Experimente zur Äquivalenz von schwerer und träger Masse Hansjörg Dittus Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Microgravitation (ZARM) Universität Bremen Helmholtz-Symposium 2007 Physikalisch-Technische Bundesanstalt Braunschweig Galilei´s Problem ... Der Versuch mit zwei an Gewichten möglichst verschiedenen Körpern, die man fallen lässt, um zu beobachten, ob sie die gleiche Geschwindigkeit erlangen, bietet einige Schwierigkeiten, weil bei großer Höhe das Medium, welches stets durchdrungen und zur Seite geschoben werden muss, größeren Einfluss hat auf einen sehr leichten Körper als auf den heftigen Impuls eines sehr schweren Körpers, denn der sehr leichte wird zurückbleiben, und bei geringerer Höhe könnte man zweifeln, ob eine Differenz vorhanden sei, da sie kaum beobachtet werden kann... Galileo Galilei: Discorsi e dimostrazioni matematiche, intorno à due nuove scienze. Elsevier, Leiden (1638); Rede des Salviati Helmholtz-Symp.19.6.2007 Das älteste physikalische Gesetz Isaac Newton (1687): Philosophiae Naturalis Principia Mathematica – Ein universelles Gesetz der Gravitation – Erklärung des Fallgesetzes und der Planetenbewegung r r Fgrav Fgrav Fgrav m1m2 =G 2 r Helmholtz-Symp.19.6.2007 Das Äquivalenzprinzip in Newton´s Theorie m ⋅ M Erde F =G r2 F = mt ⋅ a = G m ⋅ M Erde F = m⋅a = G r2 mg ⋅ M Erde r 2 mt = mg In der uns vertrauten Newton´schen Mechanik ist das Äquivalenzprinzip impliziert, ohne dass zwischen schwerer und träger Masse unterschieden wird. Helmholtz-Symp.19.6.2007 Pendel-Experimente mg l T = 2π ⋅ mi g T12 − T22 η=2 2 T1 + T22 (m η = 2⋅ (m Problem g g ) ( m ) + (m ) m) mi 1 − mg mi i 1 g 2 < 10−5 i 2 sin( α ) ≈ x Helmholtz-Symp.19.6.2007 Die Sicht von Hertz Und doch haben wir in Wahrheit zwei Eigenschaften (träge und schwere Masse), zwei Haupteigenschaften der Materie, vor uns, die völlig unabhängig voneinander gedacht werden können und die sich durch die Erfahrung und nur durch diese als völlig gleich erweisen. Diese Übereinstimmung ist also vielmehr als ein wunderbares Rätsel zu bezeichnen ... Doch wollen wir darüber klar sein, dass die Proportionalität zwischen Masse und Trägheit ebenso sehr einer Erklärung bedarf, und ebenso wenig als bedeutungslos hingestellt werden darf, wie die Gleichheit der Fortpflanzungsgeschwindigkeit elektrischer und optischer Wellen Heinrich Hertz: aus einer nicht publizierten grossen Vorlesungsreihe über Die Constitution der Materie Hinweis von: J.-P. Blaser Helmholtz-Symp.19.6.2007 Einstein´s Sicht Hypothese über die physikalische Natur des Gravitationsfeldes (Albert Einstein, 1911) In einem homogenen Schwerefeld (Schwerebeschleunigung γ) befinde sich ein ruhendes Koordinatensystem, das so orientiert sei, dass die Kraftlinien des Schwerefeldes in Richtung der negativen z-Achse verlaufen. In einem von Gravitationsfeldern freien Raum befinde sich ein zweites Koordinatensystem K´, das in Richtung seiner positiven z-Achse eine gleichförmig beschleunigte Bewegung (Beschleunigung γ) ausführe. … Relativ zu K, sowie relativ zu K´, bewegen sich materielle Punkte, die der Einwirkung anderer materieller Punkte nicht unterliegen, nach den Gleichungen d2 x = 0, 2 dt d2 y = 0, 2 dt d2 z = -γ . 