Die Entführung aus dem Serail Singspiel in drei Akten von Wolfgang Amadeus Mozart Libretto von Johann Gottlieb Stephanie Materialmappe „Die Entführung aus dem Serail“ Inhaltsverzeichnis Seite 1. Die Oper ............................................................................................................................... 1.1 Der Inhalt ............................................................................................................ 1.2 Historischer Hintergrund und die Entstehung der Oper ................. 1.3 Besonderheiten der Musik ........................................................................... 1.4 Die Hauptfiguren ............................................................................................. 2. Der Komponist .................................................................................................................. Seite 2 3. Das Konzept ....................................................................................................................... 3.1 Die Ausstattung ............................................................................................... Seite 9 Seite 10 4. Starke Frauen ..................................................................................................................... 4.1 Die Emanzipation der Frau .......................................................................... Seite 11 Seite 12 5. Turquerie - die europäische Orient - Rezeption .................................................. 5.1 „Die Entführung aus dem Serail“ am Wiener Burgtheater ............. Seite 16 Seite 17 6. Stimmlagen ........................................................................................................................ Seite 18 7. Vorbereitung ...................................................................................................................... 8. Nachbereitung .................................................................................................................. Seite 18 9. Das kleine Opernlexikon ................................................................................................ Seite 22 10. Impressum / Kontakt .................................................................................................... Seite 24 1 Seite 2 Seite 5 Seite 6 Seite 7 Seite 9 Seite 21 „Die Entführung aus dem Serail“ 1. Die Oper 1.1 Der Inhalt Weit von hier, tief in der Türkei, liegt am Meer das prächtige Landhaus des Bassa Selim, eines vornehmen Herrn mit großem Gefolge. Er ist einst selbst als Fremder aus fernem Land hierher gekommen und vom Christentum zum Islam übergetreten (einen solchen Abtrünnigen nennt man Renegat). Eine berühmte türkische Fußtruppe, die Janitscharen, stellen seine militärische Palastwache, und der einfältige Osmin ist eine Art Hausmeister seines Palastes. Außerdem aber leben hier drei Fremdlinge, die der Bassa sich vor einiger Zeit als Sklaven gekauft hat. Es sind zwei Engländerinnen: Konstanze, eine feine Dame, und ihr Mädchen Blonde, außerdem noch ein junger Spanier, Pedrillo, der Freund Blondes. Das Unglück wollte es, dass ihr Schiff während eines großen Seereise von Piraten überfallen und ausgeraubt wurde; so gerieten sie alle zusammen auf einen türkischen Sklavenmarkt, wo sie dann der Bassa erstand. Seitdem die drei im Palast sind, bemüht sich der Bassa Tag für Tag, Konstanzes Liebe zu gewinnen. Blondchen aber schenkte er dem Osmin, der mit ihr jedoch überhaupt nicht fertig wird. Und - gottlob - Pedrillo hat sich immerhin so weit beim Bassa einschmeicheln können, dass er als Gärtner beschäftigt wird. Einer seiner zahlreichen Briefe, die er aus dem Palast herausgeschmuggelt hat, ist nun endlich auf abenteuerlichen Wegen in die Hände Belmontes gelangt. Belmonte, ein vornehmer Spanier, ist der Geliebte Konstanzes; er war damals beim Überfall mit auf dem Schiff und konnte den Piraten als einziger entkommen. Nun hat er sich voll neuer Hoffnungen mit einem Schiff auf den Weg gemacht, um seine Freunde aus der Sklaverei zu befreien. AKT 1: Endlich, nach langen Irrfarten - und da beginnt die Oper - hat Belmonte den Palast des Bassa gefunden, wo er Osmin begegnet, der gerade eine Pause macht. Dabei vertreibt er sich die Zeit mit einem altklugen Lied voller Ratschläge für Liebhaber. Als es Belmonte endlich nach vielen vergeblichen Versuchen gelingt, Osmins Aufmerksamkeit zu erregen, fragt er ihn unvorsichtigerweise gleich nach Pedrillo. 2 „Die Entführung aus dem Serail“ Damit löst er beim Osmin einen Wutanfall aus: Mit wilden Drohungen versperrt der Aufseher dem verblüfften Belmonte den Zugang zum Palast. Er kann sich gar nicht beruhigen, auch als der Spanier schon längst verschwunden ist. Und er verkündet so laut und oft: „ich hab auch Verstand“, dass man gerade deshalb daran zu zweifeln beginnt. Schließlich trollt er sich verärgert in den Palast, während sich draußen Pedrillo und Belmonte voller Freude begrüßen. Doch gerade da kommt der Bassa mit seinem Gefolge von einer Lustfahrt auf dem Meer zurück. Konstanze ist bei ihm, und wieder bedrängt er sie, seine Geliebte zu werden, ihn endlich zu erhören. Als sie unverändert standhaft bleibt, ist seine Geduld fast am Ende. Noch einmal erhält sie Bedenkzeit. Ein wenig später bringt es Pedrillo fertig, seinen Herrn Belmonte als Baumeister beim Bassa einzuführen. Der erste Schritt zur Befreiung ist getan! Und Osmin gelingt es diesmal nicht mehr, Belmonte vom Betreten des Palastes abzuhalten. Belmonte und Pedrillo machen sich über ihn lustig und lassen ihn einfach draußen stehen. AKT 2: Immer wieder versucht Osmin, Blonde als Sklavin zur Liebe zu zwingen; aber er muss sich von ihr belehren lassen, wie man das Herz einer Engländerin gewinnen kann: „Durch Zärtlichkeit und Schmeicheln...“ Sie kann sich den ungestümen Freier schließlich nur noch vom Leibe halten, indem sie ihm die Augen auszukratzen droht. Die Bedenkzeit für Konstanze ist abgelaufen. Zum letzten Mal drängt der Bassa die arme Konstanze, sie möge ihn erhören. Als sie wiederum nicht nachgibt, vergisst er sich im Zorn und stellt ihr „Martern aller Art“ in Aussicht. So bleibt ihr als letzter Ausweg nur die Hoffnung auf den Tod - sie will, sie kann den Bassa nicht erhören, denn sie liebt Belmonte, den sie weit weg wähnt, von dessen Ankunft sie noch nichts weiß. Unterdessen hat jedoch Blondchen endlich von Pedrillo erfahren, dass Belmonte gekommen ist und sie alle in die Heimat entführen will. Doch ehe sie zur Tat schreiten können, muss das Haupthindernis beseitigt werden! Pedrillo, der inzwischen Osmins kleine Schwächen gut genug kennt, überredet ihn zu einer kleinen Zecherei - wohl wissend, dass der Islam seinen Anhängern das Trinken streng verboten hat. In Osmins große Flasche mit Zypernwein hat Pedrillo vorher vorsorglich ein Schlafmittel gefüllt. Nachdem