PFLANZEN + SORTIMENTE V. japonicum Beeren von V. rhytidophyllum Die überwiegende Zahl der in Mitteleuropa kultivierbaren Schneeball-Arten sind sommergrüne Sträucher. Daneben lassen sich unter unseren Kliamabedingungen aber auch einige dekorative immergrüne Arten, Sorten und Hybriden kultivieren. D ie Schneeball-Arten gehören zur Familie der Geißblattgewächse, der Caprifoliaceae. Sie sind mit rund 200 Arten in temperierten und subtropischen Zonen verbreitet, vorwiegend in Ostasien und Nordamerika. Es handelt sich um sommer- oder immergrüne Sträucher, von denen sich nur wenige zu kleinen Bäumen entwickelt können. Die kleinen, überwiegend weißen, zwittrigen, radiären Blüten sind zu endständigen Trugdolden oder Dolden oder zu end- oder achselständigen Rispen angeordnet. Die doppelte, verwachsenblättrige Blütenhülle ist meist vier- bis fünfzählig und besteht aus einem unscheinbaren Kelch mit fünf kurzen Zähnen und einer fünflappigen, radförmigen, glockigen oder röhrenförmigen Krone. Die Staubblätter sind in die Kronröhre eingefügt, der einfächrige Fruchtknoten unterständig, die sitzende Narbe 32 Viburnum Immergrüne Schneebälle dreilappig. Nicht selten sind die Blütenstände mit vergrößerten, zygomorphen, sterilen Randblüten ausgestattet, die als Schauapparate zur Anlockung der Insekten dienen. Bei Gartenformen sind gelegentlich auch alle Blüten steril, die Blütenstände dann ± ballförmig. ➜ Viburnum × burkwoodii, Wintergrüner Duft-Schneeball ist ein 2 bis 3,5 m hoher, locker und sparrig wachsender Strauch mit bogenförmig aufstrebenden Ästen und dicht braun sternfilzigen, allmählich verkahlenden Trieben. Die 3 bis 10 cm langen Blätter sind eiförmig bis eiförmig-elliptisch, sie sind oberseits glänzend tief- grün, unterseits graugrün und kurz sternhaarig. Im Aufblühen sind die 12 mm breiten, stark nach Vanille duftenden Blüten rosaweiß, später weiß gefärbt, sie stehen in 5 bis 9 cm breiten, ballförmigen, vielblumigen, 5-strahligen Trugdolden zusammen. Die Blüten öffnen sich im März-April, im Herbst ist oft mit einer Nachblüte zu rechnen. Die Hybride ist 1924 in der Baumschule von Burkwood & Skipwith in Kingstonupon-Thames aus einer Kreuzung zwischen den Arten V. carlesii × V. utile entstanden. Sie gehört zu den vergleichsweise winterharten immergrünen Schneeball-Arten und ist mit den duftenden Blüten ein Viburnum x pragense gehört zu den interessantesten IMMERGRÜNEN Straucharten herrlicher Solitärstrauch für den Frühlingsgarten. Daneben sind folgende Sorten bekannt geworden. ‘Anne Russel’, ‘Burkwood’, ‘Chenault’, ‘Compact Beauty’, ‘Fulbrook’, ‘Mohawk’ und Tark Farm Hybrid’ ➜ Viburnum cinnamomifolium, Zimtblättriger Schneeball, hat seine natürliche Verbreitung in der westchinesischen Provinz Sichuan. Die Art entwickelt sich zu einem Strauch oder bis 6 m hohen Kleinbaum. Die 8 bis 15 cm langen, ganzrandigen, ledrigen Blätter sind deutlich 3-nervig, elliptisch-länglich, oberseits dunkelgrün, unterseits heller und achselbärtig. Cremeweiße Blüten sitzen im Juni in lockeren, zylindrischen, 10 bis 15 cm breiten, 7-strahligen Trugdolden, zusammen. Glänzend blau gefärbt sind die eiförmigen, 4 mm langen Früchte. Der Gartenwert der imposanten Art wurde 1993 in Eng- 21/2003 V. x pragense V. ‘Eskimo’ Beeren von V. rhytidophyllum ‘Superb’ land mit einem Award of Garden Merit ausgezeichnet. In Mitteleuropa ist sie nur im Gebieten mit Weinbauklima ausreichend winterhart. ➜ Viburnum cylindricum ist eine im westlichen China und im Himalaya heimische Art, die schon 1881 nach Europa eingeführt worden ist. Sie entwickelt sich zu