Auswendigspiel im Brass-Ensemble

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UNIVERSITÄT FÜR MUSIK UND DARSTELLENDE KUNST WIEN
Institut für Institut für Musik- und Bewegungserziehung
sowie Musiktherapie
Auswendigspiel im Brass-Ensemble
Qualitative Studie zu Gründen und Methoden des Auswendigspiels in
Ensembles mit dem Schwerpunkt auf Blechblasinstrumente
Mag. Katharina Schnetzinger
Bakkalaureatsarbeit in der Studienrichtung Instrumental-(Gesangs)pädagogik
im Rahmen der Lehrveranstaltung
Akustisches Praktikum (Empirische Forschungsmethoden)
Betreuer:
ao.Univ.-Prof. Mag.phil. Dr.phil. Matthias Bertsch
Wien, April 2013
1
Inhaltsverzeichnis
1.
Auswendigspielen von Musik ................................................................................. 5
2.
Zum Gedächtnis ..................................................................................................... 7
2.1.
2.2.
Neuronale Vorgänge ........................................................................................... 7
Die drei zeitlichen Gedächtnistypen ................................................................... 9
2.2.1.
2.2.2.
2.2.3.
3.
Online Erhebung (empirische Studie).................................................................... 13
3.1.
3.2.
3.3.
4.
Das Ultrakurzzeitgedächtnis ......................................................................................... 9
Das Kurzzeitgedächtnis ................................................................................................. 9
Das Langzeitgedächtnis ............................................................................................... 10
Der Onlinefragebogen....................................................................................... 13
Teilnehmer ........................................................................................................ 14
Brass-Ensembles der TeilnehmerInnen ............................................................ 17
Auswendigspielen im Brass-Ensemble .................................................................. 20
4.1.
4.2.
Eigene Erfahrungen........................................................................................... 20
Erfahrungen im Ensemble ................................................................................. 21
4.2.1.
4.2.2.
4.3.
Gründe für das Auswendigspiel .................................................................................. 21
Veränderungen im Ensemble ...................................................................................... 22
Methoden zum Auswendiglernen .................................................................... 24
5.
Training ............................................................................................................... 27
6.
Zusammenfassung ............................................................................................... 28
7.
Verzeichnisse ....................................................................................................... 29
7.1.
7.2.
7.3.
8.
Anhang ................................................................................................................ 32
8.1.
9.
Literaturverzeichnis .......................................................................................... 29
Internetseiten ................................................................................................... 30
Abbildungsverzeichnis ...................................................................................... 30
Fragebogen ....................................................................................................... 32
Lebenslauf ........................................................................................................... 37
2
Einführung
Die vorliegende Bakkalaureatsarbeit beschäftigt sich mit dem Auswendigspiel in
Ensembles, von Blechbläserinnen und Blechbläsern bestehen. Sie soll unter anderem
zeigen, warum diese Ensembles beschließen, Stücke oder ein ganzes Konzertprogramm
auswendig zu spielen, welche Methoden die einzelnen Musikerinnen und Musikern sowie
das gesamte Ensemble dafür verwenden, wie viel Zeit sie dafür benötigen und welche
Unterschiede zum Spiel mit Noten von den befragten Personen beobachtet werden. Die
Daten wurden mit Hilfe eines Onlinefragebogens gesammelt, der ebenfalls in der
vorliegenden Arbeit vorgestellt wird.
Die Idee zu dieser Arbeit entstand durch das Frauenbrassquintett „Brassessoires“,
welches die Verfasserin 2011 gegründet hat. Das Besondere an diesem Ensemble ist, dass
fünf junge Blechbläserinnen auf hohem Niveau gemeinsam musizieren. Natürlich sollten
dabei auch die weiblichen Aspekte betont werden, beispielsweise beim Outfit, der
Konzertgestaltung oder der Stückwahl. Im Mai 2012 absolvierte das Ensemble sein erstes
Konzert unter dem Namen „Ladies Night“ in der Nähe von Linz, es folgte der Gewinn des
„XO- Brass Wettbewerbs“, der einen Auftritt beim Blasmusikfestival „Woodstock der
Blasmusik 2012“ nach sich zog, sowie Konzerte und musikalische Umrahmungen in
Österreich und Deutschland.
Bereits nach den ersten Auftritten von „Brassessoires“, bei denen wir Musikerinnen mit
Notenständer und schwarzen Mappen nach Noten spielten, gaben uns Zuseherinnen und
Zuseher den Rat, das Programm unbedingt auswendig einzustudieren und auf der Bühne
ohne Notenständer und Noten präsentieren. Die häufigste Begründung war, dass mit den
Notenständern der Kontakt zum Publikum verloren gehen würde und dass ohne sie das
Bühnenbild erheblich verbessert werden würde.
So begannen wir, im Sommer 2012 einige Stücke auszusuchen, zu Hause auswendig zu
lernen und gemeinsam zu proben.
Das war zu Beginn nicht einfach, weil wir alle fünf Schwierigkeiten hatten, um vor allem
eine größere Anzahl an Stücken oder längere Werke auswendig einzustudieren und zu
behalten.
3
Wir begannen damit, immer nur zwei oder drei Stücke auswendig vorzubereiten und
dann im Ensemble gemeinsam zu proben.
Als wir die ersten Stücke auswendig schafften, waren wir alle überrascht davon, welche
Veränderungen das Auswendigspielen beim Musizieren in unserem Ensemble bewirkte.
Während den Proben bemerkten wir, dass sich die Intonation verbesserte,
wir besser zusammenspielten und aufeinander hörten und wir während des Spielens
einen besseren Kontakt zueinander hatten. Der vermehrte Augenkontakt wirkte sich
positiv auf die Atmosphäre im Ensemble während und auch nach dem gemeinsamen
Musizieren aus.
Nach einem Konzert in Loipersdorf, bei dem wir zum ersten Mal einzelne Stücke bei
einem Auftritt auswendig präsentierten, stellten wir fest, dass sich das Auswendigspielen
im Gegensatz zu den mit Noten gespielten Stücken auch äußerst positiv hinsichtlich des
Kontakts zum Publikum auswirkte.
Daraufhin beschlossen wir, nach einzelnen Stücken zu Beginn nach und nach das gesamte
Programm auswendig zu lernen. Dadurch entstanden völlig neue Situationen vor und
während der Konzerte. Vor unseren Auftritten waren wir zu Beginn teilweise sehr nervös
– schließlich spielten wir alle zum ersten Mal ein gesamtes Konzertprogramm auswendig
und waren nicht sicher, ob wir das ohne Noten und Anhaltspunkte schaffen würden.
Die Nervosität nahmen wir jedoch gerne für die erfüllenden Momente, die durch das
Auswendigspielen auf der Bühne entstanden, in Kauf.
Jede von uns verwendet eine etwas andere Methode, um sich die Stücke einzuprägen und
auf der Bühne richtig wiedergeben zu können.
Im nachstehenden Kapitel soll ein Überblick über das Auswendigspielen, die Funktionen
und Wirkungsweisen beim Lernen von Musik im Gehirn sowie über Methoden, die
verwendet werden können, um sich Stimmen, Stücke und ganze Konzertprogramme
auswendig zu merken, gegeben werden.
4
1.
Auswendigspielen von Musik
Auswendigspielen heißt, eine Melodie, ein Musikstück oder ein ganzes Konzertprogramm
ohne Noten oder andere Merkhilfe auf einem Instrument wiedergeben zu können.
Bevor man als Musikerin oder Musiker diese Melodie, das Musikstück oder das
Konzertprogramm auswendig spielen kann, muss man sich diese aneignen und merken
(Memorieren), sodass man sich an die Inhalte auch zu einem späteren Zeitpunkt noch
erinnern und sie dann wiedergeben kann. Das folgende Kapitel soll einen Überblick über
die Abläufe im Gehirn geben, die es überhaupt möglich machen, sich Inhalte und vor
allem jene mit musikalischem Gehalt zu merken und wiederzugeben.
Das Auswendigspielen von Musik wird oft in Zusammenhang mit Vom-Blatt-Spielen und
Nach-dem-Gehör-Spielen genannt und erklärt. Diese musikalischen Aktivitäten erfordern
allesamt das Speichern und Abrufen von musikalischen Inhalten, wenngleich jeweils auf
verschiedene Art und Weise1. Während der Musikerin oder dem Musiker der
musikalische Inhalt beim Vom-Blatt-Spielen und Nach-dem-Gehör-Spielen nicht oder nur
teilweise bekannt ist, ist beim Auswendigspielen genau das Gegenteil der Fall. Auch die
Ziele dieser drei Aktivitäten sind sehr konträr. Vom-Blatt-Spielen hat zum Ziel, ein meist
unbekanntes Stück möglichst gut und spontan wiederzugeben, um beispielsweise ein
anderes Instrument zu begleiten. Nach dem Gehör zu spielen, hat primär die Absicht,
etwas Gehörtes möglichst genau nachzuspielen oder zu singen. Beide Tätigkeiten werden
benötigt, um beispielsweise ein neues Stück zu lernen. Im Gegensatz dazu ist der
musikalische Inhalt beim Auswendigspielen bereits bekannt und wurde von der Musikerin
oder dem Musiker genau erarbeitet.
