16. Tagung für Ingenieurgeologie und Forum „Junge Ingenieurgeologen“ Bochum 2007 Abrasivitätsuntersuchungen mit dem Cerchar-Test – eine Evaluierung der Versuchsbedingungen Abrasivity investigations with the Cerchar Scratch Test – an evaluation of the testing conditions Dipl.-Geol. Heiko Käsling, Dipl.-Geol. Inke Thiele & Prof. Dr. Kurosch Thuro 1 Zusammenfassung Der Cerchar-Versuch (CERCHAR, 1986) ist für die Abrasivitätsuntersuchung von Festgesteinen weltweit verbreitet und wird von einem großen Spektrum von Anwendern eingesetzt. Neben einer international durchgeführten Umfrage zur Anwendung des Cerchartests haben umfangreiche Untersuchungen zu einer Reihe von Faktoren geführt, die z.T. einen wesentlichen Einfluss auf das erzielte Untersuchungsergebnis haben. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um die für die Prüfstifte verwendete Stahlsorte sowie deren Härte, die Beschaffenheit der getesteten Gesteinsoberfläche und die Ausführung des verwendeten Prüfgerätes. Weitere wichtige Punkte sind zudem die Anzahl und Orientierung der Einzelversuche pro Gesteinsprobe, sowie die Art und Ausführung der Ablesung der abgenutzten Prüfstifte. Die bereits existierende umfangreiche Literatur führt durch z.T. grundlegende Modifikationen des Versuches zu einer weiteren Verwirrung und einer Vielzahl von möglichen Versuchsoptionen. Ziel dieser Arbeit ist es, die wichtigsten Einflussfaktoren zu beschreiben und einen Überblick über die weltweit verbreiteten Versuchsoptionen zu geben, die eine Grundlage für eine Prüfempfehlung zum Cerchar-Abrasivitätsversuch im Arbeitskreis 3.3 „Versuchstechnik Fels“ der DGGT darstellen soll. Schlüsselworte: Cerchar-Versuch, CAI, Gesteinsabrasivität, Verschleißprognose, Versuchstechnik Abstract The Cerchar Test (CERCHAR, 1986) is used globally by a broad spectrum of users as an abrasivity test for rock. Worldwide surveys concerning the execution of the test, as well as numerous other tests have led to the identification of factors, which partly have a major influence on the test results. The most essential factors are the kind of steel and the hardness of the steel used for the testing pins, the properties of the tested rock surface and the type of the testing device. Further important factors are the number and orientation of single tests performed per rock sample as well as the type and execution of the readout of the worn out testing pins. The extensive number of existing literature concerning the Cerchar Test, partly in which fundamental changes are made to the testing procedure, leads to further testing options and adds on to the confusion. The goal of this research is to describe the major influencing factors to the Cerchar Test and to give an overview of the existing testing procedures worldwide. This should be the basis for a testing recommendation for the Cerchar Test in the Technical Commitee 3.3 “Versuchstechnik Fels” of the DGGT (German Geotechnical Society) and a ISRM “Suggested Method”. Key words: Cerchar Test, CAI, Rock Abrasivity, Wear Prediction, Testing Equipment 1 Einleitung Arbeitskreis 3.3 „Versuchstechnik Fels“ der DGGT eine solche Empfehlung erarbeitet. Um hierfür eine ausreichend große Basis zu schaffen, wurden möglichst viele Institute und Prüflabore in einer weltweiten Umfrage über ihre Erfahrungen und Vorgehensweisen bei der Durchführung des Cerchar-Versuches befragt (THIELE, 2006). Neben den bestehenden