie und komplex partiellen Anfällen bis zu fast 100%
postoperativ anfallsfrei gewesen [Berg et al. 1998].
Der Anteil operierter extratemporaler Epilepsien hat in den letzten Jahren zugenommen. Die
Ergebnisse der extratemporalen Resektion sind weniger günstig. Symptomatische Epilepsien mit
Läsionen wurden in 60 – 70% und ohne Läsionen in 20% anfallsfrei [Zentner et al. 1998].
Verglichen mit sonstigen ZNS-Läsionen (außer der mesialen Sklerose) zeigen Hirntumore eine
bessere postoperative Anfallskontrolle. Die besten Ergebnisse zeigten die Patienten mit
neoplastischen
Läsionen
und
Temporallappen-
[Schramm
et
al.
2001]
oder
Frontallappenepilepsie [Zaatreh et al. 2002].
Aus der o. g. Metaanalyse von Tonini et al. ergaben sich folgende prognostische Faktoren der
postoperativen Anfallskontrolle (Tab. 4):
Positive Faktoren
(in absteigender Ordnung ):
1. extensive Resektionen
2. pathologischer MRT-Befund
3. temporo-mesiale Sklerose
4. Fieberkrämpfe in der Anamnese
5. Konkordanz von EEG- und
MRT-Lokalisation
Negative Faktoren :
1. Bedarf an intrakraniellem
Monitoring
2. Präsenz postoperativer
Entladungen
Nichtsignifikante Faktoren:
1. Kortikale Dysplasie
2. ZNS-Infektionen
3. Vaskuläre Läsionen
4. Interiktale spikes
5. Lateralisation der Resektion
6. Tumor
Tab. 4: Prognostische Faktoren der postoperativen Anfallskontrolle [Tonini et al. 2004]
17
1.3.5 Neurologische Komplikationen
Operative Komplikationen sind äußerst selten, die perioperative Mortalität ist unter 0,5% bei
Resektionen im Bereich des Temporallappens, 0,8% bei extratemporalen Resektionen und 2%
bei Hemisphärektomien. Unerwartete postoperative neurologische Defizite, wie Paresen oder
Hirnnervenanfälle sind bei weniger als 5% der Patienten zu beobachten und bilden sich meist
innerhalb von wenigen Wochen oder Monaten vollständig zurück. Temporale Resektionen
können zu oberen Quadrantenanopsien führen, die meist vom Patienten nicht bemerkt werden
[Engel 1996, Engel et al. 2003].
Die Lokalisation und die Lateralisation der Resektion beeinflussen die kognitiven Defizite nach
Epilepsiechirurgie. Die neuropsychologischen Ergebnisse nach Temporallappenoperationen sind
am besten untersucht.
Intelligenz und generelle kognitive Fähigkeiten werden durch die Operation nicht maßgeblich
beeinflusst. Nach Resektionen am dominanten Temporallappen entwickeln allerdings bis zu 7%
der Patienten eine amnestische Dysphasie, bei insgesamt 30% der Patienten sind leichte
Wortfindungsstörungen zu beobachten [Oxbury 2000].
Bei vorderer Temporallapenresektion der sprachdominanten Hemisphäre kann es zu bleibenden
Defiziten im verbalen Gedächtnis kommen, welche intellektuelle Leistungen beeinträchtigen
können. Einbußen im Bereich des Verbalgedächtnisses sind insbesondere dann zu erwarten,
wenn das verbale Gedächtnis präoperativ intakt war und ein in der Magnetresonanztomographie
unauffälliger Hippokampus entfernt wurde. [Engel 2003, Loring und Meador 2001, York et al.
2003]. Resektionen des nichtdominanten Temporallappens sind mit Beeinträchtigungen des
räumlich-visuellen Gedächtnisses assoziiert, die jedoch weniger robust sind als die Defizite des
Verbalgedächtnisses nach Resektionen des dominanten Temporalhirns [Gleissner et al. 2002,
Motamedi und Meador 2003]. In einer Studie mit 144 Patienten von Helmstaedter und Elger kam
es bei ca. 60% der Patienten nach linker vorderer Temporallappenresektion zu Defiziten des
Verbalgedächtnisses, bei 16% verbesserte sich die kognitive Leistung und bei 25% blieb sie
unverändert. Bei rechtstemporal operierten Patienten wurde das Verbalgedächtnis bei 27%
schlecher, bei 24% verbesserte es sich und bei 48% blieb es gleich [Helmstaedter und Elger
1996]. In der Studie von York et al. tendierten die Tumorpatienten nach linksseitiger anteriorer
Temporallappenresektion zu einer Besserung des visuellen Gedächtnisses und nach rechtsseitiger
Resektion zu einer Besserung des verbalen Gedächtnisses [York et al. 2003].
Die
Literaturberichte
über
die
neuropsychologischen
Ergebnisse
nach
selektiver
Amygdalahippokampektomie (SAHE) bleiben kontrovers. Obwohl viele Studien einen relativ
besseren
neuropsychologischen
Outcome
nach
SAHE
im Vergleich
zur
anterioren
Temporallappenresektion zeigen konnten [Clusmann et al. 2002, Helmstaedter et al. 1996,
18
Helmstaedter et al. 1997, Pauli et al. 1999] ist es nicht klar, in welchem Ausmaß SAHE zu
bedeutenden Gedächtnisstörungen führen kann. Einige Studien berichteten von signifikanten
Defiziten des Verbalgedächtnisses nach linksseitigem SAHE [Goldstein und Polkey 1993,
Regard et al. 1996, Helmstaedter et al. 1996, Helmstaedter et al. 1997], andere jedoch nicht
[Pauli et al. 1999, Wieser 1988]. Eine Studie mit 140 Patienten von Gleissner et al. zeigte eine
Verschlechterung des Verbalgedächtnisses 3 Monate nach SAHE, insbesondere bei den
linksseitig operierten Patienten (bis zu 51%). Die prognostischen Faktoren waren ähnlich denen
bei anterioren Temporallappenresektionen. Der stärkste negative prognostische Faktor war die
hohe präoperative Verbalgedächtnisleistung. In Übereinstimmung mit den meisten Studien
fanden sich keine signifikanten Defizite des nichtverbalen Gedächtnisses nach rechtsseitiger
SAHE [Gleissner et al. 2002]. Eine ergänzende Studie von Gleissner et al. zeigte eine Persistenz
der Defizite des verbalen Gedächtnisses nach linker SAH auch 1 Jahr postoperativ [Gleissner et
al. 2004].
1.4 Psychiatrische Störungen bei Epilepsien
1.4.1 Klassifikation
Patienten mit Epilepsie, ähnlich denen mit anderen chronischen Krankheiten, weisen ein
erhöhtes Risiko für das Auftreten psychiatrischer Erkrankungen auf. Diese psychische
Komorbidität ist zum größten Teil mit der chronischen Natur der Erkrankung und der damit
einhergehenden psychosozialen Belastung assoziiert und zeigt in der Regel keine klinischen
Besonderheiten gegenüber anderen chronische Krankheiten begleitenden psychischen Störungen.
Dazu gehören insbesondere Angst- und phobische Störungen, depressive Syndrome und
Zwangserkrankungen [Edeh und Toone 1987].
Im Gegensatz zu anderen chronischen Erkrankungen finden sich aber bei Epilepsien in einem
hohen Ausmaß epilepsietypische psychiatrische Störungsbilder, bei denen besondere
pathogenetische Mechanismen und Zusammenhänge vermutet werden [Kanner 2001].
Die ersten Klassifikationsversuche dieser Epilepsie assoziierten psychiatrischen Störungen bei
Epilepsien gehen auf die europäischen Psychiater des 19. Jahrhunderts zurück. Bereits Falret
[Falret 1860] und Morel [Morel 1860] erkannten die mit Epilepsie assoziierten psychischen
Veränderungen. Seitdem Samt die iktalen von den interiktalen psychopathologischen
Phänomenen klar abgrenzte [Samt 1876], basieren Klassifikationen auf dieser fundamentalen
Differenzierung. Der Forschungsschwerpunkt lag im Weiteren auf psychotischen Symptomen;
andere psychiatrische Probleme, einschließlich des ebenso schwierigen wie wichtigen Aspekts
19
der Persönlichkeitsänderungen, fanden wenig wissenschaftliches Interesse. Seit den 50er-Jahren
gehen in klassifikatorische Überlegungen auch Aspekte des EEGs ein, welches nicht nur unsere
Sicht der Epilepsien insgesamt, sondern auch unserer Einordnung psychiatrischer Syndrome
prägte [Landolt 1953]. Die Erweiterung der Möglichkeiten der bildgebenden Diagnostik (CT,
MRT, PET, SPECT) hat eine weitere Vertiefung in pathogenetische Zusammenhänge der
Hirnstrukturen mit psychiatrischen Phänomenen bei Epilepsien erlaubt [Marsh et al. 2001, Ring
et al. 1999, Tebartz van Elst et al. 1999].
Diese psychopathologischen Aspekte werden jedoch in den von der Internationalen Liga gegen
Epilepsie [Commission on classification and terminology of the ILAE 1989] und der WHO
[World Health Organizaton 1967] vorgelegten Klassifikationen von Anfällen nur unzureichend
berücksichtigt. Des weiteren subsumieren die gängigen psychiatrischen Klassifikationssysteme,
wie das ICD-10 [ICD-10 Classification of mental and behavioural disorders 1992] oder das
DSM-IV [American psychiatric association 1994], die psychiatrischen Syndrome bei Epilepsien
z. T. ungenau und unangemessen, beispielsweise unter die organisch bedingte psychische
Störung.
Im Jahr 2000 haben E.S. Krishnamoorthy, M.R. Trimble und D. Blumer einen
Klassifikationsvorschlag
zu
neuropsychiatrischen
Störungen
bei
Epilepsien
vorgelegt
[Krishnamoorthy et al. 2003]. Dieser Klassifikation liegt kein ätiologisch, sondern ein
psychopathologisch-deskriptiv orientierter Ansatz zugrunde. Die Autoren unterscheiden dabei
die i. S. von Komorbidität auftretenden und mittels der gängingen Klassifikationssysteme
adäquat zu beschreibenden Syndrome von den spezifisch bei Epilepsien vorkommenden
Störungen (Tab. 5).
Auf die epilepsietypischen dysphorischen Störungen und Psychosen, sowie die Störungen der
Persönlichkeit bei Epilepsien wird in den folgenden Kapiteln ausführlich eingegangen.
20
1.
komorbide psychiatrische Störungen (Erfüllung der ICD-10-, bzw. DSM-IV-Kriterien)
2.
Psychopathologie als Symptomatik epileptischer Anfälle
2.1 Auren (Angst, Panik, Halluzinationen, flüchtige Wahnideen)
2.2 Abnormes, insb. bizarres Verhalten als Ausdruck fokaler, frontal und/oder temporal generierter Anfälle
2.3 Subklinische Aktivität, oft vom Ausmaß eines Status, in Form von katatonen Bildern oder anderen neuropsychiatrischen Störungen,
wie Apathie, apathisches oder aggressives Verhalten
3.
Epilepsietypische interiktale psychiatrische Störungen
3.1 Kognitive Störungen
a. Probleme des Gedächtnisses, der Sprache der Handlungskoordination, der visuell-räumlichen Koordination, der sensomotorischen
und der Wahrnehmungsfunktionen
b. Landau-Kleffner-Syndrom
3.2 Psychosen bei Epilepsien
a. Interiktale Epilepsiepsychose
b. Alternativpsychosen
c. Postiktale Psychosen
d. Sonstige Psychosen
3.3 Affektiv-somatoforme (dysphorische) Störungen bei Epilepsien
a. Interiktale dysphorische Störung
b. Prodromale dysphorische Störung
c. Postiktale dysphorische Störung
d. Sonstige epilepsietypische Verstimmungen (Epilepsiebezogene phobische und situative Ängste)
3.4 Auffälligkeiten oder Störungen der Persönlichkeit
a. hypermoralische oder hyperreligiöse Persönlichkeitsstörungen
b. visköse Persönlichkeitsstörungen
c. emotional-labile Persönlichkeitsstörungen
d. sonstige Persönlichkeitsstörungen
4.
Antiepileptika-induzierte psychiatrische Störung
Tab. 5: Klassifikation neuropsychiatrischer Störungen bei Epilepsien (Ein Vorschlag der Sub-Commission on
classification of the ILAE-Commission on epilepsy and psychobiology; Krishnamoorthy et al. 2003)
1.4.2 Prävalenz
In den klinischen Studien zu diesem Thema wurden hauptsächlich schizophreniforme Psychosen,
affektive Störungen (v. a. depressive und dysphorische Syndrome), Neurosen (v. a. Angst- und
Panikstörungen), Persönlichkeitsstörungen, kognitive Defizite sowie geistige Retardierung und
Entwicklungsstörungen bei Kindern untersucht. Die in der Fachliteratur beschriebenen
Prävalenzraten für psychiatrisch relevante Veränderungen bei Epilepsiepatienten variieren stark
zwischen 20 und 70%, bedingt durch Klassifikationsschwierigkeiten und nicht standardisierte
Versuchsbedingungen wegen der Anwendung unterschiedlicher diagnostischer Methoden und
Instrumenten bei unterschiedlichen epileptischen Subpopulationen. Insgesamt
ist
die
psychiatrische Morbidität besonders erhöht, im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung, bei
Patienten mit chronifizierten, medikamentös therapieresistenten Krankheitsverläufen, die in
speziellen Epilepsiezentren untersucht werden [Manchanda 2002]. Fiordelli et al. fanden 1993
bei Patienten mit kryptogener Epilepsie und normaler Intelligenz eine Prävalenzrate von 19%
[Fiordelli et al. 1993]. Eine britische epidemiologische Studie untersuchte eine Kohorte von
1.041.643 Patienten, die zwischen 1995 und 1998 Ärzte der Primärversorgung konsultiert hatten.
In der Subgruppe der 5.834 Patienten mit Epilepsie zeigte sich eine Prävalenzrate für
21
psychiatrische Diagnosen von 41%, die doppelt so hoch war im Vergleich zu den Patienten ohne
Epilepsie [Gaitatzis et al. 2004]. In einer kanadischen Studie wurde eine psychiatrische Diagnose
bei 142 (47,3%) der 300 Epilepsiechirurgiekandidaten mit pharmakorefraktären Epilepsien
beschrieben [Manchanda et al. 1996]. Blumer et al. diagnostizierten bei 65% der Patienten, die
zu neurodiagnostischen Untersuchungen in ein Epilepsiezentrum kamen, eine psychiatrische
Störung [Blumer et al. 1995]. Victoroff konnte bei Kandidaten für Epilepsiechirurgie bei 70%
der Patienten psychiatrische Diagnosen feststellen [Victoroff 1996].
1.4.3 Affektive Störungen
1.4.3.1 Prävalenz
Die Assoziation zwischen Epilepsie und affektiven Störungen (AFS) ist seit Jahrtausenden
beschrieben und dokumentiert worden. Hippokrates erkannte eine bidirektionale Beziehung
zwischen den beiden Syndromen: „Melancholiker werden regelmäßig zu Epileptikern und
Epileptiker zu Melancholikern“ [Lewis 1934]. Die meisten modernen Studien zeigten, dass AFS
die häufigste psychiatrische Diagnose bei Epilepsiepatienten [Johnson et al. 2004, Kanner und
Nieto 1999, Prueter und Norra 2005] sind. Die gemessene Prävalenzrate variiert, abhängig von
methodologischen Unterschieden, von 11 bis 65 % [Attarian et al. 2003, Blumer et al. 1995,
Brookes und Crawford 2002, Ettinger et al. 2004, Glosser et al. 2000, Mendez et al. 1986]. Eine
englische populationsepidemiologische Studie konnte bei 5834 Epilepsiepatienten 2- bis 3fache
Prävalenzraten von Depressionsdiagnosen nach ICD-9-Kriterien feststellen, im Vergleich zur
nicht-epilepsiekranken Bevölkerung [Gaitatzis et al. 2004].
Der größte Anteil der AFS tritt interiktal, also zeitlich unabhängig von dem Anfallsgeschehen,
auf [Kanner und Palac 2000, Lambert und Robertson 1999].
In einer großen Studie mit 2000 Epilepsiepatienten von Williams traten bei ca. 25% der Auren
psychische Symptome auf, AFS zeigten sich bei 15% der Auren, wobei depressive Symptome
die zweithäufigste Affektstörung nach den iktalen Ängsten gewesen sind [Williams 1956]. Iktale
depressive Verstimmungen können einziges Merkmal einer Aura oder auch Teil der
Anfallssemiologie sein, treten plötzlich auf und sind von kurzer Dauer und stereotyp. Die
häufigsten Symptome sind Anhedonie, pathologische Schuldgefühle und suizidale Ideationen
[Kanner und Barry 2001].
Die Prävalenzraten der epilepsiecharakteristischen inter- und periiktalen dysphorischen
Störungen werden im nächsten Kapitel diskutiert.
22
1.4.3.2 Dysphorische Störungen
Die interiktalen affektiven Störungen können das klinische Bild einer Major Depression, einer
Dysthymie, einer bipolaren affektiven Störung oder die typische Befundkonstellation einer
reaktiven Depression zeigen. In der Fachliteratur stimmen jedoch die meisten Autoren zu, dass
bei Epilepsiepatienten die Verstimmungszustände oft in einer atypischen Erscheinungsform
auftreten [Kanner und Palac 2000, Lambert und Robertson 1999, Prueter und Norra 2005,
Schmitz 2005]. Mendez et al. klassifizierten 50% der interiktalen depressiven Störungen als
atypische Depressionen mit häufig psychotischer und paranoider Symptomatik, was die Autoren
als Hinweis für die Existenz eines epilepsietypischen affektiven Psychosyndroms interpretierten
[Mendez et al. 1986]. Kanner et al. fanden in ihrer Studie heraus, dass die interiktale affektive
Störung in 70% der Fälle einer dysthymen Störung ähnelte, ohne jedoch die diagnostischen
Kriterien nach den DSM-IV-Kriterien zu erfüllen, und bezeichneten das atypische Syndrom als
Dysthymie-ähnliche Störung [Kanner 2001].
Die
besondere
klinische
Manifestation
der
affektiven
Störungen
bei den
meisten
Epilepsiepatienten wurde bereits in der klassischen deutschen psychiatrischen Literatur der
ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts beschrieben: pleomorphe Verstimmungszustände von kurzer
Dauer, die bei einem chronischen Verlauf nach symptomfreien Intervallen häufig rezidivieren.
Aus
diesen
Verstimmungszuständen
kann
interiktal
eine
paranoid-halluzinatorische
Symptomatik i. S. einer psychotischen Episode entwickeln [Kraepelin 1923]. D. Blumer hat den
Terminus „Interiktale Dysphorische Störung (IDS)“ zur Bezeichnung dieses epilepsietypischen
affektiv-somatoformen Syndroms vorgeschlagen [Blumer et al. 1995].
Krishnamoorthy, Trimble und Blumer fassen in ihrem o. g. Klassifikationsvorschlag die
diagnostischen Kriterien der IDS zusammen [Krishnamoorthy et al. 2003]: 8 intermittierend
vorkommende Symptome sind charakteristisch: Reizbarkeit, Depressivität, Antriebsarmut,
atypische Schmerzen (häufig Kopfschmerzen), Schlafstörungen, Angst, Phobien und emotionale
Instabilität mit flüchtiger Euphorie. Die Diagnose „IDS“ ist zu stellen, wenn mindestens 3 der o.
g. 8 Symptome nach wechselnd langen Intervallen auftreten, jedes in einem beeinträchtigenden
Ausmaß, und vorübergehend über Stunden bis meist maximal 2-3 Tage anhalten. Manche der
genannten Merkmale können in geringem Maß chronisch bestehen, mit intermittierenden
Zuspitzungen in der Ausprägung. Bei Frauen pflegt die Störung in prämenstruellen
Zyklusphasen hervorzutreten [Blumer et al. 1998].
Diese affektiv-somatoforme Symtomatik kann über Stunden oder Tage einem Anfall
vorausgehen oder sich im Anschluß an einem Anfall in außerordentlicher Dauer zeigen; dann ist
von einer prodromalen (präiktalen) bzw. von einer postiktalen dysphorischen Störung zu
sprechen [Krishnamoorthy 2003]. Bereits 1956 beobachtete Williams, dass postiktale affektive
23
Störungen dazu tendieren, länger als andere postiktale psychiatrische Phänomene zu dauern und
über Stunden bis Wochen zu persistieren, während präiktale Verstimmungen meist in Form einer
Dysphorie häufig vor den Anfällen über Stunden bis Tagen auftraten [Williams 1956].
Es gibt nur wenige Studien, die gezielt die Prävalenz der dysphorischen Störungen (DS)
untersucht
haben,
denn
diese
Diagnose
war
vor
der
Publikation
des
o.
g.
Klassifikationsvorschlags (vgl. Tab. 5) vom jeweiligen Psychiater subjektiv zu stellen. In den
Studien von Blumer et al. wurde bei 34% der Patienten, die zu neurodiagnostischen
Untersuchungen in ein Epilepsiezentrum kamen, eine DS diagnostiziert [Blumer et al. 1995],
während die Prävalenzrate bei Epilepsiechirurgiekandidaten mit TLE präoperativ bei 57% lag
[Blumer et al. 1998].
1.4.3.3 Pathogenese der affektiven Störungen bei Epilepsien: eine bidirektionale Beziehung?
Zurzeit gibt es kein einheitliches Erklärungsmodell für die Pathogenese der AFS bei Epilepsien.
Während die iktale depressive Symptomatik mit hoher Wahrscheinlichkeit in einem direkten
Zusammenhang mit der zu beobachtenden epileptischen Hirnaktivität steht, werden bei den
nicht-iktalen Störungen besondere multifaktorielle pathogenetische Mechanismen diskutiert.
Moderne epidemiologische Studien bestätigten die bereits von Hippokrates beobachtete
bidirektionale Beziehung zwischen Epilepsie und Depression, indem sie eine hohe Inzidenz von
sekundärer Epilepsie bei primär depressiven Personen nachweisen konnten [Kanner und Nieto
1999, Schmitz 2005]. Die erste Studie hierzu wurde im Jahr 1963 publiziert. 16% der Patienten,
die ein Anfallsleiden erst im Erwachsenenalter entwickelt hatten, hatten eine Vorgeschichte von
Depression vor der Epilepsieerstmanifestation [Dominian et al. 1963]. Diese unkontrollierte
Beobachtung wurde in der Folge von besser kontrollierten Studien bestätigt. In einer
schwedischen Fall-Kontroll-Studie hatten die Patienten mit neu aufgetretener Epilepsie 7mal
häufiger Vorgeschichte von Depression als die Kontrollgruppe, Patienten mit fokaler Epilepsie
sogar 17mal häufiger [Forsgren und Nystrom 1990]. In einer populationsbasierten Fall-KontrollStudie zeigten sich 3,7mal häufigere Raten von Depression in der Vorgeschichte bei Patienten
mit Epilepsieerstmanifestation nach dem 54. Lebensjahr, insbesondere bei Patienten mit fokalen
Epilepsien. Die depressiven Episoden traten oft relativ kurz vor der Epilepsieerstmanifestation
auf [Hesdorffer et al. 2000]. Unter Kindern mit neu aufgetretenem Anfallsleiden in Island sind
depressive Episoden vor dem 1. Anfall 4mal häufiger als bei der Kontrollgruppe beschrieben
worden [Hesdorffer et al. 1998].
Experimentelle Daten von Studien mit Tiermodellen weisen auf gemeinsame pathogenetische
Mechanismen bei der Epilepsie und der Depression hin. Es ist schon länger bekannt, das
Antidepressiva wie die Monoaminoxidaseinhibitoren und Wiederaufnahmehemmer von
24
Noradrenalin (NA) und Serotonin (ST) in niedrigen Dosen antikonvulsive Effekte bei genetisch
epileptischen Säugetieren, wie GEPRs (genetically epilepsy-prone rats), und bei einigen
Epilepsiepatienten haben können [Dailey und Naritoku 1996, Yan et al. 1998]. Zusätzlich zeigt
die therapeutische Nützlichkeit von bestimmten Antiepileptika bei affektiven Syndromen (z.B.
von
Carbamazepin,
pharmakodynamische
Valproat,
Lamotrigin),
Eigenschaften
mit
dass
Antiepileptika
Antidepressiva
teilen
sich
gemeinsame
könnten.
Angeborene
serotonergische und noradrenergische Transmissionsdefizite sind als biologische Verknüpfung
zwischen Epilepsie und Depression vorgeschlagen worden [Jobe et al. 1999]. Die meisten
Studien zu diesem Thema bestätigten diese Hypothese, indem sie dysfunktionelle Episoden der
Epilepsie und der affektiven Störungen durch experimentell induzierte NA- und ST-Defizite und
antikonvulsive Effekte durch experimentellen Anstieg der NA- und ST-Transmission zeigten
[Jobe 2003].
Die Monoaminhypothese ist nur einer der potentiellen neurobiologischen Verknüpfungen
zwischen Depression und Epilepsie. Komplexe Kupplungsmechanismen werden auch über die
neuronale Transmission von GABA, Glutamat und Corticotropin-releasing hormone (CRH)
diskutiert [Kanner und Balabanov 2002]. Blumer et al. vermuteten, dass der Genese der
interiktalen dysphorischen Störung ein temporo-limbischer Fokus zugrunde liegt, der durch
intermittierende exzessive neuronale exzitatorische Aktivität zunehmend inhibitorische
Reaktionen auslöst, die die Entwicklung von pleomorphen affektiven Symptomen begünstigen
[Blumer et al. 2004].
Des Weiteren sind gemeinsame therapeutische Optionen für Epilepsie und Depression
vorgeschlagen worden, wie die elektrokonvulsive Therapie (ECT). Interessanterweise konnten
viele Studien demonstrieren, dass die Anfallsschwelle nach ECT um 50-100% ansteigt; ferner
berichten einige Autoren von einer erfolgreichen Therapie der pharmakoresistenten Epilepsie
durch ECT [Coffey et al. 1995, Sackeim 1999].
Einen weiteren Hinweis auf die signifikante Rolle von hereditären biologischen Faktoren bei der
Pathogenese von AFS bei Epilepsien zeigt die frequente Familienanamnese von AFS bei diesen
Patienten [Kanner und Balabanov 2002]. In einer britischen Studie hatten 50% der
Epilepsiepatienten mit Depression eine Familienanamnese von AFS [Robertson 1987].
In der Diskussion über die Pathogenese der präiktalen dysphorischen Syndrome bleibt noch
unklar, ob die prodromalen Verstimmungen subklinisches Teil des Anfalls sind oder ob
neurobiologische Prozesse, die für die Entstehung der depressiven Symtomatik verantwortlich
sind, die Anfallsschwelle reduzieren [Blanchet und Frommer 1986, Sailer et al. 1991]. Kanner
betrachtet das Phänomen der präiktalen affektiven Symptomatik, die bis zu einem Tag postiktal
25
andauert, als mögliche milde Manifestation einer „alternativen Psychose“ [Kanner 2000] (siehe
auch 1.4.4.4 Forcierte Normalisierung (Alternative Psychosen)).
Postiktale
Änderungen
der
neuronalen
Aktivität,
der
cerebralen
Perfusion,
der
Elektrophysiologie und Neurotransmission, die z. T. im Rahmen der cerebralen Homöostase der
Anfallsinhibition dienen, werden als mögliche ätiologische Mechanismen der postiktalen
affektiven Symptomatik diskutiert [Boylan 2002, Fisher und Schachter 2000].
Engel et al. haben auf die Rolle der endogenen Opiate bei post- und interiktaler Depression
hingewiesen. Limbische Anfälle induzieren eine erhöhte Synthese von Enkephalin, die bis zu 2
Wochen andauern kann. Zusätzlich wurde bei Tiermodellen mit rezidivierenden Anfällen eine
paradoxe „up-regulation“ der mu-Opiatrezeptoren beobachtet. Eine Abhängigkeit von den
angestiegenen Opiatkonzentrationen als Effekt der frequenten Anfälle, in Zusammenhang mit
der Dysregulation der Opiatrezeptoren, könnte postiktal oder während anfallsfreien Intervallen
dysphorische oder aggressive Symptomatik i. S. eines Entzugsphänomens auslösen [Engel und
Rocha 1992].
1.4.3.4 Risikofaktoren der affektiven Störungen bei Epilepsien: eine kontroverse Diskussion
Der Zusammenhang zwischen den AFS und den anfallsassoziierten klinischen Variablen
(Schweregrad der Epilepsie, Lokalisation und Lateralisation des Epilepsiefokus), den
psychosozialen Faktoren und der antikonvulsiven Medikation wird in der Fachliteratur
kontrovers diskutiert. Im Vergleich zu den zahlreichen Untersuchungen über die Risikofaktoren
der epilepsietypischen Psychosen sind die entsprechenden Parameter bei affektiven Epilepsieassoziierten Störungen bisher nur in wenigen Studien geforscht worden [Jagadheesan et al.
2002].
Klinische Variablen
Insbesondere hinsichtlich der vergleichsweise höheren Prävalenz der affektiven Symptomatik bei
TLE sind die Meinungen in der Literatur uneinheitlich. Manche Autoren unterstützen die
Hypothese der besonderen Bedeutung der linksseitigen TLE bei der Genese von Depression
[Altshuler et al. 1990, Lambert und Robertson 1999]. In einer Studie zeigte sich ein signifikanter
Zusammenhang zwischen TLE und Depressionsraten im Vergleich zu Frontallappenepilepsie,
sonstigen fokalen und generalisierten Epilepsien [Schmitz et al. 1999]. Victoroff et al. konnten
bei Patienten mit komplex partiellen Anfällen die höchste Prävalenz von Major Depression bei
denen mit interiktalem Hypometabolismus des linken Temporallappens im FDG-PET
nachweisen [Victoroff et al. 1994]. Manche Studien betonen dabei die Relevanz der mesialen
Strukturen des Temporallappens. Quiske et al. fanden innerhalb von 60 Patienten mit TLE eine
26
signifikante Assoziation zwischen einer im MRT festgestellten mesialen temporalen Sklerose
und höheren Raten depressiver Symtomatik [Quiske et al. 2000].
Dabei sind jedoch auch Studien zu erwähnen, die keine signifikanten Unterschiede zwischen
TLE und extratemporalen Epilepsien hinsichtlich der Prävalenz affektiver Störungen zeigten
[Swinkels et al. 2001]. Lehrner et al. konnten bei 56 Epilepsiechirurgiekandidaten mit TLE keine
höheren Raten depressiver Symptomatik bei Präsenz einer Hippokampussklerose nachweisen
[Lehrner et al. 1999]. Im Gegensatz zu den o. g. Autoren, die einen Zusammenhang zwischen
linksseitigem Anfallsursprung und affektiver Symptomatik behaupten, zeigten sich in anderen
Studien
keine
Unterschiede
zwischen
rechts-
oder
linksseitigem
EEG-Fokus
und
Depressionsraten [Jagadheesan et al. 2002, Lehrner et al. 1999, Schmitz 1999], während
Brookes und Crawford bei rechtsseitigen Läsionen eine höhere Häufigkeit depressiver Störungen
nachwiesen [Brookes und Crawford 2002].
Kontrovers ist auch die Diskussion über die Beziehung zwischen der Anfallsfrequenz und der
Prävalenz von AFS. In einem Teil der relevanten Literatur wurde bei Patienten mit frequenten
Anfällen häufiger depressive Symptomatik festgestellt [Brookes und Crawford 2002, Jacoby et
al. 1996], während andere Studien diesen Zusammenhang nicht nachweisen konnten [Attarian et
al. 2003, Schmitz 1999].
Psychosoziale Faktoren
Das Leiden an einer potentiell chronischen Krankheit, deren Therapie oft eine lebenslange
Medikamenteneinnahme erfordert und die mit sozialer Stigmatisierung verbunden ist, kann eine
enorme psychische Belastung darstellen. Einschränkungen im Alltag, wie beim Fahren,
berufliche Einschränkungen, u. a. die hohe Arbeitslosigkeitsrate der Epileptiker, familiäre
Schwierigkeiten und Probleme in der Beziehung zum Partner, wie die medikamenteninduzierte
Libidoreduktion, sind Beispiele der psychosozialen Dimensionen der Epilepsie. Eine
Akzentuierung dieser Belastung ist in Fällen mit therapieresistenter Epilepsie zu erwarten und
wird von einigen Autoren als einer der Gründe der noch höheren Prävalenz depressiver
Morbidität bei diesen Patienten betrachtet. Hermann et al. untersuchten die Relevanz des Models
der
erlernten
Hilflosigkeit
bei
Epilepsiekranken
mit
Depression
und
kamen
zur
Schlussfolgerung, dass der Grad der psychosozialen Belastung und des damit einhergehenden
Pessimismus signifikant mit höheren Depressionsraten assoziiert war [Hermann et al. 1996]. Im
Gegensatz hierzu konnten Schmitz et al. in ihrer Studie keine signifikante Relevanz zwischen
Depression bei Epileptikern und psychosozialen Faktoren, wie Bildungs-, Berufs- Wohn- und
Partnerstatus, nachweisen [Schmitz et al. 1999].
27
Antiepileptische Medikation
Es ist seit längerem bekannt, dass die antiepileptische Medikation negativ psychotrope Effekte
induzieren kann. Phenobarbital und Phenytoin können depressive Symptome induzieren
[Devinsky 1995, Schmitz et al. 1999]. Depressive Symptomatik als Folge der Medikation wurde
auch unter Therapie mit den neuren Antiepileptika, wie Tiagabin, Vigabatrin und Topiramat
beschrieben [Prueter und Norra 2005]. Auf der anderen Seite sind die affektstabilisierende
Wirkung von Carbamazepin und die antimanische Wirkung von Valproat seit längerem bekannt
und detailliert beschrieben worden [Modighy et al. 1995]. Lamotrigin, Gabapentin und
Topiramat sind erfolgreich in der Behandlung der bipolaren affektiven Syndrome angewendet
worden [Chengappa et al. 2001, Semenchuk und Labiner 1997]. Kontroverse Studienergebnisse
unterstützten [Kettler et al. 1999, Lambert und Robertson 1999] oder ergaben keine Hinweise
[Brookes und Crawford 2002, Schmitz et al. 1999] auf die Hypothese, dass die antiepileptische
Polytherapie im Vergleich zur Monotherapie mit höheren Raten von AFS assoziiert ist.
1.4.4 Epilepsiepsychosen
1.4.4.1 Iktale Psychosen
Den iktalen Psychosen liegt ursächlich häufig ein komplex fokaler, nichtkonvulsiver Status
psychomotoricus zugrunde, seltener eine Aura oder ein Absence-Status. Die Symptomatik
beinhaltet in der Regel einen veränderten Bewusstseinszustand, Desorientiertheit und Apathie.
Eine veränderte Wahrnehmung, Halluzinationen, Wahn und Denkstörungen treten auf, zusätzlich
auch panische Angst und Stimmungsschwankungen. Das klinische Bild kann so sehr einer
Schizophrenie ähneln, dass zur Diagnosenstellung oft die Durchführung eines EEG notwendig
ist [Sachdev 1998, Trimble 1991].
1.4.4.2 Postiktale Psychosen
Postiktale Psychosen (PIP) treten überwiegend nach Clustern besonders schwerer komplex
fokaler oder sekundär generalisierter Anfälle auf. Oft besteht die Epilepsie schon mehr als zehn
Jahre, bevor die erste psychotische Episode auftritt [Sachdev 1998]. Charakteristischerweise
entwickeln sich die psychotischen Symptome nach einer postiktalen symptomfreien
Latenzperiode von etwa 24h bis zu einer Woche, die als “luzides Intervall“ bezeichnet wird. Das
Bewusstsein kann klar sein, oft jedoch zeigt sich eine fluktuierende Bewusstseinstrübung. Die
polymorphe Symptomatik äußert sich in Form einer inhaltlichen Denkstörung mit Wahnideen,
visuellen und/oder
akustischen
Halluzinationen
sowie
einer
ausgeprägten
affektiven
Komponente und hält wenige Tage bis zu einem Monat, bildet sich jedoch üblicherweise binnen
1-2 Wochen zurück [Devinsky et al. 1995, Sachdev 1998, Trimble 1991].
28
Kanemoto et al. fiel in einer detaillierten phänomenologischen Beschreibung von 30 Patienten
mit PIP auf, dass häufig ein grandioser oder religiöser Wahn auftrat und Patienten in gehobener
Stimmung ein „Gefühl der mystischen Verschmelzung mit dem Universum” verspürten
[Kanemoto et al. 1996]. Savard et al. beschrieben ein häufiges Auftreten iktaler Angst bei
Patienten mit PIP [Savard et al. 1991].
Als
zugrunde
liegende
pathogenetische
Mechanismen
werden
homöostatische
Regulationsmechanismen, welche die epileptische Übererregbarkeit inhibieren, diskutiert
[Boylan 2002]. Andere Erklärungsversuche diskutieren eine Überaktivität des dopaminergen
Systems [Ring et al. 1994] oder GABA-vermittelte Mechanismen [Szabo et al. 1995]
Die klinische Erfahrung zeigt, dass einige der Patienten mit PIP im Laufe der Erkrankung eine
chronische, interiktale Psychose entwickeln [Dongier 1959/60, Logsdail and Toone 1988].
Tarulli et al. diskutieren bei diesen Fällen die Möglichkeit, dass die PIP eine initiale Form der
interiktalen Psychose darstellen kann, die zunächst nur noch nach Anfallsexazerbationen
manifest wird [Tarulli et al. 2001].
1.4.4.3 Interiktale Psychosen
Die interiktalen Psychosen (IIP) treten zeitlich unabhängig vom Anfallsgeschehen auf [Lancman
1999]. Typischerweise geht die Erstmanifestation der Epilepsie dem Beginn der Psychose
mindestens 10 Jahre voraus [Trimble 1991]. Die Diskussion über den Grad der
phänomenologischen Ähnlichkeit der Epilepsie assoziierten IIP mit der Schizophrenie bleibt
kontrovers.
In den 50er Jahren stellten Hill und Pond fest, dass bei Patienten mit TLE chronische paranoidhalluzinatorische Zustände auftraten, die klinisch der Schizophrenie ähnlich waren. Den Autoren
war jedoch aufgefallen, dass die emotionale Wärme und die Persönlichkeitsstruktur erhalten
blieben [Trimble 1991]. Ähnliche Beobachtungen machten später Slater et al., denen bei 69
Patienten mit Epilepsie und schizophreniformer Psychose auffiel, dass nur selten katatone
Zustände und Negativsymptomatik vorlagen, während die affektive Reaktionsfähigkeit erhalten
blieb. Eine positive psychiatrische Familienanamnese war eher selten, während der Verlauf der
psychotischen Symptomatik in der Regel milder und benigner als bei den schizophrenen nichtepileptischen Patienten war [Slater et al. 1963].
Perez und Trimble wendeten ein standardisiertes psychiatrisches Interview (PSE, Present State
Examination) an, um 24 Epilepsiekranken mit Psychose mit 11 nicht-epileptischen
schizophrenen Patienten zu vergleichen. Schizophrene Psychosen inklusiver negativer
Symptomatik konnten bei 64% der Psychosen der Epilepsiepatienten nachgewiesen werden und
kamen v. a. bei TLE vor [Perez and Trimble 1980]. Zu vergleichbaren Ergebnissen kamen auch
29
Mendez et al., die 62 Patienten mit Epilepsie und Psychose mit schizophrenen Migränepatienten
verglichen. Bei den psychotischen Epilepsiepatienten zeigte sich als einziger Unterschied zu
nicht-epileptischen Schizophrenen ein vermehrt suizidales Verhalten [Mendez et al. 1993].
Kanemoto et al. haben in einer retrospektiven Studie u. a. die klinische Phänomenologie bei 132
Epilepsiepatienten mit IIP untersucht. Unter Anwendung der diagnostischen Kriterien von DSM
IV kam es zur folgenden Einteilung der diagnostischen Subkategorien (Tab. 6):
Schizophrenie
41
Schizophreniforme Störung
25
Kurze psychotische Störung
11
Wahnhafte Störung
20
Schizoaffektive Störung
1
Nicht näher beschriebene psychotische Störung
2
Tab. 6: Subkategorien der interiktalen psychotischen Störungen (DSM IV) % [Kanemoto et al. 2001].
Krishnamoorthy, Trimble und Blumer beschreiben in ihrem Klassifikationsvorschlag die
klinische Symptomatik der interiktalen Psychosen wie folgend: „Die Wahnbildung steht im
Vordergrund, wobei eine ausgeprägte affektive Komponente hinzukommt. Halluzinationen
treten sowohl in Form imperativer als auch dialogisierender Stimmen auf, wobei häufig
vorherrschend religiöse Themen sind. Im Gegensatz zu anderen Formen schizophrener
Psychosen „pflegen die Persönlichkeitsstruktur und der Affekt weitgehend ungestört erhalten zu
sein“ [Krishnamoorthy et al. 2003].
1.4.4.4 Forcierte Normalisierung (Alternative Psychosen)
Landolt beobachtete in den 50er Jahren, dass bei einigen Epilepsiepatienten mit dem Auftreten
einer psychotischen Störung das EEG paradoxerweise frei von epilepsietypischer Aktivität
wurde (forcierte Normalisierung). Die EEG-Pathologie trat jedoch nach Rückgang der
psychotischen Episode, die Stunden bis Wochen dauerte, erneut auf [Schmitz 1998].
Dieses elektrophysiologische Phänomen wurde von Tellenbach erweitert definiert als
„alternative Psychose“ nach einer effektiven epileptischen oder epilepsiechirurgischen Therapie
bei signifikanter Anfallsreduktion oder Anfallsfreiheit mit oder auch ohne forcierte
Normalisierung im EEG [Tellenbach 1965]. Die psychiatrische Symptomatik ist polymorph,
wobei
paranoide
und
affektive
Störungen
neben
Derealisations-
und
Depersonalisationserlebnissen und sogar hysterischen Symptomen vorkommen können [Wolf
1991].
30
Dieser Antagonismus zwischen Psychose und Epilepsie wurde von einigen Autoren als
Begründung der Wirkung der elektrokonvulsiven Therapie (ECT) bei psychotischen Störungen
betrachtet [Kanner 2001].
Die genauen pathogenetischen Mechanismen der alternativen Psychosen sind jedoch weiterhin
unbekannt. Mehrere Antiepileptika wurden damit assoziiert (Barbiturate, Benzodiazepine,
Ethosuximid und Vigabatrin), was jedoch eher als Effekt der Suppression der Anfälle und
weniger als direkte medikamentöse Nebenwirkung gedeutet werden sollte [Kanner 2000].
Trimble behauptete, dass eine überschießende dopaminerge Aktivität verantwortlich für den
Rückgang der Anfälle und das Auftreten der psychotischen Symptomatik ist [Trimble 1991].
Rayport und Ferguson favorisieren die Ansicht, dass die forcierte Normalisierung durch
Suppression der Anfallsaktivität durch Strukturen des Neokortex zustande kommt, die die
exzitatorische Wirkung des Hippokampus und der Amygdala antagonisiert [Rayport und
Ferguson 2001], eine Hypothese die durch Ergebnisse aus Tiefenelektrodenstudien unterstützt
worden ist [Wieser 1983].
1.4.4.5 Epidemiologie
Die Angaben in der Literatur über die Prävalenz der Epilepsiepsychosen (PSY) reichen von
0,7% bis 50%, abhängig von methodologischen Unterschieden und von verschiedenen
untersuchten Populationen [Trimble 1991]. In den meisten größeren und gut strukturierten
Studien lag jedoch die Prävalenz zwischen 4 und 10% [Manchanda et al. 1996, Mendez et al.
1993, Matsuura et al. 2003]. PIP sind für etwa 25% der PSY verantwortlich [Schmitz 1988],
während IIP 10-30% der PSY ausmachen. Alternative Psychosen treten seltener auf [Devinsky
2003, Kanner 2000], bei bis ca. 1% der Epilepsiepatienten [Schmitz 1988].
1.4.4.6 Pathogenese: die Temporallappenhypothese
Während bei iktalen Psychosen am ehesten von einem direkten ätiologischen Zusammenhang
zwischen der epileptischen Aktivität und der psychischen Störung auszugehen ist [Trimble
1991], bleibt die Pathogenese der IIP und der PIP noch weitgehend ungeklärt.
In der Literatur wird kontrovers diskutiert, inwieweit neuroanatomische Störungen bei PSY
spezifisch im Temporallappen lokalisiert sind und inwieweit bei TLE eine höhere Affinität zur
Entwicklung von Psychosen besteht, im Vergleich zu den sonstigen Epilepsietypen. Im
Folgenden werden die Ergebnisse von relevanten epidemiologischen, neuropathologischen und
bildgebenden Untersuchungen dargestellt.
Slater et al. beobachteten bereits 1963 bei 69 Patienten mit PSY, dass zwei Drittel hiervon
klinische Hinweise auf TLE und noch mehr EEG-Hinweise auf einen temporalen Fokus zeigten.
31
Diese Beobachtung stellte ein Modell zum besseren Verständnis der Pathogenese der
Schizophrenie dar und führte zur Entstehung der Temporallappenhypothese der Schizophrenie
[Slater et al. 1963]. Auch weitere Studien konnten bei TLE eine höhere Prävalenz von
Psychosen demonstrieren [Flor-Henry 1969, Manchanda et al. 1996, Mendez et al. 1993, Perez
et al. 1985, Senqoku et al. 1983, Sherwin 1981].
Mikroneuropathologische Studien i. R. der Schizophrenieforschung weisen auf einen Volumenund Neuronenverlust sowie auf eine irreguläre Zytoarchitektur der temporolimbischen
Strukturen hin. Die ersten Berichte über die Dysplasie des entorhinalen temporalen Kortex bei
Schizophrenie
[Kovelman
und
Scheibel
1984]
konnten
seitdem
von
weiteren
neuropathologischen Studien [Roberts und Bruton 1990, Zaidel et al. 1997] sowie von
volumetrischen MRT-Studien repliziert werden [Bogerts et al. 1985, Lawrie and Abukmeil
1998].
Diese
pathologischen
Auffälligkeiten
werden
oft
i.
R.
eines
gestörten
Entwicklungsprozesses gedeutet [Harrison und Eastwood 2001].
Roberts et al. fanden in der neuropathologischen Untersuchung einer großen Reihe von
Temporallappenresektionen bei TLE, dass sich bei Patienten mit schizophreniformen Psychosen
die Pathologie v. a. im medialen Temporallappen befand, wobei „alien tissue gangliogliomas“
und Ammonshornsklerose im Vergleich zu den Resektaten der nicht-psychotischen Patienten
histologisch überpräsentiert waren [Roberts et al. 1990]. Die Autoren vermuteten, dass eine
Entwicklungsanomalie des medialen Temporallappens einen gemeinsamen pathogenetischen
Mechanismus für Epilepsie als auch Schizophrenie darstellen kann.
Auch in vielen bildgebenden Untersuchungen konnte ein spezieller Zusammenhang zwischen
strukturellen Anomalien des Temporallappens und Epilepsiepsychosen gezeigt werden.
Kanemoto et al. fanden in einer qualitativen MRT-Studie heraus, dass postiktale Psychosen
häufiger bei Patienten mit unilateraler Hippokampussklerose als bei Patienten mit unauffälligem
MRT auftraten [Kanemoto et al. 1996b]. In einer PET-Studie zeigten sich in der Gruppe der PSY
niedrigere Werte für den regionalen metabolischen Quotienten für Sauerstoff und für den
regionalen zerebralen Blutfluss über dem gesamten linken temporalen Kortex, im Vergleich zu
den nicht-psychotischen Patienten [Gallhofer et al. 1985]. In einer SPECT-Studie konnte ein
reduzierter Blutfluss im medialen linken Temporallappen bei psychotischen im Vergleich zu
nicht-psychotischen Epilepsiepatienten festgestellt werden [Marshall et al. 1993]. Tebartz van
Elst et al. fanden bei den Patienten mit TLE und PSY beidseitig eine größere Amygdala als bei
den Patienten mit TLE ohne Psychopathologie. Die Größendifferenz war in der Gruppe der IIP
stärker ausgeprägt als bei den Patienten mit PIP [Tebartz van Elst et al. 2002].
32
Die erhöhte statistische Prädisposition der TLE für Psychosen im Vergleich zu extratemporalen
Epilepsien konnte jedoch in anderen Studien nicht nachgewiesen werden. [Adachi et al. 2002b,
Onuma et al. 1995, Schmitz und Wolf 1995, Schmitz et al. 1999].
Während Roberts et al. auf neuropathologischer Ebene sich in ihrer Studie auf den
Temporallappen konzentrierten, sind andere Studien auf Anomalien in anderen Hirnregionen
gestoßen. Bruton et al. untersuchten ganze Gehirne von verstorbenen Epilepsie-Patienten.
Während die mesiale temporale Sklerose bei psychotischen und nicht-psychotischen
Epilepsiepatienten gleich häufig vorkam, bemerkten Bruton et al. größere Ventrikel, mehr
periventrikuläre Gliose und perivaskuläre Erweichung der weißen Substanz in der Gruppe der
PSY [Bruton et al. 1994].