sie nun beide einträchtig ein schallendes Loblied auf Bacchus, den Gott des Weines, geschmettert haben, wankt Osmin schläfrig und lallend in den Palast - der Plan scheint zu gelingen! Aber bis Mitternacht ist es noch ein Weilchen hin. Erst einmal feiern alle vier ein frohes Wiedersehen, das nur durch einen kleinen Eifersuchtsanfall der beiden Männer getrübt wird: ob denn Konstanze und Blondchen auch wirklich treu geblieben sind? Blondchen antwortet empört mit einer Ohrfeige und Konstanze ist ganz betrübt über so viel Mißtrauen, aber dann versöhnen sich die beiden Paare wieder. AKT 3: Inzwischen ist es dunkel geworden, und allmälich beginnen die heimlichen Vorbereitungen zur Entführung. Während Pedrillo zum letzten Mal um den Palast herumspioniert, spricht sich Belmonte Mut zu: „Ich baue ganz auf deine Stärke“ - auf die Kraft der Liebe will er vertrauen. Alles ist ruhig, und Pedrillo kann endlich das verabredete Zeichen geben. Alles scheint zu klappen; die beiden Männer steigen durchs Fenster ein und wollen mit ihren Mädchen fliehen. Doch Osmin wird leider genau in diesem Moment wach und sieht, was im Palast vor sich geht. Pedrillo und Blonde können zunächst entwischen, werden aber gleich wieder eingefangen. Belmonte versucht vergeblich, Osmin mit Geld zu bestechen; so werden sie alle dem Bassa vorgeführt. Der ist verständlicherweise empört; und im Verhör muss er auch erfahren, dass Belmonte ausgerechnet der Sohn seines ärgsten Feindes ist, des Kommandanten von Oran, der ihm - dem späteren Bassa! - sein 3 „Die Entführung aus dem Serail“ gesamtes Vermögen, seine angesehene Stellung und auch seine Geliebte geraubt hatte. Das Schicksal der vier Gefangenen scheint besiegelt zu sein! Angstvoll und unter quälenden Selbstvorwürfen erwarten sie ihre Strafen. Einziger Ausweg scheint ihnen der gemeinsame Tod zu sein. Da passiert ein Wunder: Der Bassa kommt zurück und scheinkt ihnen allen die Freiheit, denn „es ist ein weit größeres Vergnügen, eine erlittene Ungerechtigkeit durch Wohltaten zu vergelten, als Laster mit Lastern zu tilgen“. In der kurzen Zeit seiner Abwesenheit hat Bassa sich vom Rächer zum verzeihenden Wohltäter gewandelt. Dankbar stimmen alle in das Loblied auf den großmütigen Bassa Selim ein. Nur Osmin kann sich beim besten Willen nicht mit dieser in seinen Augen so ungerechten Lösung abfinden - seine bekannten Drohungen und Verwünschungen mischen sich noch einmal in die allgemeine Freude. Ausschnitte aus: Arnold Werner-Jensen: dtv junior Opernführer. Deutscher Taschenbuch Verlag, 1984 Musikalische Leitung: Martin Hannus Inszenierung: Andrea Raabe Bühne und Kostüme: Julia Schnittger Choreinstudierung: Salome Tendies Dramaturgie: Isabelle Bischof Theaterpädagogik: Margarita Rudenstein Besetzung: Bassa Selim - Sprechrolle: Konstanze - Sopran: Blonde - Sopran: Belmonte - Tenor: Pedrillo - Tenor: Osmin - Bass: Dario Krosely Elif Aytekin / Franziska Tiedtke Maria Perlt Markus Francke / Roman Payer Edward Lee Cornelius Burger Opernchor des Theaters Pforzheim Badische Philharmonie Pforzheim 4 „Die Entführung aus dem Serail“ 1.2 Historischer Hintergrund und die Entstehung der Oper Der Ereignisse am Vorabend der Französischen Revolution und die Politik in Wien unter Joseph II. zogen nicht ohne Auswirkungen an Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) vorbei. Der Großteil seiner Schaffenszeit fällt in eine Zeit, in welcher sich die gesellschaftlichen Verhältnisse in allen Bereichen maßgeblich veränderten. Wirtschaftliche, soziale oder auch intellektuelle Entwicklungen manifestierten sich. Diese sozialgeschichtlichen Umstände sind eng mit den kulturpolitischen Strömungen verstrickt, wobei die Reformpolitik von Joseph II. eine wichtige Rolle spielte. Neben dem Toleranzpatent zur Religionsfreiheit, einer Kirchenreform, wobei viele Klöster geschlossen wurden, die sich keiner nützlichen Tätigkeit wie Schulwesen, Pflege oder der Seelsorge widmeten, erstrebte der Wiener Kaiser auch das Schaffen einer Bürgergesellschaft. Hierdurch gelang es ihm, die Zensur abzuschaffen, was zu einem florierenden kulturellen Aufblühen verschiedener künstlerischer Zweige führte, was nicht zuletzt auch mit dem Aufschwung von Handel und Gewerbe zusammenhängt. Diese Umstände erlaubten einem jungen Komponisten wie Mozart die Selbständigkeit, die er sich mit Unterricht, Konzerten und Kompositionen finanzieren konnte. Schon länger hatte Mozart den Plan sich in Wien niederzulassen, um dort eine Stellung am Hof zu erlangen. Noch von Salzburg aus unternahm Mozart gemeinsam mit seiner Mutter einen Ausflug nach Mannheim, wo er erstmals von dem in Wien 1776 eingerichteten „Teutschen National-Singspiel“ erfuhr. Die Institution dieses deutschen Nationaltheaters verfolgte primär das Ziel, die deutsche Sprache im Musiktheater zu pflegen und zu fördern. Hierzu programmierte das Direktorium ein Repertoire an Stücken, die eigens in deutscher Sprache für das National-Singspiel in Auftrag gegeben wurden. Wichtig war hierbei das Happy End, denn Joseph II. erlaubte keine Stücke mit traurigem Ausgang. Teilweise mussten für Wien sogar Stücke zu einem positiven Ende umgearbeitet werden. Die sogenannte Clemenza-Dramaturgie soll die absolute Macht des Herrschers demonstrieren, denn die Milde, welche auch Bassa Selim erweist, ist eine Herrschertugend. Schon von Salzburg aus hatte Mozart versucht, eine Auftragskomposition an Land zu ziehen, um sich in Wien zu präsentieren und schließlich auch zu etablieren. Diese Möglichkeit ergab sich auch, indes der Besuch des russischen Großfürsten eine Komposition erforderte. Johann Gottlieb Stephanie der Jüngere (1741-1800), ab 1781 alleiniger Direktor für das „National-Singspiel“ in Wien, stempelte seine „Zaide“, die Mozart für den Anlass lieferte, aber als zu ernst ab. Nachdem Stephanie „Zaide“ ablehnte, schlug er ihm Christoph Friedrich Bretzners (1748-1807) Libretto „Belmont und Constanze“ vor, woraus schließlich die erste größere Auftragskomposition für Wien entstand. Offiziell kam die Anordnung vom Ober-Kämmerer von Joseph II. Franz Xaver Graf Rosenberg-Orsini, der von Mozart eine Opernkomposition in deutscher Sprache forderte. Die sogenannte „Turquerie“ oder Türkenmode, welche in „Die Entführung aus dem Serail“ ein präsentes und oft besprochenes Thema ist, war in Wien schon länger en vogue. Österreich hatte bis zum Ende des 17. Jahrhunderts gegen Türkenbelagerungen zu kämpfen und begann erst im ausgehenden 18. Jahrhundert ein freundschaftliches Verhältnis zu den Osmanen. Die Gründe waren anfangs eher wirtschaftlicher Natur, bevor auch ein kulturelles Interesse aufgebaut werden konnte. Zentral waren weniger die realen Begebenheiten, vielmehr waren es europäische Fantasien vom Luxus des Orients, die in diversen künstlerischen Produkten fußten. Die Türkei war für ihre Luxusgüter bekannt: Tee, Kaffee, Gewürze oder Duftessenzen. Aber auch der Orient als „Ort des Anderen“, des Exotischen und Dekadenten war Sujet zahlreicher Darstellungen, die weit über eine kriegerische Sichtweise reichten. Orientalische Kleidung, Stoffe, Accessoires oder eben auch die Musik versetzt mit einer „türkischen Note“ waren Teil einer lebendigen Kultur geprägt von westlichen Vorstellungen des Orients. 