Studien zeigen jedoch, dass Zusammenhänge zwischen diesen drei musikalischen
Aktivitäten bestehen2. Sie weisen darauf hin, dass gute Blattlesefähigkeiten wesentlich für
schnelleres Auswendiglernen sind3.
1
vgl. Lehmann, Andreas C.; Sloboda, John A.; Woody, Robert H.: Psychology for Musicians: Understanding
an Acquiring the Skills. Oxford, 2007, Seite 107
2
ebd., Seite 109
5
In der freien Enzyklopädie Wikipedia ist folgende Beschreibung von musikalischem
Gedächtnis zu finden, die „Sich-erinnern an eine musikalische Information wie zum
Beispiel eine Melodie oder eine Abfolge von Tönen oder Abstände“ definiert:
Musical Memory refers to the ability to remember music-related
information, such as melodic content and other progressions of tones or
pitches.4
Zudem wird erwähnt, dass das musikalische Gedächtnis eine andere Funktionsweise hat
als beispielsweise das sprachliche Gedächtnis, weil Forschungen zeigten, dass die
Aufschlüsselung von Musik und Sprache unabhängig voneinander funktioniert.
So zeigten etwa Studien, dass im Vergleich zu nichtstimmlichen natürlichen oder
mechanischen Geräuschen bei der menschlichen Stimme Bereiche in der rechten
Gehirnhälfte stärker aktiviert werden5.
Forschungen zeigten zudem, dass die beiden Gehirnhälften für verschiedene
Komponenten des musikalischen Gedächtnisses zuständig sind. Das konnte beispielsweise
durch Studien mit Patientinnen und Patienten, die Schäden am rechten oder linken
Gehirnlappen hatten, beforscht werden. So zeigten beispielsweise Patientinnen oder
Patienten mit Schäden an der linken Gehirnhälfte größere Schwierigkeiten bei der
Ausführung von Aufgaben, die das musikalische Langzeitgedächtnis betreffen, als jene mit
Schäden an der rechten Gehirnhälfte. Das lässt schließen, dass die linke Gehirnhälfte
hinsichtlich des musikalischen Langzeitgedächtnisses eine wichtigere Rolle spielt.
Eine weitere Studie mit Epilepsie-Patientinnen und Patienten zeigte, dass beim
Wiedererkennen eines gesungenen oder gesprochenen Textes Defizite bei Patientinnen
oder Patienten mit einer Entfernung von Teilen der linken Gehirnhälfte, nicht jedoch bei
der der rechten. Das Wiedererkennen der Melodie wurde jedoch für beide
Patientengruppen erschwert, wenn die Melodie mit einem veränderten Text gesungen
3
vgl. Bruhn, Herbert; Kopiez, Reinhard, Lehmann, Andreas, et al.: Musikpsychologie: Ein Handbuch.
Reinbeck bei Hamburg, 1993, Seite 544
4
Music-related memory. (2012, December 5). In Wikipedia, The Free Encyclopedia. Retrieved 13:37, April
10, 2013, from http://en.wikipedia.org/w/index.php?title=Music-related_memory&oldid=526605699
5
vgl. Spitzer, Manfred: Musik im Kopf. Hören, Musizieren, Verstehen und Erleben im neuronalen Netzwerk;
Stuttgart 2008; Seite 192
6
wurde. Wurde der Text ganz weg gelassen, hatten die Patientinnen und Patienten mit
Schäden an
der
rechten
Gehirnhälfte
größere
Schwierigkeiten, die
Melodie
wiederzuerkennen, nicht jedoch die Vergleichsgruppe mit Schäden an der linken
Gehirnhälfte.
Diese Forschungsergebnisse lassen schließen, dass Sprache und Text hauptsächlich in der
linken Gehirnhälfte verarbeitet werden, für das musikalische Gedächtnis insgesamt aber
beide Gehirnhälften wichtig sind.
2.
Zum Gedächtnis
Um eine Melodie oder ein Musikstück auswendig spielen zu können, müssen die
musikalischen Inhalte zuerst gelernt und im Gedächtnis gespeichert werden. Im
nachstehenden Kapitel wird aufgezeigt, wie Musik sensorisch aufgenommen, im Gehirn
verarbeitet und gespeichert wird. Zudem werden verschiedene Typen und Bereiche, in
die das Gedächtnis und das darin gespeicherte Wissen eingeteilt werden kann,
veranschaulicht.
2.1. Neuronale Vorgänge
Um eine Melodie oder die selbst gespielte Musik möglichst genau auswendig
wiedergeben zu können, ist es notwendig, diese zuerst auditiv zu erfassen. Somit kann
über das Gehörte reflektiert und etwaige Fehler ausgebessert werden.
Trifft ein Schallereignis an das menschliche Ohr, so gelangen die Schallwellen über das
Außenohr – die Ohrmuschel und den Gehörgang zum Trommelfell, welches durch die
Schallwellen in Schwingung versetzt wird. Die Schallwellen übertragen sich anschließend
im Mittelohr über die drei Gehörknöchelchen Hammer, Amboss und Steigbügel auf die
Membran des so genannten ovalen Fensters. Dort werden die Bewegungen der
Gehörknöchelchen auf die Flüssigkeit des Innenohrs übertragen. Das Innenohr besteht
aus dem Gleichgewichtsorgan und der so genannten Schnecke, die ein etwa 3.5 cm langer
mit Flüssigkeit gefüllter Schlauch ist, der eingerollt im Schädelknochen eingebettet ist.
Die Gehörschnecke, auch Cochlea genannt, wird der Länge nach von der Basilarmembran
in zwei Kammern geteilt. Auf der Basilarmembran befinden sich über zwei Millionen
Haarzellen, die durch die Bewegungen der Flüssigkeit in der Schnecke sowie durch die
7
Basilarmembran selbst gebogen werden und dadurch Nervenimpulse aus
auslösen6.
Diese Nervenimpulse, so genannte Aktionspotentiale, werden wiederum mit Hilfe von
Trägerstoffen an andere Nervenzellen weitergeleitet7. Nervenzellen
zellen sind untereinander
über so genannte Synapsen verbunden8. Diese Synapsen sind veränderbar, können neu
entstehen oder verschwinden und stellen durch die Verbindung zwischen Nervenzellen
die Speichermöglichkeit des menschlichen Gehirns dar9.
Abbildungg 1:
6
Tafel 12.30 Schalleitung: A. Schallaufnahme und -weiterleitung
weiterleitung
10
vgl. Faller, Adolf; Schünke, Gabriele; Schünke,
Schünke, Michael: Der Körper des Menschen. Einführung in Bau und
Funktion; Stuttgart 2004; Seite 716 ff
7
vgl. ebd, Seite 166 ff
8
vgl. Silbernagl, Stefan; Despopoulos, Agamemnon: Taschenatlas Physiologie; Stuttgart 2007,
2007 Seite 50
9
vgl. http://www.uni-due.de/edit/lp/common/bio.htm
de/edit/lp/common/bio.htm (eingesehen am 14.02.2013)
10
Silbernagl, Stefan; Despopoulos, Agamemnon: Taschenatlas Physiologie; Stuttgart 2007,
2007 Seite 371
8
2.2. Die drei zeitlichen Gedächtnistypen11
Eine Möglichkeit, Gedächtnisprozesse zu charakterisieren ist, zu unterscheiden, wie lange
Inhalte im Gedächtnis bleiben und von dort wieder abgerufen werden können.
Manfred
Spitzer
beschreibt
in
dieser
Hinsicht
drei
verschiedene
zeitliche
Gedächtnistypen, die darstellen, wie lange ein Inhalt im Gedächtnis verbleibt.
2.2.1. Das Ultrakurzzeitgedächtnis
Viele Reize, die durch die verschiedenen Sinneszellen in Augen, in der Nase, dem Mund,
der Haut und den Ohren auf unseren Körper einwirken, verbleiben nur Bruchteile von
Sekunden in unserem Gedächtnis. In Bezug auf akustische Signale wird dieser passive
Gedächtnistyp auch Echogedächtnis genannt, weil das Gehörte wie ein Echo nachklingt.