eigenen Erfahrungen und der weiteren Literatur eröffneten sich hieraus wesentliche, bei der Versuchsdurchführung zu beachtende Details, die im Folgenden näher erläutert werden sollen. Der Cerchar-Abrasivitätstest beruht auf einem Prüfstift, der bei konstanter Auflast über 10mm eines Gesteinsprüfkörpers bewegt wird (Abb. 1). Aus der hierdurch entstandenen kegelstumpfförmigen Verschleißphase errechnet sich der Cerchar-Abrasivitäs-Index (CAI). Der Cerchartest und der damit gewonnene CercharAbrasivitäts-Index (CAI) wird für die Beurteilung der Gesteinsabrasivität von Festgesteinen weltweit eingesetzt. Neben der Orginalliteratur von VALANTIN (1973) und CERCHAR (1986) existiert auch eine französische Norm (AFNOR, 2000), die den einfach anmutenden Versuch in groben Zügen beschreibt. Verschiedenste Autoren haben weltweit immer wieder einzelne Aspekte des Versuches untersucht und damit zu einer Fülle von z.T. stark differierenden Beschreibungen geführt. Aufkommende Unregelmäßigkeiten bei jüngsten Bauprojekten und z.T. stark unterschiedliche CAI-Werte, die weltweit an vergleichbaren Gesteinen bestimmt wurden, ließen den Wunsch nach einer aktualisierten, zusammenhängenden Prüfempfehlung aufkommen. Derzeit wird im 1 Dipl.-Geol. Heiko Käsling, Dipl.-Geol. Inke Thiele & Prof. Dr. Kurosch Thuro, Lehrstuhl für Ingenieurgeologie, Technische Universität München, Arcisstr. 21, 80333 München, [email protected] 229 16. Tagung für Ingenieurgeologie und Forum „Junge Ingenieurgeologen“ Bochum 2007 „Cerchar-Gerät“ 1+3 Schraubstock für Probe, 2 Handgriff, 4 Prüfstift, 5 Prüfstiftaufnahme, 6 Gewicht Abb. 1: Beispiel für die Durchführung eines CercharVersuches auf einem Sandstein. Fig. 1: Example for a Cerchar-Test on a sandstone. 2 Einflußfaktoren auf das Versuchsergebnis 2.1 Testgeräte Für die Durchführung des Cerchar-Abrasivitätsversuches sind weltweit zwei, in ihrer Bauart unterschiedliche Geräte im Einsatz. Das in der Orginalliteratur (VALANTIN 1973, CERCHAR 1986) beschriebene sogenannte „Cerchar-Gerät“ ist weit verbreitet, wurde aber von einigen Prüfinstituten zur besseren Handhabung leicht abgewandelt. Daneben existiert das von WEST (1989) beschriebene und u.a. von der Firma ErgoTech (Großbritannien) vertriebene sog. „West-Gerät“ (Abb. 2). Beide Geräte werden weltweit etwa zu gleichen Teilen verwendet. „West-Gerät“ 1 Schraubstock, 2 Handkurbel, 3 Schlitten 4 Prüfstift, 5 Prüfstiftführung, 6 Gewicht Abb. 2: Weltweit verbreitete Prüfgeräte (verändert nach PLINNINGER et al., 2003). Fig. 2: Worldwide spread testing devices (modified after PLINNINGER et al., 2003). Das sog. Cerchar-Gerät besteht aus einem Schraubstock zur Aufnahme der Probe sowie einem langen Prüfarm, an dessen Ende der Prüfstift befestigt ist. Der mit dem Gewicht belastete Prüfstift, wird mit Hilfe des Hebels innerhalb von 1 sec über 10 mm der Prüfkörperoberfläche hinweg bewegt. Die Abwandlung des Gerätes einiger Prüflabore umfasst lediglich die Platzierung des Gewichtes auf den Prüfarm (ursprünglich hängend unter dem Gerät) und hat demnach keinen Einfluss auf das Versuchsergebnis. Abb. 3: Ritzspuren der Prüfstifte auf einem Quarzsandstein (links: „Cerchar-Gerät“; rechts: „West-Gerät“). Bei dem sog. „West-Gerät“ wird innerhalb von 10 sec die auf einem beweglichen Schlitten eingespannte Probe unter dem statisch belasteten Prüfstift hinweg gezogen. Fig. 3: Scratches of the steel pins on a quarzitic sandstone (left: „Cerchar-Apparatus“; right: „West-Apparatus“). Erste vergleichende Untersuchungen beider Testgeräte zeigten geringe, jedoch bemerkbare Unterschiede in den erzielten Cerchar-Abrasivitätswerten bei manchen Gesteinsproben. Bei näherer Betrachtung ist ersichtlich, dass auf Grund des weniger stabilen, langen Prüfarms beim „Cerchar-Gerät“ die Prüfspitze in „Schlangenlinien“ um harte Minerale herum gleitet (Abb. 3). Dadurch verringert sich die erzielte Abnutzung des Prüfstiftes und somit auch der gewonnene CAI-Wert. Dieses Phänomen hat bei, im Versuchsmaßstab inhomogenen Gesteinen, wie etwa bei kristallinen Gesteinen (z.B. Granit), einen deutlichen Einfluss auf das Versuchsergebnis. Der mit dem „Cerchar-Gerät“ gewonnene CAI-Wert ist hierbei geringer als der, mit dem steiferen „West-Gerät“ erzielten Ergebnis (Abb. 4). Beim Test von homogenen Gesteinen oder Sandsteinen ist dieser Einfluss nur sehr gering. Um die Testergebnisse jedoch ausreichend genau miteinander vergleichen zu können, muss durch eine verbesserte und verstärkte Führung des Prüfarms diese Ausweichbewegung des Prüfstiftes hinreichend unterbunden werden. 230 16. Tagung für Ingenieurgeologie und Forum „Junge Ingenieurgeologen“ Bochum 2007 of Mines (CSM). Dagegen erscheinen die Cerchar-Werte von URS (Geotechnical Testing Laboratory, Toronto) an den weichen Stiften im Vergleich zu hoch. Ursache dieser markanten Abweichung müsste man wohl in der verwendeten Stahlsorte bzw. deren Grobkörnigkeit suchen (Abb. 5.). Abb. 4: Vergleich der an den beiden Versuchsgeräten (nach „Cerchar“ und „West“) ermittelten Cerchar-Werte. Fig. 4: Comparision of Cerchar-values gained with the two different testing devices (“Cerchar” and “West”) Abb. 5: Versuchsergebnisse mehrerer Prüfinstitute bei Tests mit Prüfstiften unterschiedlicher Härte (verändert nach MICHALAKOPOULOS (2005) und ROSTAMI et.al. (2005)). Zudem hebt die Prüfspitze bei der nur 1 sec dauernden, schnellen Bewegung beim „Cerchar-Gerät“ immer wieder ab und kratzt nicht kontinuierlich über die bruchraue Gesteinsoberfläche. Das Ergebnis dieses Einzelversuches ist dann zu verwerfen, da durch diesen Umstand, je nach Gesteinsart, der gemessene CAI-Wert nach unten oder oben verfälscht werden kann. Fig. 5: Testing results of several laboratories performing tests with steel pins of different hardness (modified after MICHALAKOPOULOS (2005) and ROSTAMI et.al. (2005)). Weder bei CERCHAR (1986) noch in der entsprechenden franz. Norm NF P94-430-1 (AFNOR, 2000) wird die für die Prüfstifte zu verwendende Stahlsorte näher eingegrenzt. Vergleichende auflichtmikroskopische Untersuchungen und Materialanalysen (nach freundl. mündl. Mitteilung von U. Restner, Voest-Alpine Bergtechnik GmbH) haben ergeben, dass es sich bei den ursprünglich von CERCHAR (CENTRE D’ETUDES ET RECHERCHES DE CHARBONNAGES DE FRANCE) benutzten Stiften um einen feinkörnigen, homogenen, weit verbreiteten Werkzeugstahl handelt. Vier von 12 an der Umfrage teilnehmende Prüfinstitute verwenden diesen Werkzeugstahl mit der Zusammensetzung 115CrV3. Sechs weitere Institute verwenden einen Chrom-Nickel-Molybdänstahl (34CrNiMo6), der dem in WEST (1989) zitierten EN24Stahl äquivalent ist. Zwei Prüfinstitute konnten keine Auskunft zur Stahlsorte geben. Ziel neuester Untersuchungen ist nun, den Einfluss von unterschiedlichen Stahlsorten auf den Cerchar-Abrasivitäts-Index zu erarbeiten. Mechanisch gesehen ist dadurch das Westgerät gegenüber dem originalen Cerchargerät eindeutig im Vorteil. 