5 „Die Entführung aus dem Serail“ Zurückzuführen sind Stoff und Handlung von „Die Entführung aus dem Serail“ auf das Märchen von Flos und Blancflos / Blume und Weißblume, das sich in der mittelalterischen französischen und deutschen Dichtung findet und in der italienischen Literatur bei Boccaccio aufscheint: in dessen Filocolo als Geschichte von Florio und Biancofiore sowie in Decameron als Erzählung des Schicksals von „Gonstanza“ und „Martuccio Gomito“. Die Arbeit an der Komposition begann am 30. Juli 1781 und endete am 29. Mai 1782. Die Uraufführung erfolgte am 16. Juli 1782 in Wien unter der Leitung des Komponisten. Auszüge aus dem Programmheft zur „Entführung aus dem Serail“ von Isabelle Bischof 1.3 Besonderheiten der Musik Zu den ersten kompositorischen Entscheidungen, die Mozart für „Die Entführung aus dem Serail“ traf, gehörte „türckische Musik“ wie einen musikalischen Rahmen des Werks einzusetzen: „Die Sinfonie, den Chor im ersten ackt, und den schluß Chor werde ich mit türckischer Musik machen“, schrieb er am 1. August 1781 an seinen Vater. Im Laufe der Arbeit wurden noch weitere Stücke mit „türckischer Musik“ versehen: der Schlussteil der ersten Arie (Nr. 3) Osmins, der auch im Vaudeville (Nr. 21a) aufgegriffen wird, und das Duett Pedrillo - Osmin (Nr. 14 „Vivat Bacchus!“, unter Rückgriff auf einen bereits existierenden „türkischen Zapfenstreich“). In der autographen Partitur meinen die für den Kopisten bestimmte Einträge „türkische Musik“ das aus Triangel, Becken und großer Trommel bestehende Rhythmusensemble, in den angeführten Sätzen kommt dazu noch die Piccoloflöte. Sie wird von einer Ausnahme abgesehen nur zusammen mit dieser Instrumentengruppe eingesetzt, lediglich in Osmins zweiter Arie (Nr. 19 „Ha wie will ich triumphieren“) erscheint sie ohne diese Gruppe gleichsam als instrumentatorischer Rest der „türkischen Musik“. Quelle: A.Csampai / D. Holland (Hrsg.): Das Mozart Handbuch. Teilband 1. Laaber 2005. 6 „Die Entführung aus dem Serail“ 1.4 Die Hauptfiguren Konstanze, eine feine Dame aus England. Durch einen Schiffsunglück wird sie eine Sklavin von Bassa Selim und tut alles, um seine Versuche, ihre Liebe zu erzwingen, abzuwenden. Denn zu Hause wartet der geliebte Belmonte auf sie. Hinter ihrer äußerlich selbstbewussten Fassade verbirgt sich ein weicher, zerrissener Charakter. Belmonte, ein vornehmer Spanier, ist der Geliebte Konstanzes; er war damals beim Überfall mit auf dem Schiff und konnte den Piraten als einziger entkommen. Nun hat er sich voll neuer Hoffnungen mit einem Schiff auf den Weg gemacht, um seine Freunde aus der Sklaverei zu befreien. Bassa Selim, ein vornehmer Herr mit großem Gefolge. Er ist einst selbst als Fremder aus fernem Land hierher gekommen und vom Christentum zum Islam übergetreten. Er bemüht sich Tag für Tag, Konstanzes Liebe zu gewinnen. 7 „Die Entführung aus dem Serail“ Osmin, Bassa Selims Diener. Er kümmert sich um das Haus und den Garten und versucht vergeblich, Blonde zu zwingen, ihm zu gehören. Außerdem ist er ein großer Liebhaber des guten Weines. Blonde, Konstanzes Kammermädchen. Sie wurde Osmin geschenkt, weigert sich aber, seine Liebe zu erwidern. Sie kann ihren eigenen Willen durchsetzen und legt Osmin sogar dar, wie er ihr Herz erobern könnte. Blonde ist eine moderne Frau, die sich keinem Patriarchen ergibt. Pedrillo, ein junger Spanier, der Freund Blondes. Er konnte sich beim Bassa einschmeicheln und wird nun als Gärtner beschäftigt. Er reflektiert das Geschehene einerseits mit Verlustängsten und Misstrauen, andererseits aber auch mit Humor. 8 „Die Entführung aus dem Serail“ 2. Der Komponist Das Wunderkind Mozart wurde 1756 geboren. Zusammen mit seiner fünf Jahre älteren Schwester Maria wurde Mozart schon früh von seinem Vater in Musiklehre und Allgemeinbildung unterrichtet. Eine Schule besuchte er nie. Mozarts Begabung im Klavier- und Violinen-Spiel trat schnell hervor und mit fünf komponierte er schon seine ersten Stücke. 1762 folgten seine ersten Auftritte und Konzertreisen. Ein wichtiges Ergebnis dieser Reisen war, dass Mozart in London mit der italienischen Sinfonie und der Oper vertraut gemacht wurde. Dort lernte er zudem Johann Christian Bach kennen, den er sich zum Vorbild nahm. In den 1770er Jahren wurde Mozart zum besoldeten Konzertmeister der Salzburger Hofkapelle ernannt. Nach seiner Zeit in Salzburg schuf der nun unabhängige Komponist und Musiklehrer die ganz großen Opern und eine Vielzahl von Klavierkonzerten, die er meist selbst vortrug. Er starb 1791. Weltweit berühmt wurde Mozart erst nach seinem Tod und bleibt bis heute einer der beliebtesten Komponisten überhaupt. Für uns klingen Mozarts Kompositionen klassisch und harmlos, ja regelrecht brav. Doch zu seiner Zeit war Mozart so etwas wie ein Rockstar und ein Draufgänger. Viele seiner Werke waren umstritten, zum Beispiel „Così fan tutte“. Das Libretto der Oper wurde als albern und unmoralisch empfunden. Aber auch „Le nozze di Figaro“ war lange Zeit umstritten, da es ebenfalls die Probleme der damaligen Zeit angesprochen hat, ihren Durchbruch hatte die Oper erst mit dem Beginn der Französischen Revolution 1789. Und natürlich gibt es gewisse Kanons mit derbem Inhalt wie „Bona nox, bist a rechter Ochs“ (1788; KV 561), „Leck mir den A... fein recht schön sauber“ (KV 382d von Mozart geschrieben, von Wenzel Trnka komponiert) und „Oh, du eselhafter Martin“ / „Oh, du eselhafter Peierl“ (1788; KV 560b/560a). 