5. Der 1. Hauptsatz der Thermodynamik

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5. Der 1. Hauptsatz der Thermodynamik .................................................... 2
5.1.
Molekulare Interpretation von Arbeit und Wärme ......................................................................2
5.2.
Innere Energie - Die "mikroskopishe Gesamtenergie" eines Systems: .......................................3
5.3.
Volumenarbeit: Expansion (Kompression): ................................................................................4
5.4.
Spezifische Wärme bei konstantem Volumen.............................................................................6
5.4.1.
Warum ist in Molekülen die molare Wärmekapazität grösser als in Atomen? ...................7
5.4.2.
Zahl der Freiheitsgrade eines Moleküls ..............................................................................7
5.4.3.
Warum ist die Wärmekapazität temperaturabhängig? ........................................................8
5.4.4.
Beiträge zur Inneren Energie:..............................................................................................9
5.4.5.
Boltzmannverteilung – energetische Innenweltbetrachtung ...............................................9
5.4.6.
Die Rotationsenergie: ........................................................................................................11
5.4.7.
Die Schwingungs-/ Vibrationsenergie: .............................................................................12
5.5.
Die Zustandfunktion U: .............................................................................................................15
5.5.1.
Weg adiabatisch (s. Grundmodell 2): ...............................................................................16
5.5.2.
Weg diathermisch (s. Grundmodell 4): .............................................................................17
5.6.
Mathematische Hilfsmittel ........................................................................................................17
5.7.
Zustandsfunktion bei konstantem Druck: die Enthalpie ...........................................................20
5.7.1.
Enthalpie der Elemente: ....................................................................................................21
5.8.
Messung des Wärmeumsatzes - Kalorimetrie ...........................................................................21
5.8.1.
Adiabatische Kalorimetrie:................................................................................................21
5.8.2.
Isotherme Wärmeflußkalorimetrie ....................................................................................22
5.8.3.
Wärmestrom-Differenz-Kalorimetrie ................................................................................23
5.9.
Phasenübergangsenthalpie.........................................................................................................23
5.10.
Reaktionsenthalpien: Δ r H ..............................................................................................25
5.10.1. Satz von Hess (Gesetz der konstanten Wärmesummen) ...................................................26
5.10.2. Reaktionsenthalpien Δ r H O ..............................................................................................27
5.10.3. Bindungsdissoziationsenthalpie ΔBHA-B............................................................................27
5.10.4. Born-Haber-Kreisprozess ..................................................................................................28
5.11.
Temperaturabhängigkeit der Reaktionsenthalpie: Kirchhoff´scher Satz ..............................30
5.12.
Grundmodelle der Energie und Wärmeübertragung: ............................................................32
diathermisch
Temperaturerhöhung ......................................32
5.12.1. Wärmezufluß
isochor
O
⇒
adiabatisch
5.12.2.
Mechanische Arbeit zugeführt
diathermisch
5.12.3.
Wärmezufluß
⇒
⇒
Temperaturerhöhung ....................................32
Temperaturerhöhung ...........................................33
diathermisch
⇒
5.12.4. Mechanische Arbeit zugeführt
Temperaturerhöhung ................33
5.13.
Reversible Änderung .............................................................................................................34
5.14.
Isotherme, reversible Volumenarbeit eines idealen Gases ....................................................35
5.15.
Joule-Thomson-Effekt: Temperaturänderung bei adiabatischer Expansion .........................38
5.15.1. Thermodynamische Analyse des Joule-Thomson-Effekts: ...............................................39
5.15.2. Temperaturabhängigkeit von µJT ................................ Fehler! Textmarke nicht definiert.
5.15.3. Lindeverfahren - Verflüssigung von Gasen ......................................................................45
5.16.
Adiabatische Volumenarbeit .................................................................................................46
5.17.
Reversible adiabatische Expansion .......................................................................................46
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
1
© Dr. Ogrodnik SS2008
5.
Der 1. Hauptsatz der Thermodynamik
Bezug: Arbeit - Wärme⇒Energieerhaltung ⇒ innere Energie ⇒ 1. HS
Wiederholung: Energieformen:
Äquivalenz von Wärme und mechanische Energie
5.1. Molekulare Interpretation von Arbeit und Wärme
Arbeit: Energieübertragung vom System in die Umgebung die zu einer geordneten (makroskopischen)
Bewegung der Moleküle führt
Wärme: Energieübertragung vom System in die Umgebung die zu einer ungeordneten, chaotischen
(thermischen) Bewegung der Moleküle führt (mikroskopisch!!)
ungeordnete Bewegung → Wärme
Fig. 5.1: geordnete Bewegung→Arbeit
Umwandlung von Arbeit in Wärme
Fig. 5.2: Beispiel: Adiabatische Kompression:
gerichtete Bewegung des Kolbens
(koordinierte Bewegung)
gerichtete Impulskomponente der
Gasmoleküle (Schallwelle)
Richtung geht durch Stöße verloren
(kurzes "Richtungsgedächtnis")
auf alle Richtungen verteilt ⇒
ungerichtet (statistisch) ⇒
Druck und Temperatur erhöht
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
2
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5.2. Innere Energie - Die "mikroskopishe Gesamtenergie" eines Systems:
Körper
Körper
EGesamt = Ekinetisch
+U potentiell
+
makroskopisch
U
Innere Energie
alle potentiellen und
kinetischen Energien der
mikroskopischen Teilchen
Innere Energie U:
♦
Ekinetsich +Upotentiell Elektronen (einschließlich chem. Bindungsenergien)
♦
Ekinetsich +Upotentiell Kerne - enthält:
⇒ Translationsenergie = kinetische Energie der Moleküle (= gemeinsame translatorische
Bewegung der Kerne mit dem Schwerpunkt der Moleküle )
⇒ Rotationsenergie = kinetische Energie der Rotation Kerne um den Schwerpunkt
der Moleküle
⇒ Schwingungsenergie = potentielle und kinetische Energie der Atomschwingungen
um die Gleichgewichtslage innerhalb eines Moleküls
♦
potentielle WW der Moleküle untereinander
⇒ reales Gas: van der Waals WW
⇒ Flüssigkeit: Verdampfungswärme
⇒ Festkörper: Schmelzwärme (Gitterenergie)
Innere Energie nur mit spektroskopischen Methoden direkt zugänglich→PC2+3
Wärme q und Arbeit w sind die einzigen und gleichwertigen Möglichkeiten die "Innere
Energie" von außen zu beeinflussen.
Aussenwelt
Innenwelt
ΔU = q + w
(5.1)
Die Änderung der inneren Energie eines geschlossenen Systems (kein Stoffaustausch!) ist gleich der
Energie, die in Form von Wärme und Arbeit durch die Wände (das kann auch ein verschiebbarer Kolben
sein) übertragen wird. Wir können also nur Änderungen messen, kein Zugang zur absoluten Größe der
inneren Energie!
1. Hauptsatz der Thermodynamik
In einem abgeschlossenen System kann Energie weder gewonnen noch vernichtet werden, der
gesamte Energievorrat bleibt konstant
Die gesamte von den inneren Freiheitsgraden eines System gespeicherte Energie ist seine innere
Energie U
dann heißt der 1. Hauptsatz:
Die innere Energie eines geschlossenen Systems ist konstant.
„Beweis“: Es ist noch nie gelungen ein Perpetuum Mobile zu bauen
(Maschine, die ohne Energiequelle arbeitet).
Funktioniert dieses " Perpetuum Mobile"?
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
3
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Wasser
Kolben mit komprimierbarem
Gas
Kompression durch Gewicht
⇒ kleinerer Auftrieb!
Expansion durch Zug des
Gewichts nach unten
⇒ größerer Auftrieb!
Fig. 5.3 perpetuum Mobile???
Achtung: Man muss die Funktion eines vermeintlichen Perpetuum Mobiles über einen ganzen
geschlossenen Zyklus hinweg untersuchen. Hier: Das rechte Gewicht kommt eher am unteren
Umkehrpunkt an, als das linke oben ankommt. Hier muss von außen Energie ins System gesteckt
werden, um den Umkehrpunkt zu überwinden. Dies ist gerade soviel energie wie man vorher entlang der
geraden Strecke gewinnen konnte.
5.3. Volumenarbeit: Expansion (Kompression):
Vorzeichenkonvention:
Energie eines Systems ==Fähigkeit, Arbeit W (work) zu verrichten
♦
dem System zugeführte Energie positiv !
♦
vom System abgegebene Energie negativ !
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
4
© Dr. Ogrodnik SS2008
Frage: Welche Arbeit leistet ein Gassystem bei der Expansion seines Volumens um dV=A. dz?
Gemäss obiger Vorzeichenkonvention definieren wir:
w=dem System zugeführte Arbeit
w = der Umgebung zugeführte Arbeit
Schwerkraft wirkt nach unten
(negative z-Richtung) ⇒ Fext=-m.g negativ!
Fläche des Kolbens: A
Von der Umgebung betrachtet:
Gasdruck schiebt den Kolben um dz nach oben, das Gasvolumen vergrössert sich um dV
⇒ das Gewicht wird mit der Kraft Fsys gegen die Schwerkraft Fext nach oben gehoben
Actio = Reaktio
Fsyst =− Fext
⇒ Umgebung nimmt die Energie dw auf:
dw= − Fext ⋅dz = −(− m⋅ g )⋅dz = m⋅ g ⋅dz
(je grösser z desto mehr potentielle Energie des Gewichts)
Vom System aus betrachtet:
Expandierendes Gas leistet Arbeit
⇒ dem System wird die Energie –dw entzogen:
dw=− dw
− dw= Fsyst ⋅dz =− Fext ⋅dz = m⋅ g ⋅dz
vom System
geleistete
Arbeit
Das System gibt Energie ab, die Umgebung nimmt Energie auf
Äusserer Druck statt Gewicht
psyst=pext (kein negativer Druck)
Vom System abgegebene Arbeit:
−dw= Fsyst ⋅dz =− Fext ⋅dz = − pext ⋅ A⋅dz = psyst ⋅dV
dV
dw =− p ⋅dV
(5.2)
Ideales
Gas: p ⋅V = nist⋅ RdV
⋅T negativ
in (5.2) ⇒
eingesetzt:
Bei Kompression
dw positiv ⇒ Innere Energie nimmt zu
Bei Expansion
ist⋅TdV positiv
⇒ dw negativ ⇒ Innere Energie nimmt ab
n⋅ R
dw
=−
p
⋅
dV
=−
⋅
dV
.
bei konstantem
V Volumen: dV=0⇒ dw=-p dV =0
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
5
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Integriert:
V2
⎛V ⎞
V
dV
=− n ⋅ R ⋅T ⋅ln (V ) V2 = n ⋅ R ⋅T ⋅( ln (V1 ) − ln (V2 ) ) = n ⋅ R ⋅T ⋅ln ⎜ 1 ⎟ (5.3)
w = ∫ dw =− n ⋅ R ⋅T ⋅ ∫
1
⎝ V2 ⎠
V1 V
5.4. Spezifische Wärme bei konstantem Volumen
konstantes Volumen: dV=0⇒ dw=-p.dV =0
Ermöglicht vereinfachten Zugang zu U:
dU = dq + dw = dq
0
dU V =const = dq V
In einem System, welches bei konstantem Volumen gehalten wird, gibt uns die Änderung der
inneren Energie eine Bilanz über die zu-/abgeführte Wärme
Folglich ergibt sich für die:
Spezifische Wärme:
CV =
dq
dT
=
V = const
dU
dT
(5.4)bei konstantem Volumen
U = NA ⋅ E
pro Freiheitsgrad:
kT
E = B
oder:
2
U=N A ⋅ E ⋅ FG =
R⋅T
⋅ FG FG=Zahl der zur Verfügung stehenden Freiheitsgrade
2
( R ⋅T )
⋅ FG
dU
R
2
=
= ⋅ FG
CV =
2
dT
dT
‡ Welche Freiheitsgrade tragen zur inneren Energie bei, bzw. wieviel Freiheitsgrade stehen
zur Verfügung?
‡ Wieviel Energie benötigt man, um einen Freiheitsgrad anzuregen?
d
Beiträge zu U bzw. zu CV
Erinnerung: Molare Wärmekapazität von mehratomigen Gasen
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
6
© Dr. Ogrodnik SS2008
Tabelle 1
5.4.1.