Dadurch kann erkannt werden, was genau gehört wurde und er können Eigenschaften
des Gehörten genannt. Im Echogedächtnis werden Klänge und Geräusche also nur sehr
kurzfristig, jedoch mit viel Information gespeichert. Neben der Analyse des Gehörten
findet auch eine Wechselwirkung mit bereits gespeicherten Informationen statt, um zu
entscheiden, ob der Reiz weiterverarbeitet oder vernachlässigt wird. 12
2.2.2. Das Kurzzeitgedächtnis
Wird entschieden, dass die Reize weiter verarbeitet werden sollen, so verbleiben die
Inhalte im Kurzzeitgedächtnis. Es kann Inhalte etwas länger, also einige Sekunden lang
behalten. Dieser aktive Gedächtnistyp speichert für den unmittelbaren Gebrauch wichtige
Informationen und wird daher auch Arbeitsgedächtnis genannt. Beim Menschen beträgt
die Kapazität des Arbeitsgedächtnisses etwa sieben Inhalte und kann durch bestimmte
Methoden13 erweitert werden. Diese Inhalte werden im Arbeitsgedächtnis gespeichert,
um wenn notwendig für die Weiterverarbeitung zur Verfügung zu stehen.
11
Spitzer, Manfred: Musik im Kopf. Hören, Musizieren, Verstehen und Erleben im neuronalen Netzwerk;
Stuttgart 2008; Seite 116 ff
12
vgl. ebd.
13
vgl. Kapitel 5.3. Methoden zum Auswendiglernen
9
Wenn beispielsweise ein Ton gehört wird, der einer Melodie zugehörig ist, muss dieser
eine Weile gespeichert werden, um mehrere Töne zu einer Melodie zusammenfassen zu
können.
2.2.3. Das Langzeitgedächtnis14
Werden Inhalte im Langzeitgedächtnis gespeichert, so können sie auch nach längerer Zeit
noch abgerufen werden. Das geschieht dadurch, dass die Verbindungen zwischen zwei
Neuronen durch deren gemeinsame Aktivität verstärkt werden.
Das Langzeitgedächtnis macht es erst möglich, Musik zu hören und vor allem zu
verstehen, da das gerade Gehörte immer wieder an bereits gehörte Inhalte angeknüpft
wird und somit wiederum nachhaltig gespeichert werden kann.
Je nach Art der Information, die im Langzeitgedächtnis gespeichert wird, kann zwischen
zwei Formen des Gedächtnisses unterschieden werden. Die beiden Formen sind
unabhängig voneinander und werden in unterschiedlichen Regionen des Gehirns
gespeichert.
Das deklarative oder explizite Gedächtnis beinhaltet Fakten, Tatsachen und Ereignisse
und wird daher auch Wissensgedächtnis genannt. Es macht es beispielsweise möglich,
Notennamen zu nennen, Vorzeichen von Tonarten oder Fakten über Instrumente,
Komponisten oder Musikstile aufzählen zu können.
Dieses Wissensgedächtnis lässt sich wiederum in zwei Bereiche aufteilen. Im
semantischen Gedächtnis werden allgemeine, von der eigenen Person unabhängige
Daten und Fakten gespeichert. Dazu gehört beispielsweise, zu wissen, was eine Trompete,
eine Posaune oder eine Tuba ist oder was die Zeichen „f“ und „p“ unter den Noten
bedeuten. Das episodische Gedächtnis umfasst das Wissen, das mit dem eigenen Erleben
verknüpft ist. Es ermöglicht das Abrufen von Daten von früheren Erlebnissen und
Episoden des eigenen Lebens. Dazu gehört beispielsweise, sich an Unterrichtssequenzen,
an Prüfungssituationen oder an den ersten Auftritt mit dem eigenen Instrument erinnern
zu können.
14
vgl. Spitzer, Manfred: Lernen. Gehirnforschung und die Schule des Lebens; Heidelberg 2007, Seite 62.
10
Erlernte Fähigkeiten oder automatisierte Handlungsabläufe werden im prozeduralen oder
impliziten Gedächtnis verankert. Dazu zählen Beispielsweise das Auspacken und
Zusammenbauen des eigenen Instruments, oder auch sehr gut eingeübte Tonleitern und
Einspielübungen. Diese teilwiese hoch komplexen Bewegungen wurden so gut gelernt
oder geübt, dass sie ausgeführt werden können, ohne sich darüber bewusst zu sein oder
darüber nachdenken zu müssen.
Das Ziel von Lernen oder Üben ist also, die Melodie oder ein Musikstück durch Üben und
andere Methoden im Langzeitgedächtnis abzuspeichern. Dabei werden beide Formen des
Langzeitgedächtnisses verwendet, wie Manfred Spitzer beschreibt:
Alle genannten Prozesse spielen in der Musik eine Rolle, denn es geht um
Wissen
und
Können,
um
Einzelnes
und
Allgemeines
um
die
Vorstrukturierung von Wahrnehmungsprozessen auf allen Ebenen der
Verarbeitung.15
Für das Auswendigspielen müssen Melodien oder Musikstücke so gut geübt und gelernt
werden, dass sie jederzeit ohne Noten abgerufen und wiedergegeben können. Dazu
werden ebenfalls alle beschriebenen Gedächtnisarten verwendet. Fakten zu den Stücken
wie beispielsweise die Tonart des Stückes oder dessen Anfangston werden im
deklarativen Gedächtnis gespeichert. Phrasen und Melodien, die ohne bewusste
Überlegungen gespielt werden können, werden wiederum im prozeduralen Gedächtnis
abgelegt. Für Musikerinnen und Musiker entsteht jedoch oft ein sehr unsicheres Gefühl,
wenn Melodien oder ganze Stücke aus dem prozeduralen Gedächtnis wiedergegeben
werden, da diese musikalischen Inhalte nicht mehr bewusst abgerufen werden können:
However, in the case of musicians, or actors for that matter, explicit
memorization is necessary for stage performance because incidental
(implicit) memory is not secure enough16.
15
Spitzer, Manfred: Musik im Kopf. Hören, Musizieren, Verstehen und Erleben im neuronalen Netzwerk;
Stuttgart 2008;
16
Lehmann, Andreas C.; Sloboda, John A.; Woody, Robert H.: Psychology for Musicians: Understanding an
Acquiring the Skills. Oxford, 2007;
11
Wie in der folgenden Abbildung gezeigt, wird ein auditiver Sinnesreiz also durch
verstärkte Aufmerksamkeit vom Ultrakurzzeitgedächtnis in den Arbeitsspeicher
weitergeleitet, um dort im Kurzzeit- oder Arbeitsgedächtnis weiter verarbeitet zu werden.
Durch Wiederholung kann der musikalische Inhalt, beispielsweise eine musikalische
Phrase, im Langzeitgedächtnis abgespeichert werden.
Abbildung 2:
17
Dreispeichermodell des menschlichen Gedächtnisses nach dem
17
Mehrkomponentenmodell von Baddeley und Hitch (1974)
Bitzan, Wendeling: Auswendig lernen und spielen. Über das Memorieren in der Musik, Frankfurt am Main
2010, Seite 45.
12
3.
Online Erhebung (empirische Studie)
Die Grundlage der für die vorliegende Arbeit durchgeführten Studie bildet ein
Onlinefragebogen, der im nachstehenden Kapitel vorgestellt wird. Zudem sollen die
Vorgangsweise der Studie sowie die befragten Personen und ihre Brass-Ensembles näher
vorgestellt werden.
3.1. Der Onlinefragebogen
Der Fragebogen, der für die vorliegende Arbeit erstellt wurde, beinhaltet 20 geschlossene
und offene Fragen. Er wurde mit dem Programm „Google Docs“ erstellt und mit Hilfe von
Prof. Bertsch auf der Homepage „Musik und Gesundheit Wiki“ der österreichischen
Gesellschaft für Musik und Medizin18 veröffentlicht. Der Onlinefragebogen konnte somit
durch einen Link aufgerufen und für die Dauer eines Monats ausgefüllt werden.
Anschließend wurde mit Musikerinnen und Musiker, von denen bekannt war, dass sie mit
ihren Brass-Ensembles auswendig spielten, per Email und über soziale Netzwerke Kontakt
aufgenommen und um das Ausfüllen und das Weiterleiten des Fragebogens gebeten.
Die ersten Fragen beschäftigen sich mit persönlichen Daten. Aufgrund der Anonymität,
die bei dieser Studie gewahrt werden sollte, war bei der Abfrage des Namens auch ein
Pseudonym zulässig. Des Weiteren umfasst der Fragebogen Fragen zur Emailadresse, falls
eine Rückmeldung gewünscht wurde sowie zum Instrument, dem Geschlecht, der
Altersgruppe, dem Können am Instrument und darüber, wie lange das Instrument bereits
gespielt wurde. Diese Daten sind wichtig, um wie im nachstehenden Abschnitt19 aufzeigen
zu können, aus welchen Personen sich die Studie zusammensetzt.