Hinweise auf die Möglichkeit der Mitbeteiligung von extratemporalen Hirnstrukturen an der
Pathogenese der PSY lieferten auch Studien mit bildgebenden Verfahren. In zwei SPECTStudien zeigte sich bei Schizophrenen neben einer abnormalen Perfusion des linken
Temporallappens auch ein veränderter Blutfluss im Frontallappen [Catafau et al. 1994, Klemm
et al. 1996]. Baumgartner et al. benutzten [99 Tc]HMPAO-SPECT bei 4 Patienten, die unter
Video-Telemetrie eine PIP entwickelten. Sie beobachteten eine Hyperperfusion mesialer
frontaler Strukturen [Baumgartner et al. 1995]. Briellmann et al. fanden keinen Hinweis auf
verminderte hippokampale Volumina bei 6 Patienten mit PIP [Briellmann et al. 2000]. In der
quantitativen MRT-Studie von Marsh et al. zeigte sich in der Gruppe der PSY im Vergleich zu
gesunden Patienten eine bilaterale kortikale Atrophie sowohl temporal als auch fronto-parietal,
während
eine
besondere
Assoziation
der
PSY-Gruppe
mit
Abnormitäten
der
Hippokampusstruktur nicht nachgewiesen werden konnte [Marsh et al. 2001].
1.4.5 Persönlichkeitsstörrungen
1.4.5.1. Temporallappenepilepsie und das Geschwind-Syndrom: ein historischer Rückblick
Die Frage, ob besondere Persönlichkeitsmerkmale und Verhaltensweisen Epilepsiepatienten
kennzeichnen, i. S. einer so genannten „epileptischen Persönlichkeit“, hat die Literatur seit den
50er Jahren beschäftigt. Der französische Neurologe Gastaut führte eine Reihe von kontrollierten
Studien über Epilepsie assoziierte mentale Auffälligkeiten durch. Er kam zur Schlussfolgerung,
dass die Mehrheit der Patienten mit Temporallappenepilepsie an Hyposexualität, mentaler
Verlangsamung (Viskosität) und Impulsivität mit Irritabilität litten [Gastaut et al. 1955]. Er
verglich diese Beobachtungen mit den neuropsychiatrischen Alterationen nach bilateralen
Resektionen der anterio-medialen Temporallappen in Tierexperimenten (Klüver-Bucy Syndrom)
und stellte folgendes fest: die erhöhte Emotionalität, die Viskosität und die Hyposexualität bei
TLE entsprachen dem Gegenteil der Kernsymptomatik des Klüver-Bucy Syndroms, wofür
33
Hyperoralität, Hypersexualität, Fehlen der normalen Angst- und Aggressionsreaktionen, visuelle
Agnosie und Hypermetamorphose (starke Tendenz auf visuelle Stimuli zu reagieren, damit
starke Ablenkbarkeit) charakteristisch sind.
Waxman und Geschwind fassten später die Beobachtungen von Gastaut und ihre eigene
Erfahrung in Form eines Vorschlags für ein eigenständiges interiktales Syndrom bei
Temporallappenepilepsie zusammen [Waxman and Geschwind 1975]. In der Tab. 7 werden die
Hauptmerkmale des so genannten Geschwind- oder Gastaut-Geschwind-Syndroms präsentiert.
Hypergraphie
Hyposexualität
Hypermoralität oder Hyperreligiösität
Überhöhtes philosophisches Interesse
Viskosität
Umständlichkeit
Emotionale Labilität
Irritabilität
Tab. 7: Das Geschwind Syndrom [Trimble et al. 1997]
Die dabei beschriebene „Viskosität“ charakterisieren ein den interpersonellen verbalen Kontakt
prolongierendes Verhalten, ein haftender Gedankenfluss sowie eine umständliche und
redundante Sprache [Trimble, Mendez, and Cummings 1997].
Bear und Fedio entwickelten eine neuropsychologische Skala zur Erfassung dieser und weiterer
Persönlichkeitsmerkmale (Bear-Fedio Inventory), die in ihren Untersuchungen bei TLE
überrepräsentiert waren [Bear and Fedio 1977]. Trotz dieser versuchten Quantifizierung der
Persönlichkeitscharakteristika
wird
weiterhin
kontrovers
diskutiert,
ob
es
diese
temporallappenepilepsietypische Persönlichkeitsstörung überhaupt gibt [Blumer 1999, Devinsky
and Najjar 1999], denn die Evidenz für die Existenz des Geschwind-Syndroms ist weitgehend
empirisch und basiert auf den Beobachtungen von Klinikern, die sich mit Epilepsiepatienten mit
solchen Persönlichkeitsmerkmalen befassten [Benson 1991]. Klinisch wird das Geschwind
Syndrom oft nur erkannt, wenn gezielt Fragen nach Religiosität, Sexualität und den sonstigen
Merkmalen gestellt werden [Manchanda 2002].
1.4.5.2 Epidemiologie
Die Prävalenz der Persönlichkeitsstörungen (PS) bei Epilepsien ist bisher nur in wenigen Studien
systematisch untersucht worden [Devinsky 2003]. Fiordelli et al. konnten bei 4 von 100
34
Epilepsiekranken PS nach DSM-IIIR feststellen [Fiordelli et al. 1993]. Eine Untersuchung von
52 Patienten mit pharmakorefraktärer Epilepsie konnte bei 21% der Fälle Axis II- Diagnosen
(DSM-IIIR) nachweisen. Dabei waren vermeidende und dependente PS die häufigsten
Diagnosen [Lopez-Rodriguez et al. 1999]. Bei 18% von 300 Epilepsiechirurgiekandidaten
fanden Manchanda et al. PS, ebenfalls insbesondere mit dependenten und vermeidenden
Merkmalen [Manchanda et al. 1996]. In zwei weiteren Studien wurde eine Prävalenzrate von
18% festgestellt [Arnold und Privitera 1996, Viktoroff 1996]. In der Untersuchung von Arnold
und Privitera waren bei den Patienten mit PS am häufigsten vermeidende Persönlichkeitszüge
repräsentiert.
Interessant ist die Tatsache, dass keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Prävalenzrate
von PS zwischen der TLE-Gruppe und sonstigen Epilepsietypen [Lopez-Rodriguez et al. 1999,
Manchanda et al. 1996, Swinkels et al. 2003, Swinkels et al. 2006, Viktoroff 1996] sowie
zwischen den einzelnen Gruppen der Anfallsfokuslateralität nachgewiesen werden konnten
[Manchanda et al. 1996, Swinkels et al. 2006].
Nachdem Swinkels et al. eine höhere Prävalenz von PS bei Epilepsiepatienten als bei Patienten
mit anderen chronischen Krankheiten, wie z.B. Asthma, feststellten, untersuchten sie die
Hypothese, dass es einen Zusammenhang zwischen der Rate der PS und den Epilepsie
assoziierten klinischen Variablen gibt. Sie fanden eine signifikante positive Korrelation der
Häufigkeit von Persönlichkeitsauffälligkeiten mit der Anzahl der Antiepileptika, der
Anfallsfrequenz, der Dauer der Epilepsie und dem Alter bei Erstmanifestation der Epilepsie
[Swinkels et al. 2003].
In zwei Studien zeigte sich eine signifikante positive Korrelation der Rate von PS mit der
Frequenz von epileptischen Auren [Lopez-Rodriguez et al. 1999, Mendez et al. 1993]
1.5 Psychiatrisches Outcome nach Epilepsiechirurgie
Hauptziel der Epilepsiechirurgie ist die Kontrolle der Epilepsie und bestenfalls das Erreichen der
Anfallsfreiheit, jedoch eine Reihe von anderen Outcome–Dimensionen, wie neurologische und
neuropsychologische Komplikationen, die postoperative psychosoziale Funktion und die
psychiatrische Morbidität bestimmen den Profit des Patienten vom operativen Eingriff mit
[Malmgren et al. 2002]. Es bleibt allerdings noch kontrovers, zum einen inwieweit die
Epilepsiechirurgie zur Aggravation schon präoperativ vorhandener Psychopathologie oder zu
neuem Auftreten („de novo“) von psychiatrischen Störungen führen kann und zum anderen
35
inwieweit eine Besserung des psychiatrischen Status postoperativ erreicht werden kann. [Inoue
und Mihara 2001].
1.5.1 „De novo“ psychiatrische Störungen
1.5.1.1 „De novo“ Psychosen
Die Möglichkeit der Entwicklung psychotischer Symptome oder der Exazerbation einer
vorbestehenden Psychose während Perioden von Anfallsfreiheit wurde zuerst von Landolt
diskutiert, der den Terminus „Forcierte Normalisation“ anwendete, um die EEG-Normalisation
während psychotischer Episoden bei manchen Epilepsiepatenten zu beschreiben [Landolt 1958].
Taylor berichtete bereits Anfang der 70er von neu aufgetretenen Psychosen bei 7 von 100 TLEPatienten, die epilepsiechirurgisch behandelt wurden [Taylor 1972]. Jensen und Larsen fanden
„de novo“ Psychosen bei 9 von 74 Patienten nach Temporallappenresektionen [Jensen und
Larsen 1979]. Die Inzidenzrate variierte in späteren Studien zwischen 0% [Glosser et al. 2000,
Naylor et al 1995, Ring et al. 1998], 2,7% [Inoue und Mihara 2001], 4% [Koch-Stoecker 2002],
5,3% [Leinonen et al. 1994] und 13,6% [Blumer et al. 1998].
Die Warnungen vor Entwicklung von „de novo“ Psychosen oder Exazerbation der
vorbestehenden psychotischen Symptomatik hat viele Zentren dazu geführt, Patienten mit
chronischen
interiktalen
Psychosen
aus
dem
epilepsiechirurgischen
Programm
aus
psychiatrischen Gründen und Befürchtungen auszuschließen [Fenwick 1994, Glosser et al.
2000].
1.5.1.2 „De novo“ affektive Störungen
Affektive Syndrome sind besonders prävalent bei Epilepsiepatienten sowohl prä- als auch
postoperativ [Reuber et al. 2004, Wrench et al. 2004]. Eine erhöhte Inzidenz von „de novo“
auftretenden affektiven Syndromen wurde vornehmlich in den ersten 3 postoperativen Monaten
beobachtet [Blumer et al. 1998, Glosser et al. 2000, Inoue und Mihara 2001, Malmgren et al.
2002, Ring et al. 1998] und führte eine Forschungsgruppe zum Vorschlag, „es sei sinnvoll, die
Patienten und ihre Angehörigen vor dem epilepsiechirurgischen Eingriff zu warnen, dass in den
ersten postoperativen Monaten eine vorübergehende Störung des emotionalen Erlebens auftreten
kann“ [Ring et al. 1998]. Die Symptomatik zeigt sich in der Regel in Form eines gemischten
affektiven Syndroms mit depressiver Stimmung, Ängstlichkeit und Gereiztheit, das in frequent
rezidivierenden kurzen episodischen Zyklen („rapid cycling“) auftritt [Blumer et al. 1998,
Glosser et al. 2000]. Diese Verschlechterung des affektiven Status war in der psychiatrischen
Verlaufsevaluation 1 Jahr postoperativ bei den meisten Patienten nicht mehr klinisch
nachweisbar [Glosser et al. 2000]. Die beschriebene Inzidenzrate der „de novo“ affektiven
36
Störungen variiert in der Literatur zwischen 4% [Inoue und Mihara 2001], 6% [Naylor et al
1995], 18% [Blumer et al. 1998], 24% [Ring et al. 1998] und 26% [Wrench et al. 2004].
1.5.2 Outcome der präoperativen Psychopathologie
Obwohl manche Autoren vor einer im Vordergrund zu beobachtenden postoperativen
Aggravation des psychiatrischen Status warnen, gibt es auch zahlreiche Berichte über
signifikante Verbesserungen von mehreren psychopathologischen Dimensionen oder sogar
Remissionen der präoperativen psychiatrischen Syndrome.
Einige Untersuchungen zeigten keinen Einfluss der Temporallappenresektion oder der
postoperativen Anfallsfreiheit auf die Natur und die weitere Entwicklung der vorbestehenden
interiktalen Psychosen [Jensen und Larsen 1979, Reutens et al. 1997, Trimble 1991], obwohl bei
einem kleinen Anteil der Patienten die psychotische Symptomatik sich weitgehend zurückbildete
oder weniger florid wurde [Serafetinides und Falconer 1962, Falconer 1973, Roberts et al. 1990,
Stevens 1990]. In zwei Studien zeigte sich kein Rezidiv psychotischer Symptomatik nach
Temporallappenresektion und Anfallsfreiheit bei Patienten mit TLE und postiktaler Psychose
[Falconer 1973, Savard et al. 1991]. Inoue und Mihara beobachteten bei 30 Patienten mit fokaler
Epilepsie und präoperativ nachgewiesenen psychotischen Syndromen, dass in 8 Fällen die
Psychosen (5 hiervon periiktale Psychosen) postoperativ vollständig remittierten, während in 22
Fällen episodische oder chronische Psychosen nach der Epilepsiechirurgie persistierten [Inoue
und Mihara 2001].
Die Autoren von drei Studien haben vorgeschlagen, dass die operative Behandlung bei Patienten
mit refraktärer Epilepsie und interiktaler Psychose nicht kontraindiziert, sondern, vorausgesetzt
es besteht eine engmaschige perioperative psychiatrische Kontrolle, sogar indiziert sein kann, da
sich nach erfolgreicher Epilepsiechirurgie der psychosoziale Status bessert, die Integration in
psychiatrische Anstalten erleichtert wird und die psychopharmakologischen Möglichkeiten durch
die Reduktion der Antiepileptikazahl erweitert werden [Fenwick 1994, Marchetti et al. 2003b,
Reutens et al. 1997]. Marchetti et al. stellten sogar eine postoperative Besserung der
psychotischen Symptomatik bei 4 von 6 TLE-Patienten mit interiktalen Psychosen fest
[Marchetti et al. 2003b].
Inoue und Mihara beobachteten, dass 22 von 226 Epilepsiechirurgiekandidaten mit fokaler
Epilepsie präoperativ an psychiatrischen Syndromen litten, die nach Epilepsiechirurgie nicht
mehr nachweisbar waren, 8 hiervon waren Psychosen (5 periiktal), 13 neurotische oder
Verhaltensstörungen und 1 affektives Syndrom. 22 Patienten mit interiktalen Psychosen, 12
Patienten mit neurotischen oder Verhaltensstörungen und 5 Patienten mit affektiven Syndromen
37
zeigten eine Persistenz dieser präoperativen Psychopathologie auch postoperativ. Bei 3 der 5
Fälle mit AFS ließ jedoch der Schweregrad der Symptome nach [Inoue und Mihara 2001].
In einer anderen Studie wurde bei 6 der 39 operierten Patienten 6-12 Monate nach anteriorer
Temporallappenresektion eine Remission ihres präoperativen affektiven Syndroms festgestellt.
Eine entsprechende Remission der präoperativ nachgewiesenen Persönlichkeitsstörungen wurde
jedoch nicht nachgewiesen [Glosser et al. 2000]. Ein verbesserter subjektiver affektiver Status
wurde in einer Studie sowohl nach Temporal- als auch nach Frontallappenresektionen
demonstriert [Suchy und Chelune 2001]. Reuber et al. fanden 1 Jahr postoperativ bei TLEPatienten signifikant niedrigere Rate depressiver Symptomatik als in der präoperativen
Untersuchung [Reuber et al. 2004].
1.5.3 Prädiktoren des psychiatrischen Outcomes
Obwohl sich einige Studien mit der psychiatrischen Komorbidität der Epilepsiechirurgie
befassten, wurde es nur in einer Minorität von denen nach möglichen Prädiktoren des
psychiatrischen Outcomes untersucht [Koch-Stoecker 2002]. Insbesondere der Einfluss des
Anfallsoutcomes auf den psychiatrischen Verlauf wird kontrovers diskutiert. Jensen und Larsen
fanden eine deutliche Korrelation der psychosozialen Rehabilitation und der Verbesserung des
psychiatrischen Status mit der postoperativen Entlastung von Anfällen [Jensen und Larsen
1979]. In der Studie von Blumer war die postoperative Anfallsfreiheit ein signifikanter Prädiktor
für exzellentes psychiatrisches Outcome [Blumer et al. 1998]. Herman und Wyler fanden eine
signifikante Remission der präoperativen depressiven Symptomatik nur bei Patienten die
anfallsfrei nach anteriorer Temporallappenresektion gewesen waren [Hermann und Wyler 1990].
Patienten mit gutem Anfallsoutcome hatten in der Untersuchung von Derry et al. die größte
Chance, deutliche Verbesserung ihrer depressiven Symptomatik zu zeigen [Derry et al. 2000]. In
einer
multivariaten
Analyse
war
das
Anfallsoutcome
nach
Temporal-
oder
Frontallappenresektionen der einzige signifikante Prädiktor für Lebensqualität und Depression,
wobei nur 14% der anfallsfreien Patienten depressive Symptomatik zeigten, im Gegensatz zu
51% der Patienten, die weiterhin Anfälle erlitten [Helmstaedter 2001]. In der Studie von Reuber
et al. verbesserte sich der Summenwert des Beck-Depression-Inventars postoperativ am meisten
bei den Patienten mit den höchsten Summenwerten präoperativ und der größten Reduktion der
Anfallsfrequenz nach der Epilepsiechirurgie [Reuber et al. 2004]. Stevens konnte feststellen,
dass die postoperative Verschlechterung des psychiatrischen Status oder die Entwicklung von
Psychosen häufiger bei Patienten vorkam, die Persistenz der EEG-Aktivität oder der Anfälle
zeigten [Stevens 1990].
38
In anderen Studien zeigte sich jedoch kein signifikanter Einfluss des Anfallsoucomes weder auf
die postoperative Prävalenz von psychiatrischen Störungen noch auf die Häufigkeit von
affektiven Syndromen [Malmgren et al. 2002, Wrench et al. 2004]. In der Analyse von Inoue
und Mihara hatten alle Patienten mit de novo psychotischen oder affektiven Störungen
exzellentes Anfallsoutcome [Inoue und Mihara 2001], während Glosser et al. keinen statistisch
relevanten Zusammenhang zwischen dem psychiatrischen Outcome und dem Anfallsoutcome
feststellten [Glosser et al. 2000].
Die
Ergebnisse
der
wenigen
Studien,
die
den
psychiatrischen
Verlauf
nach
Temporallappenresektionen mit dem von Extratemporallappenresektionen vergleichen, sind
uneinheitlich. Manche Autoren konnten eine Assoziation der Lokalisation der Epilepsiechirurgie
im Temporallappen mit postoperativer Verschlechterung des psychiatrischen Status nachweisen
[van Veelen et al. 2001, Wrench et al. 2004], während in anderen Studien keine signifikanten
Unterschiede zwischen temporalen und extratemporalen Lokalisationen beobachet wurden
[Helmstaedter 2001, Malmgren et al. 2001, Suchy und Chelune 2001, Quigg et al. 2003].
In einem Teil der relevanten Literatur wird die nicht-dominante Lateralität der Resektion als
Prädiktor eines verschlechterten psychiatrischen Outcomes diskutiert. Taylor beschrieb bereits
1972 eine häufigere Inzidenz von affektiven Syndromen nach rechtsseitiger Epilepsiechirurgie
des Temporallappens [Taylor 1972]. Weitere Studien berichteten von häufigerem Auftreten von
de novo Psychosen nach rechtsseitigen als nach linksseitigen Temporallappenresektionen [Mace
und Trimble 1991, Leinonen et al. 1994, Kanemoto et al. 1998]. Interessanterweise beobachteten
Kanemoto et al. affektive Syndrome häufiger nach linksseitigen Temporallappenresektionen
[Kanemoto et al. 1998]. Glosser et al. fanden sowohl prä- als auch postoperativ eine höhere
Prävalenz
affektiver
Störungen
bei
Patienten,
die
sich
einer
rechtsseitiger
Temporallappenresektion unterzogen, die relative Rate der Änderung des psychiatrischen Status
postoperativ war jedoch vergleichbar mit der Gruppe der linksseitigen Resektionen [Glosser et
al. 2000]. In der Studie von Koch-Stoecker gab es präoperativ keine signifikanten Unterschiede
hinsichtlich der Psychopathologieprävalenz zwischen links- und rechtsseitigem temporalem
Anfallsfokus,
postoperativ
wurde
jedoch
eine
Prädominanz
von
rechtsseitigen
Temporallappenresektionen in der Gruppe der psychotischen oder affektiven Komplikationen
beobachtet [Koch-Stoecker 2002]. Quigg et al. identifizierten die rechtsseitige Lokalisation der
Epilepsiechirurgie und die präoperative Präsenz depressiver Symptomatik als die wichtigsten
Prädiktoren für postoperative Depression nach fokalen Resektionen [Quigg et al. 2003].
Viele Studien konnten jedoch keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden
Lateralitätsgruppen und der postoperativen Inzidenz von Psychopathologie nachweisen [Naylor
39
et al. 1995, Ring et al. 1998, Helmstaedter 2001, Inoue und Mihara 2001, Kohler et al. 2001,
Malmgren et al. 2001, Suchy und Chelune 2001, Reuber et al. 2004, Wrench et al. 2004].
In der Literatur wird eine besondere Beziehung zwischen besonderen Formen der epileptischen
Aura und der postoperativen Psychopathologie beschrieben. Stevens beobachtete eine
postoperative Aggravation des psychiatrischen Status bzw. der Entwicklung von Psychosen
häufiger bei Patienten mit Derealisations- oder deja vu- Prodromi als bei denen mit
epigastrischer Aura [Stevens 1998]. Kanemoto et al. konnten die präoperative Präsenz von
postiktalen Psychosen und von Angstaura als Risikofaktor für die Entwicklung postoperativer
affektiver Störungen identifizieren [Kanemoto et al. 1998]. Eine spätere Studie zeigte eine
besondere Beziehung zwischen der Beobachtung von iktalen Angstphänomenen präoperativ und
dem Auftreten affektiver Syndrome nach Temporallappenresektionen [Kohler et al. 2001].
Inoue und Mihara stellten fest, dass Patienten, die eine Verschlechterung des psychiatrischen
Status oder „de novo“ Auftreten psychiatrischer Störungen trotz exzellentem postoperativem
Anfallsoutcome zeigten, auch präoperativ vulnerable Persönichkeitszüge aufwiesen [Inoue und
Mihara 2001]. Koch-Stöcker konnte bei Patienten mit präoperativen Persönlichkeitsstörungen
eine signifikante Neigung zu Entwicklung ernster psychiatrischer Komplikationen postoperativ
nachweisen. Pathogenetisch „kann man gemäß dem Vulnerabilitäts-Stress-Modell davon
ausgehen, dass die erhöhte psychische Verletzlichkeit persönlichkeitsgestörter Patienten der
Belastung der perioperativen Veränderungen bei einigen Patienten nicht standhält, wodurch
manifeste psychiatrische Störungen ausgelöst werden können“ [Koch-Stoecker 2002].
1.6 Fragestellung der Arbeit
Ziel des ersten Teils der vorliegenden Arbeit ist es, die Prävalenz peri- und interiktaler
psychopathologischer Auffälligkeiten bei Patienten mit pharmakorefraktären fokalen Epilepsien
zu bestimmen, unter der Hypothese, dass bei dieser Patientengruppe ein hohes Risiko für die
Entwicklung psychiatrischer Syndrome besteht. In einem zweiten Schritt soll eine explorative
Datenanalyse mögliche Zusammenhänge zwischen den klinischen psychiatrischen bzw.
neurologischen Daten der Patienten und psychiatrischen Syndromen aufzeigen. Insbesondere der
Einfluss der Fokuslokalisation (temporal vs. extratemporal) auf die Entwicklung der
verschiedenen Dimensionen der Psychopathologie soll dabei überprüft werden.
Ziel des zweiten Teils der vorliegenden Arbeit ist, das psychiatrische Outcome nach
epilepsiechirurgischen Interventionen zu untersuchen; hier soll neben der Inzidenz der „de novo“
psychiatrischen Störungen auch bestimmt werden, wie viele Patienten postoperativ einen
40
unveränderten psychiatrischen Befund bzw. eine Remission der präoperativen Psychopathologie
aufwiesen. Zusätzlich soll eine explorative Analyse der wichtigsten klinischen Parameter
stattfinden, um eventuelle Prädiktoren des postoperativen Outcomes des psychiatrischen Status
aufzudecken.
41
2. Material und Methoden
2.1 Patientenkollektiv und Rahmenbedingungen
Um die Prävalenz und Prognose inter- sowie periiktaler psychiatrischer Auffälligkeiten bei
Epilepsiepatienten im epilepsiechirurgischen Procedere bestimmen zu können, wurden am
Epilepsiezentrum der Universität Freiburg seit 1999 die Patienten, die zu einem
epilepsiechirurgischen Eingriff anstanden, auch psychiatrisch nach einem standardisierten
Protokoll präoperativ, sowie 3 Monate und 1 Jahr postoperativ untersucht.
Bei der vorliegenden Studie handelt es sich im ersten Teil um eine Querschnittsanalyse der
Psychopathologie bei der präoperativen Vorstellung und im zweiten Teil um eine
Längsschnittsanalyse des psychiatrischen Outcomes 3- und 12 Monate postoperativ im Vergleich
zum präoperativen Befund.
Die Identifikation der Stichprobe für die Querschnittsanalyse erfolgte nach Durchsicht der
neurologischen und psychiatrischen Briefe aus den Krankenakten der Patienten, die zwischen
04/1999 und 09/2002 i. R. der prächirurgischen Epilepsiediagnostik am Epilepsiezentrum und in
der
psychiatrischen
Einschlusskriterium
Klinik
war
des
das
Universitätsklinikums
Vorliegen
einer
Freiburg
fokalen
untersucht
Epilepsie.
Die
wurden.
genaue
Anfallsfokuslokalisation (temporal, extratemporal oder kryptogen) wurde von einem erfahrenen
Neurologen nach intensiver Epilepsiediagnostik festgestellt, in der Regel i. R. eines stationären
Aufenthaltes unter Berücksichtigung u. a. der Anfallssemiologie, der Video-EEG- und MRTBefunde (häufig inklusive invasiven EEG). Die Patienten mit generalisierten Epilepsien ohne
Anhalt für fokale Epilepsie und die Patienten mit dissoziativen Anfällen ohne neurologischen
Nachweis einer Epilepsie wurden ausgeschlossen. Alle in die Stichproben eingeschlossenen
Patienten wurden von einem erfahrenen Neuropsychiater (Prof. Dr. L. Tebartz van Elst)
präoperativ klinisch untersucht. Dabei wurden zum einen Diagnosen nach ICD-10-Kriterien
gestellt. Darüber hinaus wurden aber auch spezifische Epilepsie assoziierte Diagnosen, wie z.B.
die inter- und postiktalen Psychosen sowie die inter- und periiktalen dysphorischen Störungen
bei Epilepsie berücksichtigt, welche bislang in den internationalen Klassifikationssystemen
keinen Niederschlag fanden. Des Weiteren wurde der interiktale psychopathologische Befund
nach dem AMDP-System (Arbeitsgemeinschaft für Methodik und Dokumentation in der
Psychiatrie) [AMDP 1997] objektiviert und operationalisiert.
Da nicht alle Patienten der präoperativen Epilepsiediagnostik operiert wurden, waren die
Stichproben der Quer- und der Längsschnittsanalyse nicht identisch. In die Längsschnittsanalyse
wurden nur die Patienten miteinbezogen, welche die o. g. Einschlusskriterien erfüllten, sich
42
zwischen 1999 und 2002 einem epilepsiechirurgischen Eingriff unterzogen haben und 3- sowie
12 Monate postoperativ psychiatrisch vorgestellt wurden. Ein kleiner Patientenanteil, der zum
12-Monate Follow up-Termin nicht erschien, wurde miteingeschlossen. Zur Identifikation der
Stichprobe wurden alle neurologischen und psychiatrischen Briefe bis 12 Monate postoperativ
durchgesehen.
2.2 Querschnittsanalyse der präoperativen Psychopathologie
2.2.1 Klinische Daten
Neben den oben beschriebenen psychiatrischen Diagnosen, dem psychopathologischen Befund
nach dem AMDP-System und der Lokalisation des Anfallsfokus wurden folgende klinische
Daten aus den Krankenakten gesammelt:
•
Demographische Daten
Alter, Geschlecht.
•
Psychiatrische Vorgeschichte
Anhand der Anamnese sowie der psychiatrischen Vorbriefe, wenn vorliegend, wurden alle
Hinweise auf psychiatrische Störungen sowie psychiatrische Vorstellungen in der
Vorgeschichte dokumentiert.
•
Psychiatrische Familienanamnese
Die positive Familienanamnese für sämtliche psychiatrische Störungen wurde erfasst.
•
Biographische Anamnese und Sozialdaten
Schulabschluss, Arbeitsstatus, Beziehungsstatus.
•
Neurologische Daten
- Lateralität des Anfallsfokus: Die Lateralität des Anfallsursprungs wurde wie auch die
Lokalisation des Epilepsiefokus nach intensiver Epilepsiediagnostik festgestellt, in der Regel
im
Rahmen
eines
stationären
Aufenthaltes
unter
Berücksichtigung
u.
a.
der
Anfallssemiologie, der Video-EEG- und MRT-Befunde und häufig inklusive invasiven EEG.
- MRT-Befund: Der Befund der präoperativen MRT-Untersuchung, einschließlich der
Lokalisation
und
Lateralität
der
Läsionen
sowie
dem
Vorhandensein
einer
Hippokampussklerose oder –atrophie.
- Anfallstyp, Anfallssemiologie und Anfallsfrequenz: Die Präsenz und die Frequenz der
einfach- und komplex-partiellen sowie der sekundär generalisierten Anfällen wurden
dokumentiert. Die verschiedenen Auraphänomene wurden miterfasst.
- Dauer der Epilepsie, Alter bei Epilepsieerstmanifestation.
43
- Antiepileptische Medikation.
- Neurologische Vorgeschichte: Vorgeschichte von Fieberkrämpfen, von Enzephalitis oder
Meningitis, von peripartalen Komplikationen.
- Händigkeit.
2.2.2 Statistik
2.2.2.1 Prävalenz der psychiatrischen Diagnosen
Die Gesamtheit der bei der präoperativen psychiatrischen Vorstellung gestellten psychiatrischen
Diagnosen wurde zuerst deskriptiv unter Berücksichtigung der möglichen Koexistenz von mehr
als einem diagnostisch abgrenzbaren psychiatrischen Krankheitsbild dargestellt.
In der Folge wurden die Patienten zur Bestimmung der präoperativen Punktprävalenz der
psychiatrischen Diagnosen in Gruppen eingeteilt, unabhängig von eventuellen psychiatrischen
Komorbiditäten, so dass einige Patienten mehr als nur einer Gruppe zugeteilt werden konnten.
Für die folgenden Diagnosekategorien wurde die präoperative Punktprävalenzrate gemessen:
(1) „Prävalenz der affektiven Störungen“: Alle Fälle mit affektiven oder depressiven
Störungen die zeitlich interiktal auftraten und die diagnostischen Kriterien nach ICD-10 für
folgende Krankheitsbilder erfüllten: rezidivierende depressive Störungen mit aktueller
depressiver Episode, aktuell remittierte rezidivierende depressive Störungen, organische
depressive Störungen, reaktive depressive Störungen, medikamentös induzierte depressive
Störungen, nicht näher definierte depressive Episoden, bipolare oder anhaltende affektive
Störungen. Ferner wurden hier die Patienten dazugerechnet, welche die diagnostischen
Kriterien der epilepsietypischen inter- und/oder prä/postiktalen (periiktalen) dysphorischen
Störungen sowie der epilepsietypischen Angststörungen nach dem Klassifikationsvorschlag
für neuropsychiatrische Störungen bei Epilepsien erfüllten [Krishnamoorthy et al. 2003].
(2) „Prävalenz der interiktalen affektiven Störungen“: Alle Fälle mit interiktalen affektiven
Syndromen (nach ICD-10 oder epilepsietypisch) aus der Gruppe (1).
(3) „Prävalenz
der
dysphorischen
Störungen“:
Alle
Fälle
mit
epilepsietypischen
dysphorischen Syndromen (inter- und/oder periiktal) aus der Gruppe (1).
(4) „Prävalenz der interiktalen dysphorischen Störungen“: Alle Fälle mit interiktalen
dysphorischen Syndromen aus der Gruppe (3).
(5) „Prävalenz der periiktalen dysphorischen Störungen“: Alle Fälle mit periiktalen (präoder postiktalen) dysphorischen Syndromen aus der Gruppe (3).
(6) „Prävalenz der postiktalen dysphorischen Störungen“: Alle Fälle mit postiktalen
dysphorischen Syndromen aus der Gruppe (5).
44
(7) „Prävalenz der präiktalen dysphorischen Störungen“: Einschluss der Fälle mit präiktalen
dysphorischen Syndromen der Gruppe (5).
(8) „Prävalenz der Komorbidität von inter- und postiktalen dysphorischen Störungen“:
Alle Fälle der Gruppe (3), deren dysphorische Syndrome komorbid sowohl inter- als auch
postiktal auftraten.
(9) „Prävalenz der Komorbidität von inter- und präiktalen dysphorischen Störungen“:
Alle Fälle der Gruppe (3), deren dysphorische Syndrome komorbid sowohl inter- als auch
präiktal auftraten.
(10) „Prävalenz der Komorbidität von prä- und postiktalen dysphorischen Störungen“:
Alle Fälle der Gruppe (3), deren dysphorische Syndrome komorbid sowohl prä- als auch
postiktal auftraten.
(11) „Prävalenz der Epilepsiepsychosen“: Alle Fälle mit Psychosen, die zeitlich interiktal
auftraten und die ICD-10-Kriterien für „Schizophrenie“, „schizotype“ und „wahnhafte
Störungen“ erfüllten. Ferner wurden hier die Patienten dazugerechnet, welche die
diagnostischen Kriterien der epilepsietypischen inter- oder postiktalen Psychosen nach den
diagnostischen Kriterien des Klassifikationsvorschlags für neuropsychiatrische Störungen bei
Epilepsien erfüllten [Krishnamoorthy et al. 2003]. Postiktale Verwirrtheitszustände und/oder
aggressive Verhaltensweisen, die zeitlich ohne Latenzintervall den Anfällen folgten und bis
zu wenigen Stunden Dauer hatten, wurden hier nicht dazugerechnet.
(12) „Prävalenz
der
interiktalen
Epilepsiepsychosen“:
Alle
Fälle
mit
interiktal
Alle
Fälle
mit
postiktal
vorkommenden psychotischen Syndromen aus der Gruppe (11).
(13) „Prävalenz
der
postiktalen
Epilepsiepsychosen“:
vorkommenden psychotischen Syndromen aus der Gruppe (11).
(14) „Prävalenz der Komorbidität von inter- und postiktalen Epilepsiepsychosen: Alle
Fälle der Gruppe (11), deren psychotische Syndrome komorbid sowohl inter- als auch
periiktal auftraten.
(15) „Prävalenz der Persönlichkeitsstörungen“: In diese Gruppe wurden die Patienten
eingeschlossen, welche die diagnostischen Kriterien von Persönlichkeitsstörungen, Störungen
der Impulskontrolle oder einer organischen Persönlichkeitsstörung nach ICD-10 erfüllten, als
auch Patienten mit akzentuierten Persönlichkeitszügen, die jedoch nicht die Kriterien einer
Persönlichkeitsstörung nach ICD-10 erfüllten. Hier wurden auch epilepsiespezifische
Auffälligkeiten oder Störungen der Persönlichkeit nach dem Klassifikationsvorschlag für
neuropsychiatrische Störungen bei Epilepsien verschlüsselt [Krishnamoorthy et al. 2003],
wie
z.B.
hyperreligiöse,
visköse,
emotional
labile
oder
gemischte
Persönlichkeitsauffälligkeiten. Auch Patienten mit psychomotorischer Verlangsamung, die
45
nicht i. R. eines affektiven Syndroms oder einer bekannten Intelligenzminderung vorkam,
wurden hier miterfasst.
(16) „Prävalenz der organischen Persönlichkeitsstörungen“: Alle Fälle mit organischen
Persönlichkeitsstörungen aus der Gruppe (15).
(17) „Prävalenz der kognitiven Störungen/Intelligenzminderung“: Alle Fälle mit Diagnose
einer Intelligenzminderung oder einer organischen kognitiven Störung nach ICD-10.
(18) „Prävalenz der dissoziativen Krampfanfälle“: Alle Fälle mit Diagnose von dissoziativen
Krampfanfällen nach ICD-10.
(19) „Prävalenz
der
Somatisierungsstörrungen“:
Sämtliche
Fälle
mit
Somatisierungsstörungen nach ICD-10.
2.2.2.2 Interiktaler psychopathologischer Befund
Um die dimensionalen Komponenten der interiktalen Psychopathologie bei der präoperativen
Vorstellung deskriptiv und unabhängig von der gestellten psychiatrischen Diagnose darzustellen,
wurde die relative Häufigkeit für folgende Parameter des psychopathologischen Befundes
(AMDP) bestimmt:
1. Auffälliger psychopathologischer Befund: Hier wurden sämtliche Auffälligkeiten oder
Störungen des psychopathologischen Befundes zusammengefasst.
2. Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen
3. Formale Denkstörungen
4. Phobien: Hier wurden sämtliche phobische Ängste inklusive der Agoraphobie und der
epilepsiecharakteristischen Phobien eingeschlossen.
5. Zwänge
6. Wahn
7. Sinnestäuschungen
8. Ich-Störungen
9. Störungen der Affektivität:
9a.affektarm, 9b.affektstarr, 9c.deprimiert, 9d.Störung der Vitalgefühle,
9e.Insuffizienzgefühle, 9f.Schuldgefühle, 9g.hoffnungslos, 9h.innerlich unruhig
9i.dysphorisch oder gereizt, 9j.ängstlich, 9k.affektlabil, 9l. euphorisch
10. Antriebsarmut oder -hemmung
11. sozialer Rückzug
12. Aggressivität
13. Suizidalität
46
2.2.2.3 Vergleich der klinischen Daten
Zum Vergleich der klinischen Daten zwischen den Diagnosegruppen wurden die Patienten
abhängig von den psychiatrischen Diagnosen in folgende Gruppen unterteilt, wobei der Einfluss
eventuell vorhandener psychiatrischer Komorbiditäten berücksichtigt wurde:
I. „Keine psychiatrischen Diagnosen“: Patienten, bei denen keine klinisch-psychiatrische
inter- oder periiktale Diagnose festgestellt wurde.
II. „Psychiatrische Diagnosen“: Patienten, bei denen klinisch-psychiatrische interund/oder periiktale Diagnosen festgestellt wurden.
a.
„Affektive Störungen (AFS)“: In diese Untergruppe wurden alle Patienten mit
inter- und/oder periiktalen affektiven Störungen zusammengefasst, welche die
Einschlusskriterien der o. g. Gruppe (1): „Prävalenz der affektiven Störungen“ (siehe
auch „2.2.2.1“) erfüllten. Jedoch wurden hier die Patienten, bei denen i. R. einer
psychiatrischen Komorbidität zusätzlich eine Psychose, Persönlichkeitsstörung,
Intelligenzminderung oder organische kognitive Störung dianostiziert wurde,
ausgeschlossen. Die Patienten mit dysphorischen Syndromen bildeten innerhalb der
Gruppe der „AFS“ die Subkategorie „dysphorische Störungen (DS)“. Innerhalb dieser
wiederum wurden die Untergruppen „interiktale dysphorische Störungen (IDS)“ und
„postiktale dysphorische Störungen (PDS)“ gebildet. Da die meisten Patienten mit
interiktalen dysphorischen Störungen komorbid periiktale Dysphorien aufwiesen und
umgekehrt, wurden aus der Subgruppe „IDS“ die Fälle mit komorbiden periiktalen
Syndromen bzw. aus der Subgruppe „PDS“ die Fälle mit komorbiden inter- oder
präiktalen dysphorischen Syndromen nicht ausgeschlossen, um eine für die statistische
Analyse ausreichend hohe Fallzahl der einzelnen Gruppen zu erhalten.
b.
„Epilepsiepsychosen (PSY)“: In diese Untergruppe wurden die Patienten mit
inter-
und/oder
postiktalen
Psychosen
zusammengefasst.
Dabei
galten die
Einschlusskriterien der o. g. Gruppe (11) „Prävalenz der Epilepsiepsychosen“ (siehe
auch „2.2.2.1“). Aufgrund der relativ kleinen Anzahl der Patienten mit PSY wurden
diese in keine weiteren Subkategorien unterteilt, so dass ein getrennter Vergleich
zwischen inter- und postiktalen Psychosen nur deskriptiv möglich war. Da fast alle
Patienten der Gruppe komorbid an einem affektiven Syndrom, insbesondere an einer
epilepsietypischen inter- und/oder periiktalen dysphorischen Störung litten, wurden
diese Fälle der Komorbidität nicht ausgeschlossen, um bei der statistischen
Auswertung eine ausreichend große Fallzahl in den einzelnen Gruppen zu erhalten.
c.
„Persönlichkeitsstörungen (PS)“: Dieser Kategorie wurden die Patienten
zugeordnet, welche die Einschlusskriterien der Gruppe (15) „Prävalenz der
47
Persönlichkeitsstörungen“ erfüllten (siehe auch „2.2.2.1“). Jedoch wurden hier die
Patienten, die komorbid ein affektives oder psychotisches inter- oder periiktales
Syndrom
aufwiesen,
ausgeschlossen.
Da
viele
Patienten
mit
Persönlichkeitsauffälligkeiten komorbid eine Intelligenzminderung oder organische
kognitive
Störungen
aufwiesen,
wurden
diese
Komorbiditätsfälle
nicht
ausgeschlossen, um eine für die statistische Analyse ausreichend hohe Fallzahl zu
erhalten.
d.
Sonstige psychiatrische Diagnosen“: Dieser Untergruppe wurden die Patienten
zugeordnet, deren psychiatrische Diagnosen die Einschlusskriterien der Kategorien „a
– c“ nicht erfüllten.
Die Analyse der Verteilung der klinischen Daten zwischen den Diagnosegruppen erfolgte in vier
sukzessiven Schritten:
(1) Im ersten Schritt wurden die Patienten mit psychiatrischen inter- und/oder periiktalen
Diagnosen mit den Patienten ohne inter- oder periiktale psychiatrische Diagnosen
verglichen.
(2) Im zweiten Schritt wurde die Gruppe „keine psychiatrischen Diagnosen“ mit jeder der
Diagnosenkategorien „AFS“, „PSY“ und „PS“ verglichen.
(3) Im dritten Schritt wurde die Subkategorie „Dysphorische Störungen (DS)“ mit den
Patienten ohne psychiatrische Diagnosen verglichen, um eventuelle spezifische
Assoziationen der klinischen Daten mit den dysphorischen Störungen, die beim
Gruppenvergleich der Übergruppe „AFS“ nicht erkennbar gewesen sind, feststellen zu
können.
(4) Im vierten Schritt erfolgte der getrennte Vergleich der Subgruppe „Interiktale dysphorische
Störungen (IDS)“ bzw. der Subgruppe „Postiktale dysphorische Störungen (PDS)“ mit
den Patienten ohne psychiatrische Diagnosen.
In diesem mehrschrittigen Vergleich diente die Gruppe der Patienten ohne psychiatrische
Diagnosen als Kontrollgruppe.
Bei der statistischen Analyse wurden die klinischen Daten auf folgende Weise kategorisiert:
•
Demographische Daten
- Lebensalter (in Jahren) bei präoperativer Vorstellung
- Geschlecht: männlich/weiblich
48
•
Psychiatrische Vorgeschichte
- Psychiatrische Vorstellung in der Vorgeschichte: ja/nein: Hierzu wurde jede psychiatrische
Vorstellung in der Vergangenheit berücksichtigt, unabhängig ob eine medikamentöse oder
sonstige Therapie stattgefunden hat. Die eventuelle Einnahme von Antidepressiva oder
Neuroleptika bei präoperativer Vorstellung wurde deskriptiv dargestellt.
- Psychiatrische Störung in der Vorgeschichte: ja/nein
Bei den psychiatrischen Störungen in der Vorgeschichte wurden in die „ja“-Gruppen alle
Fälle mit nennenswerter psychiatrisch relevanter Symptomatik eingeschlossen, unabhängig
davon, ob diese auch diagnostische Kriterien von Syndromen erfüllten.
•
Psychiatrische Familienanamnese
- Psychiatrische Störung in der Familienanamnese: ja/nein
•
Biographische Anamnese und Sozialdaten
- Schulabschluss: keine Regelschule/Haupt- od. Realschule/Abitur
- Arbeitsstatus: arbeitslos oder erwerbsunfähig/arbeitstätig
- Feste partnerschaftliche Beziehung: ja/nein
•
Neurologische Daten
- Anfallstyp, Anfallssemiologie, Anfallsfrequenz:
1a. Bericht von Aura (isoliert oder einleitend): ja/nein.
1b. Frequenz der Aura (Anfälle/Monat innerhalb der letzten 6 Monate).
1c. Bericht von epigastrischer Aura: ja/nein.
1d. Bericht von psychischen Phänomenen i. R der Aura (psychische Aura): ja/nein. Hierzu
wurden alle Fälle mit affektiver Symptomatik (z.B. Angst, depressive Stimmung oder
Euphorie) i. R. der Aura berücksichtigt.
1e. Bericht von Angstaura: ja/nein.
2a. Bericht von komplex-partiellen Anfällen: ja/nein.
2b.
Frequenz der komplex-partiellen Anfälle (Anfälle/Monat innerhalb der letzten 6
Monate).
3a. Bericht von sekundär generalisierten Anfälle: ja/nein.
3b. Frequenz der sekundär generalisierten Anfälle (Anfälle/Monat innerhalb der letzten 6
Monate).
- Dauer der Epilepsie und Alter bei Epilepsieerstmanifestation (in Jahren).
- Antiepileptische Medikation: Monotherapie/Polytherapie. Die Patienten, die keine
antikonvulsive Medikation einnahmen, wurden hier ausgeschlossen.
49
- Neurologische Vorgeschichte:
1. von Fieberkrämpfen: ja/nein.
2. von Enzephalitis oder Meningitis: ja/nein.
3. von peripartalen Komplikationen: ja/nein.
•
Lateralität des Anfallsfokus
Der Vergleich zwischen den Gruppen erfolgte in vier Schritten:
1. Im ersten Schritt wurde die Lateralität des Anfallsfokus wie folgt kategorisiert:
rechtsseitig/linksseitig. Alle Fälle, die unbekannten, bilateralen oder fraglich bilateralen
Anfallsursprung hatten, wurden von der Analyse ausgeschlossen.
2. Im zweiten Schritt wurden in die Analyse nur diejenigen Fälle eingeschlossen, die einen
ausschließlich temporal lokalisierten Anfallsursprung aufwiesen. Dazu wurden die Patienten
mit extratemporalem oder gleichzeitig vorliegendem temporalem und extratemporalem
Anfallsfokus ausgeschlossen.
3. Im dritten Schritt erfolgte die Wiederholung des Vergleichs der ersten beiden Schritte
unter zusätzlicher Berücksichtigung der Lateralität des MRT-Befundes. Dabei wurde das
Vorhandensein von Hirnläsionen berücksichtigt, die kontralateral zum Anfallsursprung
lokalisiert gewesen sind und möglicherweise Einfluss auf den psychiatrischen Status
ausgeübt haben. Hierzu wurden alle Patienten ausgeschlossen, bei denen die Lateralität des
Anfallsfokus und die Lateralität der MRT-Läsionen nicht übereinstimmten.
4. Im vierten Schritt erfolgte die Wiederholung der drei ersten Schritte nach Ausschluss der
Linkshänder und Ambidexter.
•
Lokalisation des Anfallsfokus
Der Gruppenvergleich erfolgte in drei Stufen:
1. In der ersten Vergleichsstufe wurden die Patienten abhängig von der Lokalisation des
Anfallsursprungs
in
folgende
Gruppen
unterteilt:
1.temporal,
2.extratemporal,
3.temporal+extratemporal (duale Lokalisation sowohl temporal als auch extratemporal),
4.kryptogen. Zuerst wurden diese vier Gruppen miteinander verglichen; anschließend
erfolgte ein zusätzlicher Vergleich nur zwischen „temporal“ und „extratemporal“. Aus der
Gruppe „extratemporal“ bildeten die Fälle mit ausschließlich frontalem Anfallsursprung die
Untergruppe „frontal“ und es erfolgte ein Vergleich mit „temporal“.
2. In der zweiten Vergleichsstufe erfolgte die Wiederholung des Vergleichs der ersten Stufe
unter zusätzlicher Berücksichtigung des MRT-Befundes. Dabei wurde das Vorhandensein
von Hirnläsionen berücksichtigt, die anders als der Anfallsursprung lokalisiert waren und
möglicherweise Einfluss auf den psychiatrischen Status ausgeübt haben. Hierbei wurden alle
Patienten ausgeschlossen, bei denen die Lokalisation des Anfallsfokus und die Lokalisation
50
der MRT-Läsionen nicht übereinstimmend gewesen sind. Die Fälle der kryptogenen
Anfallsursprünge wurden bei dieser Analyse nicht miterfasst.
3. In der dritten Vergleichsstufe wurde die Statistik der zweiten Stufe wiederholt, wobei in
die Gruppe „temporal“ diesmal nur diejenigen Fälle eingeschlossen wurden, die zusätzlich
die Präsenz einer Hippokampussklerose- oder –atrophie im MRT aufwiesen.
Die Verteilung der klinischen Daten zwischen den Diagnosegruppen wurde bei nominalen Daten
2
2
mit Kreuztabellen und dem χ -Test bzw. dem χ -Vierfeldertest nach Pearson untersucht. Wenn
beim Vierfeldertest in einem Feld der Kontigenztafel weniger als 5 Beobachtungen zu erwarten
waren, wurde die Signifikanz nach dem exakten Test nach Fisher berechnet [Normann und
Streiner 1994].
Die metrischen Daten wurden zuerst mit dem Kolomogorov-Smirnov Test auf ihre
Verteilungsform überprüft. Waren die Daten hinreichend normal verteilt, wurden sie weiter mit
einer Varianzanalyse (ANOVA, Analysis of Variance) bzw. einem t-Test für unabhängige
Stichproben verglichen. Bei einer signifikanten Abweichung von der Normalverteilung wurden
sie mit einem nicht-parametrischen Test (H-Test nach Kruskall und Wallis) analysiert [Bühl und
Zöfel 1999]. In beiden Fällen wurde die Homogenität der Varianzen geprüft.