Warum ist in mehratomigen Molekülen die molare Wärmekapazität grösser als in
Atomen?
Wärme entspricht nach der kinetischen Hypothese der ungeordneten kinetischen Energie der
Gasatome.
♦ Dabei bewegt sich der Massenschwerpunkt der Moleküle entlang seiner
Translationsfreiheitsgrade.
Es gibt aber im Molekül noch andere Freiheitsgrade die kinetische Energie aufnehmen und
abgeben können:
♦ die Rotation der Moleküle um verschiedene Molekülachsen
♦ die Schwingung der Atome im Molekül gegeneinander
Diese zusätzlichen Freiheitsgrade sorgen dafür, dass die molare Wärmekapazität größer ist als bei einem
atomaren Gas.
5.4.2.
Zahl der Freiheitsgrade eines Moleküls
Gesamtzahl der Freiheitsgrade (Fges): Grundsätzlich hat jedes Atom 3 Freiheitsgrade (es kann in
x-, y-, und z-Richtung bewegt werden, die Rotation um die eigene Achse=Spin spielt hier keine
Rolle).
Sind n Atome zu Molekülen verbunden, so haben wir auch hier insgesamt Fges= 3n so bewegen sie
sich gemeinsam um Ihren Schwerpunkt.
Translationsfreiheitsgrade (FGTrans): Die Schwerpunktsbewegung entspricht 3
Translationsfreiheitsgraden: FGtrans=3 .
Rotationsfreiheitsgrade (FGRot): Darüberhinaus können die Atome um den Schwerpunkt des
Moleküls rotieren. Im allgemeinen gibt es 3 Rotationsachsen ⇒ FGrot=3 . Ausnahme: Bei linearen
Molekülen gibt es nur zwei Rotationsachsen (senkrecht zur Molekülachse) FGrot(linear)=2 , denn
eine Rotation um die Längsachse des Moleküls verändert die Position der Atome nicht!
Schwingungsfreiheitgrade (FGvib): Da die Atome nicht starr miteinander verbunden sind, können
die Atome oder Atomgruppen um ihre Gleichgewichtslage schwingen. Derartige können
Bei größeren Molekülen ist es nicht ganz einfach alle Schwingungsbewegungen zu finden. Dabei
muss darauf geachtet werden, dass (i) der Molekülschwerpunkt sich nicht bewegt, und (ii) es sich
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
7
© Dr. Ogrodnik SS2008
um voneinander unabhängige Bewegungen handelt. Anhand von Symmetrieeigenschaften können
die sogenannten Normalschwingungsmoden gefunden werden. Da uns hier nur die Anzahl der
möglichen Schwingungsmoden interessiert, können wir die ganz leicht aus der Gesamtzahl der
FGvib = F − Ftrans − Frot
Freiheitsgrade berechnen:
⎧ 3n −3
=⎨
⎩3n −3
−2
lineares Molekül
−3 nichtlinearesMolekül
‡ 1-atomiges Gas:
„ 3 Translationsfreiheitsgrade
„ keine interne Freiheitsgrade
‡ 2-atomiges Molekül:
„ Insgesamt: F=3*n=3*2 Freiheitsgrade
„ 3 Translationsfreiheitsgrade
„ 2 Rotationsfreiheitsgrade
(keine thermische Ankopplung der Rotation um die
Molekülachse)
„ 1 Schwingungsfreiheitsgrade: (1 Pot.+1. Kin.)
‡ 3-atomiges lineares Molekül:
„ Insgesamt: F=3*n=3*3 Freiheitsgrade
„ 3 Translationsfreiheitsgrade
„ 2 Rotationsfreiheitsgrade
„ Schwings-FG: 9-3-2=4
„ Allgemein: FSchw=3*n-5
‡ 3-atomiges nichtlineares Molekül:
„ 3 Translationsfreiheitsgrade
„ 3 Rotationsfreiheitsgrade
„ Schwings-FG: 9-3-3=3
„ Allgemein: FSchw=3*n-6
Fig. 5.4
5.4.3.
Warum ist der Rotations- und Schwingungsbeitrag zur
Wärmekapazität temperaturabhängig?
Die Translationsenergie von Molekülen kann beliebige Werte annehmen, d.h. sie kann um beliebige
Portionen aufgenommen und abgegeben werden.
Es wird sich unten herausstellen, dass dies nicht für die Rotations- und Schwingungsenergie gilt. Denn
ähnlich wie für die Anregungen von Elektronen in den Atomorbitalen (Bohr´sches Atommodell), sind
auch die Rotations- und Schwingungsenergien gequantelt. In der kinetischen Gastheorie haben wir die
Boltzmannverteilung kennengelernt, die uns die thermische Besetzungswahrscheinlichkeit solcher
Zustände angibt.
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
8
© Dr. Ogrodnik SS2008
5.4.4.
Beiträge zur Inneren Energie:
Fig. 5.5 Energieen von Tanslations- Rotations- und Schwingungszuständen
In der kinetischen Gastheorie haben wir die Boltzmannverteilung kennengelernt, die uns die thermische
Besetzungswahrscheinlichkeit solcher Zustände angibt.
5.4.5.
Boltzmannverteilung – energetische Innenweltbetrachtung
Die Besetzungswahrscheinlichkeit Pi eines Zustands i hängt von dessen Energie Ei ab.
Pi kann man aus
Der Boltzmannfaktor (siehe Kapitel Boltzmann) gibt das Verhältnis der Besetzungszahlen zweier
Zustände i und j mit den Energien Ei und Ej an:
N ( Ei ) −
=e
N (E j )
Ei −E j
k B ⋅T
=
−
Ei
k B ⋅T
−
Ej
e
e
(5.5)
k B ⋅T
Fig. 5.6: Boltzmannfaktor und Besetzungszahlen
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
9
© Dr. Ogrodnik SS2008
Die Boltzmannverteilung erhält man durch Normierung auf die Gesamtzahl aller Zustände:
Boltzmannverteilung:
Pi =
N ( Ei )
e
=
∑ N (E j )
−
Ei
k B ⋅T
∑e
j
−
Ej
k B ⋅T
(5.6)
j
In der Praxis kann es mühsam sein den Normierungsfaktor der Verteilung (=Z= „Zustandssumme") zu
berechnen, da man die Energien aller Zustände kennen muss. Unter bestimmten Modellannahmen wird
dies aber wieder sehr einfach (→statistische Thermodynamik).
Die mittlere Energie ergibt sich zu:
E = P1 ⋅ E1 + P2 ⋅ E2 + P3 ⋅ E3 +......= ∑ Pi ⋅ Ei
i
(5.7) und
damit die
Innere Energie:
U =N⋅ E
N=Zahl der Moleküle
(5.8)
Wir sehen, wenn die Energien der einzelnen Zustände sich nicht ändern (diese können sich nur ändern
wenn die Wechselwirkungen im Molekül sich ändern, reales Gas), kann die innere Energie kann sich
nur aufgrund der Änderung der Boltzmannverteilung ändern. Die spezifische Wärme (Aussenwelt,
makroskopisch) spiegelt also die veränderte Boltzmannverteilung (Innenwelt, mikroskopisch)
wieder.
Nun kann ein Zustand i nur dann zu U und damit zur spezifischen Wärme beitragen, wenn Pi endlich
groß ist, d.h. nach Gl. (5.6), wenn k B ⋅T ≈ Ei . Für den Fall dass k B ⋅T Ei ist, können die Energiezustände
nicht mehr besetzt werden, d.h. die entsprechenden Freiheitsgrade können keine thermische Energie
aufnehmen. Man sagt sie sind eingefroren und können deshalb nicht zu CV beitragen:
Zustände mit hohen Energien
Ei k B ⋅T werden nicht besetzt
und können deshalb nicht zu U
und CV beitragen!
P3
E3
P2
Mit steigender Temperatur
werden die höher liegenden
Zustände auf Kosten der nieder
liegenden stärker besetzt.
Konsequenz:
Die mittlere Energie nimmt zu, das
System nimmt Energie auf, ⇒ CV
E2
P1
Besetzungszahl P
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
E1
Fig. 5.7: Boltzmannverteilung
10
© Dr. Ogrodnik SS2008
Mathematisch formuliert ist die spezifische Wärme:
CV =
∂ E
∂U
=N⋅
∂T V
∂T
= N ⋅∑
i
V
∂Pi
⋅ Ei
∂T V
d.h. die spezifische Wärme hängt von der
Änderung der Besetzungswahrscheinlichkeit
mit der Temperatur ab
Zusatzinfo: Zustandssumme → Innere Energie und CV
Die Zustandssumme ist ein Maß für die Zahl der besetzbaren Zustände, und nimmt mit steigender
Temperatur zu (jedes Glied in der Summe nimmt zu). Sie enthält also wichtige Informationen über U
und CV.
∑ E ⋅ N ( E ) ∑ E ⋅e
=
=
N
(
E
)
∑
∑e
i
E
Setzen wir nämlich (5.6) in (5.7) ein, so erhalten wir:
i
i
−
Ej
k B ⋅T
i
i
−
j
j
Ej
k B ⋅T
(5.9)
j
Z
Wir ersetzen 1/kBT=μ . Wenn wir den Nenner Z nach μ ableiten, erwarten wir ähnliche Therme wie im
∂Z ∂
∂ − Ei ⋅μ
Zähler, denn:
e
= ∑ e − Ei ⋅μ = ∑
= ∑ − Ei .e − Ei ⋅μ in (5.8) und (5.9) eingesetzt:
μ
∂μ ∂μ i
∂
i
i
∂ ln ( Z )
∂ ln ( Z )
∂ ln ( Z )
1 ∂Z
=− N ⋅
=− N ⋅k B ⋅
oder: U =− R⋅
⎛1⎞
Z ∂μ
⎛ 1 ⎞
⎛1⎞
∂⎜ ⎟
∂
∂⎜
R
⎜
⎟
⎟
⎝T ⎠
⎝T ⎠
∂ ln ( Z )
⎝ k B ⋅T ⎠
∂μ
d.h. U lässt sich ohne Zusatzinformation direkt aus der Zustandssumme berechnen.
U =− N ⋅
Mit CV =
∂U
∂T
V
⎛
⎞
⎛1⎞
d⎜ ⎟
⎜
∂ ln ( Z ) ⎟
∂
R
1
1
T
⎛1⎞
⎟
⋅⎜
und ⎝ ⎠ =− 2 ⇒ ∂ ⎜ ⎟ =− 2 ⋅∂T erhalten wir: CV = 2 ⋅
T
dT
T
⎛1⎞⎜ ⎛1⎞ ⎟
⎝T ⎠ T
∂⎜ ⎟ ⎜ ∂⎜ ⎟ ⎟
⎝T ⎠ ⎝ ⎝T ⎠ ⎠V
R ∂ ln ( Z )
bzw: CV = 2 ⋅
2
T
⎛1⎞
∂⎜ ⎟
⎝T ⎠ V
2
Wir wollen im folgenden betrachten, wie groß die Energien der Rotations- und Schwingungszustände
sind, um zu sehen, bei welchen Temperaturen diese zur spezifischen Wärme beitragen können.
5.4.6.
Die Rotationsenergie:
eines Moleküls mit Trägheitsmoment I und ganzzahliger Rotationsquantenzahl J lässt sich nur
quantenmechanisch berechnen. Man erhält (siehe Vorlesung Spektroskopie):
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
11
© Dr. Ogrodnik SS2008
rot
EJ
=
J(J + 1)h
2
, wobei J=0,1,2,3, . . . die Rotationsquantenzahl ist
2
8π I
Das Trägheitmoment I lässt sich für 2-atomige Moleküle aus der reduzierten Masse μ =
m1 ⋅m2
und
m1 + m2
dem Atomabstand r berechnen: I=μ.r2. Es ist also eine thermische Mindestanregungsenergie von:
2
h
Rot
E typisch ≈ 2 nötig (siehe unten: Tabelle 5.1), um höhere Rotationszustände zu besetzen, d.h. um dort
8π I
Energie deponieren zu können. Derartige Anregungen erfolgen gewöhnlich durch Molekülstöße.
Translationsenergie kann somit erst ab einer gewissen Mindesttemperatur (=Mindestenergie) in
Rotationsenergie umgesetzt werden: Diese Rotationstemperatur ist typischerweise:
Rot
Etypisch
Θ Rot =
≈0.01K-15K (siehe Tabelle 5.1). Schwere große Moleküle haben ein großes
R
Trägheitsmoment und folglich eine kleine Rotationstemperatur.