2 dt Dies folgt für das beschleunigte System direkt aus dem Galilei´schen Prinzip, für das in einem homogenen Gravitationsfeld ruhende System aber aus der Erfahrung, dass in einem solchen Felde alle Körper gleich stark und gleichmäßig beschleunigt werden. Helmholtz-Symp.19.6.2007 Einstein´s Sicht Diese Erfahrung vom gleichen Fallen aller Körper im Gravitationsfelde ist eine der allgemeinsten, welche die Naturbeobachtung uns geliefert hat; trotzdem hat dieses Gesetz in den Fundamenten unseres physikalischen Weltbildes keinen Platz erhalten. Wir gelangen aber zu einer sehr befriedigenden Interpretation des Erfahrungssatzes, wenn wir annehmen, dass die Systeme K und K´ physikalisch genau gleichwertig sind, d.h. wenn wir annehmen, man könne K ebenfalls als in einem von einem Schwerefeld freien Raume befindlich annehmen; dafür müssen wir K dann aber als gleichförmig beschleunigt betrachten. Man kann bei dieser Auffassung ebenso wenig von der absoluten Beschleunigung des Bezugssystems sprechen, wie man nach er gewöhnlichen Relativitätstheorie von der absoluten Geschwindigkeit eines Systems reden kann. Bei dieser Auffassung ist das gleiche Fallen aller Körper in einem Gravitationsfelde selbstverständlich. A. Einstein: Über den Einfluss der Schwerkraft auf die Ausbreitung des Lichtes; Annalen der Physik, 4. Folge, Band 35, S. 898 – 900 Leipzig (1911) Helmholtz-Symp.19.6.2007 Einstein´s Gedankenexperiment Trägheitskraft (-mg) = Schwerkraft (mg) Helmholtz-Symp.19.6.2007 Die Äquivalenz von schwerer und träger Masse Was wäre, wenn die schwere und die träge Masse nicht gleich wären? 1 ms 2 z (t ) = − gt 2 mt 1 2 z (t ) = − gt 2 ηE = (m / m ) − (m / m ) (m / m ) + (m / m ) g 1 2 i 1 g i 1 g i 2 g i 2 Das Fallgesetz enthielte einen vom Material des fallenden Körpers abhängigen Faktor Im Experiment vergleicht man 2 Testmassen (Eötvös-Faktor) Helmholtz-Symp.19.6.2007 Torsions-Waagen Zentrifugalkraft auf Grund der Erddrehung Torsionsfaden Gravitation der Erde Unterschiedliche Testmassen Zentrifugalkraft auf Grund der Erddrehung Gravitation Loránt v. Eötvös Helmholtz-Symp.19.6.2007 Abstandsmessung zwischen Erde und Mond seit 1969 (Apollo 11, 14, 15 und Luna 17, 21) Laser-Ranging mit Retroreflektoren Lichtpulse von ca. 200 ps im Abstand von 0.1 s Strahl weitet sich auf 20 km auf der Mondoberfläche auf von 1020 Photonen erreicht 1 die Erde wieder (ca. 1 pro Sekunde) Genauigkeit 3 cm Teleskope in McDonald Obs., Fort Davis TX, Mt. Haleakala, Hawaii und Grasse Fe-dominiert Si-dominiert Helmholtz-Symp.19.6.2007 Freifall auf dem Mond Commander David Scott auf Apollo 15 (1973) Helmholtz-Symp.19.6.2007 Freifall auf dem Mond Commander David Scott auf Apollo 15 (1971) Helmholtz-Symp.19.6.2007 Wie genau ist das Äquivalenzprinzip bestätigt? 