Kapitel 5

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Kapitel 5
Geologie
Ulrike Jansen und Helen Krofta
5.1
Übersicht zur Geologie von Südamerika
Südamerika nimmt mit 17.8 Millionen km2 etwa 12 % der Landoberfläche der Erde ein. Die
Hauptmasse liegt beiderseits des Äquators, wobei die Nord-Süd-Ausdehnung 7.500 km und die
größte Breite 5.000 km betragen. Südamerika stellt einen einfach gebauten Kontinent mit einer
auffallenden Längsgliederung dar und zeigt zwei geologisch gegensätzliche Strukturelemente:
auf der atlantischen Seite große Flächen aus den alten Grundgebirgstafeln, auf der pazifischen
Seite die Anden (vgl. Abb. 5.1). Die Entstehung des Kontinents wird mit Hilfe der Kontinentaltheorie erklärt. Dabei wird angenommen, dass noch im Altpaläozoikum ein einheitlicher
Urkontinent Pangäa existierte, aus dem sich im Jungpaläozoikum der Südkontinent Gondwana entwickelt hat. Südamerika und Afrika stellten also einen einheitlichen Kontinentalblock
dar, was u.a. aus der Kongruenz der altlantischen Küste beider Kontinente hervorgeht. In der
Kreide kam es zur Spaltung des Gondwana-Kontinents und damit zur Bildung des Atlantiks
und zweier getrennter Kontinente [100].
5.1.1
Der außerandine Bereich
Die Schilde und Kratone des Präkambriums sind in den ersten 3.5 Milliarden Jahren der Erdgeschichte entstanden. Sie bilden stabile Blöcke im Kern der heutigen Kontinente. Während
des Präkambriums wurden diese Gebiete vielfach verformt und metamorphisiert und seit dem
Ende dieser Epoche von keiner internen tektonischen Veränderung betroffen. Es fehlen Hochgebirge mit ausgeprägten Formen, da die Grundgebirgssockel durch tiefgründige Verwitterung
unter tropischen und subtropischen Klimaverhältnissen weitgehend eingeebnet sind. Herausgehobene Gebiete besitzen heute maximale Höhen von 3.000 m, jüngere Sedimente fehlen meist.
Es können drei archaische Einheiten unterschieden werden: Der Guayana-Kraton, welcher vor
1.900 Millionen Jahren stabilisiert wurde, die Kratone in Brasilien (Brasilianischer Schild),
welche erst nach dem Brasiliano-Ereignis vor 550 Millionen Jahren konsolidiert wurden, und
der Rı́o de la Plata-Kraton, der sowohl ältere als auch jüngere Sedimente umfasst.
Auf der am Ende des Präkambriums konsolidierten Plattform Südamerikas sind im Laufe des
Paläozoikums weiträumige Becken entstanden, die als Syneklisen bezeichnet werden können.
Sie liegen als weitgespannte Strukturen oder große flache Schüsseln mit extrem flach einfallen58
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Abbildung 5.1: Die großen morphologisch-strukturellen Bauelemente Südamerikas (nach: Zeil
[100]).
den Flanken auf der Basement-Oberfläche. In Südamerika sind drei auffallende epikontinentale
Becken entwickelt: das Amazonas-Becken, das Parnaiba-Maranhao-Becken und das ParanáBecken. Diese enthalten mehrere tausend Meter mächtige, vorzugsweise terrestrisch-fluviale
Sedimente, in die einzelne kurzfristige marine Vorstöße erfolgten. Sedimentationsmaxima liegen meist im Devon und Oberkarbon.
Im Zentrum des südamerikanischen Kontinents zwischen den Anden im Westen und den
Schildgebieten im Osten erstreckt sich das Tiefland, welches aus dem jungen Abtragungsmaterial der Anden und den Schwemmflächen großer Flusssysteme gebildet wurde. Die Sedimente
sind vornehmlich pleistozänen und holozänen Ursprungs. Morphologisch sind diese Ebenen
mit durchschnittlichen Höhen von 100 bis 150 m scharf von dem Hochgebirge abgegrenzt [100].
5.1.2
Die Anden
Das Hochgebirge der Anden bildet an der gesamten pazifischen Küste das Rückgrat des südamerikanischen Kontinents. Im Gegensatz zu den tektonisch ruhigen Schildgebieten gehören
die Anden als zirkumpazifisches Gebirgssystem zu den unruhigsten und und beweglichsten
Krustenstücken der Erde. Etwa 80 % aller Erdbeben und Vulkanausbrüche erschüttern heute
die schmale zirkumpazifische Zone. Die Anden haben zwar auch einen präkambrischen Unterbau, ihre innere Struktur und den Aufstieg zum Hochgebirge erfuhren sie aber erst in den
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letzten 500 Millionen Jahren. Die Entstehung der Anden ist eng mit der Lage an einem aktiven Kontinentalrand verknüpft. Die schwere pazifische Platte (Nazca-Platte) wird seit dem
Ordovizium unter die leichtere Platte Südamerikas subduziert. Die Heraushebung der Anden als Hochgebirge in der heutigen Form fand erst innerhalb der letzten 30 Millionen Jahre
statt [100].
5.2
Die Geologie des Paraná-Beckens
Der größte Teil des Paraná-Beckens liegt in Brasilien, ein kleiner Abschnitt im Westen gehört
zu Paraguay, und im Süden beziehungsweise Südwesten erstreckt es sich nach Uruguay und
Argentinien [100]. Das weitgespannte trogförmige Becken nimmt eine Größe von etwa 1.2
Millionen km2 ein und stellt eine epikontinetale Geosynklinale dar. Die Form und Größe
dieses Beckens haben sich im Laufe der Erdgeschichte verändert. Es wurde im Paläozoikum
und in der Trias allmählich aufgefüllt. Die Ergüsse der Deckenbasalte werden in die Zeit
des oberen Mesozoikums datiert und stehen damit im Zusammenhang mit der Spaltung des
Gondwana-Kontinents in der Kreide [66].