Das Signifikanzniveau wurde auf 5% und das Hochsignifikanzniveau auf 0,3% festgelegt. Die
Ergebnisse zwischen 5% und 10% wurden als grenzwertig signifikant ausgewertet.
2.3 Längsschnittsanalyse des postoperativen psychiatrischen Outcomes
2.3.1 Klinische Daten
Die Daten zum präoperativen neurologischen und psychiatrischen Status wurden direkt von der
oben beschriebenen Querschnittsanalyse übernommen: die psychiatrischen Diagnosen, der
psychopathologische Befund nach dem AMDP-System, die demographischen Daten, die
psychiatrische Vorgeschichte, die Sozialdaten, die Dauer der Epilepsie, das Alter bei
Epilepsieerstmanifestation und die Händigkeit.
Zusätzlich wurden folgende Daten zum postoperativen Status erfasst:
o die bei den psychiatrischen Vorstellungen 3- und 12 Monate postoperativ gestellten
Diagnosen,
o der psychopathologische Befund (AMDP) 3- und 12 Monate postoperativ,
o die Lokalisation des epilepsiechirurgischen Eingriffs,
o die operativen Verfahren der epilepsiechirurgischen Interventionen,
51
o das Anfallsoutcome nach Engel,
o der postoperative Berufsstatus,
o die peri- und postoperative psychiatrische Medikamentenanamnese.
2.3.2 Statistik
2.3.2.1 Outcome der psychiatrischen Diagnosen
Das postoperative Outcome der psychiatrischen Diagnosen wurde zuerst deskriptiv dargestellt.
Dabei wurden die psychiatrischen Diagnosen für jeden Patienten in drei Kategorien unterteilt:
I. prä-OP: hier wurde der psychiatrische Status bei der präoperativen Vorstellung erfasst.
Psychiatrische Diagnosen aus der Vorgeschichte ohne direkten Bezug auf den psychiatrischen
Status bei der präoperativen Vorstellung wurden dabei ausgeschlossen.
II. 3 Monate post-OP: hierzu wurde der psychiatrische Status für den gesamten Zeitraum
zwischen dem Eingriff und der Vorstellung 3 Monate postoperativ berücksichtigt.
III. 12 Monate post-OP: hier wurde der psychiatrische Status bei der Vorstellung 12 Monate
postoperativ erfasst.
Es folgte eine Kategorisierung der Diagnosekombinationen des psychiatrischen Outcomes in
Hauptgruppen (A-I):
A. Keine psychiatrischen Diagnosen prä- und post-OP: Patienten, bei denen sowohl bei der
präoperativen Vorstellung als auch innerhalb des ersten postoperativen Jahres keine inter- oder
periiktale Diagnose festgestellt werden konnte.
B. Psychiatrische Diagnosen: hier wurden sämtliche inter- und/oder periiktale psychiatrische
Diagnosen prä- und/oder postoperativ berücksichtigt.
C. Affektive Störungen (AFS): hier wurden sämtliche inter- und/oder periiktale affektive
Syndrome prä- und/oder postoperativ berücksichtigt; alle Fälle mit depressiven Syndromen
(rezidivierende depressive Störungen mit aktueller depressiver Episode, organische depressive
Störungen, brief recurrent depression, reaktive depressive Störungen, medikamentös induzierte
depressive Störungen, nicht näher definierte depressive Episoden), bipolaren oder anhaltenden
affektiven Störungen nach ICD-10. Des Weiteren wurden hier die Patienten dazugerechnet, die
die diagnostischen Kriterien der epilepsietypischen inter- und/oder periiktalen dysphorischen
Störungen sowie der epilepsietypischen Angststörungen nach dem Klassifikationsvorschlag für
neuropsychiatrische Störungen bei Epilepsien erfüllten [Krishnamoorthy et al. 2003].
D.
Dysphorische
Störungen
(DS):
hier
wurden
die
inter-
und/oder
periiktalen
epilepsietypischen dysphorischen Syndrome prä- und/oder postoperativ berücksichtigt.
52
E. und F. In einem weiteren Schritt wurde das Outcome der interiktalen (E) bzw. periiktalen
(F) dysphorischen Störungen dargestellt.
G. Epilepsiepsychosen: In diese Gruppe wurden folgende Fälle eingeschlossen: Patienten,
welche die diagnostischen Kriterien von Schizophrenie, schizotypen und wahnhaften Störungen
nach ICD-10 erfüllten, sowie die epilepsietypischen inter- und postiktalen Psychosen nach den
diagnostischen Kriterien des Klassifikationsvorschlags für neuropsychiatrische Störungen bei
Epilepsien [Krishnamoorthy et al. 2003].
H. Akute hirnorganische Psychosyndrome: Alle Fälle mit organischen akuten psychischen
Störungen nach ICD-10, die nicht die Einschlusskriterien der Gruppe „G“ erfüllten.
I. Persönlichkeitsstörungen: In diese Gruppe wurden die Patienten eingeschlossen, die die
diagnostischen Kriterien von Persönlichkeitsstörungen, Störungen der Impulskontrolle oder von
organischer Persönlichkeitsstörung nach ICD-10 erfüllten, als auch Patienten mit akzentuierten
Persönlichkeitszügen, die jedoch nicht die Kriterien einer Persönlichkeitsstörung nach ICD-10
erfüllten. Hier wurden auch epilepsiespezifische Auffälligkeiten oder Störungen der
Persönlichkeit nach dem Klassifikationsvorschlag für neuropsychiatrische Störungen bei
Epilepsien verschlüsselt [Krishnamoorthy et al. 2003], wie z. B. hyperreligiöse, visköse,
emotional
labile
oder
gemischte
Persönlichkeitsauffälligkeiten.
Die
Patienten
mit
psychomotorischer Verlangsamung, die nicht i. R. eines affektiven Syndroms oder einer
bekannten
Intelligenzminderung
vorkam
sowie
die
chronischen
hirnorganischen
Psychosyndrome sind hier ebenfalls miterfasst worden.
[Die o.g. Diagnosegruppen „B-I„ wurden jeweils in drei Untergruppen aufgeteilt, abhängig vom
Zeitpunkt der Diagnosenstellung:
1. „de novo post-OP“: Stellung der Diagnose „B-I„ nur innerhalb des ersten postoperativen
Jahres,
2. „prä- und post-OP“: Stellung der Diagnose „B-I„ sowohl bei der präoperativen Vorstellung
als auch innerhalb des ersten postoperativen Jahres und
3. „Remission post-OP“: Stellung der Diagnose „B-I„ nur präoperativ und postoperative
Remission bis spätestens 1 Jahr nach der Epilepsiechirurgie]
2.3.2.2 Outcome des interiktalen psychopathologischen Befundes
Um das Outcome der dimensionalen Komponenten der interiktalen Psychopathologie deskriptiv
und unabhängig von den gestellten psychiatrischen Diagnosen darzustellen, wurde das Outcome
des psychopathologischen Befundes (AMDP) in die folgenden Gruppen „1-13“ kategorisiert:
53
1. Unauffälliger psychopathologischer Befund prä- und post-OP: Hier wurden die Fälle erfasst,
die sowohl bei der präoperativen Vorstellung als auch innerhalb des ersten postoperativen Jahres
einen insgesamt unauffälligen psychopathologischen Befund aufwiesen.
2. Auffälliger psychopathologischer Befund: Hier wurden sämtliche Auffälligkeiten oder
Störungen des psychopathologischen Befundes zusammengefasst.
3. Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen
4. Formale Denkstörungen
5. Phobien: Hier wurden sämtliche phobische Ängste inklusive der Agoraphobie und der
epilepsiecharakteristischen Phobien eingeschlossen.
6. Zwänge
7. Wahn
8. Sinnestäuschungen
9. Ich-Störungen
10. Störungen der Affektivität:
10a.affektarm,10b.deprimiert, 10c. Störung der Vitalgefühle, 10d. Insuffizienzgefühle,
10e. innerlich unruhig, 10f. dysphorisch oder gereizt, 10g. ängstlich, 10h. affektlabil,
10i. euphorisch
11. Antriebsarmut oder -hemmung
12. sozialer Rückzug
13. Aggressivität
14. Suizidalität
[Die oben aufgelisteten Parameter „2-13“ des psychopathologischen Befundes wurden jeweils in
folgende drei Untergruppen aufgeteilt, abhängig vom Zeitpunkt der Diagnosenstellung:
a. Vorhandensein der Störung „2-13„ nur innerhalb des ersten postoperativen Jahres
(„de novo post-OP“),
b. Vorhandensein der Störung „2-13„ sowohl bei der präoperativen Vorstellung als auch
innerhalb des ersten postoperativen Jahres („prä- und post-OP“),
c. Vorhandensein der Störung „2-13„ nur bei der präoperativen Vorstellung und postoperative
Remission spätestens 1 Jahr nach der Epilepsiechirurgie („post-OP Remission“)]
2.3.2.3 Vergleich der klinischen Daten
Die Analyse der Verteilung der klinischen Daten zwischen den Gruppen des Outcomes der
psychiatrischen Diagnosen wurde in vier Schritte aufgeteilt (zur Kategorisierung der
Diagnosegruppen siehe auch „2.3.2.1“):
54
(1) Im ersten Schritt wurden die Patienten, die sowohl bei der präoperativen Vorstellung als auch
innerhalb des ersten postoperativen Jahres keine psychiatrischen inter- und/oder
periiktalen Diagnosen aufwiesen, mit den Patienten verglichen, bei denen bei der
präoperativen Vorstellung keine psychiatrische Diagnose und innerhalb des ersten
postoperativen Jahres ein „de novo“ psychiatrisches Syndrom festgestellt werden konnte.
(2) Im zweiten Schritt wurden die Patienten, die sowohl bei der präoperativen Vorstellung als
auch innerhalb des ersten postoperativen Jahres keine psychiatrischen inter- und/oder
periiktalen Diagnosen aufwiesen, mit den Patienten verglichen, bei denen bei der
präoperativen Vorstellung keine psychiatrische Diagnose und innerhalb des ersten
postoperativen Jahres eine „de novo“ affektive Störung festgestellt werden konnte.
(3) Im dritten Schritt erfolgte ein Vergleich der Patienten, bei denen sowohl bei der
präoperativen Vorstellung als auch innerhalb des ersten postoperativen Jahres eine interund/oder periiktale Diagnose gestellt wurde, mit den Patienten, die nur bei der
präoperativen Vorstellung eine Diagnose aufwiesen, die spätestens 1 Jahr nach der
Epilepsiechirurgie zur weitgehenden Remission gekommen ist.
(4) Im vierten Schritt erfolgte ein Vergleich der Patienten, bei denen sowohl bei der
präoperativen Vorstellung als auch innerhalb des ersten postoperativen Jahres eine interund/oder periiktale affektive Störung gestellt wurde, mit den Patienten, die nur bei der
präoperativen Vorstellung ein affektives Syndrom aufwiesen, das spätestens 1 Jahr nach der
Epilepsiechirurgie zur weitgehenden Remission gekommen ist.
Bei der statistischen Analyse wurden die klinischen Daten auf folgende Weise kategorisiert:
•
Psychiatrische Vorgeschichte
- Psychiatrische Störung in der Vorgeschichte: ja/nein
(Zur Kategorisierung der psychiatrischen Vorgeschichte siehe „2.2.2.3“)
•
Demographische Daten
- Lebensalter (in Jahren) bei Epilepsiechirurgie
- Geschlecht: männlich/weiblich
•
Biographische Anamnese und Sozialdaten:
- Arbeitsstatus: arbeitslos oder erwerbsunfähig 1 Jahr post-OP/arbeitstätig 1 Jahr post-OP.
Hier wurden die Patienten ausgeschlossen, die zum psychiatrischen 12 MonateVorstellungstermin nicht erschienen.
•
Outcome des Anfallsstatus nach der Engel-Klassifikation [Engel et al. 1993]: Klasse 1
oder 2 vs. Klasse 3 oder 4. In die erste Gruppe (Klasse 1 oder 2) wurden die Patienten
55
eingeschlossen, die im 1. postoperativen Jahr anfallsfrei oder nahezu anfallsfrei gewesen
sind, während in die zweite Gruppe (Klasse 3 oder 4) die Patienten mit weiteren Anfällen in
reduzierter Frequenz oder mit keiner wesentlichen Änderung des Anfallsstatus oder mit
Verschlechterung der Anfälle eingeteilt wurden.
•
Lateralität der Epilepsiechirurgie: Der Gruppenvergleich erfolgte in drei Schritten:
1. Im ersten Schritt wurde die Lateralität der Resektion wie folgt kategorisiert:
rechtsseitig/linksseitig, wobei die Patienten, bei denen keine resektive Epilepsiechirurgie,
sondern eine Implantation eines radioaktiven Seeds erfolgte, ausgeschlossen wurden.
2. Im zweiten Schritt wurden in die Analyse nur diejenigen Fälle eingeschlossen, die sich
einer ausschließlich temporal lokalisierten Resektion unterzogen. Hier wurden die Patienten
mit extratemporalen oder gleichzeitig durchgeführten temporalen und extratemporalen
Resektionen ausgeschlossen.
3. Im dritten Schritt erfolgte die Wiederholung der zwei ersten Schritte nach Ausschluss der
Linkshänder und Ambidexter.
• Lokalisation der Epilepsiechirurgie: Der Gruppenvergleich erfolgte in drei Stufen:
1. In der ersten Vergleichsstufe wurden die Patienten abhängig von der Lokalisation der
Epilepsiechirurgie
in
folgende
Gruppen
unterteilt:
1.temporal,
2.extratemporal,
3.temporal+extratemporal. Zuerst wurden diese 3 Gruppen miteinander verglichen;
anschließend
erfolgte
ein
zusätzlicher
Vergleich
nur
zwischen
„temporal“ und
„extratemporal“.
2. In der zweiten Vergleichsstufe wurden die Fälle, deren temporal lokalisierter operativer
Eingriff mit einer selektiven Entfernung oder mit Mitentfernung der Amygdala und des
Hippokampus (Amygdalahippokampektomie) einherging, mit den Patienten verglichen,
deren temporal lokalisierter operativer Eingriff keine selektive Entfernung oder
Mitentfernung der Amygdala und des Hippokampus (Amygdalahippokampektomie)
beinhaltete.
Die Verteilung der klinischen Daten zwischen den Diagnosegruppen wurde bei nominalen Daten
2
2
mit Kreuztabellen und dem χ -Test bzw. dem χ -Vierfeldertest nach Pearson untersucht. Wenn
beim Vierfeldertest in einem Feld der Kontigenztafel weniger als 5 Beobachtungen zu erwarten
waren, dann wurde die Signifikanz nach dem exakten Test nach Fisher berechnet [Normann und
Streiner 1994]. Die metrischen Daten wurden zuerst mit dem Kolomogorov-Smirnov-Test auf
ihre Verteilungsform überprüft. Waren die Daten hinreichend normalverteilt, wurden sie weiter
mit einer Varianzanalyse (ANOVA, Analysis of Variance) bzw. einem t-Test für unabhängige
56
Stichproben verglichen. Bei einer signifikanten Abweichung von der Normalverteilung wurden
sie mit einem nicht-parametrischen Test (H-Test nach Kruskall und Wallis) analysiert [Bühl und
Zöfel 1999].
Das Signifikanzniveau wurde auf 5% und das Hochsignifikanzniveau auf 0,3% festgelegt. Die
Ergebnisse zwischen 5% und 10% wurden als grenzwertig signifikant ausgewertet.
57
3. Ergebnisse
3.1 Querschnittsanalyse der präoperativen Psychopathologie
Zwischen 1999 und 2002 wurden 154 Patienten, die als Epilepsiechirurgiekandidaten in der
Sektion für Prächirurgische Epilepsiediagnostik am Neurozentrum der Universitätsklinik
Freiburg untersucht wurden, präoperativ auch in der psychiatrischen Universitätsklinik
vorgestellt.
Hiervon ausgeschlossen wurden 6 Patienten mit generalisierter Epilepsie und 4 Patienten mit
dissoziativen Anfällen ohne sicheren Nachweis einer Epilepsie, so dass die endgültige
Stichprobe aus 144 Patienten bestand.
3.1.1 Prävalenz der psychiatrischen Diagnosen
Bei 57 Patienten (40%) wurden bei der präoperativen psychiatrischen Vorstellung keine
psychiatrischen Diagnosen gestellt, während bei 87 Patienten (60%) eine inter- und/oder
periiktale psychiatrische Diagnose in der Querschnittsuntersuchung zutraf.
Tab.
8
stellt
deskriptiv
die
Gesamtheit
der
diagnostischen
Konstellationen
unter
Berücksichtigung der psychiatrischen Komorbiditäten dar.
Tab. 9 zeigt die Punktprävalenzraten der diagnostischen Hauptgruppen, unabhängig von
eventuell vorhandenen psychiatrischen Komorbiditäten (zu den Einschlusskriterien für die
einzelnen Gruppen siehe „2.2.2.1“). Die affektiven Störungen (inter- und/oder periiktal, nach
ICD-10 oder epilepsietypisch) waren die am häufigsten gestellte Diagnose mit einer Prävalenz
von 42% (60/144). Schließt man die Fälle mit ausschließlich periiktalen affektiven Störungen
aus, so ergibt sich eine Prävalenzrate für interiktal vorkommende affektive Syndrome von 32%.
39 der 60 Patienten mit Diagnose einer affektiven Störung haben die diagnostischen Kriterien
der epilepsietypischen dysphorischen Störung erfüllt, hiervon 9 nur interiktal, 13 nur periiktal
und 17 inter- und periiktal. Bei insgesamt 9 Patienten (Prävalenz 6%) sind psychotische
Störungen diagnostiziert worden, hiervon 2 nur interiktal, 4 nur postiktal und 3 komorbid interund postiktal. Bei 18% konnten Persönlichkeitsstörungen festgestellt werden.
58
Tab. 8: Deskriptive Darstellung der psychiatrischen Diagnosen bei der präoperativen Vorstellung
Psychiatrische Diagnosen
Fälle
Keine psychiatrische Diagnose inter- oder periiktal
57
Interiktale dysphorische Störung
7
Präiktale dysphorische Störung
2
Postiktale dysphorische Störung
3
Inter-, prä- und postiktale dysphorische Störung
5
Inter- und postiktale dysphorische Störung
11
Rezidivierende depressive Störung
5
Rezidivierende depressive Störung, aktuell remittiert
3
Organische depressive Störung
2
Medikamentös induzierte depressive Störung
1
Reaktive depressive Störung
2
Depressive Episode, sonstige
4
Depressive Episode, sonstige + Intelligenzminderung
1
Dysthymia
1
Epilepsietypische Angststörung
1
Postiktale Psychose + postiktale dysphorische Störung
1
Postiktale Psychose + interiktale dysphorische Störung
1
Postiktale Psychose
1
Interiktale schizophreniforme Psychose + postiktale Psychose + interiktale dysphorische Störung
1
Postiktale Psychose + depressive Episode, nicht näher definiert
1
Organische schizophreniforme Störung
1
Interiktale schizophreniforme Psychose + präiktale dysphorische Störung + dissoziative Anfälle
1
Interiktale schizophreniforme Psychose + postiktale Psychose + präiktale dysphorische Störung
1
Interiktale schizophreniforme Psychose + postiktale Psychose + postiktale dysphorische Störung + Geschwind-Syndrom
1
Organische Persönlichkeitsstörung, sonstige + autistische Verhaltensauffälligkeiten + kognitive Störung
1
Organische Persönlichkeitsstörung vom viskösen Typ bei Epilepsie
2
Organische Persönlichkeitsstörung, sonstige + Intelligenzminderung
4
Organische Persönlichkeitsstörung, sonstige + leichte organische kognitive Störung
1
Organische kognitive Störung + postiktale dysphorische Störung
2
Emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typus + postiktale dysphorische Störung
1
Psychomotorische Verlangsamung + präiktale dysphorische Störung
1
Psychomotorische Verlangsamung + postiktale dysphorische Störung
1
Psychomotorische Verlangsamung
3
Akzentuierte histrionische Persönlichkeitszüge
1
Organische emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typus
1
Akzentuierte emotional instabile Persönlichkeitszüge vom impulsiven Typus
1
Paranoide Persönlichkeitsstörung
1
Organische Persönlichkeitsstörung, sonstige
2
Störung der Impulskontrolle
1
Störung der Impulskontrolle + Intelligenzminderung + posttraumatische Belastungsstörung + dissoziative Anfälle
1
Abhängige Persönlichkeitsstörung
1
Akzentuierte emotional instabile und abhängige Persönlichkeitszüge + dissoziative Anfälle
1
Akzentuierte ängstliche Persönlichkeitszüge
1
Somatisierungsstörung + dissoziative Anfälle
1
Somatisierungsstörung + Intelligenzminderung
1
Intelligenzminderung
1
Gesamt
144
59
Tab. 9: Punktprävalenz der psychiatrischen Diagnosen bei der präoperativen Vorstellung
Psychiatrische Diagnosen
Prävalenz (%)
1. Affektive Störungen
60/144 (42%)
2. Interiktale affektive Störungen
46/144 (32%)
3. Dysphorische Störungen
39/144 (27%)
4. Interiiktale dysphorische Störungen
26/144 (18%)
5. Periiktale dysphorische Störungen
30/144 (21%)
6. Postiktale dysphorische Störungen
25/144 (17%)
7. Präiktale dysphorische Störungen
10/144 (7%)
8. Komorbidität von inter- und postiktalen dysphorischen Störungen
16/144 (11%)
9. Komorbidität von inter- und präiktalen dysphorischen Störungen
6/144 (4%)
10. Komorbidität von prä- und postiktalen dysphorischen Störungen
5/144 (4%)
11. Epilepsiepsychosen
9/144 (6%)
12. Interiktale Epilepsiepsychosen
5/144 (4%)
13. Postiktale Epilepsiepsychosen
7/144 (5%)
14. Komorbidität von inter- und postiktalen Epilepsiepsychosen
3/144 (2%)
15. Persönlichkeitsstörungen
26/144 (18%)
16. Organische Persönlichkeitsstörungen
12/144 (8%)
17. Organische kognitive Störungen/Intelligenzminderung
12/144 (8%)
18. Dissoziative Anfälle
4/144 (3%)
19. Somatisierungsstörungen
2/144 (1%)
Gesamt
87/144 (60%)
3.1.2 Interiktaler psychopathologischer Befund
Die relative Häufigkeit der dimensionalen Parameter des interiktalen psychopathologischen
Befundes (nach AMDP) wird in Tab. 10 dargestellt. 113 der 144 Patienten (79%) hatten einen
insgesamt auffälligen psychopathologischen Befund, während nur 31 der 144 Patienten (21%)
im Querschnitt psychopathologisch vollkommen unauffällig waren. Aufmerksamkeits- und
Gedächtnisstörungen waren mit einer relativen Häufigkeit von 69% die am häufigsten
dokumentierte Störung, die Störungen der Affektivität mit 61% die zweithäufigste
psychopathologische Auffälligkeit.
60
Tab.10: Interiktaler psychopathologischer Befund bei der präoperativen Vorstellung
Psychopathologischer Befund (nach AMDP)
Relative
Häufigkeit (%)
1. Auffälliger psychopathologischer Befund
113/144 (79%)
2. Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen
100/144 (69%)
3. Formale Denkstörungen
78/144 (54%)
4. Phobien
6/144 (4%)
5. Zwänge
5/144 (4%)
6. Wahn
8/144 (6%)
7. Sinnestäuschungen
10/144 (7%)
8. Ich-Störungen
9/144 (6%)
9. Störungen der Affektivität
88/144 (61%)
9a.affektarm
26/144 (18%)
9b.affektstarr
7/144 (5%)
9c.deprimiert
49/144 (34%)
9d.Störung der Vitalgefühle
38/144 (26%)
9e.Insuffizienzgefühle
31/144 (22%)
9f.Schuldgefühle
6/144 (4%)
9g.hoffnungslos
9/144 (6%)
9h.innerlich unruhig
41/144 (29%)
9i.dysphorisch oder gereizt
46/144 (32%)
9j.ängstlich
33/144 (23%)
9k.affektlabil
29/144 (20%)
9l. euphorisch
5/144 (4%)
10. Antriebsarmut oder -hemmung
59/144 (41%)
11. sozialer Rückzug
34/144 (24%)
12. Aggressivität
25/144 (17%)
13. Suizidalität
0/144 (0%)
3.1.3 Vergleich der klinischen Daten
In Tab. 11 sind die diagnostischen Gruppen, die zum Vergleich der klinischen Daten gebildet
wurden, aufgeführt (zu den Einschlusskriterien für die einzelnen Untergruppen siehe „2.2.2.3“).
48 Patienten erfüllten die Einschlusskriterien der „affektiven Störungen (AFS)“, von denen 28 an
dysphorischen und 20 an sonstigen affektiven Syndromen litten. IDS wurden bei 23 und PDS bei
19 Patienten festgestellt.
3
Patienten
zeigten
Persönlichkeitsauffälligkeiten,
periiktale
1
Patient
dysphorische
litt
an
Störungen
einem
und
depressivem
komorbide
Syndrom
und
Intelligenzminderung, bei einem Patienten wurde als einzige psychiatrische Diagnose
61
Intelligenzminderung festgestellt, 2 Fälle zeigten organische kognitive Störungen und postiktale
dysphorische Syndrome, 1 Patient wies eine Somatisierungsstörung und 1 Patient eine
Somatisierungsstörung mit dissoziativen Anfällen auf. Diese Patienten bildeten die Untergruppe
„sonstige psychiatrische Diagnosen“.
Tab. 11: Verteilung der psychiatrischen Diagnosen auf Untergruppen
Psychiatrische Diagnosen
Fälle
I. keine psychiatrischen Diagnosen
57
II. psychiatrische Diagnosen
87
a. Affektive Störungen (AFS)
47
aa. Dysphorische Störungen (DS)
28
aaa. Interiktale Dysphorische Störungen (IDS)
23
aab. Postiktale Dysphorische Störungen (PDS)
19
b. Epilepsiepsychosen (PSY)
9
c. Persönlichkeitsstörungen (PS)
22
d. sonstige psychiatrische Diagnosen
9
Gesamt:144
3.1.3.1 Demographische Daten
1. Geschlecht (Tab.12-13)
Bei der Analyse der Geschlechtsverteilung zeigte sich ein grenzwertig signifikantes Ergebnis bei
2
dem χ -Vierfeldertest zwischen den Patienten ohne psychiatrische Diagnose und den affektiven
Störungen (p=0,082), wobei 58% der Patienten mit AFS und 40% der Patienten ohne
psychiatrische Diagnose weiblich waren.
2
Dieser Unterschied war signifikant bei den χ -Vierfeldertests zwischen den Patienten ohne
psychiatrische Diagnose und den dysphorischen Störungen (p=0,038) bzw. den periiktalen
dysphorischen Störungen (p=0,034), wobei 64% der Fälle mit DS und 68% der Fälle mit PID
weiblich waren.
Tab. 12: Geschlechtsverteilung
Psychiatrische Diagnosen prä-OP
keine
psychiatrischen
Diagnosen vs.
Geschlecht
psychiatrische
affektive
Epilepsie-
Persönlichkeits-
Diagnosen
Störungen
psychosen
störungen
weiblich
23
46
27
5
10
männlich
34
41
20
4
12
57
87
47
9
22
p=0,141
p=0,082
p=0,478
p=0,680
Gesamt
Chi-Quadrat
62
Tab 13: Geschlechtsverteilung
Psychiatrische Diagnosen prä-OP
keine
psychiatrischen
Diagnosen vs.
Geschlecht
dysphorische
Störungen
interiktale
postiktale
dysphorische
dysphorische
Störungen
Störungen
weiblich
23
18
14
13
männlich
34
10
9
6
57
28
23
19
p=0,038
p=0,096
p=0,034
Gesamt
Chi-Quadrat
2. Lebensalter (Tab.14-15)
Im Komogorov-Smirnov Test zeigte sich keine signifikante Abweichung der Verteilungsform
des Lebensalters von der Normalverteilung (p=0,322). So wurde die Altersverteilung mit t-Tests
verglichen.
Beim Vergleich zwischen der Kontrollgruppe und den einzelnen Diagnosengruppen wurde kein
signifikanter Unterschied bezüglich der Altersverteilung beobachtet.
Tab.14: Altersverteilung
t-Tests für unabhängige Stichproben
keine
psychiatrischen
Diagnosen vs.
psychiatrische
Diagnosen
Alter prä-OP
N
57
Mittelwert
35,96
Standardabweichung
12,27
95%-Konfidenzintervall
32,71; 39,22
N
87
Mittelwert
37,86
Standardabweichung
11,66
95%-Konfidenzintervall
35,38; 40,35
p=0,351
Psychiatrische
Diagnosen
affektive
Störungen
prä-OP
N
47
Mittelwert
40,62
Standardabweichung
11,54
95%-Konfidenzintervall
37,23; 44,01
p=0,051
Epilepsiepsychosen
N
9
Mittelwert
33,89
Standardabweichung
11,54
95%-Konfidenzintervall
25,02; 42,76
p=0,636
Persönlichkeitsstörungen
N
22
Mittelwert
35,91
Standardabweichung
10,42
95%-Konfidenzintervall
31,29; 40,53
p=0,985
63
Tab. 15: Altersverteilung
t-Tests für unabhängige Stichproben
keine
psychiatrischen
Diagnosen vs.
dysphorische
Störungen
Psychiatrische
Alter prä-OP
N
47
Mittelwert
40,66
Standardabweichung
11,58
95%-Konfidenzintervall
32,71; 39,22
N
28
Mittelwert
39,32
Standardabweichung
11,68
95%-Konfidenzintervall
34,79; 43,85
p=0,232
Diagnosen
N
23
interiktale
Mittelwert
39,91
dysphorische
Standardabweichung
12,47
Störungen
95%-Konfidenzintervall
34,52; 45,31
prä-OP
p=0,199
postiktale
N
19
Mittelwert
39,05
dysphorische
Standardabweichung
11,81
Störungen
95%-Konfidenzintervall
33,36; 44,75
p=0,571
3.1.3.2 Psychiatrische Daten
1. psychiatrische Vorgeschichte (Tab. 16-17)
64% der Patienten mit im Querschnitt gestellter psychiatrischer Diagnose, 77% der AFS-, 71%
der DS- (83% der IDS-, 84% der PDS-) und 78% der PSY-Gruppe hatten eine psychiatrisch
relevante Störung in der Vorgeschichte, so dass in allen diesen Fällen ein hochsignifikanter
Unterschied im Vergleich zu den Patienten ohne psychiatrische Diagnose im Querschnitt
festgestellt werden konnte. Ähnliche hochsignifikante Unterschiede zeigten sich hinsichtlich der
Häufigkeitsverteilung der psychiatrischen Vorstellung in der Vorgeschichte: bei 38% der
Patienten mit psychiatrischer Diagnose im Querschnitt, 38% der AFS-, 39% der DS- (44% der
IDS-, 47% der PDS-) und 78% der PSY-Gruppe im Vergleich zu 7% der Patienten ohne
psychiatrische Diagnose im Querschnitt war eine psychiatrische Vorstellung bereits vor der
präoperativen Diagnostik bekannt.
Beim präoperativen psychiatrischen Vorstellungstermin nahmen 2 der 28 Patienten mit
dysphorischen Störungen und 6 der 47 Patienten mit sonstigen affektiven Syndromen bereits
antidepressive Medikation ein. Ferner befanden sich 4 der 9 Patienten mit Epilepsiepsychosen in
Therapie mit Neuroleptika.
64
Tab. 16: psychiatrische Vorgeschichte
Psychiatrische Diagnosen prä-OP
keine
psychiatrischen
Diagnosen vs.
psychiatrische
Störung in der
Vorgeschichte
psychiatrische
affektive
Epilepsie-
Persönlichkeits-
Diagnosen
Störungen
psychosen
störungen
ja
11
56
36
7
7
nein
46
31
11
2
15
57
87
47
9
22
p=0,000
p=0,000
p=0,001
p=0,234
Gesamt
Chi-Quadrat
psychiatrische
Vorstellung in der
Vorgeschichte
ja
4
33
18
7
5
nein
53
54
29
2
17
57
87
47
9
22
p=0,000
p=0,000
p=0,000
p=0,106
Gesamt
Chi-Quadrat
Tab. 17: psychiatrische Vorgeschichte
psychiatrische Diagnosen prä-OP
keine
psychiatrischen
Diagnosen vs.
psychiatrische
Störung in der
Vorgeschichte
Vorgeschichte
postiktale
dysphorische
dysphorische
Störungen
Störungen
11
20
19
16
nein
46
8
4
3
57
28
23
19
p=0,000
p=0,000
p=0,000
Chi-Quadrat
psychiatrische
Störungen
interiktale
ja
Gesamt
Vorstellung in der
dysphorische
ja
4
11
10
9
nein
53
17
13
10
57
28
23
19
p=0,001
p=0,000
p=0,000
Gesamt
Chi-Quadrat
2. psychiatrische Familienanamnese (Tab.18-19)
Es ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Diagnosegruppen hinsichtlich
der Häufigkeit von psychiatrischen Störungen in der Familienanamnese. Die Patienten mit
affektiven Störungen hatten grenzwertig signifikant häufiger eine positive psychiatrische
Familienanamnese (28%, p=0,085) als die Patienten ohne psychiatrische Diagnose (14%). 21%
der Fälle mit DS (26% der IDS und 21% der PDS) hatten Verwandte 1. Grades mit psychischen
Störungen. Bei 22% der Patienten mit AFS, 15% der DS (19% der IDS und 12% der PDS) waren
depressive Syndrome in der Familienanamnese bekannt. Bei keinem der Patienten mit PSY
waren psychotische Störungen in der Familienanamnese bekannt.
65
Tab. 18 psychiatrische Familienanamnese
Psychiatrische Diagnosen prä-OP
keine
psychiatrischen
psychiatrische
affektive
Epilepsie-
Persönlichkeits-
Diagnosen
Störungen
psychosen
störungen
Diagnosen vs.
psychiatrische
Störung in der
Familienanamnese
ja
8
17
13
2
1
nein
49
70
34
7
21
57
87
47
9
22
p=0,394
p=0,085
p=0,616
p=0,432
Gesamt
Chi-Quadrat
Tab. 19 psychiatrische Familienanamnese
Psychiatrische Diagnosen prä-OP
keine
psychiatrischen
Diagnosen vs.
Störung in der
Störungen
interiktale
postiktale
dysphorische
dysphorische
Störungen
Störungen
ja
8
6
6
4
nein
49
22
17
15
psychiatrische
Familienanamnese
dysphorische
Gesamt
57
Chi-Quadrat
28
23
19
p=0,535
p=0,210
p=0,481
3.1.3.3 Biographische Anamnese und Sozialdaten
1. Schulabschluss (Tab. 20-21)
Ein signifikanter Unterschied zwischen den Diagnosengruppen zeigte sich nur beim Vergleich
der Patienten ohne psychiatrische Diagnose (5% keine Regelschule, 74% Haupt-/Realschule,
21% Abitur) mit den Fällen mit PS (23% keine Regelschule, 68% Haupt-/Realschule, 9% Abitur,
p=0,047).
2. Arbeitsstatus (Tab. 20-21)
Ein hochsignifikanter Unterschied zeigte sich zwischen der Kontrollgruppe (Patienten ohne
psychiatrische Diagnose: 28% arbeitslos od. erwerbsunfähig) und der Gruppe der
zusammengefassten Fälle mit psychiatrischer Diagnose (68% arbeitslos od. erwerbsunfähig).
Auch die Patienten der einzelnen Diagnosengruppen waren grenzwertig bis hochsignifikant
häufiger
arbeitslos
oder
erwerbsunfähig
im
Vergleich
zur
Kontrollgruppe
[arbeitslos/erwerbsunfähig: 62% der AFS- (p=0,001), 64% der DS- (p=0,001), 74% der IDS(p=0,000), 53% der PDS- (p=0,051), 78% der PSY- (p=0,007), 64% der PS-Untergruppe
(p=0,004)].
3. Feste partnerschaftliche Beziehung (Tab. 20-21)
Die Patienten ohne psychiatrische Diagnose befanden sich signifikant häufiger in einer festen
Beziehung (60%) als die Patienten mit psychiatrischer Diagnose (39%, p=0,016) und als die
66
Patienten mit PS (32%, p=0,026). In der statistischen Analyse zeigten sich zwischen den
Gruppen
keine
weiteren
signifikanten
Unterschiede
bezüglich
der
Verteilung
des
Beziehungsstatus.
Tab. 20: Biographische Anamnese und Sozialdaten
Psychiatrische Diagnosen prä-OP
keine
psychiatrischen
Diagnosen vs.
gesamt
Schulabschluss
psychiatrische
affektive
Epilepsie-
Persönlichkeits-
Diagnosen
Störungen
psychosen
störungen
57
87
47
9
22
keine Regelschule
3
15
4
1
5
Haupt-/Realschule
42
59
33
7
15
Abitur
12
13
10
1
2
p=0,88
p=0,800
p=0,655
p=0,047
Chi-Quadrat
arbeitslos/erwerbsunfähig
16
59
29
7
14
arbeitstätig
41
28
18
2
8
p=0,000
p=0,001
p=0,007
p=0,004
Arbeitsstatus
Chi-Quadrat
feste
ja
34
34
22
4
7
partnerschaftliche
nein
23
53
25
5
15
p=0,016
p=0,191
p=0,478
p=0,026
Beziehung
Chi-Quadrat
Tab. 21: Biographische Anamnese und Sozialdaten
Psychiatrische Diagnosen prä-OP
interiktale
dysphorische
psychiatrischen
dysphorische
Störungen
Diagnosen
Störungen
keine
gesamt
Schulabschluss
57
28
23
postiktale
dysphorische
Störungen
19
Keine Regelschule
3
4
4
2
Haupt-/Realschule
42
19
15
15
Abitur
12
5
4
2
p=0,360
p=0,220
p=0,470
arbeitslos/erwerbsunfähig
Chi-Quadrat
16
18
17
10
Arbeitsstatus
arbeitstätig
41
10
6
9
p=0,001
p=0,000
p=0,051
feste
ja
34
13
13
10
partnerschaftliche
nein
23
15
10
9
p=0,249
p=0,797
p=0,592
Chi-Quadrat
Beziehung
Chi-Quadrat
3.1.3.4 Neurologische Daten
1. Anfallstyp/-semiologie (Tab. 22-23)
Es ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen hinsichtlich des
Vorhandenseins weder von Aura im Allgemeinen noch von epigastrischer Aura. Grenzwertig
signifikante Unterschiede wurden bei der Verteilung des Vorhandenseins von psychischer Aura
sowie Angstaura beobachtet: psychische bzw. Angstsymptomatik i. R. der Aura zeigten 26%
67
bzw. 14% der Patienten ohne psychiatrische Diagnose im Vergleich zu 43% bzw. 28% der AFS-,
46% bzw. 32% der DS-Gruppe, 48% bzw. 35% der IDS- und 42% bzw. 32% der PDS-Gruppe.
Die Häufigkeit des Vorhandenseins von komplex-partiellen Anfällen unterschied sich signifikant
zwischen den Patienten ohne psychiatrische Diagnosen (70%) und denen mit psychiatrischer
Diagnose (85%, p=0,032) sowie der PS-Gruppe (96%, p=0,016).
Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen hinsichtlich der
Verteilung des Vorhandenseins der sekundär generalisierten Anfälle.
2. Anfallsfrequenz (Tab. 24-25)
Im Kolmogorov-Smirnov Test ergab sich eine signifikante Abweichung der Verteilungsform der
Frequenz von Aura, KPA und SGA von der Normalverteilung (p=0,000 in allen 3 Fällen). Daher
wurde die Anfallsfrequenzverteilung mit dem nicht-parametrischen Mann-Whitney U-Test
verglichen.
Die Patienten mit DS sowie die Patienten mit PDS hatten grenzwertig signifikant häufiger Auren
als die Patienten ohne psychiatrische Diagnose (p=0,092 bzw. p=0,095).
Bei den Patienten mit psychiatrischen Störungen im Allgemeinen sowie bei der PS-, der DS- und
der PDS-Gruppe zeigten signifikant häufiger KPA als bei den Patienten ohne psychiatrische
Diagnose (p=0,005 bzw. p=0,003 bzw. p=0,030 bzw. p=0,044); dieser Unterschied war
grenzwertig signifikant beim Vergleich der IDS- mit der Kontrollgruppe (p=0,067).
Es ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen hinsichtlich der
Verteilung der SGA-Frequenz.
3. Antiepileptische Medikation (Tab.22-23)
Die Patienten mit psychopathologischen Auffälligkeiten nahmen grenzwertig signifikant bis
hochsignifikant häufiger eine antiepileptische Kombinationstherapie als Monotherapie ein
[Polytherapie: 63% (p=0,002) der Patienten mit psychiatrischer Diagnose, 58% (p=0,036) der
AFS-, 61% (p=0,037) der DS-, 65% (p=0,021) der IDS-, 63% (p=0,045) der PDS-, 78%
(p=0,030) der PSY-, 59% (p=0,073) der PS-Gruppe] im Vergleich zu den Fällen ohne
psychiatrische Diagnose (Polytherapie: 37%).
4. Neurologische Vorgeschichte (Tab. 22-23)
Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen hinsichtlich der
Häufigkeitsverteilung der Vorgeschichte von Meningitis/Enzephalitis oder der Vorgeschichte
von peripartalen Komplikationen.
68
Bezüglich der Vorgeschichte von Fieberkrämpfen konnte lediglich zwischen den Patienten ohne
psychiatrische Diagnose (11%) und den psychotischen Patienten (56%, p=0,005) ein
signifikanter Unterschied festgestellt werden. Bei zwei Patienten mit PIP, einem mit IIP und
einem mit IIP und PIP waren Fieberkrämpfe in der Vorgeschichte bekannt.
Bei 10 der
22 Patienten mit
Fieberkrämpfen in
der Vorgeschichte wurde eine
Hippokampusatrophie oder –sklerose im MRT nachgewiesen. 3 der 5 Patienten mit PSY und
Fieberkrämpfen in der Ananmnese wiesen eine Hippokampusatrophie oder –sklerose im MRT
auf.
5. Dauer der Epilepsie, Alter bei Epilepsieerstmanifestation (Tab. 26-27)
In allen Gruppen der psychiatrischen Diagnosen wurde eine längere mittlere Epilepsiedauer im
Vergleich zur Kontrollgruppe beobachtet; ein Signifikanzniveau wurde nur im Fall der
zusammengefassten Patienten mit psychiatrischer Diagnose (p=0,035) und bei der PS-Gruppe
(p=0,010) erreicht.
Hinsichtlich des Alters bei Epilepsieerstmanifestation konnte ein signifikanter Unterschied nur
zwischen der Gruppe ohne psychiatrische Diagnose (Mittelwert: 21,5 Jahre) und der PS-Gruppe
(Mittelwert: 12,6 Jahre, p=0,009) beobachtet werden.
69
Tab. 22: Neurologische Daten
Psychiatrische Diagnosen prä-OP
keine
psychiatrischen
Diagnosen vs.
gesamt
Aura
Aura
psychische Aura
47
9
22
64
36
8
13
nein
13
23
11
1
9
p=0,623
p=0,943
p=0,671
p=0,108
ja
19
29
19
4
4
nein
38
58
28
5
18
p=1,000
p=0,455
p=0,708
p=0,184
ja
Chi-Quadrat
15
27
20
2
3
nein
42
60
27
7
19
p=0,542
p=0,081
p=1,000
p=0,228
19
13
2
3
8
nein
49
ja
generalisierte
nein
Anfälle (SGA)
Vorgeschichte von
Fieberkrämpfen
17
Chi-Quadrat
ja
Medikation
40
nein
sekundär
antiepileptische
störungen
87
Chi-Quadrat
Anfälle (KPA)
Persönlichkeits-
psychosen
44
Chi-Quadrat
komplex-partielle
Epilepsie-
Störungen
57
ja
Angstaura
affektive
Diagnosen
ja
Chi-Quadrat
epigastrische
psychiatrische
28
29
Chi-Quadrat
Monotherapie
36
Polytherapie
21
Chi-Quadrat
68
34
7
19
p=0,241
p=0,085
p=0,616
p=1,000,
74
37
8
21
13
10
1
1
p=0,032
p=0,322
p=0,425
p=0,016
40
18
5
10
47
29
4
12
p=0,712
p=0,269
p=1,000
p=0,770
32
20
2
9
55
27
7
13
p=0,002
p=0,036
p=0,030
p=0,073
ja
6
17
5
5
5
nein
51
70
42
4
17
p=0,149
p=1,000
p=0,005
p=0,274
Chi-Quadrat
Vorgeschichte von
ja
5
14
8
1
3
Enzephalitis oder
nein
52
73
39
8
19
p=0,204
p=0,206
p=1,000
p=0,679
Meningitis
Chi-Quadrat
Vorgeschichte von
ja
12
25
9
1
9
peripartalen
nein
45
62
38
8
13
p=0,302
p=0,810
p=0,675
p=0,073
Komplikationen
Chi-Quadrat
70
Tab. 23: Neurologische Daten
Psychiatrische Diagnosen prä-OP
keine
psychiatrischen
Diagnosen vs.
gesamt
Aura
sekundär generalisierte
Anfälle (SGA)
antiepileptische Medikation
23
19
18
13
nein
13
6
5
6
p=0,886
p=0,918
p=0,543
ja
19
14
12
9
nein
38
14
11
10
p=0,138
p=0,117
p=0,272
ja
15
13
11
8
nein
42
15
12
11
p=0,064
p=0,063
p=0,194
9
8
6
8
nein
49
ja
40
nein
17
Chi-Quadrat
ja
28
nein
29
Chi-Quadrat
Monotherapie
36
Polytherapie
21
Chi-Quadrat
Vorgeschichte von
Fieberkrämpfen
Störungen
22
Chi-Quadrat
Anfälle (KPA)
dysphorische
Störungen
28
Chi-Quadrat
komplex-partielle
dysphorische
44
ja
Angstaura
Postiktale
57
Chi-Quadrat
psychische Aura
Störungen
interiktale
ja
Chi-Quadrat
epigastrische Aura
dysphorische
19
15
13
p=0,050
p=0,061
p=0,088
24
19
16
4
4
3
p=0,118
p=0,253
p=0,229
9
8
6
19
15
13
p=0,138
p=0,243
p=0,183
11
8
7
17
15
12
p=0,037
p=0,021
p=0,045
ja
6
3
2
2
nein
51
25
21
17
p=0, 979
p=1,000
p=1,000
Chi-Quadrat
Vorgeschichte von
ja
5
4
3
4
Enzephalitis oder
nein
52
24
20
15
p=0,469
p=0,683
p=0,215
Meningitis
Chi-Quadrat
Vorgeschichte von
ja
12
5
3
2
peripartalen
nein
45
23
20
17
p=0,729
p=0,535
p=0,496
Komplikationen
Chi-Quadrat
71
Tab. 24: Neurologische Daten: Anfallsfrequenz
Mann-Whitney-U-Test
Diagnosen
Prä-OP
KPA-Frequenz
SGA-Frequenz
1. keine psychiatrischen
N
57
57
57
Diagnosen vs.
Rangmittelwert
71,9
60,5
72,2
N
87
87
87
psychiatrische Diagnosen
Rangmittelwert
72,9
80,4
72,7
p=0,886
N
57
p=0,005
57
p=0,929
2. keine psychiatrischen
Diagnosen vs.
Rangmittelwert
50,9
48,5
54,1
N
47
47
47
Rangmittelwert
54,5
57,3
50,5
affektive
psychiatrische
Aura-Frequenz
Störungen
57
p=0,542
p=0,137
p=0,508
3. keine psychiatrischen
N
57
57
57
Diagnosen vs.
Rangmittelwert
33,3
32,4
33,1
N
9
9
9
Rangmittelwert
34,6
40,5
36,2
Epilepsiepsychosen
p=0,851
p=0,234
p=0,623
4. keine psychiatrischen
N
57
57
57
Diagnosen vs.
Rangmittelwert
40,5
35,2
40,4
N
22
22
22
Rangmittelwert
38,8
52,5
39,0
p=0,762
p=0,003
p=0,786
Persönlichkeitsstörungen
Tab. 25: Neurologische Daten: Anfallsfrequenz
Mann-Whitney-U-Test
Aura-Frequenz
KPA-Frequenz
SGA-Frequenz
1. keine psychiatrischen
N
57
57
57
Diagnosen vs.
Rangmittelwert
39,9
39,0
44,8
N
28
28
28
Rangmittelwert
49,4
51,2
39,5
p=0,092
dysphorische
Störungen
N
57
p=0,030
57
p=0,303
2. keine psychiatrischen
psychiatrische
Diagnosen vs.
Rangmittelwert
37,8
37,5
41,5
Diagnosen
interiktale
N
23
23
23
Prä-OP
dysphorische
Rangmittelwert
47,3
47,9
38,1
Störungen
57
p=0,095
p=0,067
p=0,521
3. keine psychiatrischen
N
57
57
57
Diagnosen vs.