10 -18 10 -16 STEP Neutrino exchange forces Fischbach α varying Little String Theory μSCOPE 10 -14 10 -12 10 -10 10 10 { Dicke -8 Eötvös -6 10 -4 10 -2 Runaway Dilaton Theory Adelberger , et.al. Lunar ranging Freifalltests auf der Erde ηE< 10-10 TorsionswaagenExperimente ηE< 10-12 Lunar Laser Ranging ηE≤ 10-13 MICROSCOPE (Satellit) ηE< 10-15 STEP (Satellit) ηE< 10-18 Bessel Newton 1700 1750 1800 1850 1900 1950 2000 Helmholtz-Symp.19.6.2007 Freifall-Experimente am Fallturm Bremen Helmholtz-Symp.19.6.2007 Aufbau des Fallturm-Experiments Abschlussplatte 1 cm Testmassen Pick-up-Spulen Spulen-Halter Basisplatte Elektroden-Halter Helmholtz-Symp.19.6.2007 Testmassen-Fertigung Helmholtz-Symp.19.6.2007 Magnetische Lagerung Neigungssensor -3 5,0x10 -3 4,5x10 0,2 4,0x10 0,1 3,5x10 -3 -3 -3 3,0x10 0,0 -3 2,5x10 -3 -0,1 2,0x10 f=1.6Hz 0 6 50 SQUID 100 Zeit/s Anfang -1 Neigungssensor 3,2x10 150 200 Ende 2,2 Neigungssensor -1 2,4x10 3 -1 1,6x10 0 Beschleunigung/g Amplitude/mm SQUID Amplitude/mm -3 1,5x10 03.08.00,SQUID262,30φ0,Imae=8A, D=3N/m -0,2 Beschleunigung/g pick-up coil 5,5x10 SQUID Signal x(t)=0.32*EXP(-t/49)+0,145 (Fit) 0,3 M IK -3 0,4 testmass Nb -1 2,0x10 2,1 2,0 -1 2,0x10 1,9 Beschleunigung/g meander coil Amplitude/mm I -2 8,0x10 9 fSQUID=1.6Hz free axes of movement compensation coil 10 11 Zeit/s 12 facc=1.6Hz 195 196 fSQUID=1.6Hz 197 Zeit/s 198 199 200 facc=2.3Hz centerin g 1cm Helmholtz-Symp.19.6.2007 1cm Prinzip der SQUID-basierten Messung ⇒ Positionsänderung Δx verursacht ΔI : ΔI ~ Δx ⇒ Variation des magn. Flusses im SQUID Δφ : Δφ SQ = − M ⋅ ΔI ΔU ~ Δφ SQ ~ Δx ⇒ Spannungsänderung ΔU : I0 supraleitende Beschichtung S1 L1 S2 test mass Δx Pick-up-Spule δx = k L2 I1 I2 Pick-up-Spule ΔφSQ Li II LSQ + ΔI SQUID SQUID-Koppelspule 2 Li + L0 1 1 ⋅ ⋅ ⋅ δφ SQ 2k Li LSQ I 0 α Flusserhaltung: φ = I ( L2 + Li ) = const. (φ = L·I, magnetischer Fluss) Helmholtz-Symp.19.6.2007 SQUID-basierte Messung: Auflösung 1x10-10 Auflösung [g / Hz1/2] 8x10-11 Auflöung für verschiedene Pick-up-Ströme: 6x10-11 4x10-11 −1 ⎛ ΔU ⎞ δa ~ ⎜ ⎟ ⋅ δφSQ ⎝ Δa ⎠ 2x10-11 0 0 20 40 60 80 100 120 140 160 Pick-up-Spulenstrom / mA ⇒ δa ~ ⇒ Für IPick=150 mA: 1 I Pick , δa ≈ 8·10-13 g / Hz1/2 δx ≈ 5.5·10-14 m / Hz1/2 Helmholtz-Symp.19.6.2007 Test auf Satelliten / Unendlicher Freier Fall dr = 1 r1ηE ≈ 10−12 m 3 r1 Bahndifferenzen sind zu klein, um gemessen werden zu können Bei schwacher Kopplung bilden Testmassen und Satellit ein FederMasse-System, dessen periodische Bewegung gemessen werden kann Helmholtz-Symp.19.6.2007 Genaueste Messung mit Satelliten unendlich langer, periodischer Freifall time relativer Abstand der beiden Testmassen 1 ORBIT Helmholtz-Symp.19.6.2007 MICROSCOPE • • • • • • • Micro-satellite à Trainée Componsée pour l´Observation du Principe d´Equivalence Sonnen-synchroner Orbit: 660 km Exzentrizität : < 5 · 10-3 Spinrate: 5 · 10-3 rd / s 2 Differential-Accelerometer (DA) • 2 Testmassen aus identischem Material (PtRh) für die Verifikation • 2 Testmassen aus verschiedenen Materialien (PtRh/TA6V) für den ÄPTest CNES Projekt (mit Beiträgen von DLR, ESA, und PTB) Start: 2011 X Y Z x: Sensitive Achse für beide DA y: Achse in der Orbitebene z: Satelliten-Spinachse Helmholtz-Symp.19.6.2007 STEP • • • • • • • • • Satellite Test of Equivalence Principle Sonnensynchroner Orbit: 400 - 600 km Orbit-Ekzentrizität : < 10-3 Spinrate: variabel moduliert die Orbit Frequenz 4 Differential-Accelerometer (verschiedene Materialien) η - signal Frequenz: variabel zwischen 10-3 und 10-4 Hz Mission-Dauer: min. 6 Monate Satelliten-Masse: > 600 kg NASA-ESA Projekt (mit PTB-Beiträgen) X Z Y x: sensitive Achse für 2 DA y: sensitive Achse für 2 DA z: Satelliten-Spinachse (sun-pointing) Helmholtz-Symp.19.6.2007 Was ist idealer Freifall / Schwerelosigkeit? Zentrifugalkraft Fc RE Schwerkraft Fg Umlaufgeschwindigkeit vt Schwerelosigkeit: Schwerkraft = Zentrifugalkraft h Höhe der Umlaufbahn für einen Satelliten in 300 km Höhe: 7,86 km / s Helmholtz-Symp.19.6.2007 Gibt es den idealen Freifall? Exakte Schwerelosigkeit gibt es nur im Schwerpunkt des Satelliten Die Erdbeschleunigung nimmt stetig mit der Höhe über Grund ab: ca. 1 Millionstel pro 3 m Im Satelliten fällt alles vom Schwerpunkt weg Schwerpunkt Der Satellit wird ständig abgebremst durch die Restgasatmosphäre: in niedrigen Umlaufbahnen beträgt die Bremskraft ca. 1 – 10 mN Helmholtz-Symp.19.6.2007 Satelliten-Präzisionslageregelung Der Satellit folgt einer frei fallenden Test-Masse; bewegt sich im Idealfall auf einer Geodäte Bewegung der Test-Masse wird ständig kontrolliert. Mikro-Antriebe (Ionentriebwerke oder Kaltgasdüsen) steuern den Satelliten Drag-free Control Field Electric Emission Propulsion (FEEP) Rest-Beschleunigung: ca. 10-14 m / s2 regelbare Kraft: ca. 0,1 µN „von 0 auf 100“ in 8,8 Millionen Jahre Helmholtz-Symp.19.6.2007 Microscope Differential-Accelerometer 2 coaxiale, konzentrische zylindrische Testmassen – Massenschwerpunkte koinzidieren (± 20 µm) – Testmassen zentriert durch Elektroden Elektroden zu Paaren angeordnet – Kapazitive Messung in allen Richtungen – Closed Loop Control aller 6 Freiheitsgrade – Potenzial-Kontrolle durch Gold-Draht (Ø 5 µm) Helmholtz-Symp.19.6.2007 Testmassenfertigung und Toleranzen • • Fertigungsgenauigkeit für Testmassen in allen Achsen: 1.5 µm Zentrierungsfehler entlang der x-Achse abhängig von: – – Δx Ti-Testmasse, PTB Fertigungsungenauigkeiten (12µm worst case) Kapazitiver Messfehler durch Testmassen-Konizität (worst case 17µm, 8.5µm erwarted durch verbesserte Metrologie) Helmholtz-Symp.19.6.2007 MICROSCOPE: Genauigkeit Berechnet aus den