3. Das Konzept Andrea Raabe, unsere Regisseurin, hat viele Klischees, die in Inszenierungen von Mozarts Singspiel oft vorkommen, nicht bedient. Auf der Bühne sind also weder türkische Janitscharen noch historische Reifröcke zu sehen. Für sie waren vielmehr die beiden Dreieckskonstellationen wichtig: Pedrillo – Blondchen – Osmin als komische Figuren und Konstanze – Belmonte – Bassa Selim als ernste, im weiten Sinne, tragische Figuren. Es sind Menschen, die einer Extremsituation ausgeliefert sind – sie wurden entführt und müssen sich nun mit der Situation, mit sich selbst und dem Anderen auseinandersetzen. Was tun Menschen in solchen Situationen? Man versucht mit dem Gegenüber zu kommunizieren, eine gemeinsame Sprache zu finden, natürlich um den Worst case zu vermeiden. Nach einer Annäherungsphase entwickeln Konstanze, Blonde und Pedrillo sogar eine gewisse Faszination für die andere Kultur, obwohl hier jede Figur einen anderen Weg findet, um mit der Situation umzugehen. Konstanzes Weltbild gerät erst einmal total aus den Fugen, denn „das von einem anderen Mann begehrt werden“ stellt ihr christliches Wertesystem in Frage. Sie hadert mit ihrer Beständigkeit, da sie sich von Bassa Selim angezogen fühlt, im Grunde genommen aber weiß, dass dies nicht ihrer Moralvorstellung entspricht. Grundsätzlich findet sie sich langsam in der Situation zurecht, erst Belmonte stellt mit seinem Auftauchen im Serail und seinem Entführungsplan Konstanzes Willen, ihre Zukunftspläne in Frage. So 9 „Die Entführung aus dem Serail“ bringt Belmonte das ganze Geschehen erst ins Rollen. Er ist mit der Situation überfordert, denn seine Konstanze hat sich verändert. Zurecht stellt er im Quartett, dem eigentlichen Kernstück des Singspiels, die zentrale Frage, ob ihm Konstanze denn auch treu geblieben ist. Bassa Selim spielt dabei keine unwesentliche Rolle. Er begnadigt die Europäer einerseits, weil es die Tradition so will. Aber es ist nicht der einzige Grund: Er beobachtet aus einer Außenperspektive sehr genau, was zwischen den Paaren passiert und trifft diese Entscheidung auch, um die möglichen Konflikte zweier Wertesystemen zu vermeiden obwohl er die Utopie einer glücklichen Zukunft mit Konstanze mit sich trägt. Daher hat das Regieteam versucht dies in einer Art Traumwelt zu verdeutlichen. Die Chorszenen, die oft in folkloristischer Art und Weise bebildert werden, sind in unserer Inszenierung keine realistischen Bilder, sondern Szenen die sich in Bassa Selims Gedanken abspielen. Seine Utopien werden zum Ende hin auch vom Raum aufgelöst. Zu sehen ist ein nüchterner Raum mit Totenköpfen – die Erinnerung an Konstanze, „Ach, ich liebte“ bleibt. 3.1. Die Ausstattung Unsere Ausstatterin Julia Schnittger hat eine Art Geisterstadt kreiert, die mitten in der Wüste im Sand versinkt. Parallelen sind in Bildern einer ehemaligen Siedlung der Diamanten-Gesellschaften bei Kolmanskop in Namibia zu finden. Klar erkennbar ist europäische Architektur mit rechten Winkeln. Doch diese Strukturen versinken regelrecht im Sand. Durch diese verschiedenen Komponenten wird das vordergründig märchenhafte Sujet entzaubert, denn es sind Charaktere die sich mit fremden Kulturen auseinandersetzen und Regeln und eine Sprache suchen, um miteinander zu kommunizieren, was teilweise gelingt und teilweise vielleicht auch nicht. Eine wichtige Bildmetapher war zudem René Magrittes Gemälde „Les amours“, „Die Liebenden“. Es zeigt ein verhüllt küssendes Paar und verdeutlicht diesen Mikrokosmos, in welchem jedes Individuum im eigenen Denk- und Fühlraum lebt. - Von Isabelle Bischof - 10 „Die Entführung aus dem Serail“ 4. Starke Frauen Zu seiner Zeit war Mozart ein Komponist, der revolutionäre Gedanken in seinen Stücken transportiert hat. In seiner Oper hat er, bereits sieben Jahre vor der französischen Revolution das Recht auf die Wahrung des persönlichen Lebens und den Schutz der Menschen durch die Gleichheit vor dem Gesetz angesprochen. Gerade in der Figur von Konstanze zeigt sich das deutlich. Es geht Mozart aber nicht nur um die politische Seite, sondern er wollte primär das Universum der Liebe, in dem jeder Liebende, vor allen Dingen auch die Frau, gleichberechtigt ist, entfalten. Bassa Selim versucht, am Anfang noch dem Patriarchat verhaftet, diese Gleichbereichtigung zu untergraben und sagt zu Konstanze: „Morgen musst du mich lieben, oder...“ Darauf antwortet sie: „Muss? Welch albernes Begehren! Als ob man die Liebe befehlen könnte wie eine Tracht Schläge“...“ Selim erwidert: „Und du zitterst nicht vor der Gewalt, die ich über dich habe?“ Konstanze: „Nein, Nicht im geringsten! Sterben ist alles, was ich zu erwarten habe, und je eher dies geschicht, je lieber wird es mir sein.“ Selim: „Elende! Nein! Nicht sterben, aber Martern von allen Arten...“ An dieser Stelle wird deutlich, dass eine starke Frau nicht auf die Drohungen des patriarchalen Mannes eingeht, sondern eine ungeheure innere Dynamik entwickelt: Musikalisch finden sich zwei Oktaven Stimmumfang und herrliche Koloraturen in der so genannten „Martern - Arie“ und sprachlich zeigt sich die Unerschütterlichkeit ihrer Innenwelt. Konstanze zeigt sich in dieser Arie als eine Frau mit der Fähigkeit, Spannungen auszuhalten. Das macht sie in ihrer Beziehung zu Belmonte stärker. Diese innere Gewissheit, auch die mögliche Konsequenz der eigenen Selbstauslöschung hindern sie nicht, an ihrer Position festzuhalten. In etwas abgeänderter Form gilt dies auch für Blonde in Beziehung zu Pedrillo, wo auch Blonde die stärkere Position einnimmt. Die musikalischen Höhepunkte liegen ebenfalls bei den beiden weiblichen Figuren. Bassa Selim und Osmin wollen beide, in einer letztlich noch patriarchalen Einstellung zur Frau, diese für sich gewinnen, indem sie ihr Befehle geben. Osmin vertritt die alte patriarchale Haltung, an die sich Bassa Selim mit einem Teil seiner Persönlichkeit anschließt. In den Figuren Konstanzes und Blondes findet sich eine Karikatur dieser Einstellung. Blonde, die moderne „emanzipierte“ Frau, weist Osmin 11 „Die Entführung aus dem Serail“ darauf hin, dass es zwischen Mann und Frau um Zärtlichkeit und Liebe und nicht um Unterwerfung gehen muss. Aber es gelingt Osmin nicht, sich auf diese emotionale Ebene, die ihm von Blonde angeboten wird, einzulassen. Er verharrt vielmehr auf der Position, dass er selbst zu befehlen und die Frau zu gehorchen habe. Blonde verstärkt dann kurz danach in dem Duett mit Osmin ihre Position, indem sie sagt: „Mädchen sind keine Ware zum Verschenken! Ich bin eine Engländerin, zur Freiheit geboren, und trotzde jedem, der mich zu etwas zwingen will!“ Darauf sagt Osmin leise zu sich selbst: „Und doch lieb‘ ich die Spitzbübin, trotz ihres tollen Kopfes“ und laut meint er: „Ich befehle dir augenblicklich, mich zu lieben.“ Blonde darauf: „Ha, ha, ha! Komm mir nur ein wenig näher, ich will dir fühlbare Beweise davon geben.“ Am Ende des Duetts stellt sich dann Blonde so, als würde sie ihm die Augen ausstechen, und singt: „Es ist um die Augen geschehen, wofern du noch länger verweilst!“ Daraufhin weicht Osmin furchtsam zurück und singt: „Nur ruhig, ich will ja gern gehen, bevor du noch Schläge erteilst.“ Er geht daraufhin ab. Die Frauen zeigen in jeder Hinsicht, dass sie im Verhältnis zu den Männern die stärkeren in der Beziehung sind. Sie sind es, die in den jeweiligen Dreiecksbeziehungen, also bei Konstanze im Dreieck zwischen Belmonte und Bassa Selim und bei Blonde im Dreieck zwischen Pedrillo und Osmin, die Gefühle zulassen und die Entscheidung treffen. Auszüge aus: B. Deininger / H. Remmler: Liebe und Leidenschaft in Mozarts Opern. Kösel 2000. 4.1 Die Emanzipation der Frau 1791- Die Französische Revolution Die Gleichheit aller Menschen - das war der Grundgedanke der Französischen Revolution. Olympe de Gouges, eine französische Schriftstellerin und Revolutionärin, forderte bereits 1791 dieselben Rechte und Pflichten für Frauen ein - denn die Formulierungen von Menschen- und Bürgerrechte galten bis dahin nur für Männer. 