Gedächtnis II Vergessen, Autobiographisches Gedächtnis und Gedächtnisentwicklung Psychologie des Lernens Anne Schnier 23. Mai 2006 Susannah Bishop Gliederung I 1. Vergessen 1.1 Was ist Vergessen? 1.2 Fünf Vergessenstheorien a. Spurenzerfall b. Fehlender Hinweisreiz c. Interferenz d. Verdrängung e. Verzerrung 1.3 Vergessen als Folge von Krankheit und Drogenmissbrauch 1 Was ist vergessen? Was ist Vergessen? “Vergessen ist letztlich nichts anderes, als ein Scheitern beim Versuch, Gedächtnisinhalte abzurufen.” (Parkin “Gedächtnis”, S. 69) - Speicherversagen oder Abrufversagen? 2 Spurenzerfall Die Gedächtnisspur zerfällt im Laufe der Zeit. Abhängig von der verstrichenen Zeit seit der letzten Aktualisierung des Lerninhaltes. (Vergessenskurve von Ebbinghaus) Begründung: Die synaptischen Verbindungen lösen sich auf Grund des Stoffwechsels auf. - Jedoch ist es wissenschaftlich nicht klar erwiesen. Weiterführende Studien Percent Bahrick et al. (1975) Jenkins & Dallenback (1924) 3 Fehlender Hinweisreiz Ein Abrufproblem – Information ist im Moment nicht verfügbar. Es fehlt ein Reproduktionshinweis! Hinweisreize: - bekannte Informationen, die zusätzlich zum „eigentlichen“ Inhalt mitgespeichert wurden. - Informationen, die im semantischen Netzwerk mit dem Zielgedächtnisinhalt vernetzt sind. - Oder die sich auf den Kontext beziehen, in dem die Zielinformation gespeichert wurde. Übung 1 Apfel – Robe Hut – Kreis Fahrrad – Dach Maus – Zeitschrift Ball – Baby Ohr - Cent 4 Hinweisreize Wiedererkennen: Fahrrad – Auto Fahrrad – Klingel Fahrrad – Dach Reproduktionshinweis: Das Zielwort reimt sich auf flach. Das ZW fängt mit einem D an. Das ZW gehört zur Kategorie Haus. Weiterführende Studien Percent Bahrick et al. (1975) Jenkins & Dallenback (1924) 5 Interferenz Überlagerung eines gelernten Gedächtnisinhaltes durch einen anderen. Es tritt eine Hemmung der Reproduktion von Gerlerntem auf. Zwei Arten Retroaktive Interferenz Proaktive Interferenz Was weißt du noch? Was ist der Unterschied zwischen Proaktive und Retroaktive Interferenz? Proaktiv – Die Hemmung von einer neuen Information durch eine zuvor gelernte Information. Retroaktiv – Die Hemmung von einer alten Information durch eine neue Information. 6 Übung 2 Apfel – Boot Hut – Knochen Fahrrad – Uhr Maus – Baum Ball – Haus Ohr - Bettdecke Proaktive Interferenz: Das Lernen der zweiten Liste Retroaktive Interferenz: Das Wiedergeben der ersten Liste Verdrängung Siegmund Freud (1856 -1939) Es handelt sich um ein motiviertes Vergessen von Angst besetzten Inhalten. Ein Verdrängungsprozess. Experiment: Angst besetzte Wörter werden in Assoziationsversuchen schlechter gelernt. (Hofstätter, 1967) Zweites Experiment: Bewusstes Verdrängen von bestimmten Wortpaaren. (Psychologen M. Anderson und C. Green von der Universität Oregon, 2001) 7 Verzerrung Die Folge eines Rekonstruktiven Gedächtnisses. Neue Informationen werden mit vorhandenem Wissen in Übereinstimmung gebracht. Gedächtnisinhalte werden aufgrund allgemeiner Wissensschemata rekonstruiert. Beispiel: Sir F. Bartlett und „Der Krieg der Geister“ Die Rekonstruktionsgenauigkeit ist abhängig von der Intention bzw. Umstand, in dem man sich befindet. Beispiel Wochenmarkt 8 Vergessen als Folge von Krankheit und Drogenmissbrauch Generell: Streß ist der größte Risikofaktor für Vergesslichkeit. Zu hohe Konzentration des Streßhormons Cortisol schädigt die Nervenzellen im Gehirn. Krankhafter Gedaechtnisschwund: - Z.B. Depressionen: Hier ist die Stresskontrollfunktion nicht vorhanden. Die Folge ist Dauerstress. Drogenmissbrauch: - Z.B. Ecstacy: Störungen des Glukosestoffwechsels im Gehirn. Dies führt zu schwerwiegende Schädigungen von Nervenzellen. Gliederung II 2.0 Autobiographisches Gedächtnis 2.1 Definition 2.2 