Instrument-Spezifikationen nach dem PDR: 1. Alle Funktionen spezifiziert und die wichtigsten im Labor verifiziert 2. Angestrebt: 10-15 Genauigkeit m/s2/Hz1/2 Genauigkeit innerer Sensor Genauigkeit äußerer Sensor Anforderung 10-10 Thermische Drift Kapazitive Messung Dämpfung durch Golddraht 10-12 Elektronischer Noise Hz 10-4 forb fspin Hz 10-2 1 Helmholtz-Symp.19.6.2007 STEP: Differential Accelerometer Messung mittels SQUID (Super Conducting Interference Device) Auflösung bei 10-3 Hz: - differentielle Beschleunigung 4·10–18 m/s2 - Positionsverschiebung 10–18 m Helmholtz-Symp.19.6.2007 Testmassen-Levitation Supraleitende Magnetische Lagerung Mäander-Spulen Meisner-Ochsenfeld-Effekt 160 mm 100 μm Helmholtz-Symp.19.6.2007 STEP: Kryogene Versuchsdurchführung ~ 1.8 K Instrument-Temperatur Superfluides Helium Supraleitende Abschirmung Extreme thermische und mechanische Stabilität durch Einsatz eines Quarzblocks Ultrahochvakuum Kontrolle der Gezeiten-Kräfte und das Helium-Schwappen mittels AerogelFüllung Dewar-Standzeit: 6 Monate Thermal Shrink Fits Passive Orbital Disconnect Strut(PODS) Main Tank Vapor Cooled Shields Guard Tank Aerogel Pieces Well Outer Vacuum Shell Helmholtz-Symp.19.6.2007 STEP:Testmassen Herstellung quasi-sphärischer Monopole Unterdrückung des Einflusses der Momente höherer Ordnung Fertigungsgenauigkeit: 0.1 µm Helmholtz-Symp.19.6.2007 Testmassen-Material Warum sollte das Äquivalenzprinzip verletzt sein? Einfachste Frage: Koppeln Neutronen anders als Protonen an das Gravitationsfeld String-Theorie: ⎛ ⎛N +Z ⎞ N −Z E ⎞⎟ −5 ⎜ ⎜ ⎟ + 0.9430 ⋅10 η = −(γ − 1)⎜ cbaryon ⎜ ⎟ + clepton μ μ μ Atom ⎟⎠ Atom ⎝ Atom ⎠ ⎝ 1 0.8 Pt Au Analyse nach ηE= f (N+Z) , (N-Z) , (Z-(Z-1)(N+Z)1/3 Ti V TiC Cu 0.6 0.4 Zr Nb CH2Mg Al Si C Be 0.2 0 -0.2 Helmholtz-Symp.19.6.2007 Das Einstein´sche Äquivalenzprinzip Wiederholung: Relativ zu K, sowie relativ zu K´, bewegen sich materielle Punkte, die der Einwirkung anderer materieller Punkte nicht unterliegen, nach den Gleichungen d2 x = 0, 2 dt d2 y = 0, 2 dt d2 z = -γ . 2 dt Solange wir uns auf rein mechanische Vorgänge aus dem Gültigkeitsbereich von Newton´s Mechanik beschränken, sind wir der Gleichwertigkeit der Systeme K und K´ sicher. Unsere Auffassung wird jedoch nur dann tiefere Bedeutung haben, wenn die Systeme K und K´ in Bezug auf alle physikalischen Vorgänge gleichwertig sind, d.h. wenn die Naturgesetze in Bezug auf K mit denen in Bezug auf K´ vollkommen übereinstimmen. Indem wir dies annehmen, erhalten wir ein Prinzip, das, falls es wirklich zutrifft, eine große heuristische Bedeutung besitzt….. A. Einstein: Über den Einfluss der Schwerkraft auf die Ausbreitung des Lichtes; Annalen der Physik, 4. Folge, Band 35, S. 898 – 900 Leipzig (1911) Helmholtz-Symp.19.6.2007 Einstein´sche Erweiterung Einstein´s Formulierung von 1907: Das Resultat eines jeden nicht lokalen, nicht gravitativen Experiments