INFO GALIFA CONTACTLINSEN AG GALIFA News im April 2005 Wave Front - Wo stehen wir? Wie die meisten wellenbrechenden Flächen oder optischen Systeme ist auch das menschliche Auge mit Aberrationen behaftet, welche das Auflösungsvermögen und die Netzhautbildqualität beeinflussen. Zu den Abbildungsfehlern niedriger Ordnung gehören sphärische und zylindrische Fehlsichtigkeiten, die in der Brillenrefraktion ermittelt und mit Brillengläsern oder Contactlinsen korrigiert werden können. Zu den Abbildungsfehlern höherer Ordnung gehören neben der sphärischen Aberration, chromatische, dezentrische und diffraktive Aberrationen. Diese Abbildungsfehler höherer Ordnungen werden als Aberrationen bezeichnet. Ähnlich wie bei der Berechnung des Astigmatismus (Gesamtastigmatismus = Hornhautastigmatismus + Innerer Astigmatismus) erhält man bei der Berechnung von Aberrationen die Gleichung, dass die gesamte okuläre Aberration die Summe der Aberrationen verursacht durch die Hornhaut-Vorderfläche plus den inneren Aberrationen ist. In der Literatur findet man Angaben, dass im Allg. die Cornea für 70-80% der Gesamtaberrationen des Auges verantwortlich ist. Ursache der Aberrationen höherer Ordnung sind entweder Krümmungsfehler oder Unebenheiten im optischen System. Durch verschiedene Kompensationsmechanismen des Auges werden diese Aberrationen teils minimiert und werden somit beim Sehen nicht wahrgenommen. Wellenfrontaberration Gemessen werden Aberrationen höherer Ordnungen durch sog. Wellenfronten. Eine Wellenfront ist eine Fläche konstanter Phase des Lichtfeldes. Durch Krümmungsfehler oder Unebenheiten im optischen System wird die Wellenfront deformiert. Die Abweichung der idealen zur realen Wellenfrontaberration ist das Mass für die Aberration und wird als Wellenfrontaberration bezeichnet. Wellenfront vor der Brechung Wellenfront nach der Brechung Eine ideale Hornhaut erzeugt eine ebene Wellenfront. Dann haben die Lichtstrahlen die gleiche optische Weglänge. Eine nicht ideale Hornhaut ändert die Lichtwege und erzeugt daher Unterschiede in der idealen zur realen Wellenfront (optical path difference, OPD), s. Skizze. Diese lokalen Wellenfrontneigungen, die durch Aberrationen des menschlichen Auges verursacht werden, können heutzutage mit unterschiedlichen Messvorrichtungen gemessen werden. Einige Videokeratographen besitzen ein Softwaremodul zur Auswertung und Betrachtung der Abbildungsfehler des Auges (z.B. Keratron Scout). Diese Geräte messen nur die Aberrationen der Hornhautvorderfläche, bzw. des auf der Hornhautvorderfläche befindlichen Tränenfilms. Innere Aberrationen werden bei diesen Darstellungen der Fehler nicht berücksichtigt. Exaktere Ergebnisse liefert die Aberrometrie mit einem Hartmann-Shack-Sensor. Vereinfacht gesagt wird hierzu ein Laserstrahl durch die Mitte der Augenpupille auf die Netzhaut projiziert und von dort reflektiert. Ist das vermessene Auge mit Abbildungsfehlern behaftet, so verlässt eine deformierte Wellenfront das Auge, wird von einer CCD-Kamera aufgenommen und von der entsprechenden Software ausgewertet. Dargestellt werden die Abbildungsfehler meist graphisch in einer zweidimensionalen Funktion, den sog. Zernike Polynomen oder über einen mathematischen Wert, der mit HORMS bezeichnet wird. HORMS ist die Abkürzung für "higher order root mean square" und ist der Wert für die mittlere Stärke aller Aberrationen. INFO GALIFA CONTACTLINSEN AG Die unabhängig vom Gerät ermittelten Messwerte höherer Aberrationen sind von verschiedenen Faktoren abhängig: - Akkommodationszustand: Je nach Akkommodationszustand erhält man bei der Ermittlung der Gesamtaberration des menschl. Auges unterschiedliche Ergebnisse. Für die Praxis hat das zur Folge, dass Aberrationen nur für eine bestimmte Entfernung korrigiert werden können. - Pupillendurchmesser: Bei enger Pupille sind Abbildungsfehler