5.2.1
Die tektonische Entwicklung des Paraná-Beckens
Die Großstruktur des Paraná-Beckens mit ihrer zentralen Tiefenachse in SSW-NNE-Richtung
bestand in der Zeit des Paläozoikums und des Altmesozoikums noch nicht. Es handelte sich
vielmehr um eine flache, tiefliegende Tafel mit weitgespannter epirogener Wellung, deren Achse in SE-NW oder SSE-NNW-Richtung verlief. Beurlen [11] nimmt an, dass die das heutige Paraná-Becken bestimmende Großstruktur, deren Längsachse der Küstenlinie mehr oder
weniger parallel folgt, im Zusammenhang mit der enormen Lavaförderung im oberen Mesozoikum entstanden ist. Während dieses Vorganges entwickelten sich allmählich einzelne Basaltschüsseln. Bis in die Oberkreide hinein kam es zur Einmuldung dieser Schüsseln, vor allem
der Nordschüssel. Seit dem Tertiär hat sich diese Entwicklung nicht fortgesetzt, sondern es
kam zur Bildung des Beckens im heutigen Sinn und zur Heraushebung des Ostrands und damit zur Einkippung nach W bzw. SW. Der Westrand des Paraná-Beckens hat nicht die junge,
kräftige Heraushebung erfahren, die für den Ostrand charakteristisch ist. Das Grundgebirge,
welches im Osten überall entblößt zutage ansteht, tritt am Westrand nur in Form isolierter kleiner Bruchstücke auf, die stehengebliebene horstförmige Schollen des ursprünglichen
Rahmens sind. Damit steht dem aufgebogenen Ostrand kein analoger aufgebogener Westrand
gegenüber. Das Paraná-Becken ist also keine von höheren Rändern eingefasste Schüssel, kein
Becken im eigentlichen Sinn, sondern eine im Osten herausgehobene große Kippscholle, die
sich nach SW mit gewisser Einmuldung in der Zentralachse, markiert durch den Rı́o Paraná,
einsenkt. Unterstrichen wird diese Annahme durch die Tatsache, dass der westliche Randbereich des Beckens eingebrochen und versenkt ist. Der Westabbruch des Paraná-Beckenrandes
ist staffelförmig, die tiefer gelegenen westlichen Staffeln sind bereits im Jungtertiär, die östlichen Randstaffeln als jüngere Abbrüche erst im Quartär gebildet worden.
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Abbildung 5.2: Geologisches Profil über das Tal des Rı́o Paraná bei Puerto Embalse (nach:
Maack [55]).
5.2.2
Die Stratigraphie des Paraná-Beckens
Hinweise zur Sedimentation im Paraná-Becken sind in Paraguay an hand von Fossilien bis in
das Silur zurückzuverfolgen. Im Devon fand eine weitflächige Transgression von Westen mit
detritischen Serien und dunklen Mergeln statt, die bis zu 1.000 m mächtig sind. Im Oberkarbon wurden 1.500 m mächtige glazigene und kontinentale Serien abgelagert. Während des
Perms kam es bei geringer Subsidenz des Beckens zu mächtigen Ablagerungen fluvialer, mariner und vorwiegend pellitischer Sedimente. Nach dem Paläozoikum erfuhr das Becken Stadien
der Erosion. In der Obertrias wurden nur bis 200 m mächtige fluviale Psammite abgelagert.
Die sogenannte Botucatú-Wüste des Oberjuras, die eine Fläche von über 1.300.000 km2 eingenommen hat, enthält maximal nur 400 m äolische und fluviatile Serien. In Paraguay werden
diese Sedimente überwiegend durch die Misiones-Formation gebildet. Überdeckt werden diese
Sedimente von den Flutbasalten der Serra Geral-Formation, den sogenannten Trapp-Basalten.
Währende der Oberkreide drangen vor allem am Ostrand des Paraná-Beckens ultrabasische
bis intermediäre Alkalimagmatite auf. Seit der Hebung des atlantischen Küstenbereichs im
Osten kam es zu einer dünnen fluviatilen Sedimentation, die gegen das Beckeninnere gerichtet
ist [100].
5.2.3
Die Bildung des Paraná-Tals
Das Paraná-Becken ist anorogen und weist nur an den Beckenrändern germanotype Brüche
mit geringen Sprunghöhen auf, die durch Dehnungsbeanspruchung verursacht worden sind.
Einer solchen Beanspruchung verdankt das tektonische Tal des Rı́o Paraná (Oberlauf) seine
Entstehung [66]. Auf dem paraguayischen Ufer des Flusses liegen die Grenzflächen der einzelnen Basaltdecken 28 bis 34 m höher als auf dem gegenüberliegenden brasilianischen Ufer
(vgl. Abb. 5.2) [55].
An der etwa Nord-Süd streichenden Verwerfung ist also der östliche, brasilianische Block
abgesunken. Mindestens seit dem Pleistozän ist der Rı́o Paraná in der Ausräumungszone
dieser Verwerfung geflossen [66]. Die Abb. 5.2 zeigt einen Profilquerschnitt des Paraná-Tals
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Abbildung 5.3: Die geologische Gliederung Paraguays (nach: Putzer [66]).
bei Puerto Embalse. Eine vergleichbare Sprunghöhe der Verwerfung ist am gesamten Oberlauf
des Rı́o Paraná zu beobachten. So auch an der Stelle, an der der Rı́o Iguazú und der Rı́o Paraná
am Dreiländereck Brasilien, Argentinien und Paraguay zusammenfliessen (Standort 3). Auf
der Exkursion wurde beobachtet, dass das paraguayische und das brasilianische Ufer heute
keinen erkennbaren Höhenunterschied aufweisen. Dies kann dadurch erklärt werden, dass die
paraguayische Seite durch die vergangene höhere Lage stärker der Erosion ausgesetzt gewesen
war. Die von Westen zufliessenden Flüsse konnten sich stärker eintiefen, und im Laufe des
Pleistozäns kam es zu einem Ausgleich der Uferniveaus.
5.3
Die Geologie von Paraguay
Paraguay liegt als Binnenstaat fast im Zentrum Südamerikas zwischen 19◦ und 28◦ südlicher
Breite und zwischen 54◦ und 63◦ westlicher Länge. Die größte Ausdehnung des Landes von
Westen nach Osten beträgt etwas mehr als 900 km und von Norden nach Süden genau 900
km. Aus geologischer Sicht ist das Land in drei große Gebiete zu unterteilen: Dem Westrand
des Parana-Beckens, der zentral-paraguayischen Schwelle und dem Becken des Gran Chaco
(vgl. Abb. 5.3) [66].
5.3.1
Der Westrand des Parana-Beckens
Rund zwei Drittel von Ost-Paraguay (östlich des 57. Längengrades) gehören zum ParanáBecken. Die Schichtenfolge der Gondwana-Serien, die als Santa Catarina-System bezeichnet
wird, ist trotz der großen Beckenausdehnung im großen ziemlich gleichförmig. Sie ist allerdings
am Westrand des Beckens nicht so vollständig vorhanden wie in dem 800–900 km ostwärts
gelegenen Santa Catarina. Die unvollständige Folge des Santa Catarina-System in Ostparaguay setzt sich aus folgenden Serien zusammen: der Serie Tubarão (oberes Karbon), der Serie
Passa Dois (Perm) und der Serie São Bento (Trias, Jura). Hier wird nur auf die Serie São
Bento näher eingegangen, da die Gesteine dieser Serie während der Exkursion zu sehen waren.
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Abbildung 5.4: Ausschnitt aus der geologischen Übersichtskarte Paraguays (nach: Putzer [66]).
