Kindergärten Basel Gesamtkonferenz 29. Januar 2008 Musik und Mathematik Markus Cslovjecsek Folie 1: Titel Wie kleine Kinder uns lehren, wo die Mathematik her kommt Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren (Evtl. Bezug nehmen zur den Präsentationen der pädagogischen Fachgruppen: haben sie sich entschieden? Schlägt ihr Herz für die Musik oder für die Mathematik? In welchen Bereich werden Sie sich engagieren? ) Folie 2: Inhalt / Einstein Violine Musik und Mathematik sind in unserer Gesellschaft zwei sehr unterschiedliche und auch ziemlich gut unterscheidbare Disziplinen. Sie werden an unterschiedlichen Hochschulen gelehrt und in den Schulen oft in unterschiedlichen Räumen und von unterschiedlichen Fachlehrern unterrichtet. Die Mathematik wird oft als "die Kunst des abstrakten Denkens" bezeichnet und wird so quasi als Gegenpol zur sinnlich wahrnehmbaren und flüchtigen Musik wahrgenommen. Dass dies so ist, haben wir in unserer eigenen Schulzeit gelernt und die Geschichten welche sagen, dass grosse Musiker auch gute Mathematiker waren oder berühmte Mathematiker auch Musiker vorunsichern uns kaum. 1. Lernen und Gehirn Die Verbindungen zwischen Musik und anderen Disziplinen in unserer hochentwickelten Welt werden zur Zeit neu entdeckt. Deshalb ist es mir wichtig, ganz kurz die dramatischen neuen Erkenntnisse in Bezug auf Lernen und Gehirn zusammenzufassen. Vor 25 Jahren glaubte die Wissenschaft, dass das menschliche Gehirn quasi von Geburt an einem mehr oder weniger schnellen Zerfall unterworfen ist. Heute weiss man: das war total falsch. "Use it or lose it" heisst die Kurzformel des bekannten Schweizer Hirnforschers Lutz Jäncke. Folie 3: Synapsen Vererbung frühkindliche Prägung lebenslanges Lernen Folie 4: Lernen und Gehirn Das Gehirn verändert sich beim Lernen physisch - jeder Mensch hat seine eigene Lernbiografie. Vielseitige Tätigkeiten fördern die Hirnentwicklung - ein Leben lang. Das Gehirn ist auf Vernetzung angewiesen und lebt von ihr. Ein vernetztes System soll nicht linear verwendet werden. Wissen wird nicht als Ganzes abgelegt. Reproduzieren heisst interpretieren. Emotionale „Färbung“ des Lernens ist von grosser Bedeutung. Die kleinen Kinder sind extrem effiziente Lerner und darum für die Hirnforscher auch sehr interessant. Folie 5: Verkabeltes Kind „Offenbar ist Musik der stärkste Reiz für neuronale Umstrukturierung, den wir kennen.“ (Eckart Altenmüller) Welche Reize können unser Lernen beeinflussen? Folie 6: Zeichensysteme Klang, Geschmack, Geruch, Berührung, Bewegung und damit verbundene Beziehungen sind in den ersten Lebensmonaten die wichtigsten Lernfelder. Später werden Bilder wichtig, dann erst Sprache und Zahlen. Musik bleibt aber offenbar auch im Alter ein extrem starker Reiz für neuronale Umstrukturierung. 2. Wie uns Kinder das Lernen lehren Folie 7: Einstein Zunge Der Geige spielende Albert Einstein wird als aussergewöhnlichens Phänomen abgelegt. Es gibt aber auch Theorien, die behaupten Einstein habe seine Genialität dem Umstand zu verdanken, dass er eigentlich ein Kind geblieben sei. Er wurde oft gefragt, warum er so gescheit sei. Seine Antworten: Folie 8: Einstein Zitate Wichtig ist, dass man nicht aufhört zu fragen. Lernen ist Erfahrung. Alles andere ist nur Information. Folie 9: Kinderspiel Diese Kinder spielen. Spiel ist Erfahrung. Was lernen sie dabei? Welche Fragen entstehen? Wer kann sie beantworten? Kurve oder Strich? Was glaubst Du? Fällt der Ball auf dem Boden, da der Wagen von den Kindern weiter gezogen wird, während der Ball sich in der Luft befindet? 