ist unabhängig von der Geschwindigkeit des experimentellen Apparates relativ zum Gravitationsfeld und unabhängig davon, wo und wann das Experiment im Gravitationsfeld ausgeführt wird. 2 weitere fundamentale Bedingungen: – Lokale Lorentz-Invarianz – Lokale Positions-Invarianz Helmholtz-Symp.19.6.2007 Lokale Lorentz-Invarianz Isotropie der Lichtgeschwindigkeit Einfachste Entwicklung zur 2.Ordnung: 2 2 ⎞ ⎛ v v 2 ⎜ c(v ,ϑ ) = c0 1 + A 2 + B 2 sin (ϑ )⎟ ⎟ ⎜ c c 0 0 ⎠ ⎝ Michelson-Morley-Experiment Kennedy-Thorndike-Experiment B < 5 ⋅ 10 −9 A = (1.9 ± 2.1) ⋅ 10 −5 Helmholtz-Symp.19.6.2007 Das Michelson-Morley-Experiment (1887) Albert Abraham Michelson Edward Williams Morley Experiment erschütterte die „Äthertheorie“ Ergebnis: Licht ist immer gleich schnell, auch wenn sich die Quelle bewegt. c = 299 792,458 km / s Messung der Phasendifferenz Δϕ (ϑ ) = Optis.wmv f (ϑ + π 2 ) − f (ϑ ) c⊥ − c= = f 0 (ϑ ) c0 =1+ B 2 ( Spiegel ) v 1 − 2cos 2 (ϑ ) 2 c0 Die Existenz des Äthers erscheint inkosistent mit der Theorie, ... aber wie kann die Ausbreitung des Lichtes ohne Medium erklärt werden? A. Michelson, 1927 Lichtquelle Spiegel Strahlteiler Projektionsschirm Helmholtz-Symp.19.6.2007 Das Einstein´sche Äquivalenzprinzip Die Gesetze der Physik müssen so beschaffen sein, dass sie in Bezug auf beliebig bewegte Bezugssysteme gelten. •In einem frei fallenden System laufen alle Vorgänge so ab, als ob kein Gravitationsfeld vorhanden sei. •In einem frei fallenden System gilt deshalb insbeondere auch die Spezielle Relativitätstheorie (c= const.) ds 2 = ηαβ dξ α dξ α ds 2 = g μν dx μ dxν Helmholtz-Symp.19.6.2007 Lokale Positions-Invarianz Mit E= hν und E=mc2 Frequenz von elektromagentischen Wellen muss sich im Gravitatiosfeld ändern. Gravitative Rotverschiebung Δν GM ≈− 2 ν c ⎛1 1⎞ ⎜⎜ − ⎟⎟ ⎝ r1 r2 ⎠ Uhren gehen in starken Gravitationsfeldern langsamer Gravitative Rotverschiebung Universeller Effekt: gilt für alle Uhren Experimentelle Bestätigung: 0,001% – 1% (z. Mössbauer – Spektroskopie) Wichtige Anwendung bei der Zeit-Korrektur der GPS- und GalileoNavigationssatelliten Helmholtz-Symp.19.6.2007 Das Satelliten-Projekt OPTIS Satellitenprojekt OPTIS zur Sonne Apogäum 40000 km υ2 frequency comparison υ1 cavity frequency comparison frequency comb Perigäum 10000 km OPTIS • Michelson-Morley • Kennedy-Thorndike laser atomic clock(s) Helmholtz-Symp.19.6.2007 Das Satelliten-Projekt OPTIS zur Sonne Apogäum 40000 km U ( x2 ) υ2 frequency comparison υ1 cavity frequency comparison U ( x1 ) frequency comb Perigäum 10000 km OPTIS • Michelson-Morley • Kennedy-Thorndike • Univ. grav. red-shift laser atomic clock(s) Helmholtz-Symp.19.6.2007 Wie genau muss man messen? Messfehler darf nicht größer als 1 Milliardstel sein ⇒ Kavitätenlänge muss konstant gehalten werden besser als 10-18 m ⇒ Temperatur muss konstant bleiben Regelungsgenauigkeit 10 µK ⇒ Es dürfen keine Störbeschleunigungen auftreten. ⇒ Drag-free Control des Satelliten Helmholtz-Symp.19.6.2007 Das Starke Äquivalenzprinzip Die Eigengravitation trägt in gleicher Art zu träger und schwerer Masse bei. Eigengravitation von Körpern: für homogene Kugel vom Radius R Starkes Äquivalenzprinzip nur mit großen Körpern nachweisbar. 