Erst oberhalb dieser Rotationstemperatur kann der Rotationsfreiheitsgrad zur Wärmekapazität beitragen.
5.4.7.
Die Schwingungs-/ Vibrationsenergie:
ist ebenfalls quantisiert:
1⎞
⎛
E Vib
v = ⎜ ν + ⎟ ⋅ hν 0 wobei ν=0,1,2,3, . . . die Schwingungsquantenzahl ist
2⎠
⎝
Die Mindestenergie für die Schwingungsanregung ist E Vib
typisch = hν 0 oder ω0
mit ν 0 =
1 k
2π μ
k ist die Kraftkonstante der Schwingung
μ ist die reduzierte Masse
Daraus ergeben sich typische Schwingungstemperaturen von: ΘVib≈1000K-6000K (⇒Tabelle 5.1.)
⇒ Vibrationszustände werden erst bei sehr hohen Temperaturen besetzt!
1⎞
⎛
Vib
E v = ⎜ ν + ⎟ ⋅ hν 0
2⎠
⎝
E 0Vib =
hν 0
2
Fig. 5.8: Schwingungsniveaus eine 2-atomigen Moleküls
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
12
© Dr. Ogrodnik SS2008
T>ΘVib: neben den
Translations- und Rotationszuständen sind auch die
Schwingungszustände besetzt
T<ΘVib: Schwingungszustände
eingefroren, nur die
Nullpunktsschwingung
besetzt!
Nur die Translations- und
Rotationszustände können
voll zur CV beitragen
Fig. 5.9: Besetzung von Rotations- und
Schwingungsniveaus
Bei jeder Schwingung wird laufend kinetische Energie und potentielle Energie ineinander übergeführt
(z.B. ist beim Pendel am oberen Wendepunkt Epot maximal und Ekin=0, am tiefsten Punkt ist die
Pendelgeschwindigkeit maximal, d.h. Ekin maximal und Epot ist minimal). Im zeitlichen Mittel gilt aber:
R ⋅T
Ekin = E pot (Virialsatz). Man kann also thermische Energie sowohl in Form von Ekin =
und
2
R ⋅T
E pot =
deponieren. Beachte: Translations- und Rotationsfreiheitgrade haben im Gegensatz zu
2
den Schwingungsfreiheitgraden keine potentielle Energie, da es nicht "gebundene" Zustände sind.
Deshalb kann ein Schwingungsfreiheitgrad doppelt so viel thermische Energie aufnehmen.
Jeder Schwingungsfreiheitsgrad wird in der spezifischen Wärme doppelt gezählt!
Schlussfolgerung: Die spezifische Wärme hängt von der Zahl der thermisch besetzbaren Freiheitsgrade
ab, und ist deshalb temperaturabhängig. Jeder besetzbare Freiheitsgrad trägt R/2 zur spezifischen
Wärme bei. Schwinungsfreiheitsgrade müssen doppelt gerechnet werden, da Energie sowohl als
kinetische als auch als potentielle Energie gespeichert werden kann.
R
T <Θ Rot :
⇒ Cp =3⋅
2
R
R
Θ Rot <T<Θ Schw : ⇒ Cp =3⋅ + FGRot ⋅
2
2
R
R
T>Θ Schw :
⇒ Cp =3⋅ + FGRot ⋅ + FGSchw ⋅R
2
2
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
13
© Dr. Ogrodnik SS2008
CV eines 2-atomigen Gases (hier H2):
Fig. 5.10: CV von Wasserstoff
Wegen der geringen Masse ist bei H2 das Trägheitsmoment besonders klein, so dass ungewöhnlich hohe
Rotationsenergien und folglich eine hohe charakteristische Rotationstemperatur ΘRot =85K vorliegen .
Ähnlich wirkt sich die geringe Masse auch auf die Schwingungsübergänge aus, die mit 51kJ/mol
besonders hochenergetisch sind. Folglich tragen zur spezifischen Wärme bei tiefen Temperaturen nur
die Translationsfreiheitsgrade bei: (Cv=3/2.R). Oberhalb von ΘRot =85K kommen allmählich 2
Rotationsfreiheitsgrade dazu (CV=5/2.R) und schließlich ab ΘVib=6210K der eine
Schwingungsbeitrag (cV=7/2.R). Allerdings sind bei 3200K bereits so viele Schwingungen angeregt,
dass das Molekül bereits dissoziiert.
Oberhalb des Siedepunkts sind (mit Ausnahme von H2) sowohl Translationsfreiheitsgrade als auch
Rotationsfreiheitsgrade thermisch besetzt, da die charakteristischen Energien Etrans und Erot kleiner sind
als RT.
Fig. 5.11
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
14
© Dr. Ogrodnik SS2008
Schwingung
Molekül
Rotation
ΕVibtypisch
ν cm−1
Vib
[J/mol] Θ [Κ] ν [THz]
ΕRottypisch
[J/mol]
ΘRot
ν cm−1
[Κ] ν [GHz]
H2
51630
6210
129.4
4318
710.0
85.4
1,780
59.38
N2
27769
3340
69.6
2322
23.8
2.86
60
1.99
O2
CO
NO
HCl
HBr
HI
18540
25524
22365
34420
30762
26605
2230
3070
2690
4140
3700
3200
46.5
64.0
56.1
86.3
77.1
66.7
1551
2135
1870
2879
2573
2225
17.2
23.0
20.1
126.4
100.6
74.8
2.07
2.77
2.42
15.2
12.1
9
43
58
50
317
252
188
1.44
1.93
1.68
10.57
8.41
6.26
Cl2
6734
810
16.9
563
2.9 0.346
7.2
0.24
Br2
3908
470
9.8
327
1.0 0.116
2.4
0.08
I2
2577
310
6.5
216
0.4 0.054
1.1
0.04
Tabelle 2: aus T.Hill: Statistical Thermodynamics
E
E
=
−34
h ⋅ N A 6.626 ⋅ 10 J ⋅ s ⋅ 6.022 ⋅ 10 23 mol −1
1 ν
ν
Wellenzahl: ν~ = = =
λ=Wellenlänge
λ c 2.9979 ⋅ 10 8 m ⋅ s −1
Frequenz: ν =
Beachten Sie den Einfluss der Atommassen und der Bindungskräfte auf die Schwingungsfrequenzen
5.5. Die Zustandfunktion U:
Wir haben gesehen:
U = NA ⋅ E
pro Freiheitsgrad:
k T
E = B
oder:
2
NA ⋅ E =
R ⋅T ⇒
2
Mit der Temperatur nimmt die mittlere Energie und damit U zu!
U=U(T) d.h. U hängt nur von der Zustandsgröße Temperatur ab
Beachte: Hier haben wir praktisch nur Beiträge der mikroskopischen kinetischen Energie zu U
berücksichtigt, die nur von T abhängen. Dies gilt nur für ein wechselwirkungsfreies ideales Gas. Im
realen Gas, trägt die gegenseitige Wechselwirkung zu U bei, und ist abhängig vom Abstand der
Moleküle, d.h. von V und p.
U ist uns nicht direkt zugänglich, aber ΔU kann gemessen werden.
ΔU hängt nur vom Anfangs- und Endzustand ab und ist eindeutig:
ΔU =U E (T ) −U A (T )
Deshalb:
U ist eine Zustandsfunktion
Es spielt keine Rolle auf welchem Weg ich von einem Anfangs- zu einem Endzustand gelange ⇒ U is
somit wegunabhängig
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
15
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Die Zustände A und E sind durch die Zustandsgrößen (Zustandsvariablen) p,V,T (und in
komplizierteren Fällen durch die Zusammensetzung ni) charakterisiert und haben eine eindeutige Innere
Energie U (dies gilt natürlich allgemein, d.h. auch für reales Gas).
CV ist ebenfalls eine Zustandsfunktion. Auch sie ist eindeutig durch die Zustandsvariablen festgelegt.
Auch für CV spielt es keine Rolle auf welchen Weg das System in einen bestimmten Zustand gelangt
ist.(CV ist unabhängig von der Vorgeschichte).
∂U
eindeutig und somit
Beweis: Da U eine Zustandsfunktion ist, ist auch die Ableitung von U: CV =
∂T V
eine Zustandsfunktion.
Wir werden noch weitere Zustandsfunktionen suchen und besprechen, die Eigenschaften des Systems
eindeutig festlegen:
Innere Energie U: spiegelt den Wärmeumsatz eines Systems bei konstanten Volumen
Enthalpie H: spiegelt den Wärmeumsatz eines Systems bei konstantem Druck
Freie Enthalpie G: ist die maximal nutzbare Arbeit in einem System
Im Gegensatz zu Zustandsfunktionen sind Wegfunktionen Größen, die vom Weg abhängen.
Beispielsweise sagen die Größen: Arbeit w und die Wärme q etwas darüber aus, auf welchem Weg ein
bestimmter Zustand erreicht wurde. Sie beschreiben aber nicht den Endzustand selbst.
Der 1. HS U = q + w sagt uns, dass U durch beide Energieformen verändert werden kann. Wir werden
nsehen, dass auf unterschiedlichen Wegen von einem Ausgangszustand A zu einem Endzustand E
unterschiedliche Beiträge von q und w zur Änderung von U führen.
Wir suchen zwei derartige verschiedene Wege:
Fig. 5.12
5.5.1.
Weg adiabatisch (s. Grundmodell 2):
mechanische Arbeit zugeführt: wad>0
adiabatisch (Δq=0)
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
⇒ T↑
16
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Bilanz der Inneren Energie:
wad =U E −U A ≡ΔU
Wir können die verbrauchte Arbeit wad messen ⇒ liefert ΔU
5.5.2.
Weg diathermisch (s. Grundmodell 4):
Isolation entfernen
mechanische Arbeit zugeführt: wb>0
auf dem Weg kann Wärme beliebig
zu- und abfließen
qb ≠0
w + q =U −U ≡ΔU
Bilanz der Inneren Energie: b
b
E
A
⇒ Der Arbeitsunterschied auf beiden Wegen entspricht gerade der ab- oder zugeflossenen
Wärmemenge:
wb − wad = qb
Spezielle Wege:
1.) pext=0 ⇒ keine Gegenkraft ⇒ „freie Expansion“
⇒ dw=-pext.dV =0
2.) pext=konstant
E
E
w =− ∫ pext ⋅ dV =− pext ⋅ ∫ dV
=− pext ⋅(VE −VA ) =− pext ⋅ΔV
A
A
5.6. Mathematische Hilfsmittel
Gegeben sei die Funktion f ( x , y ) .von zwei (oder mehr) Variablen (5.10) (Beispiel: ideales gas
n⋅ R ⋅T
n ⋅ R ⋅T a ⋅ n 2
oder reales Gas: p (T ,V ) =
)
−
V
(V − n ⋅b) V 2
Graphisch stellt f(x,y) eine Fläche dar, bei der jedem Wertepaar (x,y oder im Beispiel Temperatur und
Volumen) in der 2-dimensionalen x,y-Ebene ein "Höhenpunkt" f(x,y) (Druck) zugeordnet ist. Wir
betrachten zwei Punkte auf dieser Fläche, die dem Werte Paar (x1,y1) und (x2, y2) entsprechen. Der
"Höhen"-Unterschied zwischen den zwei Punkten auf dieser Fläche ist gegeben durch:
Δf = f ( x1 , y1 ) − f ( x2 , y2 ) (5.11)
p (T , V ) =
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
17
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Fig. 5.13
Will man auf einem bestimmten Weg von (x1,y1) nach (x2, y2) gelangen, so kann man diesen Weg in
"Treppenstufen" aufteilen und die Höhe aller Stufen aufsummieren um den gesamten Höhenunterschied
(Druckunterschied) zu bekommen. Macht man die Treppenstufen genügend klein, dann geht die Summe
in ein so genanntes Wegintegral (oder Pfadintegral) über und wir erhalten:
f ( x 2 , y 2 ) − f ( x1 , y1 ) =
( x2 , y2 )
∫
df (5.12)
( x1 , y1 )→Weg
Um die Integration von df ausführen zu können, muss der Weg zwischen den zwei Punkten (x1,y1) nach
(x2, y2) im Allgemeinen eindeutig vorgegebenen werden.