1795 - Die erste Medizinerin Dorothea Erxleben durfte als erste Frau Deutschlands promovieren - und zwar im Fach Medizin. Eine königliche Ausnahme war dafür nötig. 1865 - „Allgemeiner deutscher Frauenverein“ Luise Otto-Peters gründete den „Allgemeinen deutschen Frauenverein“. Der sollte die Aufgabe haben, „für die erhöhte Bildung des weiblichen Geschlechts und die Befreiung der weiblichen Arbeit von allen ihrer Entfaltung entgegenstehenden Hindernissen mit vereinten Kräften zu wirken.“ Im Laufe der nächsten Jahre folgten eine Reihe anderer Frauenvereine, die Erfolge blieben allerdings gering. Ehe und Mutterschaft blieb selbst für die engagierten Frauen die „natürliche Bestimmung“ der Frau. 1893 - Abitur wird möglich Ab 1893 wurden Frauen zum Abitur zugelassen. 12 „Die Entführung aus dem Serail“ 1896 - Frauen dürfen zuhören Erstmals wurden Frauen als Gasthörerinnen an deutschen Universitäten zugelassen. 1899 - Frauenstudien In Deutschen Reich wurden erstmals offiziell Frauen zu den Staatsprüfungen der Medizin, Zahnmedizin und Pharmazie zugelassen. Ein Jahr später erlaubte das Großherzogtum Baden das Frauenstudium uneingeschränkt. 1908 - Vereinsfreiheit Die umkämpfte Vereinsfreiheit für Frauen trat in Kraft. Ab jetzt konnten Frauen Mitglieder einer Partei werden. November 1918 - Das deutsche Frauenwahlrecht Die moderne Frauenbewegung begann Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Frauen kämpften für die bürgerlichen und politischen Rechte der Frauen. Der erste große Erfolg: Im November 1918 wurde das Frauenwahlrecht in Deutschland rechtlich verankert - und zwar aktiv sowie passiv. Zudem das Recht auf Erwerbstätigkeit und Bildung. Außerdem sollte die Gesellschaft umgestaltet werden - auf einer neuen sittlichen Grundlage. Die erste Reichstagswahl mit Frauenwahlrecht fand 1919 statt: 41 weibliche Abgeordnete zogen in die Weimarer Nationalversammlung ein. Fast 90 % der Frauen gingen wählen. 1919 - Bubikopf und Unabhängigkeit In der Weimarer Republik entstand eine „neue Frau“. Die äußeren Zeichen dieser Entwicklung war der Bubikopf, also das kurzgeschnittene Haar bei Frauen, und ein kurzes Kleid. Plötzlich war die Frau für die Industrie eine potenzielle Konsumentin und wurde heftig umworben. 1920 - Habilitationsrecht Frauen erhielten in Deutschland das Habilitationsrecht. 1924 - Richterinnen Ab jetzt hatten Frauen die Möglichkeit, Richterin zu werden. 1925 - Berufstätige Frauen 1925 waren fast 1,5 Millionen Frauen erwerbstätig. Beinahe jede dritte verheiratete Frau verdiente Geld - allerdings waren die meisten Arbeiterinnen. Hochqualifizierte Akademikerinnen gab es nur wenige. Trotzdem: Frauen wurden finanziell unabhängiger und gewannen eine neue Freiheit. 1949 - Gleichberechtigung In diesem Jahr wurde die Gleichberechtigung von Frauen und Männern in das Deutsche Grundgesetz aufgenommen. Die Bestimmungen im Gesetz wurden jedoch noch nicht angepasst. 1950 - Einführung der Koeduktion Ab den 50er Jahren setzte sich in Deutschland langsam durch, dass Buben und Mädchen gemeinsam 13 „Die Entführung aus dem Serail“ erzogen und unterrichtet wurden. 1954 - Frauen dürfen in den öffentlichen Dienst 1954 wurde das Beschäftigungsverbot verheirateter Frauen im öffentlichen Dienst aufgehoben. 10. Mai 1957 - Lehrerinnen-Zölibat wird aufgehoben Lehrerinnen durften nicht heiraten, das wurde 1880 per Ministererlass im Deutschen Reich festgelegt. Eine Doppelbelastung von Familie und Beruf, das wurde der Frau nicht zugetraut. Außerdem sah die Frauenrolle etwas anderes vor, als Frauen, die ihr Leben lang berufstätig sind. Frauen nahmen das Lehrerinnen-Zölibat also auf sich, um höhere Bildungseinrichtungen besuchen zu können. Sobald eine Lehrerin heiratete, verlor sie nicht nur ihre Stellung, sondern auch jeglichen Ansprüche auf ein Ruhegehalt. Am 10. Mai 1957 wurde die Zölibatsklausel für Lehrerinnen vom Bundesarbeitsgericht aufgehoben. 1958 - Gleichberechtigungsgesetz Neun Jahre nachdem eine grundsätzliche Reform des Familienrechts aus dem 19. Jahrhundert durch das Grundgesetz angekündigt war, wurde die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau auch tatsächlich gesetzlich verankert. Lange war darum gerungen worden. Der Gehorsamsparagraph konnte beispielsweise nur durch Proteste in der Regierung abgeschafft werden. 1968 - Eine erneute Frauenbewegung Seit Beginn der 60er-Jahre begann ein Wertewandel in Deutschland: Es waren vor allem die Studentinnen, die alte „verkrustete“ Strukturen aufzubrechen versuchten. Hieraus entstand eine weitere Welle der Frauenbewegung. Denn: In den 50ern war es noch völlig normal, dass Frauen als brave Hausfrauen ihre Männer verwöhnten, sie selbst immer die zweite Geige spielten. Mädchen waren an höheren Schulen die Ausnahme. Die Frau musste ihren Mann gar um Erlaubnis fragen, wenn sie einer Arbeit nachgehen wollte. So war nur jede dritte Frau erwerbstätig - natürlich in typischen „Frauenberufen“. September 1968 - Der Tomatenwurf Heike Sander hielt einen Vortrag auf einer Konferenz des „Sozialistischen Deutschen Studentenbundes“ - und warf hierin den Männern des Bundes vor, dass selbst sie die Diskriminierung der Frauen ignorierten. Die Genossen wollten nicht diskutieren und gingen zur Tagesordnung über. Da warf Heike Sander Tomaten in Richtung des Vorstandstisches. Noch am selben Tag gründeten Frauen in den verschiedenen Landesverbänden des SDS „Weiberräte“. Es war der ultimative Startschuss der neuen Frauenbewegung, die nun auch das Alltägliche in Frage stellte. Eine Parole lautete „Das Persönliche ist politisch“. 1970 - Fußballverbot für Frauen ist aufgehoben Fast 15 Jahre war es her, dass der DFB den Frauenfußball verboten hatte. Gekickt wurde trotzdem in der Damenwelt. Bis zu 60.000 Mädchen und Frauen dürften im Oktober 1970 wohl in Deutschland gekickt haben, als auch der DFB ein Einsehen hatte und das Verbot aufhob. 1971 - Sexuelle Selbstbestimmung 1971 entstand eine Bewegung, die die Selbstbestimmung über die weibliche Sexualität zum Thema 14 „Die Entführung aus dem Serail“ hatte. Es wurde protestiert gegen das Abtreibungsverbot. Das Schlagwort lautete „Mein Bauch gehört mir“. 1972 - Bundesministerium für Frauen 1972 wurde dem Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit die Zuständigkeit für Frauenfragen übertragen. Später wurde ein Frauenreferat geschaffen, das 1986 in die Abteilung Frauenpolitik umgewandelt wurde. 1974 - Paragraph 218 Der Schwangerschaftsabbruch in den ersten drei Monaten einer Schwangerschaft wurde nicht mehr strafbar. 1976 - Familienname Ab dem Jahr 1976 konnte auch der Name der Frau als Familienname gewählt werden. Jedoch wurde automatisch der Nachname des Mannes zum Ehenamen, wenn sich das Paar nicht einigen konnte. Dieser Grundsatz wurde erst 1991 verworfen. 