Belatacept - Pharmazeutische Chemie Belatacept (Nulojix ) Belatacept (Nulojix) ist ein neues Immunsuppressivum, das in Form einer Infusionslösung kombiniert mit Glucocorticoiden und einer Mycophenolsäure nach einer Nierentransplantation zur Vermeidung der Transplantatabstoßung eingesetzt wird. Zusätzlich soll in der Anfangsphase während der ersten Woche ein Interleukin-2-Agonist gegeben werden. Nulojix ist als Pulver für ein Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung im Handel (Fachinformation Nulojix 2011). Die Endung „-cept“ im Arzneistoffnamen gibt an, dass es sich bei Belatacept um ein Fusionsprotein handelt. Belatacept ist wie die anderen „Cepts“ (z.B. Etanercept Enbrel, Abatacept Orencia) ein lösliches Fusionsprotein, das mittels der rekombinanten DNS-Technologie hergestellt wird. Es wird aus Ovarialzellen des chinesischen Hamsters gewonnen. extrazelluläre Domäne von CTLA-4 Fc-Anteil des humanen IgG1 Abbildung 1: Aufbau von Belatacept modifiziert nach Linsley et al. 1991 und Graninger et al. 2010 1 CA 22.12.2011 Belatacept - Pharmazeutische Chemie Belatacept stellt eine modifizierte Version des bereits in der Therapie der Rheumatoiden Arthritis etablierten Abatacept (Orencia) dar. Es ist ein Homodimeres bestehend aus zwei identischen Untereinheiten, die durch eine Disulfidbrücke kovalent miteinander verbunden sind (s. Abbildung 1). Dabei besteht jede Untereinheit aus zwei miteinander „fusionierten“ Proteinfragmenten: 1. die modifizierte extrazelluläre Domäne des humanen CTLA-4 Proteins (= humanes zytotoxisches T-Lymphozyten-Antigen 4, die gebunden („fusioniert“) ist an 2. einem veränderten Fragment des Fc-Anteils (Hinge-, CH2- und CH3-Regionen) des humanen Immunglobulin IgG1. Die Immunantwort auf ein Antigen ist komplex geregelt und mehrfach abgesichert (s.u. Ellis et al. 1996, Appleman und Boussiotis 2003, van der Merwe und Davis 2003, Gizinski et al. 2010). Für die vollständige Aktivierung von T-Zellen sind mindestens zwei Signale notwendig. Belatacept -4 LA CT -4 LA CT APZ T-Zelle CD80 CD28 Positive Kostimulation CD86 CD28 CD80 CTLA-4 Negative Kostimulation CTLA-4 CD86 Abbildung 2: T-Zell-Kostimulation und Wirkmechanismus von Belatacept nach Gupta und Womer 2010 (APZ = Antigen-präsentierende Zelle) 2 CA 22.12.2011 Belatacept - Pharmazeutische Chemie Das erste Signal besteht in der spezifischen Interaktion des Antigens mit einem T-Zell-Rezeptor. Das zweite sogenannte kostimulatorische Signal kann über verschiedene membranständige Moleküle erfolgen. CD28 ist eines der bekanntesten kostimulatorischen Moleküle auf der Oberfläche von T-Zellen. Als Liganden für CD28 fungieren CD80 und CD86, die auf der Oberfläche Antigenpräsentierender Zellen exprimiert werden. Ohne diese positive Kostimulation, d.h. ohne die CD28-CD80/CD86-Interaktion erfolgt keine T-Zell-Aktivierung. Als Gegenspieler für CD28 fungiert das homologe CTLA-4, das ebenfalls an CD80 und CD86 bindet, die T-Zell-Aktivierung jedoch unterdrückt (negative Kostimulation) und somit eine überschießende Immunantwort verhindert. Belatacept und Abatacept sind sogenannte Kostimulationsblocker. Sie binden wie auch CTLA-4 an CD80 und CD86 auf Antigen-präsentierenden Zellen und ahmen die physiologische Funktion von CTLA-4 demzufolge nach. Durch die hohe Affinität wird CD28 aus der Bindung mit CD80 und CD86 verdrängt, und die T-Zell-Aktivierung und damit die Immunantwort unterbleiben. Auf diese Weise wird einer Transpantatabstoßung vorgebeugt, da vorwiegend aktivierte TZellen für die Immunantwort gegen die neue Niere verantwortlich sind (s. Abbildung 2) (Gupta und Womer 2010, Martin et al. 2011). Belatacept ist eine Weiterentwicklung von Abatacept, welches sich zur Unterdrückung der Immunantwort bei Organtransplantationen als nicht wirksam genug zeigte. Im Vergleich zu Abatacept weist Belatacept zwei Aminosäuresubstitutionen in der Ligandbindungsregion des CTLA-4-Teils auf. Hierdurch wird die Bindungsaffinität zu CD80 zweifach, die zu CD86 vierfach gesteigert, was letztlich zu einer zehnfach stärkeren Hemmung der T-ZellAktivierung führt (Larsen et al. 2005). Literatur: Appleman, L.J. und Boussiotis, V.A. Immunol Rev 2003, 192, 161 Ellis, J.H. et al. J Immunol 1996, 156, 2700 Fachinformation Nulojix 2011 Bristol-Myers Squibb Pharma EEIG Gizinski, A.M. et al. Best Pract Res Clin Rheumatol 2010, 24, 463 Graninger, W. et al. ArzneimittelProfil Abatacept 2010 Gupta, G. und Womer, K.L. Drug Des Devel Ther 2010, 4, 375 Larsen, C.P. et al. Am J Transplant 2005, 5, 443 Linsley, P.S. et al. J Exp Med 1991, 142, 561 Martin, S.T. et al. Pharmacotherapy 2011, 31, 394 Van der Merwe, P.A. und Davis, S.J. Annu Rev Immunol 2003, 21, 659 3 CA 22.12.2011