Gebildet wird diese von der Misiones-Formation (=Botucatú) und der Serra Geral-Formation
(Trapp) [66].
Die Misiones-Formation
Die triassische Sandstein-Formation Misiones stellt die untere, sedimentäre Abteilung der São
Bento-Serie dar, zu der auch die Trapp-Decken der Serra Geral-Formation zählen. Über das
Alter der Misiones- beziehungsweise Botucatú-Formation gibt es in der Literatur unterschiedliche Angaben. Nach Putzer [66] gehören diese Sandsteine in Paraguay ausschließlich in die
Trias. Beurlen [11] dagegen kommt zu dem Schluss, dass die analoge Botucatú-Formation in
Brasilien noch im gesamten Jura vertreten gewesen sein muss, da der zeitlich unmittelbar
danach folgende Trapp-Basalt laut absoluter Altersbestimmung hauptsächlich in der Unterkreide und nicht im Oberjura ausgetreten ist.
Die roten Sandsteine der Trias treten in Ost-Paraguay in vier räumlich getrennten Gebieten
auf: Dem Raum Ascunción, Limpio, Paraguari, Villeta und Benjamin Aceval, in einem weiten
nach Nordwesten offenen Bogen zwischen San Juan Bautista, Encarnación, Caaguazu und
Yhú sowie in einem isolierten Gebiet im Raum Hohenau, wahrscheinlich in der Umgebung
von Rosario und wahrscheinlich im Raum Concepción (vgl. Abb. 5.4) [66].
Laut Putzer [66] deuten die weit im Westen befindlichen, heute isolierten Flächen mit MisionesSandstein darauf hin, dass zur Zeit der Ablagerung das eigentliche Senkungsfeld des ParanáBeckens bereits gefüllt war und die jüngeren Sedimente der Gondwana-Zeit auch über den
Beckenrand hinaus abgelagert worden sind. Der Misiones-Sandstein transgredierte häufig diskordant über ältere Gesteine: im Osten über das Perm, weiter westlich über die Tubarão-Serie
und im Gebiet der zentral-paraguayischen Schwelle über das Silur und vielleicht auch noch
Präkambrium. Faziell ist der Misiones-Sandstein zum großen Teil dem äolischen, massigen
bis kreuzgeschichteten Botucatù-Sandstein Süd-Brasiliens sehr ähnlich. Er ist rosa, hell- bis
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dunkelrot oder selten grau und gelegentlich gefleckt. Das Bindemittel ist tonig-hämatitisch
und meistens nicht sehr fest, was leicht zur Erosion und damit zur Zerstörung des Sandsteins
führen kann. Die Mächtigkeit der Formation ist noch nicht genau bekannt und schwankt
wahrscheinlich zwischen 50 und 250 m [66].
Die besten Aufschlüsse der Misiones-Formation befinden sich in der Nähe von San Juan
Bautista, Santa Maria, Santa Rosa sowie bei Hohenau. Auf unserer Rundfahrt durch den
Süden Paraguays haben wir einen Aufschluss untersucht, der zur großen Scholle der MisionesFormation im Bereich von Trinidad, Jesus und Hohenau gehört. Es handelt sich dabei um den
alten Jesuiten-Steinbruch südlich der Ruinen von Trinidad (Standort 11a). Die Schichten des
Sandsteins fallen mit 10◦ bis 20◦ nach Nord-Nordosten ein. Das Sediment ist im Gegensatz
zum Botucatú-Sandstein plattig und feinstgeschichtet ausgebildet, was auf eine limnische Sedimentation hindeutet. Der Sandstein ist hellrotbraun, mittelkörnig und kaum eingekieselt.
Lokal sind epigenetische, unregelmäßig geformte Konkretionen aus Bänder-Achat und Chalzedon eingeschlossen. Zur Zeit der Jesuiten (16. bis 18. Jahrhundert) wurde in diesem Steinbruch
der Plattensandstein als Baugrundstoff für die Reduktion abgebaut.
Die Serra Geral-Formation
Die Trappbasalte der Serra Geral-Formation folgen im südlichen und mittleren Ost-Paraguay
über der Misiones-Formation. Der Kontakt der Basalte zum Liegenden stellt eine Diskordanzfläche dar, weil den ältesten Lavaergüssen Erosion vorausging. Die Lava besteht hauptsächlich
aus aphanitischem, schwarzen Alkalibasalt (Basaltit) sowie aus Tholeyit (Basalt mit Augiteinsprenglingen) und Dolerit [66]. Neben den Basalten sind auch intermediäre Vulkanite,
besonders Latite und Rhyolite nachgewiesen worden [100]. Zur Vereinfachung werden im folgenden nur die Bezeichnungen Basalte oder Trappbasalte verwendet, in denen die anderen
Vulkanite eingeschlossen sind. Die Trappbasalte haben ein riesiges Verbreitungsgebiet und
nehmen als geschlossene Decke den größten Teil des Paraná-Beckens ein. Diese Basaltdecke
hat eine Längenausdehnung von ungefähr 1.800 km und eine Querausdehnung wechselnden
Ausmaßes bis zu 800 km. Die mittleren Mächtigkeiten des Basaltes betragen am Ostrand des
Beckens 300 m und mehr, am Westrand 300 bis 350 m und im Beckeninneren bis 1.800 m
(vgl. Abb. 5.5).
Der Fördermechanismus der gewaltigen Lavamassen zeigt keinerlei Anzeichen explosiver vulkanischer Vorgänge. Die enorm dünnflüssige Lava ist vielmehr über offene Spalten (Richtung
N-S bis NE-SW) ruhig ausgeflossen. Wie bei der Altersangabe der Misiones-Formation bereits erwähnt, haben absolute Altersbestimmungen der Serra Geral-Formation eine erhebliche
Schwankungsbreite (28 Millionen Jahre) des Alters und ein wesentlich jüngere Hauptausflussphase ergeben, als ursprünglich angenommen wurde. Die Hauptförderung hat nach den
neueren Untersuchungen in der Unterkreide und nur vereinzelt, und nicht wie vorher vermutet hauptsächlich, im Jura stattgefunden. Der Lavaausfluss fand außerdem nicht gleichmäßig
und kontinuierlich statt, sondern es herrschte eine gewisse Periodizität zwischen Ausflussphasen und Ruheperioden, in denen die zuvor geförderte Lava mehr oder weniger abkühlte und
verfestigt wurde. Während der Ruheperioden kam es immer wieder zur Sedimentation und
zur Bildung sogenannter Intertrapp-Sandsteine (Standort 2). Diese gelegentlich eingeschalteten Sandsteine zeigen, dass die Klimabedingungen der Zeit der Botucatú- beziehungsweise
Misiones-Sandsteine weiterhin anhielten. In verschieden Gegenden wurden unterschiedliche
Anzahlen an Basaltdecken nachgewiesen: in der Gegend von Torres 13, am Basaltrand von
Mato Grosso 3 oder 4 und in den Maximalmächigkeiten des Beckeninneren haben Bohrungen
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Abbildung 5.5: Gebiet der geschlossenen Basaltdecke im Paraná-Becken. Kräftige Doppellinie:
Heutiger Rand der Basaltdecke (nach: Beurlen [11]).
