Theoretische Informatik: Logik, M. Lange, FB16, Uni Kassel: 5.2 Prädikatenlogik mit Gleichheit – Resultate Resultate übertragen beachte: FO= ist Erweiterung von FO, also: • Resultate über die Existenz von Formeln übertragen sich sofort von FO nach FO= , z.B. • Ausdrückbarkeit von Eigenschaften • Unentscheidbarkeit der Erfüllbarkeit • Resultate über alle Formeln übertragen sich nicht unbedingt, können für FO= sogar falsch sein, müssen also evtl. neu betrachtet werden, z.B. • Normalformen (funktionieren genauso wie bisher) • Satz von Herbrand, Kompaktheit und Satz von Löwenheim-Skolem (gelten bedingt weiterhin) • Herbrand-Modelle; aufsteigender Satz von Löwenheim-Skolem (gelten nicht mehr) • Kalküle müssen evtl. angepasst werden, um Gleichheit korrekt zu handhaben 172 Theoretische Informatik: Logik, M. Lange, FB16, Uni Kassel: 5.2 Prädikatenlogik mit Gleichheit – Resultate Herbrand-Expansion mit Gleichheit . Ist Φ = {R(c), c = f (c), ∀x.R(x) → ¬R(f (x))} erfüllbar? Was ist AL(Φ); ist es erfüllbar? Was folgt daraus für den Satz von Herbrand für FO= ? Definition von AL(Φ) darf Zusammenhänge über Gleichheit nicht vergessen! Nicht ausreichend: nur vorhandene Gleichheits-Formeln betrachten; können auch in Unterformeln relevant sein . . . Bsp.: {c = � d, e = c ∨ e = d, P(e) ↔ ¬P(c), P(e) ↔ ¬P(d)} 173 Theoretische Informatik: Logik, M. Lange, FB16, Uni Kassel: 5.2 Prädikatenlogik mit Gleichheit – Resultate Boole’scher Abschluss Def.: Eine aussagenlogische Formelmenge Φ in PNF ist Boole’sch-abgeschlossen, falls für alle • ϕ ∧ ψ ∈ Φ gilt: {ϕ, ψ} ⊆ Φ, • ϕ ∨ ψ ∈ Φ gilt: ϕ ∈ Φ oder ψ ∈ Φ. Φ� heißt Boole’scher Abschluss von Φ, falls Φ� eine kleinste (bzgl. ⊆) Menge ist, die abgeschlossen ist und Φ enthält. Theorem 28 Φ erfüllbar gdw. es einen erfüllbaren Boole’schen Abschluss von Φ gibt. Beweis: Übung. 174 Theoretische Informatik: Logik, M. Lange, FB16, Uni Kassel: 5.2 Prädikatenlogik mit Gleichheit – Resultate Gleichheits-Abschluss Def.: Der Gleichheits-Abschluss einer Herbrand-Expansion AL(Φ) ist die kleinste Menge AL∗ (Φ), für die gilt: • AL(Φ) ⊆ AL∗ (Φ). . • Für jeden Grundterm t ist t = t ∈ AL∗ (Φ). . • Ist ψ[t/x] ∈ AL∗ (Φ) und t = t � ∈ AL∗ (Φ), so ist auch ψ[t � /x] ∈ AL∗ (Φ) 175 Theoretische Informatik: Logik, M. Lange, FB16, Uni Kassel: 5.2 Prädikatenlogik mit Gleichheit – Resultate Der Satz von Herbrand Def.: ein Herbrand-Abschluss einer Menge von FO= -Sätzen entsteht folgendermaßen 1 Skolemisierung 2 Herbrand-Expansion 3 Boole’schen Abschluss bilden 4 Gleichheitsabschluss bilden beachte: Schritt 3 kann verschiedene Resultate hervorbringen Theorem 29 Sei Φ Menge von FO∀= -Sätzen. Φ ist erfüllbar gdw. es einen erfüllbaren Herbrand-Abschluss AL∗ (Φ) gibt. 176 Theoretische Informatik: Logik, M. Lange, FB16, Uni Kassel: 5.2 Prädikatenlogik mit Gleichheit – Resultate Beweis des Satzes von Herbrand eine Richtung (fast) genauso wie im Satz von Herbrand für FO∀ Beweis: “⇒” Sei A = (A, τ ) Modell von Φ. Definiere daraus aussagenlogische Interpretation IA via IA (R(t1 , . . . , tn )) = 1 gdw. ([[t1 ]]A , . . . , [[tn ]]A ) ∈ R A . IA (t = t � ) = 1 gdw. [[t]]A = [[t � ]]A Beachte: es gilt IA |= AL(Φ). Mithilfe von IA lässt sich leicht ein Boole’scher Abschluss Ψ finden, so dass ebenfalls IA |= Ψ gilt. Definiere nun AL∗ (Φ) als Gleichheits-Abschluss von Ψ. Da Gleichheit eine Kongruenz ist, lässt sich IA zu einer Interpretation ∗ erweitern, so dass dann I ∗ |= AL∗ (Φ) gilt. IA � A 177 Theoretische Informatik: Logik, M. Lange, FB16, Uni Kassel: 5.2 Prädikatenlogik mit Gleichheit – Resultate Faktorstrukturen Ist ∼ Äquivalenzrelation, so bezeichnet [x]∼ die Äquivalenzklasse von x, d.h. [x]∼ := {y | x ∼ y }. Def.: Sei A = (A, τ ) Struktur und ∼ Kongruenzrelation auf A bzgl. den Operationen in τ . Definiere den Faktor von A bzgl. ∼ als A/∼ = (A∼ , τ ), wobei • A∼ = {[x]∼ | x ∈ A} • f A/∼ ([x1 ]∼ , . . . , [xn ]∼ ) = [f A (t1 , . . . , tn )]∼ • ([x1 ]∼ , . . . , [xn ]∼ ) ∈ R A/∼ gdw. (x1 , . . . , xn ) ∈ R A Beachte: Faktorstruktur ist wohldefiniert. Übung: was sind • A/= für beliebiges A, • (N, +, ∗, 17)/≡2 , wobei x ≡2 y gdw. x mod 2 = y mod 2, • (N, +, ∗, isPrime, 17)/≡2 ? 178 Theoretische Informatik: Logik, M. Lange, FB16, Uni Kassel: 5.2 Prädikatenlogik mit Gleichheit – Resultate 179 Beweis des Satzes von Herbrand Beweis: “⇐” Angenommen, es gibt Herbrand-Abschluss AL∗ (Φ) mit Modell I. Konstruiere zunächst Herbrand-Struktur HI mittels (t1 , . . . , tn ) ∈ R HI gdw. I(R(t1 , . . . , tn )) = 1 Beachte: i.A. gilt nicht HI |= Φ! Definiere nun auf den Grundtermen eine 2-stellige Relation ∼ durch t ∼ t� gdw. . t = t � ∈ AL∗ (Φ) Zeige: 1 2 ∼ ist Kongruenz auf HI bzgl. zugrundeliegender Signatur τ . HI /∼ |= Φ. � Theoretische Informatik: Logik, M. Lange, FB16, Uni Kassel: 5.2 Prädikatenlogik mit Gleichheit – Resultate Zwei Folgerungen zur Erinnerung: Kompaktheit von Aussagenlogik übertragen auf FO mithife von Satz von Herbrand selbiges genauso für FO= möglich Theorem 30 Eine Menge von FO= -Sätzen ist erfüllbar gdw. jede ihrer endlichen Teilmengen erfüllbar ist. Satz von Löwenheim-Skolem gilt ebenfalls weiterhin Theorem 31 Jede erfüllbare FO= -Formel hat ein höchstens abzählbar unendlich großes Modell. 180 Theoretische Informatik: Logik, M. Lange, FB16, Uni Kassel: 5.2 Prädikatenlogik mit Gleichheit – Resultate Aufsteigender Löwenheim-Skolem-Satz Theorem 32 Sei ϕ FO= -Satz, der in einem unendlichen Modell erfüllt ist. Dann gibt es zu jeder Menge M eine Struktur AM mit einem Universum M � , so dass AM |= ϕ und |M � | ≥ |M|. Beweis: Sei M gegeben und sei {cm | m ∈ M} Menge von paarweise verschiedenen Konstantensymblen, die nicht in ϕ auftreten. Betrachte die Formelmenge . Φ := {ϕ} ∪ {¬(cn = cm ) | n, m ∈ M, m �= n} Beachte: Thm. 32 ist bewiesen, wenn gezeigt werden kann, dass Φ erfüllbar ist. Wegen Kompaktheit reicht es aus zu zeigen, dass jede endliche Teilmenge erfüllbar ist. Jede Teilmenge, die ϕ nicht enthält, ist offensichtlich erfüllbar. 181 Theoretische Informatik: Logik, M. Lange, FB16, Uni Kassel: 5.2 Prädikatenlogik mit Gleichheit – Resultate Beweis des aufst. Löwenheim-Skolem-Satzes Es reicht aus, sich auf solche Teilmengen ΦN zu beschränken, die ϕ enthalten und für die es ein N ⊆fin M gibt, so dass . ΦN := {ϕ} ∪ {¬(cn = cm ) | n, m ∈ N, m �= n} Nach Voraussetzung hat ϕ ein unendliches Modell A. Wähle nun in diesem |N| paarweise verschiedene Elemente bm für jedes m ∈ N. Da |N| < ∞ ist dies möglich. Sei AN nun definiert wie A, wobei zusätzlich die Konstante cm durch das Element bm interpretiert wird. Offensichtlich ist AN Modell von ΦN . Also ist jedes solche ΦN erfüllbar und mit der Kompaktheit dann auch Φ. Sei nun B ein Modell von Φ. Beachte: B muss alle cm , m ∈ M verschieden interpretieren. Also hat das Universum mindestens die Kardinalität von M. 182