2.2 Prüfstifte Obwohl in den ersten Veröffentlichungen zum CercharAbrasivitätsversuch (VALANTIN 1973, CERCHAR 1986) eine Stahlhärte von HRC 54-56 für die Prüfstifte angeführt wird und in Kombination hiermit den CercharAbrasivitäts-Index (CAI) und die entsprechende Klassifizierung (Tab. 1) aufbaut, verwenden einige Bearbeiter weniger harte Stifte. So führt WEST (1989) Materialbeschaffungsprobleme oder AL-AMEEN & WALLER (1994) „bessere“ Prüfergebnisse bei weniger abrasiven Gesteinen an. In Folge dessen werden weltweit nun CAI-Versuche mit variierenden Härten von HRC 4043 oder HRC 54-56 durchgeführt. Die dabei erzielten Ergebnisse sind nicht eindeutig miteinander zu vergleichen. Zehn von 13 an der Umfrage teilnehmende Prüfinstitute verwenden Prüfstifte der Härte HRC 54-56, lediglich drei Prüfinstitute verwenden ausschließlich Prüfstifte mit einer Härte von HRC 40-43. Dadurch erscheint die Festlegung auf eine möglichst eindeutige und weltweit erhältliche Stahlsorte und eine Härte entsprechend der ursprünglichen Publikation von CERCHAR (1986) von HRC 54-56 sinnvoll. MICHALAKOPOULOS (2005) hat eine gute Korrelation der Versuchsergebnisse an den verschieden harten Stahlstiften gefunden (Abb. 4). Leider hat er für seine Untersuchungen aber auch 2 unterschiedliche Stahlsorten verwendet (CALMAX und 34CrNiMo6), woher diese Korrelation nicht als allgemeingültig angesehen werden darf. In ROSTAMI et al. (2005) werden ebenfalls Untersuchungsergebnisse verschiedener Prüfinstitute, die mit den unterschiedliche harten Prüfstiften arbeiten verglichen. So korrelieren die Vergleichsuntersuchungen von NTNU/SINTEF an den verwendeten weichen Stahlstiften gut mit den Ergebnissen der Colorado School 2.3 Probenoberfläche Entsprechend der Orginalliteratur soll der CAI-Versuch auf einer ebenen und „bruchrauen“ Gesteinsoberfläche durchgeführt werden. Die Klassifizierung der Gesteinsabrasivität nach CERCHAR (1986) erfolgt auf dieser Grundlage (Tab. 1). 231 16. Tagung für Ingenieurgeologie und Forum „Junge Ingenieurgeologen“ Tab. 1: Klassifizierung der Abrasivität beim CAI-Test (nach CERCHAR, 1986, dt. Bezeichnungen ergänzt). Deutlich erkennbar sind die verschiedenen Ausgleichskurven über die Versuchsergebnisse der einzelnen Prüfinstitute bzw. über die Gesamtheit aller Wertepaare. Hieraus wird deutlich, dass eine einfache Korrelation der Ergebnisse nicht ohne weiteres möglich ist und einen großen Fehler beinhaltet. Je nach Gesteinsart macht sich die Verwendung verschiedener Gesteinssägen zur Präparation der Prüfkörperoberfläche unterschiedlich stark auf die verbleibende Rauhigkeit und damit auf das Untersuchungsergebnis bemerkbar. Tab. 1: Classification of the abrasivity of rock (according CERCHAR, 1986) CAI Classification 0,3 - 0,5 not very abrasive kaum abrasiv 0,5 – 1,0 schwach abrasiv 2,0 – 4,0 slightly abrasive medium abrasive to abrasive very abrasive 4,0 – 6,0 extremely abrasive extrem abrasiv 1,0 – 2,0 Bochum 2007 Bezeichnung abrasiv sehr abrasiv Grundsätzlich sollte der Cerchar-Abrasivitätsversuch daher auf einer bruchrauen Gesteinsoberfläche durchgeführt werden. In Ausnahmefällen kann mit Hilfe einer spezifischen Korrelation, die auf die verwendete Gesteinssäge abgestimmt ist, eine Umrechnung des CAIWertes von einer sägerauen auf eine bruchraue Oberfläche geschehen. Erst hiernach ist die Angabe des