Bei Zustandsfunktionen ist die "Höhen"-Differenz zwischen den zwei Punkten (x1,y1) und (x2, y2)
unabhängig vom beschrittenen Weg.
Voraussetzung für die Wegunabhängigkeit ist, dass die Steigung zwischen beiden Punkten im
betrachteten Gebiet stetig ist.
Die Steigung einer mehrdimensionalen Funktion ist von der "Gehrichtung" abhängig. Man kann den
kürzesten Weg entlang der steilsten "Diretissima" nehmen (=maximaler Gradient), man kann aber auch
relativ flach entlang der Höhenlinien wandern, muss dann aber einen längeren Weg bis zum gleichen
Ziel in Kauf nehmen. Die Steigung setzt sich somit aus dem differentiellen Höhenunterschied df und
der Länge des differentiellen Wegstücks zusammen.
Die Summe (oder das Integral) über alle differentiellen Höhenunterschied df (= das Differential) gibt
uns schließlich den gewünschten gesamten Höhenunterschied. Wir können es zusammensetzen aus
einem partiellen Höhenzuwachs, wenn wir die Strecke dx nur entlang der x-Achse mit der Steigung
⎛ ∂f ⎞
⎛ ∂p ⎞
df x = ⎜ ⎟ ⋅ dx (im Beispiel: ⎜
⎟ , vgl. Isochore im p-T-Diagramm) gehen (y=konst) und dem
⎝ ∂T ⎠V
⎝ ∂x ⎠ y
partiellen Höhenzuwachs wenn wir anschließend entlang der y-Achse mit der Steigung
⎛ ∂f ⎞
⎛ ∂p ⎞
df y = ⎜ ⎟ ⋅ dy (im Beispiel: ⎜
⎟ , vgl. Isotherme im p-V-Diagramm) gehen. Zusammengesetzt
⎝ ∂V ⎠T
⎝ ∂y ⎠ x
ergibt sich der gesamte differentielle Höhenunterschied als:
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
18
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⎛ ∂f ⎞
⎛ ∂f ⎞
Differential df = ⎜ ⎟ ⋅ dx + ⎜ ⎟ ⋅ dy (5.13)
⎝ ∂x ⎠ y
⎝ ∂y ⎠ x
Veränderliche Steigungen
Wir können dann das Differential (5.13) in (5.12) einsetzen und erhalten:
( x2 , y 2 )
( u 2 ,v 2 ) ⎧
⎫⎪
⎛ ∂f ⎞
⎪⎛ ∂f ⎞
Δf =
=
df
⎨⎜ ⎟ dx + ⎜ ⎟ dy ⎬ .
∫
∫
⎝ ∂y ⎠ x ⎭⎪
( x1 , y1 )→Weg
( u1 ,v1 )→Weg ⎪
⎩⎝ ∂x ⎠ y
Besonders einfache Wege ergeben sich, wenn jeweils nur eine Variable verändert wird, während die
andere festgehalten bleibt. Dann ist nämlich dx=0 bzw. dy=0 und wir können über die Variablen
unabhängig integrieren (grundsätzlich lässt sich aber auch über andere Wege integrieren, da muss man
aber "buchführen" um wie viel die eine, und um wie viel die andere Variable bei jedem differentiellen
"Teilschritt" verändert wird und bei der Integration berücksichtigen.
[Dies ist kann man durch Einführen einer neuen Variablen (z.B. t) erreichen, von der sowohl x(t) als
auch y(t) abhängt (z.B. könnte t die Zeit sein. Durch x(t) und y(t) ist der Pfad eindeutig definiert und die
∂x
∂y
dazugehörigen Differentiale ausdrücken durch dx = ⋅dt bzw. dy = ⋅dt . Wir haben es dann nur noch
∂t
∂t
mit einer Integrationsvariablen zu tun und können unmittelbar aufintegrieren].
Uns interessieren aber in diesem Zusammenhang weniger die Integration selbst, sondern die
Eigenschaften die eine integrierbare Funktion aufweisen muss, und einige Rechenregeln für
Differentiale, die im Folgenden (ohne mathematischen Beweis zusammengefasst seien:
f(x,y) ist eine Zustandsfunktion, wenn es keine Rolle spielt, auf welchem Weg man von einem
Ausgangspunkt (x1,y1) zu einem Endpunkt (x2,y2) gelangt, d.h. wenn das Pfadintegral
( x2 , y2 )
Δf =
∫
df (5.14) wegunabhängig ist.
( x1 , y1 )→Weg
Spezielles Pfadintegral
∫ df , wenn man wieder auf den Ausgangspunkt gelangt (z.B. Kreisprozess).
Wegunabhängigkeit bedeutet dann, dass
∫ df
=0
sein muss.
Wenn also die Integration einer Funktion f(x,y) in einem Gebiet unabhängig vom eingeschlagenen
⎛ ∂f ⎞
⎛ ∂f ⎞
⎟ ⋅ dx + ⎜ ⎟ ⋅ dy (5.15) vollständig (exakt)
⎝ ∂x ⎠ y
⎝ ∂y ⎠ x
Weg ist, sagt man, dass dessen Differential df = ⎜
ist (man sagt auch: f(x,y) ist vollständig differenzierbar).
Die Mathematik sagt uns, dass dies nur dann der Fall ist wenn die Schwarz´sche Gleichung gültig ist:
⎛ ∂ ⎛ ∂f ⎞ ⎞
⎛ ∂ ⎛ ∂f ⎞ ⎞
⎜ ⎜ ⎟ ⎟ = ⎜ ⎜ ⎟ ⎟ (5.16)
⎜
⎟
⎜
⎟
⎝ ∂y ⎝ ∂x ⎠ y ⎠ x ⎝ ∂x ⎝ ∂y ⎠ x ⎠ y
d.h. wenn die Reihenfolge der partiellen Ableitungen vertauschbar ist!
Dann (und nur dann) ist die Integration auch wegunabhängig.
Rechenregel für partielle Differentiale:
⎛ ∂x ⎞
1
♦
Kehrwert (Inversion)
⎜ ⎟ = ∂y
⎝ ∂y ⎠ f ⎛ ⎞
⎜ ⎟
⎝ ∂x ⎠ f
Eulersche Kettenformel:
Wir können dx und dy immer so wählen, dass df=0 wird (wir bewegen uns dann entlang einer
Höhenlinie!) und erhalten:
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
19
© Dr. Ogrodnik SS2008
⎛ ∂f ⎞
⎛ ∂f ⎞
⎜ ⎟ ⋅ dx = − ⎜ ⎟ ⋅ dy wir teilen formal durch dy und erhalten:
⎝ ∂x ⎠ y
⎝ ∂y ⎠ x
⎛ ∂f ⎞
⎛ ∂f ⎞ ⎛ ∂x ⎞
⎜ ⎟ ⋅⎜ ⎟ = −⎜ ⎟
⎝ ∂x ⎠ y ⎝ ∂y ⎠ f
⎝ ∂y ⎠ x
Der Quotient aus dx und dy muss hierbei als partielles
⎛ ∂x ⎞
Differential ⎜ ⎟ geschrieben werden, da wir ja eingangs
⎝ ∂y ⎠ f
angenommen haben dass df=0, d.h. dass f festgehalten ist!
Wir bringen alles auf eine Seite und ordnen geschickt:
⎛ ∂x ⎞
⎜ ⎟
⎝ ∂y ⎠ f
⎛ ∂y ⎞ ⎛ ∂f ⎞
⋅ ⎜ ⎟ ⋅ ⎜ ⎟ = −1 (5.17) Eulersche Kettenformel
⎝ ∂f ⎠ x ⎝ ∂x ⎠ y
⎛ ∂x ⎞
Merkregel: Von ⎜ ⎟ ausgehen und x,y,f permutieren!
⎝ ∂y ⎠ f
5.7. Zustandsfunktion bei konstantem Druck: die Enthalpie
Frage: Normalerweise wird im Labor unter der Bedingung eines konstanten Drucks (atmosphärischer
Druck) gearbeitet. Wie groß ist die spezifische Wärme bei konstantem Druck: Cp
Wir können nicht mehr die innere Energie verwenden, da:
dq = dU − dw = dU + p ⋅ dV !!! (5.18)
≠0
Die Volumenarbeit muß berücksichtigt werden (wobei Druck konstant, d.h. dp=0)!
Wir suchen eine neue Zustandsfunktion deren Differential gerade dU + p ⋅ dV ergibt.
Wir betrachten das Produkt: p ⋅V
Dessen Differential ist: d ( p ⋅V ) = p ⋅dV +V ⋅dp = p ⋅dV , da dp=0 !
Wir definieren also die Zustandsfunktion:
Enthalpie:
H =U + p ⋅V
dH = dU + p ⋅dV +V ⋅dp
bei konstantem Druck ist dann: dH p = dU + p ⋅ dV = dq +
dw + p ⋅dV = dq p
− p ⋅dV
dH p = dq p
In einem System, welches bei konstantem Druck gehalten wird, gibt uns die Enthalpieänderung
eine Bilanz über die zu-/abgeführte Wärme
dq
∂H
=
=
C
p
Damit können wir die spezifische Wärme schreiben als:
dT p ∂T
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
20
© Dr. Ogrodnik SS2008
In der Praxis interessieren uns nur die Änderung der inneren Energie ΔU oder der Enthalpie ΔH
Beachte: ΔH=ΔU+Δ(p.V) =UE-UA + pE.VE- pA.VA
CV und Cp sind messbar. Da sie die differentiellen Größen dU und dH enthalten, lassen sich
daraus U Integration über den Wärmeumsatz bei konstantem Volumen und H durch
Integration bei konstantem Druck ermitteln.
Aber: U bzw. H haben keinen absoluten Bezugspunkt (Integrationskonstante!)
Deshalb wählen wir uns einen willkürlichen Bezugspunkt:
5.7.1.
Enthalpie der Elemente:
Definition: Die Enthalpie eines jeden Elements in seinem Zustand unter Standardbedingungen ist
Null
♦
p=1bar
♦
Tθ=250C / 298.15K
♦
Element in seiner stabilsten Phase (bei SATP =Standard ambient temperature and pressure)
♦
Daraus lassen sich die Enthalpien aller anderen Phasen und von chemischen Verbindungen
ableiten
5.8. Messung des Wärmeumsatzes - Kalorimetrie
5.8.1.
Adiabatische Kalorimetrie:
In einem möglichst gut isolierendem Gefäß (vgl. Thermoskanne) wird die Temperaturänderung des
Mediums beobachtet.
♦ Bei definierter Wärmezufuhr (elektrisches Heizelement) kann aus der Temperaturerhöhung auf
Cp (oder im geschlossenenGefäß CV) des eingefüllten Mediums schließen (die Wärmekapazität
der Gefäßwandung muss anhand von Eichmessungen mit bekannten Medium ermittelt werden
⇒ „Wasserwert“)
♦ Wärmeumsatz einer Reaktion
(Reaktionsenthalpie) oder eines
Phasenübergangs (Phasenübergangsenthalpie)
führt ohne äußere Wärmezufuhr zu einer
messbaren Temperaturänderung.
♦ In einem Bombenkalorimeter werden
Verbrennungsreaktionen bei konstantem
Volumen durchgeführt: Die Bombe befindet
sich in einem ständig gerührten Wasserbad.
Diese gesamte Anordnung ist das sog.
Kalorimeter. Das Kalorimeter wird wiederum
in ein äußeres Wasserbad gebracht. Die
Temperaturen des innern und des äußeren
Bades werden gemessen und abgeglichen. So
erreicht man, dass keinerlei Wärmeenergie
vom Kalorimeter auf die Umgebung (äußeres
Bad) abgegeben werden kann, also ein nahezu
adiabatischer Prozessverlauf gewährleistet
werden kann. Die Temperaturänderung im
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
21
© Dr. Ogrodnik SS2008
Inneren des Kalorimeters ist proportional zu der von der Reaktion abgegebenen oder
aufgenommenen Wärmemenge. Deshalb kann man
Fig. 5.14
durch Messung von dT auf die Wärmemenge q und damit auf die Innere Energie dU schließen
♦ Beispiel: Eine abgewogene Probe wird in die Bombe, die unter einem O2 – Druck von etwa
20atm steht, eingebracht. Der Heizdraht der in Kontakt mit der Probe steht wird elektrisch zum
Glühen gebracht. Damit wird die Verbrennungsreaktion gezündet. Unter dem hohen O2 – Druck
erfolgt eine rasche Verbrennung, verbunden mit einem schnellen Wärmeumsatz.