1976 - Erste Frauenhäuser entstehen In dieser Zeit entstand in Westberlin das erste Frauenhaus Deutschlands. Zudem gab es unterschiedliche Frauengruppen, die Frauen berieten und unterstützten, die Opfer von (sexueller) Gewalt wurden. Auch im kulturellen Bereich gab es Neues: Es enstanden reine Frauen-Theatergruppen, -bands oder -kabaretts. Außerdem gab es erstmals Frauenverlage. 1977 - Neues Eherecht Im neuen Eherecht aus dem Jahr 1977 wurde die „Hausfrauenehe“, in der die Frau zur Haushaltsführung verpflichtet war, abgeschafft. Auch das Scheidungsrecht wurde in diesem Jahr reformiert, so dass das Schuldprinzip wegfiel. Januar 1977 - Die „Emma“ erscheint Alice Schwarzer gründete die Zeitschrift „Emma“. Zuvor war sie bereits viele Jahre in der Frauenbewegung aktiv - und ist es bis heute. 19. Mai 1993 - Erste Ministerpräsidentin Heide Simonis wurde 1993 die erste Ministerpräsidentin eines deutschen Bundeslandes. Sie wurde Nachfolgerin des zurückgetretenen Björn Engholm in Schleswig-Holstein. 1997 - Vergewaltigung in Ehe Ab 1997 wurde die Vergewaltigung auch in der Ehe strafbar - allerdings wurde sie nur auf Antrag verfolgt. 2004 wurde daraus ein Offizialdelikt, das heißt, die Vergewaltigung wurde nun auch von Amts wegen verfolgt. 2001 - Girls Day Die Hälfte aller Mädchen wählen bis heute noch „typische Frauenberufe“ - Friseurin, Erzieherin, Arzt15 „Die Entführung aus dem Serail“ helferin, Bürofachfrau, Hotelfachfrau, allesamt Berufe mit geringem Lohn und keiner hohen sozialen Anerkennung. Seit 2001 laden deshalb Firmen immer im April Schülerinnen zum „Girls Day“ ein. Hier bekommen sie einen Einblick in die „typischen Männerberufe“. Mit Erfolg. Auch das Theater Pforzheim gibt beim „Girls Day“ interessierten jungen Frauen den Einblick in die „Männerberufe“ am Theater, so z.B. in die Abteilungen Veranstaltungstechnik, Schreinerei, Schlosserei etc. November 2005 - Eine Bundeskanzlerin Im November erlangte Angela Merkel als erste Frau das Amt der Bundeskanzlerin in Deutschland. www.br.de/fernsehen/bayerisches-fernsehen/sendungen/lavita/lavita-frauen-emanzipation-100.html 5. Turquerie – die europäische Orient-Rezeption Begehrt, gefürchtet und verklärt – die Rezeption des Orients im „Abendland“ schwankt je nach historischer Befindlichkeit zwischen Ablehnung und Aneignung. „Turquerie“ oder Türkenmode bezeichnet das europäische Interesse am Orient, insbesondere der Kultur der Osmanen, und deren Einfluss auf Kunst und Kultur seit dem 16. Jahrhundert. Im Vordergrund standen – und stehen – dabei weniger die Beschäftigung mit den ‚realen‘ Begebenheiten im jeweiligen Land, sondern europäische Fantasien vom Luxus des Orients – die Türkei war als Lieferant von ‚Luxusgütern‘ wie Gewürzen und Duftessenzen, auch Kaffee und Tee bekannt. Imaginationen vom Orient als Ort des ‚Anderen‘, des Exotischen und Dekadenten kulminierten vor allem im 19. Jahrhundert in europäischen Darstellungen vom Harem als Männern unzugänglichem Ort weiblicher erotischer Sexualität. All diese Ideen kamen in vielen Bereichen der Kunst, die in orientalischen Fantasien schwelgte, sowie im höfischen und später großbürgerlichen Alltagsleben, etwa in Kleidung, Stoffen, Interieurs und Porzellan, zum Ausdruck. Der als üppig und wohlhabend imaginierte Orient bot die Möglichkeit zur Selbstdarstellung und Abgrenzung. Die anhaltende Türkenmode speiste sich aus einem breiten Spektrum von Vorstellungen, die vom barbarischen Feind des Abendlandes über den tapferen Krieger bis hin zum kultivierten, gar erotischen Exoten reichten. Literaten und Philosophen diente der Orient als Projektionsfläche für Kritik an der eigenen und für Entwürfe einer besseren Gesellschaft. Die Bilder veränderten sich mit der jeweiligen politischen und kulturellen Lage und wurden entsprechend instrumentalisiert: Unter dem Einfluss der Aufklärung wurden „den Orientalen“ in Theater und Oper Eigenschaften wie Güte, Toleranz und Glaubensstärke „angedichtet“– ein berühmtes Beispiel sind die Cha 16 „Die Entführung aus dem Serail“ raktere in Wolfgang Amadeus Mozarts Oper „Die Entführung aus dem Serail“. In den Jahrhunderten davor, als die Türken in manchen Ländern Europas eine reale Gefahr darstellten, schwankte die ‚Türken-Rezeption‘ zwischen Furcht und Bewunderung. Diese Gegnerschaft speiste ‚Bräuche‘ wie Turniere, in denen militärische Siege über die Osmanen und des Christentums über den Islam ‚gespielt‘ wurden. Sehr beliebt – sowohl bei Hof als auch im kleinbürgerlichen und bäuerlichen Milieu – war das „Türkenkopfstechen“: Dabei wurden vom galoppierenden Pferd aus mit Lanzen hölzerne Türkenfiguren und -köpfe aufgespießt. - Von Julia Teresa Friehs - 5.1. Türken in Wien! „Die Entführung aus dem Serail“ am Wiener Burgtheater „Oh, wie will ich triumphieren!“ Mozarts Oper mit orientalischen Motiven trifft den Geschmack der Zeit und wird ein Publikumshit. Was knapp 100 Jahre zuvor die Stadt in Angst und Schrecken versetzt hatte, verzückte jetzt das Wiener Publikum: Die Geschichte einer jungen Dame und ihrer Dienerin, die in die Gefangenschaft eines Türken geraten, gedieh zum Kassenschlager. Handlung und Setting der Oper, die am 16. Juli 1782 im Burgtheater uraufgeführt wurde, entsprachen ganz der damaligen Türkenmode, die anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums der Zweiten Türkenbelagerung von Wien und des Siegs über die Türken allseits en vogue war. Auch musikalisch gab es Anklänge an türkische Militärmusik, an ein Janitscharenorchester mit Piccoloflöten, Triangel, Tschinellen und großer Trommel. Mozart brach mit bisher herrschenden strengen Formen und komponierte eine Fülle ungewohnter und neuartiger Motive. Auch eine Frauenrolle bot neue Blickweisen: Die Dienerin Blondchen sagt rebellische Sätze wie „Mädchen sind keine Ware zum Verschenken“. Sie trotze jedem, der sie zu etwas zwingen wolle, vielmehr seien die Männer „unsere Sklaven“. Die Darstellung der Türken entspricht den Ideen der Aufklärung und des Humanismus, denen zufolge es in allen Völkern Gut und Böse gibt: Während Osmin den komisch-finsteren Aufseher gibt, ist der Pascha Bassa Selim nicht, wie zu erwarten, ein Bösewicht – die Oper endet mit einem Lobgesang auf seine Menschlichkeit. Kaiser Joseph II., der musikalisch einen eher altmodischen Geschmack hatte, meinte zu Mozart über die Oper: „Zu schön für unsere Ohren und gewaltig viel Noten, lieber Mozart.“ Worauf dieser entgegnete: „Gerade so viel Noten, Euer Majestät, als nötig sind.“ Dem Kaiser gefielen solche Antworten. Trotz großen Lobes von vielen Seiten bekam Mozart allerdings keine Anstellung bei Hof. Verdrossen meinte er: „Keinem Monarchen in der Welt diene ich lieber als dem Kaiser, aber erbetteln will ich keinen Dienst.