Die nächste Fragengruppe umfasst Fragen zum Ensemble, in dem die befragte Person
auswendig spielte. Sie beinhalten, seit wievielen Jahren die Person in dem Ensemble
spielt, seit wann im Ensemble auswendig gespielt wurde und wie groß das Ensemble ist.
Zudem gibt es Fragen zur Länge des Programms, das im Ensemble auswendig gespielt
wird, sowie zur Probenanzahl und der Probenzeit. Mit Hilfe dieser Antworten kann ein
18
http://www.mdw.ac.at/I113/A3/mugewiki/doku.php?id=start (eingesehen am 14.02.2013)
19
vgl. Kapitel 4.2. Die befragten Personen
13
Überblick über die Ensembles, in denen die befragten Personen musizieren sowie über
die Programme gegeben werden. Ein besonderes Augenmerk soll hier auf die
Probenzeiten und -abläufe
abläufe von jenen Ensembles gelegt werden, die vollständige längere
Konzerte auswendig spielen.
spielen
Der Rest der Fragen betrifft einerseits die eigenen Erfahrungen der befragten Personen,
andererseits
an
die
Erfahrungen
im
Ensemble
mit
dem
Auswendigspielen.
Hier sollen vor allem die Gründe, warum auswendig gespielt wird, die Methoden, die
verwendet werden, um sich Stücke und ganze Konzertprogramme zu merken und die
Veränderungen und Unterschiede zum Spiel mit Noten auf der Bühne im Vordergrund
stehen.
3.2. Teilnehmer
Insgesamt füllten 14 Personen den Onlinefragebogen aus, sechs davon
davon verwendeten ein
Pseudonym anstelle ihres wirklichen Namens, fünff führten keine Emailadresse an, waren
also an keiner Rückmeldung interessiert. Die Instrumente, die die befragten Personen in
ihren Ensembles spielten, teilten sich in ein Horn, drei Tuben,
Tuben, vier Trompeten und sechs
Posaunen auf. Es überwiegt also deutlich die Instrumentengruppe der tiefen
Blechblasinstrumente, was sehr wahrscheinlich damit zusammenhängt, dass die
Verfasserin der vorliegenden Arbeit selbst Posaunistin ist. Bei der Auswahl der
d befragten
Personen wurde aber versucht, bezüglich der Instrumentenaufteilung eine möglichst
gleichmäßigee Aufteilung zu erhalten,, es wurde also kein Schwerpunkt auf tiefe
Blechblasinstrumente gelegt.
7%
Horn
21%
43%
Tuba
Trompete
Posaune
29%
Abbildung 3:
Aufteilung der befragten Personen nach
den Instrumenten, die sie in ihren
Ensembles spielen in Prozent
14
Es füllten elf männliche und drei weibliche Personen den Fragebogen aus. Diese
Aufteilung spiegelt durchaus die
di Situation in jenen Brass-Ensembles
Ensembles wider, die auf
professioneller Ebene gemeinsam
gemeinsa musizieren. Als reines Frauenensemble ist in
i dieser
Hinsicht nur das Ensemble „Women in Brass“ aus Deutschland bekannt. Das bereits in der
Einleitung erwähnte Brassquintett „Brassessoires“,
„Brassessoires“, welches aus fünf Musikerinnen
besteht, ist mit dessen Besetzung Vorreiter in der Blasmusikszene und wird immer wieder
mit dem Thema konfrontiert.
21%
männlich
weiblich
79%
Abbildung 4:
Aufteilung der befragten Personen nach
Geschlecht in Prozent
Bezüglich der Altersgruppen gaben zwei Personen an, unter 25 Jahre, zehn zwischen 25
und 40 Jahre und zwei über 40 Jahre alt zu sein. Es konnten also keine Personen erreicht
werden, die zwischen 14 und 18 Jahren oder gar unter 14 Jahre alt waren.
14%
14%
< 25
25-40
> 40
72%
Abbildung 5:
Aufteilung der befragten Personen nach
Altersgruppen in Prozent
15
Bezüglich ihres Könnens auf
a dem Instrument gaben die befragten Personen ausschließlich
an, Konzertfach oder Instrumentalmusik zu studieren oder Profimusikerin oder -musiker
zu
sein.
Die
Aufteilung
hielt
sich
mit
sechs
Konzertfach
Konzertfach-
oder
Instrumentalmusikstudentinnen oder -studenten und
nd acht Profimusikerinnen oder musiker fast in der Waage. Niemand gab an, „MusikschülerIn
MusikschülerIn / bis 3 Jahre
Spielerfahrung“, „fortgeschrittene(r)
fortgeschrittene(r) AmateurmusikerIn“
AmateurmusikerIn oder „Semi-professionelle(r)
„
MusikerIn“ zu sein oder ein „anderes
„
Musikstudium (IGP, ME, ...)“ zu studieren.
Zwölf Musikerinnen oder Musiker spielen ihr Instrument seit über zwölf Jahre, eine
Person zwischen neun und zwölf Jahren und eine zwischen drei und sechs Jahren. Es gab
also niemanden, die oder der das Instrument erst drei Jahre oder zwischen
zwische sechs und
neun Jahren spielte.
7%
7%
3-6 Jahre
9-12 Jahre
> 12 Jahre
86%
Abbildung 6:
Aufteilung der befragten Personen nach der
Dauer, seit wann sie ihr Instrument, mit dem
sie in ihrem Ensemble musizieren, bereits
spielen in Prozent
Auffallend ist, dass keine sehr jungen Musikerinnen oder Musiker
siker erreicht werden
konnten. Das stellt die Vermutung nahe, dass Ensembles mit so jungen Mitgliedern nicht
oder noch nicht auswendig spielen.
spielen Diese Tatsache konnte jedoch im Rahmen dieser
Arbeit nicht geklärt werden.
werden Zudem kommen in dieser Studie keine Personen
P
vor, die sich
selbst
als
Anfänger
oder
Amateure
Amateure
bezeichnen.
Auch
dies
könnte
damit
zusammenhängen, dass das Auswendigspielen eher in Brass-Ensembles,
Brass
die auf
professioneller Ebene gemeinsam musizieren, praktiziert wird. Es kann vermutet werden,
dass in Anfänger- oder Amateurmusikensembles eher selten Stücke oder ganze
Programme ohne Noten gespielt werden.
16
3.3. Brass-Ensembles
Ensembles der TeilnehmerInnen
Die Ensembles, in denen die für diese Studie befragten Personen musizieren,
musizier
reichen von
den renommiertesten und
u
erfolgsreichsten Brass-Ensembles
Ensembles in Österreich bis hin zu
jungen, aufstrebenden Ensembles.
Ensembles („Mnozil
„Mnozil Brass“, „da Blechhauf’n“, „die Innviertler
Wadlbeisser“, „Primus Brass“, „Blechsinn“, und „Brassessoires“.)
Die genannten Ensembles bestehen aus vier bis fünf oder sechs bis elf Musikerinnen und
Musiker. Die größeren Ensembles machen hierbei mit elf Personen den größeren Anteil
aus. Informationen zu kleineren Gruppen mit zwei oder drei Musikerinnen oder Musiker
sowie zu sehr großen Ensembles über zwölf Personen
sonen konnten für die vorliegende Arbeit
nicht eingeholt werden.
21%
4-5 MusikerInnen
6-12
12 MusikerInnen
79%
Abbildung 7:
Aufteilung der Ensembles, in denen die
befragten
Personen
musizieren
nach
Gruppengröße in Prozent
Die Aufteilung bezüglich
ezüglich der Dauer, seit der die befragten Musikerinnen und Musiker
Mu
in
ihren Ensembles auswendig spielten, war sehr gleichmäßig aufgeteilt,
aufgeteil wie im
nachstehenden Diagramm dargestellt ist. Zwei Musikerinnen oder Musiker spielten erst
sein nicht ganz einem halben Jahr mit ihrem Ensemble und auch nur einzelne Stücke oder
kurze Konzerte auswendig.
auswendig Jeweils drei Personen gaben an, bis zu einem, drei, neun oder
bereits länger als neun Jahre im Ensemble ohne Noten zu spielen. Diejenigen, die schon
sehr lange aus dem Gedächtnis spielen, studieren auch längere Konzertprogramme ein
e
und lernen sofort das gesamte Programm. Das legt die Vermutung nahe, dass in
Ensembles, in denen bereits länger auswendig gespielt wird, meist von Beginn an klar ist,
welche Stücke gespielt werden und wie das Programm aufgebaut ist.
17
21%
14%
< 6 Monate
6-12 Monate
22%
21%
3-9 Jahre
22%
Abbildung 8:
1-3 Jahre
> 9 Jahre
Aufteilung der Ensembles nach der Dauer, seit
wann in den Ensembles auswendig gespielt
wird in Prozent
Hinsichtlich der auswendig gespielten Stücke im Ensemble gab eine Person an, nur einige
Stücke, die insgesamt zwischen fünf und 30 Minuten dauerten, ohne Noten
Note zu spielen.