maßgebenden CAI-Wertes und der Gesteinsabrasivität entsprechend Tab. 1 möglich. Da zudem an ausgeprägt inhomogenen Gesteinen wie z.B. grobkörnigen Graniten, Glimmerschiefern aber auch Konglomeraten durch Bruch im Gesteinsformatiergerät oder mit dem Hammer keine prüffähige Oberfläche zu erzielen ist, wurde an der TU München in einer Versuchsreihe der Einfluss der unterschiedlichen Oberflächenbeschaffenheiten untersucht (KÄSLING, 2000). Mit der gewonnenen guten Korrelation zwischen den CAIWerten an Proben mit sägerauer und bruchrauer Oberfläche können die, auf einer gesägten Gesteinsoberfläche anisotroper Gesteine gewonnenen CAI-Werte, korrigiert und die Abrasivität des Gesteins korrekt und international vergleichbar dargestellt werden. In ROSTAMI et al. (2005) sind ebenfalls Kennwerte solcher Vergleichsversuche unterschiedlicher Prüfinstitute veröffentlicht. In Abb. 6 sind zusammenfassend die Ergebnisse der Untersuchungen an der TU München (TUM) mit denen der Colorado School of Mines (CSM) und der Universidad Politecnica de Madrid (UPM) aus dem zitierten Artikel dargestellt. Alle hier dargestellten Versuche wurden mit Prüfstiften vergleichbarer Zusammensetzung und Härte durchgeführt. Insgesamt 5 von bisher 13 an der Umfrage teilnehmende Institute bestimmen den CAI-Wert ausschließlich auf einer gesägten Gesteinsoberfläche. Eine Anpassung der ermittelten Werte ähnlich Abb. 6 findet dabei nicht statt. Somit sind die CAI-Werte und die Klassifikation der Abrasivität in diesem Fall für die getesteten Gesteine zu gering und nicht konform mit den Angaben und der Klassifikation in der Orginalliteratur (CERCHAR 1986). 2.4 Anzahl der Versuche Um den Einfluss der Anzahl der Einzeltests auf die Genauigkeit des CAI-Versuches zu untersuchen, wurden an insgesamt fünf verschiedenen Gesteinen Reihenversuche mit je bis zu 47 Einzeltests gefahren und statistisch ausgewertet (THIELE, 2006). Hierzu wurde u.a. die Entwicklung des Standardfehlers „sm“ betrachtet (GRÄNICHER, 1994). Dabei handelt es sich um die Standardabweichung des Mittelwerts einer Messreihe, d.h. um die Abweichung vom sog. „wahren“ Mittelwert. Grundlage ist, dass der Standardfehler mit zunehmendem Umfang der Stichproben gegen Null geht. Aus Abb. 7 ist zu erkennen, dass der Standardfehler der Ergebnisse des Granits, des Quarzsandsteins und des Bergkristalls zu Beginn stark streut und anschließend deutlich abnimmt. Einen Standardfehler von ca. 10% erreicht man bei dem Granit und dem Sandstein jedoch erst ab 20-25 Einzelversuchen. Bei dem (reinen!) Bergkristall ist der Standardfehler aufgrund der hohen Homogenität des Gesteins insgesamt wesentlich niedriger. Die anfängliche Streuung der Werte hört bereits früh auf und der Standardfehler hat sich bereits ab dem 9. Versuch um die Hälfte verringert. Abb. 6: Vergleich der Versuchsergebnisse mehrerer Prüfinstitute von Tests mit unterschiedlichen Oberflächenrauhigkeiten (verändert nach KÄSLING (2000) und ROSTAMI et.al. (2005)). Die Untersuchung des Standardfehlers zeigt also, dass die von WEST (1989) und von den meisten Instituten verwendete Anzahl von fünf Einzeltests pro Gestein streng genommen nicht ausreicht. Mit 20-25 Einzeltests pro Gestein ist allerdings eine relativ große Anzahl von Versuchen nötig, um eine ausreichende Genauigkeit des CAI-Wertes zu erreichen. In der Praxis sollten daher – auch wenn dies statistisch nicht ganz korrekt ist – aus Fig. 6: Correlation of Cerchar-values of several laboratories gained on samples with different surface roughness (modifies after KÄSLING (2000) and ROSTAMI et.al. (2005)). 