♦ Grenzen des Modells:
kein absolut adiabatisches System
es darf keine Arbeit geleistet werden
schwierige Messung der Temperatur
5.8.2.
Isotherme Wärmeflußkalorimetrie
minnen
Fig. 5.15 Wärmebilanzkalorimeter
Will man die gewünschten Enthalpien bei möglichst definierten Temperaturen ermitteln (z.B.bei
biochemischen Reaktionen), so nutz man die Wärmeflusskalorimetrie. Die Reaktion findet in einem
Reaktor statt, dessen Temperatur TR durch Wärmekontakt mit einem Temperiermedium im
Reaktormantel möglichst konstant (isotherm) gehalten wird. Um die im Reaktor entstehende/oder
verbrauchte Wärme ab- oder zuzuführen (innerer Mantelkreislauf), muss das Temperiermedium mit
umgewälzt werden. Dieser Wärmefluß führt zu einer kleinen (sehr präzise
einer Pumpe
messbaren) Temperaturdifferenz zwischen Manteleingang (TM,1) und Mantelausgang (TM,2), und
errechnet sich aus dieser Differenz und dem Massendurchfluss des (minnen) Temperiermediums. Am
inneren Mantelkreislauf gekoppelt ist ein äußerer Wärmekreislauf, der mittels eines Wärmetauschers
die überschüssige Wärme abführt oder mittels der Heizung Haussen die fehlende Wärme zuführt.
Wärmetauscher, Heizung und der zweiten Pumpe werden so geregelt, dass eine kleine
Temperaturspreizung zwischen TR und der Einspeisetemperatur in den inneren Kreislauf TM,0 entsteht.
Bei exothermen Reaktionen muss TR etwas größer sein als TM,0, damit ein möglichst gleichmäßiger
Wärmeabfluß zwischen Reaktor und Mantel gewährleistet ist. Entsprechend muss bei endothermen
Reaktionen Wärme zugeführt und folglich TM,0 >TR gehalten werden. Um keine Wärme nach außen zu
verlieren wird die gesamte Apparatur in ein Luftbad gestellt, dessen Temperatur TB durch einen
Heizlüfter so thermostatisiert wird, dass TB≈TM,0 ist. Die dem Reaktor durch Rühren zugeführte
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
22
© Dr. Ogrodnik SS2008
mechanische Energie muss abgezogen werden, und kann aus Rührerdrehzahl N und Drehmoment Md
berechnet werden.
Reaktionen niedriger Wärmetönung stellen jedoch höchste Anforderungen an die Temperaturmessung
TM,1-TM,2. Bei kleinen oder veränderlichen Wärmedurchgangskoeffizienten der Wärmeaustauschflächen
ist es besonders schwer im Reaktor isotherme Bedingungen einzuhalten. In solchen Fällen kann ein
zusätzliches Ballastgefäß zwischen Reaktor und Mantel für eine möglichst hohe Temperaturkonstanz
sorgen.
5.8.3.
Wärmestrom-Differenz-Kalorimetrie
Auf einer wärmeleitenden Scheibe
im Inneren eines Ofens sind
symmetrisch zum Mittelpunkt zwei
Reaktionsgefässe mit einer Probe
und einer inaktive Referenz
positioniert.
Bei
thermisch
gleichem Verhalten sind die
Wärmeströme vom Ofen zur Probe
und zur Referenz betragsmäßig
gleich,
so
dass
keine
Temperaturdifferenz zwischen den
Gefässen meßbar ist. Wird bei
einer Reaktion der Probe Wärme
verbraucht
oder
freigesetzt,
entsteht eine Temperaturdifferenz.
Die Wärmeströme passen sich an,
um
dieses
Ungleichgewicht
Thermoelemente
⇒Fig. 5.16
auszugleichen.
Die aktuelle Temperaturdifferenz wird gemessen und ist proportional zum Unterschied der
Wärmeströme. Nach geeigneter Kalibrierung erlaubt sie eine Bestimmung der Umwandlungswärme.
Materialwahl, Bauform und Probe bestimmen über die Wärmeleitfähigkeit die Empfindlichkeit und
Zeitkonstante dieses Gerätetyps.
5.9. Phasenübergangsenthalpie
Materie kann in den verschiedenen Phasen die sich strukturell unterscheiden vorliegen. Damit sind auch
Unterschiede in den intermolekularen Wechselwirkungen verbunden, die (bei Phasenübergängen
1.Ordnung) zu sprunghaften Änderungen die innere Energie der Substanz führen, ohne das sich dabei
die Temperatur ändert. Führt man ein System von einer Phase in die andere, so wird diese Energie in
Form von Arbeit und Wärme umgesetzt (1.HS). Im Gegensatz zur Arbeit kann man den Wärmeumsatz
= Phasenübergangswärme relativ leicht messen. Bei konstantem Druck ist diese
Phasenübergangswärme = Phasenübergangsenthalpie
Beispiel:
Wasser
Um ein mol Wasser durch Sieden (oder bei Standardtemperatur durch Verdunsten) zu Verdampfen
benötigt man die Wärmemenge ΔHVerd (1000C)= 40.656 kJ/mol (bzw. bei ΔHVerd(Tθ)=44.016 kJ/mol).
Achtung: Beim Kondensieren wird dieselbe Wärmemenge wieder frei (sie muß beispielsweise in einem
Kondensationswäschetrockner durch Kühlwasser abgeführt werden).
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
23
© Dr. Ogrodnik SS2008
Fig. 5.17: Phasendiagramm von Wasser
1. Schmelzenthalpie
6.009 kJ/mol
8.
6. SublimationsEnthalpie
≈ΔHSchmelz+
ΔHVerdampf*)
3. VerdampfungsEnthalpie: 44.0 kJ/mol
2.
4.
7.
5.
*) ergibt sich aus dem Satz von Hess (siehe unten), genauere Berechnung anhand eines geschlossenen
Kreisprozesses (1. Schmelzen, 2. isobare Erwärmung, 3. Verdampfung, 4. isotherme Expansion, 5.
isobare Abkühlung, 6. Sublimation, 7. isotherme Kompression, 8. isobare Erwärmung, vgl. Haber-BornZyklus unten)
Beispiel:
Kohlenstoff
Kohlenstoff kann in Form von Graphit oder als Diamant vorliegen, aber auch wenn man Graphit im
Lichtbogen verdampft als C2 , C4, C6 Gas, welches beim Abkühlen als Fulleren auskondensieren kann.
Diamant:
tetraedrische Bindung
sp3-Hybrid ⇒ starke Vernetzung
⇒ große Härte
große Verspannungsenergien ⇒
deshalb weniger stabil als Graphit
Graphit:
Hexagonale Schichtstrukturen
sp2-Hybrid (geringe Verspannung)
Schichten können gleiten
⇒ trockenes Schmiermittel
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
24
Fulleren: z.B. C60
12 Fünfecke und
20 Sechsecke
abgestumpftes Ikosaeder
© Dr. Ogrodnik SS2008
Graphit, stabilste Phase
bei SATP ⇒
H O =0
Fig. 5.18: Phasendiagramm Kohlenstoff
Anhand eines Phasendiagramms von Kohlenstoff kann man erkennen unter welchen Bedingungen die
jeweils stabilste allotrope Modifikation vorliegt. Bei Standardbedingungen ist Graphit am stabilsten
H O = 0 . Während Diamant 4 tetraedrische Einfach-Bindungen ausbildet, ist der Kohlenstoff im
hexagonalen Graphit dreifach koordiniert, bildet dafür aber eine Doppelbindung aus, während zwischen
den Graphitschichten nur schwache van der Walls Wechselwirkungen aktiv sind. Deshalb ist die
Enthalpie der Diamantmodifikation bei SATP nur um weniges größer
H Diamant =ΔH PhasenÜG =+1.895 kJ/mol .
Bei p>10kbar und T>1000K stellt Diamant die stabilere Modifikation dar. Der Übergang zwischen den
beiden Phasen findet aber nicht an den „Phasengrenzen“ statt. Sowohl Diamant als auch Graphit können
nämlich als metastabile Phase außerhalb des Gebietes ihrer maximalen Stabilität existieren. Da beim
Übergang von der Diamant- zur Graphitstruktur eine der 4 tetraedrischen Bindungen aufgebrochen,
bzw. in umgekehrter Richtung eine Doppelbindung in eine Einfachbindung umgewandelt werden muss,
existiert zwischen beiden Strukturen eine große Energiebarriere die jeweils erst überwunden werden
muss. Dadurch wird der Übergang zwischen beiden Strukturen so langsam, dass er unter
Normalbedingungen praktisch nicht erfolgt. Erst wenn ein extrem hoher Druck von ≈200kbar und eine
Temperatur von ≈4000K erreicht werden, kann der Übergang von diamant nach Graphit innerhalb einer
sinnvollen Zeitstattfinden. Derartige Temperaturen und Drücke können nur durch schlagartiges
Aufheizen von hochkomprimiertem Graphit durch einen Laserblitz (500mJ in 5ns⇒108 Watt) erreicht
werden. In den 1950-er Jahren fand man eine Methode um bei weniger extremen Bedingungen (70kbar,
1500-2300K) unter Zuhilfenahme von Metallen als Katalysatoren (Tantal, Kobalt) aus Graphit große
Diamantkristalle zu erzeugen. Diese Diamanten sind anhand der Metallverunreinigungen leicht von
„echten“ in großen Erdtiefen auf natürliche Weise gebildeten Diamanten zu unterscheiden.
Bei niederen Drücken sublimiert Graphit zu gasförmigem Kohlenstoff mit einer Sublimationsenthalpie
von ΔH subl =+716.68 kJ/mol .
5.10. Reaktionsenthalpien: Δ r H
O
Auch bei chemischen Reaktionen unter konstantem Druck führt die Enthalpie Bilanz über die
abgegebene oder aufgenommene Wärme = Reaktionswärme = Reaktionsenthalpie ΔrH
und können folglich kalorimetrisch bestimmt werden.
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
25
© Dr. Ogrodnik SS2008
Beispiel:
Kohlendioxid
C(s.Graphit)+O2(g)→ CO2(g)
5.10.1.
Bombencalorimeter!
Δ r H O =Δ B H O =−393.5 kJ/mol
Energie wird
in Form von
Wärme frei!
Satz von Hess (Gesetz der konstanten Wärmesummen)
Da H eine Zustandsfunktion ist, erhält man für eine Bruttoreaktion immer dasselbe ΔrHθ, unabhängig
vom Weg (oder den Teilschritten) der zu den Produkten führt.
Schlussfolgerung ⇒
Die Standardenthalpie einer Reaktion ΔrHθ ist gleich der Summe der Standardreaktionsenthalpien einer
beliebigen Folge von Teil-Reaktionen, in die die betreffende Reaktion formal zerlegt werden kann.
Fig. 5.19: Beispiel:
H
Kohlendioxid (s.o.)
C(s.Graphit)+1/2O2(g)→ CO(g)
CO(g) )+1/2O2(g)→CO2(g)
C(s) +
-110kJ
CO(g) + ½
-393kJ
-283kJ
CO2(g
Beispiel: Verbrennung von Propen
Gesuchte Verbrennungsreaktion:
C3H6(g) + 9/2 O2(g) -> 3CO2(g) + 3 H2O(l)
1. Teilschritt: Hydrierung von Propen
CH2=CHCH3(g) + H2(g) → CH3CH2CH3(g)
Δ r H1O =−124
kJ
mol
2. Teilschritt: Verbrennung von Propan
O
CH3CH2CH3(g) + 5O2(g) → 3CO2(g) + 4H2O(l) Δ r H 2 =−2220
3. Teilschritt: Dissoziation von Wasser ⇒ negative Bildungsenthalpie (s.u.)
Δ r H 3O =+286
H2O(l) → H2(g) + ½O2(l)
kJ
mol
kJ
= +286 kJ/mol
mol
O
C3H6(g) + 9/2 O2(g) → 3CO2(g) + 3 H2O(l) Δ r H gesamt =−2058
kJ
mol
Aufgrund des Satzes von Hess kann man im Prinzip stets die Bildung einer beliebigen Verbindung auf
kalorisch messbare Teilreaktionen zurückführen ⇒
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
26
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Spezialfall: Wir bauen eine Verbindung aus den elementaren Bestandteilen auf, deren Enthalpie wir als
H=0 definiert haben.