einem Großstrauch oder bis 15 m hohen Baum. Die ovalen, länglichen oder verkehrt-eiförmigen Blätter, die oberseits stumpfgrün gefärbt und mit dünnem Wachsbeiag ausgestattet sind, werden 12 bis 20 cm lang. Der Wachsbelag bricht und wird grau, wenn die Blätter gerieben oder geknickt werden. Erst im Juli-September öffnen sich die weißen, 5 mm breiten, röhrenförmig-glockigen Blüten, die in meist 7-strahligen, etwa 12 cm breiten, sehr ansehnlichen Trugdolden zusammenstehen. Ungewöhnlich sind die lila ge- 21/2003 färbten Staubbeutel, die die Blütenkrone überragend. Die Früchte sind eiförmig, 4 mm lang und schwarz gefärbt. ➜ Viburnum davidii, Davids Schneeball, kommt in seiner westchinesischen Heimat in Höhen zwischen 1800 und 2400 m vor. Die Art wurde 1904 durch E. H. Wilson nach Europa eingeführt. Sie baut sich meist zu einem sehr dicht verzweigten, bis etwa 1,5 m hohen, sehr regelmäßigen, halbkugeligen, dicht belaubten Strauch mit warzigen Trieben auf. Die 5 bis 14 cm langen, deutlich 3-nervigen, derb ledrigen, elliptischen bis länglichelliptischen Blätter sind oberseits leicht glänzend tiefgrün, unterseits gelbgrün gefärbt und in den Achseln gebärtet. Sehr dekorativ sind die stumpfweißen, 5 mm breiten Blüten, die in dichten, 5-10 cm breiten, meist 7-strahligen, endständigen Trugdolden über den auf- fällig geaderten Blättern stehen und sich im Mai öffnen. In den zwittrigen Blüten ist häufig ein Geschlecht nicht voll entwickelt, die Blüten sind deshalb praktisch „eingeschlechtig“. Auffallend sind die schmal eiförmigen, 6 mm langen, glänzend blau gefärbten Früchte. Wird Wert auf eine Fruchtbildung gelegt, sind stets mehrere Exemplare zu pflanzen V. davidii gehört zu den attraktivsten immergrünen Arten. Dekorativ ist die Art vor allem durch ihren kompakten Aufbau, die Anordnung, Struktur und Färbung ihrer Blätter und durch ihre ungewöhnlich gefärbten Früchte. Die ist ein Kleinod für den immergrünen Garten und für die Benachbarung mit Rhododendron und anderen immergrünen Ericaceen wie Leucothoe- und Kalmia-, Calluna- und Erica-Arten. Die Art gedeiht am besten in wintermilden Klimalagen und an geschützten, halbschattigen Plätzen. ➜ Viburnum ‘Eskimo’ ist ein etwa 1,5 m hoher, kompakter, gleichmäßig aufgebauter, halbkugeliger Strauch. Die etwas ledrigen, oberseits glänzend dunkelgrünen Blätter sind 8 bis 10 cm lang, elliptisch bis verkehrt eiförmig-elliptisch. Die Blüten sind in der Knospe cremefarben bis rosa, geöffnet scheeweiß, sie stehen in ballförrmigen, oft überhängenden Ständen zusammen und blühen im April oder Mai auf. Die kugeligen, etwa 9 mm dicken Früchte sind anfangs rot, zuletzt schwarz gefärbt. ‘Eskimo’ ist 1982 von D. R. Egolf am National Arboretum, Washington D. C. aus Saatgut selbstbestäubter (V. × carlcephalum × V. utile) × (V. × carlcephalum × V. utile) Pflanzen gezüchtet worden. Die Hybride wurde rasch verbreitet, denn die Pflanzen bestechen durch ihre reinweißen Blüten, die schon an jungen Pflanzen reichlich angesetzt werden. Ihr Gartenwert wurde 1998 in Holland „nur“ mit „sehr gut eingestuft, weil die großen Blütenstände zu schwer für die Blütenstiele sind und deshalb bei Regen mehr oder weniger stark hängen und weil die Blüten nicht duften. An etwas geschützten Stellen ist ‘Eskimo’ auch bei uns ausreichend frosthart. ➜ Viburnum henryi, Henrys Schneeball, ist durch Augustine Henry 1887 aus der chinesischen Provinz Hubei nach Europa gekommen. Der straff aufrecht wachsende Strauch kann mit seinem baumartigen Habitus bis 3 m hoch werden. Er trägt an kahlen Trieben 5 bis 10 cm lange, schmal-ovale, längliche