232 16. Tagung für Ingenieurgeologie und Forum „Junge Ingenieurgeologen“ jedem Homogenbereich zumindest 4-5 Gesteinsproben mit jeweils 5 Einzeltests untersucht werden. Im Mittel kommt man damit zu einer für viele Belange ausreichenden Genauigkeit der Versuchsergebnisse. Von der in der Praxis bislang oftmals üblichen Vorgehensweise, mit der die Abrasivität eines Gesteins aus einem einzelnen CAI-Versuch gewonnen wurde, ist daher möglichst Abstand zu nehmen. Zudem ist neben dem CAI-Wert auch die Angabe der Standardabweichung „s“ als Index für die Streubreite des Ergebnisses notwendig. Bochum 2007 2.5 Ablesung der Abnutzung des Prüfstiftes Die Ablesung der Abnutzung des Prüfstiftes nach dem Cercharversuch kann entweder manuell unter einem Mikroskop oder computergestützt mit zusätzlicher Hilfe eines Bildverarbeitungsprogrammes geschehen. Lediglich 3 Institute verwenden ein solches System, wohingegen die Auswertung in den übrigen Fällen manuell unter 20-120-facher Vergrößerung stattfindet. Hierbei kann die Messung grundsätzlich in der Seitenansicht oder in der Aufsicht auf die Prüfstiftspitze vorgenommen werden (Abb. 9). Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die Ablesung in der Seitenansicht. Abb. 9: Verschiedenen Ansichten bei der Ablesung der Prüfstiftabnutzung (links: Seitenansicht; rechts: Aufsicht auf den Stahlstift; d: Durchmesser der Abrasionsfläche), THIELE (2006). Abb. 7: Abhängigkeit des Standardfehlers der CAI-Werte von der Anzahl der Einzelversuche. Fig. 7: Dependence of the standard error of the CAI-value on the number of individual tests. Fig. 9: Different views during the reading of the abrasion of the steel pins (left: side view; right: top view of the abrasion plane), THIELE (2006). Um einen aussagekräftigen CAI-Wert bei geschichteten und geschieferten Gesteinen zu erzielen, hat es sich an der TU München und auch bei anderen Instituten bewährt, CAI-Versuche sowohl parallel als auch senkrecht zur Schichtung bzw. Schieferung durchzuführen, (Abb. 8). Bei besonderen Fragestellungen und detaillierten Kenntnissen der geologischen Verhältnisse vor Ort und der (geplanten) Lösemethode, können auch Cerchartests auf einer Trennfläche (z.B. Schichtung oder Schieferung) notwendig sein. Theoretisch entsteht beim CAI-Test eine gerade, ebene Verschleißfläche an der Prüfstiftspitze, deren Durchmesser überall gleich groß ist. In der Praxis ist dies jedoch nur der Fall bei extrem homogenen und isotropen Gesteinen wie manchen Quarziten oder z.B. bei einem Bergkristall. Vielmehr treten auch andere, v.a. runde Verschleißformen mit unterschiedlichen, elliptischen Formen auf. Als Häufigkeitstrend konnte festgestellt werden, dass die gerade Form meist den kleinsten Durchmesser besitzt und häufiger in Prüfrichtung entsteht. Die runde Verschleißform entsteht dagegen häufiger senkrecht zur Prüfrichtung und weist oft den größten bzw. einen größeren Durchmesser auf, als die gerade Verschleißform (Abb. 10). Als Ergebnis dieser Beobachtung ist zu sagen, dass eine oder zwei Ablesungen in je beliebiger Richtung, wie weltweit bei einer Vielzahl der Prüfinstitute üblich, unzureichend sind. Dies gilt insbesondere für eine einzige Ablesung in einer beliebigen Richtung. In diesem Fall würde mit großer