höherer Ordnungen geringer als bei weiter Pupille. (Blenden sind in der Geräteoptik Methoden zur Verringerung der sphärischen Aberration. Achsferne Strahlen werden dadurch ausgeblendet.) Aberrationen höherer Ordnungen können bei weiten Pupillen durchaus visuelle Einbussen, die mit einem Refraktionsdefizit von +/-0.25 dpt vergleichbar sind, hervorrufen. Es werden unterschiedliche Aberrationen im Tages-, Dämmerungs- und Nachtsehen gemessen. Auch hier können Abbildungsfehler nur für eine bestimmte Pupillenöffnung korrigiert werden. In folgenden Abbildungen sind die Aberrationen eines Auges mit unterschiedlichen Pupillendurchmessern aufgelistet. In der Spalte "Zernike" sind die Ordnungen der Polynome, unter "Micron" die Abweichungen der Wellenlängen aufgelistet. Der Wert "Diopter" gibt die Abweichung in dpt an. "Defocus" gibt die Sphäre, "Astigmatism" die Torizität an. Diese beiden Grössen sind Aberrationen niedriger Ordnung. Aberrationen eines Auges bei Pupillendurchmesser 6.00 mm Aberrationen des selben Auges bei Pupillendurchmesser 4.00 mm Aberrationen eines Keratokonus - Tageszeitabhängig: Unterschiedliche Untersuchungen zeigen, dass während des Tages verschiedene Messwerte resultieren. Aberrationen sind also auch abhängig von der Tageszeit. - Altersabhängige Aberrationen: Streulicht bei Linsentrübungen sowie Glaskörperzersetzungen im Laufe des normalen Alterungsprozesses lassen Messwerte differieren. Die aktuellen Messwerte können also nur für einen bestimmten Zeitraum korrigiert werden. Zu einem späteren Zeitpunkt sind sowohl die ermittelten Messwerte, als auch die erforderliche Korrektur unterschiedlich. - Aufbau der Netzhaut: Jedes Auge weist eine physiologische Grenze der Sehschärfe auf, die sich aus der Anordnung der Zapfen auf der Netzhaut ergibt. Wenn eine Netzhaut vorliegt, die keine hohe Zapfendichte aufweist, so wird eine Korrektur der Aberrationen keinen besseren Visus bewirken, da die Netzhaut das verbesserte Bild nicht auflösen kann. - Veränderungen des Auges: Irreguläre Astigmatismen (z.B. beim Keratokonus) zeigen sehr viel grössere Aberrationen höherer Ordnung als ein "gesundes" Auge. Korrketurmöglichkeiten der Aberrationen: Es wird immer wieder diskutiert, inwiefern Aberrationen höherer Ordnungen, die ja vermeintlich durch Kompensationsmechanismen des Auges ausgeglichen werden, tatsächlich Einfluss auf das Sehen haben. Mit Hilfe der adaptiven Optik konnte nachgewiesen werden, dass durch die Korrektur von Aberrationen höherer Ordnung das Kontrastsehen verbessert wurde. Was bringt uns die Korrektur von Aberration höherer Ordnung in der Praxis? Durch die Korrektur der Aberrationen höherer Ordnung verspricht man sich bessere Sehschärfen bis zu einem Visus von 2.00. Zukunftsvisionen errechnen sogar einen Visus von 4.0-5.0. Durch welche Korrekturmittel ist dies nun zu erreichen? Brillengläser: Es gibt Hersteller, die seit kurzem wellenfrontkorrigierte Brillengläser fertigen. Das Brillenglas wird zentral nach den Wellenfronten korrigiert, d.h. dass bei zentrischem Durchblick wesentlich bessere Abbildungen resultieren und dadurch eine bessere Sehschärfe erreicht wird. Bei nicht zentralem Durchblickspunkt ist die Visussteigerung jedoch nicht gewährleistet. In der Praxis wurde bislang noch keine Brille gefunden werden, die gleichzeitig ästhetisch ansprechend ist und nicht durch Rutschen die Durchblickspunkte ändert. Refraktive Chirurgie: Mit der sog. "wellenfrontgeführten Hornhautchirurgie" soll erreicht werden, dass Aberration höherer Ordnung durch die Laserkorrektur teilweise korrigiert werden sollen und daher das Sehvermögen des menschlichen Auges gesteigert werden soll. Aufgrund den oben erwähnten anatomischen Voraussetzungen ist abzuleiten, dass auch eine Korrektur der Aberrationen mit einer wellenfrontgeführten Hornhautchirurgie nur eine Korrektur für a. bestimmte