Immergrüne Schneebälle, DEGA 21/2003

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PFLANZEN + SORTIMENTE
V. japonicum
Beeren von V. rhytidophyllum
Die überwiegende
Zahl der in Mitteleuropa
kultivierbaren
Schneeball-Arten sind
sommergrüne Sträucher.
Daneben lassen sich
unter unseren Kliamabedingungen aber auch
einige dekorative
immergrüne Arten,
Sorten und Hybriden
kultivieren.
D
ie Schneeball-Arten gehören zur Familie der
Geißblattgewächse, der
Caprifoliaceae. Sie sind mit
rund 200 Arten in temperierten
und subtropischen Zonen verbreitet, vorwiegend in Ostasien
und Nordamerika. Es handelt
sich um sommer- oder immergrüne Sträucher, von denen sich
nur wenige zu kleinen Bäumen
entwickelt können.
Die kleinen, überwiegend
weißen, zwittrigen, radiären
Blüten sind zu endständigen
Trugdolden oder Dolden oder
zu end- oder achselständigen
Rispen angeordnet. Die doppelte, verwachsenblättrige Blütenhülle ist meist vier- bis fünfzählig und besteht aus einem unscheinbaren Kelch mit fünf kurzen Zähnen und einer fünflappigen, radförmigen, glockigen
oder röhrenförmigen Krone.
Die Staubblätter sind in die
Kronröhre eingefügt, der einfächrige Fruchtknoten unterständig, die sitzende Narbe
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Viburnum
Immergrüne
Schneebälle
dreilappig. Nicht selten sind die
Blütenstände mit vergrößerten,
zygomorphen, sterilen Randblüten ausgestattet, die als
Schauapparate zur Anlockung
der Insekten dienen. Bei Gartenformen sind gelegentlich
auch alle Blüten steril, die Blütenstände dann ± ballförmig.
➜ Viburnum × burkwoodii,
Wintergrüner Duft-Schneeball
ist ein 2 bis 3,5 m hoher, locker
und
sparrig
wachsender
Strauch mit bogenförmig aufstrebenden Ästen und dicht
braun sternfilzigen, allmählich
verkahlenden Trieben. Die 3
bis 10 cm langen Blätter sind
eiförmig bis eiförmig-elliptisch,
sie sind oberseits glänzend tief-
grün, unterseits graugrün und
kurz sternhaarig. Im Aufblühen
sind die 12 mm breiten, stark
nach Vanille duftenden Blüten
rosaweiß, später weiß gefärbt,
sie stehen in 5 bis 9 cm breiten, ballförmigen, vielblumigen, 5-strahligen Trugdolden
zusammen. Die Blüten öffnen
sich im März-April, im Herbst
ist oft mit einer Nachblüte zu
rechnen. Die Hybride ist 1924
in der Baumschule von Burkwood & Skipwith in Kingstonupon-Thames aus einer Kreuzung zwischen den Arten V.
carlesii × V. utile entstanden.
Sie gehört zu den vergleichsweise winterharten immergrünen Schneeball-Arten und ist
mit den duftenden Blüten ein
Viburnum x pragense
gehört zu den interessantesten IMMERGRÜNEN
Straucharten
herrlicher Solitärstrauch für
den Frühlingsgarten. Daneben
sind folgende Sorten bekannt
geworden. ‘Anne Russel’,
‘Burkwood’, ‘Chenault’, ‘Compact Beauty’, ‘Fulbrook’, ‘Mohawk’ und Tark Farm Hybrid’
➜ Viburnum cinnamomifolium,
Zimtblättriger Schneeball, hat
seine natürliche Verbreitung in
der westchinesischen Provinz
Sichuan. Die Art entwickelt
sich zu einem Strauch oder bis
6 m hohen Kleinbaum. Die 8
bis 15 cm langen, ganzrandigen, ledrigen Blätter sind deutlich 3-nervig, elliptisch-länglich, oberseits dunkelgrün, unterseits heller und achselbärtig.
Cremeweiße Blüten sitzen im
Juni in lockeren, zylindrischen,
10 bis 15 cm breiten, 7-strahligen Trugdolden, zusammen.
Glänzend blau gefärbt sind die
eiförmigen, 4 mm langen
Früchte.
Der Gartenwert der imposanten Art wurde 1993 in Eng-
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V. x pragense
V. ‘Eskimo’
Beeren von V.
rhytidophyllum
‘Superb’
land mit einem Award of Garden Merit ausgezeichnet. In
Mitteleuropa ist sie nur im Gebieten mit Weinbauklima ausreichend winterhart.