Wahrscheinlichkeit häufiger der Durchmesser einer geraden Verschleißform ausgewählt werden, da dieser am schnellsten und eindeutigsten gemessen werden kann. Um einen repräsentativen und reproduzierbaren Mittelwert zu erhalten, sollten daher unbedingt Ableserichtungen exakt festgelegt werden. Dabei bietet sich die Definition „Blick in Prüfrichtung“ und „Blick senkrecht zur Prüfrichtung“ an. Diese beiden Richtungen können jeweils von zwei Seiten betrachtet werden, wobei sich Unterschiede sowohl bezüglich der Form, als auch der Durchmessergröße zeigen. Abb. 8: Prüfstrecken bzw. –spuren des CAI-Tests auf einem geschieferten, anisotropen Gestein (a. senkrecht zur Schieferung; b. parallel zur Schieferung sowie der Sonderfall: auf der Schieferungsfläche), THIELE (2006). Fig. 8: Different directions of Cerchar-tests on a foliated, anisotropic rock (a. perpendicular to the foliation; b. parallel to the foliation and the special case: on the foliation plain), THIELE (2006). 233 16. Tagung für Ingenieurgeologie und Forum „Junge Ingenieurgeologen“ Bochum 2007 Aus diesem Grund sollte jeweils in vier definierten Richtungen, eine in und eine entgegen der Prüfrichtung sowie zwei senkrecht dazu (0°, 180°, 90° und 270°), abgelesen werden. Bei der Ablesung der Abnutzung in der Aufsicht auf den Prüfstift (Abb. 9) sind 2 Messungen der Abnutzung des Prüfstiftes, in Bewegungsrichtung und senkrecht dazu durchzuführen. Abb. 11: Skizze eines Stahlspanes, der bei der Messung der Abnutzung nicht mit berücksichtigt werden darf (THIELE, 2006). Fig. 11: Sketch of a steel-chip, which has to be ignored during reading the wear (THIELE, 2006). 3 Schlußbetrachtung Auch wenn der Cerchar-Abrasivitätstest scheinbar einfach strukturiert ist und mit überschaubarem technischen Aufwand durchgeführt werden kann, zeigen die oben diskutierten Aspekte einen deutlichen Normierungsbedarf. Da die versuchstechnischen Rahmenbedingungen gut fassbar sind, aber durchaus einen großen Einfluss auf die Versuchsergebnisse haben können, müssen diese bei der Interpretation unbedingt berücksichtigt werden. Die alleinige Angabe eines CAIWertes ohne Aussage zu Standardfehler, Art der getesteten Gesteinsoberfläche, Art und Härte der verwendeten Stahlstifte, Typ des verwendeten Testgeräts und Angabe zur Art und Weise der Ablesung erscheint vor dem Hintergrund der vorliegenden Studien nicht mehr zeitgemäß. Abb. 10: Verschleißformen der Prüfstifte in Bezug zur Prüfrichtung (a. gerade Verschleißform in Prüfrichtung; b. runde Abrasionsform senkrecht zur Prüfrichtung), THIELE (2006). Fig. 10: Different shapes of the wear of the steel pins in relation to the testing direction (a. straight shape; b. rounded shape perpendicular to the testing direction), THIELE (2006). Anfragen von Bauherren, Baufirmen und Prüfinstituten aus der ganzen Welt zeigen den Bedarf einer internationalen Vereinheitlichung des Testverfahrens. Die bereits in Vorbereitung befindliche Prüfempfehlung des Arbeitskreises 3.3 der DGGT ist daher nur ein erster, aber wichtiger Schritt, die bisher immer wieder auftretenden Unstimmigkeiten zu vermeiden und bereits bestehende Divergenzen in den Ergebnissen verschiedener Prüfinstitute zu erklären. In einer aufgrund der Globalisierung immer kleiner werdenden Welt sollte deshalb eine internationale Empfehlung seitens der ISRM parallel in Angriff genommen werden. Unter den Verschleißformen der Prüfstifte finden sich zwei, die