ETH Institut für Verhaltenswissenschaften Departement Chemie Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Fach: Chemie Schultyp: Gymnasium, letztes Jahr vor der Matur, Schwerpunktfach Vorkenntnisse: Kenntnisse über Atome und Moleküle, Physik der Kräfte, mathematische Behandlung von Gleichungen, physikalische Einheiten und Umrechnungen. Bearbeitungsdauern: Autor: Fundamentum: 7 Lektionen; Additum: 2 Lektionen Lars Müller, 03-906-880, D-CHAB, Chemieingenieurwissenschaften, Ruchwiesenstrasse 16, 8404 Winterthur. [email protected] Betreuer: Dr. Klemens Koch, Dorfstrasse 13, 2572 Sutz, [email protected] Fassung vom Freitag, 29. September 2006 (keine Schulerprobung) Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 1 Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 2 E Einführung In diesem Leitprogramm sollen Sie die Grundlagen der Thermodynamik kennen lernen. Die Thermodynamik baut auf vier Grundpfeilern, den vier Hauptsätzen auf. Dies sind die grundlegenden Gesetzmässigkeiten, die immer beachtet werden müssen. Sie werden diese Hauptsätze kennen lernen und anwenden. Sie werden merken, dass diese Grundsätze auch im alltäglichen Leben allgegenwärtig sind und speziell in den Naturwissenschaften tief verankert sind. Am Anfang geht es darum, Temperatur, Wärme und Energie zu definieren und Zusammenhänge zu erstellen. Dann geht das Leitprogramm detaillierter auf die Themen der Thermodynamik in der Chemie ein, auf das Abschätzen von Reaktionen und das Berechnen von benötigter oder freiwerdender Energie. Mit den erworbenen Kenntnissen werden Sie die Unmöglichkeit von Perpetua Mobilia erkennen können. Durch den Laborversuch werden Sie die Resultate, die Sie berechnen, bestätigen können und sich in Laborpraxis üben. Falls Sie noch Zeit für das Additum haben, lernen Sie dort den Wirkungsgrad kennen und wie man auf Grund dessen die Effizienz von Prozessen beurteilen kann. Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 3 I Inhaltsverzeichnis E Einführung .................................................................................................................. 3 I Inhaltsverzeichnis ...................................................................................................... 4 1 Kapitel 1: Was ist Thermodynamik? ......................................................................... 6 2 1.1 Wieso ein Leitprogramm?.................................................................................. 6 1.2 Entstehung der Thermodynamik....................................................................... 8 1.3 Die Bedeutung der Thermodynamik in der Chemie ........................................ 9 1.4 Kontrollaufgaben .............................................................................................10 Kapitel 2: Das ideale Gas ........................................................................................12 2.1 Das Modell........................................................................................................12 2.2 Eigenschaften des idealen Gases...................................................................13 2.3 Anwendungen des idealen Gasgesetzes........................................................15 Normalbedingungen [7]...........................................................................................17 Umrechnungen [2] ...................................................................................................18 3 2.4 Kontrollaufgaben .............................................................................................18 2.5 Lösungen zu Kapitel 2 .....................................................................................21 Kapitel 3: Was ist Temperatur? ..............................................................................22 3.1 Die Temperatur ................................................................................................22 3.2 Temperaturen messen ....................................................................................24 3.3 Der Zusammenhang zwischen Temperatur und Energie ..............................25 Spezifische Wärmekapazitäten [7].........................................................................31 4 3.4 Kontrollaufgaben .............................................................................................32 3.5 Lösungen zu Kapitel 3 .....................................................................................35 Kapitel 4: Das Prinzip der Energieerhaltung ..........................................................36 4.1 Energieformen..................................................................................................36 4.2 Arbeit.................................................................................................................37 4.3 Wärme (innere Energie)...................................................................................38 4.4 Potentielle Energie (Lageenergie)...................................................................38 4.5 Kinetische Energie (Bewegungsenergie)........................................................38 4.6 Elektrische Energie ..........................................................................................40 4.7 Exkurs: Beispiele von Energieumwandlungen [7] .........................................42 Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 4 5 4.8 Kontrollaufgaben .............................................................................................43 4.9 Lösungen zu Kapitel 4 .....................................................................................46 Kapitel 5: Entropie ...................................................................................................47 5.1 Unordnung in der Natur: Entropie...................................................................47 5.2 Kreisprozesse [3,4]..........................................................................................49 5.3 Die freie Enthalpie (auch Gibbs Energie) .......................................................51 5.4 Der dritte Hauptsatz.........................................................................................53 5.5 Schlussfolgerungen .........................................................................................55 Absolute Standard-Entropien [1] ............................................................................56 