➜ Viburnum cylindricum ist eine im westlichen China und im
Himalaya heimische Art, die
schon 1881 nach Europa eingeführt worden ist. Sie entwickelt sich zu einem Großstrauch oder bis 15 m hohen
Baum. Die ovalen, länglichen
oder verkehrt-eiförmigen Blätter, die oberseits stumpfgrün
gefärbt und mit dünnem
Wachsbeiag ausgestattet sind,
werden 12 bis 20 cm lang. Der
Wachsbelag bricht und wird
grau, wenn die Blätter gerieben
oder geknickt werden. Erst im
Juli-September öffnen sich die
weißen, 5 mm breiten, röhrenförmig-glockigen Blüten, die in
meist 7-strahligen, etwa 12 cm
breiten, sehr ansehnlichen
Trugdolden zusammenstehen.
Ungewöhnlich sind die lila ge-
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färbten Staubbeutel, die die
Blütenkrone überragend. Die
Früchte sind eiförmig, 4 mm
lang und schwarz gefärbt.
➜ Viburnum davidii, Davids
Schneeball, kommt in seiner
westchinesischen Heimat in
Höhen zwischen 1800 und
2400 m vor. Die Art wurde
1904 durch E. H. Wilson nach
Europa eingeführt. Sie baut sich
meist zu einem sehr dicht verzweigten, bis etwa 1,5 m hohen, sehr regelmäßigen, halbkugeligen, dicht belaubten
Strauch mit warzigen Trieben
auf. Die 5 bis 14 cm langen,
deutlich 3-nervigen, derb ledrigen, elliptischen bis länglichelliptischen Blätter sind oberseits leicht glänzend tiefgrün,
unterseits gelbgrün gefärbt und
in den Achseln gebärtet. Sehr
dekorativ sind die stumpfweißen, 5 mm breiten Blüten,
die in dichten, 5-10 cm breiten,
meist 7-strahligen, endständigen Trugdolden über den auf-
fällig geaderten Blättern stehen
und sich im Mai öffnen. In den
zwittrigen Blüten ist häufig ein
Geschlecht nicht voll entwickelt, die Blüten sind deshalb
praktisch „eingeschlechtig“.
Auffallend sind die schmal
eiförmigen, 6 mm langen, glänzend blau gefärbten Früchte.
Wird Wert auf eine Fruchtbildung gelegt, sind stets mehrere
Exemplare zu pflanzen
V. davidii gehört zu den attraktivsten immergrünen Arten.
Dekorativ ist die Art vor allem
durch ihren kompakten Aufbau,
die Anordnung, Struktur und
Färbung ihrer Blätter und durch
ihre ungewöhnlich gefärbten
Früchte. Die ist ein Kleinod für
den immergrünen Garten und
für die Benachbarung mit Rhododendron und anderen immergrünen Ericaceen wie Leucothoe- und Kalmia-, Calluna- und
Erica-Arten. Die Art gedeiht am
besten in wintermilden Klimalagen und an geschützten, halbschattigen Plätzen.
➜ Viburnum ‘Eskimo’ ist ein etwa 1,5 m hoher, kompakter,
gleichmäßig aufgebauter, halbkugeliger Strauch. Die etwas
ledrigen, oberseits glänzend
dunkelgrünen Blätter sind 8 bis
10 cm lang, elliptisch bis verkehrt eiförmig-elliptisch. Die
Blüten sind in der Knospe
cremefarben bis rosa, geöffnet
scheeweiß, sie stehen in ballförrmigen, oft überhängenden
Ständen zusammen und blühen
im April oder Mai auf. Die kugeligen, etwa 9 mm dicken
Früchte sind anfangs rot, zuletzt schwarz gefärbt. ‘Eskimo’
ist 1982 von D. R. Egolf am National Arboretum, Washington
D. C. aus Saatgut selbstbestäubter (V. × carlcephalum × V.
utile) × (V. × carlcephalum × V.
utile) Pflanzen gezüchtet worden. Die Hybride wurde rasch
verbreitet, denn die Pflanzen
bestechen durch ihre reinweißen Blüten, die schon an
jungen Pflanzen reichlich angesetzt werden. Ihr Gartenwert
wurde 1998 in Holland „nur“
mit „sehr gut eingestuft, weil
die großen Blütenstände zu
schwer für die Blütenstiele sind
und deshalb bei Regen mehr
oder weniger stark hängen und
weil die Blüten nicht duften.
An etwas geschützten Stellen
ist ‘Eskimo’ auch bei uns ausreichend frosthart.