Def.:Die Standardbildungsenthalpie ΔBHθ einer chemischen Verbindung
ist die Reaktionswärme, die bei SATP (d.h. auch unter konstantem Druck ⇒ Enthalpie!)
aufgebraucht (endotherm)
oder freigegeben (exotherm)
wird, um aus den reinen elementaren Bestandteilen (Elemente⇒H=0!) eine Verbindungen (rein,
getrennt) zu bilden.
Die so gewonnenen Standardbildungsenthalpien sind tabelliert ⇒
Atkins, Anhang
Handbook of Chemistry and Physics, CRC Press, Boca Raton
NBS Tables of chemical thermodynamic properties, suppl. 2 Vol. 11 of J. Phys. Chem. Ref.
Data, 1982
http://webbook.nist.gov/chemistry
5.10.2.
Reaktionsenthalpien Δ r H O
Mit dem Satz von Hess und anhand der tabellierten Standard Bildungsenthalpien lassen sich nun die
einer beliebigen Reaktion berechnen:
⎯⎯
→ b1B1 +b2 B2 +....+bi Bi +....bn Bn
a1 A1 + a2 A2 +.....+ ai Ai +.....am Am ←⎯
⎯
Edukte
Δ r H O = ∑ bi ⋅Δ B H i −
Produkte
∑
Produkte
ai ⋅Δ B H i (5.19)
Edukte
Fig. 5.20
5.10.3. Bindungsdissoziationsenthalpie ΔBHA-B
Mittelwert der Standardreaktionsenthalpien von verschiedenen Molekülen für den Bruch einer
bestimmten Bindung: A-B
kJ
Beispiel: O-H: H2O→H+OH
Δ B H HO−OH =+492
mol
OH→ O + H
Δ B H HO−O =+429
Mittelwert:
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
kJ
mol
EO − H =+463
27
kJ
mol
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Entsprechend kann man noch weitere Bindungsdissoziationsenergien untersuchen:
und jeweils daraus Mittelwerte bilden, die uns als typische Bindungsenthalpien ein Maß
unterschiedlichen Bindungsstärken der einzelnen chemischen Bindungen liefern. Am obigen Beispiel
des Wasser sehen wir, dass die Bindungsdissoziationsenthalpien von der Elektronenstruktur im
Restmolekül abhängt. Die Dissoziation des OH-Radikals ist leichter, da die Elektronenstruktur des
Radikals nicht zu geschlossenen Schalen führt, im Gegensatz zum H2O Molekül. Deshalb ist es leichter
die OH-Bindung im -Radikal zu brechen, als das erste H vom energetisch stabilen H2O Molekül
abzutrennen. Dennoch kann die Summe der einzelnen Bindungsenthalpien zur groben Abschätzung
der gesamten Bildungsenthalpie eines Moleküls dienen.
5.10.4. Born-Haber-Kreisprozess
Motivation: Viele Reaktionschritte oder Phasenübergänge sind nicht direkt messbar. In solchen Fällen
sucht man eine Folge von vermessbaren Reaktionen, die den unzugänglichen Reaktionsschritt beinhaltet
und in einem geschlossenen Reaktionszyklus schließlich zum Ausgangszustand führt.
Beispiel:
Gitterenenthalpie = Enthalpie, die nötig ist um Ionen aus dem Gitter zu lösen (und ins Vakuum zu
bringen)
Kristallines NaCl(s):
Teilschritte
O
ΔH Bildung
1) Bildung (aus Elementen)
Na(s) + ½Cl2 → NaCl(s)
2) Sublimation von Na(s)
Na(s) → Na(g)
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
O
ΔH Sub
,m
28
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3) Ionisierung von Na(g)
4) Dissoziation von ½Cl2(g)
Na(g) -> Na+(g) + e-(g)
I+RT
½Cl2(g) -> Cl(g)
Cl(g) + e-(g) -> Cl-(g)
EA-RT
6) Bildung des Kristalls (aus Ionen) Na+(g) + Cl-(g) -> NaCl (s)
5) Elektronenanlagerung an Cl(g)
Ionisierungsenergie
O
1/ 2⋅ΔH Bindung
Elektronenaffinität
Summe der Enthalpieänderungen im Kreisprozess = 0
Beachte: Die Ionisationsenergie, die Elektronenaffinität und die Gitterenergie sind Änderungen der
inneren Energie ΔU. Die entsprechende Enthalpieänderung errechnet sich wegen H =U + p ⋅V zu:
isotherm
ΔH =ΔU + p2 ⋅V2 − p1 ⋅V1 =ΔU + n2 ⋅R⋅T2 − n1 ⋅R⋅T1
=
ΔU +Δn⋅ R⋅T
Δ ( p⋅V )
d.h. für jedes Teilchen welches bei einer Teilreaktion neu gebildet wird RT addiert, für jedes
welches verloren geht wird RT subtrahiert.
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
29
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5.11. Temperaturabhängigkeit der Reaktionsenthalpie: Kirchhoff´scher Satz
∂H
Mit:
∂T
T2
T
2
∂H
⋅dT = H (T1 ) + ∫ C p ⋅dT
=C p ⇒ H (T2 ) = H (T1 ) + ∫
∂
T
p=const
T
T
1
1
für jedes Edukt- und Produkt!
Stöchiometrischer
Koeffizient
Δ r H (T2 ) =
∑
Bildungsenthalpie
Produkte
=
∑ ν j ⋅Δ B H (T2 )
ν j ⋅Δ B H (T2 ) −
∑
Edukte
ν j ⋅Δ B H (T1 ) −
Produkte
T2
∑ ν j ⋅Δ B H (T1 )+ ∑
Edukte
ν j ⋅ ∫ C p ⋅dT −ν j ⋅
Produkte
Δr H (T1)
T1
T2
∑ ∫ C p ⋅dT
Edukte T1
T2 Produkte
Edukte
⎧
⎫
⎪
ν j ⋅C p −
ν j ⋅C p ⎪⎬ ⋅dT
⎨
⎪⎭
j
j
T1 ⎪⎩
∫
∑
∑
Δ rC p
T2
Δ r H (T2 ) =Δ r H (T1 ) + ∫ Δ r C p ⋅dT
Kirchhoff´scher Satz
T1
mit Δ r C p =
Produkte
Edukte
j
j
∑
ν j ⋅Cp −
∑ ν j ⋅Cp
Differenz zwischen den gewichteten
Wärmekapazitäten der Produkte und Edukte.
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
30
© Dr. Ogrodnik SS2008
Cp spiegelt die
Temperaturabhängigkeit von H
wieder (Steigung)
Beispiel: Die Standardbildungsenthalpie von H2O bei 25°C ist –241.82 kJmol-1.
Wie groß ist sie bei 100°C? (wichtig: ΔBH bezieht sich auf die Reaktion zur Bildung aus den
Elementen)
Δ B H HO2O (T2 ) =Δ B H HO2O (T2 ) +Δ r C p ⋅(T2 −T1 )
Kirchhoff:
B
H2(g)+ ½ O2(g) → H2O(g)
formal alles auf eine Seite bringen: -H2(g) - ½ O2(g) +H2O(g) = 0
wir wählen: T1= Standardtemperatur:
Δ r H H 2O (T1 ) =Δ B H HO2O =−241.82
T2=100oC
Δ r H H 2O (T2 ) =Δ B H
T2
O
H 2O
+ ∫ Δ r C p ⋅dT =Δ B H HO2O +Δ r C p ⋅(T2 −T1 ) =−242.6
T1 const
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
75K
J
745.5
mol
31
kJ
mol
kJ
mol
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5.12. Grundmodelle der Energie und Wärmeübertragung:
diathermisch
5.12.1.
Wärmezufluß
⇒
Temperaturerhöhung
isochor
ΔT=0
adiabatisch
5.12.2.
Mechanische Arbeit zugeführt
⇒
Temperaturerhöhung
Schlussfolgerung: sowohl Wärme als auch mechanische Arbeit führen zu Temperaturerhöhung
Kompliziertere Modelle als Grundlage von Wärmekraftmaschinen
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
32
© Dr. Ogrodnik SS2008
⇒
diathermisch
5.12.3.
Wärmezufluß
Temperaturerhöhung
mechanische Arbeit abgegeben
ΔT=0
⇒
diathermisch
5.12.4.
Mechanische Arbeit zugeführt
Temperaturerhöhung
Wärmeabfluß
ΔT=0
Schussfolgerung: komplizierte Energieflüsse ⇒ Wir benötigen geeignete Erhaltungsgrössen!
(Grundproblem der Thermodynamik)
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
33
© Dr. Ogrodnik SS2008
5.13. Reversible Änderung
Zustandsänderung, die durch infinitesimale Änderung einer Zustandsvariablen
wieder rückgängig gemacht werden kann.
Konkretisierung: Ein System ist nur dann reversibel, wenn die sich ändernden Zustandsgrößen des
Systems zu jedem Zeitpunkt im Gleichgewicht mit der Umgebung ist.
Mechanisch:
Gas:
Ausgangszustand A
Endzustand E
irreversibel:
reversibel:
irreversibel:
reversibel:
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
34
© Dr. Ogrodnik SS2008
Bei der freien Expansion ins Vakuum
erfolgt die Expansion "unkontrolliert"
und kann nicht rückgängig gemacht
werden. Es ist kein Gegendruck
vorhanden, der im Gleichgewicht ist ⇒
irreversibel
Die Gasmoleküle gehen nicht mehr in
die linke Kammer zurück!
Der Innere Druck muss bei der reversiblen
Expansion im Gleichgewicht mit dem
Gegendruck eines Kolbens sein, der in
infinitesimalen Schritten (d.h. stetig und
nicht ruckweise) eine Expansion bewirkt.
Dieser Vorgang kann in jedem Zeitpunkt
gestoppt und rückgängig gemacht werden,
d.h. mit dem Kolben komprimieren.
Damit eine Expansion reversibel verlaufen kann, muss zu jedem Zeitpunkt gelten
pintern =pext
⇒
dw = -pdV (reversibler Fall)
VE
Gesamtarbeit:
w=− ∫ p (V )dV
VA
Wir benötigen p(V)!
Beispiel: Ideales Gas
5.14. Isotherme, reversible Volumenarbeit eines idealen Gases
Isotherm = ständiger Wärmeaustausch mit Umgebung (Wasserbad, Thermostaten)
⇒ T = konst
n⋅ R⋅T
zu jedem Zeitpunkt!
V
VE
1
V
w=− n⋅ R⋅T ∫ dV =− n⋅ R⋅T ⋅ln(V ) VE =− n⋅ R⋅T ⋅[ ln(VE ) − ln(VA ) ]
A
V
VA
pext = p =
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
35
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⎛V ⎞
w=− n⋅ R⋅T ⋅ln ⎜ E ⎟
⎝ VA ⎠
VE < VA, dann ist w positiv (Kompression), Arbeit am System, U wird größer.
VE > VA, dann ist w negativ (Expansion), Arbeit vom System, U wird kleiner
Je größer T ⇒ desto größer Druck p ⇒ desto mehr Arbeit
Je größer n (mehr Teilchen)⇒ desto größer Druck p
⇒ desto mehr Arbeit
Beachte: höherer Druck des Systems erfordert höheren Gegendruck!
Bleibt der äussere Gegendruck pext konstant ⇒ irreversibel!!
wrev ist größer als wirrev.
Schlussfolgerung:
Unter reversiblen Bedingungen wird die maximal mögliche Volumenarbeit geleistet.
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
36
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Joule´sches Experiment
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
37
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Ideales Gas: w lässt sich berechnen:
Schussfolgerungen:
1. Joule´sche Experiment ⇒ ΔU=0
♦ gilt nur exakt für ideales Gas!
♦ bessere Messungen am realen Gas von Joule + Thompson ergeben q≠0! (siehe später) ⇒ ΔU≠0
2. keine WW im idealen Gas
3. da keine WW
⇒ U hängt nur von der kinetischen Energie ab
⇒ U hängt von T ab! ⇒ CV
⇒ U hängt nicht vom Abstand der Teilchen ab
⇒ U hängt nicht von der Dichte bzw. von V ab!