Drei Personen spielen mit ihren Ensembles kurze Konzerte von 30 bis 60 Minuten und
zehn Musikerinnen und Musiker längere Konzerte über 60 Minuten auswendig.
Wie die Konzertprogramme auswendig gespielt werden, ist sehr unterschiedlich.
Von jenen,
en, die längere Konzerte ohne Noten spielen, lernen etwa die Hälfte sofort das
gesamte Programm auswendig und die andere Hälfte einzelne Stücke. Die Musikerinnen
oder Musiker, die angaben, nur kurze Konzerte auswendig zu spielen, lernten immer nur
einzelne Stücke. Das kann damit zusammen hängen, dass bei diesen Ensembles so wie bei
Brassessoires die Konzertprogramme erst nach und nach entstehen
stehen und somit
s
immer nur
einzelnee Stücke gelernt werden können.
Wenige Proben, etwa drei bis sechs, werden nur in zwei Ensembles angehalten, wobei in
einem nur „mehrere
mehrere Stücke“
Stücke“ und in einem ein kurzes Konzertprogramm auswendig
gespielt wird. Kein Ensemble kam mit weniger als drei Proben vor einem Auftritt aus.
Zehn Personen gaben an, zwischen sieben und 14 Probentermine für
fü das
Auswendiglernen zu benötigen, eine über 15. Es ist naheliegend, dass in diesem Ensemble
längere Konzertprogramme ohne Noten einstudiert wurden.
18
7%
14%
3-6 Proben
7-14 Proben
> 15 Proben
79%
Abbildung 9:
Aufteilung der Ensembles nach der Anzahl der
Proben, die für das Auswendigspielen
gspielen eines
Konzertprogramms abgehalten werden in
Prozent
Der Großteil der befragten Personen hält, wie im nachstehenden Diagramm
D
angegeben,
mit seinem Ensemble einzelne Proben ab, um Konzertprogramme gemeinsam zu üben.
Sechs Personen proben durchschnittlich zwei bis drei
drei Stunden, drei über drei Stunden.
Fünf Musikerinnen oder Musiker proben einen oder mehrere
mehrer Tage gemeinsam.
36%
43%
2-3 Stunden
> 3 Stunden
Probentag/e
21%
Abbildung 10: Aufteilung der Ensembles nach Länge der
Proben
im
Ensemble,
um
ein
Konzertprogramm auswendig zu spielen in
Prozent
Zusammenfassend kann
ann festgestellt werden, dass längere Konzerte von Ensembles
entweder in einzelnen Stücken – wahrscheinlich aufgrund der langsameren Entwicklung
des Programmes selbst – oder sofort als gesamtes Programm auswendig gelernt werden.
Zumindest verlangen solche langen Konzerte mindestens sieben bis 14 Probentermine
oder mehr uns werden hauptsächlich an ganzen Probentagen gemeinsam geübt.
19
4.
Auswendigspielen im
i Brass-Ensemble
In diesem Kapitel werden die Ergebnisse des Onlinefragebogens zusammengefasst, die
die persönlichen
sönlichen Erfahrungen sowie sie des ganzen Ensembles betreffen.
4.1. Eigene Erfahrungen
Die persönlichen Erfahrungen der einzelnen Personen stehen in keinem Zusammenhang
mit der Dauer des Auswendigspiels in den jeweiligen Ensembles. Es kann festgestellt
werden, dass die eigenen Erfahrungen mit dem Spiel ohne Noten durchschnittlich bereits
früher einsetzten als die Erfahrungen, die im jeweiligen Ensemble mit dem
Auswendigspiel gemacht wurden.
Die Hälfte der Musikerinnen und Musiker hatten über sechs Jahre Erfahrung
Erfahru damit, vier
Personen zwischen einem und drei Jahre.
Jahre. Zwei Personen gaben an, von Beginn an mit
dem Spiel ohne Noten vertraut zu sein, eine legte den Zeitraum zwischen drei und sechs
Jahren fest.
14%
29%
von Beginn an
> 6 Jahre
3-6 Jahre
7%
50%
1-3 Jahre
Abbildung 11: Aufteilung der befragten Personen nach der
Länge der persönlichen Erfahrung mit
Auswendigspielen in Prozent
In der eigenen Ausbildung hat nur eine Person Übungen oder Ratschläge erhalten, um
Auswendigspielen zu lernen oder zu verbessern. Drei Musikerinnen und Musiker führten
an, kaum solche Übungen
Übungen oder Ratschläge bekommen zu haben, zehn gar keine.
Das bestätigt, dass im Instrumentalunterricht kaum oder gar nicht auf das
Auswendiglernen
en von Stücken eingegangen oder dass diese Fähigkeit dort verlangt oder
geübt wird.
20
4.2. Erfahrungen im Ensemble
Nach den eigenen Erfahrungen mit dem Spiel ohne Noten sollen nun im folgenden
Abschnitt die Antworten hinsichtlich des Auswendigspielens in den Ensembles
zusammengefasst werden.
4.2.1. Gründe für das Auswendigspiel
Bei der Frage zu den Gründen, warum im jeweiligen Ensemble beschlossen wurde,
auswendig zu spielen, machten drei Personen keine Angaben. Das kann damit
zusammenhängen, dass gefordert war, zu dieser Frage selbst eine Antwort zu verfassen.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Hauptgründe vor allen die Optik auf
der Bühne sowie das Aufeinander-Hören und Miteinander-Kommunizieren betreffen.
Wenn ein ganzes Ensemble nach Noten spielt, müssen die Notenblätter auf
Notenständern platziert werden, die vor den Musikerinnen und Musikern stehen.
Dies beeinträchtigt das Bühnenbild und das Bild des Ensembles während eines Auftritts
oft erheblich. So sind beispielsweise die Musikerinnen oder Musiker der Ensembles oft
von den Notenständern verdeckt oder die Ständer erweisen sich als unterschiedlich hoch,
alt oder kaputt. Weitere Störfaktoren können auch unterschiedliche Farben der Mappen
oder lose, verknitterte Notenblätter sein. Durch die Notenständer und-blätter wird auch
die Kommunikation untereinander erschwert. Einerseits bilden die Notenständer eine
Barriere, sodass die anderen Mitglieder nicht ganzheitlich gesehen und wahrgenommen
werden können. Andererseits hat man als Musikerin oder Musiker den Blick vorrangig auf
das Notenbild gerichtet, was den Kontakt zu den restlichen Ensemblemitgliedern
ebenfalls erschwert.
Wichtige Gründe lagen auch darin, dass eine Choreographie durchgeführt werden sollte,
dass man im Ensemble besser aufeinander reagieren kann, dass das Auswendigspielen
mehr Freiheit – vor allem bezüglich spontanen Auftrittsmöglichkeiten – bietet und dass
der Kontakt zum Publikum verbessert werden sollte.
Die Notenständer sind auch in dieser Hinsicht als größter Störfaktor anzuführen.
Als Fixpunkt vor jeder Musikerin oder jedem Musiker nehmen sie dem Ensemble die
Möglichkeit, sich frei oder gezielt weitläufiger auf der Bühne zu bewegen. Zudem stellen
die Notenständer nicht nur optisch eine Barriere zum Publikum dar. Durch sie wird
21
automatisch ein Abstand zum Publikum gehalten. Da den zu spielenden Noten gefolgt
werden muss, kann kaum Augenkontakt mit den Kolleginnen oder Kollegen hergestellt
werden und es wird fast unmöglich, aufeinander zu reagieren. Auch ein Blickkontakt zum
Publikum, das sich dadurch noch mehr angesprochen und eingebunden fühlen kann, wird
erschwert. Will man als Ensemble auch spontane Auftritte außerhalb von Bühnen oder
Konzertsälen absolvieren, sind Notenständer und -blätter ebenfalls nicht förderlich.
Eine Person gab als Hauptgrund an, dass das Ensemble zu Auftritten keine Noten mehr
mitnehmen musste. Es würden dadurch viele Stressfaktoren vor den Konzerten wegfallen.
Dieses Ensemble hatte vermutlich große Probleme, die Noten ein Konzert beim Auftritt
immer bei sich zu haben.
Ein
weiterer
Grund,
der
angeführt
wurde,
sind
die
unterschiedlichen
Witterungsbedingungen. Für die Musikerinnen und Musiker ist es entscheidend, bei
Auftritten ohne Noten unabhängig von den Wetterbedingungen zu sein, wenn es
beispielsweise bei einem Auftritt im Freien regnet oder der Wind weht. Solche Auftritte
im Freien können beispielsweise Frühshoppen, Open-Air-Konzerte oder Festivals sein.
