Frühgeburtlichkeit Frühgeburten sind das Hauptproblem der modernen Geburtshilfe und verantwortlich für 70% der perinatalen Mortalität sowie 80-90% der neonatalen Morbidität. Obwohl ca. 10% aller Geburten als Frühgeburt zu definieren sind (Geburt vor der abgeschlossenen 37. SSW), konzentrieren sich die eigentlichen schwerwiegenden Erkrankungen und Todesfälle auf die Untergruppe der Kinder unter 2000g. Die Rate der Frühgeburten hat sich in den letzten Jahren kaum verändert, sie ist sogar trotz moderner Diagnose und Therapie leicht angestiegen. Die Überlebensrate der Frühchen ist jedoch deutlich angestiegen, so dass heutzutage ca. 80% der Kinder zwischen 500 und 1000g überleben. Der Prozentsatz an überlebenden Frühgeborenen mit neurologischen Folgeschäden ist dabei allerdings auch gleich geblieben, somit ist die absolute Zahl an Frühgeborenen mit zerebralen Schäden ebenfalls leicht angestiegen. Frühgeburten sind zu 70% durch Infektionen verursacht, die zu vorzeitigen Wehen und vorzeitigem Blasensprung führen. Ein Problem in diesem Zusammenhang ist die Infektion des Kindes, intra- oder extrauterin erworben, die für Mortalität oder Folgeschäden verantwortlich ist, andererseits ist es eine Infektion der Mutter, die häufig zur Frühgeburt führt. Bakterielle Infektionen der Scheide können aszendieren und von einer Entzündung der mütterlichen Gebärmutterschicht (Dezidua) über eine Entzündung der kindlichen Seite des Mutterkuchens und der Gebärmutter (Chorioamnionitis) zu einer Infektion des Fruchtwassers (Amnionitis) und schließlich zur kindlichen Infektion führen. Bemerkenswert ist dabei, dass dies nicht nur bei rupturierter sondern durchaus auch bei intakter Fruchtblase geschehen kann. Besonders ist auf die Wichtigkeit der Anamneseerhebung im Rahmen der Erstuntersuchung hinzuweisen. Der wichtigste prädiktive Parameter für eine Risikoschwangerschaft hinsichtlich Frühgeburt ist eine bereits stattgefundene Frühgeburt in einer vorhergehenden Schwangerschaft!! In diesem Fall sind engmaschige Kontrollen im Rahmen der Schwangerenbetreuung mit sonographischer Cervixvermessung sowie Vaginalabstrichen zur Infektionsdiagnostik durchzuführen. Seite 1 von 2 Mikroorganismen: Bei Frauen mit intakter Fruchtblase und vorzeitigen Wehen sind die häufigsten Keime: Ureoplasma ureolyticum, Mycoplasma hominis, Gardnerella vaginalis, Peptostreptococci und Bacteroides spp. Bei Frauen mit vorzeitigem Blasensprung werden vorwiegend Ureaplosma ureolyticum, Streptokokken der Gr. B und Escherichia coli isoliert. Zeitpunkt der Infektion: Über den Infektionszeitpunkt und die Zeit bis zu Beginn der klinischen Symptomatik kann noch keine endgültige Aussage getroffen werden. Neuere Forschungen sprechen eher für einen frühe Infektion und Ausbildung einer zunächst chronischen Infektion, die dann zu einem akuten Ereignis wie vorzeitige Wehen oder Blasensprung wird. So wurden beispielsweise bei Fruchtwasserpunktionen (Amniocentesen) zur genetischen Abklärung Ureaplasmen im Fruchtwasser isoliert, die unbehandelt in einem großen Teil der Fälle zu Frühgeburten führten. Obwohl letzte therapeutische bzw. prophylaktische Konsequenzen noch ausstehen, sollte man über eine routinemäßige vaginale Infektionsdiagnostik in der Frühschwangerschaft zumindest diskutieren. Seite 2 von 2