32 getrennte Basaltdecken erkennen lassen. Diese Decken sind an den Rändern treppenartig
abgesetzt. Die mittlere Mächtigkeit des Basaltes schwankt um 50 m [11]. Laut Putzer [66]
beträgt die Mächtigkeit der Basaltdecken am Westrand des Beckens in Ost-Paraguay nur
5–20 m.
Während der Exkursion konnte das Vorhandensein einzelner Trappdecken mit eingeschalteten
Intertrapp-Sandsteinen am Foz de Iguazú beobachtet werden (Standort 2 und 3). Die IguazúWasserfälle befinden sich 24 km östlich des Zusammenfluss von Rı́o Iguazú und Rı́o Paraná
an der Grenze Brasilien/Argentinien. Die Wasserfälle stürzen kaskadenartig über die Ränder
der Basaltdecken. Von argentinischer Seite aus (Standort 2) konnte die Zwei-Stufigkeit der
Wasserfälle sehr deutlich beobachtet werden (vgl. Abb. 5.6).
Nach Maack [55] hat die untere Stufe eine Höhe von 33 m und die darüber folgende eine von
ungefähr 36 m. Es werden einzelne Basaltdecken unterschieden, die ein unterschiedliches Erosionsverhalten aufweisen. Im Flußniveau stehen sehr verwitterungsresistente Melaphyre an,
deren Drusen mit grünlich oder rötlich verwitternden Heulanditen ausgefüllt sind. Darauf folgen nach oben Decken sphärisch absondernder Diabase sowie Diabase mit vertikaler Klüftung,
die nach oben durch eine Decke von horizontal geklüftenten Diabasen abgeschlossen werden.
Die darüber folgende Stufe hat einen ähnlichen geologischen Aufbau (vgl. Abb. 5.7). Die
Zweistufigkeit entsteht durch die unterschiedliche Resistenz der verschiedenen Basalte. Der
vertikal geklüftete Diabas (Säulenbasalt) wird viel leichter erodiert als die Melaphyr-Decke
65
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Abbildung 5.6: Zweistufigkeit des Foz de
Iguazú, Salto Floriano (Foto: A. Herrmann).
Abbildung 5.7: Profil über die Trappdecken der Iguazú-Fälle (rechte Uferseite des
Salto Floriano) (nach Maack [55]).
oder der horizontal geklüftete Diabas, so dass an der Grenzfläche zwischen Säulenbasalt und
resistenterem Material im Laufe der Zeit eine Stufe gebildet wurde.
Solche vertikal geklüfteten Säulenbasalte waren außerdem in Paraguay am rechten Ufer des
Rı́o Paranà bei Encarnación zu beobachten (Standort 11b).
5.3.2
Die zentral-paraguayische Schwelle
Die zentral-paraguayische Schwelle ist ein altangelegtes Struktur-Element, welches mit NordSüd-Streichen das Paraná-Becken vom Gran Chaco-Becken trennt (vgl. Abb. 5.3). Die Schwelle besteht aus einem südlichen und nördlichen Kern sehr alter Gesteine und wird in der Mitte
durch eine Depression, die von Rosario bis Concepción reicht, unterteilt. In dieser Depression
werden die alten Gesteine vollständig von jüngeren Bildungen verhüllt. Zur Zeit der Trias
war die Schwelle so stark eingeebnet, dass der Misiones-Sandstein über diese transgredieren
konnte. Erosionsreste dieser Sandsteine sind zwischen Asunción und Villeta, bei Rosario und
Concepción erhalten. Das Gerüst der Schwelle besteht aus stark gefaltetem metamorphen
Präkambrium, das von Graniten und Ganggefolgschaften durchbrochen wird. Der südliche
Bereich der Schwelle wird von einem ausgedehnten präkambrischen Porphyrerguss bedeckt.
Über den präkambrischen Kernen folgt im Norden diskordant eine relativ geringmächtige, marine Kalksteinserie präkambrischen oder kambrischen Alters und im Süden eine über 1.000 m
mächtige Folge des Silur, die im unteren Abschnitt in kontinentaler und nach oben in mariner
Fazies vorliegt (vgl. Abb. 5.4). Seit dem älteren Paläozoikum ist diese Schwelle Hochgebiet
gewesen und von den zeitlich folgenden Sedimentationsphasen zum größten Teil nicht erfasst
worden [66].
Der Westrand der zentral-paraguayischen Schwelle ist durch eine etwa Nord-Süd streichende
Verwerfung zerlegt, bei der das Silur nach Westen abgesunken ist. Dies wird dadurch deutlich,
dass die östlich von Asunción anstehenden Silurschichten 300 bis 400 km weiter westlich
im Chaco über 3.000 m tief versenkt sind. Diese Bruchlinie streicht ungefähr parallel zum
Mittellauf des Rı́o Paraguay (NNE) und stellt damit die nördliche Fortsetzung des aus NordArgentinien bekannten Abbruchs am Rı́o Paraná dar. Die dem Präkambrium zugeordneten
Meta-Sedimente und Massengesteine stehen zum einen im nordöstlichen Paraguay zu Tage
an, zum anderen in einer südlichen Aufbeulung der Schwelle zwischen Ybycui und San Juan
66
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Bautista. Weiter nach Süden tauchen sie unter Trias- und Quatärbedeckung ab [66].