Rangmittelwert
36,3
35,6
40,0
postiiktale
N
19
19
19
dysphorische
Rangmittelwert
45,2
47,3
34,1
p=0,128
p=0,044
p=0,268
Störungen
72
Tab. 26: Neurologische Daten: Epilepsiedauer und Alter bei Epilepsieerstmanifestation
t-Test bei unabhängigen Stichproben
Dauer der
Alter bei
keine
psychiatrischen
Diagnosen vs.
psychiatrische
Diagnosen
Psychiatrische
affektive
Diagnosen
Störungen
prä-OP
Epilepsiepsychosen
Persönlichkeitsstörungen
N
Mittelwert
Epilepsie
57
14,5
Epilepsieerstmanifestation
57
21,5
Standardabweichung
13,7
16,0
95% - Konfidenzintervall
10,8; 18,1
17,2; 25,7
N
Mittelwert
87
19,4
87
18,5
Standardabweichung
13,3
14,7
95% - Konfidenzintervall
16,5; 22,2
15,4; 21,6
N
Mittelwert
p=0,035
47
16,8
p=0,253
47
23,9
Standardabweichung
13,6
15,1
95% - Konfidenzintervall
12,8; 20,8
19,5; 28,4
N
Mittelwert
p=0,399
9
17,8
p=0,429
9
16,1
Standardabweichung
13,6
10,5
95% - Konfidenzintervall
7,3; 28,2
8,0; 14,2
N
Mittelwert
p=0,504
22
23,3
p=0,335
22
12,6
Standardabweichung
12,4
11,8
95% - Konfidenzintervall
17,8; 28,8
7,4; 17,9
p=0,010
p=0,009
Tab. 27: Neurologische Daten: Epilepsiedauer und Alter bei Epilepsieerstmanifestation
t-Test bei unabhängigen Stichproben
Dauer der
Alter bei
N
Mittelwert
keine
psychiatrischen
Diagnosen vs.
dysphorische
Epilepsieerstmanifestation
57
21,5
Standardabweichung
13,7
16,0
95% - Konfidenzintervall
10,8; 18,1
17,2; 25,7
N
Mittelwert
28
17,8
28
21,5
Standardabweichung
13,3
13,4
95% - Konfidenzintervall
12,7; 22,9
16,3; 26,8
interiktale
N
Mittelwert
p=0,291
23
20,1
p=0,990
23
19,8
dysphorische
Standardabweichung
13,5
14,0
Störungen
95% - Konfidenzintervall
14,3; 26,00
13,8; 25,9
postiktale
N
Mittelwert
p=0,099
19
16,3
p=0,664
19
22,8
dysphorische
Standardabweichung
13,1
11,3
Störungen
95% - Konfidenzintervall
9,9; 22,6
17,3; 28,3
p=0,621
p=0,745
Störungen
psychiatrische
Diagnosen
prä-OP
Epilepsie
57
14,5
73
3.1.3.5 Lateralität des Anfallsfokus (Tab. 28-29)
Tab. 28: Neurologische Daten; Lateralität des Anfallsfokus
psychiatrische Diagnosen prä-OP
Keine
psychiatrischen
Diagnosen vs.
psychiatrische
affektive
Epilepsie-
Persönlichkeits-
Diagnosen
Störungen
psychosen
störungen
11
Lateralität des Anfallsfokus
rechtsseitig
24
35
19
2
linksseitig
25
33
17
5
9
gesamt
49
68
36
7
20
p=0,790
p=0,729
p=0,431
p=0,650
6
Chi-Quadrat
Lateralität des temporalen Anfallsfokus
rechtsseitig
13
23
14
0
linksseitig
16
24
12
5
5
gesamt
29
47
26
5
11
p=0,727
p=0,504
p=0,132
p=0,583
Chi-Quadrat
Lateralität des Anfallsfokus =
Lateralität der MRT-Läsion
rechtsseitig
22
29
18
1
7
linksseitig
23
24
12
3
7
gesamt
45
53
30
4
14
p=0,565
p=0,345
p=0,612
p=0,942
Chi-Quadrat
Lateralität des temporalen Anfallsfokus =
Lateralität der temporalen MRT-Läsion
rechtsseitig
10
18
11
0
4
linksseitig
13
17
8
3
4
gesamt
23
Chi-Quadrat
35
19
3
8
p=0,553
p=0,352
p=0,262
p=1,000
8
Lateralität des Anfallsfokus
(Ausschluß Linkshänder/Ambidexter)
rechtsseitig
20
29
17
2
linksseitig
20
31
17
4
9
gesamt
40
60
34
6
17
p=0,870
p=1,000
p=0,667
p=0,839
Chi-Quadrat
Lateralität des temporalen Anfallsfokus
(Ausschluß Linkshänder/Ambidexter)
rechtsseitig
9
21
14
0
5
linksseitig
14
22
12
4
5
gesamt
23
43
26
4
10
p=0,450
p=0,303
p=0,268
p=0,707
Chi-Quadrat
Lateralität des Anfallsfokus =
Lateralität der MRT-Läsion
(Ausschluß Linkshänder/Ambidexter)
rechtsseitig
19
24
16
1
5
linksseitig
18
23
12
3
7
gesamt
37
47
28
4
12
p=0,979
p=0,643
p=0,606
p=0,560
Chi-Quadrat
74
Tab. 29: Neurologische Daten; Lateralität des Anfallsfokus
Keine
psychiatrischen
Diagnosen vs.
dysphorische
Störungen
interiktale
postiktale
dysphorische
dysphorische
Störungen
Störungen
Lateralität des Anfallsfokus
rechtsseitig
24
13
10
7
linksseitig
25
9
7
7
gesamt
49
Chi-Quadrat
22
17
14
p=0,430
p=0,484
p=0,946
Lateralität des temporalen Anfallsfokus
rechtsseitig
13
9
6
5
linksseitig
16
8
6
6
gesamt
29
17
12
11
p=0,595
p=0,763
p=1,000
Chi-Quadrat
Lateralität des Anfallsfokus =
Lateralität der MRT-Läsion
rechtsseitig
22
12
10
7
linksseitig
23
5
4
4
gesamt
45
Chi-Quadrat
17
14
11
p=0,126
p=0,139
p=0,380
6
4
3
Lateralität des temporalen Anfallsfokus =
Lateralität der temporalen MRTLäsion
rechtsseitig
10
linksseitig
13
5
4
4
gesamt
23
11
8
7
p=0,545
p=1,000
p=1,000
Chi-Quadrat
Lateralität des Anfallsfokus
(Ausschluß Linkshänder/Ambidexter)
rechtsseitig
20
12
9
7
linksseitig
20
9
7
7
gesamt
40
Chi-Quadrat
21
16
14
p=0,596
p=0,672
p=1,000
9
6
5
Lateralität des temporalen Anfallsfokus
(Ausschluß Linkshänder/Ambidexter)
rechtsseitig
9
linksseitig
14
8
6
6
gesamt
23
17
12
11
p=0,385
p=0,537
p=1,000
Chi-Quadrat
Lateralität des Anfallsfokus =
Lateralität der MRT-Läsion
(Ausschluß Linkshänder/Ambidexter)
rechtsseitig
19
11
9
7
linksseitig
18
5
4
4
gesamt
37
Chi-Quadrat
16
13
11
p=0,241
p=0,264
p=0,473
75
Es zeigten sich keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen hinsichtlich
der Verteilung der Seitigkeit des Anfallsfokus. Auch beim getrennten Vergleich nur der
Patienten mit TLE oder nach Ausschluss der Fälle mit fehlender Übereinstimmung der
Lateralität des Anfallsfokus und der Lateralität der MRT-Pathologie bzw. nach Ausschluss der
Linkshänder/Ambidexter konnte kein signifikanter Unterschied festgestellt werden.
Bei allen 5 Patienten mit TLE und PSY ergab sich eine linksseitige Lateralität des Anfallsfokus,
allerdings zeigten 2 dieser Patienten bilaterale MRT-Läsionen. Bei 2 weiteren Patienten mit PIP
wurden multifokale rechtsseitige Anfallsursprünge temporo-occipital bzw. parieto-occipital
festgestellt. 2 Patienten mit IIP und kryptogener Epilepsie, die von der statistischen Analyse
ausgeschlossen wurden, wiesen im EEG- bzw. im MRT–Befund bilaterale und mehrere
Hirnregionen übergreifende Auffälligkeiten auf.
3.1.3.6 Lokalisation des Anfallsfokus
79 der 144 Patienten der Stichprobe hatten einen ausschließlich temporal lokalisierten
Anfallsursprung. 62 dieser TLE-Fälle hatten gleichzeitig ausschließlich im Temporallappen
lokalisierte
MRT-Läsionen,
bei
33
dieser
62
Fälle
zeigte
sich
im
MRT
eine
Hippokampussklerose (HS).
Bei 30 der 144 Patienten war der Anfallsfokus ausschließlich extratemporal lokalisiert. 17 dieser
30 Fälle hatten einen ausschließlich im Frontallappen lokalisierten Anfallsfokus. 12 der FLEFälle wiesen gleichzeitig ausschließlich frontal lokalisierte MRT-Läsionen auf.
Bei 9 der 144 Patienten waren die Anfallsursprünge sowohl temporal als auch extratemporal
lokalisiert, während bei 26 Patienten der Stichprobe der Anfallsfokus kryptogen war.
144 Patienten mit fokalen Epilepsien
79 Fälle
Fokus
temporal
62 Fälle mit
MRT-Läsion
ausschließlich
temporal
33 Fälle mit
Hippokampussklerose
(HS) im MRT
30 Fälle
Fokus
extratemporal
9 Fälle
Fokus
temporal +
extratemporal
26 Fälle
Fokus
kryptogen
17 Fälle
Fokus
frontal
12 Fälle
mit MRT-Läsion
ausschließlich
frontal
Abb.1 Flussdiagramm zur Veranschaulichung der Gruppenunterteilung des Anfallsfokus
76
In Abb. 2 wird die prozentuelle Verteilung der Lokalisation der Epilepsie (temporal vs.
extratemporal vs. temporal+extratemporal vs kryptogen) bei den einzelnen Diagnosenkategorien
schematisch dargestellt. Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede im Vergleich zur
Kontrollgruppe, nämlich den Fällen ohne psychiatrische Diagnose (zur Fallzahl der
Untergruppen siehe Tab. 30-31).
Unter den Patienten mit PSY gab es 6 Patienten mit temporalem Anfallsfokus; 5 dieser Fälle
zeigten im MRT eine Hippokampussklerose oder –atrophie und bei einem dieser Patienten
wurde zusätzlich ein ipsilateraler occipitaler Anfallsfokus nachgewiesen. Bei zwei weiteren
psychotischen Patienten (mit bilateraler fronto-temporo-centro-parietaler epilepsiespezifischer
Aktivität im EEG bzw. ausgedehnter mehrere Hirnlappen übergreifender MRT-Pathologie bei
Z.n. hypoxischem Hirnschaden) konnte die genaue Lokalisation des Anfallsfokus nicht bestimmt
werden. Bei einem psychotischen Fall wurde ein parieto-occitaler Anfallsursprung festgestellt.
temporal
extratemporal
temporal+extratemporal
kryptogen
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
keine
psychiatr.
Diagnose
(N=57)
psychiatr.
Diagnose
p=0,415
(N=87)
AFS
p=0,696
(N=47)
DS
p=0,288
(N=28)
PSY
p=0,616
(N=9)
PS
p=0,133
(N=22)
Abbildung 2: Verteilung (%) der Lokalisation des Anfallsfokus bei den Diagnosegruppen prä-OP
Auch beim getrennten Vergleich der temporalen mit den extratemporalen Fokuslokalisationen
wurden keine signifikanten Ergebnisse festgestellt (Tab.30-31). Nach Ausschluss der Fälle, bei
denen die MRT-Läsion sich nicht in übereinstimmender Lokalisation mit dem Anfallsfokus
befand, ergab sich eine grenzwertig signifikant höhere Häufigkeit des temporalen
Anfallsursprungs bei den Patienten mit psychiatrischer Diagnose im Vergleich zur
77
Kontrollgruppe (p=0,066) (Tab.30-31). Nach zusätzlichem Ausschluss aus der „temporal“Gruppe der Fälle ohne Hippokampussklerose im MRT zeigte sich bei den Patienten mit
psychiatrischer Diagnose bzw. Epilepsiepsychosen eine signifikant (p=0,018) bzw. grenzwertig
signifikant (p=0,075) erhöhte Häufigkeit von temporalen Anfallsursprüngen im Vergleich zur
Kontrollgruppe (Abb.3, zu der Fallzahl der Untergruppen siehe Tab. 30-31).
Bei einem erneuten Vergleich nach Erhöhung der Fallzahl der AFS- und DS-Gruppen durch
Einschluss der zuvor ausgeschlossenen Fälle psychiatrischer Komorbidität (Patienten mit AFS
bzw. DS und gleichzeitig diagnostizierten PS, PSY oder kognitiven Störungen) wurde das
Signifikanzniveau sowohl beim Vergleich der AFS als auch beim Vergleich der DS mit der
Kontrollgruppe erreicht (Abb.4, zur Fallzahl der Untergruppen siehe Tab. 32). Nach Ausschluss
der weiblichen Patienten konnte nur bei der DS-Gruppe ein signifikanter Unterschied
nachgewiesen werden (Tab. 32).
Beim getrennten Vergleich der temporalen mit den frontalen Fokuslokalisationen konnten keine
signifikanten Unterschiede (Abb.5, zu der Fallzahl der Untergruppen siehe Tab. 30-31)
festgestellt werden, auch nicht nach Ausschluss der Fälle mit fehlender Übereinstimmung der
Lokalisationen von Anfallsfokus und MRT-Läsion bzw. nach zusätzlichem Ausschluss aus der
„temporal“-Gruppe der Patienten ohne Hippokampussklerose im MRT (Tab.30-31).
temporal mit HS
extratemporal
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
keine
psychiatr.
Diagnose
(N=24)
psychiatr.
Diagnose
p=0,018
(N=35)
AFS
p=0,137
(N=20)
DS
p=0,161
(N=13)
PSY
p=0,075
(N=3)
PS
p=0,252
(N=8)
Abbildung 3: Verteilung (%) der Lokalisation des Anfallsfokus (temporal mit HS vs. extratemporal) bei den
Diagnosegruppen prä-OP
78
temporal mit HS
extratemporal
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
keine
psychiatr.
Diagnose
(N=24)
AFS
p=0,025
(N=26)
DS
p=0,018
(N=19)
IDS
p=0,161
(N=13)
PDS
p=0,065
(N=13)
Abbildung 4: Verteilung (%) der Lokalisation des Anfallsfokus (temporal mit HS vs. extratemporal) bei den
AFS und DS prä-OP nach Einschluss auch der Fälle mit psychiatrischer Komorbidität
temporal
frontal
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
keine
psychiatr.
Diagnose
(N=34)
psychiatr.
Diagnose
p=0,568
(N=62)
AFS
p=0,452
(N=37)
DS
p=0,729
(N=25)
PSY
p=1,000
(N=5)
PS
p=0,427
(N=15)
Abbildung. 5: Verteilung (%) der Lokalisation des Anfallsfokus (temporal vs. frontal) bei den
Diagnosegruppen prä-OP
79
Tab. 30: Lokalisation des Anfallsfokus
psychiatrische Diagnosen prä-OP
keine
psychiatrischen
Diagnosen vs.
psychiatrische
affektive
Epilepsie-
Persönlichkeits-
Diagnosen
Störungen
psychosen
störungen
Lokalisation desAnfallsfokus
temporal
29
50
29
5
11
extratemporal
15
15
9
1
5
temporal+extratemporal
2
7
2
1
4
kryptogen
11
15
7
2
2
gesamt
57
87
47
9
22
p=0,415
p=0,696
p=0,616
p=0,133
temporal
Chi-Quadrat
29
50
29
5
11
extratemporal
15
15
9
1
5
gesamt
44
Chi-Quadrat
65
38
6
16
p=0,207
p=0,302
p=0,650
p=0,836
temporal
29
50
29
5
11
frontal
5
12
8
0
4
gesamt
34
62
37
5
15
p=0,568
p=0,452
p=1,000
p=0,427
Chi-Quadrat
Lokalisation desAnfallsfokus =
Lokalisation der MRT-Läsion
temporal
23
40
22
3
9
extratemporal
15
11
8
0
3
gesamt
38
Chi-Quadrat
51
30
3
12
p=0,066
p=0,268
p=0,287
p=0,497
12
3
5
temporal mit HS
9
24
extratemporal
15
11
8
0
3
gesamt
24
35
20
3
8
p=0,018
p=0,137
p=0,075
p=0,252
Chi-Quadrat
temporal
23
40
22
3
9
frontal
4
8
5
0
3
gesamt
27
Chi-Quadrat
temporal mit HS
9
48
27
3
12
p=1,000
p=1,000
p=1,000
p=0,654
24
12
3
5
frontal
4
8
5
0
3
gesamt
23
32
17
3
8
p=0,721
p=1,000
p=0,529
p=1,000
Chi-Quadrat
80
Tab. 31: Lokalisation des Anfallsfokus
psychiatrische Diagnosen prä-OP
keine
psychiatrischen
Diagnosen vs.
dysphorische
Störungen
interiktale
postiktale
dysphorische
dysphorische
Störungen
Störungen
Lokalisation des Anfallsfokus
temporal
29
20
15
13
extratemporal
15
5
5
4
temporal+extratemporal
2
1
1
0
kryptogen
11
2
2
2
gesamt
57
28
23
19
p=0,288
p=0,590
p=0,520
temporal
Chi-Quadrat
29
20
15
13
extratemporal
15
5
5
4
gesamt
44
Chi-Quadrat
25
20
17
p=0,215
p=0,467
p=0,425
temporal
29
20
15
13
frontal
5
5
5
4
gesamt
34
25
20
17
p=0,729
p=0,471
p=0,459
Chi-Quadrat
Lokalisation des Anfallsfokus =
Lokalisation der MRT-Läsion
temporal
23
14
11
9
extratemporal
15
5
5
4
gesamt
38
Chi-Quadrat
19
16
12
p=0,326
p=0,568
p=0,743
8
7
6
temporal mit HS
9
extratemporal
15
5
5
4
gesamt
24
13
12
10
p=0,161
p=0,236
p=0,276
Chi-Quadrat
temporal
23
14
11
9
frontal
4
3
3
2
gesamt
27
Chi-Quadrat
temporal mit HS
9
17
14
11
p=1,000
p=0,673
p=1,000
8
7
6
frontal
4
3
3
2
gesamt
23
11
10
8
p=1,000
p=1,000
p=1,000
Chi-Quadrat
81
Tab. 32: Lokalisation des Anfallsfokus, Einschluss auch der Fälle mit psychiatrischer Komorbidität
psychiatrische Diagnosen prä-OP
keine
psychiatrischen
Diagnosen vs.
affektive
dysphorische
Störungen
Störungen
interiktale
postiktale
dysphorische
dysphorische
Störungen
Störungen
Lokalisation desAnfallsfokus =
Lokalisation der MRT-Läsion
temporal mit HS
9
18
14
8
9
extratemporal
15
8
5
5
4
gesamt
24
26
19
13
13
p=0,025
p=0,018
p=0,161
p=0,065
8
7
Chi-Quadrat
Lokalisation desAnfallsfokus =
Lokalisation der MRT-Läsion
(Ausschluss der Frauen)
temporal mit HS
6
extratemporal
13
4
1
gesamt
19
12
8
p=0,056
p=0,013
Chi-Quadrat
3.2 Längsschnittsanalyse des postoperativen psychiatrischen Outcomes
Zwischen 1999 und 2002 wurden 84 Patienten, die sich einem epilepsiechirurgischen Eingriff
am Neurozentrum der Universitätsklinik Freiburg unterzogen, präoperativ und 3 Monate
postoperativ auch in der psychiatrischen Universitätsklinik vorgestellt. 78 dieser Patienten
wurden auch ein weiteres Mal 12 Monate postoperativ psychiatrisch vorgestellt.
3.2.1 Outcome der psychiatrischen Diagnosen
Tab. 33 stellt deskriptiv für die operierten Patienten die Gesamtheit der inter- und/oder
periiktalen Diagnosen präoperativ, sowie 3 und 12 Monate postoperativ dar.
82
Tab. 33 Deskriptive Darstellung des postoperativen Outcomes der psychiatrischen Diagnosen
Psychiatrische Diagnosen
Fälle
prä-OP
3 Monate post-OP
12 Monate post-OP
84
keine Diagnose inter- oder periiktal
keine Diagnose inter- oder periiktal
keine Diagnose inter- oder periiktal
keine Diagnose inter- oder periiktal
keine Diagnose inter- oder periiktal
keine Diagnose inter- oder periiktal
keine Diagnose inter- oder periiktal
keine Diagnose inter- oder periiktal
keine Diagnose inter- oder periiktal
keine Diagnose inter- oder periiktal
keine Diagnose inter- oder periiktal
inter- + periiktale dysphorische Störung
inter- + periiktale dysphorische Störung
postiktale Psychose + postiktale Dysphorie
interiktale dysphorische Störung
inter- + periiktale dysphorische Störung
periiktale Dysphorie + organische kognitive
keine Diagnose inter- oder periiktal
keine Diagnose inter- oder periiktal
depressive Episode, sonstige
reaktive depressive Störung
reaktive depressive Störung
keine Diagnose inter- oder periiktal
Organische depressive Störung
keine Diagnose inter- oder periiktal
Frontalhirnsyndrom
reaktive depressive Störung
delirantes Syndrom
inter- + periiktale dysphorische Störung
inter- + periiktale dysphorische Störung
inter- + postiktale Dysphorie
interiktale dysphorische Störung
interiktale dysphorische Störung
periiktale Dysphorie + organische
keine Diagnose inter- oder periiktal
keine psychiatrische Vorstellung
keine Diagnose inter- oder periiktal
keine Diagnose inter- oder periiktal
reaktive depressive Störung
depressive Episode, sonstige
keine Diagnose inter- oder periiktal
interiktale dysphorische Störung
keine Diagnose inter- oder periiktal
keine psychiatrische Vorstellung
keine psychiatrische Vorstellung
inter- + periiktale dysphorische Störung
keine psychiatrische Vorstellung
inter- + postiktale Dysphorie
interiktale dysphorische Störung
interiktale dysphorische Störung
periiktale Dysphorie + organische
20
1
3
2
3
1
1
1
1
1
1
3
1
1
1
1
1
Störung
rezidivierende depressive Störung, aktuell
kognitive Störung
rezidivierende depressive Störung,
kognitive Störung
rezidivierende depressive Störung,
3
depressive Episode
rezidivierende depressive Störung, aktuell
aktuell depressive Episode
rezidivierende depressive Störung,
aktuell depressive Episode
rezidivierende depressive Störung,
2
remittiert
Dysthymie
reaktive depressive Störung
aktuell depressive Episode
depressive Episode, sonstige
reaktive depressive Störung +
aktuell depressive Episode
depressive Episode, sonstige
reaktive depressive Störung +
1
1
depressive Episode, sonstige
abhängige Persönlichkeitsstörung
periiktale dysphorische Störung
depressive Episode, sonstige
abhängige Persönlichkeitsstörung +
periiktale dysphorische Störung
keine psychiatrische Vorstellung
abhängige Persönlichkeitsstörung +
1
1
akzentuierte emotional instabile
interiktale dysphorische Störung
brief recurrent depression + akzentuierte
interiktale dysphorische Störung
brief recurrent depression + akzentuierte
1
Persönlichkeitszüge vom impulsiven Typus
emotional instabile Persönlichkeitszüge
emotional instabile Persönlichkeitszüge
paranoide Persönlichkeitsstörung
vom impulsiven Typus
paranoide Persönlichkeitsstörung +
vom impulsiven Typus
paranoide Persönlichkeitsstörung +
1
akzentuierte histrionische Persönlichkeitszüge
depressive Episode, sonstige
akzentuierte histrionische
depressive Episode, sonstige
akzentuierte histrionische
1
psychomotorische Verlangsamung
Intelligenzminderung
organische Persönlichkeitsstörung +
Persönlichkeitszüge
psychomotorische Verlangsamung
Intelligenzminderung
organische Persönlichkeitsstörung +
Persönlichkeitszüge
psychomotorische Verlangsamung
Intelligenzminderung
organische Persönlichkeitsstörung +
2
1
1
Intelligenzminderung
organische Persönlichkeitsstörung +
Intelligenzminderung
organische Persönlichkeitsstörung +
Intelligenzminderung
keine psychiatrische Vorstellung
1
Intelligenzminderung
organische Persönlichkeitsstörung +
Intelligenzminderung
organische Persönlichkeitsstörung +
organische Persönlichkeitsstörung +
1
Intelligenzminderung
Intelligenzminderung + transientes
Intelligenzminderung
visköse Persönlichkeitsstörung
organische Persönlichkeitsstörung
epilepsietypische Angststörung
akzentuierte ängstliche Persönlichkeitszüge
organisches Psychosyndrom
visköse Persönlichkeitsstörung
organische Persönlichkeitsstörung
organische psychische Störung
akzentuierte ängstliche
visköse Persönlichkeitsstörung
organische Persönlichkeitsstörung
organische psychische Störung
akzentuierte ängstliche
1
1
1
1
Störung der Impulskontrolle
Störung der Impulskontrolle +
Persönlichkeitszüge
Störung der Impulskontrolle
Störung der Impulskontrolle +
Persönlichkeitszüge
Störung der Impulskontrolle
Störung der Impulskontrolle +
1
1
Intelligenzminderung + posttraumatische
Intelligenzminderung + posttraumatische
Intelligenzminderung + posttraumatische
Belastungsstörung + dissoziative Anfälle
psychomotorische Verlangsamung + periiktale
Belastungsstörung + dissoziative Anf.
psychomotorische Verlangsamung
Belastungsstörung + dissoziative Anfälle
keine psychiatrische Vorstellung
1
dysphorische Störung
periiktale dysphorische Störung
postiktale Psychose + interiktale dysphorische
inter- + periiktale dysphorische Störung
interiktale dysphorische Störung
interiktale dysphorische Störung
postiktale Psychose
reaktive depressive Störung
organische depressive Störung
psychomotorische Verlangsamung
visköse Persönlichkeitsstörung
keine Diagnose inter- oder periiktal
keine Diagnose inter- oder periiktal
inter- + periiktale dysphorische Störung
interiktale dysphorische Störung
keine Diagnose inter- oder periiktal
keine Diagnose inter- oder periiktal
keine Diagnose inter- oder periiktal
keine Diagnose inter- oder periiktal
keine Diagnose inter- oder periiktal
keine Diagnose inter- oder periiktal
keine Diagnose inter- oder periiktal
keine Diagnose inter- oder periiktal
keine Diagnose inter- oder periiktal
keine Diagnose inter- oder periiktal
keine Diagnose inter- oder periiktal
keine Diagnose inter- oder periiktal
keine Diagnose inter- oder periiktal
keine psychiatrische Vorstellung
keine Diagnose inter- oder periiktal
keine Diagnose inter- oder periiktal
3
1
3
2
2
1
1
1
1
1
83
Tab. 34: postoperatives Outcome der psychiatrischen Diagnosen
Psychiatrische Diagnosen
A. keine psychiatrische Diagnosen prä- und post-OP
Häufigkeit (%)
21/84 (25%)
B. Psychiatrische Diagnosen
1. de novo post-OP
14/84 (17%)
2. prä- und post-OP
32/84 (38%)
3. Remission post-OP
16/84 (19%)
C. Affektive Störungen (AFS)
1. de novo post-OP
15/84 (18%)
2. prä- und post-OP
15/84 (18%)
3. Remission post-OP
14/84 (17%)
D. Dysphorische Störungen (DS)
1. de novo post-OP
4/84 (5%)
2. prä- und post-OP
8/84 (10%)
3. Remission post-OP
13/84 (16%)
E. Interiktale dysphorische Störungen
1. de novo post-OP
3/84 (4%)
2. prä- und post-OP
6/84 (7%)
3. Remission post-OP
8/84 (10%)
F. Periiktale dysphorische Störungen
1. de novo post-OP
1/84 (1%)
2. prä- und post-OP
6/84 (7%)
3. Remission post-OP
8/84 (10%)
G. Epilepsiepsychosen
1. de novo post-OP
0/84 (0%)
2. prä- und post-OP
0/84 (0%)
3. Remission post-OP
3/84 (4%)
H. akute hirnorganische Psychosyndrome
1. de novo post-OP
3/84 (4%)
2. prä- und post-OP
0/84 (0%)
3. Remission post-OP
0/84 (0%)
I. Persönlichkeitsstörungen
1. de novo post-OP
1/84 (1%)
2. prä- und post-OP
15/84 (18%)
3. Remission post-OP
2/84 (2%)
Das psychiatrishe Outcome für die einzelnen Diagnosengruppen wird in Tab. 34 dargestellt (zu
den Einschlusskriterien siehe „2.3.2.1“). Dabei beziehen sich die prozentualen Angaben auf die
Gesamtzahl der Stichprobe (84 Patienten).
Bei 15 Patienten trat innerhalb des ersten postoperativen Jahres eine affektive Störung „de novo“
auf, die in allen Fällen zeitlich interiktal vorkam. Bei 12 der „de novo“ AFS manifestierte sich
das affektive Syndrom bereits innerhalb der ersten drei postoperativen Monate, wobei es in 6
Fällen (davon 1 Fall unter postoperativ neu eingeführter antidepressiver Medikation) bis zu
einem Jahr postoperativ remittierte und in 6 Fällen (davon 1 Fall unter postoperativ neu
eingeführter antidepressiver Medikation) bis einschließlich 1 Jahr postoperativ persistierte. Bei 2
Patienten traten die „de novo“ AFS erst im Zeitraum zwischen 3 und 12 Monaten postoperativ
84
auf. Insgesamt wurde bei 2 der 15 Patienten mit „de novo“ AFS eine antidepressive Medikation
postoperativ neu eingesetzt. Bei 12 der Patienten mit „de novo“ AFS wurde bei der
präoperativen Vorstellung keine psychiatrische Diagnose gestellt, während bei den restlichen 3
Fällen bei der präoperativen psychiatrischen Untersuchung Persönlichkeitsauffälligkeiten
diagnostiziert wurden (jeweils abhängige, paranoide bzw. emotional-instabile PS).
Nur ein Patient entwickelte postoperativ ein „de novo“ periiktal vorkommendes affektives
Syndrom, welches auf dem Boden eines präoperativ festgestellten interiktal auftretenden
depressiven Syndroms entstanden ist.
Ca. die Hälfte (14/29) der Patienten mit affektiven Syndromen präoperativ (und mehr als die
Hälfte (13/21) der Patienten mit dysphorischen Störungen präoperativ) zeigten innerhalb des
ersten postoperativen Jahres eine weitgehende Remission der AFS; bei nur einem Fall erfolgte
diese Remission unter postoperativ neu eingesetzter antidepressiver Medikation, bei den
restlichen Fällen kam es zum Rückgang der affektiven Symptomatik ohne antidepressive
medikamentöse Behandlung.
Bei 15 der 29 Patienten mit AFS präoperativ wurde eine Persistenz der affektiven Syndrome bis
zu 1 Jahr postoperativ beobachtet, wobei 9 Fälle eine Verschlechterung, 1 Fall eine Besserung
und 5 Fälle keine Änderung des Schweregrades der AFS zeigten. Bei 6 der Patienten mit AFS
prä- und postoperativ wurde eine medikamentöse antidepressive Therapie postoperativ neu
eingeführt, 4 nahmen prä- und postoperativ Antidepressiva ein, während 5 weder prä- noch
postoperativ antidepressive Medikamente einnahmen.
Bei 3 Patienten kam es postoperativ zu „de novo“ Auftreten von einem akuten organischen
Psychosyndrom. Bei einem dieser Patienten wurde präoperativ keine psychiatrische Diagnose
festgestellt und in den ersten Wochen nach selektiver linksseitiger Amygdalahippokampektomie
kam es zu einem Frontalhirnsyndrom mit Perseverationen, Distanzminderung, affektiver
Labilität und gehobener Grundstimmung, das sich bis zu 1 Jahr postoperativ weitgehend ohne
medikamentösen Einsatz zurückbildete. Bei dem zweiten Patienten wurde ebenfalls keine
psychiatrische Diagnose präoperativ beschrieben und in den ersten Wochen nach linksseitiger
anteriorer Temporallappenresektion mit Amygdalahippokampektomie zeigte sich ein delirantes
Syndrom, das bis zum 3. postoperativen Monat nach vorübergehender Neuroleptikagabe fast
vollständig remittierte. Bei dem dritten Patienten wurde eine organische Persönlichkeitsstörung
und Intelligenzminderung bei Z. n. perinataler Asphyxie bei der präoperativen Vorstellung
festgestellt und in den ersten Wochen nach Resektion temporo-parieto-occipital links entwickelte
sich ein transientes hirnorganisches Psychosyndrom mit Verwirrtheit und Agitiertheit, das sich
innerhalb von wenigen Tagen ohne Neuroleptikaeinsatz zurückbildete.
85
Nur bei 3 Patienten der Stichprobe wurde präoperativ eine Epilepsiepsychose diagnostiziert und
bei allen 3 Fällen handelte es sich um postiktale Psychosen, die postoperativ vollständig
remittierten.
Bei den meisten Patienten (15/17) mit Persönlichkeitsstörungen präoperativ konnten auch
postoperativ Persönlichkeitsauffälligkeiten festgestellt werden. Bei dem einzigen Patienten mit
„de novo“ PS zeigten sich Epilepsie assoziierte Ängste und Agoraphobie präoperativ und ein
chronisches hirnorganisches Psychosyndrom mit kognitiven Defiziten, parathym euphorischer
Stimmung und enthemmtem Verhalten nach Läsionektomie links frontal.
3.2.2 Outcome des interiktalen psychopathologischen Befundes
Das Outcome des psychopathologischen Befundes (nach AMDP) wird schematisch in Tab. 35
dargestellt (zu den Einschlusskriterien der einzelnen Gruppen siehe „2.3.2.2“). Dabei beziehen
sich die prozentualen Angaben auf die Gesamtzahl der Stichprobe (84 Patienten).
Tab. 35: postoperatives Outcome des interiktalen psychopathologischen Befundes
Psychiatrische Diagnosen
1. Unauffälliger psychopathologischer Befund prä- und post-OP
2. Auffälliger psychopathologischer Befund
3. Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen
4. Formale Denkstörungen
5. Phobien
6. Zwänge
7. Wahn
8. Sinnestäuschungen
9. Ich-Störungen
10. Störungen der Affektivität
Häufigkeit (%)
13/84 (16%)
a. de novo post-OP
10/84 (12%)
b. prä- und post-OP
53/84 (63%)
c. Remission post-OP
8/84 (10%)
a. de novo post-OP
13/84 (16%)
b. prä- und post-OP
46/84 (55%)
c. Remission post-OP
8/84 (10%)
a. de novo post-OP
15/84 (18%)
b. prä- und post-OP
27/84 (32%)
c. Remission post-OP
13/84 (16%)
a. de novo post-OP
0/84 (0%)
b. prä- und post-OP
2/84 (2%)
c. Remission post-OP
3/84 (4%)
a. de novo post-OP
1/84 (1%)
b. prä- und post-OP
1/84 (1%)
c. Remission post-OP
0/84 (0%)
a. de novo post-OP
2/84 (2%)
b. prä- und post-OP
1/84 (1%)
c. Remission post-OP
1/84 (1%)
a. de novo post-OP
2/84 (2%)
b. prä- und post-OP
0/84 (0%)
c. Remission post-OP
1/84 (1%)
a. de novo post-OP
2/84 (2%)
b. prä- und post-OP
0/84 (0%)
c. Remission post-OP
1/84 (1%)
a. de novo post-OP
15/84 (18%)
b. prä- und post-OP
29/84 (35%)
c. Remission post-OP
20/84 (24%)
86
10a. affektarm
10b. deprimiert
10c. Störung der Vitalgefühle
10d. Insuffizienzgefühle
10e. innerlich unruhig
10f. dysphorisch oder gereizt
10g. ängstlich
10h. affektlabil
10i. euphorisch
11. Antriebsarmut oder -hemmung
12. sozialer Rückzug
13. Aggressivität
14. Suizidalität
a. de novo post-OP
8/84 (10%)
b. prä- und post-OP
8/84 (10%)
c. Remission post-OP
a. de novo post-OP
4/84 (5%)
19/84 (23%)
b. prä- und post-OP
9/84 (11%)
c. Remission post-OP
15/84 (18%)
a. de novo post-OP
15/84 (18%)
b. prä- und post-OP
6/84 (7%)
c. Remission post-OP
14/84 (17%)
a. de novo post-OP
7/84 (8%)
b. prä- und post-OP
5/84 (6%)
c. Remission post-OP
13/84 (16%)
a. de novo post-OP
8/84 (10%)
b. prä- und post-OP
7/84 (8%)
c. Remission post-OP
13/84 (16%)
a. de novo post-OP
13/84 (16%)
b. prä- und post-OP
10/84 (12%)
c. Remission post-OP
17/84 (20%)
a. de novo post-OP
10/84 (12%)
b. prä- und post-OP
5/84 (6%)
c. Remission post-OP
15/84 (18%)
a. de novo post-OP
18/84 (21%)
b. prä- und post-OP
6/84 (7%)
c. Remission post-OP
7/84 (8%)
a. de novo post-OP
8/84 (10%)
b. prä- und post-OP
1/84 (1%)
c. Remission post-OP
1/84 (1%)
a. de novo post-OP
24/84 (29%)
b. prä- und post-OP
15/84 (18%)
c. Remission post-OP
15/84 (18%)
a. de novo post-OP
4/84 (5%)
b. prä- und post-OP
7/84 (8%)
c. Remission post-OP
12/84 (14%)
a. de novo post-OP
5/84 (6%)
b. prä- und post-OP
7/84 (8%)
c. Remission post-OP
7/84 (8%)
a. de novo post-OP
0/84 (0%)
b. prä- und post-OP
0/84 (0%)
c. Remission post-OP
0/84 (0%)
Tab. 35: postoperatives Outcome des interiktalen psychopathologischen Befundes
87
3.2.3 Vergleich der klinischen Daten
3.2.3.1 Demographische Daten
1. Geschlecht (Tab. 36-37)
Es ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen hinsichtlich der
Verteilung der Geschlechter.
Tab. 36: Geschlechtsverteilung
postoperatives psychiatrisches Outcome
Geschlecht
keine
„de novo“
psychiatrischen Diagnosen
psychiatrische Diagnosen
affektive
prä- und post-OP vs.
post-OP
Störungen
weiblich
8
7
7
männlich
13
7
5
21
14
12
p=0,486
p=0,261
Gesamt
Chi-Quadrat
„de novo“
Tab. 37: Geschlechtsverteilung
postoperatives psychiatrisches Outcome
psychiatrische Diagnosen
Geschlecht
affektive Störungen
prä- und post-OP
Remission
prä- und post-OP
Remission
vs.
post-OP
vs.
post-OP
weiblich
13
10
8
8
männlich
19
6
7
6
32
16
15
14
Gesamt
Chi-Quadrat
p=0,153
p=0,837
2. Alter, Dauer der Epilepsie, Alter bei Epilepsieerstmanifestation (Tab. 38-39)
Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen hinsichtlich der
Altersverteilung, der Epilepsiedauer und des Alters bei Epilepsieerstmanifestation.
Die Patienten, die postoperativ „de novo“ psychiatrische Syndrome bzw. affektive Störungen
entwickelten, wiesen ein im Durchschnitt höheres Alter (40,1 bzw. 39,6 Jahre) auf im Vergleich
zu denen ohne psychiatrische Diagnosen prä- und postoperativ (32,9 Jahre); ein
Signifikanzniveau wurde dabei jedoch nicht erreicht.
88
Tab. 38: Altersverteilung, Dauer der Epilepsie, Alter bei Epilepsieerstmanifestation
psychiatrisches Outcome post-OP
t-Test bei unabhängigen Stichproben
Alter bei
Dauer der
Alter bei
Epilepsiechirurgie
Epilepsie
Epilepsieerstmanifestation
keine
N
21
21
21
psychiatrischen
Mittelwert
32,9
13,4
19,6
Diagnosen
Standardabweichung
12,1
13,8
14,5
prä- und post-OP vs.
95% - Konfidenzintervall
27,4; 38,4
7,1; 20,0
13,0; 26,2
„de novo“
psychiatrische
Diagnosen
post-OP
„de novo“
affektive
Störungen
post-OP
N
14
14
14
Mittelwert
40,1
13,5
26,6
Standardabweichung
13,2
13,1
17,9
95% - Konfidenzintervall
32,5; 47,8
5,9; 21,1
16,2; 36,9
p=0,103
p=0,981
p=0,215
N
12
12
12
Mittelwert
39,6
13,0
26,5
Standardabweichung
13,5
12,5
16,0
95% - Konfidenzintervall
31,0; 48,2
5,0; 21,0
16,3; 36,7
p=0,153
p=0,942
p=0,216
Tab. 39: Altersverteilung, Dauer der Epilepsie, Alter bei Epilepsieerstmanifestation
psychiatrisches Outcome post-OP
t-Test bei unabhängigen Stichproben
Alter bei
Dauer der
Alter bei
Epilepsiechirurgie
Epilepsie
Epilepsieerstmanifestation
psychiatrische
N
32
32
32
Diagnosen
Mittelwert
38,2
19,9
18,3
prä- und post-OP
Standardabweichung
11,2
13,8
14,3
vs.
95% - Konfidenzintervall
34,1; 42,2
14,9; 24,9
13,1; 23,4
psychiatrische
N
16
16
16
Diagnosen,
Mittelwert
37,3
19,8
17,6
Pemission post-OP
Standardabweichung
9,7
13,6
14,3
95% - Konfidenzintervall
32,1; 42,5
12,6; 27,0
10,0; 25,2
p=0,798
p=0,978
p=0,876
N
15
15
15
affektive Störungen
prä- und post-OP
vs.
affektive Störungen,
Remission post-OP
Mittelwert
40,0
15,7
24,3
Standardabweichung
10,2
13,5
14,3
95% - Konfidenzintervall
34,4; 45,6
8,2; 23,1
16,4; 32,2
N
14
14
14
Mittelwert
37,9
20,5
17,5
Standardabweichung
9,6
13,5
15,2
95% - Konfidenzintervall
32,4; 43,5
12,7; 28,2
8,8; 26,3
p=0,578
p=0,345
p=0,222
89
3.2.3.2 psychiatrische Vorgeschichte (Tab. 40-41)
Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen hinsichtlich der
Häufigkeit von psychiatrischen Störungen in der Eigenanamnese. Bei 73% der Patienten mit
affektiven Syndromen präoperativ, die auch nach der Epilepsiechirurgie persistierten, waren
psychiatrische Auffälligkeiten auch in der Vorgeschichte bekannt. Diese Häufigkeitsrate war
geringer (50%) bei den Fällen mit präoperativen affektiven Störungen, die postoperativ
weitgehend remittierten, das Signifikanzniveau konnte jedoch dabei nicht erreicht werden.
Tab. 40: psychiatrische Vorgeschichte
postoperatives psychiatrisches Outcome
psychiatrische
Störung in der
Vorgeschichte
keine
„de novo“
„de novo“
psychiatrischen Diagnosen
psychiatrische Diagnosen
affektive
prä- und post-OP vs.
post-OP
Störungen
ja
4
3
3
nein
17
11
9
Gesamt
21
Chi-Quadrat
14
12
p=1,000
p=0,686
Tab. 41: psychiatrische Vorgeschichte
postoperatives psychiatrisches Outcome
psychiatrische Diagnosen
psychiatrische
Störung in der
Vorgeschichte
Gesamt
Chi-Quadrat
affektive Störungen
prä- und post-OP
Remission
prä- und post-OP
Remission
vs.
post-OP
vs.
post-OP
ja
15
8
11
7
nein
17
8
4
7
32
16
15
14
p=0,838
p=0,196
3.2.3.3 Outcome des Arbeitsstatus (Tab. 42-43)
Die Patienten, bei denen postoperativ „de novo“ psychiatrische Störungen bzw. „de novo“ AFS
festgestellt wurden, unterschieden sich nicht signifikant in Bezug auf den postoperativen
Arbeitsstatus von den Patienten ohne psychiatrische Diagnosen prä- und postoperativ. Die
Patienten mit postoperativer Remission der präoperativen Psychopathologie hatten postoperativ
auch ein signifikant besseres Outcome des Arbeitssstatus als diejenigen mit Persistenz der
präoperativen psychiatrischen Syndrome (p=0,024). Ein ähnliches grenzwertig signifikantes
90
Ergebnis zeigte sich auch bei den Fällen mit postoperativer Remission der AFS im Vergleich zu
den Patienten mit AFS prä- und postoperativ (p=0,097).
Tab. 42: Outcome des Arbeitsstatus 1 Jahr post-OP
postoperatives psychiatrisches Outcome
keine
„de novo“
„de novo“
psychiatrischen Diagnosen
psychiatrische Diagnosen
affektive
prä- und post-OP vs.
post-OP
Störungen
Outcome des
arbeitslos/erwerbsunfähig
5
5
5
Arbeitsstatus
arbeitstätig
15
7
6
Gesamt
20
Chi-Quadrat
12
11
p=0,438
p=0,423
Tab. 43: Outcome des Arbeitsstatus 1 Jahr post-OP
postoperatives psychiatrisches Outcome
psychiatrische Diagnosen
affektive Störungen
prä- und post-OP
Remission
prä- und post-OP
Remission
vs.
post-OP
vs.
post-OP
Outcome des
arbeitslos/erwerbsunfähig
21
6
11
6
Arbeitsstatus
arbeitstätig
7
9
2
6
28
15
15
Gesamt
Chi-Quadrat
p=0,024
14
p=0,097
3.2.3.4 Lateralität der Epilepsiechirurgie (Tab. 44-45)
Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen hinsichtlich der
Lateralität der Epilepsiechirurgie. Die Häufigkeit der linksseitigen Resektionen war höher bei
den Patienten mit postoperativ „de novo“ psychiatrischen bzw. affektiven Syndromen als bei
denen ohne psychiatrische Diagnosen prä- und postoperativ. Nach Ausschluss der Linkshänder
und Ambidexter konnte dieser Unterschied grenzwertig das Signifikanzniveau erreichen
(p=0,051).
91
Tab. 44: Lateralität der Epilepsiechirurgie
postoperatives psychiatrisches Outcome
keine
„de novo“
psychiatrischen Diagnosen
psychiatrische Diagnosen
„de novo“
affektive
prä- und post-OP vs.
post-OP
Störungen
10
10
20
4
9
13
p=0,275
4
7
11
p=0,707
10
6
16
2
8
10
2
6
8
Lateralität der Epilepsiechirurgie
rechtsseitig
linksseitig
Gesamt
Chi-Quadrat
Lateralität der Epilepsiechirurgie,
Ausschluss der Linkshänder/Ambidexter
rechtsseitig
linksseitig
Gesamt
Chi-Quadrat
p=0,051
p=0,193
Lateralität der temporalen Epilepsiechirurgie
rechtsseitig
linksseitig
Gesamt
6
7
13
4
8
12
Chi-Quadrat
4
6
p=0,688
p=1,000
Lateralität der temporalen Epilepsiechirurgie,
Ausschluss der Linkshänder/Ambidexter
rechtsseitig
linksseitig
Gesamt
Chi-Quadrat
6
5
11
2
7
9
p=0,197
2
5
7
p=0,367
Tab. 45: Lateralität der Epilepsiechirurgie
postoperatives psychiatrisches Outcome
psychiatrische Diagnosen
affektive Störungen
prä- und post-OP
Remission
prä- und post-OP
Remission
vs.
post-OP
vs.
post-OP
17
14
31
10
6
16
8
7
15
9
5
14
Lateralität der Epilepsiechirurgie
rechtsseitig
linksseitig
Gesamt
Chi-Quadrat
p=0,615
p=0,550
Lateralität der Epilepsiechirurgie,
Ausschluss der Linkshänder/Ambidexter
rechtsseitig
linksseitig
Gesamt
Chi-Quadrat
14
13
27
8
6
14
8
5
13
p=0,747
7
6
13
p=0,691
Lateralität der temporalen Epilepsiechirurgie
rechtsseitig
linksseitig
Gesamt
Chi-Quadrat
12
10
22
9
6
15
5
5
10
p=0,742
8
5
13
p=0,685
Lateralität der temporalen Epilepsiechirurgie,
Ausschluss der Linkshänder/Ambidexter
rechtsseitig
linksseitig
Gesamt
Chi-Quadrat
11
9
20
8
6
14
p=0,901
5
4
9
8
5
13
p=1,000
92
3.2.3.5 Lokalisation der Epilepsiechirurgie (Tab. 46-47)
Von den 84 Patienten der Stichprobe unterzogen sich 55 (65%) temporal, 21 (25%)
extratemporal und 8 (10%)
epilepsiechirurgischen
sowohl temporal als auch extratemporal lokalisierten
Eingriffen.
Bei
17
Fällen
(20%)
erfolgte
eine
selektive
Amygdalahippokampektomie (SAHE), bei 16 (19%) eine anteriore Temporallappenresektion mit
Ektomie von Amygdala/Hippokampus, bei 7 (8%) eine Läsionektomie temporal mit Entfernung
von Amygdala/Hippokampus und bei 23 (27%) eine Läsionektomie temporal unter Schonung
von Amygdala und Hippokampus. Somit erfolgte bei insgesamt 40 Fällen (48%) eine unilaterale
Amygdalahippokampektomie (AHE).
Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen hinsichtlich der
Verteilung der Lokalisation der Epilepsiechirurgie.
Allerdings zeigten weniger als 10% der Patienten mit präoperativ diagnostizierten
psychiatrischen Syndromen und extratemporalem Anfallsfokus nach Epilepsiechirurgie eine
weitgehende Remission der psychiatrischen Störungen; nach Resektionen im Temporallappen
wurde eine Remission der präoperativen Psychopathologie bei 42% der Fälle beobachtet
(p=0,067).
Bei den Temporallappenresektionen ergab sich kein signifikanter Unterschied zwischen den
Fällen mit und denen ohne AHE.