3. Wie Musik und Mathematik zusammenhängen Diese Frage möchte ich anhand einiger exemplarischer Beispiele klären. Die Beziehung von Mathematik und Musik ist eine vielschichtige und komplexe aber auch eine alltägliche. Bezogen auf die Themenkreise der Mathematik von Vor- und Primarschule, ist es ein kaum systematisch untersuchtes Feld. Fast ein weisser Fleck auf der Landkarte der Bildung. Es kann sein, dass es jetzt dann gleich etwas lauter wird in diesem Raum, und Sie mich nicht mehr verstehen werden. Darum folgende Anweisung zum Voraus: Experimentieren Sie mit dem Instrument, welches sie nun gleich in den Händen haben werden. Wenn sie merken, dass ich mich hier bemühe, mich wieder etwas zu sagen, dann legen Sie bitte das Instrument zur Seite und warten bis es alle bemerkt haben. Und noch etwas: Bitte versuchen Sie ab jetzt bis es wieder still ist nicht zu sprechen. Folie 10: Wellkarton - Bitte nicht sprechen! Auf jedem zweiten Stuhl lag zu Beginn der Veranstaltung ein doppelter Wellkartonstreifen.. Wenn sie einen haben, dann machen Sie daraus zwei (vorzeigen), verschenken den einen. Und erkunden sie das Ding, so wie wenn sie noch mal Kind wären. …. evtl. beginnt nun das Spiel mit den Steifen. Sonst dazu ermuntern. evtl. mit summen der Melodie "De Peter schafft mit eim Hammer" beginnen. Was war das nun? Folie 11: De Peter schafft Erfahrungen sammeln? Lernen? Was haben Sie gelernt? Sind Fragen entstanden? Möchten sie anderes ausprobieren? Wir fragen und wir sammeln Erfahrungen. Das ist das, was wir tun, seit wir gemerkt haben, das für die Kinder Musik und Mathematik eng zusammenhängen. Ich betreute im Kanton Solothurn Schulklassen die unter dem Projekt „Erweiterter Musikunterricht“ arbeiteten. Es gab dort 3-5 Stunden Musik pro Woche. In diesen Klassen entstand eine riesiger Fundus von Ideen, welche wir in den letzten Jahren bei Klett publizieren konnten. Folie 12: MAMU Weitere Beispiele: Stellentafel Zehnerlen Kassensturz Formen Spiegel Verdoppeln und halbieren Regelmässig – unregelmässig 4. Was wir daraus lernen sollten Wenn wir Musik in diesem Sinn als ein eigenständiges Zeichensystem menschlicher Kommunikation (Spychiger) verstehen, ... Wenn menschliche Gehirne durch vorsprachliches Lernen geprägt werden, ... Wenn Kinder Bewegung und Klang auch nach dem Spracherwerb als wichtige Zugänge zum Lernen nutzen, ... ... dann müssen wir dringend die Funktion von Klang und Bewegung im Unterricht überdenken und entsprechende Konsequenzen für die Unterrichts-Planung (in allen Fächern und Bereichen) und für die Lehrerbildung als Ganzes ziehen. Kinderideen können die Welt verändern: "Schwache Reize wirken auslösend. Mäßige Reize entwickeln. Starke Reize hemmen. Überstarke zerstören." (Hugo Kükelhaus) zum Beispiel ein Spiel zum Wiederentdecken unserer feinen Sinne: Dieses Spiel basiert auf der Idee des Wellkartonstreifens. Ich habe mit Freunden aus dieser „Kinderidee“ ein Produkt entwickelt. Es ist seit kurzem über’s Internet erhältlich und es gibt bereits Reaktionen von KükelhausFans aus aller Welt. Kinder sind Experten in Fragen des Lernens und des handlungsorientierten ganzheitlichen Forschens und Denkens. Kindergartenlehrpersonen sind die wichtigsten Vermittler zwischen der Denkwelt der Kinder und der Denkwelt der Schule. Die Schule muss die Denkwege und die Kompetenzen der Kinder vermehrt berücksichtigen. Bei der Diskussion um Grund- und Basisstufe ist die Erfahrung und das Wissen aus der Kindergartenpädagogik wertvoll und sehr bedeutsam. Herzlichen Dank für ihre Aufmerksamkeit