Da die Exkursionsroute ausschließlich im südlichen und mittleren Bereich von Paraguay verlief
werden nur die in diesem Gebiet vorkommenden Gesteine, erläutert. Ca. 25 km südlich von Villa Florida haben wir den Bereich des Misiones-Sandstein verlassen und sind in ein Gebiet mit
anstehendem Präkambrium gelangt. Dieses ältere Präkambrium besteht aus höher metamorphen Gesteinen wie Paragneisen, Glimmerschiefern und Quarziten und aus Phyllit-Quarzit,
Tonschiefern, Kieselschiefern, Marmor und umgewandelten basischen Vulkaniten. Nördlich
von Villa Florida haben im jüngsten Präkambrium Intrusivgranite – genauer gesagt fast zusammenhängende Porphyr-Decken – das ältere Präkambrium durchsetzt. Das ältere Gestein
ist stark gefaltet und während der Intrusionen beziehungsweise danach durch Verwerfungen in
einzelne Blöcke zerlegt worden [66]. Am Standort 13 am linken Ufer des Rı́o Tebicuary in Villa
Florida waren Gesteine zu erkennen, die als Intrusiva ausgelegt werden konnten. Dies könnte
darauf hindeuten, dass sich dort der Rand, der sich nach Norden ausbreitenden Porphyrdecke,
befunden hat. Das Gebiet zwischen Villa Florida und Quiindy wird von solchen Porphyren
bestimmt (vgl. Abb. 5.4). Dies wird in der Landschaft durch das Vorhandensein zahlreicher
Insel- beziehungsweise Zeugenberge deutlich, wie wir es am Standort 15 in der Nähe von
Quiindy beobachten konnten. Der Porphyr ist räumlich sehr heterogen und so ist es möglich,
dass sehr harte Bereiche der Verwitterung standhalten konnten und als Inselberge stehen geblieben sind. Zur Bildung dieser Formen kam es im Zusammenhang mit der Flächenbildung
bei wechselfeuchtem Klima seit dem Tertiär. Nördlich von Quiindy beginnt der Bereich mit
anstehenden silurischen Gesteinen, die eine Mächtigkeit von 1.000 bis 1.200 m aufweisen. In
diesem Gebiet wird das untere Silur von fluvial abgelagerten Basal-Konglomeraten und von einem darüber folgenden fluvial-limnischen Sandstein (Sandstein von Caacupé) gebildet. Solche
Basal-Konglomerate konnten unmittelbar nach Verlassen des Standorts 15 Richtung Norden
in der Nähe der Strasse beobachtet werden. Das untere Gotland setzt sich aus einem marinen,
fossilführenden Sandstein (Sandstein von Eusebio Ayala), marinen Tonen (Tone von Vargas
Peña) und einem weiteren marinen Sandstein (Sandstein vom Cerro Perro) zusammen. Diese
ausschließlich klastischen Gesteine zeigen von unten nach oben abnehmende Korngrößen [66].
Zwischen Acahay (Standort 16) und La Colmena (Standort 17) war ein Zeugenberg zu sehen,
an dem vermutlich die Sandsteine des Silurs freigelegt waren. Die eigentliche Kuppe wurde
von den verwitterungsresistenten Porphyren gebildet (vgl. Abb. 5.8).
Auf der Fahrt von La Colmena nach Asunción wurde außerdem ein Gebiet mit anstehenden
alkalischen Magmatiten der Kreidezeit durchquert (vgl. Abb. 5.4). Neben Essexit, Shonkinit
und Syenit handelt es sich dabei um Phonolith, Basalt, Rhyolit und Diabas. Diese Intrusiva
und Effusiva sind aufgrund der tektonischen Beanspruchung nach der Ablagerung der TriasSedimente aufgestiegen. Im Zusammenhang mit der Endphase der Gondwana-Zeit wurden
vor allem am Rand des Paraná-Beckens wie hier in Ostparaguay Zerrspalten aufgerissen, die
den jurassischen basaltischen Laven und den Durchbruch-Gesteinen der Alkali-Gruppe als
Aufstiegskanäle dienten. Entscheidend ist dabei die Lage am Ostrand der Schwelle oder an
der Grenze des Westrandes des Paraná-Beckens [66].
5.3.3
Das Becken des Gran Chaco
Der gesamte Teil Paraguays westlich des Rı́o Paraguay gehört mit seinen 247.000 km2 zum
Nord-Süd verlaufenden epikontinentalen Becken des Gran Chaco. Die Füllung des über 3.000
m tiefen Troges ist bisher nur wenig untersucht worden. Durch einige Aufschlussbohrungen auf
Erdöl ist bekannt, dass über 2.000 m mächtige marine Sedimente in geosynklinaler Fazies im
67
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Abbildung 5.8: Zeugenberg: Porphyrintrusion über freiglegtem silurischen Sandstein (zwischen
Standort 16 und 17, Foto: C. Fock).
Silur und Devon abgelagert worden sind. Darüber folgen 500 bis 2.500 m rötliche kontinentale
Sedimente, die sogenannten Red Beds. Das Alter dieser Formation ist etwas unsicher und
wird auf den Zeitraum Oberkarbon bis Trias datiert. Über den Red Beds folgen bis 500
m mächtige junge, halb- bis nichtverfestigte festländische Gesteine des Känozoikums. Diese
Gesteine stellen das nach Korngrößen sortierte Abtragungsmaterial der Anden dar [66].
Die Tektonik des Chaco-Beckens ist noch relativ ungeklärt. Sicher ist der muldenförmige Bau
des altpaläozoischen Beckens, in dem die Schichtentafeln des Silur und Devon im NordwestChaco allgemein WSW, im südwestlichen und westlichen Chaco nach SSW einfallen. Da der
Chaco zum Randgebiet des Brasilianischen Schildes gehört, sind echte Faltungen nicht zu
erwarten. Vielmehr ist mit großen streichenden Bruchsystemen im Randbereich der Geosynklinalen zu rechnen. Aus wenigen Tiefbohrungen geht hervor, dass der Untergrund stark
gestört ist [66].
Der gesamte Chaco wird an der Oberfläche hauptsächlich von holozänen Sedimenten bestimmt. Am Standort 19b zwischen Benjamı́n Aceval und Estancia Tacuara war tonig-lehmiges
Substrat mit viel organischer Substanz anzutreffen. Dieses holozäne Material ist schwer durchlässig. Große Gebiete des östlichen und südöstlichen Chacos werden von ähnlichem Material
aufgebaut. Teilweise ist das Substrat noch toniger und mit mehr organischer Substanz versetzt und in Depressionen zusätzlich von Evaporiten begleitet. Nördlich von Pozo Colorado
(Standort 20) prägen alte Flussarme mit sandigem Substrat in tonigen Bereichen das Landschaftsbild. In der Umgebung von Filadelfia steht tonig-lehmiges, fluviatiles Material an,
welches von Flugsanddecken überlagert wird.
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Abbildung 5.9: Schematischer geologischer Schnitt zwischen der Peru-Chile Tiefseerinne und
dem Magmatischen Bogen auf der Südamerikanischen Platte (nach: Reuther [67]).
5.4
Tektonik und Erdbeben in Chile
Chile erstreckt sich schmal und lang am pazifischen Rand Südamerikas. Mit 4.225 km Längenausdehnung ist es ungefähr 24 mal so lang wie breit und umfasst fast 39 Breitengrade. Die
durchschnittliche Breite Chiles beträgt 180 km, die schmalste Stelle in der Provinz Coquimbo
misst nur 90 km und die breiteste in der Provinz Magallanes rund 390 km. Die Geologie und
Tektonik werden hauptsächlich durch die Gebirgsketten der Anden geprägt [98].