Tab. 46: Lokalisation der Epilepsiechirurgie
postoperatives psychiatrisches Outcome
keine
„de novo“
„de novo“
psychiatrischen Diagnosen
psychiatrische Diagnosen
affektive
prä- und post-OP vs.
post-OP
Störungen
temporal
12
11
9
Lokalisation der Epilepsiechirurgie
extratemporal
8
2
2
temporal + extratemporal
1
1
1
Gesamt
21
Chi-Quadrat
14
12
p=0,311
p=0,427
Lokalisation der Epilepsiechirurgie
temporal
12
11
9
extratemporal
8
2
2
Gesamt
20
13
11
Chi-Quadrat
p=0,245
p=0,262
Lokalisation der Epilepsiechirurgie
temporal mit AHE
7
7
5
temporal ohne AHE
6
5
5
Gesamt
13
12
10
Chi-Quadrat
p=0,821
p=1,000
93
Tab. 47: Lokalisation der Epilepsiechirurgie
postoperatives psychiatrisches Outcome
psychiatrische Diagnosen
affektive Störungen
prä- und post-OP
Remission
prä- und post-OP
Remission
vs.
post-OP
vs.
post-OP
temporal
18
13
8
11
extratemporal
10
1
5
1
Lokalisation der Epilepsiechirurgie
temporal + extratemporal
4
2
2
2
Gesamt
32
16
15
14
Chi-Quadrat
p=0,139
p=0,211
Lokalisation der Epilepsiechirurgie
temporal
18
13
8
11
extratemporal
10
1
5
1
Gesamt
28
14
13
Chi-Quadrat
p=0,067
12
p=0,160
Lokalisation der Epilepsiechirurgie
temporal mit AHE
15
11
6
10
temporal ohne AHE
7
4
4
3
Gesamt
22
15
10
Chi-Quadrat
p=1,000
13
p=0,650
3.2.3.6 Outcome des Anfallsstatus
Insgesamt betrachtet war ein verbessertes Outcome des psychiatrischen Status mit einem
verbesserten Anfallsoutcome assoziiert. Ein Signifikanzniveau wurde beim Vergleich zwischen
den Fällen mit AFS prä- und postoperativ (27% anfallsfrei/nahezu anfallsfrei post-OP) und den
Fällen mit postoperativer Remission der AFS (64% anfallsfrei/nahezu anfallsfrei post-OP)
erreicht (p=0,042) (Tab. 48-49).
Tab. 48: Outcome des Anfallsstatus nach der Engel-Klassifikation
postoperatives psychiatrisches Outcome
keine
„de novo“
„de novo“
psychiatrischen Diagnosen
psychiatrische Diagnosen
affektive
prä- und post-OP vs.
post-OP
Störungen
Outcome des
Klasse 1 od. 2
20
10
9
Anfallsstatus
Klasse 3 od. 4
1
4
3
21
14
12
p=0,134
p=0,125
Gesamt
Chi-Quadrat
94
Tab. 49: Outcome des Anfallsstatus post-OP nach der Engel-Klassifikation
postoperatives psychiatrisches Outcome
psychiatrische Diagnosen
affektive Störungen
prä- und post-OP
Remission
prä- und post-OP
Remission
vs.
post-OP
vs.
post-OP
Outcome des
Klasse 1 od. 2
16
11
4
9
Anfallsstatus
Klasse 3 od. 4
16
5
11
5
32
16
15
14
Gesamt
Chi-Quadrat
p=0,217
p=0,042
Beim Vergleich der Verteilung der klinischen Parameter (Geschlecht, Alter, Dauer der Epilepsie,
Alter bei Epilepsieerstmanifestation, Outcome des Arbeitsstatus, Lateralität und Lokalisation der
Epilepsiechirurgie) zwischen den Gruppen des Anfallsoutcomes hatten die Patienten mit einem
guten Arbeitsstatus-Outcome grenzwertig signifikant häufiger ein gutes als ein schlechtes
Anfallsstatus-Outcome (p=0,053) (Tab. 50). Sonst waren keine signifikanten Unterschiede
zwischen den Gruppen festzustellen (p>0,100).
Tab. 50 Outcome des Anfallsstatus und Outcome des Arbeitsstatus
Outcome des Arbeitsstatus
arbeitslos/
arbeitstätig
erwerbsunfähig
Outcome des
Klasse 1 od. 2
32
23
Anfallsstatus
Klasse 3 od. 4
7
14
Gesamt
Chi-Quadrat
39
37
p=0,053
95
4. Diskussion
Die chronische Temporallappenepilepsie wurde schon seit langem mit psychiatrischen
Syndromen wie z.B. der dysphorischen Störung bei Epilepsie oder mit epileptischen Psychosen
in Verbindung gebracht. Bisher wurde jedoch die Prävalenz inter- sowie periiktaler
psychopathologischer Auffälligkeiten bei fokalen Epilepsien nur in wenigen größeren
Untersuchungen analysiert, die meistens nur ein enges Spektrum der Psychopathologie (z.B. nur
affektive oder nur psychotische Störungen) untersuchten. Die vorliegende Arbeit ist eine der
wenigen Studien, die sich mit der Analyse möglicher statistischer Assoziationen dieser Prävalenz
mit einer Reihe von klinischen neurologischen, psychiatrischen und psychosozialen Faktoren
befasst haben.
Darüber hinaus ist das Outcome des psychiatrischen Status nach epilepsiechirurgischen
Interventionen auch in Hinblick auf die Lebensqualität der Patienten von zentraler Bedeutung.
Obwohl bereits seit Jahrzehnten epilepsiechirurgische Eingriffe erfolgreich an vielen Zentren der
Welt durchgeführt werden, hat man sich bislang nur in einzelnen, meist kleineren
Untersuchungen mit der Frage nach dem psychiatrischen Outcome beschäftigt.
Vor der Diskussion der Ergebnisse dieser Studie soll auf einige methodische Aspekte
eingegangen werden.
4.1 Methoden
Die vorliegende Untersuchung gliedert sich in zwei Teile, eine Querschnittsanalyse der
präoperativen inter- sowie periiktalen psychopathologischen Auffälligkeiten und eine
Längsschnittsanalyse des Outcomes des inter- sowie periiktalen psychiatrischen Status nach
epilepsiechirurgischen Interventionen.
Bei der Planung der Methodik wurden strenge Einschlusskriterien festgelegt. Der Nachweis des
Vorhandenseins einer fokalen Epilepsie erfolgte i. R. der prächirurgischen neurologischen
Diagnostik, in der Regel während eines stationären Aufenthaltes unter Berücksichtigung u. a. der
Anfallssemiologie, der Video-EEG- und MRT-Befunde und häufig inklusive invasiven EEG.
Die postoperativen neurologischen Daten wurden ebenfalls von erfahrenen Fachärzten des
Neurozentrums
der
Universitätsklinik
Freiburg
i.
R.
von
standardisierten
Verlaufsuntersuchungen erhoben. Somit dürfen die neurologischen Daten als zuverlässig und
vergleichbar betrachtet werden. Da alle untersuchten Parameter standardisiert, i. R. der
präoperativen Diagnostik erhoben und dokumentiert wurden, gab es keine Fälle mit fehlenden
Angaben über die relevanten neurologischen Daten.
96
Seit 1999 wurden am Epilepsiezentrum der Universität Freiburg die Patienten, die zu einem
epilepsiechirurgischen Eingriff anstanden, auch psychiatrisch nach einem standardisierten
Protokoll präoperativ untersucht. Nach der Durchführung der epilepsiechirurgischen Intervention
erfolgten 3- und 12 Monate postoperativ weitere psychiatrische Interviews zur Bestimmung des
psychiatrischen Outcomes. Die Erhebung des psychopathologischen Befundes und die
psychiatrische Diagnosenstellung erfolgten von erfahrenen Fachärzten der psychiatrischen
Universitätsklinik Freiburg. Dabei wurden bei der Anamnesen-/Fremdanamnesenerhebung sowie
bei der klinischen Untersuchung standardisiert epilepsietypische Störungen wie inter-/periiktale
Psychosen und inter-/periiktale dysphorische Störungen berücksichtigt. Diese fanden bislang in
den internationalen Klassifikationssystemen keinen Niederschlag, so dass diese Störungen ohne
gezielte Befragung von Patienten und Informanten oftmals übersehen werden. In der
vorliegenden Studie ist somit von einer minimalen Dunkelziffer für die Epilepsie assoziierten
inter- sowie periiktalen Psychopathologie auszugehen. Die Erfassung des interiktalen
psychopathologischen Befundes erfolgte u. a. mit Instrumenten des AMDP-Systems, das eine
weite Verbreitung in der klinischen Anwendung und in Forschungsprojekten gefunden hat und
dessen Validität in einer Vielzahl von Studien auf Symptom- und Syndromebene belegt ist.
Ein Teil der Patienten wurde bei der präoperativen psychiatrischen Vorstellung zum ersten Mal
psychiatrisch untersucht. Somit erfolgte die diagnostische Zuordnung des psychopathologischen
Befundes in einigen Fällen nur anhand des klinischen Querschnittbefundes und der aktuellen
Anamnesenerhebung ohne die häufig bei der Stellung von psychiatrischen Diagnosen
notwendige Hilfe von Wiederholungsuntersuchungen und Verlaufsbeobachtungen. Daher
konnten die psychopathologischen Auffälligkeiten in diesen Fällen z. T. nur noch einer
diagnostischen Überkategorie (z. B. „depressive Episode“) zugeordnet werden, eine genauere
Diagnosenbestimmung war jedoch nicht möglich (z. B. DD organische depressive Störung,
antiepileptikainduzierte Depression, reaktive Depression oder interiktale dysphorische Störung).
Dies rechtfertigt die Anwendung der mehrgleisigen Analysemethode, wobei die Patienten mit
AFS, PSY oder PS zum einen als eine gemeinsame Gruppe und zum anderen getrennt betrachtet
wurden. In die Untergruppe der dysphorischen Störungen wurden nur diejenigen Patienten
eingeschlossen, die eindeutig die diagnostischen Kriterien dieser Diagnose nach dem
Klassifikationsvorschlag
für
neuropsychiatrische
Störungen
bei
Epilepsien
erfüllten
[Krishnamoorthy et al. 2003].
Ferner zeigten sich bei vielen Patienten psychiatrische Komorbiditäten. Bei den Gruppen „AFS“
und „DS“ konnte durch Ausschluss der Komorbiditätsfälle der Einfluss von sonstigen
gleichzeitig
vorhandenen psychiatrischen Syndromen auf die Ergebnisse
vollständig
ausgeschaltet werden. Dies war jedoch bei den Gruppen „PSY“ und „PS“ aufgrund der häufigen
97
Komorbidität von affektiven Störungen bei den Patienten mit Epilepsiepsychosen und von
Intelligenzminderung oder kognitiven Störungen bei den Patienten mit Persönlichkeitsstörungen
nur zum Teil möglich.
Das zugrundeliegende Patientenkollektiv der präoperativen Querschnittsanalyse ist sicherlich
nicht repräsentativ für die Gesamtheit der Epilepsiepatienten, wohl aber vergleichbar mit den
Patienten anderer Studien an speziellen Epilepsiezentren, die die psychopathologische Prävalenz
bei Epilepsiechirurgiekandidaten untersucht haben.
In Anbetracht der primären Zielsetzung der vorliegenden Arbeit, die präoperative
psychopathologische Prävalenzrate bzw. das postoperative Outcomes für die Gesamtpopulation
der Epilepsiechirurgiekandidaten zu bestimmen, war es nicht möglich, die zu vergleichenden
Psychopathologiegruppen
Fall
für
Fall
hinsichtlich
der
demographischen
Parameter
„Geschlecht“ und „Alter“ anzupassen. I. R. der Querschnittsanalyse der präoperativen
Psychopathologie erfolgte jedoch eine Berücksichtigung möglicher Interaktionen der
Geschlechtsverteilung mit der Lokalisaton des Anfallsfokus bezüglich der Prävalenz der
psychiatrischen Diagnosen. In der Längsschnittsanalyse des postoperativen Outcomes waren die
Alters- und Geschlechtsverteilung zwischen den Psychopathologiegruppen homogen, so dass
hier auf eine Berücksichtigung der demographischen Parameter als Kofaktoren bei der
statistischen Analyse verzichtet werden konnte.
4.2 Querschnittsanalyse der präoperativen Psychopathologie
4.2.1 Prävalenz psychopathologischer Auffälligkeiten
In unserer Studie lag die Prävalenzrate psychiatrischer Diagnosen (inter- und/oder periiktal) zum
Zeitpunkt der präoperativen Diagnostik bei 60%. 79% der Fälle wiesen einen auffälligen
interiktalen psychopathologischen Befund (nach AMDP) auf, unabhängig davon, ob dieser
diagnostische Kriterien eines psychiatrischen Syndroms erfüllte. Eine epidemiologische Studie
an einer repräsentativen Bevölkerungsstichprobe von rund 4200 Personen, die von Sommer 1998
bis zum Frühjahr 1999 durchgeführt wurde, ergab, dass in Deutschland 20% der
Allgemeinbevölkerung zwischen 18 und 65 Jahren aktuell psychisch krank sind [Jacobi et al.
2004]. Somit zeigte sich bei der Population unserer Studie eine mindestens 3fache
Punktprävalenzrate von psychopathologischen Auffälligkeiten im Vergleich zur deutschen
Allgemeinbevölkerung.
Diese
Ergebnisse
sind
vergleichbar
mit
früheren
Untersuchungen
an
Epilepsiechirurgiekandidaten. In einer kanadischen Studie wurden psychiatrische Diagnosen bei
98
142 (47,3%) der 300 Patienten mit pharmakorefraktären Epilepsien festgestellt [Manchanda et
al. 1996]. Die präoperative Punktprävalenzrate von psychopathologischen Syndromen lag bei
der
Analyse
von
Glosser
et
al.
bzw.
Ring
et
al.
bei
51%
bzw.
53%
der
Epilepsiechirurgiekandidaten mit TLE [Glosser et al. 2000, Ring et al. 1998]. Blumer et al.
diagnostizierten bei 65% der Patienten, die zu neurodiagnostischen Untersuchungen in ein
Epilepsiezentrum kamen, eine psychiatrische Störung [Blumer et al. 1995]. Victoroff konnte bei
70% der epilepsiechirurgischen Patienten psychiatrische Diagnosen stellen [Victoroff 1996]. In
einer weiteren Studie an 60 Patienten mit pharmakorefraktärer Epilepsie lag die Prävalenzrate
von psychiatrischen Syndromen nach DSM III bei 70% [Tsopelas et al. 2001].
Affektive Störungen (AFS)
Die affektiven Störungen (inter- und/oder periiktal, nach ICD-10 oder epilepsietypisch) waren
die am häufigsten gestellte Diagnose in unserer Studie mit einer Prävalenz von 42%. Auch nach
Einschluss nur der interiktalen affektiven Syndrome in die Messung lag die Prävalenzrate mit
32% weiterhin relativ hoch. Entsprechend hoch war auch die Häufigkeit von affektiven
Symptomen im interiktalen psychopathologischen Befund.
In
den
meisten
Studien,
die
die
Prävalenz
der
Psychopathologie
bei
Epilepsiechirurgiekandidaten untersuchten, erwiesen sich die AFS ebenfalls als die häufigste
psychiatrische Diagnose [Blumer et al. 1998, Glosser et al. 2000, Kanner und Nieto 1999,
Reuber et al. 2004]. In Zusammenschau der Literatur variiert die gemessene Prävalenzrate bei
Patienten mit refraktären Anfällen zwischen 21 und 57%. Mendez et al. konnten feststellen, dass
55% der ambulanten Patienten in ihrem Epilepsiezentrum die Kriterien für Depression erfüllten
[Mendez et al. 1986]. In vier Studien an epilepsiechirurgischen Patienten mit TLE lag die
präoperative Punktprävalenz von affektiven Syndromen unter Anwendung von unterschiedlichen
Messinstrumenten und Diagnosenkategorisierungen bei 57% [Blumer et al. 1998], bzw. 30%
[Glosser et al. 2000], bzw. 29% [Reuber et al. 2004] bzw. 21% [Ring et al. 1998].
Dysphorische Störungen (DS)
Bei unserer Stichprobe wurden 65% der affektiven Syndrome als inter- und/oder periiktale
dysphorische Störungen diagnostisch kategorisiert. Diese Rate ist in Übereinstimmung mit den
Ergebnissen der wenigen Studien,
in deren Methodik gezielt die Häufigkeit
der
epilepsiespezifischen dysphorischen Störungen untersucht wurde. Mendez et al. klassifizierten
50% der interiktalen depressiven Störungen als atypische Depressionen mit häufiger
psychotischer und paranoider Symptomatik, was die Autoren als Hinweis für die Existenz eines
epilepsietypischen affektiven Psychosyndroms interpretierten [Mendez et al. 1986]. Kanner et al.
99
fanden in ihrer Studie heraus, dass die interiktale affektive Störung in 70% der Fälle einer
dysthymen Störung ähnelte, ohne jedoch die diagnostischen Kriterien nach den DSM-IVKriterien zu erfüllen, und bezeichneten das atypische Syndrom als Dysthymie-ähnliche Störung
[Kanner 2001]. In den Studien von Blumer et al. wurde bei 34% der Patienten, die zu
neurodiagnostischen Untersuchungen in ein Epilepsiezentrum kamen, eine DS diagnostiziert
[Blumer et al. 1995], während die Prävalenzrate bei Epilepsiechirurgiekandidaten mit TLE
präoperativ bei 57% lag [Blumer et al. 1998]. Auch in der Untersuchung von Glosser et al. war
die interiktale DS das häufigste interiktale affektive Syndrom [Glosser et al. 2000].
Obwohl periiktale affektive Symptome oft von den Patienten angegeben werden, ist ihre
Prävalenz bisher nur in sehr wenigen Studien systematisch analysiert worden. Kanner
untersuchte die Prävalenz der postiktalen affektiven Symptomatik bei 2 Subpopulationen, die
sich hinsichtlich der Epilepsie assoziierten klinischen Merkmale und des kulturellen
Hintergrundes unterschieden In seinem Epilepsiezentrum in den USA zeigten 48 von 100
Patienten mit pharmakoresistenten KPA affektive Symptomatik postiktal, die durchschnittlich
24h andauerte. 25 dieser 48 Patienten hatten eine interiktale affektive Störung, die postiktal
exazerbierte [Kanner et al. 2000]. Ähnliche Ergebnisse mit einer hohen Prävalenzrate von 40%
zeigten sich bei 50 Patienten mit fokaler Epilepsie in einem Epilepsiezentrum in Argentinien
[Kanner et al. 1999]. Blanchet und Frommer untersuchten 27 Epilepsiepatienten in einem
Zeitraum von 56 Tagen. Sie fanden heraus, dass sich 22 der Patienten 3 Tage vor einem Anfall in
einem dysphorischen Zustand befanden. Dieser Zustand akzentuierte sich in den letzten 24h vor
dem Anfall [Blanchet und Frommer 1986]. In der Studie von Hughes et al. hatten 1/3 der
Patienten mit fokalen Anfällen prodromale depressive Symptome, während die Patienten mit
generalisierten Anfällen diese Symptomatik nicht zeigten [Hughes et al. 1993].
In unserer Untersuchung lag die Prävalenzrate der präiktalen DS (7%) und der postiktalen DS
(17%) 2 bis 3mal niedriger als bei den o. g. Studien. Dieser Befund ist vermutlich darauf
zurückzuführen, dass in der vorliegenden Studie diese Diagnosen nur bei den Patienten gestellt
wurden, welche die periiktale Symptomatik regelmäßig und nicht nur gelegentlich zeigten.
Übereinstimmend mit der o. g. Beobachtung von Kanner et al. wurde in unserer Analyse bei
64% der Patienten mit Diagnose einer postiktalen DS gleichzeitig auch ein interiktales
dysphorisches Syndrom festgestellt, das postiktal deutlicher hervortrat. Bei 60% der Fälle mit
präiktalen DS lag zusätzlich eine interiktale DS komorbid vor. Nach unserem Stand der Kenntnis
bestehen bis dato keine weiteren Studien, die die Häufigkeit der Koexistenz von interiktalen und
präiktalen DS untersucht haben. Diese hohe Komorbiditätsrate könnte auf gemeinsame
ätiologische Mechanismen der interiktalen und periiktalen DS hinweisen. Es sind jedoch weitere
100
klinische
und
neurobiologische
Studien
erforderlich,
um
die
Pathogenese
dieser
psychopathologischen Entität näher zu erforschen.
Epilepsiepsychosen (PSY)
Die Prävalenz der Epilepsiepsychosen (inter- und/oder periiktal, nach ICD-10 oder
epilepsietypisch) lag bei 6%, nach Einschluss nur der Fälle mit PIP bei 5% bzw. nur der Fälle
mit IIP bei 4%. Im interiktalen psychopathologischen Befund zeigten sich Wahn- und IchStörungen jeweils bei 6% und Sinnestäuschungen bei 7% der Patienten. Diese Raten sind somit
drei- bis vierfach höher als diejenige, die sich in einer großen epidemiologischen Studie an der
deutschen Allgemeinbevölkerung ergaben; in dieser Studie wurde eine 4-Wochen-Prävalenzrate
der psychotischen Störungen von 1,5% beschrieben, die 12-Monate-Prävalenz lag bei 2,5%
[Jacobi et al. 2004].
Die in unserer Untersuchung gemessenen Prävalenzraten der psychotischen Störungen sind
kongruent mit den Ergebnissen der großen und gut strukturierten relevanten früheren Studien. In
der Untersuchung von Mendez et al. lag die Prävalenz von PSY bei 9 % von 1611 epileptischen
Patienten, die sich in der neurologischen Ambulanz vorgestellt hatten [Mendez et al. 1993c].
Manchanda et al. beobachteten bei 9% der Epilepsiechirurgiekandidaten psychotische Syndrome
[Manchanda et al. 1996]. Matsuura und Trimble schätzten die Prävalenz der PSY nach einer
Zusammenschau der japanischen Literatur auf zwischen 1 und 9% [Matsuura und Trimble 2000].
In einer retrospektiven Untersuchung von fast 3000 ambulanten Patienten an einem
Epilepsiezentrum ergab sich eine Prävalenzrate von interiktalen Psychosen nach DSM IVKriterien von 5% [Kanemoto et al. 2001].
Die Prävalenz der postiktalen Psychosen ist nur in wenigen Studien gezielt untersucht worden.
Tarulli et al. fanden in einer retrospektiven Analyse bei 43 von 2000 Epilepsiepatienten eine PIP
[Tarulli et al. 2001]. In einer Studie von Kanner et al. wurde die Prävalenz der postiktalen
Psychopathologie bei Patienten mit pharmakorefraktären fokalen Epilepsien in einem
Beobachtungszeitraum von 3 Monaten gemessen. Es ergab sich eine Häufigkeit von 6% für
postiktale psychotische Symptome [Kanner et al. 2004]. Die relativ niedrigere Prävalenzrate in
der Studie von Tarulli et al. ist vermutlich auf die retrospektive methodische Struktur ihrer
Studie und eine damit einhergehende höhere Dunkelziffer zurückzuführen. Dongier fand bereits
1959 in einer statistischen Studie über die klinischen Manifestationen der PSY, dass PIP für 25%
der PSY verantwortlich waren; eine deutsche epidemiologische Studie kam zur gleichen
Schlussfolgerung [Schmitz 1988]. In unserer Studie war dagegen der prozentuale Anteil der PIP
innerhalb der Epilepsiepsychosen mit 78% (Anteil der IIP 56%) deutlich höher, was sich
möglicherweise dadurch erklären lässt, dass in unserer Studie die iktalen psychotischen
101
Phänomene nicht in die PSY-Gruppe eingeschlossen wurden und somit der Anteil der PIP bzw.
IIP relativ hoch war.
Die Häufigkeit der Koexistenz von IIP und PIP ist bislang nur in einzelnen Studien über die
Prävalenz der PSY untersucht worden. In den Studien von Tarulli et al. bzw. Marchetti et al.
erfüllten 14% bzw. 16% der Patienten mit PIP auch die diagnostischen Kriterien für IIP [Tarulli
et al. 2001, Marchetti et al. 2003c]. Dieser Anteil lag in der Studie von Adachi et al. sogar bei
fast 40% der PIP [Adachi et al. 2002]. Slater und Beard beschrieben eine Progression von
rezidivierenden PIP zu chronischen IIP bei 25% der IIP-Patienten [Slater et al. 1963], während
Tarulli et al. diese Progression bei 5/6 der chronischen Psychosen beobachteten [Tarulli et al.
2001]. Auch in den meisten relevanten Publikationen aus der japanischen Literatur wurde die
Entwicklung von chronischen Psychosen in vielen Fällen auf dem Boden von PIP beschrieben
[Matsuura und Trimble 2000]. In unserer Untersuchung kamen IIP und PIP ebenfalls häufig
komorbid
gleichzeitig
vor.
Diese
Beobachtung
unterstützt
die
Autoren,
die
die
Epilepsiepsychosen als eine komplexe klinische Entität mit unterschiedlichen möglichen
Subkategorien beschrieben haben [Adachi et al. 2002, Devinsky 2003, Kanemoto et al. 1996,
Tarulli et al. 2001, Umbricht et al. 1995].
Bei mehr als der Hälfte der psychotischen Patienten unserer Studie konnte die Diagnose eines
komorbid vorhandenen affektiven Syndroms, insbesondere einer inter und/oder periiktalen
dysphorischen Störung gestellt werden. Kraepelin beschrieb bereits 1923 pleomorphe
Verstimmungszustände, aus denen sich interiktal eine paranoid-halluzinatorische Symptomatik i.
S. einer psychotischen Episode entwickeln kann [Kraepelin 1923]. Auf der Basis dieser ersten
klinischen Beobachtung konnten auch moderne Autoren in ihren Studien feststellen, dass bei
Epilepsiepatienten die affektiven Syndrome oft mit psychotischen Merkmale einhergehen
[Lambert und Robertson 1999] oder die psychotischen Syndrome oft auf dem Boden einer
vorbestehenden affektiven und insbesondere dysphorischen Störung entstehen [Blumer 2000,
Kanner 2001]. Weitere neurobiologische Studien sind erforderlich, um pathogenetische
Zusammenhänge zwischen dysphorischen und psychotischen Störungen bei Epilepsien und
darüber hinaus die Validität der ätiologischen Differenzierung dieser Syndrome von der
Schizophrenie und der „klassischen“ endogenen Depression zu überprüfen.
Persönlichkeitsstörungen (PS)
Bei 18% der Stichprobe unserer Studie konnten Persönlichkeitsstörungen im Querschnitt i. R.
der prächirurgischen Epilepsiediagnostik festgestellt werden. Diese Prävalenzrate ist zwei- bis
vierfach höher als diejenige, die für die deutsche Allgemeinbevölkerung beschrieben worden ist.
In den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Psychotherapeutische Medizin und
102
Psychosomatik wird eine Prävalenz von 5-10% in der allgemeinen Bevölkerung angenommen
[Tress et al. 2002].
Bis jetzt ist die Komorbidität von Epilepsie und Persönlichkeitsstörungen, definiert nach ICDoder DSM-Kriterien, in nur wenigen Studien systematisch untersucht worden [Devinsky 2003].
Fiordelli et al. konnten bei 4 von 100 Epilepsiekranken PS nach DSM-IIIR feststellen [Fiordelli
et al. 1993]. In einer Untersuchung von 52 Patienten mit pharmakorefraktärer Epilepsie konnte
bei 21% der Fälle Axis II- Diagnosen (DSM-IIIR) nachgewiesen werden [Lopez-Rodriguez et al.
1999]. Bei 18% von 300 Epilepsiechirurgiekandidaten fanden Manchanda et al. PS [Manchanda
et al. 1996]. In drei weiteren Studien wurde eine Prävalenzrate von 18% festgestellt [Arnold und
Privitera 1996, Matsuura et al. 2003, Viktoroff 1996]. In der Untersuchung von Swinkels et al.
ergab sich eine signifikant höhere Häufigkeit von Persönlichkeitsauffälligkeiten bei 203
Patienten eines Epilepsiezentrums im Vergleich zur Kontrollgruppe (332 Fälle aus der
Allgemeinbevölkerung) [Swinkels et al. 2003].
In Zusammenschau dieser Befunde ist unser Ergebnis der hohen Prävalenzrate von PS mit den
Beobachtungen der früheren Analysen kongruent. Die einzige Ausnahme stellt die niedrige
Prävalenzrate bei der o. g. Studie von Fiordelli et al. dar, wobei jedoch die Stichprobe nur aus
Patienten mit kryptogenen Epilepsien und normaler Intelligenz bestand. Aufgrund dieser
Besonderheiten der Einschlusskriterien sind die Ergebnisse dieser Studie nur bedingt mit unseren
Ergebnissen sowie denen der übrigen o. g. Analysen vergleichbar.
Wir stellten ferner bei fast der Hälfte (46%) der Patienten mit PS eine organische
Persönlichkeitsstörung fest, welche somit die am häufigsten gestellte Diagnose innerhalb der PSGruppe war. Unter den Fällen mit organischen PS, aber auch unter den Patienten mit der
Diagnose „Psychomotorische Verlangsamung“, die ätiologisch nicht näher zuzuordnen war,
kamen relativ häufig Persönlichkeitsauffälligkeiten vor, die als Hauptmerkmale des umstrittenen
Geschwind-Syndroms beschrieben wurden. Einige frühere Analysen berichteten von einer
Überrepräsentation dieser Merkmale bei TLE [Bear and Fedio 1977, Blumer 1999, Gastaut et al.
1955, Waxman and Geschwind 1975], während andere Autoren an der nosologischen Entität
dieser temporallappenepilepsietypischen PS zweifeln [Benson 1991, Devinsky und Najjar 1999].
In der vorliegenden Studie war die Diagnose eines Geschwind-Syndroms nur bei einem
Patienten beschrieben. Ferner bestand bei 2 weiteren Patienten aus der Gruppe der organischen
PS die Diagnose einer viskösen PS bei Epilepsie. Aufgrund der Erhebung der psychiatrischen
Daten im Querschnitt konnte bei einem großen Teil unserer Patienten mit PS eine nähere
Zuordnung dieser pleomorphen Persönlichkeitsmerkmale nicht erfolgen, so dass unsere
Ergebnisse keine sicheren Aussagen über die genaue Prävalenz dieser umstrittenen
Persönlichkeitsauffälligkeiten erlauben.
103
4.2.2. Vergleich der klinischen Daten
4.2.2.1 Demographische Daten
In unserer Studie wurden bei den weiblichen Patienten häufiger AFS, DS, IDS sowie PDS als bei
den männlichen Fällen diagnostiziert. Im Fall der DS und der PDS wurde sogar das
Signifikanzniveau erreicht.
Bei der Allgemeinbevölkerung weisen Frauen in nahezu allen Untersuchungen eine mindestens
doppelte Häufigkeit depressiver Störungen auf [Bogner und Gallo 2004, Ernst und Angst 1992,
Kockler und Heun 2002]. In einem Teil der Studien bei Epilepsiepatienten wurde, in
Übereinstimmung mit unseren Ergebnissen, eine Überrepräsentation des weiblichen Geschlechts
unter den Fällen mit affektiven Störungen beobachtet [Ring et al. 1999, Schmitz et al. 1999].
Manche Autoren betonen dabei die besondere Symptomenkonstellation bei epilepsiekranken
Frauen um die menstruelle Phase, wobei sie häufig eine Exazerbation sowohl der
Anfallsfrequenz als auch der affektiv-somatoformen Symtomatik zeigen, was auf einen
ätiologischen Zusammenhang zwischen hormonellen Faktoren und der Affinität zu epileptischen
Entladungen sowie zur Entwicklung affektiver Symptomatik hinweisen könnte [Blumer et al.
1998, Krishnamoorthy 2003, Morrell 1999]. Die in unserer Studie nachgewiesene besondere
Assoziation zwischen dem weiblichen Geschlecht und den DS, insbesondere den PDS, sowie die
in einem folgenden Kapitel diskutierte Korrelation zwischen der Frequenz der KPA und der
Prävalenz der DS, insbesondere der PDS, könnten diese Hypothese bekräftigen.
4.2.2.2 Psychiatrische Daten
Psychiatrische Vorgeschichte
Bei einem großen Anteil der Patienten mit AFS (77%), DS (71%) oder PSY (78%) sind in der
Eigen- oder Fremdanamnese psychische Störungen in der Vorgeschichte beschrieben worden.
Während jedoch bei dem gleichen Anteil (78%) der Patienten mit PSY eine frühere
psychiatrische Vorstellung bekannt war, lag die entsprechende Rate bei der AFS- bzw. DSGruppe nur noch bei 38% bzw. 39%.
Dieser Unterschied muss vorsichtig interpretiert werden, da es sich bei der psychiatrischen
Vorgeschichte hauptsächlich um anamnestisch erhobene Daten handelt. Diese Ergebnisse sind
jedoch übereinstimmend mit früheren Beobachtungen, dass die AFS bei Epilepsiepatienten oft
unterdiagnostiziert und unterbehandelt bleiben [Barry 2003, Gilliam et al. 2004, Kühn et al.
2003]. Kanner und Palac geben hierfür folgende Gründe an:
1. die Neigung der Patienten, ihre affektiven Symptome zu minimieren aus Angst vor der
Stigmatisierung der psychiatrischen Diagnose,
104
2. die oft untypischen und klinisch schwer erkennbaren Merkmale der epilepsietypischen AFS,
insbesondere der inter- und periiktalen dysphorischen Störungen, die oft nur nach gezielter
Befragung des Patienten oder der Angehörigen erfasst werden können,
3. die Tendenz der Patienten und der Kliniker, die depressive Symptomatik oder die
Ängstlichkeit als normalen Adaptationsmechanismus an die chronische Krankheit zu betrachten,
4. das potentielle Risiko der Erniedrigung der Anfallsschwelle durch Antidepressiva und der
Mangel an doppelt-blinden placebokontrollierten Studien über die Wirksamkeit der
Antidepressiva bei epilepsiebegleitenden AFS [Kanner und Palac 2000].
Andererseits konnte in den meisten relevanten Studien gezeigt werden, dass die AFS bei
Epilepsiepatienten mit einer stark beeinträchtigten gesundheitsbezogenen Lebensqualität
einhergehen [Cramer et al. 2003, Johnson et al. 2004]. Lehrner et al. fanden eine signifikante
Assoziation zwischen Depression und Lebensqualitätsmessungen, auch unter Kontrolle der
Anfallsfrequenz, der Anfallsschwere und sonstiger psychosozialer Variablen [Lehrner et al.
1999]. Gilliam konnte innerhalb einer Kohorte von 194 Epilepsieklinikpatienten nachweisen,
dass depressive Verstimmung und Neurotoxizität der antikonvulsiven Medikation die einzigen
Variablen waren, die signifikant mit einem reduzierten subjektiven Gesundheitsstatus
korrelierten [Gilliam 2002]. In der Studie von Boylan et al. wurde die Beeinträchtigung der
Lebensqualität
in
Zusammenhang
mit
psychosozialen
und
klinischen
Faktoren
bei
therapieresistenter Epilepsie (Alter, Geschlecht, Ehestand, Anfallsfrequenz, Dauer, Subtyp und
Lokalisation der Epilepsie, Anzahl der Antiepileptika, Depression) untersucht. Die Diagnose
einer depressiven Störung war als einziger Faktor signifikant mit einer verminderten
Lebensqualität verbunden [Boylan et. al. 2004].
In Zusammenschau dieser Ergebnisse ist die Schlussfolgerung zu ziehen, dass bei
Epilepsiepatienten im klinischen Alltag die Aufmerksamkeit auf AFS und insbesondere affektivsomatoforme (dysphorische) Störungen intensiviert werden sollte, mit dem Ziel bessere
Voraussetzungen für die Lebensqualität der Betroffenen durch rechtzeitige psychiatrische
Intervention zu schaffen.
Psychiatrische Familienanamnese
In unserer Studie zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Diagnosegruppen.
Die Patienten mit affektiven Störungen hatten allerdings grenzwertig signifikant häufiger eine
positive psychiatrische Familienanamnese als die Patienten ohne psychiatrische Diagnose. Unter
den Patienten mit AFS zeigte sich bei der DS- und insbesondere bei der PDS-Gruppe die
niedrigste Häufigkeit von depressiven Syndromen in der Familienanamnese. Bei keinem der
Patienten mit PSY waren psychotische Störungen in der Familienanamnese bekannt.
105
Es existieren nur wenige frühere Studien, die die psychiatrische Familienanamnese bei
Epilepsiepatienten untersucht haben und die meisten davon fokussierten auf Patienten mit PSY.
Ebenso mangelt es an adäquaten früheren Vergleichsdaten über die psychiatrische
Familienanamnese bei Patienten mit epilepsietypischen dysphorischen Störungen.
Übereinstimmend mit unseren Ergebnissen fanden Schmitz et al. und Jagadheesan et al. beim
Vergleich der psychiatrischen Familienanamnese von Epilepsiepatienten mit AFS und
Epilepsiekranken ohne psychopathologische Auffälligkeiten keine signifikanten Unterschiede
[Jagadheesan et al. 2003, Schmitz et al. 1999].
Die in der Literatur publizierten Befunde über die Häufigkeit von psychischen Störungen in der
Familienanamnese bei Patienten mit PSY sind kontrovers. In der klassischen Literatur der ersten
Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden einige Fälle von psychotischen Epilepsiepatienten mit
Psychosen in der Familienanamnese dokumentiert [Mollweide 1952, Rodenberg 1930]. Jensen
und Larsen beobachteten eine hohe Frequenz von psychischen Störungen in der
Familienanamnese von Patienten mit PSY [Jensen und Larsen 1979]. Toone et al. berichteten
von einer ähnlichen Frequenz von Familienanamnese von Psychose bei psychotischen Patienten
mit oder ohne Epilepsie [Toone et al. 1982]. Slater et al. fanden jedoch nur bei 3% der Fälle mit
schizophreniformen Epilepsiepsychosen eine positive Schizophreniefamilienanamnese [Slater et
al. 1963]. Ähnlich konnte in vier weiteren Studien keine erhöhte Häufigkeit von Psychosen bei
Verwandten von Epileptikern mit PSY nachgewiesen werden [Flor-Henry 1969, Onuma et al.
1991, Perez et al. 1985, Savard et al. 1991]. Auch in den Studien der letzten 10 Jahre sind die
Ergebnisse nicht einheitlich. Kanner et al. fanden bei 3 von 13 Patienten mit PIP psychotische
Störungen in der Familienanamnese, wobei kein signifikanter Unterschied im Vergleich zur
Kontrollgruppe der Epilepsiepatienten ohne Psychose bestand [Kanner et al. 1996]. Schmitz et
al. beobachteten bei 8% der Patienten mit PSY depressive Syndrome in der Familienanamnese,
während keiner der Patienten mit PSY psychotische Syndrome in der Familienanamnese aufwies
[Schmitz et al. 1999]. Im Gegensatz zu diesen Beobachtungen fanden Adachi et al. bei 5,3% der
Patienten mit Epilepsie und Psychose psychotische Syndrome in der Familienanamnese, eine
Rate die signifikant höher als bei der Kontrollgruppe der Epileptiker ohne Psychose war [Adachi
et al. 2000]. Marchetti et al. dokumentierten bei 63% bzw. 13% der Fälle mit PSY psychische
bzw. psychotische Störungen in der Familienanamnese [Marchetti et al. 2003c].
Obwohl diese Ergebnisse mit Vorsicht interpretiert werden sollten da es sich um anamnestisch
erhobene Daten handelt, unterstützen die Befunde unserer wie auch die der meisten früheren
Studien diejenigen Autoren, die bei einem großen Anteil der affektiven bzw. psychotischen
Störungen bei Epilepsien von Störungen ausgehen, die sich von den klassischen psychiatrischen
106
Syndromen mit etablierter genetischer Basis, z.B. den endogenen affektiven Störungen oder der
Schizophrenie, unterscheiden [Blumer et al. 2004, Kanner 2001].
4.2.2.3 Biographische Anamnese und Sozialdaten
In unserer Studie waren die psychopathologisch auffälligen Patienten signifikant häufiger
arbeitslos oder erwerbsunfähig als die Patienten ohne psychiatrische Diagnose. Dieser
Unterschied ließ sich für alle untersuchten diagnostischen Kategorien nachweisen. Allerdings
wurde bei der PDS-Gruppe nur eine grenzwertige Signifikanz erreicht. Des Weiteren zeigte sich
bei den Patienten mit Persönlichkeitsstörungen ein signifikant niedrigeres Schulabschlussniveau
als bei der Kontrollgruppe. Ferner hatten die Fälle mit PS signifikant seltener eine feste
Partnerbeziehung als die Patienten ohne psychiatrische Diagnose.
Insbesondere die medikamentenresistenten fokalen Epilepsien sind in der relevanten Literatur
mit einer Beeinträchtigung des psychosozialen Status assoziiert worden [Aldenkamp et al. 2003,
Bishop und Allen 2001]. Das Leiden an einer potentiell chronischen Krankheit, deren Therapie
oft eine lebenslange Medikamenteneinnahme erfordert und die mit sozialer Stigmatisierung und
Diskriminierung verbunden ist, kann eine enorme psychische Belastung darstellen.
Einschränkungen im Alltag, wie beim Fahren, berufliche Einschränkungen, u. a. die hohe
Arbeitslosigkeitsrate der Epileptiker, familiäre Schwierigkeiten und Probleme in der Beziehung
zum Partner wie die medikamenteninduzierte Libidoreduktion, sind Beispiele für die
psychosozialen Dimensionen der Epilepsie. Eine Akzentuierung dieser Belastung ist in Fällen
mit therapieresistenter Epilepsie zu erwarten und wird von einigen Autoren als einer der Gründe
der noch höheren Prävalenz depressiver Morbidität gedeutet.
Die gezielte Erforschung der potentiellen Zusammenhänge zwischen den psychosozialen
Faktoren und den affektiven bzw. psychotischen Störungen bei Epilepsien erfolgte bisher nur in
wenigen Analysen. Unserer Kenntnis nach bestehen keine vergleichbaren Ergebnisse früherer
Studien hinsichtlich der Beziehung zwischen der Prävalenz von Persönlichkeitsauffälligkeiten
bei Epilepsiepatienten und dem psychosozialen Status.
Hermann et al. stellten die Hypothese auf, dass Mechanismen erlernter Hilflosigkeit und Angst
vor unvorhersehbarer und plötzlicher Beeinträchtigung der funktionellen Integrität und damit
verbundener
Offenbarung
der
Erkrankung
zu
zusätzlichen
Einschränkungen
der
Lebensgestaltung führen und zu psychiatrischen Erkrankungen, insbesondere affektiven
Syndromen, prädisponieren [Hermann et al. 1996]. Jagadheesan et al. beobachteten einen
höheren Bildungsstatus bei Epilepsiepatienten mit AFS als bei psychopathologisch unauffälligen
Epilepsiekranken und vermuteten, dass die höhere Wahrnehmung der negativen Konsequenzen
der Epilepsie, z.B. auf das Berufsleben, bei gebildeten Epileptikern einen Risikofaktor für höhere
107
Raten von AFS darstellt [Jagadheesan et al. 2003]. Brookes und Crawford konnten eine positive
Korrelation der Prävalenz von depressiven Störungen mit dem Grad der Einschränkung der
sozialen Aktivitäten feststellen [Brookes und Crawford 2002]. Cramer et al. fanden heraus, dass
nur 30% der 240 Epilepsiepatienten mit Depression im Vergleich zu 57% der nicht-depressiven
Fälle arbeitstätig waren [Cramer et al. 2003]. Im Gegensatz zu diesen Ergebnissen konnten
Schmitz et al. in ihrer Studie keine signifikanten Unterschiede zwischen depressiven und
psychopathologisch unauffälligen Epilepsiekranken hinsichtlich psychosozialen Faktoren wie
Bildungs-,
Berufs-,
Wohn-
und
Partnerstatus
nachweisen.
In
Hinblick
auf
die
Epilepsiepsychosen stellten sie jedoch fest, dass die psychotischen Patienten einen signifikant
schlechteren Berufs- und Beziehungsstatus als die Kontrollgruppe aufwiesen [Schmitz et al.
1999]. Ein beeinträchtigtes Berufsleben wurde bei 37% der psychotischen Epilepsiepatienten
bereits vor der Erstmanifestation der PSY in der Analyse von Marchetti et al. beobachtet. Diese
Rate stieg nach Manifestation der PSY auf 82% an. In der postpsychotischen Periode waren 58%
der Patienten arbeitslos oder erwerbsunfähig und finanziell abhängig von ihren Familien. Die
Ergebnisse dieser Studie könnten auf eine bidirektionale ätiologische Beziehung zwischen den
PSY und den psychosozialen Defiziten hinweisen [Marchetti et al. 2003c].
Da die psychiatrischen Daten in unserer Studie im Querschnitt erhoben wurden, war es nicht
möglich, zeitliche Zusammenhänge zwischen der Erstmanifestation der psychopathologischen
Auffälligkeiten und dem Grad der psychosozialen Beeinträchtigung adäquat zu identifizieren. In
unserer Analyse wurde z.B. eindeutig eine statistische Assoziation aller Formen der
Psychopathologie mit einem beeinträchtigten Berufsstatus nachgewiesen, es bleibt jedoch unklar,
ob die psychiatrische Morbidität oder die psychosoziale Belastung den primären Prädiktor für
diese Assoziation darstellt oder ob sogar eine bidirektionale kausale Beziehung zugrunde liegt.
Weitere Längsschnittstudien sind erforderlich, um die ätiologische Richtung beim engen
Zusammenhang
zwischen
den
psychiatrischen
Syndromen
bei
Epilepsien
und
den
psychosozialen Defiziten abzuklären.
Bei der Interpretation der speziellen Assoziation der PS-Gruppe mit einem niedrigen
Schulabschlussniveau bzw. mit einer niedrigen Häufigkeit von festen Partnerbeziehungen sollte
zusätzlich der folgende Befund berücksichtigt werden: die Patienten mit PS hatten eine
signifikant längere Epilepsiedauer, ein signifikant jüngeres Alter bei Epilepsieerstmanifestation
und eine signifikant höhere Frequenz von KPA als die Kontrollgruppe, was auf einen besonderen
Zusammenhang zwischen den PS und den Fällen mit chronischen und pharmakorefraktären
Epilepsien hinweist. Somit stellt die besonders hohe Rate von psychosozialen Defiziten bei den
Patienten mit PS möglicherweise nur z.T. einen primären Effekt oder sogar nur eine sekundäre
Folge des hohen Schweregrades der Epilepsie dar.
108
4.2.2.4 Neurologische Daten
Neurologische Vorgeschichte
Der einzige Gruppenunterschied, den wir in Bezug auf die klinisch-anamnestischen Parameter
der neurologischen Vorgeschichte „Fieberkrämpfe“, „Enzephalitis oder Meningitis“ und
„peripartale Komplikationen“ feststellen konnten, lag in dem signifikant häufigeren Vorkommen
von Fieberkrämpfen bei den psychotischen Patienten im Vergleich zur Kontrollgruppe. Dieser
Befund ist aufgrund der kleinen Fallzahl der PSY-Gruppe und der Unsicherheit, mit der solche
Angaben bei der Anamneseerhebung behaftet sind, mit Vorsicht zu interpretieren.
In der Literatur ist die Diskussion über den Zusammenhang zwischen Fieberkrämpfen und PSY
kontrovers. Umbricht et al. verglichen 8 Patienten mit postiktalen und 7 mit chronischen
Psychosen mit 29 nicht-psychotischen Fällen mit therapieresistenter TLE und stellten eine
Assoziation der PSY-Gruppe mit dem Fehlen von Fieberkrämpfen fest [Umbricht et al. 1995].
Zu einem ähnlichen Ergebnis kamen auch Tebartz van Elst et al. in einer volumetrischen MRTUntersuchung zur Identifikation von Veränderungen der mesialen Temporallappenstrukturen bei
Patienten mit TLE und epileptischen Psychosen [Tebartz van Elst et al. 2001]. Im Gegensatz zu
diesen Beobachtungen konnten Reutens et al. bei allen 5 der von ihnen untersuchten
Epilepsiechirurgiekandidaten mit TLE und chronischen Psychosen eine Hippokampussklerose
und Fieberkrämpfe in der Vorgeschichte nachweisen [Reutens et al. 1997]. In der Studie von
Marchetti et al. gehörten bei 38 Patienten mit PSY die Fieberkrämpfe zu den häufigsten
klinischen Parametern der neurologischen Vorgeschichte, diese Rate war noch höher unter
Einschluss nur der Fälle mit TLE und am höchsten bei den TLE-Patienten mit
Hippokanpussklerose
[Marchetti
et
al.
2003c].
Kanemoto
et
al.
verglichen
132
Epilepsiepatienten mit interiktaler Psychose mit 2773 nicht-psychotischen Epilepsiekranken
hinsichtlich wichtiger klinischer und anamnestischer Faktoren und beobachteten eine
signifikante Assoziation der psychotischen TLE-Patienten mit dem Vorhandensein von
komplizierten Fieberkrämpfen in der Eigenanamnese [Kanemoto et al. 2001].
In unserer Studie wurde übereinstimmend mit der Epilepsieliteratur bei einem großen
Prozentsatz der Patienten mit Fieberkrämpfen in der Vorgeschichte eine Hippokampusatrophie
oder –sklerose im MRT nachgewiesen. Für diese enge Assoziation von Fieberkrämpfen mit
Hippokampussklerose gibt es drei Erklärungshypothesen [Kuks et al. 1993]:
1. Patienten mit chronisch therapieresistenter Epilepsie könnten schon mit Hippokampussklerose
geboren sein, welche sie dann für Fieberkrämpfe prädisponiert.
