Theoretische Informatik: Logik, M. Lange, FB16, Uni Kassel: 4.4 Prädikatenlogik ohne Gleichheit – Herbrand-Theorie Herbrand-Strukturen Def.: Grundterm ist variablenfreier Term. GT τ = Menge aller Grundterme über Signatur τ beachte: ohne Konstantensymbole keine Grundterme Def.: A mit Universum A heißt Herbrand-Struktur, falls • A = GT τ • für alle Funktionssymbole f und alle Grundterme t1 , . . . , tk mit k ≥ 0 gilt f A (t1 , . . . , tk ) = f (t1 , . . . , tk ) Herbrand-Modell einer Formel ist Modell, welches auch Herbrand-Struktur ist beachte: • in Herbrand-Strukturen nur die Interpretation von Funktionssymbolen festgelegt • Syntax wird zur Semantik 128 Theoretische Informatik: Logik, M. Lange, FB16, Uni Kassel: 4.4 Prädikatenlogik ohne Gleichheit – Herbrand-Theorie Herbrand-Expansion Ziel: Resultate von Aussagenlogik auf FO übertragen Def.: Sei Φ Menge von FO∀ -Sätzen über Signatur τ . Die Herbrand-Expansion ist die kleinste Menge AL(Φ), für die gilt: falls ∀x1 . . . ∀xn ψ ∈ Φ mit ψ quantorenfrei, dann ist {ψ[t1 /x1 , . . . , tn /xn ] | ti ∈ GT τ für i = 1, . . . , n} ⊆ AL(Φ) beachte: AL(Φ) ist aussagenlogische Formelmenge über Aussagenvariablen der Form R(t1 , . . . , tn )! 129 Theoretische Informatik: Logik, M. Lange, FB16, Uni Kassel: 4.4 Prädikatenlogik ohne Gleichheit – Herbrand-Theorie Erfüllbare Herbrand-Expansionen sei τ , Φ und AL(Φ) gegeben und I |= AL(Φ) definiere Herbrand-Struktur HI wie folgt R HI := {(t1 , . . . , tn ) | I(R(t1 , . . . , tn )) = 1} beachte: dadurch ist HI eindeutig bestimmt Lemma: Für alle quantoren-freien ψ(x1 , . . . , xn ) und alle t1 , . . . , tn ∈ GT τ gilt HI |= ψ[t1 /x1 , . . . , tn /xn ] gdw. I |= ψ[t1 /x1 , . . . , tn /xn ] Beweis: Per Induktion über ψ. Übung. 130 Theoretische Informatik: Logik, M. Lange, FB16, Uni Kassel: 4.4 Prädikatenlogik ohne Gleichheit – Herbrand-Theorie Satz von Herbrand Theorem 18 Sei Φ Menge von FO∀ -Sätzen über τ . Dann ist Φ erfüllbar gdw. AL(Φ) erfüllbar ist. Beweis: “⇐” Angenommen, AL(Φ) hat Modell I. Beachte: Variablen sind von der Form R(t1 , . . . , tn ). Wir zeigen: HI (wie oben definiert) ist Modell von Φ. Sei ϕ = ∀x1 . . . ∀xn ψ ∈ Φ, ψ quantorenfrei. Dann gilt HI |= ϕ gdw. für alle t1 , . . . , tn : HI , [x1 �→ t1 , . . . , xn �→ tn ] |= ψ gdw. für alle t1 , . . . , tn : HI |= ψ[t1 /x1 , . . . , tn /xn ] gdw. für alle t1 , . . . , tn : I |= ψ[t1 /x1 , . . . , tn /xn ] Somit gilt dann auch HI |= Φ. 131 Theoretische Informatik: Logik, M. Lange, FB16, Uni Kassel: 4.4 Prädikatenlogik ohne Gleichheit – Herbrand-Theorie Beweis des Satzes von Herbrand “⇒” Angenommen, es gibt A = (A, τ ) mit A |= Φ. Definiere aussagenlogische Interpretation IA wie folgt. � 1 , falls ([[t1 ]]A , . . . , [[tn ]]A ) ∈ R A IA (R(t1 , . . . , tn )) = 0 , sonst Sei ψ � := ψ[t1 /x1 , . . . , tn /xn ] ∈ AL(Φ). Per Induktion über ψ � zeigt man: IA |= ψ � gdw. A |= ψ � . Sei nun ϕ := ∀x1 . . . ∀xn ψ ∈ Φ. Es gilt A |= ϕ ⇔ A, [x1 �→ a1 , . . . , xn �→ an ] |= ψ für alle a1 , . . . , an ∈ A ⇒ A, [x1 �→ [[t1 ]]A , . . . , xn �→ [[tn ]]A ] |= ψ für alle t1 , . . . , tn ∈ GT τ ⇔ A |= ψ[t1 /x1 , . . . , tn /xn ] für alle t1 , . . . , tn ∈ GT τ ⇔ IA |= ψ[t1 /x1 , . . . , tn /xn ] für alle t1 , . . . , tn ∈ GT τ Somit gilt auch IA |= AL(Φ). � 132