5.4.1
Das Modell der Plattentektonik
Das Modell der Plattentektonik liefert eine Erklärung für das bereits beschriebene Auftreten
der vielen Erdbeben und Vulkanausbrüche. Nach dem Konzept wird am Westrand Südamerikas die schwere ozeanische Nazca-Platte mit einer Dichte von 3.24–3.28 g cm−3 unter die
leichtere kontinentale Platte Südamerikas mit einer Dichte von 2.8–2.9 g cm−3 subduziert.
Das Einfallen dieser Subduktionszone kann anhand der Lage der Erdbebenhypozentren konstruiert werden. Der Einfallswinkel der Subduktionszone ist auf der gesamten Länge der Anden nicht einheitlich, sondern wechselt zwischen 10◦ und 45◦ . Die maximale Subdukionsrate
beträgt 9.3 cm a−1 [100]. Durch die Subduktionsvorgänge ist parallel zur Küste eine Tiefseerinne entstanden. Durch Aufschmelzungsprozesse entlang der abtauchenden Platte kommt
es zum Aufstieg von Magma und zur Ausbildung des magmatischen Bogens der Anden mit
zahlreichen Vulkanen (vgl. Abb. 5.9). Die starken Erdbeben der Region sind auf Reibungsvorgänge der Ober- und Unterplatte sowie auf Verformungsprozesse innerhalb dieser Platten
zurückzuführen [67].
5.4.2
Auslösung und regionale Verteilung der Erdbeben
Chile stellt mit den Anden und dem vorgelagerten Tiefseegesenke ein typisches Beispiel für die
pazifische Erdbebenregion dar. Eine klare Tiefenverteilung der Erdbebenherde ist vorhanden.
Erdebeben mit flachen Hypozentren (0 bis 60 km) befinden sich vor oder in der Nähe der
Küste, die mitteltiefen Beben (60 bis 300 km) im Kontinent unter den Anden und die tiefen
(bis 700 km) im Osten der Anden. Die seismische Aktivität steht im Zusammenhang mit
tiefgreifenden Bruchstörungen, was dazu führt, dass jedes starke Erdbeben langgestreckte
Zonen von mehreren 100 km erschüttert [100].
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Die Häufigkeit der Erdbeben in Chile ist nicht gleichmäßig verteilt, sondern lässt einige Maxima erkennen. Die Gegend südlich von 44◦ ist fast frei von Erdbeben, während der Raum
zwischen 18◦ und 44◦ teilweise von ungewöhnlich starken Beben betroffen ist. Erdbeben mit
Magnituden größer als 7 kommen nur in sehr wenigen Gebieten vor und sind linear im Meer
und entlang der Verwerfungen zwischen der Küstenkordillere und dem Längstal angeordnet.
Zwischen Valparaiso und Concepción liegen die Hypozentren hauptsächlich im Inneren des
Landes, südlich davon im Meer. Durch Untersuchungen konnten in Chile 4 Erdbebenprovinzen bestimmt werden: Pampa Tamarugal (19◦ bis 22◦ S), Atacama-Provinz (26◦ bis 29◦ S),
Mittelchile (31◦ bis 35◦ S) und Südchile (37◦ bis 40◦ S). Diese Gebiete stellen die grundlegenden Zonen der rezenten seismischen Aktvität in Chile dar. Zwischen diesen Zonen treten sehr
viel weniger Erdbeben auf. In Mittel- und Südchile ist vor allem der Westrand des Längstals
von Beben betroffen. Besonders viele Erdbeben gibt es am Nordrand der Depression im Bereich der Städte Valparaiso und Santiago. Im Frühjahr 1985 wurde Santiago zuletzt durch ein
starkes Beben erschüttert, dessen Wirkungen sich weit nach Süden im Längstal noch bemerkbar machten [100]. Im Mai 1960 wurde der Süden Chiles zwischen 36◦ und 43◦ von einem
der schwersten Beben der Geschichte heimgesucht. Die Stärke des letzten Stoßes wird mit
8.75 nach der Richterskala angegeben. Das Epizentrum lag 200 bis 400 Seemeilen westlich der
südchilenischen Küste im Pazifik. Es kam zu Hebungen und Senkungen im Meterbereich. Die
Städte Concepción, Valdivia und Puerto Montt wurden stark beschädigt. Besonders starke
Auswirkungen gab es auch durch seismische Wogen (Tsunamis) im Küstenbereich zwischen
39◦ und 42◦ S. Die seismischen Wogen bis etwa 8 m über dem normalen Wassestand richteten
an der südchilenischen Küste schwere Schäden an. Teilweise wurden ganze Siedlungen von
den Fluten mitgerissen [98]. Insgesamt starben 5.700 Menschen. Die Tsunamis überquerten
außerdem den gesamten Pazifik bis nach Japan, wo sie ebenfalls hohen Sachschaden und viele
Menschenleben forderten [67].
5.4.3
Die tektonische Gliederung der Anden
Eine tektonische sowie geologische Einteilung Chiles liefert drei Großeinheiten: Die Küstenkordillere, die Längstalsenke und die Hochkordillere (vgl. Abb. 5.10).
Die Küstenkordillere besteht aus zwei verschieden alten tektonischen Stockwerken: einem
durch paläozoische Orogenese stark gefalteten Unterbau und einem Deckgebirge, das keine
nennenswerten Biegungsverformungen mehr zeigt. Der Unterbau wird von präkambrischen
bis jungpaläozoischen Sedimenten mit Einschaltungen von Magmatiten gebildet, die heute
vorwiegend regionalmetamorph überprägt sind. Es fanden zwei paläozoische Orogenesen und
mehrfache Faltungen statt. Das Deckgebirge ist nach der Trias entstanden. Die alten Gesteine
des Untergrunds wurden vor dem Mesozoikum stark abgetragen und waren damit kaum noch
reliefbildend. In der Mitte- bis Oberkreide kam es zur Intrusion des Andenbatholiten, was örtlich zu Verstellungen und lokalen Kontaktmetamorphosen der Deckgebirgsserien führte. Die
Konsolidation der Küstenkordillere erfolgte viel früher als die der Hochkordillere. Dies kann
durch den fehlenden jungen Vulkanismus, die viel intensiveren posttriassischen Biegungsverformungen in der Hochkordillere und die wesentlich geringere Hebung der Küstenkordillere
seit dem Tertiär bewiesen werden [98].
Die Längstalsenke ist nicht auf der gesamten Länge der Anden ausgebildet. Zwischen 27◦ und
33◦ fehlt diese Depression. Nördlich von Santiago beginnt das Valle Longitudinal und erstreckt
sich 1.100 km nach Süden; im Norden sind neben der Pampa del Tamarugal verschiedene grabenartige Strukturen vorhanden. Entstanden ist das Längstal durch relativ junge Dehnungs70
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Abbildung 5.10: Geologische und tektonische Hauptmerkmale der Anden (nach: Zeil [99]).
beziehungsweise Zerrungstendenzen. Bis zum Miozän waren örtlich noch zusammenhängende
Gebirgsstrukturen vorhanden [98].