2. In den hippokampalen anatomischen Strukturen könnten angeborene fokale Abnormitäten
bestehen, welche dann durch Fieberkrämpfe in diffuse Hippokampussklerose umgewandelt
werden.
109
3. Fieberkrämpfe könnten in normalen Gehirnen Hippokampussklerose hervorrufen.
In Zusammenschau der o. g. Befunde ist die in unserer Studie nachgewiesene Korrelation
zwischen PSY und Fieberkrämpfen am ehesten als sekundärer Effekt des Vorhandenseins einer
Hippokampussklerose zu deuten. Hier können nur longitudinale epidemiologische Studien
weitere Klarheit über diese interessante Beobachtung schaffen.
Auf den Zusammenhang zwischen PSY und mesialer Temporallappensklerose wird in einem der
folgenden Abschnitte näher eingegangen.
Antiepileptische Medikation
Die Patienten mit psychopathologischen Auffälligkeiten nahmen grenzwertig signifikant bis
hochsignifikant häufiger eine antiepileptische Kombinationstherapie als Monotherapie im
Vergleich zu den psychiatrisch unauffälligen Patienten ein. Dieser Unterschied war betont bei
den Fällen mit affektiven (58% unter Polytherapie), dysphorischen (bis zu 65% unter
Polytherapie) und insb. bei denen mit psychotischen Syndromen (78% unter Polytherapie).
Ähnliche Häufigkeitsraten der antiepileptischen Polytherapie bei Epilepsiepatienten mit
Depression (56%) bzw. Psychosen (80%) zeigten sich auch in der Studie von Schmitz et al., die
als Ziel die Identifikation von sozialen und biologischen Risikofaktoren bei der Entwicklung von
psychopathologischen Auffälligkeiten hatte. Da in dieser Studie die psychotischen Patienten
unter komplizierten und schweren Epilepsieformen litten, diskutierten die Autoren, dass
möglicherweise der Schweregrad der Epilepsie und nicht die Anzahl der antiepileptischen
Medikation der primäre Risikofaktor gewesen sein könnte. [Schmitz et al. 1999].
Mendez et al. verglichen 105 Epilepsiepatienten mit interiktaler Depression mit 202 Epileptikern
ohne Depression u. a. hinsichtlich der Anzahl der eingenommenen Antiepileptika. Sie fanden
heraus, dass die depressiven Patienten signifikant häufiger eine Kombinationstherapie erhielten,
während sie signifikant seltener generalisierte Anfälle erlitten. Die Autoren kamen zur
Schlussfolgerung, dass die Einnahme von mehreren Antikonvulsiva einen pathogenetischen
Risikofaktor für die interiktale Depression bei Epilepsie darstellen kann [Mendez et al. 1993b].
Swinkels et al. fanden eine statistische Assoziation der Anzahl der Antikonvulsiva mit der
Häufigkeit von Persönlichkeitsauffälligkeiten, insbesondere von ängstlichen und vermeidenden
Persönlichkeitszügen [Swinkels et al. 2003].
In unserer Studie hatten die Patienten in Polytherapie einen höheren Schweregrad der Epilepsie
mit
höherer
Anfallsfrequenz,
längerer
Epilepsiedauer
und
niedrigerem
Epilepsieerstmanifestationsalter. Deswegen muss auch die Möglichkeit berücksichtigt werden,
dass
die
höhere
Prävalenz
von
psychiatrischen
Störungen
bei
Patienten
unter
Kombinationstherapie primär durch eine längere und intensivere Auswirkung der epileptischen
110
Anfälle und nicht durch mögliche Medikamenteninteraktionen zustande kommt. In diesem Fall
hätte man jedoch erwartet, die höchste statistische Signifikanz hinsichtlich der Beziehung
zwischen der antiepileptischen Medikation und der Psychopathologie bei der Gruppe mit dem
höchsten Schweregrad der Epilepsie zu messen. In unserer Studie fanden wir den höchsten
Schweregrad der Epilepsie bei den Patienten mit PS, die sich jedoch nur grenzwertig von der
Kontrollgruppe bezüglich der Anzahl der Antiepileptika unterschieden, während bei der AFS-,
PSY- und DS-Gruppe, die vergleichsweise an weniger schweren Epilepsieformen litten, das
Signifikanzniveau eindeutig erreicht wurde. Folglich ist bei der Interpretation unserer Ergebnisse
am ehesten von einem primären Effekt der Polytherapie, zumindest auf die affektiven und
psychotischen Syndrome bei fokalen Epilepsien, auszugehen. Weitere vergleichende
pharmakologische Studien bei Patientengruppen mit angepasstem Typ und Schweregrad der
Epilepsie sollten durchgeführt werden, um die Rolle der Antikonvulsiva bei der Pathogenese von
psychiatrischen Komplikationen genauer zu bestimmen.
Epilepsiedauer und Alter bei Epilepsieerstmanifestation
Die meisten früheren Studien, die mögliche Assoziationen der Psychopathologie bei Epilepsien
mit der Epilepsiedauer bzw. dem Alter bei Epilepsieerstmanifestation untersuchten, bezogen sich
auf die Patienten mit PSY. Hill und Pond beobachteten bereits in den 50er-Jahren, dass die PSY
erst mit einer Verspätung von mehreren Jahren nach der Epilepsieerstmanifestation auftraten
[Hill 1953, Pond 1957]. In den meisten späteren Studien wurde eine mittlere Dauer zwischen der
Epilepsie- und der Psychoseerstmanifestation von 13-19J beschrieben [Adachi et al. 2002,
Adachi et al. 2002b, Flor-Henry 1969, Jensen und Larsen 1979, Kanemoto et al. 2001, Marchetti
et al. 2003c]. Da in unserer Studie aufgrund der Erhebung der präoperativen psychiatrischen
Daten im Querschnitt in einigen Fällen das Alter der Erstmanifestation des psychiatrischen
Syndroms nicht genau zu eruieren war, wurde anstatt des Intervalls zwischen Erstmanifestation
der Epilepsie und Erstauftreten der psychischen Störung die Dauer des Epilepsieleidens bis zur
präoperativen Vorstellung ausgewertet. Unsere Beobachtung, dass die psychotischen Patienten
eine längere Epilepsiedauer (MW: 17,8J) als die Kontrollgruppe (MW: 14,5J) hatten (allerdings
ohne das Signifikanzniveau zu erreichen), erlaubt somit keinen direkten Vergleich mit den
absoluten Werten der o. g. Studien, weist jedoch ebenfalls auf wirkungsdauerabhängige
Kopplungsmechanismen zwischen dem Epilepsieleiden und der Präsenz von PSY hin. Bei der
PSY-Gruppe wurde in unserer Studie auch ein jüngeres Alter bei Epilepsieerstmanifestation
(MW: 16,1J) als bei der Kontrollgruppe der psychopathologisch unauffälligen Patienten (MW:
21,5J) festgestellt; das Signifikanzniveau wurde jedoch auch in diesem Fall nicht erreicht. In der
Literatur wurde bereits in den 60er-Jahren beschrieben, dass Patienten mit interiktalen Psychosen
111
ihre ersten epileptischen Anfälle bereits in der Pubertät erleben [Slater et al. 1963]. Schmitz et al.
fanden eine signifikant frühere Epilepsieerstmanifestation bei der PSY-Gruppe (MW: 11,3J) als
bei den psychiatrisch unauffälligen Fällen (MW: 18,3J) und interpretierten dieses Ergebnis als
eine Assoziation der PSY mit dem Schweregrad der Epilepsie [Schmitz et al. 1999]. Kanemoto
et al. identifizierten in einer großen Studie das junge Alter bei Epilepsieerstmanifestation als
Risikofaktor für die Entwicklung von interiktalen Psychosen bei TLE [Kanemoto et al. 2001].
Bereits 1995 beobachteten Devinsky et al., dass sich die Patienten mit PIP nicht signifikant von
denen ohne Psychose hinsichtlich des Alters bei Epilepsieerstmanifestation unterschieden
[Devinsky et al. 1995]. In der Analyse von Umbricht et al. zeigten die Patienten mit TLE und
chronischen oder postiktalen Psychosen ähnliche Profile bezüglich klinischer und Epilepsie
assoziierter Variablen, die sie als potentielle gemeinsame etiologische Faktoren interpretierten.
Im Gegensatz dazu ergab sich bei den Fällen mit chronischen Psychosen eine frühere
Epilepsieerstmanifestation als bei der PIP-Gruppe. Die Autoren identifizierten das Alter bei
Epilepsieerstmanifestation als einen Faktor, der möglicherweise mitbestimmen kann, ob sich ein
transientes oder ein chronisches psychotisches Syndrom entwickelt [Umbricht et al. 1995].
Adachi et al. konnten ein signifikant jüngeres Erstmanifestationsalter der fokalen Epilepsie bei
den Patienten mit IIP im Vergleich zu denen ohne PSY aber auch zu denen mit PIP feststellen.
Die Autoren diskutierten, dass diese Altersvariable als nützlicher Parameter zur klinischen und
pathogenetischen Unterscheidung der 2 Psychosensubkategorien „IIP“ und „PIP“ dienen könnte
[Adachi et al. 2002]. Auch in unserer Studie zeigten die Patienten mit IIP eine frühere
Erstmanifestation der Epilepsie als die mit PIP. Dies könnte möglicherweise auch die Tatsache
erklären, dass beim Vergleich bezüglich des Alters bei Epilepsieerstmanifestation keine
Signifikanz zwischen der Kontrollgruppe und der PSY-Gruppe, die sowohl aus Patienten mit IIP
als auch aus solchen mit PIP zusammengesetzt war, erreicht werden konnte.
Es gibt nur wenige Studien, die die Assoziation der affektiven Syndrome bei Epilepsien mit den
o.g. chronologischen Parametern analysiert haben. Wir konnten keine signifikante Assoziation
mit den AFS oder den DS nachweisen. Schmitz et al. konnten keinen statistisch relevanten
Unterschied bezüglich dem Alter bei Epilepsieerstmanifestation zwischen den Fällen mit
Depression und denen ohne Psychopathologie feststellen [Schmitz et al. 1999]. In 4 weiteren
Untersuchungen korrelierte die Depressionsrate weder mit der Epilepsiedauer noch mit dem
Alter bei Epilepsieerstmanifestation [Altshuler et al. 1990, Cramer et al. 2003, Helmstaedter et
al. 2004, Ring et al. 1999]. Nur in der Analyse von Jagadheesan et al. ergab sich eine
signifikante spätere Epilepsieerstmanifestation und längere Dauer der Epilepsie bei den Patienten
mit AFS als bei der Kontrollgruppe [Jagadheesan et al. 2003]. Dieser Befund ist jedoch nicht
direkt mit unseren Ergebnissen vergleichbar, da in der Studie von Jagadheesan et al. die
112
Kontrollgruppe aus Patienten ohne affektive Störung und nicht aus psychopathologisch
unauffälligen Patienten bestand und somit möglicherweise sonstige psychische Störungen, etwa
PSY oder PS, das Ergebnis beeinflusst haben.
Unserer Kenntnis nach gibt es nur eine einzige frühere Studie, die den Zusammenhang zwischen
dem
Alter
bei
Epilepsieerstmanifestation
bzw.
der
Epilepsiedauer
und
den
Persönlichkeitsstörrungen untersucht hat. Swinkels et al. beobachteten neben einer Korrelation
mit dem Schweregrad der Epilepsie (Anfallsfrequenz, Anzahl der Antiepileptika) auch eine
positive Assoziation der PS-Rate mit einer längerer Epilepsiedauer und unerwartet mit einer
späteren Epilepsieerstmanifestation. Sie vermuteten einen von der Dauer und dem Schweregrad
der Epilepsie abhängigen Einfluss auf die Entwicklung der PS und hielten trotz ihres Ergebnisses
das Erstauftreten der Epilepsie in der frühen Phase der Persönlichkeitsentwicklung für
entscheidend [Swinkels et al. 2003]. Unsere Ergebnisse mit einem signifikant früheren Alter bei
Epilepsieerstmanifestation bzw. einer signifikant längeren Epilepsiedauer bei den Patienten mit
PS im Vergleich zur Kontrollgruppe unterstützen diese Hypothese. Auf die besondere
Assoziation der PS mit der Anfallsfrequenz wird im folgenden Kapitel eingegangen.
Anfallstyp/-semiologie und Anfallsfrequenz
In der Literatur wurde bereits in den 70ern eine statistisch belegte Assoziation der IIP mit dem
Vorhandensein von KPA nachgewiesen [Kristensen und Sindrup 1978]. Schmitz und Wolf
vermuteten anhand der gleichen Beobachtung, dass die iktale Beeinträchtigung des Bewusstseins
vermutlich eine entscheidende Rolle für die Entwicklung von interiktalen psychotischen
Phänomena spielt [Schmitz und Wolf 1995]. In zwei weiteren Untersuchungen ergab sich eine
besonders hohe Häufigkeit von KPA bei Patienten mit IIP oder PIP [Kanemoto et al. 1996,
Marchetti et al. 2003c]. Adachi et al. stellten bei Patienten mit fokalen Epilepsien eine höhere
Prävalenz sowohl von IIP als auch von PIP bei den Patienten mit KPA als bei denen ohne KPA
fest. Im Gegensatz zu den Patienten mit IIP zeigte sich bei den Fällen mit PIP kein signifikanter
Zusammenhang mit generalisierten Anfällen, was die Autoren zu der Annahme einer besonders
engen Beziehung zwischen fokaler cerebraler Dysfunktion und PIP führte [Adachi et al. 2002].
Kanner et al. beobachteten bei 90% von 89 Patienten, die psychiatrische (affektive oder
psychotische) Syndrome unter antiepileptischer Medikation mit Topiramat, Vigabatrin oder
Tiagabin entwickelten, KPA mit oder ohne sekundäre Generalisation; im Gegensatz hierzu
zeigten sich sekundär generalisierte Anfälle nur bei 42% der Fälle [Trimble et al. 2000].
In unserer Studie waren bei 90% der psychotischen Patienten KPA in der Anfallssemiologie
bekannt. Darüber hinaus zeigte sich bei den Fällen mit PSY auch eine höhere KPA-Frequenz als
bei der Kontrollgruppe. Diese Ergebnisse sind in Übereinstimmung mit den o. g. Befunden aus
113
den früheren Analysen und weisen auf einen besonderen Zusammenhang zwischen den PSY und
der Präsenz bzw. der Frequenz der psychomotorischen Anfälle hin. Dass in unserer
Untersuchung das Signifikanzniveau bei diesem Vergleich nicht erreicht werden konnte, ist am
ehesten auf die vergleichsweise geringe Fallzahl der PSY zurückzuführen. Der genaue zeitliche
Zusammenhang zwischen dem Auftreten der interiktalen psychotischen Störung und der
epileptischen Aktivität sowie den elektroenzephalographischen Korrelate zu diesem Zeitpunkt
waren in unserer Studie nicht zu eruieren, so dass keine sicheren Aussagen über das potentielle
Vorhandensein von Alternativen Psychosen vorgebracht werden können. Allerdings war bei
keinem Patienten mit PSY anhand der psychiatrischen Vorbriefe und der präoperativen
psychiatrischen Untersuchung die Diagnose einer Alternativen Psychose gestellt worden und
dieser Befund passt zu den Beobachtungen, dass die Alternativen Psychosen eine seltenere Form
der PSY darstellen [Devinsky 2003, Kanner 2000, Schmitz 1988].
Außer in der o. g. Studie von Trimble et al. konnte auch in weiteren Untersuchungen eine
besondere Assoziation der KPA mit AFS bei Epilepsien festgestellt werden. Mendez et al.
beobachteten u. a. eine hohe Häufigkeit von KPA bei depressiven Epilepsiepatienten und
verknüpften einen großen Teil der depressiven Störungen bei Epilepsien mit dem Vorhandensein
eines spezifischen epileptischen Psychosyndroms auf dem Boden einer limbischen Dysfunktion
[Mendez et al. 1986]. Lambert und Robertson identifizierten in Zusammenschau der relevanten
Publikationen das Vorhandensein von KPA als Risikofaktor für die Entwicklung von
depressiven Syndromen [Lambert und Robertson 1999]. In zwei weiteren Analysen ergab sich
eine deutliche positive Korrelation der Anfallsfrequenz mit den AFS bei Epilepsien [Brookes
und Crawford 2002, Jacoby et al. 1996]. Ring et al. beobachteten bei der Untersuchung von
TLE-Kranken, dass die depressiven Patienten doppelte Anfallsfrequenz im Vergleich zu den
nicht-depressiven aufwiesen [Ring et al. 1999]. Im Gegensatz zu diesen Befunden wurde in
zahlreichen früheren Studien keine Korrelation zwischen der Anfallsfrequenz [Attarian et al.
2003, Helmstaedter et al. 2004, Jagadheesan et al. 2003, Schmitz et al. 1999] bzw. der
Häufigkeit von KPA [Jagadheesan et al. 2003] und der Depressionsrate bei Epilepsien
festgestellt.
In unserer Analyse konnten wir keine signifikante Assoziation des Vorhandenseins von KPA
oder der KPA-Frequenz mit den AFS feststellen, während sich eine signifikante Korrelation der
Frequenz der psychomotorischen Anfälle mit der Prävalenz der DS sowie der PDS ergab. Diese
Ergebnisse deuten auf einen besonderen Zusammenhang zwischen den DS, insbesondere den
PDS, und den psychomotorischen Anfällen hin und könnten auf Mechanismen hinweisen, die
postiktal betont, durch Änderungen der neuronalen Aktivität, der cerebralen Perfusion, der
114
Elektrophysiologie und/oder der Neurotransmission, die Entstehung von affektiv-somatoformen
Syndromen begünstigen. In der Literatur sind bisher verschiedene Hypothesen über derartige
pathogenetische Mechanismen aufgestellt worden [Blumer et al. 2004, Boylan 2002, Engel und
Rocha 1992, Fisher und Schachter 2000, Leutmezer et al. 2003] (siehe auch unter 1.4.3.3), die
möglicherweise das Bindeglied zweier ähnlicher psychopathologischer Manifestationen, der IDS
und der PDS, darstellen.
In Zusammenschau unserer Ergebnisse mit den o. g. früheren Studien über die Beziehung
zwischen Anfallsfrequenz/-typ und AFS lässt sich vermuten, dass die Diskrepanz zwischen den
Literaturergebnissen eventuell mit methodologischen Unterschieden zusammenhängt, bedingt
z.B. durch die fehlende Differenzierung der epilepsiespezifischen DS als getrennte nosologische
Einheit oder durch die uneinheitliche Kategorisierung der Anfallssemiologie bzw. –frequenz.
Die meisten Studien, die bis dato die Beziehung zwischen der Präsenz der verschiedenen
Aurasubtypen bzw. der Frequenz der Aura und der Psychopathologie untersucht haben,
fokussierten auf die PSY. In 2 Studien zeigte sich bei Patienten mit PIP eine hohe Prävalenz
psychischer Aura [Kanemoto et al. 1996, Savard et al. 1991]. Hermann et al. untersuchten
systematisch Patienten mit TLE und stellten eine höhere Prävalenz von interiktalen
psychotischen Störungen bei Patienten mit Angstaura als mit sonstigen Formen von Aura fest
[Hermann et al. 1980]. In einer weiteren Analyse wurde bei Patienten mit IIP häufiger iktale
Angst und autonome Aura als bei denen ohne Psychosen nachgewiesen [Kanemoto et al. 2001].
Im Gegensatz zu diesen Analysen beobachteten wir keine Assoziation zwischen dem
Vorhandensein von psychischer Aura oder Angstaura und der Prävalenz von PSY. Dieser
Diskrepanz könnten jedoch die relativ kleine Fallzahl der psychotischen Gruppe in unserer
Studie oder methodologische und klassifikationsbedingte Unterschiede zugrunde liegen.
Wir stellten ferner eine grenzwertig signifikant höhere Häufigkeit von psychischer Aura sowie
Angstaura bei den Patienten mit affektiven Störungen im Vergleich zur Kontrollgruppe fest.
Grenzwertig signifikante Ergebnisse wurden auch bei den Gruppen der dysphorischen Störungen
festgestellt. Mintzer und Lopez fanden bei 4 bzw. 8 von 12 Patienten mit iktaler
Angstsymptomatik Panikattacken bzw. depressive Syndrome [Mintzer und Lopez 2002]. Blumer
diskutierte unter Berücksichtigung der Phänomenologie der DS die Möglichkeit, dass die 4
Patienten mit komorbiden Panikattacken und Angstaura aus der o. g. Studie von Mintzer und
Lopez an interiktalen dysphorischen Störungen mit Panikattacken litten, wobei die Funktion der
Amygdala ein neurobiologisches Korrelat dieser Beobachtung darstellen könnte [Blumer 2002].
In einer volumetrischen MRT-Studie von Tebartz van Elst et al. wurde eine signifikante
bilaterale Vergrößerung der Amygdala bei TLE-Patienten mit Dysthymie nachgewiesen; ferner
115
zeigte sich eine positive Korrelation zwischen den Volumina beider Amygdala und der
Depressionsrate [Tebartz van Elst et al. 1999]. Kohler et al. konnten hingegen keine
signifikanten Unterschiede hinsichtlich der präoperativen Prävalenz von AFS vor anteriorer
Temporallappenresektion zwischen der Angstauragruppe und den Fällen ohne Aura bzw. denen
mit sonstiger Aura feststellen [Kohler et al. 2001]. Mintzer und Lopez vermuteten diagnostische
Bias
als
mögliche
epidemiologische
und
Erklärung
der
Widersprüchlichkeit
neurobiologische
Untersuchungen
dieser
sind
Ergebnisse.
erforderlich,
Weitere
um
den
Zusammenhang zwischen iktaler Angst und inter- bzw. periiktaler affektiver Symptomatik
genauer zu bestimmen.
In unserer Studie zeigten sich des Weiteren ein signifikant häufigeres Vorkommen von KPA
sowie eine signifikant höhere KPA-Frequenz bei den Patienten mit PS im Vergleich zur
psychopathologisch unauffälligen Kontrollgruppe. Swinkels et al. beobachteten ebenfalls eine
positive Korrelation der Anfallsfrequenz mit der Häufigkeit von PS, ohne jedoch nach dem
Anfallstyp zu differenzieren [Swinkels et al. 2003]. Wie oben geschildert, ergab sich in unserer
Analyse gleichzeitig eine Assoziation der PS-Gruppe mit einer längeren Dauer und einer
früheren Erstmanifestation der Epilepsie. Ferner lag bei den Fällen mit PS häufig komorbid eine
Intelligenzminderung oder eine kognitive Störung vor. Zusätzlich zeigten sich bei einem großen
Anteil der Patienten mit PS bilaterale oder mehrere Hirnregionen überlappende MRT-Läsionen.
In Zusammenschau dieser Ergebnisse ist bei der PS-Gruppe von besonders schweren und
therapierefraktären Epilepsieformen auszugehen, die offenbar mit ausgedehnten hirnstrukturellen
Defiziten
assoziiert
sind,
die
schon
in
den
ersten
Lebensjahren
die
normale
Persönlichkeitsentwicklung beeinträchtigen.
4.2.2.5 Lateralität des Anfallsfokus
Die Studien über den Zusammenhang zwischen der Lateralität des epileptogenen Fokus und den
Epilepsiepsychosen kommen zu uneinheitlichen Ergebnissen.
Flor-Henry zeigte 1969 in einer retrospektiven Studie von 50 TLE-Patienten mit PSY und 50
TLE-Patienten ohne Psychopathologie, dass ein linksseitiger EEG-Fokus vermehrt in der Gruppe
der Patienten mit PSY auftrat. Allerdings fand er auch einen signifikant höheren Anteil an
bilateraler epileptischer Aktivität in dieser Gruppe [Flor-Henry 1969]. Sherwin identifizierte den
linksseitigen temporalen Anfallsursprung in einer retrospektiven Untersuchung von Patienten mit
fokalen
pharmakorefraktären
Epilepsien
als
Risikofaktor
für
schizophreniforme
Epilepsiepsychosen [Sherwin 1981], Die Hypothese der ätiologischen Assoziation des
116
linksseitigen temporalen Anfallsfokus mit den PSY unterstützten auch weitere Autoren [Date et
al. 1992, Hara et al. 1980, Perez et al. 1985, Taylor 1972].
Kristensen und Sindrup beobachteten in einer elektroenzephalographischen Untersuchung mit
sphenoidalen Elektroden eine signifikant höhere Frequenz von bilateralen und multiplen spike
foci bei Patienten mit PSY als bei denen ohne PSY [Kristensen und Sindrup 1978]. Umbricht et
al. konnten bei Patienten mit pharmakorefraktärer TLE eine statistische Assoziation der interund periiktalen Psychosen mit bilateralen Anfallsfoki im Vergleich zur nicht-psychotischen
Kontrollgruppe nachweisen [Umbricht et al. 1995]. Schmitz et al. beschrieben beim Vergleich
von 25 Patienten mit PSY mit 50 psychopathologisch unauffälligen Epilepsiekranken eine
statistisch signifikante Assoziation der PSY-Gruppe mit temporalen sowie bilateralen und
multifokalen Auffälligkeiten im EEG [Schmitz et al. 1999]. Insbesondere bei Patienten mit PIP
wurde gehäuft eine bilaterale epilepsiespezifische Aktivität beobachtet [Devinsky et al. 1995,
Kanner und Soto 1998, Leutmezer et al. 2003, Savard et al. 1991].
Einige Studien konnten jedoch keine Unterscheide zwischen den Lateralitätsgruppen des
Anfallsursprungs bezüglich der Prävalenz der PSY demonstrieren. In der Untersuchung von
Slater et al. ergab sich kein Effekt der Lateralität der Epilepsie auf die PSY [Slater et al. 1963].
Manchanda et al. fanden keine signifikanten Zusammenhang zwischen der Seitigkeit des
Anfallsursprungs und der Psychosenrate nach DSM-III-R-Kriteria [Manchanda et al. 1996].
Kanner et al. konnten keine Korellation zwischen der Lateralität der EEG-Aktivität und der
Inzidenz von PIP nachweisen [Kanner et al. 1996]. In der Studie von Kanemoto et al.
unterschieden sich die Patienten mit IIP hinsichtlich der Lateralität der iktalen Foki nicht
signifikant [Kanemoto et al. 2001]. Inoue und Mihara untersuchten den psychiatrischen Status
von 226 Patienten mit fokalen Epilepsien, die sich epilepsiechirurgischen Eingriffen unterzogen,
und berichteten von einer gleichmäßigen Verteilung der Seitigkeit der Resektion bei den
Patienten mit präoperativen PSY [Inoue und Mihara 2001].
Die Zusammenschau der bildgebenden Studien liefert ebenfalls keine schlüssigen Hinweise auf
eine bestimmte Lateralität einer Hirnläsion als prädisponierenden Faktor für das Entstehen von
PSY. Toone et al. stellten in einer CT-Studie bei Patienten mit Epilepsiepsychosen häufiger
bilaterale Läsionen fest. Beim Vergleich der linksseitigen und linksseitig betonten mit den
rechtsseitigen und rechtsseitig betonten Läsionen beobachteten sie eine höhere Häufigkeit der
linksseitigen Pathologie [Toone et al. 1982]. Marshall et al. fanden in einer SPECT-Studie einen
signifikant erniedrigten regionalen Blutfluss im linken medialen Temporallappen bei Patienten
mit PSY [Marshall et al. 1993]. Kanemoto et al. konnten eine enge Assoziation von PIP mit
Hippokampussklerose nachweisen. Linksseitige Hippokampussklerose war dabei häufiger als
rechtsseitige, jedoch war der Unterschied statistisch nicht signifikant [Kanemoto et al. 1996b].
117
Mellers et al. beschrieben eine Hypoperfusion des linken Gyrus temporalis superior während
einer verbalen neuropsychologischen Testung bei Patienten mit PSY im Vergleich zur
Schizophrenie- und zur Kontrollgruppe [Mellers et al. 1998]. In einer MRT-volumetrischen
Untersuchung zeigte sich bei Patienten mit PSY hochsignifikant häufiger als bei der
Kontrollgruppe eine linksseitige Hippokampusatrophie [Marchetti et al. 2003].
In der Studie von Logsdail und Toone ergaben sich bei 5 von 14 Patienten mit postiktalen
Psychosen Auffälligkeiten im CT-Befund, die aber nicht auf eine Seite oder Hirnregion
beschränkt waren [Logsdail and Toone 1988]. Fong et al. bemerkten in einer SPECTUntersuchung bei zwei Patienten mit rechtsseitiger TLE hyperperfundierte Areale im rechten
temporalen Neocortex während einer psychotischen Episode. Das interiktale EEG wies dabei
bilaterale Auffälligkeiten auf [Fong et al 2000.]. Marsh et al. konnten eine bilaterale temporofronto-parietale kortikale Atrophie bei PSY nachweisen [Marsh et al. 2001]. Tebartz van Elst et
al. fanden eine bilateral vergrößerte Amygdala bei Patienten mit PSY [Tebartz van Elst et al.
2002]. In der SPECT-Studie von Leutmezer et al. gingen bei 5 Patienten die postiktalen
psychotischen Episoden mit einer bilateralen fronto-temporalen Hyperperfusion einher. Die
Autoren deuteten dieses Ergebnis als mögliche Manifestation anfallsinhibitorischer Aktivität
oder als postiktale Dysregulation des cerebralen Blutflusses [Leutmezer et al. 2003]. Guarnieri et
al. stellten in einer interiktalen SPECT-Untersuchung bei Patienten mit mesialer TLE und PSY
eine Hyperperfusion des posterioren rechten Cingulum fest [Guarnieri et al. 2005].
In unserer Studie zeigten alle 5 Patienten mit TLE und PSY linksseitigen Anfallsfokus,
allerdings wurden bei 2 dieser Patienten bilaterale MRT-Läsionen festgestellt. Eine statistische
Signifikanz wurde bei der relativ kleinen Fallzahl nicht erreicht. Bei 2 weiteren Patienten mit PIP
wurden multifokale rechtsseitige Anfallsursprünge temporo-occipital bzw. parieto-occipital
festgestellt. 2 Patienten mit IIP und kryptogener Epilepsie, die von der statistischen Analyse
ausgeschlossen wurden, wiesen im EEG bzw. im MRT bilaterale und mehrere Hirnregionen
übergreifende Auffälligkeiten auf. Diese Befunde sollten aufgrund der kleinen Fallzahl und der
fehlenden statistischen Bestätigung vorsichtig interpretiert werden, Sie könnten jedoch, auch
unter Berücksichtigung der o. g. inkonsistenten Ergebnisse aus der früheren Literatur, darauf
hinweisen, dass sowohl die Präsenz eines linksseitigen temporalen Anfallsfokus als auch das
Vorhandensein von bilateralen bzw. multifokalen Hirnläsionen Risikofaktoren für die
Entwicklung von Psychosen bei fokalen Epilepsien darstellen.
Sachdev bemerkt in seiner Übersichtsarbeit zu schizophreniformen epileptischen Psychosen,
dass insbesondere Vergleiche verschiedener EEG-Studien mit mehreren methodischen
Schwierigkeiten behaftet sind. Neben unterschiedlich definierten Einschlusskriterien zur
Bestimmung der Seitigkeit des Fokus und unterschiedlichen Ableitungstechniken, wie z. B.
118
Oberfächen-EEG, besondere Elektroden (z.B. sphenoidal), kontinuierliches Monitoring usw.,
sollte bedacht werden, dass ein EEG-Fokus nicht notwendigerweise bedeutet, dass die zugrunde
liegende Pathologie auf diese Seite beschränkt ist [Sachdev 1998]. In unserer Studie wurde die
Lateralität
des
Anfallsfokus
von
einem
erfahrenen
Neurologen
nach
intensiver
Epilepsiediagnostik festgestellt, in der Regel i. R. eines stationären Aufenthaltes unter
Berücksichtigung nicht nur des Video-EEG, sondern u. a. auch der Anfallssemiologie, der MRTBefunde und häufig des invasiven EEG. Aus der statistischen Analyse der Seitigkeit des
Anfallsfokus wurden alle Fälle mit
kryptogener oder nicht
eindeutiger Lateralität
ausgeschlossen. Ferner wurde die Statistik getrennt nur für die Fälle mit übereinstimmender
MRT-Läsion durchgeführt, damit die Beeinflussung unserer Ergebnisse durch potentielle
Hirnpathologie außerhalb des Anfallsursprungs minimiert wird.
Die Zusammenschau der Literatur kommt zu keinem eindeutigen, konsistenten Ergebnis was
Aussagen über EEG-Befunde und bildgebende Untersuchungen hinsichtlich der Seitigkeit als
Risikofaktor für AFS bei fokalen Epilepsien betrifft.
Flor-Henry berichtete bereits 1969 von einer eindeutigen Assoziation zwischen nicht dominanter
TLE und manisch-depressiven Psychosen, aber auch dysphorischen Störungen [Flor-Henry
1969]. Glosser et al. fanden ein höheres Auftreten von AFS bei Epilepsiechirugiekandidaten mit
rechtsseitiger Seitigkeit der TLE [Glosser et al. 2000]. Helmstaedter et al. untersuchten
psychopathologische Auffälligkeiten bei Patienten mit fokalen Epilepsien und stellten eine
statistisch signifikante Assoziation zwischen der Häufigkeit der Depressionsrate und dem
Vorliegen einer rechtsseitigen mesiotemporalen Sklerose fest [Helmstaedter 2001].
Im Gegensatz zu diesen Beobachtungen zeigte sich bei anderen Untersuchungen ein
Zusammenhang der linksseitigen Anfallsfoki mit AFS bei Patienten mit Epilepsie [Brookes und
Crawford 2002, Mendez et al. 1986] bzw. TLE [Altshuler et al. 1990, Bromfield et al. 1992].
Piazzini et al. untersuchten die Prävalenz von AFS bei Patienten mit FLE und TLE und
beobachteten die höchste Rate affektiver Symptomatik bei den Fällen mit linksseitiger TLE
[Piazzini und Canger 2001]. Shulman sah bei diesen Ergebnissen eine Konsistenz mit den
Berichten über erhöhte Depressionsraten bei Z.n. anteriorem linkshemisphärischem Apoplex
[Shulman 2000].
Im Gegensatz zu den o. g. Autoren, ergaben sich in zahlreichen Studien keine Unterschiede
zwischen rechts- und linksseitigem Anfallsursprung bezüglich der Prävalenz von affektiven
Syndromen oder der Depressionsrate [Dulay et al. 2004, Helmstaedter et al. 2004, Jagadheesan
et al. 2002, Lehrner et al. 1999, Manchanda et al. 1996, Quiske et al. 2000, Ring et al. 1999,
Schmitz et al. 1997, Schmitz et al. 1999].
119
Auch die Zusammenschau der bildgebenden Studien liefert keine schlüssigen Hinweise auf eine
bestimmte Lateralität einer Hirnläsion als prädisponierenden Faktor für das Entstehen von AFS
bei Epilepsien. Bromfield et al. fanden in einer PET-Studie bei Patienten mit KPA eine
Assoziation der depressiven Symptome mit bilateralem Hypometabolismus der inferioren
Frontallappen und vermuteten, dass ähnliche, frontal lokalisierte metabolische Störungen, die bei
den Depressionen des Morbus Parkinson und den primären AFS beschrieben worden sind, auch
den Depressionen der Epilepsie zugrunde liegen könnten [Bromfield et al. 1992]. Victoroff et al.
konnten bei Patienten mit komplex partiellen Anfällen die höchste Prävalenz von Major
Depression bei denen mit interiktalem Hypometabolismus des linken Temporallappens im FDGPET nachweisen [Victoroff et al. 1994]. Schmitz et al. stellten in einer SPECT-Studie mit
(99m)Tc-HMPAO bei linksseitigen fokalen Epilepsien eine Assoziation der Depressionsrate mit
kontralateraler
temporaler
und
bilateraler
frontaler
Hypoperfusion
und
occipitaler
Hyperperfusion [Schmitz et al. 1997] fest. Ring et al. bemerkten in einer ähnlich strukturierten
Studie eine Hyperfusion der linken Hemisphäre bei Patienten mit TLE und Major Depression im
Vergleich zu nicht-depressiven TLE-Kranken. Diese Hyperperfusion war jedoch statistisch nicht
nachweisbar im Vergleich zur nicht epileptischen Kontrollgruppe [Ring et al. 1999]. In einer
volumetrischen MRT-Studie von Tebartz van Elst et al. wurde eine signifikante bilaterale
Vergrößerung der Amygdala bei TLE-Patienten mit Dysthymie nachgewiesen; ferner zeigte sich
eine positive Korrelation zwischen den Volumina beider Amygdala und der Depressionsrate
[Tebartz van Elst et al. 1999].
In Übereinstimmung mit den meisten früheren Studien konnten wir keinen signifikanten
Zusammenhang zwischen der Lateralität des Anfallsfokus und der Prävalenz von AFS bzw. DS
feststellen. Es bedarf weiterer bildgebender Untersuchungen unter Differenzierung der
epilepsietypischen dysphorischen Störungen um eventuelle spezifische Epilepsie assoziierte
lokalisations- oder lateralitätsbezogene Pathologien zu erkennen und sie mit den Befunden der
endogenen affektiven Syndromen zu vergleichen.
Über den Zusammenhang zwischen den PS bei Epilepsien und der Seitigkeit des
Anfallsursprungs ist bisher nur in wenigen Studien berichtet worden. Flor-Henry dokumentierte
eine starke Assoziation zwischen dominanter TLE und Psychopathien [Flor-Henry 1969]. Bear
und Fedio beobachteten, dass die Patienten mit rechtsseitiger TLE dazu tendierten, negative
Verhaltensmuster zu leugnen, in Kontrast zu denjenigen mit linksseitiger TLE, welche negative
Verhaltensweisen eher emotional betonten [Bear und Fedio 1977]. Unter Anwendung von
frontalen und temporalen tiefen Elektroden sowie des „Bear Fedio Inventars“ demonstrierte
Wieser gehäuft Hypergraphie und Religiosität bei Patienten mit rechtsseitigen Foki und gehäuft
120
Hypermoralität und Humormangel bei denen mit linksseitigen Anfallsursprüngen [Wieser 1983].
Schmitz et al. fanden keine statistische Assoziation der Epilepsieseitigkeit mit Zwängen oder
anderen Persönlichkeitszügen [Schmitz et al. 1997]. In der Untersuchung von Helmstaedter
ergab sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen den organischen PS und den linksseitigen
FLE und TLE [Helmstaedter 2001].
In unserer Studie zeigte sich eine homogene Verteilung der Lateralität beim Vergleich zwischen
den Fällen mit PS und der Kontrollgruppe. Da jedoch die PS-Gruppe durch den
zusammenfassenden Einschluss von verschiedenen PS-Subdiagnosen wie etwa organische,
emotional-instabile oder paranoide PS eine gewisse Heterogenität aufwies, kann eine spezifische
Assoziation der einzelnen Subtypen der PS bei Epilepsien mit der Lateralität des Anfallsfokus
durch diese Ergebnisse nicht sicher ausgeschlossen werden. Die Durchführung von Studien mit
einer größeren Fallzahl von persönlichkeitsauffälligen Patienten zur getrennten Analyse der
verschiedenen PS-Subtypen wäre erforderlich, um solche vorhandene Zusammenhänge erkennen
zu können.
4.2.2.6 Lokalisation des Anfallsfokus
In der Literatur wird die Hypothese, dass bei der TLE eine höhere Affinität zur Entwicklung von
psychopathologischen Auffälligkeiten im Vergleich zu den sonstigen fokalen Epilepsietypen
besteht, kontrovers diskutiert. Methodologische Unterschiede, wie z.B. Abweichungen bezüglich
der Klassifikation der psychiatrischen Syndrome oder das Fehlen einer Kontrollgruppe in vielen
Analysen, erschweren den retrospektiven Vergleich der Ergebnisse der verschiedenen Studien.
Die TLE stellt ferner, hauptsächlich aufgrund der deutlich höheren Prävalenzrate im Vergleich
zu den extratemporalen fokalen Epilepsien, die am intensivsten untersuchte Epilepsieform dar.
Bisher haben allerdings nur wenige Studien die psychiatrische Morbidität bei den
extratemporalen fokalen Epilepsien untersucht und noch weitaus geringer ist die Zahl der
Analysen, welche diese Morbidität statistisch mit der entsprechenden bei TLE verglichen haben.
Zur Überprüfung der o. g. Hypothese verglichen wir die temporalen mit den extratemporalen
Epilepsien hinsichtlich der Prävalenz psychiatrischer Syndrome, wobei der eventuelle Einfluss
von MRT-Läsionen außerhalb der Lokalisation des Anfallsfokus auf den psychischen Status
mitberücksichtigt wurde. Des Weiteren führten wir einen getrennten Vergleich der temporalen
mit den frontalen Epilepsien durch und analysierten mögliche Assoziationen mit dem
Vorhandensein einer Hippokampussklerose.
Beim Vergleich zwischen temporalem und extratemporalem Fokus konnten wir keine
signifikanten Unterschiede nachweisen. Auch nach Ausschluss der Fälle, die Pathologie
außerhalb des Anfallsfokus im MRT aufwiesen, ergab sich kein signifikantes Ergebnis;
121
allerdings wurden bei diesem Schritt grenzwertig signifikant häufiger psychiatrische Syndrome
bei der TLE festgestellt. Wir beobachteten ferner einen signifikanten Zusammenhang zwischen
der
Prävalenz psychiatrischer
Diagnosen und dem Vorhandensein einer
TLE
mit
Hippokampussklerose oder -atrophie im MRT; bei der PSY-Gruppe fanden wir grenzwertig
signifikant häufiger TLE mit HS als extratemporale Anfallsursprünge im Vergleich zur
Kontrollgruppe. Eine signifikante Assoziation zwischen der AFS- sowie der DS-Gruppe und der
TLE mit HS ergab sich erst nach Einschluss aller Fälle mit AFS bzw. DS, auch derjenigen, die
komorbid an anderen psychiatrischen Störungen, z.B. PSY oder PS litten. Beim getrennten
Vergleich zwischen temporalen und frontalen Epilepsien konnten in Bezug auf alle untersuchten
psychiatrischen Diagnosen keine statistisch relevanten Unterschiede nachgewiesen werden.
Bei der Diskussion über die Beziehung zwischen der Lokalisation des Anfallsursprungs und der
Prävalenz affektiver Syndrome unterstützt ein Teil der Literatur die Hypothese der besonderen
Bedeutung der TLE bei der Genese der AFS. Schmitz et al. beschrieben in einer kontrollierten
Studie einen signifikanten Zusammenhang zwischen TLE und Depressionsrate im Vergleich zu
FLE sowie sonstigen fokalen und generalisierten Epilepsien. Eine statistisch relevante
Assoziation der Depression mit der Lokalisation der EEG-Abnormitäten wurde jedoch in der
gleichen Analyse nicht beobachtet [Schmitz et al. 1999]. Piazzini et al. untersuchten die
Morbidität der interiktalen AFS bei Patienten mit FLE und TLE und stellten eine signifikant
höhere Prävalenz bei der TLE-Gruppe fest [Piazzini und Canger 2001]. Manche Studien betonen
dabei die Relevanz der mesialen Strukturen des Temporallappens. Quiske et al. fanden innerhalb
der Untersuchungsgruppe von 60 Patienten mit TLE eine signifikante Assoziation zwischen
einer im MRT festgestellten mesio-temporalen Sklerose und höheren Raten depressiver
Symtomatik [Quiske et al. 2000].
Helmstaedter untersuchte psychopathologische Auffälligkeiten bei Patienten mit fokalen
Epilepsien und berichtete von einer statistisch signifikanten Assoziation zwischen der Häufigkeit
der Depressionsrate und dem Vorliegen einer rechtsseitigen mesiotemporalen Sklerose
[Helmstaedter 2001].
Bei einem späteren Vergleich der Prävalenz depressiver Symptome zwischen temporo-lateralen
und temporo-mesialen Epilepsien konnten Helmstaedter et al. jedoch keinen signifikanten
Unterschied nachweisen [Helmstaedter et al. 2004]. Lehrner et al. konnten bei 56
Epilepsiechirurgiekandidaten mit TLE keine höheren Raten von depressiver Symptomatik bei
Präsenz einer Hippokampussklerose feststellen [Lehrner et al. 1999]. Roy hatte 1979 keine
signifikante Beziehung zwischen der TLE und affektiver Symptome gefunden [Roy 1979]. In
einer niederländischen Studie [Swinkels et al. 2001] wie auch in einer Untersuchung von
122
Epilepsiechirugiekandidaten [Wrench et al. 2004] zeigte sich kein Unterschied zwischen
temporalen und extratemporalen Epilepsien hinsichtlich der Prävalenz von AFS.
Auch die Ergebnisse bildgebender und volumetrischer Studien sind nicht einheitlich. Victoroff et
al. beschrieben bei Patienten mit komplex partiellen Anfällen die höchste Prävalenz von Major
Depression bei denen mit interiktalem Hypometabolismus des linken Temporallappens im FDGPET [Victoroff et al. 1994]. In einer weiteren PET-Untersuchung ergab sich bei
Epilepsiechirurgiekandidaten mit Depression eine Überrepräsentation von temporal begrenztem
Hypometabolismus [Gilliam et al. 2004]. In einer volumetrischen MRT-Studie von Tebartz van
Elst et al. wurde eine signifikante bilaterale Vergrößerung der Amygdala bei TLE-Patienten mit
Dysthymie nachgewiesen; darüber hinaus zeigte sich eine positive Korrelation zwischen den
Volumina beider Amygdala und der Depressionsrate [Tebartz van Elst et al. 1999].
In einem nennenswerten Teil dieser Studien wurde jedoch auf die Bedeutung extratemporaler,
insbesondere fronto-cingulärer Strukturen, hingewiesen. Bromfield et al. fanden in einer PETStudie bei Patienten mit KPA eine Assoziation der depressiven Symptome mit bilateralem
Hypometabolismus der inferioren Frontallappen und vermuteten, dass ähnliche, frontal
lokalisierte metabolische Störungen, die bei den Depressionen des Morbus Parkinson und den
primären affektiven Störungen beschrieben worden sind, auch den AFS der Epilepsie zugrunde
liegen könnten [Bromfield et al. 1992]. Schmitz et al. stellten in einer SPECT-Studie mit
(99m)Tc-HMPAO bei linksseitigen fokalen Epilepsien eine Assoziation der Depressionsrate mit
kontralateraler
temporaler
und
bilateraler
frontaler
Hypoperfusion
und
occipitaler
Hyperperfusion [Schmitz et al. 1997] fest. Ring et al. bemerkten in einer ähnlich strukturierten
Studie eine Hyperfusion der linken Hemisphäre bei Patienten mit TLE und Major Depression im
Vergleich zu nicht-depressiven TLE-Kranken. Diese Hyperperfusion war jedoch statistisch nicht
nachweisbar im Vergleich zur nicht epileptischen Kontrollgruppe [Ring et al. 1999].
Bei unseren Ergebnissen, übereinstimmend mit einem großen Teil der o. g. früheren Studien,
beobachteten wir bei den affektiven Syndromen im Allgemeinen, aber auch bei den
epilepsietypischen dysphorischen Störungen, ein statistisch häufigeres Vorkommen von TLE mit
Hippokampussklerose als von extratemporalen Epilepsien. Dieser Unterschied war jedoch beim
Vergleich zur FLE nicht mehr nachweisbar; in der FLE-Gruppe zeigte sich sogar eine hohe Rate
von AFS und DS, die fast identisch mit den entsprechenden Häufigkeiten bei der TLE mit HS
war (p=1,000). Diese Ergebnisse sind somit in Übereinstimmung mit den o. g. Autoren, die
anhand epidemiologischer oder bildgebender Studien auch auf die Bedeutung frontaler oder
frontolimbischer Regionen für die Genese der AFS bei Epilepsie hingewiesen haben.
Auch i. R. der Erforschung der primären Depression wurde in den letzten Jahren das
pathogenetische Modell eines Netzwerks von hirnanatomischen Strukturen vorgeschlagen, die
123
spezifische, aber auch zusammenhängende Funktionen kontrollieren, wie die Emotionen, die
Kognition und den zirkadianen Rhythmus. Diese Hypothese erfolgte in Zusammenschau der
bisher veröffentlichten klinischen, bildgebenden, tierexperimentellen und histopathologischen
Daten, wobei u. a. gehäuft eine Dysfunktion temporo-mesialer sowie präfrontaler und cingulärer
Strukturen nachgewiesen werden konnte [Hecimovic et al. 2003, Mayberg 1997]. In der
Literatur bleibt es, wie oben geschildert, weiterhin umstritten, ob es sich bei den AFS bei
Epilepsien, insbesondere bei der phänomenologisch distinkten Entität der DS, um Syndrome
handelt, die sich ähnliche pathogenetische Mechanismen mit den endogenen affektiven
Störungen teilen. Die von uns nachgewiesene Assoziation der Prävalenz der DS mit temporomesialen sowie frontalen Epilepsien könnte auf gemeinsam vorliegende hirnstrukturelle Defizite
hinweisen. Allerdings zeigten sich in unserer Studie auch Zusammenhänge zwischen den DS und
epilepsiespezifischen Faktoren, wie die iktale Angst oder die KPA-Frequenz, während wir keine
Assoziation der DS mit der psychiatrischen Familienanamnese feststellen konnten, was auf die
Existenz besonderer ätiologischer Faktoren bei der Entwicklung der DS hinweist. Eine bessere
Kenntnis der physiologischen Funktion der erweiterten limbischen und paralimbischen Regionen
würde das genauere Begreifen nicht nur der Entstehung der primären Depression, sondern auch
der besonderen pathogenetischen Mechanismen bei den epilepsiespezifischen dysphorischen
Störungen erleichtern.