Entfernungen b. altersabhängige anatomische Gegebenheiten c. bestimmte Pupillendurchmesser ist. GALIFA CONTACTLINSEN AG INFO Im Vergleich zu früheren Verfahren, bei denen man noch keine wellenfrontgesteuerten Eingriffen vorgenommen und durch den Eingriff Aberrationen höherer Ordnungen induziert hat, ist die heutige wellenfrontgesteuerte Chirurgie ein Fortschritt bezüglich der Indizierung und Korrektur von Aberrationen. In folgender Grafik sind die Hornhautaberration eines Auges prae- und postlasik dargestellt. Der Eingriff wurde nicht nach einer wellenfrontgesteuerten Chirurgie durchgeführt, sondern nach den "normalen" Lasik-Methoden. Die sphärische Aberration hat zugenommen, während die Werte des Trefoil (dreistrahliger Astigmatismus) und die Coma abgenommen haben. Prälasik, Pupille 6.00 mm Postlasik, Pupille 6.00 mm Korrektur mit Kontaktlinsen: Die Industrie versucht schon seit einiger Zeit, aberrationskorrigierte Contactlinsen herzustellen. Eine Möglichkeit ist die Gestaltung von standardisierten asphärischen Contactlinsen - Vorderflächen zur Korrektur der sphärischen Aberration. Weitere Aberrationen wie Koma oder chromatische Fehler werden jedoch mit diesen Vorderflächen nicht korrigiert. Die asphärische Vorderfläche ist einheitlich gestaltet und daher nicht nach den individuell gemessenen Aberrationen angefertigt. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass die Contactlinse für aus dem Unendlichen kommende Strahlen korrigierend ist. Bei Abbildungen, die nicht im Unendlichen stehen ist diese asphärische Vorderflächengeometrie wiederum nicht aberrationskorrigierend. Die Minimierung der sphärischen Aberration erfolgt also für den Fernvisus. In einer von GALIFA Contactlinsen AG durchgeführten Studie wurden 25 Träger formstabiler und 39 Träger weicher Contactlinsen mit sphärische-Aberrations-korrigierten (sAk) Contactlinsen versorgt. Die Probanden wurden mit zwei von der Rückfläche und Brechkraft identischen Contactlinsen – Paaren ausgerüstet. Ein Paar hatte eine asphärische Vorderfläche zur Korrektur der sphärischen Aberration, das andere Paar die normale standardisierte Vorderflächengeometrie. Ergebnisse mit weichen sAk Contactlinsen Ergebnisse mit RGP sAk Contactlinsen In einer subjektiven Befragung der Weichlinsenträger wählten 52% die sAk Contactlinsen, 14% konnten sich nicht entscheiden und 34% wollten bei den "traditionellen" Contactlinsen bleiben. Bei den formstabilen Contactlinsen zeigten sich folgende Ergebnisse: Bei der subjektiven Befragung gaben 74% der RGP-Linsenträger an, die herkömmlichen Contactlinsen vorzuziehen. Lediglich 26% entschieden sich für die sAkContactlinsen. Gründe für die Ablehnung der sAkContactlinsen waren neben dem verschwommenen Sehen direkt nach dem Lidschlag, die schlechtere Nahsehschärfe, das unruhige Sehen, mehr Reflexe und Unschärfen bei Dämmerungssehen, sowie vermehrte Halos. INFO GALIFA CONTACTLINSEN AG In einem Artikel über die "Korrektur der sphärischen Aberration mit weichen Contactlinsen" (Die Kontaktlinse, 03/2005) schreibt Holger Dietze: "Sphärische Weichlinsen reduzieren die okuläre sphärische Aberration im myopischen Auge, erhöhen diese jedoch im hypermetropen Auge, abhängig vom Pupillendurchmesser, von der Brechkraft der weichen Contactlinse und von der individuellen okulären sphärischen Aberration. Sphärische-Aberrations-freie Contactlinsen dagegen lassen die okuläre sphärische Aberration unverändert, weshalb Myope besser mit sphärischen weichen Contactlinsen, Hypermetrope besser mit sphärisch-Aberrations-freien Contactlinsen korrigiert werden sollen." Des Weiteren werden Versuche und Studien durchgeführt, bei denen die individuell gemessenen Aberrationen direkt auf eine massgefertigte Contactlinsen - Vorderfläche durch eine Laserbearbeitung übertragen werden. Dieses Verfahren setzt folgende Punkte voraus: Zum