Die Hochkordillere ist ebenfalls nicht einheitlich aufgebaut. Im Süden gibt es ein einseitig
gebautes Orogen mit Flysch- und Molassefazies sowie einem Wandern und Ausklingen der
Falten nach Osten, welches sich aus einer normalen Geosynklinalen entwickelt hat. Der Bau
der nordchilenischen Hochkordillere ist recht unterschiedlich. Nur stellenweise ist ein Faltenbau zu erkennen, der häufig durch mächtige Salinarserien bedingt ist. Die Hochkordillere
wird insgesamt vorwiegend durch posttriassische Gesteine und deren Verformungen geprägt.
Magmatite sind in großen Gebieten verbreitet. Im Gegensatz zur Küstenkordillere sind junge
Faltungen ausschlaggebend [98].
5.5
Geologie von Chile und der Anden im Exkursionsgebiet
In diesem Abschnitt wird anhand der bereits im Kapitel 5.4.3 erläuterten tektonischen Gliederung der Anden (vgl. Abb. 5.10) der während der Exkursion beobachtete geologische Bau
der Region Mittelchiles und eines kleinen Abschnittes Argentiniens beschrieben.
5.5.1
Küstenkordillere
Gesteine der Küstenkordillere und des Längstals wurden während der Exkursion fast ausschließlich auf der Fahrt (zu den Standorten 32, 33 und 34) aus dem Bus heraus beobachtet.
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Eindeutig erkennbar waren Konglomerate, die sich meist in Flussnähe befanden und laut
geologischer Karte von Chile (vgl. Abb. 5.11) quartären Alters sind.
In den Anden haben Tiefengesteine eine weite Verbreitung. Sie nehmen ca. 15 % der Gesamtoberfläche ein und haben eine Ausdehnung von 465.000 km2 [99]. Diese als Anden-Batholith
oder Andenpluton bezeichneten Gesteinskörper fassen verschiedene Magmatite zusammen,
z.B. Granite, Tonalite, Gabbros, Diorite und Granodiorite. Im Norden Chiles sind die Plutone meistens nur als Dome ausgebildet, zwischen 26◦ S und 38◦ S bauen sie große Teile der
Küstenkordillere auf.
Der Küstenbatholith in den Regionen Santiago und Valparaiso besteht aus Granit der Kreidezeit [98]. Die geologische Karte von Chile (vgl. Abb. 5.11) beschreibt große Teile des Plutons
auch als Granit aus dem Paläozoikum. Diesen Widerspruch sieht auch Zeil [98]. Er beruft sich
bei seiner Annahme, dass der Pluton aus der Kreidezeit stammt, auf seine Untersuchung aus
dem Jahre 1960, wonach er ihn als mit Sicherheit mesozoisch bezeichnet.
Der Küstenbatholith reicht etwa bis 71◦ W. In diesen Bereich sind außerdem kleinere Vorkommen der Porphyrit-Formation eingeschaltet (siehe unten).
Laut geologischer Karte von Chile (vgl. Abb. 5.11) weist die Region um Valparaiso Metamorphite aus dem Präkambrium/Paläozoikum auf. Diese werden durch Zeil [99] als prädevonische, durch Regionalmetamorphose entstandene Schiefer der Grünschieferfazies eingestuft
und gehören dem Grundgebirge an. Die Berge beim Blick über den Hafen von Valparaiso
(Standort 34) sind aus diesen Gesteinen aufgebaut.
5.5.2
Längstal
Das mittelchilenische Längstal als morphologisches und tektonisches Element findet sich ca.
zwischen 32◦ S bis 40◦ S (vgl. Abb. 5.10) [99]. Angelegt wurde diese Depression wahrscheinlich
im Pliozän oder früher, während sich die Küstenkordillere und die Anden als massive Blöcke
gehoben haben. Maßgeblich beeinflusst wurde die Region aber auch später durch quartäre
Bewegungen. Nördlich der Provinz Santiago bis Copiapo fehlt die Längstalsenke. Statt dessen finden sich einzelne Senken, die durch Hügel und Bergketten voneinander getrennt sind.
Hier beherrscht die Porphyrit-Formation das Bild, die in den Anden von Peru bis Feuerland weit verbreitet ist und fast den gesamten Westabfall der Anden im Exkursionsgebiet
aufbaut. Sie besteht aus silikatreichen Schmelzen (Rhyolith, Dacit, Andesit), Tuffen, pyroklastischen Breccien und geringmächtigen sedimentären Zwischenlagen [34]. Gesprochen wird
in der Literatur auch von Porphyritkonglomeraten, womit Breccien gemeint sind, die in der
Grundmasse kantengerundete Stücke verschiedenster Effusivgesteine aufweisen. Aguirre LeBert postulierte 1926, dass diese Vulkanserien mit terrestrischen Sedimentzwischenlagen im
Mesozoikum zwischen orogenen Phasen, als keine Kompressionstektonik stattgefunden hat,
entstanden sind [99].
Zwischen Santiago, Las Tortolas (Standort 35) und Los Andes (Standort 38) waren einzelne
Andesitkegel zu beobachten, die aus dieser Zeit stammen müssten.
In Santiago und Umgebung befinden sich laut geologischer Karte von Chile (vgl. Abb. 5.11)
hauptsächlich quartäre Hangfußsedimente fluviatilen, limnischen und glazialen Charakters.
Zwischen Santiago und Talca liegen Endmoränen von Gletschern aus den Hochanden in den
Talausgängen. Laut Zeil [98] sind die Moränen zwischen Santiago und Chile so stark gestört,
dass die Alterseinschätzung örtlich sehr schwierig ist.
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Abbildung 5.11: Ausschnitt der geologischen Karte von Chile, 1:6.000.000 (Instituto de Investigaciones Geologicos en Colaboration con US. Geological Survey).
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Abbildung 5.12: Profil durch die Hochkordillere bei Los Andes, Provinz Mittelchile (nach:
Aguirre Le-Bert [98]).
5.5.3
Hochkordillere und Aconcaguaregion
Zwischen 29◦ S und 38◦ S nehmen Plutone in den Anden auch in der Hochkordillere einen
gewissen Stellenwert ein, wobei sie jüngere Gesteine ab ca. 33◦ S nur noch als kleinere Plutonkörper durchbrechen [98].
Ganz in der Nähe einer dieser kleineren Plutonkörper befindet sich Planta los Quilos (Standort 38a). Laut Abbildung 5.12 besteht er aus Granodiorit und wurde in der Oberkreide gebildet. Aguirre Le-Bert, der Autor dieses Profils [98], kommt für die Provinz Aconcagua zwischen
32◦ 45’S und 33◦ 6’S zu dem Ergebnis, dass Granodiorite und Diorite im Santon intrudiert sind.