In der Literatur wird ebenfalls kontrovers diskutiert, inwieweit die neuroanatomischen Störungen
bei Epilepsiepsychosen spezifisch im Temporallappen lokalisiert sind und inwieweit bei TLE
eine höhere Affinität zur Entwicklung von Psychosen besteht, im Vergleich zu den sonstigen
fokalen Epilepsietypen. Im Folgenden werden die Ergebnisse relevanter epidemiologischer,
neuropathologischer und bildgebender Untersuchungen dargestellt.
Bereits in den frühen 50er-Jahren wurde die TLE als Risikofaktor für die Entwicklung von PSY
identifiziert [Gibbs 1951]. Die Studien von Hill und Pond zeigten eine Assoziation zwischen
TLE und chronischen paranoid-halluzinatorischen Syndromen [Hill 1953, Pond 1957]. Slater et
al. beobachteten bei 69 Patienten mit PSY, dass zwei Drittel hiervon klinische Hinweise auf TLE
hatten und noch mehr EEG-Hinweise auf einen temporalen Fokus zeigten. Diese Beobachtung
stellte ein Modell zum besseren Verständnis der Pathogenese der Schizophrenie dar und führte
zur Entstehung der Temporallappenhypothese der Schizophrenie [Slater et al. 1963]. In 3
Studien der 80er wurde ein häufigeres Vorkommen von Psychosen bei Patienten mit temporalen
als bei denen mit extratemporalen fokalen Epilepsien demonstriert [Onuma 1983, Sengoku et al.
1983, Sherwin 1981]. Die Analyse von Sherwin erfolgte an Patienten mit therapierefraktären
Epilepsien.
Manchanda
et
al.
konnten
eine
höhere
Rate
von
Psychosen
bei
124
Epilepsiechirurgiekandidaten mit TLE als bei denen mit extratemporalen Epilepsien nachweisen,
sie fanden jedoch keinen Unterschied zu den generalisierten oder multifokalen Epilepsien
[Manchanda et al. 1996]. Kanemoto et al. stellten in einer Untersuchung von 132 Patienten mit
IIP bei 74 Fällen eine TLE und bei 35 sonstige fokale Anfallsursprünge fest. Im Vergleich zur
Kontrollgruppe der 2773 nicht-psychotischen Epilepsiekranken war dieses Ergebnis statistisch
signifikant. Auch die Patienten mit generalisierten oder kryptogenen Epilepsien zeigten eine
signifikant niedrigere Häufigkeit von IIP im Vergleich zur TLE-Gruppe [Kanemoto et al. 2001].
Auch unabhängig von der Präsenz einer Epilepsie gibt es i. R. der Schizophrenieforschung
Hinweise
für
eine
besondere
Assoziation
mit
temporo-mesialen
Strukturen.
Mikroneuropathologische Studien i. R. der Schizophrenieforschung weisen auf einen Volumenund Neuronenverlust sowie auf eine irreguläre Zytoarchitektur der temporolimbischen
Strukturen hin. Die ersten Berichte über die Dysplasie des entorhinalen temporalen Kortex bei
Schizophrenie
[Kovelman
und
Scheibel
1984]
konnten
seitdem
von
weiteren
neuropathologischen Studien [Roberts und Bruton 1990, Zaidel et al. 1997] sowie von
volumetrischen MRT-Studien repliziert werden [Bogerts et al. 1985, Lawrie and Abukmeil
1998].
Diese
pathologischen
Auffälligkeiten
werden
oft
i.
R.
eines
gestörten
Entwicklungsprozesses gedeutet [Harrison und Eastwood 2001]. Neuere Theorien gehen davon
aus, dass bei den Schizophrenen nicht ausschließlich einzelne Gehirnstrukturen Veränderungen
aufweisen. So konnten auch Abweichungen funktioneller Verbindungen zwischen verschiedenen
Hirnregionen und fehlerhaft verknüpfte neuronale Funktionskreise bei schizophrenen Psychosen
erkannt werden. Die heute am meisten vertretene Theorie ist somit die Hypothese der
sogenannten fronto-temporo-limbischen Diskonnektivität [Casanova 1997, Sigmundsson et al.
2001].
Roberts et al. fanden in der neuropathologischen Untersuchung einer großen Reihe von
Temporallappenresektionen bei TLE heraus, dass sich bei Patienten mit schizophreniformen
Psychosen die Pathologie v. a. im medialen Temporallappen befand, wobei „alien tissue
gangliogliomas“ und Ammonshornsklerose im Vergleich zu den Resektaten der nichtpsychotischen Patienten histologisch überpräsentiert waren [Roberts et al. 1990]. Die Autoren
vermuteten, dass eine Entwicklungsanomalie des medialen Temporallappens einen gemeinsamen
pathogenetischen Mechanismus für Epilepsie als auch für Schizophrenie darstellen kann. In der
Epilepsieforschung bleibt jedoch die Diskussion über eine mögliche Beziehung der PSY zu
temporo-mesialen Auffälligkeiten weiterhin kontrovers. Eine EEG-Studie mit Anwendung von
sphenoidalen Elektroden zeigte eine Assoziation der PSY mit temporalen mediobasalen SpikeFoki [Kristensen und Sindrup 1978]. Marchetti et al. evaluierten 38 Fälle mit PSY und stellten
fest, dass 84% hiervon an TLE litten. Sie beschrieben ferner, dass 75% der Patienten mit TLE
125
und PSY eine Hippokampussklerose aufwiesen. Ein Vergleich mit einer Kontrollgruppe erfolgte
allerdings in dieser Studie nicht. [Marchetti et al. 2003c]. In 2 Studien an Patienten mit
pharmakorefraktärer TLE, die sich epilepsiechirurgischen Eingriffen unterzogen, wurde bei allen
Patienten eine HS festgestellt. Diese Analysen waren jedoch nicht kontrolliert und die
untersuchte Fallzahl relativ klein [Marchetti et al. 2003b, Reutens et al. 1997].
Auch in vielen bildgebenden Untersuchungen konnte ein spezieller Zusammenhang zwischen
strukturellen Anomalien des Temporallappens oder den temporo-mesialen Strukturen und den
Epilepsiepsychosen gezeigt werden. In einer PET-Studie zeigten sich in der Gruppe der PSY
niedrigere Werte für den regionalen metabolischen Quotienten für Sauerstoff und für den
regionalen zerebralen Blutfluss über dem gesamten linken temporalen Kortex, im Vergleich zu
den nicht-psychotischen Patienten [Gallhofer et al. 1985]. In einer SPECT-Studie konnte ein
reduzierter Blutfluss im medialen linken Temporallappen bei psychotischen im Vergleich zu
nicht-psychotischen Epilepsiepatienten festgestellt werden [Marshall et al. 1993]. Kanemoto et
al. fanden in einer qualitativen MRT-Studie, dass postiktale Psychosen häufiger bei Patienten mit
unilateraler Hippokampussklerose als bei Patienten mit unauffälligem MRT auftraten [Kanemoto
et al. 1996b]. Mellers et al. beschrieben eine Hypoperfusion des linken Gyrus temporalis
superior während einer verbalen neuropsychologischen Testung bei Patienten mit PSY, im
Vergleich zur Schizophrenie- und zur Kontrollgruppe [Mellers et al. 1998]. Tebartz van Elst et
al. berichteten von einer beidseitig größeren Amygdala bei den Patienten mit TLE und PSY als
bei den Patienten mit TLE ohne Psychopathologie. Die Größendifferenz war in der Gruppe der
interiktalen Psychosen stärker ausgeprägt als bei den Patienten mit postiktalen Psychosen
[Tebartz van Elst et al. 2002].
Die erhöhte statistische Prädisposition der TLE für Psychosen im Vergleich zu extratemporalen
Epilepsien konnte jedoch in anderen Studien nicht nachgewiesen werden. Hara et al. fanden
keinen Unterschied bezüglich der Prävalenz von Psychosen zwischen temporalen und
extratemporalen fokalen Epilepsien [Hara et al. 1980]. Schmitz und Wolf identifizierten den
Schweregrad der Epilepsie und nicht das Vorhandensein eines temporalen Anfallsfokus als
primären Risikofaktor für PSY [Schmitz und Wolf 1995]. Umbricht et al. konnten in einer Studie
über postiktale und chronische Psychosen bei TLE-Patienten keine Überrepräsentation von
Hippokampussklerose im Vergleich zur nicht-psychotischen Kontrollgruppe feststellen
[Umbricht et al. 1995]. Die Analyse von Schmitz et al. ergab keinen signifikanten Unterschied
zwischen den Patienten mit PSY und der psychopathologisch unauffälligen epilepsiekranken
Kontrollgruppe bezüglich der Lokalisation der Epilepsie. Den Autoren fiel jedoch eine statistisch
signifikante Assoziation der PSY-Gruppe mit temporalen sowie bilateralen und multifokalen
Auffälligkeiten im EEG auf [Schmitz et al. 1999]. Adachi et al. beobachteten, allerdings in einer
126
nicht-kontrollierten Studie, dass bei 27% der untersuchten Patienten mit PIP eine FLE vorlag
[Adachi et al 2000]. In einer weiteren Studie verglichen sie 197 Patienten mit fokalen Epilepsien
und IIP mit 456 nicht-psychotischen Patienten mit fokaler Epilepsie und fanden keine
signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Häufigkeitsverteilung der Lokalisation des
Anfallsfokus (temporal vs. extratemporal vs. frontal vs. parietal vs. multifokal/kryptogen)
[Adachi et al 2002b].
Während Roberts et al. auf neuropathologischer Ebene sich in ihrer Studie auf den
Temporallappen konzentrierten, sind andere Studien auf Anomalien in anderen Hirnregionen
gestoßen. Bruton et al. untersuchten ganze Gehirne von verstorbenen Epilepsie-Patienten.
Während die mesiale temporale Sklerose bei psychotischen und nicht-psychotischen
Epilepsieatienten gleich häufig vorkam, bemerkten Bruton et al. größere Ventrikel, mehr
periventrikuläre Gliose und perivaskuläre Erweichung der weißen Substanz in der Gruppe der
PSY [Bruton et al. 1994].
Hinweise auf die Möglichkeit der Mitbeteiligung von extratemporalen Hirnstrukturen an der
Pathogenese der PSY lieferten auch Studien mit bildgebenden Verfahren. In 2 SPECT-Studien
zeigte sich bei Schizophrenen neben einer abnormalen Perfusion des linken Temporallappens
auch ein veränderter Blutfluss im Frontallappen [Catafau et al. 1994, Klemm et al. 1996].
Baumgartner et al. benutzten [99 Tc]HMPAO-SPECT bei 4 Patienten, die unter VideoTelemetrie eine PIP entwickelten. Sie beschrieben eine Hyperperfusion mesialer frontaler
Strukturen [Baumgartner et al. 1995]. Briellmann et al. fanden keinen Hinweis auf verminderte
hippokampale Volumina bei 6 Patienten mit PIP [Briellmann et al. 2000]. In der quantitativen
MRT-Studie von Marsh et al. ergab sich in der Gruppe der PSY im Vergleich zu den gesunden
Patienten eine bilaterale kortikale Atrophie sowohl temporal als auch frontoparietal, während
eine besondere Assoziation der PSY-Gruppe mit Abnormitäten der Hippokampusstruktur nicht
nachgewiesen werden konnte [Marsh et al. 2001]. Leutmezer et al. beobachteten in einer
HMPAO-SPECT-Studie an Patienten mit TLE und PIP während der Manifestationsphasen der
psychotischen Symptomatik bitemporale und bifrontale Hyperperfusionsmuster im Vergleich
zum interiktalen Zustand [Leutmezer et al. 2003].
In unserer Studie wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen den Patienten mit PSY und
der psychopathologisch unauffälligen Kontrollgruppe bezüglich der Verteilung der Lokalisation
des Anfallsfokus beobachtet. Allerdings zeigten sich bei der PSY-Gruppe grenzwertig
signifikant häufiger temporale Foki, assoziiert mit Hippokampussklerose, als extratemporale
Anfallsursprünge im Vergleich zur Kontrollgruppe (exakter Test nach Fischer). Insgesamt wurde
bei 6 der 9 Patienten mit PSY eine TLE diagnostiziert; ferner zeigten 5 der psychotischen TLEPatienten eine HS im MRT. Bei den übrigen 3 psychotischen Patienten ohne Nachweis einer
127
TLE beobachteten wir entweder eine multifokale Epilepsie oder eine kryptogene Epilepsie mit
mehrere Hirnregionen übergreifenden EEG- oder MRT-Auffälligkeiten, u. a. auch unter
Einschluss des Temporallappens. In Zusammenschau dieser Befunde mit der geringen Fallzahl
der PSY-Gruppe im Vergleich zu den übrigen Diagnosegruppen lässt sich am ehesten die
Schlussfolgerung
treffen,
dass
es
einen
besonderen
Zusammenhang
zwischen
den
Epilepsiepsychosen und der TLE, insbesondere der mesialen TLE, gibt. Ferner weisen sowohl
unsere Studie als auch frühere Untersuchungen auch auf eine besondere Assoziation zwischen
bilateralen oder multifokalen Auffälligkeiten und den Psychosen bei Epilepsien hin, der
möglicherweise
hirnregionenübergreifende
Beeinträchtigungen
des
limbischen
Systems
zugrunde liegen. Weitere kontrollierte epidemiologische und bildgebende Untersuchungen sowie
experimentelle Tiermodelle sind erforderlich, um die genauen neuroanatomischen Bindeglieder
zwischen der Epilepsie und den Psychosen zu eruieren.
In unserer Studie ergaben sich keine signifikanten Zusammenhänge zwischen der Prävalenz der
PS und der Lokalisation des Anfallsfokus.
In der Literatur befassten sich bisher nur wenige Studien mit der Analyse der
Persönlichkeitsauffälligkeiten bei Epilepsien. Über den Zusammenhang zwischen den PS bei
Epilepsien und der Lokalisation des Anfallsursprungs ist in einer noch geringeren Zahl an
Untersuchungen berichtet worden. Insbesondere in den früheren Untersuchungen der 50er und
70er wurde eine Überrepräsentation einer Reihe von Persönlichkeitsauffälligkeiten bei Patienten
mit TLE beobachtet, die zur umstrittenen Hypothese des temporallappenepilepsiespezifischen
Geschwind-Syndroms geführt hat [Bear and Fedio 1977, Gastaut et al. 1955,Waxman and
Geschwind 1975] (siehe auch unter 1.4.5.1). Blumer unterstütze diese Hypothese und bemerkte,
dass diese Patienten auch intermittierende Symptome einer IDS entwickeln können [Blumer
1999].
In den meisten rezenten kontrollierten Studien, die die Prävalenz der PS bei Epilepsien
untersuchten, konnten jedoch in Übereinstimmung mit unseren Ergebnissen statistisch keine
signifikanten Unterschiede zwischen temporalen und extratemporalen Epilepsien nachgewiesen
werden [Devinsky and Najjar 1999, Lopez-Rodriguez et al. 1999, Manchanda et al. 1996,
Swinkels et al. 2003].
Da in unserer Studie die PS-Gruppe durch den zusammenfassenden Einschluss von
verschiedenen PS-Subdiagnosen wie etwa organische oder emotional-instabile oder paranoide
PS eine gewisse Heterogenität aufwies, kann eine spezifische Assoziation der einzelnen
Subtypen der PS bei Epilepsien, insbesondere der Persönlichkeitsauffälligkeiten i. S. eines
Geschwind-Syndroms, mit der Lokalisation des Anfallsfokus durch unsere Ergebnisse nicht
128
sicher ausgeschlossen werden. Die Durchführung von Studien mit einer größeren Fallzahl von
persönlichkeitsauffälligen Patienten zur getrennten Analyse der verschiedenen PS-Subtypen
wäre nötig, um solche Zusammenhänge erkennen zu können.
4.3 Längsschnittsanalyse des postoperativen psychiatrischen Outcomes
4.3.1. „De novo“ psychopathologische Auffälligkeiten
Die höchste Inzidenzrate postoperativer „de novo“ aufgetretener psychopathologischer
Auffälligkeiten (inter- und/oder periiktal) ergab sich bei den affektiven Störungen. Während „de
novo“ periiktale dysphorische Störungen bei nur einem Patienten festgestellt wurden,
entwickelten 18% der Patienten postoperativ „de novo“ interiktale depressive oder dysphorische
Syndrome. Im interiktalen psychopathologischen Befund wurde sogar eine Inzidenz von 23%
bzw. 29% für die „de novo“ depressiven Symptomatik bzw. die Antriebshemmung/-armut
beobachtet. Die meisten der „de novo“ AFS wurden innerhalb der ersten 3 postoperativen
Monate klinisch erkennbar. Bei der Hälfte dieser frühmanifesten postoperativen AFS zeigte sich
ein transienter Charakter mit weitgehender (meistens spontaner) Remission bis zum
Wiedervorstellungstermin 1 Jahr postoperativ, bei der anderen Hälfte persistierten sie jedoch bis
zu 1 Jahr postoperativ.
Bisher wurde die Inzidenz der postoperativen „de novo“ psychiatrischen Syndrome nur in
wenigen prospektiven Analysen bestimmt. In vielen, meist retrospektiven Analysen wurde nur
noch die postoperative Punktprävalenz der AFS gemessen, ohne Differenzierung zwischen den
Störungen, die „ de novo“ auftraten und denen, die seit präoperativ persistierten. Blumer et al.
fanden eine Inzidenzrate der „de novo“ AFS von 18%, Ring et al. von 24% und Wrench et al.
von 26%, Befunde, die mit unseren Ergebnissen gut vereinbar sind [Blumer et al. 1998, Ring et
al. 1998, Wrench et al. 2004]. In 2 weiteren Studien wurde jedoch eine relativ niedrigere Rate
von 4% [Inoue und Mihara 2001] bzw. 6% [Naylor et al 1995] beschrieben. Diese Diskrepanz ist
möglicherweise auf methodologische Unterschiede zwischen den Studien bezüglich der
Patientenselektions- und diagnostischen Klassifikationskriterien zurückzuführen.
In Übereinstimmung mit unseren Ergebnissen wurde in allen Studien, die die postoperative
Psychopathologie in einer Zeitspanne von mindestens einem Jahr analysierten, die höchste
Inzidenz der „de novo“ affektiven Syndrome innerhalb der ersten 3 postoperativen Monate
beobachtet [Blumer et al. 1998, Glosser et al. 2000, Inoue und Mihara 2001, Malmgren et al.
2001]. Wrench et al. untersuchten im Längsschnitt die Prävalenz affektiver Störungen
präoperativ sowie 1 und 3 Monate nach fokalen epilepsiechirurgischen Resektionen. Sie
129
beobachteten, insbesondere bei den temporalen Resektionen, die höchste postoperative
Depressionsrate 1 Monat postoperativ [Wrench et al. 2004]. In der prospektiven Studie von
Glosser et al. konnte (mit ähnlicher methodischen Struktur wie in unserer Analyse) bei den
meisten Patienten die „de novo“ postoperative affektive Symptomatik 1 Jahr nach dem Eingriff
nicht mehr nachgewiesen werden. Die Autoren erwähnen allerdings nicht, bei wie vielen dieser
Patienten die Remission unter antidepressiver Medikation und bei wie vielen sie spontan erfolgte
[Glosser et al. 2000].
Bei der Evaluation des Outcomes des interiktalen psychopathologischen Befundes fiel zudem die
hohe Inzidenz (21%) der „de novo“ affektiven Labilität auf, die oft mit intermittierenden,
wechselnd depressiv-dysphorischen und milden euphorischen Zuständen assoziiert war. Dieses
Ergebnis stimmt überein mit den Beobachtungen, dass auch postoperativ atypische, nur schwer
den gängigen Klassifikationsschemata diagnostisch zuordenbare Syndrome in der Gruppe der
AFS dominieren. Blumer et al. sowie Glosser et al. kamen zu der gemeinsamen
Schlussfolgerung, dass pleomorphe affektiv-somatoforme Störungen, u. a. mit depressiver
Stimmung, Ängstlichkeit, Gereiztheit, aber auch euphorischen Zuständen, die in frequent
rezidivierenden kurzen episodischen Zyklen („rapid cycling“) auftreten, unter den „de novo“
AFS überrepräsentiert sind. Die diagnostischen Kriterien nach ICD-10 oder DSM-IV werden
dabei selten erfüllt [Blumer et al. 1998, Glosser et al. 2000]. Ring et al. stellte bei Patienten nach
Temporallappenresektionen eine auffällig hohe früh-postoperative Inzidenz von emotionaler
Labilität fest [Ring et al. 1998]. Malmgren et al. beschrieben bei Patienten mit fokalen
Epilepsien eine starke postoperative Erhöhung der Prävalenz eines organischen psychischen
Syndroms, das sie als astheno-emotionale Störung kategorisierten und dessen Hauptmerkmale
Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen, Irritabilität, emotionale Labilität und mentale
Ermüdung waren. Der Höchstwert der Prävalenz dieser Störung, die sich als die häufigste
postoperative Diagnose erwies, wurde in den ersten 3 Monaten nach der Epilepsiechirurgie
erreicht. Die Autoren vermuteten, dass in den anderen relevanten Studien die astheno-emotionale
Störung unter Anwendung der internationalen diagnostischen Kriterien als hirnorganisches
Psychosyndrom, organische Persönlichkeitsstörung oder interiktale dysphorische Störung
klassifiziert wurde [Malmgren et al. 2001]. In unserer Studie wurde bei der Auswertung des
interiktalen psychopathologischen Befundes eine hohe postoperative Inzidenz nicht nur der
affektiven Labilität und der Antriebshemmung/-armut, sondern auch der Aufmerksamkeits- und
Gedächtnisstörungen sowie der formalen Denkstörungen beobachtet. Dieses Ergebnis könnte die
Befunde von Malmgren et al. unterstützen, zumindest bezüglich der postoperativen
Überrepräsentation der dimensionalen Komponenten der astheno-emotionalen Störung.
130
Wir konnten bei keinem der Patienten eine „de novo“ inter- oder periiktale paranoidhalluzinatorische Psychose postoperativ nachweisen. Allerdings wurden bei 2 der 3 Fälle, die
akute hirnorganische Psychosyndrome postoperativ entwickelten, auch produktive Symptome
beobachtet. Bei der Evaluation des interiktalen psychopathologischen Befundes fanden wir bei
2% der Fälle „de novo“ Wahn, Sinnes- und Ich-Störungen. In Übereinstimmung mit unseren
Ergebnissen lag in den meisten rezenten Studien die Inzidenzrate der „de novo“ paranoidhalluzinatorischen Psychosen entweder bei 0% [Glosser et al. 2000, Naylor et al 1995, Ring et
al. 1998] oder unter 6% [Inoue und Mihara 2001, Koch-Stoecker 2002, Leinonen et al 1994]. In
einem Überblicksartikel zu Epilepsiepsychosen in der japanischen Literatur wird die
Inzidenzrate der „de novo“ PSY auf 4% geschätzt [Matsuura und Trimble 2000]. Anhand dieser
Befunde ist somit bei Epilepsiechirurgiekandidaten am ehesten mit einem geringgradig erhöhten
Risiko für die Erstmanifestation paranoid-halluzinatorischer Symptomatik in der Zeitspanne von
1 Jahr postoperativ zu rechnen.
4.3.2 Outcome der präoperativen Psychopathologie
52% der Fälle mit AFS präoperativ erfüllten auch bis zu 1 Jahr postoperativ diagnostische
Kriterien eines affektiven Syndroms, eine nennenswerte postoperative Aggravation beobachteten
wir jedoch nur bei 31% der Fälle mit AFS präoperativ. 48% der präoperativ diagnostizierten
AFS kamen zu weitgehender Remission bis zu 1 Jahr postoperativ, in fast allen Fällen ohne
Einsatz einer antidepressiven Medikation. Die Rate der postoperativen Remission lag bei den DS
sogar bei 62%.
Ein vergleichbar hoher Anteil an Remissionen der AFS wurde in der Studie von Glosser et al.
beschrieben [Glosser et al. 2000]. Inoue et al. beobachteten bei 67% der präoperativ
festgestellten AFS eine postoperative Besserung oder einen Rückgang der affektiven
Symptomatik [Inoue und Mihara 2001]. Eine Besserung des affektiven Status wurde in einer
Studie nach Temporal- sowie nach Frontallappenresektionen festgestellt [Suchy und Chelune
2001]. Reuber et al. fanden 1 Jahr postoperativ bei TLE-Patienten eine signifikant niedrigere
Rate depressiver Symptomatik als in der präoperativen Untersuchung [Reuber et al. 2004].
Die Warnungen vor Entwicklung von „de novo“ Psychosen oder Exazerbation der
vorbestehenden psychotischer Symptomatik hat viele Zentren dazu geführt, Patienten mit
chronischen interiktalen Psychosen aus psychiatrischen Gründen und Befürchtungen aus dem
epilepsiechirurgischen Programm auszuschließen [Fenwick et al. 1993, Glosser et al. 2000].
Auch bei unserer Stichprobe der operativ versorgten Patienten fanden sich keine Fälle mit IIP
präoperativ. Allerdings wurden bei 3 davon postiktale psychotische Syndrome präoperativ
131
festgestellt. Bis zu 1 Jahr postoperativ konnten wir keine weiteren klinischen Manifestationen
dieser PIP nachweisen. In Übereinstimmung mit unseren Ergebnissen zeigte sich auch in zwei
früheren Studien kein Rezidiv der PIP nach Temporallappenresektionen bei den Patienten, die
postoperativ eine deutliche Besserung des Anfallsstatus aufwiesen [Falconer 1973, Savard et al.
1971]. In der Untersuchung von Inoue und Mihara ergab sich eine höhere Tendenz zu
postoperativer Remission bei den Patienten mit postiktalen als bei denen mit interiktalen
Psychosen. [Inoue und Mihara 2001].
In einem Teil der relevanten Studien zeigte sich kein Einfluss der Temporallappenresektion oder
der postoperativen Anfallsfreiheit auf die Natur und die weitere Entwicklung der vorbestehenden
interiktalen Psychosen [Jensen und Larsen 1979, Reutens et al. 1997, Trimble 1992]. Andere
Autoren stellten fest, dass bei einem geringen Anteil der Patienten mit IIP sich die psychotische
Symptomatik sogar weitgehend zurückbildete oder weniger florid wurde [Serafetinides und
Falconer 1962, Falconer 1973, Roberts et al. 1990, Stevens 1990]. Marchetti et al. beobachteten
eine postoperative Besserung der psychotischen Symptomatik bei 4 von 6 TLE-Patienten mit
interiktalen Psychosen [Marchetti et al. 2003].
Die Autoren von 3 Studien haben vorgeschlagen, dass die operative Behandlung bei Patienten
mit refraktärer Epilepsie und interiktaler Psychose nicht kontraindiziert, sondern, vorausgesetzt
der engmaschigen perioperativen psychiatrischen Kontrolle, sogar indiziert sein kann. Anlass zu
dieser Aussage war die Beobachtung, dass sich nach erfolgreicher Epilepsiechirurgie der
psychosoziale Status verbessert, die Integration in psychiatrische Anstalten erleichtert wird und
die psychopharmakologischen Möglichkeiten durch die Reduktion der Antiepileptikazahl
erweitert werden [Fenwick et al. 1993, Marchetti et al. 2003, Reutens et al. 1997].
Bei der Auswertung unserer Studie fiel auf, dass bei einem besonders hohen Anteil (88%) der
Patienten die präoperativ festgestellten Persönlichkeitsstörungen auch 1 Jahr postoperativ noch
persistierten. Das Outcome der präoperativ diagnostizierten PS nach Epielepsiechirurgie wurde
bis jetzt nur in sehr wenigen Studien analysiert, da die Mehrheit der Autoren auf das Outcome
der affektiven oder psychotischen Störungen fokussierte. Glosser et al. untersuchten das
postoperative Outcome präoperativ gestellter psychiatrischer Diagnosen nach DSM-III-RKriterien, inklusive der organischen PS. Einen weitgehenden Rückgang der präoperativen
Symptomatik konnten sie nur bei einem Teil der Fälle mit AFS feststellen und sie erwähnten
keinen entsprechenden Verlauf bei Patienten mit organischen PS [Glosser et al. 2000]. In einer
früheren
Untersuchung
hatte
Gillingham
dagegen
einen
positiven
Einfluss
der
Temporallappenrektion auf die Wiederaufrichtung der Persönlichkeit beschrieben [Gillingham
1988]. Es ist möglich, dass eventuelle langfristige günstige Auswirkungen der Epilepsiechirurgie
132
auf die Persönlichkeit in unserer Studie sowie in der Analyse von Glosser et al., bedingt durch
die relativ kurzfristige Nachbeobachtungszeit des postoperativen Outcomes, nicht nachgewiesen
werden konnten.
Interessanterweise konnten wir feststellen, dass 25% der „de novo“ AFS sich auf dem Boden von
präoperativ festgestellten Persönlichkeitsauffälligkeiten entwickelten. Auch Inoue und Mihara
beobachteten gehäuft auffällige Persönlichkeitszüge bei den Patienten, die „de novo“
psychiatrische Syndrome postoperativ entwickelten. Koch-Stoecker identifizierte sogar das
Vorhandensein von PS bei Epilepsiechirurgiekandidaten als statistisch signifikanten Risikofaktor
für die Entwicklung ernsthafter psychiatrischer Komplikationen [Koch-Stoecker 2002].
Weitere Studien mit längerfristiger postoperativer psychiatrischer Nachbeobachtungszeit sind
erforderlich, um den Einfluss epilepsiechirurgischer Eingriffe auf die Persönlichkeit intensiver
zu untersuchen und die Rolle der vorbestehenden Persönlichkeitsauffälligkeiten bei der
postoperativen Entstehung affektiver oder psychotischer Syndrome näher zu bestimmen.
4.3.3 Prädiktoren des psychiatrischen Outcomes
Obwohl sich einige Studien mit der psychiatrischen Komorbidität der Epilepsiechirurgie
befassten, wurde es nur in einer Minorität von denen nach möglichen Prädiktoren des
psychiatrischen Outcomes untersucht [Koch-Stoecker 2002].
In unserer Studie konnten wir keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen des
psychiatrischen Outcomes hinsichtlich der Verteilung der demographischen Parameter
„Geschlecht“, „Alter“, „Dauer der Epilepsie“ und „Alter bei Epilepsieerstmanifestation“ bzw.
der psychiatrischen Vorgeschichte nachweisen.
4.3.3.1 Outcome des Arbeitsstatus
Während wir keine statistisch relevante Assoziation zwischen dem Auftreten von „de novo“
psychiatrischen Syndromen und dem Outcome des Arbeitsstatus feststellten, beobachteten wir,
dass die Patienten mit postoperativer Remission der präoperativ festgestellten psychiatrischen
Diagnosen ein signifikant besseres Outcome des Arbeitsstatus aufwiesen. Ein grenzwertig
signifikantes Ergebnis zeigte sich nach Einschluss nur der Fälle mit affektiven Störungen.
Interessanterweise hatten die Patienten mit einem besseren Outcome des Arbeitsstatus ein
grenzwertig signifikant besseres Anfallsoutcome. Anhand dieser Ergebnisse sollte die
Möglichkeit berücksichtigt werden, dass bei der Assoziation des besseren psychosozialen
Outcomes mit der Remission der präoperativen Psychopathologie sich von einem sekundären
Effekt handelt, wobei die postoperative Anfallsfrequenz den primären Prädiktor darstellt.
133
Fast alle relevanten früheren Studien beschrieben, übereinstimmend zu unseren Ergebnissen,
eine postoperative Besserung des psychosozialen Status und der Lebensqualität nach
erfolgreichen epilepsiechirurgischen Interventionen [Bladin 1992, Hermann et al. 1989, Jensen
und Larsen 1979, Mihara et al. 1990, Ness et al. 2001]. Ness et al. stellten zusätzlich in ihrer
multivariaten Analyse einen Zusammenhang zwischen postoperativen depressiven bzw.
aggressiven Störungen und einem schlechten psychosozialen Outcome fest. Die Autoren von 3
Studien beobachteten bei Patienten mit refraktärer Epilepsie und interiktaler Psychose, dass sich
nach erfolgreicher Epilepsiechirurgie der psychosoziale Status verbessert, die Integration in
psychiatrische Anstalten erleichtert wird und die psychopharmakologischen Möglichkeiten durch
die Reduktion der Antiepileptikazahl erweitert werden [Fenwick et al. 1993, Marchetti et al.
2003, Reutens et al. 1997].
4.3.3.2 Outcome des Anfallsstatus
Der Einfluss des Anfallsoutcomes auf den psychiatrischen Verlauf wird in der Literatur
kontrovers diskutiert. Jensen und Larsen fanden eine deutliche Korrelation der psychosozialen
Rehabilitation und der Verbesserung des psychiatrischen Status mit der postoperativen
Entlastung von Anfällen [Jensen und Larsen 1979]. Herman und Wyler fanden eine signifikante
Remission der präoperativen depressiven Symptomatik nur bei Patienten die anfallsfrei nach
anteriorer Temporallappenresektion gewesen waren [Hermann und Wyler 1990]. Stevens konnte
feststellen, dass die postoperative Verschlechterung des psychiatrischen Status oder die
Entwicklung von Psychosen häufiger bei Patienten vorkam, die Persistenz der EEG-Aktivität
oder der Anfälle zeigten [Stevens 1990]. In der Studie von Blumer war die postoperative
Anfallsfreiheit ein signifikanter Prädiktor für exzellentes psychiatrisches Outcome [Blumer et al.
1998]. Patienten mit gutem Anfallsoutcome hatten in der Untersuchung von Derry et al. die
größte Chance, deutliche Verbesserung ihrer depressiven Symptomatik zu zeigen [Derry et al.
2000]. In einer multivariaten Analyse war das Anfallsoutcome nach Temporal- oder
Frontallappenresektionen der einzige signifikante Prädiktor für Lebensqualität und Depression,
wobei nur 14% der anfallsfreien Patienten eine depressive Symptomatik zeigten, im Gegensatz
zu 51% derjenigen Patienten, die weiterhin Anfälle erlitten [Helmstaedter 2001]. In der Studie
von Reuber et al. verbesserte sich der Summenwert des Beck-Depression-Inventars postoperativ
am meisten bei den Patienten mit den höchsten Summenwerten präoperativ und der größten
Reduktion der Anfallsfrequenz nach der Epilepsiechirurgie [Reuber et al. 2004].
In anderen Studien zeigte sich jedoch kein signifikanter Einfluss des Anfallsoucomes weder auf
die postoperative Prävalenz psychiatrischer Störungen noch auf die Häufigkeit affektiver
Syndrome [Malmgren et al. 2002, Wrench et al. 2004]. In der Analyse von Inoue und Mihara
134
hatten alle Patienten mit „de novo“ psychotischen oder affektiven Störungen exzellentes
Anfallsoutcome [Inoue und Mihara 2001], während Glosser et al. keinen statistisch relevanten
Zusammenhang zwischen dem psychiatrischen Outcome und dem Anfallsoutcome feststellten
[Glosser et al. 2000]. Diese Diskrepanz in der Literatur ist möglicherweise auf methodologische
Unterschiede zwischen den Studien, insbesondere bezüglich der Kategorisierung des
psychiatrischen Outcomes, zurückzuführen.
In unserer Studie war, in Übereinstimmung mit den meisten früheren Untersuchungen, ein
besseres Outcome des psychiatrischen Status mit einem besseren Anfallsoutcome assoziiert. Ein
Signifikanzniveau wurde jedoch nur beim Vergleich zwischen den Fällen mit AFS prä- und
postoperativ und den Fällen mit postoperativer Remission der AFS erreicht. Es bleibt allerdings
unklar, ob die günstigen Auswirkungen der erfolgreichen Epilepsiechirurgie auf den Verlauf der
präoperativ festgestellten AFS direkt durch Modifikation hirnorganischer Mechanismen durch
die Verminderung der Anfallsfrequenz oder indirekt durch die postoperative Verbesserung des
psychosozialen Status bedingt sind.
4.3.3.3 Lateralität der Epilepsiechirurgie
In einem Teil der relevanten Literatur wird die nicht-dominante Lateralität der Resektion als
Prädiktor eines verschlechterten psychiatrischen Outcomes diskutiert. Taylor beschrieb bereits
1972 eine häufigere Inzidenz von affektiven Syndromen nach rechtsseitiger Epilepsiechirurgie
des Temporallappens [Taylor 1972]. Weitere Studien berichteten von häufigerem Auftreten von
de novo Psychosen nach rechtsseitigen als nach linksseitigen Temporallappenresektionen [Mace
und Trimble 1991, Leinonen et al. 1994, Kanemoto et al. 1998]. Im Gegensatz dazu
beobachteten
Kanemoto
et
al.
affektive
Syndrome
häufiger
nach
linksseitigen
Temporallappenresektionen [Kanemoto et al. 1998]. Glosser et al. fanden sowohl prä- als auch
postoperativ höhere Prävalenzen von affektiven Störungen bei Patienten, die sich einer
rechtsseitigen Temporallappenresektion unterzogen. Allerdings war die relative Rate der
Änderung des psychiatrischen Status postoperativ war vergleichbar mit der Gruppe der
linksseitigen Resektionen [Glosser et al. 2000]. In der Studie von Koch-Stoecker gab es
präoperativ keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Psychopathologieprävalenz
zwischen links- und rechtsseitigem temporalem Anfallsfokus, postoperativ wurde jedoch eine
Prädominanz von rechtsseitigen Temporallappenresektionen in der Gruppe der psychotischen
oder affektiven Komplikationen beobachtet [Koch-Stoecker 2002]. Quigg et al. identifizierten
eine rechtsseitige Lokalisation der Epilepsiechirurgie und eine präoperative Präsenz von
depressiver Symptomatik als die wichtigsten Prädiktoren für postoperative Depression nach
fokalen Resektionen [Quigg et al. 2003].
135
Viele Studien konnten jedoch keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden
Lateralitätsgruppen und der postoperativen Inzidenz von Psychopathologie nachweisen [Naylor
et al. 1995, Ring et al. 1998, Helmstaedter 2001, Inoue und Mihara 2001, Kohler et al. 2001,
Malmgren et al. 2001, Suchy und Chelune 2001, Reuber et al. 2004, Wrench et al. 2004].
Kanemoto et al. beschrieben eine höhere Rate von postoperativen AFS nach links- als nach
rechtsseitigen Temporallappenresektionen [Kanemoto et al. 1998].
In unserer Studie konnten wir, in Übereinstimmung mit den meisten früheren Studien keinen
signifikanten Unterschied hinsichtlich der Verteilung der Lateralität nachweisen. Wir
beobachteten zwar bei den linksseitigen Resektionen nach Ausschluss der Linkshänder und der
Ambidexter ein grenzwertig signifikant häufigeres Auftreten von „de novo“ psychiatrischen
Syndromen, dieser Unterschied war jedoch nach weiterer Differenzierung der Untergruppen
durch Einschluss nur der temporal lokalisierten Resektionen bzw. durch Einschluss nur der Fälle
mit „de novo“ AFS nicht mehr festzustellen. Ein besseres Verständnis der pathogenetischen
Mechanismen und des neurobiologischen Hintergrunds der primären affektiven Störungen und
der Schizophrenie durch experimentelle und bildgebende Studien könnte möglicherweise auch
Aspekte der organischen Korrelate der Psychopathologie bei Epilepsien erleuchten und zur
Erklärung der o. g. widersprüchlichen Ergebnisse in der Literatur beitragen.
4.3.3.4 Lokalisation der Epilepsiechirurgie
In unserer Studie waren keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Verteilung der
Lokalisation der Epilepsiechirurgie (temporal vs. extratemporal) festzustellen. Allerdings zeigte
sich nach extratemporalen Resektionen bei weniger als 10% der Fälle eine weitgehende
Remission der psychiatrischen Störungen postoperativ; nach Resektionen im Temporallappen
wurde dagegen eine Remission der präoperativen Psychopathologie bei 42% der Fälle
beobachtet (p=0,067). Dieser Unterschied ist am ehesten darauf zurückzuführen, dass ein großer
Teil der Fälle mit inter- und/oder periiktalen dysphorischen Störungen und alle Fälle mit
postiktaler Psychose an TLE litten, kombiniert mit der Tatsache dass fast 2/3 der DS und alle PIP
postoperativ remittierten. Allerdings zeigte sich bei der Temporalgruppe kein signifikant
besseres Outcome des Anfallsstatus im Vergleich zur Extratemporalgruppe (p>0,1).
Die
Ergebnisse
der
wenigen
Studien,
die
den
psychiatrischen
Verlauf
nach
Temporallappenresektionen mit dem von Extratemporallappenresektionen vergleichen, sind
uneinheitlich. Manche Autoren konnten eine Assoziation der Lokalisation der Epilepsiechirurgie
im Temporallappen mit postoperativer Verschlechterung des psychiatrischen Status nachweisen
[van Veelen et al. 2001, Wrench et al. 2004], während in den meisten Studien, in
Übereinstimmung mit unseren Ergebnissen, keine signifikanten Unterschiede zwischen
136
temporalen und extratemporalen Lokalisationen bezüglich des psychiatrischen Outcomes
beobachet wurden [Helmstaedter 2001, Malmgren et al. 2001, Suchy und Chelune 2001, Quigg
et al. 2003].
In der vorliegenden Studie konnten wir bei den Temporallappenresektionen keinen signifikanten
Unterschied zwischen den Fällen mit und denen ohne AHE nachweisen. Auch Kohler et al.
fanden keinen signifikanten Einfluss des Vorhandenseins einer Hippokampussklerose auf das
psychiatrische Outcome nach Temporallappenresektionen. Wrench et al. stellten keine
signifikanten Unterschiede zwischen temporo-mesialen und temporo-lateralen Resektionen
bezüglich der postoperativen Prävalenz affektiver Störungen fest [Kohler et al. 2001, Wrench et
al. 2004].
137
Zusammenfassung
Bisher wurde die Prävalenz psychopathologischer Auffälligkeiten bei fokalen Epilepsien und das
Outcome des psychiatrischen Status nach epilepsiechirurgischen Interventionen nur in wenigen,
meist kleineren Studien untersucht. Um die Prävalenz und Prognose inter- sowie periiktaler
psychiatrischer Störungen bei Epilepsiekranken im epilepsiechirurgischen Procedere zu bestimmen,
wurden zwischen 1999 und 2002 am Epilepsiezentrum der Universität Freiburg 154
Epilepsiechirurgiekandidaten psychiatrisch nach einem standardisierten Protokoll präoperativ
untersucht. Innerhalb der gleichen Zeitspanne unterzogen sich 84 dieser Patienten einem
epilepsiechirurgischen Eingriff und wurden 3- und 12 Monate postoperativ psychiatrisch vorgestellt.
In der Querschnittsanalyse der präoperativen Psychopathologie zeigte sich eine 2- bis 4-fache
Prävalenzrate
psychiatrischer
Diagnosen
im
Vergleich
zur
Allgemeinbevölkerung.
Die
epilepsietypische dysphorische Störung (DS) war dabei mit einer Prävalenz von 27% das häufigste
psychiatrische Syndrom. Es zeigte sich ein spezifischer Zusammenhang zwischen der DS und den
temporo-mesialen sowie frontalen Anfallsursprüngen, gleichzeitig wurden positive Korrelationen
zwischen der Prävalenz der DS und der KPA-Frequenz sowie der Präsenz von Angstaura
festgestellt. Diese Befunde weisen auf eine besondere Rolle der temporo-fronto-limbischen
Strukturen bei der Pathogenese der DS hin. Ferner ergab sich eine spezifische Assoziation der
Epilepsiepsychosen mit dem Vorhandensein von Fieberkrämpfen in der Vorgeschichte, mit
linksseitigen temporo-mesialen Anfallsursprüngen sowie bilateraler und multifokaler EEG- oder
MRT-Pathologie. Persönlichkeitsstörungen (PS) wurden insbesondere bei den Patienten mit
schweren, therapierefraktären und frühmanifesten Epilepsieformen festgestellt.
In der Längsschnittsanalyse des postoperativen psychiatrischen Outcomes entwickelten 18% der
Fälle interiktale „de novo“ affektive Syndrome (AFS), deren Inzidenz innerhalb der ersten 3
postoperativen Monate am höchsten war und die oft mit intermittierenden, wechselnd depressivdysphorischen und milden euphorischen Zuständen einhergingen. Interessanterweise konnten wir
feststellen, dass 25% dieser „de novo“ AFS sich auf dem Boden präoperativ festgestellter
Persönlichkeitsauffälligkeiten entwickelten. Andererseits wurde bei keinem der Patienten ein „de
novo“ auftretendes paranoid-halluzinatorischen Syndrom postoperativ beobachtet. Darüber hinaus
beobachteten wir bis zu 1 Jahr postoperativ keine weiteren klinischen Manifestationen der
präoperativ festgestellten postiktalen Psychosen. Ferner kamen 48% der präoperativ diagnostizierten
AFS bzw. 62% der präoperativ festgestellten DS zu weitgehender Remission innerhalb des ersten
postoperativen Jahres. Es bleibt allerdings unklar, ob die Assoziation zwischen der erfolgreichen
Epilepsiechirurgie und der Remission der präoperativ festgestellten Psychopathologie direkt durch
Modifikation hirnorganischer Mechanismen durch die Verminderung der Anfallsfrequenz oder
indirekt durch die postoperative Verbesserung des psychosozialen Status bedingt ist.
138
Literaturverzeichnis
Adachi N, Matsuura M, Okubo Y, et al. (2000). Predictive variables of interictal psychoses in
epilepsy. Neurology; 2000: 55.
Adachi N, Matsuura M, Tsunekatsu H, Yasunori O, Yoshiro O, Masaaki K, Teiichi O (2002).
Psychoses and epilepsy: Are interictal and periictal psychoses distinct clinical entities? Epilepsia;
43(12): 1574-1582.
Adachi N, Onuma T, Hara T, Matsuura M, Okubo Y, Kato M, Oana Y (2002b). Frequency and
age-related variables in interictal psychoses in localisation-related epilepsies. Epilepsy Research;
48: 25-31.
Aldenkamp AP, Van Donselaar CA, Flamman H, Lafarre DLW (2003). Psychosocial reactions
to the epilepsy in an unselected group of patients with epilepsy under treatment in general
hospitals. Seizure; 12: 101-106.
American psychiatric association (1994). Diagnostic and statistical manual of mental disorders,
DSM-IV.
Altshuler LL, Devinsky O, Post MR, Theodore W (1990). Depression, anxiety and temporal lobe
epilepsy. Laterality of focus and symptoms. Arch. Neurol.; 46: 284-8.
AMDP (1997). Das AMDP - System. Manual zur Dokumentation psychiatrischer Befunde (6.,
unveränderte Auflage). Göttingen: Hogrefe.
Arnold LM, Privitera MD (1996). Psychopathology and trauma in epileptic and psychogenic
seizure patients. Psychosomatics; 37: 438–443.
Attarian H, Vahle V, Carter J, Hykes E, Gilliam F (2003). Relationship between depression and
intractability of seizures. Epilepsy & Behavior 4: 298-301.
Babb TL, Brown WJ (1987). Pathological findings in epilepsy. In: Engel Jr J (ed.) Surgical
treatment of the epilepsies. New York: Raven Press: 511–40.
Barry JJ (2003). The recognition and management of mood disorders as a comorbidity of
epilepsy. Epilepsia; 44(4): 30-40
Baumgartner C, Lindinger G, Ebner A, Aull S, Serles W, Olbrich A, Lurger S, Czech T, Burgess
R, Luders H (1995). Propagation of interictal epileptic activity in temporal lobe epilepsy.
Neurology; 45(1): 118-22.
Baumgartner C, Podreka I, Benda N, Serles W (1995). Postictal psychosis: a SPECT study.
Epilepsia; 36: S218.
Bear DM, Fedio P (1977). Quantitative analysis of interictal behavior in temporal lobe epilepsy.
Archives of Neurology; 34: 454-467.
Benson DF (1991). The Geschwind syndrome. Adv Neurol; 55: 411-21.
139
Berg AT, Walczak T, Hirsch LJ, Spencer SS (1998). Multivariable prediction of seizure outcome
one year after resectiv epilepsy surgery: development of a model with independent validation.
Epilepsy Research; 29:185-194.
Bishop ML, Allen C (2001). Employment concerns of people with epilepsy and the question of
disclosure: report of a survey of the epilepsy foundation. Epilepsy & Behavior; 2: 490-495.
Bladin PF (1992). Psychosocial difficulties and outcome after temporal lobectomy. Epilepsia;
33: 898-907.
Blanchet P, Frommer GP (1986). Mood change preceeding epileptic seizures. J Nerv Ment Dis;
174: 471-76.
Blume WT, Girvin JP, Mclachlan RS, Gimore BE (1997). Effective temporal lobectomy in
childhood without invasive EEG. Epilepsia; 38: 164-167.
Blumer D (1999). Evidence supporting the temporal lobe epilepsy personality syndrome.
Neurology; 53: S9-S12.
Blumer D (2000). Dysphoric Disorders and Paroxysmal Affects: Recognition and Treatment of
Epilepsy-Related Psychiatric Disorders. Havard Review of Psychiatry; 8: 8-17.
Blumer D (2002). Letters to the editor: Comorbidity of ictal fear and panic disorder. Epilepsy &
Behavior; 3: 558-567.
Blumer D, Herzog AG, Himmelhoch J, Salgueiro CA, Ling FW (1998). To what extent do
premenstrual and interictal dysphoric disorder overlap? Significance for therapy. J Affect
Disord; 48(2-3): 215-25.
Blumer D, Montouris G, Davies K (2004). The interictal dysphoric disorder: recognition,
pathogenesis, and treatment of the major psychiatric disorder of epilepsy. Epilepsy & Behavior;
5(6): 826-40.