oder verkehrt-eiförmige, fünf- bis siebennervige Blätter, die oberseits glänzend dunkelgrün, unterseits graugrün gefärbt sind. Die weißen, 6 mm breiten, duftenden Blüten sind in zu bis 10 cm langen und an der Basis gleich breiten, steifen, kegelförmigen Rispen geordnet, sie blühen im Juni-Juli auf. Die eiförmigen, 8,5 mm langen Früchte sind anfangs rot, später schwarz gefärbt. Die in Mitteleuropa ausreichend frostharte Art wird nur selten kultiviert. ➜ Viburnum japonicum, Immergrüner Japan-Schneeball, ist ein bis 2 m hoher, robuster Strauch. Seine steif ledrigen, 10 bis 15 cm langen Blätter sind im Umriss sehr variabel, rundlich, oval oder annähernd verkehrt-eiförmig. Sie sind oberseits glänzend grün, unterseits heller und fein dunkel punktiert, die fünf bis sechs Nervenpaare sind auffällig tief eingesenkt. Die weißen, duftenden Blüten sind mit einem Durchmesser von 9 bis 10 mm recht groß. Sie sind zu halbkugeligen, flach gewölbten, bis 12 cm breiten, meist 7-strahligen Trugdolden vereint und öffnen sich im Juni. Kugelig-eiförmig und lebhaft rot gefärbt sind die 8-10 mm dicken Früchte. V. japonicum wurde 1879 durch Charles Maries nach Europa eingeführt. In Tessiner Gärten gedeiht die Art ausgezeichnet. ➜ Viburnum × pragense, Prager Schneeball, wurde 1955 durch Zufall in der Stadtgärtnerei von Prag gefunden, 1959 wurde die Hybride aus V. rhytidophyllum × V. utile benannt. 33 PFLANZEN + SORTIMENTE V. x burkwoodii Der anfangs locker und etwas sparrig aufgebaute Strauch kann bis 3 m hoch und breit werden. Seine ziemlich dünnen, hell rehbraun gefärbten Zweige stehen waagerecht ab oder hängen etwas über. 5 bis 10 cm lang sind die elliptisch-eiförmigen, am Rand nach unten umgebogenen, oberseits glänzend dunkelgrünen und etwas runzeligen, unterseits hell graugrün und dicht sternhaarigen Blätter. In der Knospe sind die Blüten zartrosa, aufgeblüht cremeweiß gefärbt, sie stehen in 8 bis 15 cm breiten, halbkugeligen Ständen zusammen und öffnen sich im Mai. Ein Fruchtansatz ist nicht zu erwarten. Die Hybride hat von V. rhytidophyllum ihre Winterhärte, von V. utile ihre lackartig glänzenden Blätter geerbt. Sie gehört deshalb zu den interessantesten immergrünen Straucharten, ihr Gartenwert wurde deshalb entsprechend hoch angesetzt. ➜ Viburnum × rhytidophylloides ist eine Hybride aus V. lantana × V. rhytidophyllum. Die Pflanze ist ein meist wintergrüner, 3 bis 4 m hoher, stark- und breitwüchsiger Strauch, der in seinen Merkmalen intermediär zwischen den Eltern steht. Seine Blätter sind 10 bis 20 cm lang, eiförmig bis eiförmig-länglich, oberseits heller grün und weniger runzelg als bei V. rhytidophyllum, unterseits dicht 34 sternhaarig. Cremeweiße Blüten öffnen sich im Mai-Juni in 10 bis 18 cm breiten Trugdolden. Die glänzenden Früchte sind anfangs dunkelrot, zuletzt schwarz gefärbt. Die Hybride wurde um 1925 durch K. Park in Vlaanderen, Utecht gewonnen. Der Typ der Hybride wurde 1927 unter dem Namen ‘Holland’ in den Handel gegeben. Später sind weitere Sorten hinzugekommen, von denen die beiden folgenden 1998 in Holland positiv bewertet worden sind: ‘Alleghany’ mit dem Prädikat „gut“ ‘lnterduke’ (Dart’s Duke) mit „sehr gut“. ➜ Viburnum rhytidophyllum, Runzelblättriger Schneeball, wächst ziemlich straff aufrecht und baut sich zu einem 3 bis 5 (7) m hohen, vielstämmigen Strauch auf. Die dicken Triebe sind anfangs hellbraun sternfilzig behaart. Eiförmig-länglich sind die 8 bis 20 cm langen Blätter, spitz oder stumpf, sie sind oberseits dunkelgrün und durch die eingesenkte Nervatur stark runzelig, unterseits