Wir werden im Kapitel Entropie in einem zeigen, dass die Änderung der inneren Energie mit dem
⎛ ∂U ⎞
Volumen ⎜
⎟ gerade der Binnendruck ist!
⎝ ∂V ⎠T
5.15. Joule-Thomson-Effekt: Temperaturänderung bei adiabatischer Expansion
James Joule
William Thomson = Lord Kelvin
1842 haben beide eine verbesserte Versuchsanordnung zur Messung der Temperaturänderung bei
adiabatischer Expansion gefunden:
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
38
© Dr. Ogrodnik SS2008
Vorteil: Man misst nicht die Temperaturerhöhung im Wärmebad sondern Temperaturerhöhung direkt im
Gas ⇒ geringere spezifische Wärme ⇒ grösseres ΔT
Expansion (pE<pA) führt bei 298K i.A. zu
Temperaturerniedigung TE < TA
He, H2 und Ne⇒ Temperaturerhöhung bei 298K
Beobachtung:
Ausnahmen:
5.15.1.
Thermodynamische Analyse des Joule-Thomson-Effekts:
adiabatisch (isoliert) ⇒ q=0
⇒ ΔU=w
Berechnung der Arbeit bei Durchgang des Gases durch die Membran (oder Drossel)
♦
Vor der Membran:
pA und TA.
Pro Zeiteinheit wird ein bestimmtes Volumen VA wie mit einem imaginären Kolben in die Membran
hineingepresst und "verschwindet" im
Porenlabyrinth der Membran (V=0):
Der linke Kolben (=das System) muss Arbeit
verrichten: wA= - pA.(0-VA)
♦
Nach der Membran
Eine entsprechende Gasmenge tritt rechts aus
den Membranporen aus und beansprucht jetzt ein
Volumen VE. Dabei muss es gegen den imaginären
Kolben bei einem Druck pE drücken.
Am rechten Kolben (= am System) wird Arbeit
verrichtet:
wE= - pE.(VE - 0)
Da hier der Druck kleiner ist wird das Endvolumen VE größer sein ⇒ pE, TE und VE.
Gesamtarbeit:
⇒ Enthalpie:
!
wges = wA + wE = p A ⋅V A − pE ⋅VE = ΔU
ΔH =ΔU + p E ⋅VE − p A ⋅V A = p A ⋅V A − p E ⋅VE + p E ⋅VE − p A ⋅V A = 0
ΔH =0 :
Die Enthalpie ändert sich nicht ⇒ isenthalpischer Prozess
ΔT
Man misst die Temperaturänderung pro Druckeinheit:
Δp
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
39
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Kleine Δp ⇒ differentielle isenthalpische Temperaturänderung des Gases mit dem Druck ⇒partielle
Ableitung
⎛ ∂T ⎞
⎟ Joule-Thomson Koeffizient (5.20)
⎝ ∂p ⎠ H
μ JT =⎜
Im folgenden wird gezeigt, dass sich der Joule-Thomson Koeffizient aus der spezifischen Wärme Cp
und dem thermischen Auadehnungskoeffizienten α berechnen lässt, beides Größen die sich
experimentell leicht bestimmen lassen:
⎛ ∂x ⎞ ⎛ ∂y ⎞ ⎛ ∂z ⎞
⎟ ⋅ ⎜ ⎟ ⋅ ⎜ ⎟ = −1 (5.21)
⎝ ∂y ⎠ z ⎝ ∂z ⎠ x ⎝ ∂x ⎠ y
Wir wenden die Eulersche Kettenformel: ⎜
auf Joule Thomson Koeffizient (5.20) an und erhalten:
⎛ ∂T ⎞
⎜
⎟
⎝ ∂p ⎠ H
⎛ ∂H ⎞
⎜ ∂p ⎟
⎛ ∂p ⎞ ⎛ ∂H ⎞
1 ⎛ ∂H ⎞
⎛ ∂T ⎞
⎝
⎠T
⋅⎜
⋅
=
−
1
⋅⎜
=
−
⇒
⇒ μ JT = −
⎟ ⎜
⎟
⎟ (5.22)
⎜
⎟
C p ⎝ ∂p ⎠T
⎝ ∂H ⎠ T ⎝ ∂T ⎠ p
⎛ ∂H ⎞
⎝ ∂p ⎠ H
⎜
⎟
⎝ ∂T ⎠ p
Cp
⎛ ∂H ⎞
Wir werden in Kapitel Gibbs´sche Gleichungen ⎜
⎟ berechnen und zeigen, dass
⎝ ∂p ⎠T
1 ⎪⎧ ⎛ ∂V ⎞
⎪⎫
⋅ ⎨T ⋅ ⎜
μ JT =
⎟ −V ⎬
C p ⎪⎩ ⎝ ∂T ⎠ p
⎪⎭
α≡
Mit dem thermischen Ausdehnungskoeffizient (1. Kapitel):
V
μ JT =
{α ⋅ T − 1}
Cp
(5.23)
α ideal
Beachte: Aus dem idealen Gasgesetz ergibt sich:
1 ⎛ ∂V ⎞
⎜
⎟
V ⎝ ∂T ⎠ p
erhalten wir:
⎛ ⎛ n ⋅ R ⋅T
⎜ ∂⎜
p
1 ⎛ ∂V ⎞
p
= ⎜
⋅⎜ ⎝
⎟ =
V ⎝ ∂T ⎠ p n ⋅ R ⋅ T ⎜
∂T
⎜
⎝
μ JT =
(vgl. Gasthermometer), so dass wir auch schreiben können:
Für
♦
♦
♦
♦
V
Cp
⎞⎞
⎟⎟
⎠⎟ = 1
⎟
T
⎟
⎠p
⎧ α
⎫
− 1⎬
⎨
⎩α ideal ⎭ (5.24)
⎛ ∂T ⎞
⎟ ergeben sich folgende Fälle bei der Expansion eines Gases (dabei ist dp negativ):
⎝ ∂p ⎠ H
μ JT =⎜
idealesGas
Ideales Gas: α = α ideal ⇒ μ JT
=0
Für reale Gase kann μ positiv oder negativ sein:
1
α < α ideal = ⇒ μJT>0( positiv): ⇒ dT negativ ⇒ Gas kühlt ab
T
1
α > α ideal = ⇒ μJT <0 (negativ): ⇒ dT positiv ⇒ Gas erwärmt sich
T
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
40
© Dr. Ogrodnik SS2008
5.15.2.
Temperaturabhängigkeit von µJT
Betrachten wir T ( p ) H , d.h. die Temperatur als Funktion des Druckes bei konstanter Enthalpie in einem
T-p-Diagramm, so ergibt μJT die Steigung dieser Isenthalpen. Deshalb lassen sich ausgehend von sehr
kleinen Drücken für unterschiedliche Starttemperaturen die Isenthalpen aus den bei den jeweiligen
Temperaturen und Drücken gemessenen μJT rekonstruieren, da sie ja jeweils die Steigung angeben.
Folgende Figur gibt eine typische Isenthalpenschar wieder. Die schattierte Fläche markiert den Bereich,
in dem µ positiv ist, ausserhalb dieses Gebietes ist µJT negativ.
Die Inversionskurve ist die Begrenzungslinie zwischen dem Gebiet mit positivem und
negativem Joule-Thomson-Koeffizienten (Vorzeichenwechsel von μJT(T) ⇔ die
Summe aller Maxima der Isenthalpen).
T max =
27
⋅Tkrit
4
p max ≈8.5⋅ pkrit
T p max =
15
⋅Tkrit
4
Expansion
Abkühlung
T
min
3
= ⋅Tkrit
4
Expansion
Erwärmung
Fig. 5.21: Isenthalpen in einem T-p_Diagramm
5.15.3.
und dieWechselwirkung zwischen Molekülen
Exkurs: Berechnung von α, µJT und der Inversionskurve für ein reales Gas aus der van
der Waalsgleichung
Um den Joule-Thomson Koeffizioenten zu berechnen, benötigen wir laut Gl. ??? den
∂Vm
Ausdehnungekoeffizienten α, bzw. zunächst
. Da die van der Waals Gleichung nach dem Volumen
∂T
aufgelöst eine umständliche kubische Gleichung ergibt, lösen wir bequemlichkeitshalber nach dem
∂Vm
R⋅T a
∂
erhalten,
Druck auf und leiten die Gleichung nach T ab: p =
− 2 ⋅ , wobei wir Terme mit
V −b Vm ∂T
∂T
∂Vm
und lösen erst anschließend nach
auf.
∂T
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
41
© Dr. Ogrodnik SS2008
∂p
=
∂T
0
=
∂
∂T
⎛ R⋅T ⎞
⎜
⎟
⎝ Vm −b ⎠
R⋅(Vm −b ) − R⋅T ⋅
(Vm −b )
2
∂Vm
∂T
⎛ a ⎞
⎜ 2⎟
⎝ Vm ⎠
−
∂
∂T
−
−2⋅a ∂Vm
⋅
Vm3 ∂T
Wir ordnen die Terme:
R
=
(Vm −b )
⎧⎪ R⋅T
2 ⎫⎪ ∂Vm
+
⋅
⎨
2
3⎬
∂T
⎪⎩ (Vm −b ) Vm ⎪⎭
gemeinsamer Nenner:
R⋅T ⋅Vm3 + 2⋅(Vm −b )
(Vm −b )
2
∂Vm
=
∂T
⇒
Vm −b
2⋅a ⎛ Vm −b ⎞
T−
⋅⎜
⎟
R⋅Vm ⎝ Vm ⎠
2
2
3
⋅Vm
Wir erhalten schließlich: α =
1 ∂V m
=
V m ∂T
Vm − b
2 ⋅ a ⎛ Vm − b ⎞
Vm ⋅ T −
⋅⎜
⎟
R ⎝ Vm ⎠
2
Man könnte jetzt V aus der van der Waalsgleichung einsetzen und anhand von Gl. ??? µJT berechnen
(unanschauliche Gleichung). Um die höheren Potenzen loszuwerden kann man auch eine
Virialentwicklung durchführen und beim linearen Term abbrechen.
Die Inversionskurve können wir jedoch ohne weitere Näherung berechnen. Dazu setzen wir µJT=0,
bzw:.
!1
Vm − b
α=
=
2
2 ⋅ a ⎛ V m − b ⎞ T und ordnen nach Termen mit T und V
Vm ⋅ T −
⋅⎜
⎟
R ⎝ Vm ⎠
2⋅a
Vm − b = Vm −
R ⋅T
⇒
2
2
⎛V −b ⎞
⎛
1 1
R ⋅T
b ⎞
b ⋅ R ⋅T
⋅⎜ m
= ∓
⇒
⎟ ⇒ ⎜1 −
⎟ =
Vm b
2⋅ a ⋅b
2⋅a
⎝ Vm ⎠
⎝ Vm ⎠
2
⎛
b ⎞
⎜1 −
⎟
⎝ Vm ⎠
Um 1/Vm zu eliminieren setzen wir in die van der Waals Gleichung ein:
1 R⋅T
1 ⎛1
R⋅T
R⋅T ⎞
p= ⋅
− a⋅ 2 =⎜⎜ −
⋅
⎟
⎟
Vm 1−b⋅ 1
⎛1
Vm ⎝ b 2⋅a⋅b ⎠
R⋅T ⎞
−
1
b
−
⋅
⎜
⎟
Vm
2⋅a⋅b ⎠
⎝b
+
−
⎛1
R⋅T ⎞
a⋅⎜⎜ −
⎟⎟
⎝ b 2⋅a⋅b ⎠
2
2⋅a⋅ R⋅T
b
⎛1
R⋅T ⎞ 2⋅a⋅ R⋅T
=⎜⎜ −
⎟⎟⋅
b
⎝ b 2⋅a⋅b ⎠
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
−
42
⎛ 1 2 R⋅T R⋅T ⎞
a⋅⎜⎜ 2 − ⋅
+
⎟⎟
⎝ b b 2⋅a⋅b 2⋅a⋅b ⎠
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p=
2⋅a⋅R⋅T R⋅T a
2⋅a⋅ R⋅T R⋅T
−
− 2+
−
3
b b
2⋅b
b
b3
8⋅a⋅R⋅Tinv 3 R⋅Tinv a
− ⋅
− 2
2 b
b3
b
Achtung:Wir haben somit die Inversionskurve als Druck als Funktion der Temperatur. Man könnte
nach T auflösen, was die Gleichung ungleich komplizierter machen würde. Einfacher ist es aber p(T) in
ein p-T-Diagramm einzutragen, und anschließend die Achsen zu Vertauschen indem man das Diagramm
um die Diagonale spiegelt. Sie lässt sich sehr leicht aus einer ansteigenden T -Kurve (waagrecht
liegende Parabel) und einer fallenden T-Abhängigkeit (Gerade mit negativer Steigung)
zusammensetzen.