Blumer D, Montouris G, Hermann B (1995). Psychiatric morbidity in seizure patients on a
neurodiagnotic monitoring unit. J Neuropsychiatry Clin Neurosci; 7(4):445-456.
Blumer D, Wakhlu S, Davies K, Herman B (1998). Psychiatric outcome of temporal lobectomy
for epilepsy: incidence and treatment of psychiatric complications. Epilepsia; 39(5):478-86.
Bogerts B, Meertz E, Schonfeldt-Bausch R (1985). Basal ganglia and limbic system pathology in
schizophrenia. A morphometric study of brain volume and shrinkage. Archives of General
Psychiatry; 42: 784-791.
Bogner HR, Gallo JJ (2004). Are higher rates of depression in women accounted for by
differential symptom reporting? Soc Psychiatry Psychiatr Epidemiol.; 39(2): 126-32.
Bourgeois BFD (1992). General concepts of medical intractability. In: Lüders H (ed). Epilepsy
Surgery. Raven Press, New York, 1992: 77-81.
Boylan LS (2002). Peri-ictal behavior and cognitive changes. Epilepsy & Behavior 3: 16-26.
Boylan LS, Flint LA, Labovitz DL, Jackson SC, Starner K, Devinsky O (2004). Depression but
not seizure frequency predicts quality of life in treatment-resistent epilepsy. Neurology; 62(2):
258-61.
140
Bromfield EB, Altshuler L, Leiderman DB, Balish M, Ketter TA, Devinsky O, Post RM,
Theodore WH (1992). Cerebral metabolism and depression in patients with complex partial
seizures. Arch Neurol; 49(9): 976.
Brookes G, Crawford P (2002). The associations between epilepsy and psychiatric illness in
secondary care. Seizure; 11: 523-526.
Bühl A, Zöfel P (1999). SPSS Version 8. Einführung in die moderne Datenanalyse unter
Windows. Bonn: Addison-Wesley.
Casanova MF (1997). The temporolimbic system theory of paranoid schizophrenia. Schizophr.
Bull.; 23: 513-515.
Catafau AM, Parellada E, Lomeña FJ, Bernardo M, Pavía J, Ros D, Setoain J, GonzalezMonclús E (1994). Prefrontal and Temporal Blood Flow in Schizophrenia: Resting and
Activation Technetium-99m-HMPAO SPECT Patterns in Young Neuroleptic-Naive Patients
with Acute Disease. The Journal of Nuclear Medicine; 35(6): 935-41.
Chengappa KNR, Gershon S, Levine J (2001). The evolving role of topiramate among other
mood stabilizers in the management of bipolar disorder. Bipolar Disord; 3: 215-232.
Clusmann H, Schramm J, Kral T, Helmstaedter C, Ostertun B, Fimmers R, Haun D, Elger CE
(2002). Prognostic factors and outcome after different types of resection for temporal lobe
epilepsy. J neurosurg; 97: 1131-1141.
Cockerell OC, Johnson AL, Sander JWAS, Hart JM, Shorvon SD (1995). Remission of epilepsy:
results from the national general practice study of epilepsy. Lancet; 346: 140-144.
Coffey CE, Lucke J, Weiner RD, Krystal A, Aque M (1995). Seizure threshold in
electroconvulsive therapy (ECT), II: the anticonvulsant effect of ECT. Biol Psychiatry; 7: 777788.
Collaborative Group for the Study of Epilepsy (1992). Prognosis of epilepsy in newly referred
patients. A multicenter prospective study of the effects of monotherapy on the long-term course
of epilepsy. Epilepsia; 33: 45-51.
Commission on Classification and Terminology of the International League Against Epilepsy
(1989). Proposal for Revised Classification of Epilepsies and Epileptic Syndromes. Epilepsia;
30: 389-399.
Cramer JA, Blum D, Reed M, Fanning K (2003). The influence of comorbid depression on
quality of life for people with epilepsy. Epilepsy and Behavior; 4: 515-521.
Dailey JW, Naritoku DK (1996). Antidepressants and seizures: clinical anecdotes overshadow
neuroscience. Biochem pharmacol; 52: 1323-9.
Dam M (1992). Localisation related epileptic syndromes. In: Trimble MR, Bolwig TG, editors.
The temporal lobes and the limbic system. Petersfield, UK: Wrightson Biomedical Publishing
LTD.
Dam AM, Fuglsang FA, Svarre OU, Dam M (1985). Late-onset epilepsy: etiologies, types of
seizure, and value of clinical investigation, EEG, and computerized tomography scan. Epilepsia;
26; 227-231.
141
Date T, Syuko T, Miura K (1992). A study on schizophrenia-like syndrom in epilepsy. RinsyoSeishin-Igaku; 21: 89-95.
Derry PA, Rose KJ, McLachlan RS (2000). Moderators of the effect of preoperative emotional
adjustment on postoperative depression after surgery for temporal lobe epilepsy. Epilepsia;
41(2): 177-85.
Devinsky O (1995). Cognitive and behavioral effects of antiepileptic drugs. Epilepsia; 36: S46S65.
Devinsky O (2003). Psychiatric comorbidity in patients with epilepsy: implications for diagnosis
and treatment. Epilepsy & Behavior; 4: S2-10.
Devinsky O, Abramson H, Alper K, FitzGerald LS, Perrine, Calderon J, Luciano D (1995).
Postictal psychosis: a case control series of 20 patients and 150 controls. Epilepsy Research; 20:
247-253.
Devinsky O, Najjar S (1999). Evidence against the existence of a temporal lobe epilepsy
personality syndrome. Neurology; 53: S13-S25.
Dominian J, Serafetinides EA, Dewhurst M. A follow-up study of late-onset epilepsy. II.
Psychiatric and social findings (1963). Br Med J; 5328: 431-5.
Dongier S (1959/60). Statistical Study of clinical and electroencephalographic manifestations of
536 psychotic epidodes occurring in 516 epileptics between clinical seizures. Epilepsia; 1: 11742.
Dube C, Chen K, Eghbal-Ahmadi M, Brunson K, Soltesz I, Baram T Z (2000). Prolonged febrile
seizures in the immature rat model enhance hippocampal excitability long term. Ann. Neurol.;
47: 336–344.
.
Duchowny M (1999). Pediatric epilepsy surgery: the widening spectrum of surgical candidacy.
Epileptic Disord; 1: 143-151.
Dulay MF, Schefft BK, Fargo JD, Privitera MD, Yeh H (2004). Severity of depressive
Symptoms, hippocampal sclerosis, auditory memory, and side of seizure focus in temporal lobe
epilepsy. Epilepsy & Behavior; 5: 522-531.
Duncan JS, Shorvon SD, Fish DR (1995). Clinical Epilepsy. New York: Churchill Livingston.
Edeh J, Toone B (1987). Relationship between interictal psychopathology and the type of
epilepsy. Results of a survey in general practice. British Journal of Psychiatry; 151: 95-101.
Engel J Jr (1996). Surgery for seazures. N. Engl. J. Med.; 334: 647-652.
Engel J Jr, Pedley TA (1997). What is Epilepsy. In: Engel J, Pedley TA, editors. Epilepsy: A
Comprehensive Textbook. Philadelphia: Lippincott-Raven.
Engel J Jr, Rocha LL (1992). Interictal behavioral disturbances: a search for molecular
substrates. Epilepsy Res Suppl; 9:341-9.
Engel J Jr, Van Ness PC, Rasmussen TB, Ojemann LM (1993). Outcome with respect to
epileptic seizures. In: Engel J Jr (ed). Surgical Treatment of the Epilepsies. Second edition.
Raven Press, New York: 609-622.
142
Engel J Jr, Wiebe S, French J, Sperling M, Williamson P, Spencer D, Gumnit R, Zahan C,
Westbrook E, Enos B (2003). Practice parameter: temporal lobe and localized neocortical
resections for epilepsy. Report of the Quality Standards Subcommittee of the American
Academy of Neurology, in association with the American Epilepsy Society and the American
Association of Neurological Surgeons. Neurology; 60: 538–547.
Epilepsy Surgery (2003). Epilepsia; 44(Suppl.6): 35-37.
Ernst C, Angst J (1992). The Zurich Study. XII. Sex differences in depression. Evidence from
longitudinal epidemiological data. Eur Arch Psychiatry Clin Neurosci.; 241(4): 222-30.
Eriksson KJ, Koivikko MJ (1997). Prevalence, classification, and severity of epilepsy and
epileptic syndromes in children. Epilepsia; 38: 1275-82.
Ettinger A, Reed M, Cramer J (2004). Epilepsy Impact Project Group. Depression and
comorbidity in community-based patients with epilepsy or asthma. Neurology; 636:1008-14.
Falconer MA (1973). Reversibility by temporal-lobe resection of the behavioral abnormalities of
temporal-lobe epilepsy. N Engl J Med; 289: 451–5.
Falret J. (1860). De l`etat mental des epileptiques. Arch Gen Med 1860 ; 16 : 661-79.
Fenwick P (1994). Psychiatric assessment and temporal lobectomy. In: WylerAR, Hermann BP,
editors. The surgical management ofepilepsy. Boston: Butterworth–Heinemann; p. 217–33.
Fiordelli E, Beghi E, Boglium G, Crespi V (1993). Epilepsy and psychiatric disturbance. A
cross-sectional study. Br J Psychiatry; 163: 446-50.
Fisher RS, Schachter SC (2000). The postictal state: a neglected entity in the management of
epilepsy. Epilepsy & Behavior; 1: 52-59.
Flor-Henry P (1969). Psychosis and temporal lobe epilepsy. A controlled investigation.
Epilepsia; 10: 363-395.
Foldvary N, Lee N, Thaiwaites G, Kim H, Friedmann AH, Radtke RA (1997). Clinical and
electrographic manifestations of lesional neocortical temporal lobe epilepsy. Neurology; 49: 757763.
Fong GC, Fong KY, Mak W, Tsang KL, Chan KH, Cheung RT, Ho SL (2000). Postictal
psychosis related regional cerebral hyperfusion [letter]. J.Neurol.Neurosurg.Psychiatry 2000 Jan;
68: 1-1.
Forsgren I, Bucht G, Erikkson S (1996). Incidence and clinical characterisics of unprovoked
seizures in adults: a prospective population-based study. Epilepsia; 37(3): 224-229.
Forsgren L, Nystrom L (1990). An incident case-referent study of epileptic seizures in adults.
Epilepsy Res; 6: 66-81.
Gaitatzis A, Carroll K, Majeed A, Sander JM (2004). The epidemiology of the comorbidity of
epilepsy in the general population. Epilepsia; 45(12): 1613-1622.
143
Gallhofer B, Trimble MR, Frackowiak R, Gibbs J, Jones T (1985). A study of cerebral blood
flow and metabolism in epileptic psychosis using positron emission tomography and oxygen.
J.Neurol.Neurosurg.Psychiatry; 48: 3-6.
Gastaut H, Morin G, Lesevre N (1955). Behavior of psychomotor epileptics between seizures;
disorders of general activity and sociability. Ann Med Psychol (Paris); 113: 1(1): 1-27.
Gastaut H (1973). Dictionary of Epilepsy. Geneva: World Health Organisation.
Gastaut H, Gastaut JL, Goncalves e Silva GE, Fernandez Sanches GR (1975). Relative frequency
of different types of epilepsy: a study employing the classification of the International League
against Epilepsy. Epilepsia; 16: 457-461.
Gibbs FA (1951). Ictal and non-ictal psychiatric disorders in temporal lobe epilepsy. J Nerv
Ment Dis;113:522–8.
Gilliam F (2002). Optimizing health outcomes in active epilepsy. Neurology; 58(5): 9-19.
Gilliam F, Santos J, Vahle V et al. (2004). Depression in epilepsy: ignoring clinical expression of
neuronal network dysfunction? Epilepsia; 45(2): 28-33.
Gillingham FJ (1988). Surgical treatment of epilepsy. Restauration of personality? Acta
Neurochir Suppl (Wien); 44: 102-5.
Gleissner U, Helmstaedter C, Schramm J, Elger CE (2002). Memory Outcome after selective
amygdalohippocampectomy: a study in 140 patients with temporal lobe epilepsy. Epilepsia;
43(1): 87-95.
Gleissner U, Helmstaedter C, Schramm J, Elger CE (2004). Memory outcome after selective
amygdalohippocampectomy in patients with temporal lobe epilepsy: one-year follow-up.
Epilepsia; 45(8): 960-962.
Glosser G, Zwil AS, Glosser DS, O`Connor MJ, Sperling MR (2000). Psychiatric aspects of
temporal lobe epilepsy before and after temporal lobectomy. J Neurol Neurosurg Psychiatry; 68:
53-58.
Goldstein LH, Polkey CE (1993). Short-term cognitive changes after unilateral temporal
lobectomy or unilateral amygdalohippocampectomy for the relief of temporal lobe epilepsy. J
Neurol Neurosurg Psychiatry; 56: 135-140.
Guarnieri R, Wichert-Ana L, Hallak JE, Velasco TR, Walz R (2005). Interictal SPECT in
patients with mesial temporal lobe epilepsy and psychosis: a case-control study. Psychiatry
Res.;138(1):75-84.
Hara T, Adachi N, Okubo Y (1999). Variables for development of psychoses in epilepsy. Ann
Rep Jpn Epilepsy Res Found ;11:157– 62.
Hara T, Hoshi A, Takase M (1980). Factors related to psychiatric episodes in epileptics. Folia
Psychiatr Neurol Jpn; 34: 329-30.
Harrison P, Eastwood S (2001). Neuropathological studies of synaptic connectivity in
hippocampal formation in schizophrenia. Hippocampus; 11: 508-19.
144
Hauser WA (1997). Incidence and Prevalence. In: Engel J, Pedley TA, editors. Epilepsy: A
Comprehensive Textbook. Philadelphia: Lippincott-Raven.
Hecimovic H, Goldstein JD, Sheline YI, Gilliam FG (2003). Mechanisms of depression in
epilepsy from a clinical perspective. Epilepsy & Behavior; 4: S25-S30.
Helmstaedter C (2001). Behavioral aspects of frontal lobe epilepsy. Epilepsy & Behavior; 2:
384-395.
Helmstaedter C, Elger CE (1996). Cognitive Consequences of Two-Thirds Anterior Temporal
Lobectomy on Verbal Memory in 144 Patients: A Three-Month Follow-Up Study. Epilepsia;
37(2): 171-80.
Helmstaedter C, Elger CE, Hufnagel A (1996). Different effects of left anterior temporal
lobectomy, selective amygdalohippocampectomy, and temporal cortical lesionectomy on verbal
learning, memory and recognition. J Epilepsy; 9:39-45.
Helmstaedter C, Lehnertz K, Grunwald T, Gleissner U, Elger CE (1997). Differential
involvement of left temporolateral and temporomesial structures in verbal declarative learning
and memory: Evidence from temporal lobe epilepsy. Brain Cogn.; 35: 110-131.
Helmstaedter C, Sonntag-Dillender M, Hoppe C, Elger CE (2004). Depressed mood and memory
impairment in temporal lobe epilepsy as a function of focus lateralization and localization.
Epilepsy & Behavior; 5: 696-701.
Hermann BP, Allen R, Wyler AR, Ackerman B, Rosenthal T (1989). Short-term psychological
outcome of anterior temporal lobectomy. J Neurosurg; 71: 327–34.
Hermann BP, Trenerry MR, Colligan RC (1996). Learned helplessness, attributional style, and
depression in epilepsy. Epilepsia; 37: 680-6.
Hermann BP, Wyler AR (1990). Depression, locus of control, and the effects of epilepsy
surgery. Epilepsia; 30(3): 332-8.
Hesdorffer DC, Hauser WA, Annegers JF (2000). Major depression is a risk factor for seizures
in older adults. Ann Neurol; 47: 246-9.
Hesdorffer DC, Ludvigsson P, Hauser WA (1998). Depression is a risk factor for epilepsy in
children. Epilepsia; 39: 222A.
Hill D (1953). Psychiatric disorders of epilepsy. Mental press; 229: 473-5.
Hughes J, Devinsky O, Feldmann E (1993). Premonitory symptoms in epilepsy. Seizure; 2: 201203.
Inoue Y, Mihara T (2001). Psychiatric disorders before and after surgery for epilepsy. Epilepsia;
42(6): 13-18.
Jackson, J.H. (1958) The study of convulsions, 1870; On the anatomical and physiological
localisation of movements in the brain 1873/75; on the anatomical physiological and
pathological investigations of epilepsies, 1873 Repr. In Taylor (Hrsg): Selected writings of J.H.
Jackson Vol.1. Basic Books Inc., New York pp. 8-76; 90-111.
145
Jacobi F, Wittchen H-U, Hölting C, Hötler M, Pfister H, Müller N, Lieb R (2004). Prevalence,
comorbidity and correlates of mental disorders in the general population: Results from the
German Health Interview and Examination Survey (GHS). Psychological Medicine; 34: 597611.
Jacoby A, Baker GA, Steen N, Potts P, Chadwick DW (1996). The clinical course of epilepsy
and its psychosocial correlates: findings from a U.K: Community study. Epilepsia; 37(2): 14861.
Jagadheesan K, Ashwani Garg K, Haque Nizamie S (2003). Risk factors and outcome of mood
disorders in epilepsy: a case-control study. Seizure; 12: 121-5.
Jensen I, Larsen JK (1979). Mental aspects of temporal lobe epilepsy. Follow-up of 74 patients
after resection of a temporal lobe. J Neurol Neurosurg Psychiatry;42(3):256-65.
Jobe PC (2003). Common pathogenic mechanisms between depression and epilepsy: an
experimental perspective. Epilepsy & Behavior; 4: S14-S24.
Jobe PC, Dailey JW, Wernicke JF (1999). A noradrenergic and serotonergic hypothesis of the
linkage between epilepsy and affective disorders. Crit Rev Neurobiol; 13: 317-56.
Johnson EK, Jones JE, Seidenberg M, Hermann BP (2004). The relative impact of anxiety,
depression, and clinical seizure-features on health-related quality of life in epilepsy. Epilepsia;
45(5): 544-550.
Kanemoto K, Kawasaki J, Kawai I (1996). Postictal psychosis: a comparison with acute
interictal and chronic psychoses. Epilepsia; 37: 551-556.
Kanemoto K, Kawasaki J, Mori E. Postictal psychosis as a risk factor for mood disorders after
temporal lobe surgery (1998). J Neurol Neurosurg Psychiatry; 65: 587–9.
Kanemoto K, Takeuchi J, Kawasaki J, Kawai I (1996b). Characteristics of temporal lobe
epilepsy with mesial temporal sclerosis, with special reference to psychotic episodes. Neurology;
47: 1199-1203.
Kanemoto K, Tsuji T, Kawasaki J (2001). Reexamination of interictal psychoses based on DSM
IV psychosis classification and international epilepsy classification. Epilepsia; 42(1):9 8-103.
Kanner AM (2000). Psychosis of epilepsy. A neurologists` perspective. Epilepsy Behav; 1: 21927.
Kanner AM (2001). The behavioral aspects of epilepsy: an overview of controversial issues.
Epilepsy & Behavior; 2: 8-12.
Kanner AM, Balabanov A (2002). Depression and epilepsy: how closely related are they?
Neurology; 58(8 Suppl 5): S27-39.
Kanner AM, Barry JJ (2001). Controversies in epilepsy and behavior. Is the psychopathology of
epilepsy different from that of nonepileptic persons? Epilepsy & Behavior; 2: 170-186.
Kanner AM, Nieto JC (1999). Depressive disorders in epilepsy. Neurology; 53 (5 suppl 2): 2632.
146
Kanner AM, Rabinovich A, Soto A (1999). The prevalence of postictal symptoms of depression
in patients treated in tertiary epilepsy centers: a transcultural perspective. Epilepsia; 40(2): A147.
Kanner AM, Palac S (2000). Depression in epilepsy: a common but often unrecognised
comorbid malady. Epilepsy Behav; 1:37-51.
Kanner AM, Soto A, Gross-Kanner HR (2000). There Is More to Epilepsy Than Seizures: A
Reassessment of the Postictal Period. Neurology; 54: 352-353.
Kanner AM, Soto A, Gross-Kanner HR (2004). Prevalence and clinical characteristics of
postictal psychiatric symptoms in partial epilepsy. Neurology; 62(5): 708-713.
Kanner AM, Stagno S, Kotagal P, Morris HH (1996). Postictal psychiatric events during
prolonged video-electroencephalographic monitoring studies. Archives of Neurology; 53: 258263.
Kettler TA, Post RM, Theodore WH (1999). Positive and negative psychotropic effects of
antiepileptic drugs in patients with seizure disorders. Neurology; 53(5): S52-66.
Klemm E, Danos P, Grunwald F, Kasper S, Moller HJ, Biersacj HJ (1996). Temporal lobe
dysfunction and correlation of regional cerebral blood flow abnormalities with psychopathology
in schizophrenia and major depression-a study with SPECT. Psychiatry Res; 68(1): 1-10.
Koch-Stoecker S (2002). Personality disorders as predictors of severe postsurgical psychiatric
complications in epilepsy patients undergoing temporal lobe resections. Epilepsy & Behavior; 3:
526-531.
Kockler M, Heun R (2002). Gender differences of depressive symptoms in depressed and
nondepressed elderly persons. Int J Geriatr Psychiatry;17(1): 65-72.
Köhn KU, Quednow BB, Thiel M, Falkai P, Maier W, Elger CE (2003). Antidepressant
treatment in patients with temporal lobe epilepsy and major depression; a prospective study with
three different antidepressants. Epilepsy & Behavior; 4: 674-679.
Kohler CG, Carran MA, Bilker W, O`Connor MJ, Sperling MR (2001). Associations of fear
auras with mood and anxiety disorders after temporal lobectomy. Epilepsia; 42(5): 674-681.
Kovelman J, Scheibel A (1984). A neuropathological correlate of schizophrenia. Biol Psychiatry;
19: 1601-21.
Kraepelin E (1923). Psychiatrie. Band 3. Leipzig: Johann Ambrosius Barth.
Krishnamoorthy ES (2003). Treatment of depression in patients with epilepsy: problems, pitfalls,
and some solutions. Epilepsy & Behavior; 4: S46-54.
Krishnamoorthy ES, Trimble MR, Blumer D (2003). Klassifikation neuropsychiatrischer
Störungen bei Epilepsien. Ein Vorschlag der „Sub-Commision on classification of the ILAECommision on epilepsy and psychobiology”. Übers. Von M Schöndienst. Zeitschrift für
Epileptologie, 16.Jhrg., Heft1: 62-66.
Kristensen O, Sindrup EH (1978). Psychomotor epilepsy and psychosis. II.
Electroencephalographic findings (sphenoidal electrode recordings). Acta Neurol Scand; 57(5):
370-9.
147
Kuks JB, Cook MJ, Fish DR, Stevens J, Shorvon SD (1993). Hippocampal sclerosis in epilepsy
and childhood febrile seizures. Lancet; 342: 1391-1394.
Kwan P, Brodie MJ (2000). Early identification of refractory epilepsy. N. Engl. J. Med.; 342 (5):
314-319.
Lambert MV, Robertson MM (1999). Depression in epilepsy: etiology, phenomenology, and
treatment. Epilepsia; 40(suppl 10): 21-47.
Landolt H (1958). Serial electroencephalographic investigations during psychotic episodes in
epileptic patients and during schizophrenic attacks. In: Lorentz de Haas AM (ed) Lectures on
Epilepsy. Elsevier, Amsterdam, pp 91-133.
Lehrner J, Kalchmayr R, Serles W (1999). Health-related quality of life (HRQOL), activity of
daily living (ADL), and depressive mood disorder in temporal lobe epilepsy patients. Seizure; 8:
88-92.
Leinonen E, Tuunainen A, Lepola U (1994). Postoperative psychoses in epileptic patients after
temporal lobectomy. Acta Neurol Scand; 90(6): 394-9.
Leutmezer F, Podreka I, Asenbaum S, Pietrzyk U, Lucht H, Back C, Benda N, Baumgartner C
(2003). Postictal Psychosis in Temporal Lobe Epilepsy. Epilepsia; 44(4): 582-90.
Lewis AJ (1934). Melancholia: a historical review. J Ment Sci; 80:1-42.
Lishman W (1998). Organic Psychiatry. The psychological consequences of cerebral disorder.
Oxford: Blackwell Science.
Logsdail SJ, Toone BK (1988). Post-ictal psychoses. A clinical and phenomenological
description. British Journal of Psychiatry; 152: 246-252.
Lopes da Silva FH, Kamphuis W, Wadman WJ (1992). Epileptogenesis as a plastic phenomenon
of the brain, a short review. Acta Neurol Scand Suppl.;140:34-40.
Lopez-Rodriguez F, Altshuler L, Kay J, Delarhim S, Mendez M, Engel J (1999). Personality
disorders among medically refractory epileptic patients. Journal of Neuropsychiatry and Clinical
Neuroscience; 11: 464–469.
Loring DW, Meador KJ (2001). Cognitive and Behavioral Effects of Epilepsy Treatment.
Epilepsia; 42(8): 24-32.
Mace CJ, Trimble MR (1991). Psychosis following temporal lobe surgery: a report of six cases. J
Neurol Neurosurg Psychiatry; 54: 639–44.
Malmgren K, Starmark JE, Ekstedt G, Rosen H, Sjoberg-Larsson C (2002). Nonorganic and
organic psychiatric disorders in patients after epilepsy surgery. Epilepsy & Behavior; 3: 67-75.
Manchanda R (2002). Psychiatric disorders in epilepsy: clinical aspects. Epilepsy & Behavior;
3:39-45.
Manchanda R, Schaefer B, Mc Lachlan RS, Blume WT, Wiebe S, Girvin JP, Parrent A, Derry
PA (1996). Psychiatric disorders in candidates for surgery for epilepsy. J Neurol Neurosurg
Psychiatry; 61(1): 82-9.
148
Marchetti RL, Azevedo Jr. D, Machado de Campos Bottino C, Kurcgant D, de Fatima Horvath
Marques A, Suely Kasue Nagahashi Marie, Correa Vaz de Arruda P (2003). Volumetric
evidence of a left laterality effect in epilepstic psychosis. Epilepsy & Behavior; 4: 234-40.
Marchetti RL, Fiore LA, Valente KD, Gronich G, Nogueira AB, Tzu WH (2003b). Surgical
treatment of temporal lobe epilepsy with interictal psychosis: results of six cases. Epilepsy &
Behavior; 4: 146-152.
Marchetti RL, Horvath Marques AF, Kurcgant D, Azevedo D Jr et al. (2003c). Clinical aspects
of epileptic psychosis in Brasil. Epilepsy & Behavior; 4: 133-41.
Marsh L, Sullivan EV, Morrell M, Lim KO, Pfefferbaum A (2001). Structural brain
abnormalities in patients with schizophrenia, epilepsy and epilepsy with chronic interictal
psychosis.
Marshall EJ, Syed GM, Fenwick PB, Lishman WA (1993). A pilot study of schizophrenia-like
psychosis in epilepsy using single-photon emission computerised tomography. Br.J.Psychiatry;
163: 32-6: -66.
Masia SL, Devinsky O (2000). Epilepsy and Behavior: A Brief History. Epilepsy & Behavior; 1:
27-36.
Matsuura M, Adachi N, Okubo Y, et al. (2000). Multi-axial classification of epileptic psychoses.
Shinkei-Shimpo; 44: 92–102.
Matsuura M, Oana Y, Kato M, Kawana A, Kan R, Kubota H, Nakano T, Hara T, Horikawa N
(2003). A multicenter study on the prevalence of psychiatric disorders among new referrals for
epilepsy in Japan. Epilepsia; 44(1): 107-114.
Matsuura M, Trimble MR (2000). Psychoses in epilepsy: areview of Japanese studies. Epilepsy
& Behavior; 1: 315-326.
Mayberg HS (1997). Limbic-cortical dysregulation: a proposed model of depression. J
Neuropsychiatry Clin Neurosci; 9: 471–81.
Mellers JD, Adachi N, Takei N, Cluckie A, Toone BK, Lishman WA (1998). SPET study of
verbal fluency in schizophrenia and epilepsy. Br J Psychiatry; 173: 69-74.
Mendez MF, Cummings JL, Benson DF (1986). Depression in epilepsy, significance and
phenomenology. Arch Neurol; 43(8): 766-70.
Mendez MF, Doss RC, Taylor JL, Arguello R (1993). Relationship of seizure variables to
personality disorders in epilepsy. Journal of Neuropsychiatry & Clinical Neurosciences 1993b;
5: 283-286.
Mendez MF, Doss RC, Taylor JL, Salguero P (1993b). Depression in epilepsy. Relationship to
seizures and anticonvulsant therapy. J Nerv Ment Dis;181(7):444-7.
Mendez MF, Grau R, Doss RC, Taylor JL (1993c). Schizophrenia in epilepsy: seizure and
psychosis variables. Neurology; 43: 1073-1077.
149
Mihara T, Inoue Y, Watanabe Y, Matsuda K, Tottori T, Hiyoshi T, Kubota Y, Yagi K, Seino M
(1990). Improvement of quality-of-life following resective surgery for temporal lobe epilepsy:
results of patient and family assessments. Jpn J Psychiatry Neurol; 44: 275– 81.
Mintzer S, Lopez F (2002). Comorbidity of ictal fear and panic disorder. Epilepsy & Behavior;
3: 330-337.
Modighy K, Robak OH, Vestergaard P (1995). Anticonvulsants in psychiatry. Petersfield, UK,
Wrighston Biomedical.
Mollweide H (1952). Kombination von genuiner Epilepsie und Schizophrenie: Darstellung eines
erbbiologisch überzeugenden Falles. Nervenarzt; 23: 68-70.
Morel B (1860). D`une forme de delire, suite d`une surexcication nerveuse se rattachant a une
variete non encore decrite d`epilepsie. Gaz Hebd Med Chir ; 773-5, 819-21, 836-41.
Morrell F, Whistler WW, Bleck TP (1989). Multiple subpial transection: a new approach to the
surgical treatment of local epilepsy. J Neurosurg; 70:231-239.
Morrell MJ (1999). Epilepsy in women: the science of why it is special. Neurology; 53(4 Suppl
1): S42-8.
Motamedi G, Meador K (2003). Epilepsy and cognition. Epilepsy & Behavior; 4: 25-38.
Naylor AS, Rogvi-Hansen B, Kessing LV, Kruse-Larsen C, Bolwig TG, Dam M (1995).
Psychiatric morbidity in connection with surgical treatment of epilepsy. A short-term follow-up
of patients with amygdalahippocampectomy. Ugeskr Laeger; 157(38): 5245-50.
Nees H, Moriarty J, Kitchen ND, Trimble MR (2001). Psychosocial and neurobehavioral factors
related to surgical treatment for partial epilepsy: a multivariate analysis. Epilepsy & Behavior; 2:
135-139.
Normann G, Streiner D (1994). Biostatistics: The Bare Essentials. St. Louis, Missouri: Mosby.
O`Brien TJ, Kilpatrick C, Murrie V, Vogrin S, Morris K, Cook MJ (1996). Temporal lobe
epilepsy caused by mesial temporal sclerosis and temporal neocortical lesions. A clinical and
electroencephalographic study of 46 pathologically proven cases. Brain; 119(6): 2133-2141.
Olivier A (1983). Surgical management of complex partial seizures. In: Nistico G, DiPerri R,
Meinardi H (ed). Epilepsy Surgery. Raven Press, New York: 309-324.
Olivier A, Awad IA (1993). Extratemporal resections. In: Engel J Jr (ed). Surgical Treatment of
the Epilepsies. Second edition. Raven Press, New York: 489-500.
Onuma T ( 1983). Limbic lobe epilepsy with paranoid symptoms: analysis of clinical features
and psychological tests. Folia Psychiatr Neurol Jpn;37:253– 8.
Onuma T, Adachi N, Hisano T (1991). 10-year follow-up study of epilepsy with psychosis. Jpn J
Psychiatry Neurol; 45: 360-61.
Onuma T, Adachi N, Ishida S, Kato M, Uesugi H (1995). Prevalence and annual incidence of
psychosis in patients with epilepsy. Psychiatr Clin Neuropsy; 49: s267-s268.
150
Oxbury SM (2000). Cognitive and memory changes after temporal lobe excisions. In: Oxbury
JM, Polkey CE, Duchowny M (ed). Intractable Focal Epilepsy. W.B. Saunders, London: 807818.
Pauli E, Pickel S, Schulemann H et al. (1999). Neuropsychological findings depending on the
type of the resection in temporal lobe epilepsy. Adv Neurol; 81: 373-377.
Perez MM, Trimble M, Murray NM (1985). Epileptic psychosis: an evaluation of PSE profiles.
Br.J.Psychiatry; 176: 155-163.
Perez MM, Trimble MR (1980). Epileptic psychosis--diagnostic comparison with process
schizophrenia. British Journal of Psychiatry; 137: 245-249.
Perkin GD (1989). An analysis of 7836 successive new outpatient referreals. Journal of
Neurology, Neurosurgery & Psychiatry; 52: 447-448.
Pfäfflin M, May TW, Adelmaier U, Stefan H (1997). Prävalenz, Behandlung und soziale
Aspekte von Epilepsie in Deutschland - Erste Ergebnisse einer epidemiologischen
Querschnittsstudie. Epilepsie-Blätter; 10: 15-20.
Piazzini A, Canger R (2001). Depression and anxiety in patients with epilepsy. Epilepsia; 42: 2931.
Pond DA (1957). Psychiatric aspects of epilepsy. J Indian Med Prof; 3: 1441-51.
Quigg M, Broshek DK, Heidal-Schiltz S, Maegden JW, Bertram EH (2003). Depression in
intractable partial epilepsy varies by laterality of focus and surgery. Epilepsia 44(3): 419-424.
Quiske A, Helmstaedter C, Lux S, Elger CE (2000). Depression in patients with temporal lobe
epilepsy is related to mesial temporal sclerosis. Epilepsy Res; 39: 121-5.
Prueter C, Norra C (2005). Mood disorders and their treatment in patients with epilepsy. J
Neuropsychiatry Clin Neurosci; 17:20-28.
Rasmussen T (1980). Surgical aspects of temporal lobe epilepsy. Results and problems. Acta
Neurochir Suppl.; 30: 13-24.
Rayport M, Ferguson SM (2001). Psychosis of epilepsy. In: Ettinger AB, Kanner AM, editors.
Psychiatric aspects of epilepsy: a practical guide to diagnosis and treatment. Philadelphia:
Lippincott/Williams & Wilkins; 73-94.
Regard M, Schiess R, Landis T (1996). Höhere Hirnfunktionen und Epilepsie-mit besonderer
Berücksichtigung der Leistungen vor und nach Amygdalohippokampektomie. Z EEG-EMG; 27:
257-262.
Reuber M, Andersen B, Elger CE, Helmstaedter C (2004). Depression and anxiety before and
after temporal lobe epilepsy surgery. Seizure; 13: 129-135.
Reutens DC, Savard G, Andermann F, Dubeau F, Olivier A (1997). Results of surgical treatment
in temporal lobe epilepsy with chronic psychosis. Brain; 120: 1929-36.
Ring HA, Acton PD, Scull D, Costa DC, Gacinovik S, Gacinovik MR (1999). Patterns of brain
activity in patients with epilepsy and depression. Seizure; 8: 390-397.
151
Ring HA, Moriarty J, Trimble MR (1998). A prospective studie of the early postsurgical
psychiatric associations of epilepsy surgery. J Neurol Neurosurg Psychiatry; 64: 601-4.
Ring HA, Trimble MR, Costa DC, Moriarty J, Verhoff NPLG, Ell PJ (1994). Striatal dopamine
receptor binding in epileptic psychoses. Biol Psychiatry; 35: 375-380.
Roberts DW, Rayport M, Maxwell RE, Olivier A, Marino RJ (1993). Corpus Callosotomy. In:
Engel J Jr (ed). Surgical treatment of the epilepsies. Second Edition. Raven Press, New York:
519-526.
Roberts GW, Bruton CJ (1990). Notes from the graveyard: neuropathology and schizophrenia.
Neuropathology & Applied Neurobiology; 16: 3-16.
Roberts GW, Done DJ, Bruton C, Crow TJ (1990). A "mock up" of schizophrenia: temporal lobe
epilepsy and schizophrenia-like psychosis. Biological Psychiatry; 28: 127-143.
Robertson MM (1987). Carbamazepine and depression. Int Clin Psychopharmacol; 1:23-35.
Rodenberg CH (1930) Über echte Kombinationen epileptischer
Symptomkomplexe. Z Psychiatrie; 92: 235-44.
und
schizophrener
Roy A (1979). Some determinants of affective symptoms in epilepsy. Can J Psychiatry; 24(6):
554-6.
Sachdev P (1998). Schizophrenia-Like Psychosis and Epilepsy: The Status of the
Association.Am J Psychiatry; 155: 325-336.
Sackeim HA (1999). The anticonvulsant hypothesis of the mechanisms of action of ECT: current
status. J ECT; 15: 5-26.
Sailer U, Bohr K, Bauer G (1991). Epileptische Prodromi und episodische Verstimmungen:
unspezifische Beschwerdebilder oder status epilepticus non convulsivus. Nervenarzt; 62: 240-43.
Salanova V, Andermann F, Rasmussen T, Olivier A, Quesney L (1996). The running down
phenomen in temporal lobe epilepsy. Brain; 119: 989-996.
Savard G, Andermann F, Olivier A, Remillard GM (1991). Postictal psychosis after partial
complex seizures: a multiple case study. Epilepsia; 32: 225-231.
Schmitz B (1988). Psychosen bei Epilepsie. Eine epidemiologische Untersuchung. Freie
Universität Berlin.
Schmitz EB (1998). Forced Normalization: History of a Concept. In: Trimble MR, Schmitz EB,
editors. Forced Normalization and the Alternative Psychoses of Epilepsy. Petersfield, UK:
Wrightson Biomedical.
Schmitz B (2005). Depression and mania in patients with epilepsy. Epilepsia; 46(Suppl 4): 4549.
Schmitz EB, Robertson M, Trimble MR (1999). Depression and schizophrenia in epilepsy; social
and biological risk factors. Epilepsy Research 1999; 35: 59-68.
Schmitz B, Wolf P (1995). Psychosis in Epilepsy; Frequency and Risk Factors. Journal of
epilepsy 1995; 8: 295-305.
152
Schramm J, Fral T, Grunwald T, Blumcke I (2001). Surgical treatment for neocortical
temporallobe epilepsy: clinical and surgical aspects and seizure outcome. J. Neuroserg.; 94:3342.
Semenchuk MR, Labiner DM (1997). Gabapentin and lamotrigine: prescribing guidelines for
psychiatry. J Practical Psychiatry and Behavioral Health; 12: 334-342.
Sengoku A, Yaqi K, Seino M, Wada T (1983). Risks of occurence of psychoses in relation to the
types of epilepsies and epileptic seizures. Folia Psychiatr Neurol Jpn; 37(3): 221-5.
Serafetinides EA, Falconer MA (1962). The effects of temporal lobectomy in epileptic patients
with psychosis. J Ment Sci; 108: 584–93.
Shaefi S, Harkness F (2003). Current status of surgery in the management of epilepsy. Epilepsia;
44 (Suppl.1): 43-47.
Sherwin I (1981). Psychosis associated with epilepsy: significance of the laterality of the
epileptogenic lesion. J.Neurol.Neurosurg.Psychiatry; 44: 83-85.
Shorvon SD (1990). Epidemiology, classification, natural history, and genetics of epilepsy.
Lancet; 336: 93-96.
Shulman BS (2000). The frontal lobes, epilepsy and behaviour. Epilepsy & Behavior; 1: 384-95.
Sigmundsson T, Suckling J, Maier M, Williams S, Bullmore E, Greenwood K, Fukuda R, Ron
M, Toone B (2001). Structural abnormalities in frontal, temporal, and limbic regions and
interconnecting white matter tracts in schizophrenic patients with prominent negative symptoms.
Am J Psychiatry; 158: 234-243.
Slater E, Beard A, Glithero E (1963). The Schizophrenia-like Psychoses of Epilepsy. British
Journal of Psychiatry; 109: 95-150.
Spencer DD, Inserni J (1992). Temporal lobectomy. In: Lüders HO (ed). Epilepsy Surgery.
Raven Press, New York: 533-545.
Stevens JR (1990). Psychiatric consequences of temporal lobectomy for intractable seizures: a
20–30 year follow-up of 14 cases. Psychol Med; 20: 529–45.
Suchy Y, Chelune G (2001). Postsurgical changes in self-reported mood and Composite IQ in a
matched sample of patients with frontal and temporal lobe epilepsy. J Clin Exp
Neuropsychol.;23(4):413-23.
Swinkels WAM, Duijsens IJ, Spinhoven Ph (2003). Personality disorder traits in patients with
epilepsy. Seizure; 12: 587-594.
Swinkels WAM, Kuyk J, de Graaf EH, van Dyck R, Spinhoven P (2001). Prevalence of
psychopathology in dutch epilepsy inpatients: a comparative study. Epilepsy & Behavior; 2: 4417.
Swinkels WA, van Emde Boas W, Kuyk J, van Dyck R, Spinhoven P (2006). Interictal
depression, anxiety, personality traits, and psychological dissociation in patients with temporal
lobe epilepsy (TLE) and extra-TLE. Epilepsia; 47(12): 2092-103.
153
Szabo C, Lancman M, Stagno S (1995). Postictal psychosis: a review. Neuropsychiatry,
Neuropsychology, and Behavioral Neurology; 9: 258-264.
Tarulli A, Devinsky O, Alper K (2001). Progression of postictal to interictal psychosis.
Epilepsia; 42(11): 1468-71.
Taylor D (1972). Mental state and temporal lobe epilepsy: a correlative account of 100 patients
treated surgically. Epilepsia; 13: 727-765.
Tebartz van Elst L, Woermann FG, Lemieux L, Trimble MR (1999). Amygdala enlargement in
dysthymia - a volumetric study of patients with temporal lobe epilepsy. Biol.Psychiatry;
46(12):1614-1623.
Tebartz van Elst L, Baeumer D, Lemieux L, Woermann FG, Koepp M, Krishnamoorthy S,
Thompson PJ, Ebert D, Trimble MR (2002). Amygdala pathology in psychosis of epilepsy. A
magnetic resonance imaging study in patients with temporal lobe epilepsy. Brain; 125:140-149.
Temkin O (1971). The Falling Sickness: A History of Epilepsy from the Greeks to the Beginning
of Modern Neurology. Baltimore: The Johns Hopkins University Press.
Toone B, Dawson F, Driver MV (1982). Psychoses of epilepsy: a radiological evaluation
Br.J.Psychiatry; 140: 244-248.
Toone BK, Garralda ME, Ron MA (1982). The psychoses of epilepsy and the functional
psychoses: a clinical and phenomenological comparison. Br J Psychiatry; 141: 256-61.
Tonini C, Beghi E, Berg AT, Bogliun G, Giordano L, Newton RW, Tetto A, Vitelli E, Vitezic D,
Wiebe S (2004). Predictors of epilepsy surgery outcome: a meta-analysis. Epilepsy Research; 62:
75-87.
Tóth Z, Yan X, Haftoglou S., Ribak C.E., Baram T.Z. (1998). Seizure-induced neuronal injury:
vulnerability to febrile seizures in an immature rat model; J. Neurosci. 18: 4285–
4294.
Trimble MR (1991). The psychoses of epilepsy. New York: Raven Press.
Trimble MR, Mendez MF, Cummings JL (1997). Neuropsychiatric symptoms from the
temporolimbic lobes. Journal of Neuropsychiatry & Clinical Neurosciences; 9: 429-438.
Trimble MR, Rush N, Betts T, Crawford PM (2000). Psychiatric symptoms after therapy with
new antiepileptic drugs: psychopathological and seizure related variables. Seizure; 9: 249-54.
Tsopelas ND, Saintfort R, Fricchione GL (2001). The relationship of psychiatric illnesses and
seizures. Current Psychiatry Reports; 3(3): 235-242.
Umbricht D, Degreef G, Barr WB, Lieberman JA, Pollack S, Schaul N (1995). Postictal and
chronic psychoses in patients with temporal lobe epilepsy. American Journal of Psychiatry; 152:
224-231.
Van Veelen CW, van Rijen PC, Debets RM, van Wijk-Leenaars PW, van Emde Boas W (2001).
Dutch Collaborative Epilepsy Surgery Program: reduction of seizures, operative complications
and tapering of medication in 338 patients, 1973-1998. Ned Tijdschr Geneeskd;145(46): 2223-8.
154
Victoroff J (1996). DSM-III-R psychiatric diagnoses in candidates for epileptic surgery. J Neurol
Neurosurg Psychiatry; 61: 82-89.
Victoroff J, Benson F,Grafton ST, Engel J Jr, Mazziotta JC (1994). Depresion in complex partial
seizures. Electroencephalography and cerebral metabolic correlates. Arch Neurol; 51: 155-63.
Villemure JG. Hemispherectomy techniques (1992). In: Lüders HO (ed). Epilepsy surgery.
Raven Press, New York: 569-578.
Waxman SG, Geschwind N (1975). The interictal behavior syndrome of temporal lobe epilepsy.
Arch.Gen.Psychiatry; 32: 1580-1586.
Wieser HG (1983). Depth recorded limbic seizures and psychopathology. Neurosci Biobehav
Rev; 7: 427-43.
Wieser HG (1988). Selective amygdalohippocampectomy for temporal lobe epilepsy. Epilepsia;
29:100-113.
Wieser HG (2004). ILAE commission report: mesial temporal lobe epilepsy with hippocampal
sclerosis. Epilepsia; 45(6): 695-714.
Wieser HG, Yasargil MG (1982). Selective amygdalohippocampectomy as a surgical treatment
of mesiobasal limbic epilepsy. Surg Neurol 1982; 17:445-457.
Williams D (1956). The structure of emotions reflected in epileptic experiences. Brain: 79: 2967.
Wolf K, Wiestler D (1996). Die Neuropathologie chronischer pharmakoresistenter Epilepsien
Dtsch Arztebl; 93(40): A-2544 / B-2173 / C-2036
Wolf P (1991). Acute behavioral symptomatology at disappearance of epileptiform EEG
abnormality. Paradoxical or "forced" normalization. Advances in Neurology; 55: 127-142.
World Health Organization (1967). Manual of the international statistical classification of
diseases, injuries and causes of death. Based on the recommendations of the Eightth Conference,
Geneva, 1965.
World Health Organization (1992). The ICD-10 classification of mental and behavioural
disorders. Geneva: WHO.
Wrench J, Wilson SJ, Bladin PF (2004). Mood disturbance before and after seizure surgery: a
comparison of temporal and extratemporal resections. Epilepsia; 45 (5): 534-543.
Wyllie E (1996). Surgery for catastrophic localization-related epilepsy in infants. Epilepsia; 37
(Suppl 1): 22-25.
Yan QS, Dailey JW, Steenbergen JL, Jobe PS (1998). Anticonvulsant effect of enhancement of
noradrenergic transmission in the superior colliculus in genetically epilepsy-prone rats (GEPRs):
a microinjection study. Brain Res; 780: 199-209.
York MK, Rettig GM, Grossman RG, Hamilton WJ, Armstrong DD, Levin HS, Mizrahi EM
(2003). Seizure control and cognitive outcome after temporal lobectomy: a comparison of classic
ammon`s horn sclerosis, atypical mesial temporal sclerosis, and tumoral pathologies. Epilepsia;
44(3): 387-398.
155
Zaidel D, Esiri M, Harrison P (1997). Size, shape and orientation of neurons in the left and rigt
hippocampus: investigation of normal asymmetries and alterations in schizophrenia. Am J
Psychiatry; 154: 812-8.
Zaatreh MM, Spencer DD, Thompson JL, Blumenfeld H, Novotny EJ, Mattson RB, Spencer SS
(2002). Frontal lobe tumoral epilepsy: clinical, neurophysiologic features and predictors of
surgical outcome. Epilepsia 43:727-733.
Zentner J, Hufnagel A, Ostertun B, Wolf HK, Behrens E, Campos M, Solymosi L, Elger CE
(1998). Surgical treatment of extratemporal epilepsy. Epilepsia; 33: 981-986.
156
LEBENSLAUF
Name:
Geburtsdatum:
Geburtsort:
Eltern:
Petros Mamalis
07.10.1980
Athen, Griechenland
Helene Psaltakou-Mamali
Gregorios Mamalis
1998
Abitur, Deutsche Schule Athen
1998-2005
Studium der Humanmedizin an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
2000
Ärztliche Vorprüfung
2001
1. Abschnitt der Ärztlichen Prüfung
2004
2. Abschnitt der Ärztlichen Prüfung
2004-2005
Praktisches Jahres an der Klinik für Psychiatrie und Psychosomatik der
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und an der Universitätsklinik Heraklion,
Griechenland
2005
3. Abschnitt der Ärztlichen Prüfung
2005
Approbation als Arzt
2005-2008
Dermatologische Weiterbildung an der Fachklinik Hornheide für Tumoren
und Wiederherstellung an Gesicht und Haut an der Westfälischen
Wilhelms-Universität Münster
Seit 2008
Dermatologische Weiterbildung am Zentrum für Dermatologie und
Venerologie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt a. M.
157
Mein besonderer Dank gilt Prof. Dr. L. Tebartz van Elst für die Erteilung dieser
herausfordernden Arbeit und die umfassende Betreuung sowie Prof. Dr. A. Schulze-Bonhage
und Dipl. Psych. A. Quiske für die sehr gute Zusammenarbeit.
Aber auch ohne die Hilfe meiner Freundin Yvonne, die Unterstützung meiner Eltern und die
Geduld meiner Freunde und Kollegen wäre diese Arbeit kaum möglich gewesen.
Herunterladen