Formenkunde Dreieck 20. Oktober 2009 Vertr. Prof. Dr. Katja Krüger Universität Paderborn Didaktik der Geometrie II (Klasse 7-10) 1 Inhalt − Formbetrachtungen F b h am Dreieck D i k o Von den Sonderfällen zum allgemeinen Dreieck o Ein alternativer Weg: Vom Parallelogramm zum Dreieck − Der Winkelsummensatz in Schulbüchern − Die Winkelsumme in besonderen Dreiecken − Kinematisch Kinematisch-funktionales funktionales Denken in der Geometrie − Exkurs: Formenzeichnen im Geometrieunterricht an Waldorfschulen 2 Formbetrachtungen am Dreieck 3 Der Unterrichtsgegenstand „Dreieck Dreieck“ Grundbaustein G db i geometrischer i h Fi Figuren und dV Verfahren f h z.B. • Berechnung von Flächeninhalten geradlinig begrenzter Figuren möglich durch Zerlegung in Dreiecke. • Verwendung von Dreiecksnetzen bei der Vermessung (Triangulation) oder der Modellierung gekrümmter Flächen. 4 Das Thema Dreieck beinhaltet • • • • Aussagen zur F A Formenkunde k d z.B. B Wi Winkelsummensatz k l t Kongruenzsätze Konstruktionen Flächenberechnung Quelle: Vorlesungsskript Rinkens, Rinkens S. S 54 5 Kompetenzerwartungen p g Geometrie (am Ende der Jahrgangsstufe 6) Schülerinnen und Schüler Erfassen • verwenden die Grundbegriffe Punkt, Gerade, Strecke, Winkel, Abstand, Radius, parallel, senkrecht, achsensymmetrisch, p y punktsymmetrisch p y zur Beschreibung g ebener und räumlicher Figuren • benennen und charakterisieren Grundfiguren und Grundkörper (Rechteck, Quadrat, Parallelogramm, Dreieck, Kreis, Quader, Würfel) und identifizieren sie i ih in ihrer Umwelt U lt Konstruieren • zeichnen grundlegende ebene Figuren (parallele und senkrechte Geraden, Winkel, Rechtecke Quadrate, Rechtecke, Quadrate Kreise) und Muster … Messen • schätzen und bestimmen Umfang und Flächeninhalt von Rechtecken, Dreiecken, Parallelogrammen und daraus zusammengesetzten Figuren (nur Gymnasium G8) • schätzen und bestimmen Längen, Winkel, Umfänge von Vielecken, Flächeninhalte von Rechtecken (übrige Schulformen) 6 www.standardsicherung.schulministerium.nrw.de/lehrplaene/kernlehrplaene-sek-i/ Kompetenzerwartungen p g Geometrie (am Ende der Jahrgangsstufe 8) Erfassen E f • benennen und charakterisieren rechtwinklige, gleichschenklige und gleichseitige Dreiecke, Parallelogramme, Rauten, Trapeze und Prismen und identifizieren sie in ihrer Umwelt. Umwelt (grün fehlt in G8, G8 dafür werden Zylinder ergänzt) Konstruieren • zeichnen Dreiecke aus gegebenen Winkel- und Seitenmaßen • … Messen • schätzen und bestimmen Umfang und Flächeninhalt von Dreiecken, Parallelogrammen (G8 stattdessen: Kreise) und daraus zusammengesetzten Figuren • … Anwenden • erfassen und begründen Eigenschaften von Figuren mit Hilfe von Symmetrie, einfachen Winkelsätzen oder der Kongruenz 7 Formenkundliche Betrachtungen g am Dreieck Winkelsumme und Flächeninhalt Fachmethodisch F h th di h llassen sich i h zweii grundsätzlich d t li h unterschiedliche t hi dli h Wege unterscheiden, wie man durch Formbetrachtungen zur Winkelsumme und zum Flächeninhalt des Dreiecks gelangen kann: 1. Vom Speziellen zum Allgemeinen: 2 Vom Allgemeinen zum Speziellen: 2. 8 1. Von den Sonderfällen des Dreiecks zum allgemeinen Dreieck 9 Vom Falten eines gleichschenkligen Dreiecks zum Zeichnen Entdecken E d k und d Verwenden V d d der Ei Eigenschaften: h f • Gleich lange Schenkel • Achsensymmetrie • Gleich große Basiswinkel 10 Funktionale Betrachtungen am gleichschenkligen Dreieck Variation V i i d der Basis B i bei b if festem Winkel an der Spitze des Dreiecks: • Die Di B Basiswinkel sis i k l bl bleiben ib gleich l i h groß. ß → Winkelsummensatz. • Je länger die Schenkel, Schenkel desto länger die Basis. → Proportionalität, Proportionalität Strahlensatz Strahlensatz. 