3 M2 UG = − G 5 R ΔG = UG Mc 2 = 2 ⋅ 10 −23 für Bleikugel mit r = 1m 10 -6 für die Sonne 5 ⋅ 10 -10 für die Erde 2 ⋅ 10 -11 für den Mond η SEP ≤ 10 −3 Helmholtz-Symp.19.6.2007 Verletzungen des Äquivalenzprinzips Alle Theorien zur Vereinigung aller Wechselwirkungskräfte sagen eine Verletzung des Äquivalenzprinzips voraus. Vorstellbar sind Modifikationen des Newton´schen Gravitationsgestzes (Kopplung an skalare Felder, „5. Kraft“) U 5 = −G ( Mm 1 + α5 e − r / λ r 5 ) Helmholtz-Symp.19.6.2007 Weltraumexperimente für Newton´s Gesetz • • • • • • Target-Masse ca. 1 kg Driftgeschwindigkeit vx = 1 cm / s Auflösung abhängig von x und vx. Interferometrische Messung (Genauigkeiten:1µm / 1 ns Apparat drehbar Wiederholung über Monate Erwartete Genauigkeit für ein Experiment auf der ISS: 10-6 (Lockerbie, 2002) Helmholtz-Symp.19.6.2007 Das Rätsel der Pioneer-Anomalie? • Die NASA-Satelliten Pioneer 10 und 11 zum Saturn und Jupiter wurden 1972 / 1973 gestartet. • Sie sind die bisher im Weltraum am besten und am weitesten navigierten Satelliten. • Seit 1979 wird bei beiden Satelliten (ab einer Entfernung von ca. 20 AU) eine konstante auf die Sonne gerichtete Beschleunigung beobachtet, die zumindest bis heute, unerklärt ist. Helmholtz-Symp.19.6.2007 Die Pioneer-Orbits Trajectories of Pioneers: – – Elliptische gebundene Orbits vor dem letzten Fly-by Hyperbolische (Flucht-) Orbits nach dem letzten Fly-by. Helmholtz-Symp.19.6.2007 Die Pioneer-Anomalie Explorer Mission Helmholtz-Symp.19.6.2007 Raumzeit-Fluktuationen Idee Die Raumzeit hat auf der Planck-Skala eine granulare Struktur (“Quantenschaum”) Planck-Länge cΤp = (Gh c−2 ) ≈ 10−35 m Mittlere Fluktuationen (<h>) werden begrenzt durch die Dekohärenz Fluktuationen führen zu Verletzungen des Äquivalenzprinzips(?) (Lämmerzahl, Göklü, 2007) mg mi = 1+ α ( h ) η ≈ α1 − α 2 Helmholtz-Symp.19.6.2007 Neue Experimente mit Atom-Interferometern M.Kasevich, Stanford Univ. Ensembles Gekühlt auf < 1 mK Mögliche Genauigkeit nach 1 Monat Integrationszeit ~ 10-15 10 m Gleichzeitiges Fallen unterschiedlicher Atom- 10 m atom drop tower. E: Rasel Leibniz Univ. Hannover λ= h ≈ p h 2Em0 Helmholtz-Symp.19.6.2007 Zusammenfassung Das Äquivalenzprinzip ist eine Fundamental-Hypothese. Das Schwache Äquivalenzprinzip ist derzeit zu einem Teil in einer ZehntelBillion bestätigt. Das ist, gemessen an anderen physikalischen Hypothesen, eine noch schwache Bestätigung. Es gibt viele theoretische Vorhersagen für eine Verletzung des Äquivalenzprinzips. Bis heute gibt es dafür aber keinen experimentellen Hinweis. Helmholtz-Symp.19.6.2007