Ebenso wurde die Präsenz auf der Bühne erwähnt, die man als Musikerin oder als
Musiker ohne Notenständer hat.
Einen Zusammenhang mit dem „Bradl’n“, dem spontanen Auswendigspielen, das vor
allem in der Volksmusik praktiziert wird, gibt es in acht Ensembles. Sechs Personen gaben
an, dass es in ihren Ensembles einen solchen Zusammenhang nicht gibt.
4.2.2. Veränderungen im Ensemble
Die Frage zu den Veränderungen, die das Auswendigspielen im Vergleich zum Spiel mit
Noten bewirkte, beinhaltet einerseits einige vorgegebene Begriffe, die ausgewählt
werden konnten und gab andererseits auch die Möglichkeit, selbst noch einen Text
anzuführen. Es machten jedoch nur vier der befragten Personen zusätzliche Angaben.
Wie im untenstehenden Diagramm gaben alle 14 befragten Personen an, durch das
Auswendigspielen eine gesteigerte Bühnenpräsenz, einen besseren Kontakt zum
Publikum sowie mehr Bewegungsfreiheit auf der Bühne zu erlangen. Interessant ist
hierbei, dass diese drei Begriffe nicht mit den Hauptgründen für das Auswendigspiel im
Ensemble übereinstimmen. Das lässt vermuten, dass das Auswendigspielen zwar
22
vordergründig begonnen wurde, um die Optik und die Kommunikation im Ensemble zu
verbessern und sich erst später herausstellte, dass andere Veränderungen
Veränder
auf der Bühne
viel deutlicher zu tragen kamen.
Die beiden Hauptgründe,
auptgründe, eine bessere nonverbale Kommunikation sowie keine
störenden Notenständer auf der Bühne zu haben, wurden jedoch ähnlich oft ausgewählt.
Die Erwartungen an das Auswendigspiel wurden also
so sehr wahrscheinlich erfüllt.
Dass das Auswendigspielen mehr Sicherheit im Zusammenspiel bringt, gaben elf
Personen an. Erfahrungsgemäß wird dies durch die erhöhte Aufmerksamkeit, die man
den anderen Ensemblemitgliedern zukommen lassen kann, möglich.
Dass durch das Spiel ohne Noten die eigene Unsicherheit reduziert wird, führten mit
sieben Personen nur die Hälfte der befragten Musikerinnen und Musiker an. Sich intensiv
mit dem Notenmaterial zu beschäftigen und es so zu verinnerlichen, dass es auch ohne
Noten gespielt werden kann, scheint den Befragten also einerseits Sicherheit zu geben,
geben
andererseits geht erfahrungsgemäß durch die Abwesenheit des Notenbilder ein großer
große
Sicherheitsfaktor verloren.
16
14
12
14
10
14
14
13
13
11
8
6
7
4
2
0
Abbildung 12:
Anzahl der ausgewählten Begriffe hinsichtlich
lich der Veränderungen,
die das Auswendigspielen im Vergleich zum Spiel mit Noten im
Ensemble bewirkte
23
Die zusätzlichen Angaben beriefen sich auf den besseren Gesamtklang, der sich durch das
Spiel ohne Noten ergibt und eine weitere Person schrieb, dass es „einfach mehr Spaß“
machen würde.
Eine weitere Person beschrieb eine positive Veränderung auf dem eigenen Instrument.
Aufgrund geistiger Unabhängigkeit von Noten kann sie es besser beherrschen und
manchmal auch Melodien oder Töne spielen, die ursprünglich nicht in den Noten stehen.
Nur eine Musikerin oder ein Musiker gab eine eher negative Veränderung zum Spiel mit
Noten an, welches das Abspeichern des Stückes oder einer Melodie im prozeduralen
Gedächtnis betrifft. Sie oder er beschreibt diese Art des Musizierens als ein Spielen mit
„Autopilot“, bei der man schnell unkonzentriert wird und bei der sich mit der Zeit Fehler
einschleichen können:
Novice performers, when performing from memory, sometimes
encounter the problem that their hands miraculously know how the
music continues, but their heads not. Even restarting the piece from
beginning may not help to overcome a sudden memory collapse.
Therefore, relying on this type of rote memorizes performance alone is
unsuitable for a serious performer [...].20
Im folgenden Kapitel wird beschrieben, welche Methoden die Musikerinnen und Musiker
verwenden, um unter anderem dieses Abspeichern im prozeduralen Gedächtnis zu
verhindern und während eines Auftritts konzentriert zu bleiben.
4.3. Methoden zum Auswendiglernen
Die Methoden, die im Rahmen der Onlineumfrage beschrieben wurden, sind sehr
unterschiedlich und vielfältig. Zwei Personen beantworteten diese Frage, die ebenfalls
einen selbst formulierten Text erforderte, nicht aus. Die restlichen Musikerinnen und
Musiker beschrieben dabei weniger den Ablauf des Auswendiglernens selbst, sondern
vielmehr, welche Methoden sie zum Auswendiglernen anwendeten. So ist beispielsweise
bei einigen Antworten nicht klar, ob das Stück zuvor bereits einmal alleine oder im
Ensemble geübt oder geprobt wurde, bevor die Methoden zum Auswendiglernen
20
Lehmann, Andreas C.; Sloboda, John A.; Woody, Robert H.: Reading or Listening and Remembering. In:
Psychology for Musicians: Understanding an Acquiring the Skills. Oxford, 2007, Seite 118.
24
angewendet wurden. Nur drei Personen beschrieben, dass sie das Stück zu Beginn oft
spielten, bevor sie es auswendig lernten.
Die Methoden, die am öftesten beschrieben wurden, waren das bewusste Anhören des
Stückes sowie das Einprägen des Notenbildes. Das ist insofern interessant, weil keine der
beiden Aktivitäten erfordert, das Instrument aktiv zu verwenden und das Stück damit
selbst zu spielen. Das bewusste Anhören eines Stückes hilft somit dabei, sich dessen
Melodien und Form einzuprägen, ohne dass das Stück mit dem Instrument gespielt
werden muss. Das Einprägen des Notenbildes ist wahrscheinlich deshalb so wichtig, um
das Gedruckte auch während des Spielens abrufen zu können und somit dem bereits im
vorigen Kapitel angesprochenen Spielen der Melodie oder es Stückes aus dem
prozeduralen Gedächtnis entgegen zu wirken.
Instead, experienced performers go a different route. These musicians
learn to establish a clear mental image of the piece that is rather
independent of – but may include – tactile cues.21
Durch das Abrufen eines bestimmten Bildes wird das deklarative Gedächtnis
angesprochen. Für die Musikerin oder den Musiker bedeutet das, mehr Sicherheit in einer
Stresssituation zu erlangen und die Handlung während des Musizierens auf der Bühne
konzentriert mit verfolgen zu können.
Eine wichtige Methode stellt auch das Einteilen der zu lernenden Stücke in kleinere Teile
dar,
wie
Durch
beispielsweise
diese
Methode,
zusammenzufassen,
in
Phrasen
mehrere
wird
es
oder
größere
Informationen
ermöglicht,
die
zu
auf
musikalische
einer
sieben
Abschnitte.
größeren
Einheit
plus/minus
zwei
Informationseinheiten begrenzte Kapazität des Kurzzeitgedächtnisses zu umgehen22:
Bei diesen Vorgängen spricht man von “Chunking und “Clustering”, d.h.
vom Zusammenfassen mehrerer Einzelinhalte zu einem Inhalt, von denen
dann wieder eine ganz bestimmte Menge in das Kurzzeitgedächtnis bzw.
21
Lehmann, Andreas C.; Sloboda, John A.; Woody, Robert H.: Reading or Listening and Remembering. In:
Psychology for Musicians: Understanding an Acquiring the Skills. Oxford, 2007, Seite 118.
22
Bruhn, Herbert; Kopiez, Reinhard, Lehmann, Andreas, et al.: Musikpsychologie: Ein Handbuch. Reinbeck
bei Hamburg, 1993, Seite 540.
25
Arbeitszeitgedächtnis hineinpasst. Durch geschicktes Chunking und
Clustering
lässt
sich
also
die
Kapazität
des
Kurzzeit-
oder
Arbeitszeitgedächtnisses deutlich erhöhen[…] 23.
Dieses so genannte Chunking ermöglicht der Musikerin oder dem Musiker, ein inneres
Bild über den Aufbau des Stückes zu bekommen und bietet den Vorteil, wenn notwendig
zwischen den einzelnen Teilen wechseln zu können:
The advantage of performance cues over a simple forward-chained
performance is that the performer can jump from the point in the piece
at will to the next meaningful point in case of a Problem […]24.
Dasselbe Ziel verfolgt auch das mentale Üben, das Stück also ohne Instrument zu üben.