11 Funktionale Betrachtungen am gleichschenkligen Dreieck Systematische i h V Variation i i d der Schenkel h k l bei fester Basis des Dreiecks: • Je J länger lä die di Schenkel, S h k l desto d st – kleiner der Winkel an der Spitze – größer die Basiswinkel. Basiswinkel • Sonderfall gleichseitiges Dreieck • Je kleiner die Basiswinkel Basiswinkel, desto – kürzer die Schenkel. → Seitensummensatz. – größer der Winkel an der Spitze. → Winkelsummensatz. 12 Funktionale Betrachtungen am rechtwinkligen Dreieck Welche Zusammenhänge lassen sich bei di dieser D Dreiecksvariation i k i ti entdecken? td k ? 13 Das rechtwinklige Dreieck Die Winkelsumme im rechtwinkligen g Dreieck ist halb so groß wie im Rechteck, d.h. sie beträgt zwei rechte Winkel bzw. 180°. Der Flächeninhalt dieses rechtwinkligen Dreiecks ist halb so groß wie der des Rechtecks, also l a ⋅b A= 2 14 Übertragung auf andere Dreiecksformen im gleichschenkligen Dreieck im allgemeinen Dreieck Die Winkelsumme von 180° erhält man aus der Winkelsumme der beiden rechtwinkligen Teildreiecke. Den Flächeninhalt erhält man aus den Inhalten der beiden rechtwinkligen Teildreiecke: Basis ⋅ Höhe Grundseite ⋅ Höhe bzw. 2 2 15 Ein alternativer Weg: We : Vom Allgemeinen zum Speziellen 16 Vom Rechteck zum Parallelogramm 17 Vom Parallelogramm zum Dreieck Quelle: Vorlesungsskript Rinkens, S. 66 18 Gewinnen einer Vermutung über die Winkelsumme im (allgemeinen) Dreieck Maßstab 7, Hauptschule Nord, Schroedel 2000, S.40 19 Beweiss des Winkelsummensatzes Bewe W nkelsummensatzes Rückführung auf die Winkelsumme im Parallelogramm 20 Der Winkelsummensatz in Schulbüchern 21 Ein Stufenbeweis Drenckhahn: Raumlehre in der Volksschule. Berlin, Leipzig: Beltz 1935, S. 39 22 Beweis des Winkelsummensatzes mit Wechselwinkeln: folgt direkt nach dem Kapitel über Winkel an Geradenkreuzungen Lambacher Schweizer 6, Mathematik für Gymnasien. Hessenausgabe. Stuttgart: Klett 2006, S. 123 23 24 Die Winkelsumme in besonderen Dreiecken 25 Messung der Winkel in einem großen Dreieck Gauß hat bei der berühmten Messung zwischen den Gipfeln von Brocken, Hohem H Hagen und d Inselsberg I l b etwa 15“ über 180° herausbekommen und das nicht als ausreichenden Wid s Widerspruch h zu 180° angesehen. Abb. verändert nach Reidt,Wolff, Athen: Elemente der Mathematik, Band 2. Hannover: Schroedel 1965, S. 326. Bogensekun g den : °= 1 ° ≈ 0,004° 15' ' = 15 3600 240 26 Das unmögliche Dreieck Verein "Treffpunkt Physik", Gotschuchen/Kärnten/ Österreich. Quelle: Führer, Führer L L. u u.a.: a : Widersprüche und Trugschlüsse als Unterrichtsmittel. In: Mathematik lehren 5 (1984), 44-49. 27 Kann es überhaupt Dreiecke geben, deren Winkelsumme sich von 180° unterscheidet? 28 Die Sache mit der Winkelsumme ist nur in der Ebene einfach, im Raum aber… Ei ä d und Einwände dE Erläuterungen lä t von Schülern: S hül a) „Die Winkel sind nicht genau 90°, weil die Erde krumm ist.“ b) „Das Das mit den Winkeln stimmt nicht, nicht weil die Dreiecksseiten an den Ecken krumm sind.“ c) „Wenn man die Ecken zusammenschiebt, wird es nicht richtig h platt.