“ „Die Entführung aus dem Serail“ wurde Mozarts erfolgreichste Oper und war so beliebt, dass sie ständig wiederholt wurde. Nach Wien wurde sie auch in Prag und vielen deutschen Städten gespielt. Mozart selbst bekam lediglich 100 Dukaten (450 Gulden, das Jahresgehalt eines Lehrers betrug 22 Gulden) für die Komposition. Für alle späteren Aufführungen erhielt er überhaupt keine Honorare, da es damals noch keinen urheberrechtlichen Schutz gab. Er empfand das als großes Unrecht. Ein Spitzensänger erhielt im Vergleich dazu für eine einzige Aufführung zehnmal so viel. - Von Julia Teresa Friehs - 17 „Die Entführung aus dem Serail“ 6. Stimmlagen… ...sind die verschiedenen Stimmhöhen der Sängerinnen und Sänger. Sopran ist die höchste Frauenstimme, Mezzosopran die mittlere und Alt die tiefste. Tenor ist die höchste Männerstimme, Bariton die mittlere und Bass die tiefste. Stimmfächer sind abhängig von der naturgegebenen Stimmlage, die bei jedem Menschen anders ist. Im Laufe des Lebens eines Sängers ändert sich die Stimmlage nach der Pubertät nur noch sehr gering. 7. Vorbereitung Warm Up: Auftauen - Versteinern - Isolationstanz Die Teilnehmer stehen verteilt im Raum. Eine stark rhythmisierende Musik (Beat) wird gespielt. Allmälich wachen die einzelnen Körperteile auf: Ruft der Spielleiter „Kleine Finger“, so bewegen sich nur die beiden kleinen Finger; dann „ganze Hand“, „Arme“, „Kopf“ - jetzt dürfen sich Hände, Arme und Kopf bewegen: ... „Ganzer Körper“. Danach muss jeder angesagte Körperteil versteinern: „Rumpf“, „linkes Bein“ usw., bis jeder wieder still dasteht. Warm Up: Lautkette Der Spielleiter gibt einen Laut („Oh“, Summen, Pfeifen etc.) vor. Sein rechter Nachbar nimmt ihn auf, gibt ihn weiter und hört auf. Wenn der Laut ein Stück weiter weg ist, gibt der Spielleiter einen neuen Impuls. Möglich ist auch, dass gleichzeitig ein Impuls in die andere Richtung gegeben wird. Darüber hinaus ist es möglich, sich an den Händen zu fassen und das Signal zum Weitergeben per Händedruck zu geben. Figuren kennenlernen Eine der Besonderheiten Mozarts Kompositionskunst war seine musikalische Charakteristik der Figuren. Er schenkte jeder Figur eine Musik, die seiner dramaturgischen Funktion innerhalb der Oper entsprach. Um diese Besonderheit zu verdeutlichen, nimmt man als Beispiel die vier zentralen Figuren der Oper. Wenn man diese miteinander vergleicht, erkennt man sehr klar die Betonung des Charakters durch die Musik. Die Schüler sollen anhand der folgenden Tabelle, die Charakteristiken der Figuren finden. Vier folgende Arien haben wir ausgesucht: Konstanze: „Ach ich liebte“ Belmonte: „Ich baue ganz auf deine Stärke“ Blonde: „Welche Wonne, welche Lust“ Pedrillo: „Frisch zum Kampfe“ 18 „Die Entführung aus dem Serail“ Konstanze Blonde Belmonte Pedrillo stolz graziös energisch leidenschaftlich eifersüchtig verspielt aufgeregt rachsüchtig leichtsinnig niedergeschlagen zerrissen liebreizend unruhig erotisch willensstark majestätisch einfach verzweifelt romantisch hinterhältig selbstbewusst humorvoll Figuren darstellen - Gangart Nachdem die Charakteristiken der vier vorgestellten Figuren gefunden worden sind, geht es nun um die Verkörperung der Rollen. Jeder Mensch hat eine Gangart. Die Schüler sollen versuchen, anhand der zusammengestellten Charakteristiken eine Gangart von Konstanze, Blonde, Belmonte oder Pedrillo zu imitieren. Dabei laufen die Schüler quer durch den Raum, die jeweilige Arie wird vorgespielt. Nachdem jeder jede Rolle ausprobieren konnte, entscheiden sich die Teilnehmer jeweils für eine Figur und führen ihre Gangart vor. Der Rest der Klasse soll dabei raten, welche Figur sie vor sich sehen. Figuren darstellen - Begegnungen Die Schüler bilden Paare. Dabei wird untersucht, wie eine Begegnung von Konstanze und Belmonte, bzw. von Blonde und Pedrillo ablaufen könnte. Wie verhalten Sie sich zueinander? Dies kann auch ohne Kenntnisse der Oper entweder mit oder ohne Sprache durchgeführt werden. Mit Texten spielen Die Schüler werden in Gruppen aufgeteilt. Jeder Gruppe wird eine Figur zugeordnet. Alle bekommen Blätter mit den Sätzen aus der Oper. Nun sollen sie sich in der Gruppe die Sätze ihrer Figur gegenseitig in verschiedenen Stimmungen und Arten vortragen. Am Ende kann die passendste oder spannendste 19 „Die Entführung aus dem Serail“ Variante später der ganzen Klasse vorgetragen werden. Beispiele für Stimmungen: geheimnisvoll, traurig, fröhlich, wütend, drohend, lachend, zickig, tröstend, müde Beispiele für Arten: leise, laut, langsam, schnell In einem Singspiel werden manche Textpassagen zwar gesprochen, das Hauptaugenmerk liegt allerdings auf dem Gesang. Lassen Sie die Teilnehmer ihre Sätze nun in den unterschiedlichen Stimmungen und Arten singen. Verwenden Sie dazu am besten eine bekannte Melodie, zum Beispiel von einem Lied, das sie im Musikunterricht singen. Gegebenenfalls können die Teilnehmer zusätzlich ihre Stimmungen mit Gesten untermalen. Osmin: Herr, die Fremden wollten fliehen. Aber ich habe sie überwältigt und gefangen genommen! Pedrillo: Alles hier ist sehr fremd. Doch die Menschen sind nett zu uns. Belmonte: Bestrafe mich, aber lasse die Frauen gehen. Bassa Selim: Auch ich, der große Bassa, habe ein Herz. Und dieses Herz ist traurig. Konstanze: Ich möchte nach Hause zu Belmonte. Meinem Belmonte. Blonde: Ich gehöre niemandem. Ich bin eine freie Engländerin! Beobachtungen bei der Vorstellung Die Klasse wird in fünf Kleingruppen aufgeteilt. Jede Gruppe bekommt einen der unten aufgeführten fünf Bereiche zugeteilt, den sie während der Vorstellung beobachten soll. Im Anschluss an den Opernbesuch erhält jeder Schüler die Aufgabe, seine Beobachtungen schriftlich in Stichpunkten festzuhalten. In der nächsten Unterrichtsstunde tragen die Mitglieder der jeweiligen Gruppen ihre Ergebnisse zusammen. Dies kann als Grundlage für die kritische Auseinandersetzung mit dem Opernbesuch insgesamt dienen. BÜHNE - Welche Stimmung strahlt die Bühne aus? - Wie ist die Bühne eingerichtet? Möbel, Wände, Decke? - Inwieweit verändert sich das Bühnenbild von Akt zu Akt? Handelt es sich um ein Einheitsbühnen- bild? KOSTÜME - Um was für Kostüme handelt es sich? Zeitgenössische Kostüme, historische Kostüme, Lokalkolorit? - Aus welchen Materialien sind sie gearbeitet? - Was für Farben sind vorherrschend; helle/dunkle, leuchtende/gedeckte Farben? - Was sagt die Farbgestaltung über die jeweiligen Figuren aus? - Gab es Figuren, die Du nicht sofort zuordnen konntest? 20 „Die Entführung aus dem Serail“ LICHT - Welche Farben und Effekte hast Du erkannt? - Wie haben die unterschiedlichen Lichtstimmungen die Bühne verändert? - In welchen Situationen gab es Änderungen in den Lichtstimmungen? FIGUREN - Wie klar erkennbar sind die Charaktere? - Wie verändern sich die Figuren im Laufe der Oper? - Sind die Figuren typisiert? - Haben die Personen im Stück eine eindeutige Zuordnung zu GUT oder BÖSE? ORCHESTER - Welche Instrumente konnte man heraushören? - Wie funktioniert die Absprache zwischen Dirigenten, Orchester, Solisten und Chor? - Worin liegt Deiner Meinung nach der Unterschied zwischen CD und Liveerlebnis? 