➜ Viburnum henryi, Henrys
Schneeball, ist durch Augustine
Henry 1887 aus der chinesischen Provinz Hubei nach Europa gekommen. Der straff aufrecht wachsende Strauch kann
mit seinem baumartigen Habitus bis 3 m hoch werden. Er
trägt an kahlen Trieben 5 bis 10
cm lange, schmal-ovale, längliche oder verkehrt-eiförmige,
fünf- bis siebennervige Blätter,
die oberseits glänzend dunkelgrün, unterseits graugrün gefärbt sind. Die weißen, 6 mm
breiten, duftenden Blüten sind
in zu bis 10 cm langen und an
der Basis gleich breiten, steifen, kegelförmigen Rispen geordnet, sie blühen im Juni-Juli
auf. Die eiförmigen, 8,5 mm
langen Früchte sind anfangs
rot, später schwarz gefärbt. Die
in Mitteleuropa ausreichend
frostharte Art wird nur selten
kultiviert.
➜ Viburnum japonicum, Immergrüner Japan-Schneeball,
ist ein bis 2 m hoher, robuster
Strauch. Seine steif ledrigen, 10
bis 15 cm langen Blätter sind
im Umriss sehr variabel, rundlich, oval oder annähernd verkehrt-eiförmig. Sie sind oberseits glänzend grün, unterseits
heller und fein dunkel punktiert, die fünf bis sechs Nervenpaare sind auffällig tief eingesenkt. Die weißen, duftenden Blüten sind mit einem
Durchmesser von 9 bis 10 mm
recht groß. Sie sind zu halbkugeligen, flach gewölbten, bis 12
cm breiten, meist 7-strahligen
Trugdolden vereint und öffnen
sich im Juni. Kugelig-eiförmig
und lebhaft rot gefärbt sind die
8-10 mm dicken Früchte. V. japonicum wurde 1879 durch
Charles Maries nach Europa
eingeführt. In Tessiner Gärten
gedeiht die Art ausgezeichnet.
➜ Viburnum × pragense, Prager Schneeball, wurde 1955
durch Zufall in der Stadtgärtnerei von Prag gefunden, 1959
wurde die Hybride aus V. rhytidophyllum × V. utile benannt.
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PFLANZEN + SORTIMENTE
V. x burkwoodii
Der anfangs locker und etwas
sparrig aufgebaute Strauch kann
bis 3 m hoch und breit werden.
Seine ziemlich dünnen, hell
rehbraun gefärbten Zweige stehen waagerecht ab oder hängen etwas über. 5 bis 10 cm
lang
sind
die
elliptisch-eiförmigen, am Rand nach
unten umgebogenen, oberseits
glänzend dunkelgrünen und etwas runzeligen, unterseits hell
graugrün und dicht sternhaarigen Blätter. In der Knospe sind
die Blüten zartrosa, aufgeblüht
cremeweiß gefärbt, sie stehen in
8 bis 15 cm breiten, halbkugeligen Ständen zusammen und öffnen sich im Mai. Ein Fruchtansatz ist nicht zu erwarten.
Die Hybride hat von V. rhytidophyllum ihre Winterhärte,
von V. utile ihre lackartig glänzenden Blätter geerbt. Sie
gehört deshalb zu den interessantesten
immergrünen
Straucharten, ihr Gartenwert
wurde deshalb entsprechend
hoch angesetzt.
➜ Viburnum × rhytidophylloides ist eine Hybride aus V. lantana × V. rhytidophyllum. Die
Pflanze ist ein meist wintergrüner, 3 bis 4 m hoher, stark- und
breitwüchsiger Strauch, der in
seinen Merkmalen intermediär
zwischen den Eltern steht. Seine Blätter sind 10 bis 20 cm
lang, eiförmig bis eiförmig-länglich, oberseits heller grün und
weniger runzelg als bei V. rhytidophyllum, unterseits dicht
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sternhaarig. Cremeweiße Blüten öffnen sich im Mai-Juni in
10 bis 18 cm breiten Trugdolden. Die glänzenden Früchte
sind anfangs dunkelrot, zuletzt
schwarz gefärbt.
Die Hybride wurde um 1925
durch K. Park in Vlaanderen,
Utecht gewonnen. Der Typ der
Hybride wurde 1927 unter dem
Namen ‘Holland’ in den Handel
gegeben. Später sind weitere
Sorten hinzugekommen, von
denen die beiden folgenden
1998 in Holland positiv bewertet worden sind: ‘Alleghany’ mit
dem Prädikat „gut“ ‘lnterduke’
(Dart’s Duke) mit „sehr gut“.