“ l “ d) „Man muss die kleinen Stellen, auf denen der Bär dreht, immer parallel lassen. Das gibt dann keinen richtigen Winkel, sondern eine Würfelecke, oder so…“ 29 Kinematisch-funktionales Denken in der Geometrie 30 Pestalozzis Idee eines ABC der Anschauung untersucht und wissenschaftlich ausgeführt (1804) Anschauung bilden: „Größen soviel möglich als fließend betrachten betrachten“ 31 Erziehung zum funktionalen Denken in der Geometrie “Diese Gewohnheit des funktionalen Denkens soll auch in der Geometrie durch fortwährende Betrachtung der Änderungen gepflegt werden, die die ganze Sachlage durch Größen- oder Lageänderung im einzelnen erleidet, z. B. bei Gestaltsveränderung der Vierecke Vierecke, Änderung in der gegenseitigen Lage zweier Kreise usw....”. Meraner Lehrplan (1905) 32 33 W. Lietzmann, W.: Methodik des mathematischen Unterrichts., Band II, 1916, S. 155 f. Das Prinzip der Bewegung Als einer Al i der d Hauptunterschiede H hi d altgriechischer l i hi h undd neuzeitlicher i li h Geometrie gilt das, daß in jener die Figuren sämtlich als starr und fest gegeben angenommen werden, in dieser als beweglich und gewissermaßen i ß fließend, fli ß d in i stetem t t Übergang Üb von einer i Gestaltung zu anderen begriffen. Sollen unsere Schüler in die heutige Form der Wissenschaft und gar gelegentlich in deren Anwendung eingeführt werden werden, so müssen auch sie beizeiten daran gewöhnt werden, die Figuren als jeden Augenblick veränderlich zu denken und dabei auf die gegenseitige Abhängigkeit ihrer Stücke zu achten diese zu erfassen und beweisen zu können achten, können. ... 1. Beweglichmachen der Teile einer Figur 2 Erzeugung der Grenzfälle 2. 3. Bewegen der ganzen Figur P. Treutlein: Der g geometrische Anschauungsunterricht g 1911,, S. 202 34 Dreiecksvariationen Treutlein: Der geometrische Anschauungsunterricht 1911, Anhang. 35 Der “Pythagorasfilm” y g (Geh. Schulrat Münch) „In geradezu dramatischer Anschaulichkeit führten die prächtigen Films – die auff Zehntausenden von einzelnen Bildern beruhen! – das funktionale Leben geometrischer Figuren vor Augen, von der schlichtesten Kreistangente zu verwickelten Kurvenscharen und … auch der anfängliche Skeptiker erkannte, erkannte welch ein reicher Quell zur Belebung unseres Unterrichts hier erschlossen wird...“ Gentil, K.: Der mathematische Lehrfilm. In: Unterrichtsblätter 27, H. 5/6 (1921), S. 55f. (Bericht über den 10. Ferienkurs für Lehrer in Frankfurt in ZMNU 1913, S. 109). 36 Bewegte Mathematik www.stauff.de/bewmath/dateien/bewmath.html 37 Visualisierung von Beweisen mit Dynamischer Geometriesoftware http://mathematik.unil d d / th/d landau.de/roth/dynageo/pythagoras/pythagoras.html / th / th ht l Weitere Links: www.dynamische-geometrie.de/ www dynamische-geometrie de/ http://www.mathe-ecke.de/ http://www.briegel-online.de/mathe/mathe-index.htm 38 Exkurs: Formenzeichnen im Geometrieunterricht an Waldorfschulen 39 Geometrieunterricht an Waldorfschulen 40 41 Wyss, Bühler u. a. 1978 Freihandzeichnen 42 Wyss u.a. 43 Dynamisches Zeichnen 44 Wyss, Bühler u. a. 1978 Chronophotographie Eadweard Muybridge (1830-1904) war britischer Fotograf und Pionier der Fototechnik. Er gilt – neben Étienne-Jules Marey und Ottomar Anschütz – aufgrund seiner Reihenfotografien und Serienaufnahmen mit Studien des menschlichen und des tierischen Bewegungsablaufs als einer der bedeutendsten frühen Vertreter der Chronofotografie. http://de wikipedia org/wiki/Eadweard Muybridge http://de.wikipedia.org/wiki/Eadweard_Muybridge 45