8. Nachbereitung Warm Up: 1-10 HA Die Schüler stehen im Kreis, die Füße sind hüftbreit, die Hände liegen auf den Oberschenkeln. Nun wird von 1 bis 10 laut und gleichzeitig gezählt. Wenn man bei „10“ angekommen ist, streckt man die Hände in die Kreismitte und sagt dabei laut „Ha“. Anschließend geht es wieder bei „1“ los, und nach „9“ gibt es wieder ein lautes „Ha“ und dann geht es so weiter, in jeder Runde gibt es eine Zahl weniger. Wenn man bei „1 - Ha“ angekommen ist, geht das gleiche wieder aufwerts, also „1, 2 - Ha“, „1, 2, 3 - Ha“ und so weiter bis „10“. Jetzt ist die Übung zu Ende. Warm Up: Follow the Leader Alle gehen durch den Raum. Der Spielleiter setzt sich einen Hut auf den Kopf , woraufhin die Gruppe alle Bewegungen des Hutträgers nachmacht. Har der „leader“ keine Lust mehr, gibt er den Hut weiter. Die Bewegungen sollten typische Bewegungsarten von Rollenträgern sein (ruhig übertrieben klischeehaft für den Anfang), z.B. gehen wie ein alter Mann, krabbeln wie ein kleines Kind, tanzen wie ein Ballettmädchen, schreiten wie ein Wachtmeister... Es können auf Wunsch Geräusche, Worte und Requisiten dazugenommen werden. Zwischen Bassa Selim und Belmonte Die Inszenierung ist so konzipiert, dass Konstanze zwischen den beiden Figuren schwankt und ernsthafte Zweifel hat, welchen Mann sie sich aussuchen soll. Belmonte und Bassa haben beide sowohl positive, als auch negative Eigenschaften. Die Schüler sollen sich in zwei Gruppen aufteilen, jede Gruppe bekommt einen von den oben genannten Protagonisten zugeteilt. Jetzt soll eine imaginäre Konstanze überzeugt werden, sich für eine Seite zu entscheiden. Die Gruppen reden abwechselnd, es konnen sowohl die eigenen positiven, als auch die negativen Eigenschaften des Rivalen ins Spiel gebracht werden. Es kann ein Moderator ausgewählt werden, welcher die beiden Gruppen anleitet, so dass jeweils ein Argument vorgetragen wird, auf das die andere Gruppe eingehen und ein Gegenargument entgegensetzen muss. 21 „Die Entführung aus dem Serail“ Ouvertüre mit den Schlaginstrumenten spielen Die Teilnehmer erhalten Schlaginstrumente aus der Schulsammlung. Im Normalfall erklingt die Originalmusik im Hintergrund, damit sich die Schüler auf das Spiel „ihres“ Instruments zur Musik konzentrieren können. Zur Sicherung sollte der Satz auch ohne Musik vom Tonträger, also nur mit Schlaginstrumentarium geübt werden. Dazu wird ein langsames Tempo gewählt. Um das Metrum spielerisch zu sichern, übernimmt ein Schüler die Funktion eines „Tonmeisters“ und dreht das Wiedergabegerät an vereinbarten Passagen leiser. Die anderen Teilnehmer spielen weiter, ohne langsamer oder leiser zu werden. Der Mitspiel-Satz kann durch die Hinzunahme weiterer Instrumente (z. B. Holzblocktrommel für die „Piano“-Stellen, Schellenbänder für die „Forte“-Passagen) erweitert werden. Standbilder Diese Übung kann den Schülern helfen, sich noch einmal mit der Handlung zu befassen. Die Teilnehmer teilen sich in Gruppen auf und entscheiden sich für eine der gesehenen Szenen. Haben sie sich entschieden, halten sie einen bestimmten Moment dieser Szene fest, in dem sie eine Statue bilden. Wichtig dabei ist, durch Mimik und Gestik die Charaktere erkennbar zu machen, denn den Schülern sollen keine Hilfsmittel zur Verfügung stehen. Der Rest der Klasse darf raten, um welchen Moment es sich handelt. Zudem kann man die Standbilder fotografisch festhalten und kann sie auch so im Nachhinein noch besprechen; natürlich hat das auch den positiven Aspekt, dass den Schülern dieser bestimmte Ausschnitt der Handlung so immer wieder ins Gedächtnis gerufen werden kann. Das Orient-Projekt Eignet sich zu einer langfristigen Nachbereitung. Schüler sammeln Materialien über orientalische Kultur, lesen Märchen, es können Plakate angefertigt werden oder sogar verschiedene Bastelarbeiten, z. B. die Klassentür als orientalisches Palasttor herrichten. Bilder und Beschreibungen über Sultanspaläste und Harems sollten dabei beschaffen werden. 9. Das kleine Opernlexikon A Alt: tiefe weibliche Stimme Akt: Abschnitt/Kapitel einer Oper Arie: ein Lied in einer Oper, von einer Person gesungen B Bariton: männliche Stimme zwischen Tenor und Bass Bass: tiefe männliche Stimme Bühne: der Ort, wo die Oper aufgeführt wird Bühnenbild: alles, was an Dingen auf der Bühne steht. Bühnenbildner: entwirft das Bühnenbild an. C Chor: viele SängerInnen, die gemeinsam singen D Dirigent: leitet das Orchester und sorgt für ein harmonisches Zusammenspiel Duett: ein Lied, das zwei SängerInnen gemeinsam singen 22 „Die Entführung aus dem Serail“ E Erste Geige: Das Instrument, das im Orchester den Ton angibt F Finale: Schluss der Oper, oftmals mit besonders pompöser Musik Forte: (it.) „laut“ H Harmonie: der Zusammenklang von Tönen I Intendant: entscheidet, was gespielt wird; „Chef“ im Theater K Klassik: eine Epoche in der Musikgeschichte Koloratur: Gesangsverzierung bei Sopranpartien, erfordert eine besondere Geschicklichkeit der Stimme Komponist: erfindet die Musik der Oper und schreibt diese in Noten auf L Libretto: der Text und die Handlung der Oper Librettist: schreibt das Libretto M Mezzosopran: Hohe weibliche Stimme, nicht ganz so hoch wie Sopran N Noten: Symbole, mit denen jeder einzelne Ton der Musik aufgeschrieben wird. Bezeichnet die Tonhöhe und die Tonlänge. O Oper: Älteste Verbindung von Theater und komponierter Musik Opera buffa: (ital.) die „komische“/heitere Oper Opera seria: (ital.) die „ernste“ Oper Operette: leichte und einfachere Form der Oper, meistens beschwingt und fröhlich, mit gesprochenen und gesungenen Passagen Orchester: viele Musiker/Innen, die mit ihren Instrumenten gemeinsam die Musik spielen Ouvertüre: Instrumentale Einleitung, die zu Beginn der Oper gespielt wird P Piano: (it.) „leise“ R Rezitativ: Sprechgesang, treibt die Handlung der Oper voran Regisseur: entwickelt die Inszenierung S Sopran: hohe weibliche Stimme Soubrette: auf komische Rollen spezialisierte Sopranistin Stimmlage: Tonhöhenumfang einer Stimme: Alt, Mezzosopran, Sopran, Tenor, Bariton, Bass T Tenor: hohe männliche Stimme Terzett: ein Lied, das von drei Sänger/Innen gesungen wird W Werkstätten: Der Ort, an dem das Bühnenbild hergestellt wird. 23 „Die Entführung aus dem Serail“ 10. Impressum / Kontakt Herausgeber Theater Pforzheim Am Waisenhausplatz 5 75172 Pforzheim Kontakt: Margarita Rudenstein Tel.: 07231/39-3259 E-Mail: [email protected] Texte und Zusammenstellung: Margarita Rudenstein, Isabelle Bischof Gerne kommen wir bei Ihrer Klasse vorbei und bereiten gemeinsam mit den SchülerInnen den Theaterbesuch vor oder nach! 24