dicht grau oder gelblich filzig behaart. Die weißen bis gelblich weißen, 6 mm breiten Blüten sind in 10 bis 20 cm breiten, flachen, 7- bis 11-strahligen, sternhaarig-filzigen Trugdolden vereint. Die Blütenstände sind schon im Herbst ausgebildet und überwintern nackt. Die Blüten öffnen Mai-Juni. Die eiförmigen, 8 mm langen, glänzenden Früchte sind anfangs rot, später schwarz. V. rhytidophyllum hat seine natürliche Verbreitung in Mittel- und Westchina in Höhenlagen zwischen 1350 und 2250 m. Die Art wurde 1900 durch E. H. Wilson nach England eingeführt. Der absolut frostharte und robuste Schneeball wird von allen immergrünen Schneeball-Arten wohl am häufigsten gepflanzt. Mit ihren großen, runzeligen Blättern ist sie eine unverwechselbare Erscheinung unter den immergrünen Laubgehölzen. Sie findet ihren besten Platz an halbschattigen Standorten. Nachteilig ist, dass die Sträucher in der Regel im Frühjahr einen Teil der älteren Blätter verlieren und dass sich die Sternhaare von Zweigen und Blättern bei Berührungen lösen, eingeamtet werden können und dann ein unangenehmes Kratzen im Hals verursachen. Der Staub löst außerdem lichtallergische Reaktionen auf der Haut aus. Neben der Art sind nur wenige Sorten in Kultur, das sind zum Beispiel ‘Green Trump’ und ‘Superb’. ➜ Viburnum tinus, Lorbeerblättriger Schneeball, hat seine natürliche Verbreitung in Südeuropa von der Iberischen Halbinsel bis zum Balkan. Die Art kommt außerdem in der Türkei, in Syrien, Palästina, NWAfrika und dem Libanon vor. Auf den Britischen Inseln ist sie naturalisiert. Der dicht verzweigte, ± rundlich Strauch kann Höhen und Breiten von 23 m erreichen. Die länglich-elliptischen bis elliptischen Blätter sind 3 bis 10 cm lang und Viburnum rhytidophyllum kann bei Berührung HAUTREIZUNGEN und ALLERGIEN auslösen oberseits dunkelgrün mit heller Nervatur. In der Knospe sind die 4 bis 9 mm breiten Blüten rosa, später weiß gefärbt, sie sitzen in 4 bis 9 cm breiten, halbkugeligen, 5-strahligen Trugdolden zusammen und blühen zwischen November und April auf. Die kugeligen, 7 bis 8 mm dicken Früchte sind dunkelblau gefärbt. Seit Mitte des 17. Jahrh. wird V. tinus bei uns als Kübelpflanze gehalten. Weil sie äußerst anspruchslos und in hohem Maße schnittverträglich ist, gehört sie seither zum Standardsortiment und wird als Kübel- und Dekorationspflanze häufig zu Kugeln, Kegeln oder Säulen geschnitten. Die Art wird gegenwärtig auch in deutschen Baumschulen häufig angeboten, ist als Freilandpflanze aber nur im Weinblauklima ausreichend frosthart. Aus der Art sind eine Fülle von Sorten ausgelesen worden. Beispiele sind ‘Eva Price’, und ‘Gwenilian’. ➜ V. utile besiedelt in Mittelchina Höhenlagen zwischen 100 und 900 m. Der locker aufgebaute Strauch wird mit seinen dünnen Zweigen und den anfangs hell sternhaarigen Trieben etwa 2 m hoch. Schmaleiförmig bis länglich sind die 2 bis 7 cm langen Blätter, sie sind oberseits glänzend dunkelgrün und kahl, unterseits dicht sternhaarig weiß filzig. Die weißen, außen schwach rosa überlaufen, 8,5 mm breiten Blüten sind zu 5 bis 8 cm breiten, 5-strahligen, dichten, abgeflacht kugeligen, dicht sternhaarigen Trugdolden zusammengefasst. Sie öffnen sich im Mai-Juni. Die Früchte sind breit elliptisch, 6 bis 8 mm lang und blauschwarz gefärbt. V. utile ist 1901 durch E. H. Wilson nach Europa gekommen. Sie ist vergleichsweise frostempfindlich und wird deshalb nur selten kultiviert. Bedeutung hat sie vor allem als ein Elternteil der wertvollen Hybriden V. × burkwoodii und V. × pragense. Text und Bilder: Andreas Bärtels, Waake 21/2003