➜ Viburnum rhytidophyllum,
Runzelblättriger Schneeball,
wächst ziemlich straff aufrecht
und baut sich zu einem 3 bis 5
(7) m hohen, vielstämmigen
Strauch auf. Die dicken Triebe
sind anfangs hellbraun sternfilzig behaart. Eiförmig-länglich
sind die 8 bis 20 cm langen
Blätter, spitz oder stumpf, sie
sind oberseits dunkelgrün und
durch die eingesenkte Nervatur
stark runzelig, unterseits dicht
grau oder gelblich filzig behaart. Die weißen bis gelblich
weißen, 6 mm breiten Blüten
sind in 10 bis 20 cm breiten,
flachen, 7- bis 11-strahligen,
sternhaarig-filzigen Trugdolden
vereint. Die Blütenstände sind
schon im Herbst ausgebildet
und überwintern nackt. Die
Blüten öffnen Mai-Juni. Die
eiförmigen, 8 mm langen, glänzenden Früchte sind anfangs
rot, später schwarz. V. rhytidophyllum hat seine natürliche
Verbreitung in Mittel- und
Westchina in Höhenlagen zwischen 1350 und 2250 m. Die
Art wurde 1900 durch E. H. Wilson nach England eingeführt.
Der absolut frostharte und robuste Schneeball wird von allen
immergrünen Schneeball-Arten wohl am häufigsten gepflanzt. Mit ihren großen, runzeligen Blättern ist sie eine unverwechselbare Erscheinung
unter den immergrünen Laubgehölzen. Sie findet ihren besten Platz an halbschattigen
Standorten. Nachteilig ist, dass
die Sträucher in der Regel im
Frühjahr einen Teil der älteren
Blätter verlieren und dass sich
die Sternhaare von Zweigen
und Blättern bei Berührungen
lösen, eingeamtet werden können und dann ein unangenehmes Kratzen im Hals verursachen. Der Staub löst außerdem
lichtallergische Reaktionen auf
der Haut aus. Neben der Art
sind nur wenige Sorten in Kultur, das sind zum Beispiel
‘Green Trump’ und ‘Superb’.
➜ Viburnum tinus, Lorbeerblättriger Schneeball, hat seine
natürliche Verbreitung in Südeuropa von der Iberischen Halbinsel bis zum Balkan. Die Art
kommt außerdem in der Türkei, in Syrien, Palästina, NWAfrika und dem Libanon vor.
Auf den Britischen Inseln ist sie
naturalisiert. Der dicht verzweigte, ± rundlich Strauch
kann Höhen und Breiten von 23 m erreichen. Die länglich-elliptischen bis elliptischen Blätter sind 3 bis 10 cm lang und
Viburnum rhytidophyllum
kann bei Berührung
HAUTREIZUNGEN und
ALLERGIEN auslösen
oberseits dunkelgrün mit heller
Nervatur. In der Knospe sind
die 4 bis 9 mm breiten Blüten
rosa, später weiß gefärbt, sie
sitzen in 4 bis 9 cm breiten,
halbkugeligen,
5-strahligen
Trugdolden zusammen und
blühen zwischen November
und April auf. Die kugeligen, 7
bis 8 mm dicken Früchte sind
dunkelblau gefärbt.
Seit Mitte des 17. Jahrh. wird
V. tinus bei uns als Kübelpflanze gehalten. Weil sie äußerst
anspruchslos und in hohem
Maße schnittverträglich ist,
gehört sie seither zum Standardsortiment und wird als Kübel- und Dekorationspflanze
häufig zu Kugeln, Kegeln oder
Säulen geschnitten. Die Art
wird gegenwärtig auch in deutschen Baumschulen häufig angeboten, ist als Freilandpflanze
aber nur im Weinblauklima ausreichend frosthart.
Aus der Art sind eine Fülle
von Sorten ausgelesen worden.
Beispiele sind ‘Eva Price’, und
‘Gwenilian’.
➜ V. utile besiedelt in Mittelchina Höhenlagen zwischen
100 und 900 m. Der locker aufgebaute Strauch wird mit seinen dünnen Zweigen und den
anfangs hell sternhaarigen Trieben etwa 2 m hoch.
Schmaleiförmig bis länglich
sind die 2 bis 7 cm langen Blätter, sie sind oberseits glänzend
dunkelgrün und kahl, unterseits dicht sternhaarig weiß filzig. Die weißen, außen schwach
rosa überlaufen, 8,5 mm breiten Blüten sind zu 5 bis 8 cm
breiten, 5-strahligen, dichten,
abgeflacht kugeligen, dicht
sternhaarigen Trugdolden zusammengefasst. Sie öffnen sich
im Mai-Juni. Die Früchte sind
breit elliptisch, 6 bis 8 mm lang
und blauschwarz gefärbt.
V. utile ist 1901 durch E. H.
Wilson nach Europa gekommen. Sie ist vergleichsweise
frostempfindlich und wird deshalb nur selten kultiviert.
Bedeutung hat sie vor allem
als ein Elternteil der wertvollen
Hybriden V. × burkwoodii und
V. × pragense.
Text und Bilder:
Andreas Bärtels, Waake
21/2003
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