besonders beachtenswert sind: Zum einen kommt es vor, dass ein Teil der Prüfstiftspitze, die während des Versuchs tief in die Gesteinsoberfläche eingedrungen ist, seitlich weg bricht. In diesem Fall ist eine Ablesung nicht nur schwierig sondern äußerst fehleranfällig. Daher sollte dieser Einzeltest für ungültig erklärt und wiederholt werden. Literatur Zum anderen tritt gelegentlich ein so genannter „Stahlspan“ auf, der seitlich bzw. hinten an der Verschleißfläche des Prüfstiftes hängt. Dieser wird beim „Kratzvorgang“ abgeschabt, jedoch nicht vollständig vom Stahlstift abgelöst und wird von einigen Prüfinstituten in die Ablesung des Durchmessers mit einbezogen. Auf diese Weise erhält man jedoch einen zu großen CAI-Wert, welcher nicht der tatsächlichen Abnutzung entspricht. Daher sollten solche Stahlspäne, wie auch schon von WEST (1989) empfohlen, bei der Ablesung nicht berücksichtigt werden (Abb. 11). AFNOR (2000): Détermination du pouvoir abrasive d’une roche – Partie 1: Essai de rayure avec une pointe (NF P 94-430-1), Paris (AFNOR). AL-AMEEN, S.I. / WALLER, M.D. (1994): The influence of rock strength and abrasive mineral content on the Cerchar Abrasive Index. – Engineering Geology, 36: S. 293-301. CERCHAR - Centre d´ Etudes et Recherches de Charbonnages de France (1986): The Cerchar Abrasiveness Index. – 12 S., Verneuil. Abschließend ist festzustellen, dass die hier vorgestellte, umfangreiche Ablesung in 4 Richtungen die Genauigkeit und Reproduzierbarkeit der Ergebnisse enorm steigert und daher als Standard vorgeschlagen wird. KÄSLING, H. (2000): Der Cerchar-Abrasivitätstest: Aussagekraft und Verbesserungsmöglichkeiten eines Indextests zur Bestimmung der Gesteinsabrasivität. – 47 S., unveröffentl. Diplomarbeit Technische Universität München. 234 16. Tagung für Ingenieurgeologie und Forum „Junge Ingenieurgeologen“ MICHALAKOPOULOS et al. (2006): The influence of steel styli hardness on the Cerchar abrasiveness index value. – International Journal of Rock Mechanics and Mining Sciences, 43, 2: 321-327, (Elsevier). PLINNINGER, R.J., KÄSLING, H., SPAUN, G. & THURO, K. (2002): Versuchstechnische und geologische Einflußfaktoren beim Cerchar-Abrasivitätstest. – Geotechnik, 25, 2: 110-113, Essen (Glückauf). PLINNINGER, R.J., KÄSLING, H., THURO, K. & SPAUN, G. (2003): Testing conditions and geomechanical properties influencing the CERCHAR abrasiveness index (CAI) value. – International Journal of Rock Mechanics and Mining Sciences, 40, 2: 259-263, (Elsevier). ROSTAMI, J., OZDEMIR, L., BRULAND, A., DAHL, F. (2005): Review of issues related to Cerchar abrasivity testing and their implications on geotechnical investigations an d cutter cost estimates. – in: HUTTON, J.D., ROGSTAD, W.D. [Ed.]: RETC Proceedings 2005 „Rapid Excavation & Tunnelling Conference & Exhibit., June 27-29 2005”, S. 738-751, Seattle. THIELE, I. (2006): Zur Standardisierung des CercharAbrasivitäts-Index-Tests: Vergleichende Untersuchungen an zwei Gerätetypen. – 88 S., 32 Abb., 13 Tab., 63 Anl., unveröffentl. Diplomarbeit Technische Universität München. VALANTIN, A. (1973): Test Cerchar pour la mesure de la dureté et de l’abrasivité des roches. – Annexe de l’exposée présenté aux Journées de Information “Techniques de creusement”, Luxemburg. WEST, G. (1989): Technical Note - Rock Abrasiveness Testing for Tunnelling. – Int. J. Rock Mech. Min. Sci. & Geomech. Abstr., 26, 2: 151-160. 235 Bochum 2007