Zwei Arten 2.3 Drei Bereiche 2.4 Ereignis Gedächtnis 2.5 „Flashbulb" Memories / Gedaechtnis 2.6 Der Augenzeugenbericht 9 Autobiographisches Gedächtnis Teil des episodischen Gedächtnisses. Es handelt sich um die Speicherung von Information, die persönlich erfahren wurden (Emotionen, Erfahrungen und der Biografie). Zwei Arten Retrospektives Autobiographisches Gedächtnis Prospektives Autobiographisches Gedächtnis 10 1. Retrospektives Autobiographisches Gedächtnis Zurückholen von Erinnerungen, Erfahrungen, vergangener Ereignisse in die Gegenwart 2. Prospektives Autobiographisches Gedächtnis Erwartungen, Vorstellungen, zukünftige Ereignisse, die sich auf die gegenwärtig funktionierende Erinnerung stützen. (Interpretation der Vergangenheit) Emotionen Autobiographisches Gedächtnis Lebensgeschichte Selbstdarstellung 11 Drei Bereiche Selbstdarstellung, die wiedergibt, was man mag und was nicht. In welchem Lebensumstand man ist. Emotionales Gedächtnis: Erinnerungen, die emotionale Erfahrungen beinhalten und auch Stimmungen steuern. Ereignisgedächtnis Es handelt sich um die Erinnerungen an Ereignisse. Ereignisgedächtnis Die größte Komponente des Autobiographischen Gedächtnisses. Die Erinnerungen an Ereignisse setzen sich aus drei getrennten Vorzugsbereichen zusammen. Spezifisches Ereignis Allgemeines Ereignis Lebens Geschichte 12 I. Flashbulb Memories = Erinnerungen an ein überraschendes Ereignis. Zum Beispiel: 11. September II. Augenzeugen Erinnerung Ein Ereignis, die von eine andere Person gesehen hat. Ereignis erinnert weil es ueberaschend war oder sie fuer die Ereignis da waren. z.B. Augenzeugen von ein Verbrechen. 13 Gliederung III 1. Gedächtnis Entwicklung 1.1 Was enwickelt sich? 1.2 Gedaechtnisstrategien 1.3 Pränatale und Transnatale Entwicklung 1.3 Frühe Kindheit 1.4 Entwicklung in der Schulzeit 1.5 Entwicklung im Alter Gedächtnis Entwicklung - Was entwickelt sich? Die Veränderung der Kontrollprozesse Zusammenspiel von biologischen und sozialen Entwicklungsfaktoren. Entwicklung der Strategien der Informationsverarbeitung und Informationsabruf. 14 Entwicklung des menschlichen Gehirns von den embryonalen Anfängen bis zum Erwachsenenstadium: Ab dem dritten Lebensjahr ist die Hirnreifung größtenteils abgeschlossen! Gedaechtnisstrategien Definition: “Handlung ist dem Ziel des Erinnerns subordiniert” Drei Arten: 1. Memorieren 2. Organisieren 3. Elaborieren 15 Pränatale und Transnatale Entwicklung Gewöhnung ist die erste Form von Gedächtnis. (Habituation) Präferenz Bildung Evolutionsbiologische Begründung Unbewusste Informationsspeicherung Frühe Kindheit Nonstrategische und automatische Verarbeitungsprozesse, „unwillkürliches“ Gedächtnis. Mediationsdefizit: Kognitive Vorrausetzung fehlt fuer spezifische Strategien. Hohe Rekognitionsleistungen und niedrige Reproduktionsleistungen. Konservatives Akzeptierungskriterium 16 Schulzeit Entwicklung der Einprägungs- und Abrufstrategien Reproduktionsleistung steigt an. Sontanes Selbstpruefen und Verstehenskontrolle Rekonstruierfaehigkeit Entwicklung des Metagedächtnisses = Das Wissen über das Gedächtnis Sensitivitätskategorie - Gespuer welche Aufgaben gezielte Gedaechtnisanstrengungen verlangen. Variablenkategorie - Wissen um Faktoren, die fuer die Aufgaben eine Bedeutung erlangen koennen. 17 Gedächtnis im Alter Stereotyp: ältere Personen haben ein schlechteres Gedächtnis. Zweikomponenten Modell - Fluide Mechanik nimmt ab - Kristalline Pragmatik bleibt konstant 18 Literaturangabe Zimbardo/ Gerrig, „Psychologie“, Pearson Studium Regensburg 2001, Lukesch, „Psychologie des Lernens und Lehrens“, Roderer Verlag Stuttgart 2005, Markowitsch/Welzer, „Das autobiografische Gedächtnis“, Klett - Cotta http://www.goertzel.org/dynapsyc/2004/auto bio.htm 19