Durch das Greifen oder Ziehen der Töne am Instrument, das Betrachten der Noten oder
das Wiederholen des Ablaufs der einzelnen „chunks“ wird ebenfalls ein inneres Bild des
Stückes gebildet und durch die Wiederholungen im Langzeitgedächtnis abgespeichert.
Des Weiteren wurde oft genannt, dass die Musikerinnen oder Musiker das auswendig zu
lernende Stück harmonisch analysieren. Interessanterweise spielen nur die Hälfte der
Personen, die diese Methode beschrieben, Tuba. Besonders wichtig für diese
Instrumentengruppe ist es, den harmonischen Ablauf eines Stückes zu kennen, weil sie
die Basslinien gestalten und somit für die harmonische Grundlage eines Stück essentiell
sind.
Von einigen befragten Personen wurde beschrieben, dass sie das Stück mit einer
Aufnahme mitspielen und sich das Stück somit einprägen. Zwei Personen beschrieben,
dass sie das Stück nach und nach immer wieder ohne Noten spielen und die anderen
Stimmen innerlich mithören. Wird ein Fehler gemacht oder besteht eine Unsicherheit, so
werden die Noten zur Hilfe genommen und diese Stelle nochmals wiederholt.
Eine Person gab an, sich schwierige Stellen und Passagen Ton für Ton einzuprägen.
23
Spitzer, Manfred: Musik im Kopf. Hören, Musizieren, Verstehen und Erleben im neuronalen Netzwerk;
Stuttgart 2008, Seite 117.
24
Lehmann, Andreas C.; Sloboda, John A.; Woody, Robert H.: Reading or Listening and Remembering. In:
Psychology for Musicians: Understanding an Acquiring the Skills. Oxford, 2007, Seite 118.
26
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass diese Methoden teilweise sehr isoliert,
nacheinander oder parallel verwendet werden. So gaben einzelne befragte Personen an,
sich die Stücke ausschließlich durch wiederholtes gemeinsames Spiel mit Noten
einzuprägen oder sie hauptsächlich über die harmonische Analyse einzustudieren. Andere
wiederum prägen sich beim mentalen Üben gleichzeitig auch das Notenbild ein oder
hören sich zuerst eine Aufnahme mehrere Male an, bevor sie versuchen, die Stimme oder
das Stück selbst nachzuspielen.
5.
Training
Es gibt Hinweise, dass das Gedächtnis sowie die Anwendung von Methoden zum
Auswendiglernen trainierbar sind25. Daraus ergibt sich, dass sich die Geschwindigkeit des
Auswendiglernens durch Training verbessern kann und dass Musikerinnen und Musiker
durch das regelmäßige Auswendigspielen lernen können, damit immer besser um zu
gehen:
In a sense, the brain is like a muscle that needs to be exercised. With
constant work it will improve its functioning26.
Aus den Befragungen geht jedoch hervor, dass es keine spezifische Methode oder
Methodenkombination gibt, die für ein schnelles und akkurates Auswendiglernen
garantiert. Jede Musikerin und jeder Musiker hat ihre oder seine eigene Methode, ein
Stück oder ein ganzes Konzertprogramm auswendig zu lernen und sollte sich diese so gut
wie möglich aneignen, um den musikalischen Inhalt effizient zu lernen und dann
wiedergeben zu können:
Highly effective memory mechanisms [...] are acquired through training
and are therefore very domain-specific. To understand and improve
memory and recall, we have to consider individual learning histories27.
25
vgl. Lehmann, Andreas C.; Sloboda, John A.; Woody, Robert H.: Reading or Listening and Remembering.
In: Psychology for Musicians: Understanding an Acquiring the Skills. Oxford, 2007, Seite 123
26
Jesselson, Robert: Tips for Memorizing Music, Part One. In: American String Teachter. November 2009.
Seite 94
27
Lehmann, Andreas C.; Sloboda, John A.; Woody, Robert H.: Reading or Listening and Remembering. In:
Psychology for Musicians: Understanding an Acquiring the Skills. Oxford, 2007, Seite 124
27
6.
Zusammenfassung
Die Bakkalaureatsarbeit „Auswendigspiel im Brass-Ensemble“ beschäftigt sich mit
Gründen und Methoden für das Auswendigspielen von in Brass-Ensembles.
Nach eine kurzen Einleitung über die Intention, diese Arbeit zu verfassen, sowie der
Begriffsklärung des Auswendigspielens, wird eine Übersicht über die Funktionsweise
des
Gehörs,
des
Gedächtnisses
sowie
der
drei
Gedächtnistypen
„Ultrakurzzeitgedächtnis“, „Kurzzeitgedächtnis“ und „Langzeitgedächtnis“ gegeben.
Dabei werden immer wieder Verknüpfungen zum Musizieren hergestellt. Anschließend
wird der für die vorliegende Arbeit erstellte Onlinefragebogen beschrieben und die 14
teilnehmenden Personen, die vorwiegend aus ProfimusikerInnen und Konzertfach-/
InstrumentalstudentInnen und Personen ab 25 Jahren bestehen, vorgestellt. Ebenso
werden die Ensembles, die vorwiegend aus 4-5 und 6-11 Personen bestehen,
vorgestellt. Der letzte Abschnitt der Bakkalaureatsarbeit ist dem Auswendigspiel in den
Ensembles gewidmet. Die Erfahrungen mit dem Auswendigspiel sind bei den befragten
Personen sehr unterschiedlich, im Unterricht erhielt nur eine Person Ratschläge und
Übungen. Auch die Gründe, warum ein Ensemble dazu entschloss, auswendig zu
spielen, sind sehr unterschiedlich, wobei die Optik auf der Bühne sowie das
Aufeinander-Hören
und
Miteinander-Kommunizieren
die
wichtigsten
Gründe
ausmachen. Als Veränderungen auf der Bühne durch das Auswendigspielen wurden
eine gesteigerte Bühnenpräsenz, einen besseren Kontakt zum Publikum sowie mehr
Bewegungsfreiheit auf der Bühne genannt. Interessant ist diesbezüglich, dass die
ursprünglichen Gründe für das Auswendigspielen bei den Antworten zur Veränderung
im Vergleich zum Spiel mit Noten fast ähnlich oft genannt wurden. Die Erwartungen an
das Auswendigspiel wurden also sehr wahrscheinlich erfüllt.
Zum Abschluss werden in der vorliegenden Arbeit die genannten Methoden - zum
Auswendiglernen vorgestellt und erklärt. Dazu gehören bewusste Anhören des
Stückes, das Einprägen des Notenbildes, Chunking aber auch mentales Üben, die
harmonische Analyse und mit einer Aufnahme mitspielen. Aus den Befragungen geht
hervor, dass es keine spezifische Methode oder Methodenkombination gibt, die für ein
schnelles und akkurates Auswendiglernen garantiert. Jede Musikerin und jeder
Musiker muss also ihre oder seine eigene Methode finden, um ein Stück oder ein
ganzes Konzertprogramm auswendig zu lernen.
28
7.
Verzeichnisse
7.1. Literaturverzeichnis
Brandfonbrener, Alice G.: "Memorialization: A learned Skill or an Inborn Talent?"
In: Medical Problems of Performing Artists 16/2001. Seite 83-84.
Bitzan, Wendeling: Auswendig lernen und spielen. Über das Memorieren in der Musik,
Frankfurt am Main 2010.
Bruhn, Herbert; Kopiez, Reinhard, Lehmann, Andreas, et al.: Musikpsychologie: Ein
Handbuch. Reinbeck bei Hamburg, 1993;
Faller, Adolf; Schünke, Gabriele; Schünke, Michael: Der Körper des Menschen.
Einführung in Bau und Funktion; Stuttgart 2004;
Jesselson, Robert: Tips for Memorizing Music, Part One. In: American String Teachter.
November 2009. Seite 94-95.