In einer späteren Studie aus dem Jahr 1974 konnte er durch radiometrische Untersuchungen
außerdem nachweisen, dass die meisten Intrusionen posttektonisch entstanden sind, kaum
Verbindungen zu Faltungen haben und von Westen nach Osten jünger werden [99].
Das geologische Profil (vgl. Abb. 5.12) verläuft einige Kilometer nördlich von Planta los Quilos (Standort 38a) und Portillo (Standort 38b). Demnach befinden sich diese beiden Orte
innerhalb der Porphyrit-Formation. Örtlich trägt diese auch Eigennamen wie z.B. ,,AbanicoFormation”. Handstücke von beiden Standorten konnten im Dünnschliff als Andesite identifiziert werden.
Ganz typisch ist eine Verzahnung der Porphyrit-Formation mit mesozoischen Sedimentgesteinen, wie sie auch im Aconcaguagebiet zu finden ist (vgl. Abb. 5.13). Es lässt sich erkennen,
dass Las Cuevas (Standort 38c) etwa in diesem Verzahnungsbereich liegt (vgl. Abb. 5.14).
Große Teile der Aconcaguaregion bestehen aus Jura- und Kreidegesteinen, vor allem aus
marinen Sedimenten und Vulkaniten (Porphyrit-Formation). Hier beträgt ihre Mächtigkeit
nur noch 5.000–7.000 m [99]. Die Verzahnung beider Gesteinstypen deutet auf submarinen
Vulkanismus hin [34]. Am Fußweg zum Parque Provincial Aconcagua (Standort 39) ist ein
Gesteinspaket aufgeschlossen, das als Gips identifiziert werden konnte. Nach Abbildung 5.13
stammen diese Gipse aus dem Malm (Oxford und Kimmeridge).
Über den Gipsen liegen marine Sedimente aus dem Malm, sowie Kalke, Sandsteine und Konglomerate der mittleren und oberen Kreide [34]. Letztere konnten während der Wanderung
durch den Parque Provincial Aconcagua beobachtet werden (vgl. Abb. 5.15). Der Gipfel des
Aconcaguas ist aus mehr als 1.000 m mächtigen Effusivgesteinen des Alttertiärs aufgebaut,
die deutlich diskordant über den oben beschriebenen Gesteinen liegen (vgl. Abb. 5.14).
Die Tektonik der Aconcaguaregion zeigt folgendes: Es lässt sich eine große liegende Falte
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Abbildung 5.13: Verzahnung der Porphyrit Formation mit Sedimenten im Mesozoikum in der
Aconcaguaregion (nach: Gerth [99]).
Abbildung 5.14: Profilentwurf durch den Gebirgsstock des Aconcagua nach der Profilansicht
von Schiller. Pal=metamorphes Paläozoikum, gr=Granitintrusion in diesem, QuP=triadische
Quarzporphyre, Cal=Callovien, G=Gips des unteren Kimmeridge, PF=Porphyritformation
mit Einlagerungen von Kreidekalk, AF=alttertiäre Andesitserie (nach: Gerth [34]).
auf der Basis der Gipse erkennen, die als Gleithorizont gedient haben. Diese Falte kommt
durch Überschiebungen auf einer zweiten aus Kreidekalken bestehenden Falte zu liegen. Eine
Antiklinalstruktur lässt sich andeutungsweise im Westen in der Porphyrit-Formation erkennen
(vgl. Abb. 5.14).
Puente del Inca (Standort 40a) ist eine Naturbrücke, bestehend aus Sinterterassen. Die Herkunft der an die Oberfläche tretenden thermischen Wässer ist unklar. Die Vermutung, dass sie
aus einer flachgründigen Verwerfung stammen, liegt nahe, da sie mit 30.6 ◦ C nicht besonders
heiß sind.
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Abbildung 5.15: Sandsteine und Konglomerate im Parque Provincial Aconcagua (Foto: H.
Krofta).
5.5.4
Argentinische Vorkordillere
Einen Profilschnitt entlang des 33. Breitengrades zeigt Abbildung 5.16. Es finden sich insgesamt ältere Gesteine als in der Aconcaguaregion: Vulkanite der oberen Trias, die marine
Sedimente des Paläozoikums überlagern. An einigen Stellen treten Präkambrische Gesteine
an die Oberfläche [49]. Zeil [99] spricht die Vulkanite in Argentinien zwischen 32◦ S und 34◦ S
als Permo-Triassische Andesite, Dacite, Rhyodacite, Rhyolithe und Ignimbrite an und gibt
ihre Mächtigkeit mit einigen hundert Metern an.
Im Senon trat eine starke Bewegung und Faltung auf, was in einer Hebung der Kordillere
mündete. Auch das Tertiär war durch tektonische Aktivitäten geprägt. Die an der Oberfläche
befindlichen paläozoischen Gesteine lassen sich daher auf Verschiebungen an Verwerfungen
von bis zu 5.000 m zurückführen.
Gesteinsbetrachtungen am Standort 40f zeigten pegmatitisch ausgebildete, stark tektonisch
beanspruchte Granite. Diese sind laut geologischer Karte der Provinz Mendoza (vgl. Abb. 5.17
und Abb. 5.18) in der Trias intrudiert. Neben den mit Quarz gefüllten Klüften fanden sich
auch Gänge mit andesitischer Zusammensetzung.
Beim Übergang der argentinischen Vorkordillere ins Tiefland finden sich an einigen Stellen kontinentale Sedimente aus dem Tertiär (Miozän und Pliozän; vermutlich Molasse) (vgl.
Abb. 5.17 und Abb. 5.18).
Weit verbreitet ist in Argentinien zwischen Buenos Aires und dem Chaco das Quartär. Es
besteht aus 50–80 m mächtigen äolischen, fluvialen und limnischen Sanden, teilweise mit
Löss, Ton oder Tuff durchsetzt [49] (Blick von Standort 40e über das Tiefland). Das Quartär
überdeckt am Standort 40e wahrscheinlich auch tertiäre Sedimente, die im Zusammenhang
mit den oben genannten tektonischen Bewegungen entstanden sein könnten.
Andesitkegel wie auf der Andenwestseite lassen sich nicht erkennen.
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Abbildung 5.16: Profil durch die argentinische Hoch- und Vorkordillere entlang 33◦ S (nach:
Jenks [49]).
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Abbildung 5.17: Ausschnitt der geologischen Karte der Provinz Mendoza 1:500.000 (Secretaria
de Minera, Buenos Aires).
Abbildung 5.18: Legende zur Geologischen Karte der Provinz Mendoza 1:500.000.
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