einen müssen die Aberrationen mit und ohne Contactlinsen gemessen werden. Auch hier gilt, dass die in der Gebrauchssituation zu korrigieren Gesamtaberration sich aus den einzelnen Fehlern des menschlichen Auges und den Fehlern der Contactlinse zusammensetzen. Es müssen also genau definierte Messlinsen aufgesetzt werden und darüber die Aberrationen höherer Ordnungen ermittelt werden. In einem weiteren Schritt wird eine aberrationskorrigierte Contactlinse angefertigt, die genau der exakten Geometrie und Profildicke wie die verwendete Messlinse entsprechen muss. Die Anordnung der Korrektur Aberrationen höherer Ordnung auf der Contactlinse sind nicht rotationssymmetrisch, daher muss die aberrationskorrigierte individuell gefertigte Contactlinse in der gleichen Position sitzen, wie die Messlinse bei der Ermittlung der Werte. Dies setzt ein sicheres Stabilisationsprinzip voraus. Die Contactlinse darf nicht zu sehr bewegen und muss ein konstantes Sitzverhalten aufweisen. Bei weichen Contactlinsen ist dies zu realisieren, formstabile Contactlinsen bewegen meist zu viel und verursachen sehr schwankende Seheindrücke. Es gibt jedoch Hersteller, die Studien mit formstabilen aberrationskorrigierten Contactlinsen durchgeführt und vorgestellt haben. Werden hydrophile Contactlinsen zur Aberrationskorrektur verwendet, so ist der Erfolg stark vom verwendeten Contactlinsen- Material abhängig. Es ist bekannt, dass Contactlinsen während des Tragens auf dem Auge austrocknen und durch diese Austrocknung eine Geomterieänderung erfahren. Diese Geometrieänderung induziert wiederum Unterschiede zwischen den Aberrationen zum Zeitpunkt der Messung und der Tagesform der Contactlinse. Des Weiteren kann das Tragen von Contactlinsen Einfluß auf die Physiologie der Hornhaut haben. Nur in geringstem Masse sich ändernde Hornhautradien und – geometrien führen zu inkonstanten Messwerten der Aberrationen. Fazit: Studien haben gezeigt, dass der mittlere Wert aller gemessenen Aberrationen, der sog HORMS Wert (higher order root mean square) mit sämtlichen oben erwähnten Korrektionsmitteln verringert werden konnte. Jedoch setzt sich ein Mittelwert immer aus verschiedenen Komponenten zusammen, die im einzelnen stark voneinander abweichen können. Während der HORMS also nach der Korrektur zwar einen geringeren mathematischen Wert aufweisen kann, können Aberration höherer Ordnung durch die Korrektur verstärkt worden sein und je nach Situation sogar Einbussen im Sehen hervorrufen. Eine Korrektur Aberrationen höherer Ordnung kann immer nur für bestimmte Messsituationen erfolgen, die abhängig sind von der Akkommodation, vom Alter des Contactlinsenträgers, dem Pupillendurchmesser und von der Sehentfernung. Aberrationen werden in Abhängigkeit der Ametropie vom Individuum stark unterschiedlich wahrgenommen und der Nutzen durch die einzelnen Anwender aberrationskorrigierter Systeme different eingestuft. Mehr Erfolg versprechen customized gefertigte Contactlinsen, bei denen die individuell gemessenen Aberrationen auf die Contactlinsen übertragen werden. Literatur "Lexikon der Optik", Spektrum – Akademischer Verlag "Korrektur der sphärischen Aberration mit weichen Contactlinsen", Holger Dietze, Kontaktlinse 03/2005 "Wellenfrontgeführte HH-Chirurgie", Teil 1+2, Holger Dietze, DOZ 12/2004 / 1/2005 "Wirksamkeit von Vision Enhancern bei formstabilen und weichen Contactlinsen", Diplomarbeit von Stephany Filtzinger "Eine populärwissenschaftliche Darstellung der Abbildungsfehler", Diplomarbeit Karin Spohn Wir beraten Sie gerne. GALIFA Contactlinsen AG Zürcherstrasse 204 e CH-9014 St. Gallen Tel. international Fax international Tel. Österreich Fax Österreich +41 (0) 71 272 30 00 +41 (0) 71 272 30 10 05522 35 34 8 0810 20 55 01 Tel. Deutschland Fax Deutschland Internet: Email: 0180 546 54 54 0800 88 77 77 8 www.galifa.ch [email protected]