Lehmann, Andreas C.; Sloboda, John A.; Woody, Robert H.: Reading or Listening and
Remembering. In: Psychology for Musicians: Understanding an Acquiring the
Skills. Oxford, 2007;
Silbernagl, Stefan; Despopoulos, Agamemnon: Taschenatlas Physiologie; Stuttgart
2007;
Spitzer, Manfred: Lernen. Gehirnforschung und die Schule des Lebens; Heidelberg
2007;
Spitzer, Manfred: Musik im Kopf. Hören, Musizieren, Verstehen und Erleben im
neuronalen Netzwerk; Stuttgart 2008;
29
7.2. Internetseiten
Website Wikipedia, Artikel: „Music-related memory“:
http://en.wikipedia.org/wiki/Music-related_memory
(eingesehen am 07.01.2013)
Webseite Wikipedia, Artikel: „Gedächtnis“:
http://de.wikipedia.org/wiki/Ged%C3%A4chtnis
(eingesehen am 14.02.2013)
Webseite der Universität Duisburg: Neurobiologische Grundlagen des Lernens
http://www.uni-due.de/edit/lp/common/bio.htm
(eingesehen am 14.02.2013)
7.3. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1:
Tafel 12.30 Schalleitung: A. Schallaufnahme und -weiterleitung
Abbildung 2:
Dreispeichermodell des menschlichen Gedächtnisses nach dem
Mehrkomponentenmodell von Baddeley und Hitch
Abbildung 3:
Aufteilung der befragten Personen nach den Instrumenten, die sie in
ihren Ensembles spielen in Prozent
Abbildung 4:
Aufteilung der befragten Personen nach Geschlecht in Prozent
Abbildung 5:
Aufteilung der befragten Personen nach Altersgruppen in Prozent
Abbildung 6:
Aufteilung der befragten Personen nach der Dauer, seit der sie ihr
Instrument, mit dem sie in ihrem Ensemble musizieren, bereits
spielen in Prozent
Abbildung 7:
Aufteilung der Ensembles, in denen die befragten Personen
musizieren nach Gruppengröße in Prozent
Abbildung 8:
Aufteilung der Ensembles nach der Dauer, seit wann in den
Ensembles auswendig gespielt wird in Prozent
30
Abbildung 9:
Aufteilung der Ensembles nach der Anzahl der Proben, die für das
Auswendigspielen eines Konzertprogramms abgehalten werden in
Prozent
Abbildung 10:
Aufteilung der Ensembles nach Länge der Proben im Ensemble, um
ein Konzertprogramm auswendig zu spielen in Prozent
Abbildung 11:
Aufteilung der befragten Personen nach der Länge der persönlichen
Erfahrung mit Auswendigspielen in Prozent
Abbildung 12:
Anzahl der ausgewählten Begriffe hinsichtlich der Veränderungen,
die das Auswendigspielen im Vergleich zum Spiel mit Noten im
Ensemble bewirkte
31
8.
Anhang
8.1. Fragebogen
Auswendigspielen im Ensemble
Offene wissenschaftliche Umfrage von Mag. Katharina Schnetzinger im Rahmen einer
Forschungsarbeit an der Universität für Musik u. darst. Kunst (Betreuer Ao. Univ.-Prof.
Dr. Matthias Bertsch) Rückfragen an [email protected]
* Erforderlich
1.) Ihr Name oder Pseudonym *
2.) Ihre Email Adresse wenn Sie eine spätere Rückmeldung wünschen
3.) Ihr Instrument * Hauptintstrument, das Sie im ausgewählten Ensemble spielen
4.) Ihr Geschlecht
•
weiblich
•
männlich
5.) Ihre Altersgruppe
•
< 14 Jahre
•
14-18 Jahre
•
19-24 Jahre
•
25-40 Jahre
32
•
> 40 Jahre
6.) Ihr Können am Instrument
•
MusikschülerIn / bis 3 Jahre Spielerfahrung
•
fortgeschrittene(r) AmateurmusikerIn
•
Studium Konzertfach / Instrumentalmusik
•
anderes Musikstudium (IGP, ME, ...)
•
Semi-professionelle(r) MusikerIn
•
Professionelle(r) MusikerIn
7.) Seit wie vielen Jahren spielen Sie Ihr Instrument?
•
< 3 Jahre
•
3-6 Jahre
•
6-9 Jahre
•
9-12 Jahre
•
> 12 Jahre
8.) Seit wievielen Jahren spielen Sie Ihr Instrument im Ensemble?
Falls Sie in mehreren Ensembles spielen, bitte wählen Sie ein Ensemble aus.
•
< 3 Jahre
•
3-6 Jahre
•
6-9 Jahre
•
9-12 Jahre
•
> 12 Jahre
9.) Wie lange haben Sie Erfahrung im Spiel ohne Noten?
•
von Beginn an
•
1-3 Jahre
33
•
3-6 Jahre
•
> 6 Jahre
10.) Welche Techniken und Methoden verwenden Sie persönlich, um Stücke
auswendig zu lernen?
11.) Wie groß ist das Ensemble, in dem Sie mitwirken? Falls Sie in mehreren Ensembles
spielen, bitte wählen Sie ein Ensemble aus.
•
2-3 MusikInnen
•
4-5 MusikerInnen
•
6-12 MusikerInnen
•
> 12 MusikerInnen
12.) Seit wann spielen Sie in Ihrem Ensemble auswendig?
•
< 6 Monate
•
6-12 Monate
•
1-3 Jahre
•
3-9 Jahre
•
> 9 Jahre
13.) Welche Dauer hat das Repertoire, das Sie in Ihrem Ensemble auswendig spielen?
•
einzelne Stücke (bis 5 Minuten)
•
mehrere Stücke (5-30 Minuten)
•
kurze Konzerte (30-60 Minuten)
•
längere Konzerte (über 60 Minuten)
34
14.) Wie lange beträgt die jeweilige durchschnittliche gemeinsame Probenzeit?
Die Zeit bezieht sich auf eine gemeinsame Probe.
•
< 45 Minuten
•
45-90 Minuten
•
2-3 Stunden
•
> 3 Stunden
•
Probentag(e)
15.) Wie lange proben Sie im Ensemble durchschnittlich, um ein Konzertprogramm
auswendig spielen zu können?
Nicht mitgerechnet ist die Zeit, die Sie alleine zum Üben der Stücke benötigen.
•
< 3 Proben
•
3-6 Proben
•
7-14 Proben
•
> 15 Proben
16.) Haben Sie in Ihrer Ausbildung Unterricht Übungen oder Ratschläge erhalten, um
Auswendigspielen zu lernen oder zu verbessern?
•
nein
•
kaum
•
ja
35
17.) Wie entwickelte sich das Auswendigspielen in Ihrem Ensemble? Wurden zu Beginn
einzelne Stücke im Ensemble auswendig gelernt oder sofort das gesamte
Programm?
•
einzelne Stücke
•
sofort das gesamte Programm
•
Sonstiges:
18.) Aus welchen Gründen beschlossen Sie, mit Ihrem Ensemble auswendig zu spielen?
19.) Welche Veränderungen bewirkt Ihrer Meinung nach das Auswenigspielen im
Vergleich zum Spiel mit Noten?
Mehrfachnennungen möglich
•
gesteigerte Bühnenpräsenz
•
bessere nonverbale Kommunikation im Ensemble
•
mehr Sicherheit im Zusammenspiel
•
besserer Kontakt zum Publikum
•
eigene Unsicherheit wird reduziert
•
keine störenden Notenständer
•
mehr Bewegungsfreiheit auf der Bühne
•
Sonstiges:
mehr Sicherheit im Zusammenspiel
20.) Gibt es in Ihrem Ensemble einen Zusammenhang mit dem "Bradl'n"?
Wurden zuvor schon Stücke auswendig gespielt / gebradl't
•
Ja
•
Nein
36
9.
Lebenslauf
Persönliche Daten
Name:
Mag. Katharina Schnetzinger
Geburtsdatum: 03.01.1986
03.01.198
Geburtstort:
Schärding
Beruflicher Werdegang
2012 -
Instrumentalpädagogik Posaune
Musikschule Wien 15, Rudolfsheim-Fünfhaus
Rudolfsheim
2012 -
Unterricht Musikerziehung und Mathematik
BG, BRG und Wirtschaftskundliches RG Wien 19, Billrothstraße
Billrothst
26-30
2011 – 2012
Unterrichtspraktikum und Unterricht Musikerziehung
GRG3 Hagenmüllergasse
2009 – 2011
Unterricht Musikerziehung
BG, BRG und Wirtschaftskundliches RG Wien 19, Billrothstraße 26-30
26
2008 -
Instrumentalunterricht tiefes Blech der „Blasinstrumentenklassen“
„Blasinstrumentenklassen“
BG, BRG und Wirtschaftskundliches RG Wien 19, Billrothstraße 26-30
26
Ausbildung
1992 – 1993:
Volksschule Schärding
1993 – 1996:
Volksschule Buchkirchen
1996 – 2000:
BRG Schauerstraße Wels
2000 – 2004:
BORG Honauerstraße Linz
Zweig für Popular. und Computermusik, Matura mit gutem Erfolg
2004 - 2011
Studium Lehramt Musikerziehung und Mathematik
Universität für Musik und darstellende Kunst Wien und TU Wien
2008 -
Studium Instrumental.
Instrumental. und Gesangspädagogik Posaune
Universität für Musik und darstellende Kunst Wien
37
Erklärung
Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Bakkalaureatsarbeit selbstständig
angefertigt habe. Es wurden nur die in der Arbeit ausdrücklich benannten Quellen und
Hilfsmittel benutzt. Wörtlich oder sinngemäß übernommenes Gedankengut habe ich
als solches kenntlich gemacht.
Buchkirchen, am 12.04.2013
38
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