Selbstverständlich gilt die Inversionskurve nur für positive Werte von p!
Inversionskurve:
pinv =
Man kann zu reduzierten Variablen übergehen: p = p red ⋅ p krit =
T ⋅8⋅ a
p red ⋅ a
, T = Tred ⋅ Tkrit = red
2
27 ⋅ b ⋅ R
27 ⋅ b
Dann stellt sich die Inversionslinie wie folgt dar:
pred ⋅a 8⋅a⋅ R Tred ⋅8⋅a 3 R Tred ⋅8⋅a a
=
⋅
− ⋅ ⋅
−
27⋅b 2
b3 27⋅b⋅ R 2 b 27⋅b⋅ R b 2
8⋅a
12⋅a
a 27⋅b 2
= 2
3⋅Tred −
⋅Tred − 2 ⋅
a
b ⋅9
27⋅b 2
b
pred = 24⋅ 3⋅Tred −12⋅Tred − 27
Man sieht, dass ähnlich wie der Kompressionsfaktor auch die Inversionsgerade einen universellen
Verlauf hat, der in reduzierten Koordinaten unabhängig ist von der konkreten Wahl des Moleküls (d.h.
unabhängig von den vdW Konstanten a und b).
Höchster und niederster Inversionspunkt ist erreicht bei p→0!
2
1 2 9
1
9
⎛9⎞
+ Tred +⎜ ⎟ ⇒
0= 24⋅ 3⋅Tred −12⋅Tred − 27 ⇒ 3⋅Tred = ⋅Tred + quadrieren: 3⋅Tred = ⋅Tred
2
8
4
8
⎝8⎠
2
12⋅Tred =Tred
9
⎛9⎞
+ Tred + 4⋅⎜ ⎟
2
⎝8⎠
2
2
⇒ Tred
−
15
81
⋅Tred + =0
2
16
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
43
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⎧ 27
⎪⎪
15 1 225 81 15 1
225−81= ⎨ 4
− = ±
Lösung der quadratischen Gl.: Tred = ± ⋅
4
4 4 16 4 4
⎪3
144
⎪⎩ 4
D.h. für einen positiven Joule-Thomson Koeffizienten muss die Temperatur mindesten oberhalb von
3
27
T min = ⋅Tkrit sein und darf höchsten bei T max = ⋅Tkrit liegen. In Tabellen wird meist eine
4
4
Inversionstemperatur angegeben, und zwar entweder Tmin oder die obere Inversionstemperatur bei
Standarddruck.
Je höher der Druck ist, desto kleiner wird der zum Kühlen von Gasen nutzbare Temperaturbereich.
p max
=
Beim höchstmöglichen Druck gibt es nur einen Temperaturwert ⇒ T
15
⋅Tkrit eingesetzt in
4
15
15
max
pred = 24⋅ 3⋅Tred −12⋅Tred − 27 ⇒ pred
= 24⋅ 3⋅ −12⋅ − 27 =12⋅ 45 −72 ≈8.5 ⇒ p max ≈8.5⋅ pkrit
4
4
Molekulare Interpretation:
Der Verlauf der Isenthalpenschar lässt sich anhand der zwischenmolekularen Kräfte (Lennard Jones
Potential, siehe Fig. 5.21) erklären. Wir unterscheiden 2 grundsätzliche Fälle:
1. Fall: Die anziehenden Kräfte überwiegen
Bei kleinen Drücken (schattierte Fläche) d.h. bei großen Molekülabständen befindet sich das System
mehr oder weniger weit rechts vom Potentialminimum, so dass die molekularen Anziehungskräfte
überwiegen. Während der Expansion nimmt der Molekülabstand zu. Dabei muss Energie
aufgewendet werden um die Moleküle gegen ihre Anziehungskräfte weiter zu trennen (das Potential
steigt an, blauer Pfeil). Da es sich um einen isenthalpen Prozess handelt muss die dazu nötige
Energie dem System an anderer Stelle entzogen werden, und zwar aus in den inneren
Bewegungsfreiheitsgrade des Systems (Translation, Rotation, Vibration) in denen Energie in Form
von Wärme gespeichert ist. ⇒ Dieser Entzug von Wärme führt zu einer Temperaturerniedrigung
⇒ μJT ist positiv
2. Fall: Die abstoßenden Kräfte überwiegen (z.B. bei sehr hohem Druck), d.h. das System befindet
sich vor der Expansion links vom Potentialminimum auf der steil ansteigenden Potentialkurve.
Während der Expansion nimmt der Molekülabstand zu (roter Pfeil), die gespeicherte
Wechselwirkungsenergie wird wieder frei, muss aber im System bleiben (isenthalpen), und geht
deshalb in die inneren Bewegungsfreiheitsgrade des Systems über und bleibt in Form von Wärme
im System ⇒ also erhöht sich die Temperatur ⇒ μJT ist negativ
Die Situation, dass die abstoßenden Kräfte überwiegen, ist außer bei sehr hohem Druck noch erfüllt
bei:
ƒ Sehr niedrigen Temperaturen: In diesem Fall ist praktisch keine
kinetische Energie vorhanden und man befindet sich ohne äußerem
Druck tief im Minimum des Potentials. Das System ist in der Nähe
der kondensierten Phase. Bereits beim Anlegen eines kleinen äußeren
Drucks, kann dieser nicht mehr (wie im idealen Gas) durch die
kinetischen Stöße der Moleküle abgefangen werden (die sind ja bei
dieser Temperatur zu langsam!), sondern muss durch die abstoßenden
Kräfte aufgenommen werden, so dass sich das System links vom
Minimum der Potentialkurve befindet.
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
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ƒ
Sehr hohen Temperaturen: In diesem Fall ist die kinetische Energie
der Moleküle groß im Vergleich zum anziehenden Potential, das
Molekül "fliegt quasi darüber hinweg ohne es zu spüren", spürt aber
bei der Annäherung an ein anderes Molekül während eines Stoßes
dessen abstoßenden Kräfte. Eine Expansion führt wieder zu einer
Verringerung dieser Abstoßungskräfte und damit zu einer
Temperaturerhöhung.
kinetiesche
Energie
SATP
Fig. 5.22: Die Druckabhängigkeit der Inversionstemperatur
(Zum Vergleich sind die kritischen Punkte als
Kreuzchen eingetragen)
5.15.4.
Lindeverfahren - Verflüssigung von Gasen
Prinzip: Unterhalb der oberen Inversionstemperatur kühlen sich Gase bei adiabatischer
Expansion ab (man darf natürlich nicht unterhalb die untere Inversionstemperatur gehen).
Das Arbeitsgas wird mit einer Pumpe vorkomprimiert. Dabei steigt die Temperatur des Gases. Dessen
überschüssige Wärme wird anschließend über einen Wärmetauscher wieder abgeführt so dass es auf
„Aussentemperatur“ abgekühlt wird. Im Gegenstromprinzip kann an einem zweiten Wärmetauscher das
später gebildete kalte Gas zur weiteren Vorkühlung genutzt werden. Wichtig ist, das man das Gas unter
TI vorkühlt und hinreichend kleinen Druck pA vor der Drossel wählt, so dass µJT>0 ist. Wenn man
dass Gas im Kreis führt, können mehrere Expansionsschritte hintereinander ausgeführt werden, so dass
schließlich das Gas soweit abkühlt, dass es kondensiert.
Für die meisten Gase liegt die obere Inversionstemperatur oberhalb der Raumtemperatur.
Ausnahme: He und Wasserstoff
In diesem Fall würde eine Kompression zur Erwärmung führen. Deshalb wird in einer ersten Stufe
flüssiger Stickstoff erzeugt (Siedepunkt: 77.35K). Damit lässt sich Wasserstoff unterhalb dessen
Inversionstemperatur (202K) vorkühlen, so dass dieser verflüssigt werden kann (Siedepunkt: 20.28K).
Mit dem flüssigen Wasserstoff wird He-Gas vorgekühlt (Inversionstemperatur 40K) und in einem
weiteren Kompressionskreislauf auf die Siedetemperatur (4.22K) von He gebracht.
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
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Fig. 5.23 Lindeverfahren
5.16. Adiabatische Volumenarbeit
Frage: Welche Arbeit w verrichtet ein von der Umgebung thermisch isoliertes System ??
Ansatz: Suche eine Zustandsfunktion, die mit der gesuchten Größe verknüpft ist, und bestimme die
Änderung dieser Zustandsfunktion auf dem günstigsten Weg.
Hier: Zustandsänderung adiabatisch:
q=0
Wir gehen vom 1.HS aus:
dU = q + w
⎛ ∂U ⎞
⇒ w = ∫ dU = ∫ ⎜
⎟ ⋅ dT = ∫ CV ⋅ dT
∂T ⎠V
A
A⎝
A
E
E
E
CV = konst !
=
dU = w falls adiabatisch
CV ⋅ ΔT
Die Arbeit bei adiabatischer Volumenänderung ist proportional zur Temperaturdifferenz
zwischen TA und TE.
5.17. Reversible adiabatische Expansion
dU =− p⋅dV
adiabatisch⇒
spezifische Wärme⇒
dU =−CV ⋅dT
ideales Gas:
p⋅V = n⋅ R⋅T
CV ⋅
CV ⋅dT =− p⋅dV
p eingesetzt und eliminiert:
dT
dV
=− n⋅ R⋅
T
V
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
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TE
V
E
dT
dV
C
⋅
=−
n
⋅
R
⋅
V
Beider Seiten integriert:
∫T
∫V
TA
VA
ln ist Stammfunktion⇒
mit
⎛T ⎞
⎛V ⎞
CV
⋅ln ⎜ E ⎟ =− ln ⎜ E ⎟ ⇒
n⋅R ⎝ TA ⎠
⎝ VA ⎠
C
CV
c= V =
n⋅ R C p −CV
⎛ TE ⎞
reversible adiabatische Expansion: ⎜ T ⎟
⎝ A⎠
c
⎛V ⎞
=⎜ A ⎟
⎝ VE ⎠
(5.25)
w=CV ⋅(TE −TA )
Arbeit (da adiabatisch):
1
⎛
⎞
⎛ VA ⎞ c ⎟
⎜
w=CV ⋅TA ⎜ ⎟ −1
⎜ ⎝ VE ⎠
⎟
⎜
⎟
⎝
⎠
(5.25) eingesetzt:
mit:
CV
⎛ TE ⎞ n⋅R
⎛V ⎞
ln ⎜ ⎟ =ln ⎜ A ⎟
⎝ TA ⎠
⎝ VE ⎠
⎛ ⎛ V ⎞γ −1 ⎞
w=CV ⋅TA ⎜ ⎜ A ⎟ −1⎟
⎜ ⎝ VE ⎠
⎟
⎝
⎠
1 Cp
= −1=γ −1
c CV
γ
(5.26)
Wir wollen T in (5.25) anhand der Zustandsgleichung für ideales Gas durch p ersetzen:
TE ⎛ VA ⎞
(5.25)⇒ =⎜
⎟
TA ⎝ VE ⎠
γ −1
Zustandsgleichung ⇒
reversible adiabatische Expansion:
TE p A ⋅VA
=
ergibt ⇒
TA pE ⋅VE
p A ⋅VAγ = pE ⋅VEγ = const
(5.27)
Fig. 5.24: Vergleich von Isothermen und Adiabaten im p-V-T Diagramm bzw. p-V-Diagramm:
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
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Auf adiabatischem Weg fällt der Druck schneller.
Oder
Adiabaten sind steiler als Isothermen.
Folgerung: Bei isothermer Expansion ist die Arbeit größer als bei adiabatischer
Expansion (vgl. Fläche unter den Kurven, gleiches VE)
1. HS+Joule Thomson+adiabatische Expansion
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