6 5.6 Kontrollaufgaben .............................................................................................57 5.7 Lösungen zu Kapitel 5 .....................................................................................60 Kapitel 6: Additum: Der Wirkungsgrad ...................................................................62 6.1 Der Wirkungsgrad ............................................................................................62 6.2 Der Gesamtwirkungsgrad................................................................................65 6.3 Der Carnot-Wirkungsgrad ................................................................................66 6.4 Kontrollaufgaben .............................................................................................69 6.5 Lösungen zu Kapitel 6 .....................................................................................71 L Literaturverzeichnis .................................................................................................73 X Lehrerteil ..................................................................................................................74 X.1 Musterlösungen Kapitel 1 ...............................................................................74 X.2 Musterlösungen Kapitel 2 ...............................................................................74 X.3 Musterlösungen Kapitel 3 ...............................................................................76 X.4 Musterlösungen Kapitel 4 ...............................................................................77 X.5 Musterlösungen Kapitel 5 ...............................................................................79 X.6 Musterlösungen Kapitel 6 ...............................................................................81 Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 5 1 Kapitel 1: Was ist Thermodynamik? Lernziele - Sie haben den Hintergrund und Anwendungsbereich der Thermodynamik verstanden. - Sie können Ihrer kleinen Schwester erklären, warum sich Menschen mit Thermodynamik befassen. Zeit: 1 Lektion 1.1 Wieso ein Leitprogramm? In diesem Leitprogramm werden Sie die Grundlagen der Thermodynamik kennen lernen. Die meisten Informationen stehen in diesem Bund Papier, manchmal gibt es aber auch Hinweise auf Bücher oder das Internet, wo Sie etwas nachlesen können oder sollen. Die Versuche sind ebenfalls hier beschrieben. Das Beste ist aber, dass Sie in Ihrer eigenen Arbeitsgeschwindigkeit vorgehen können. Am Anfang jedes Kapitels steht jeweils, wie viel Zeit gedacht ist, dies ist aber nur ein Richtwert. Nehmen Sie sich die Zeit die Sie brauchen, um es wirklich zu verstehen. Wenn Sie Fragen haben, dann fragen Sie die Lehrperson, die das Leitprogramm betreut. Das Ziel des Leitprogramms: Sie haben etwas gelernt! Am Ende jedes Kapitels gibt es eine kurze Kontrolle, ob Sie alles verstanden haben. Dies sind vier Fragen, die Sie selbständig lösen sollen. Die Antworten schreiben Sie entweder mit Bleistift auf die Linien oder auf ein separates Blatt. Dies ist Ihr persönliches Leitprogramm. Arbeiten Sie damit! Sie können wichtige Textstellen mit Leuchtstift markieren, sich zusätzliche Notizen am Rand dazuschreiben (dazu ist der breite rechte Rand), usw. Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 6 Durch das ganze Leitprogramm werden Sie die folgenden Piktogramme begleiten [9]: Lernaufgabe Diese Aufgabe dient der Anwendung und Festigung des soeben besprochenen Stoffes. Lösen Sie die Aufgabe schriftlich und kontrollieren Sie sie darauf mit den Lösungen aus dem Anhang. Denken Sie daran, Sie helfen sich nicht, wenn Sie zuerst die Lösung anschauen. Wenn etwas unklar ist, fragen Sie lieber die Lehrperson. Kontrollaufgabe Am Ende jedes Kapitels finden Sie einige solcher Aufgaben. Lösen Sie diese schriftlich und lassen Sie sie von der Lehrperson kontrollieren. Wenn Sie alles begriffen haben, gehen Sie zum nächsten Kapitel. Experiment Wenn Sie dieses Zeichen sehen, ist für Sie ein Experiment vorbereitet. Die Anleitung finden Sie im Leitprogramm. Melden Sie sich bei der Lehrperson, diese wird dann Zweiergruppen bilden, in denen Sie das Experiment durchführen können. Achten Sie immer auf die Sicherheitshinweise! Lektüre Wenn Sie dieses Zeichen sehen, finden Sie daneben eine Angabe über Literatur, sei das ein Buch, eine Zeitschrift oder das Internet. Finden Sie diese Lektüre und lesen Sie den entsprechenden Abschnitt. Wichtig Dieses Symbol steht neben Abschnitten, die besonders wichtig sind. Merken Sie sich diese! Es sind Schlüsselpunkte des Verständnisses. Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 7 1.2 Entstehung der Thermodynamik Thermodynamik wird oft auch als Wärmelehre bezeichnet. Die Anfänge reichen zurück ins 19. Jahrhundert. In dieser Zeit beschäftigte man sich viel mit Dampfmaschinen (siehe Abbildung rechts, das erste funktionsfähige Modell, von Thomas Newcomen, 1712). [7] Ganz früher glaubte man, dass Wärme ein Stoff sei. James Prescott Joule, ein Brauereibesitzer, untersuchte 1841 die Wärmeentwicklung von elektrischen Strömen. Dies brachte ihn später zur Erforschung der Energie und Ausdehnung von Dampfmaschine nach Newcomen Gasen. 1852 kam Joule zu der Erkenntnis, dass Wärme kein Stoff, sondern eine Teilchenbewegung ist. Damit wird er zu Recht als Begründer der Thermodynamik bezeichnet. Noch heute ist die Einheit der Energie nach ihm benannt, nämlich das Joule. Die alternative Einheit „Kalorie“ hat sich in den Naturwissenschaften nicht richtig durchgesetzt, da es verschiedene Skalen gibt. In einer ersten Phase geht es also in der Thermodynamik darum, was überhaupt Wärme ist. Wie kann man Wärme messen? Was für Auswirkungen hat Wärme? Was kann Wärme bewirken? Wenn man sich dann erst mal klar ist, was Wärme ist, beschäftigt man sich damit, wie man Wärme übertragen und nutzen kann. Wie lässt sich zum Beispiel die Energie eines Feuers in Bewegungsenergie umwandeln? Kann man Energie erzeugen? Es geht also in der Wärmelehre um die Fähigkeit von Wärme Arbeit zu verrichten. Die Wichtigkeit der Thermodynamik wird auch offensichtlich wenn man deren Anwendungsbereich betrachtet. So gehört sie klassisch zwar zur Physik, hat aber speziell in der Chemie einen hohen Stellenwert (siehe nächster Abschnitt). Ebenso ist Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 8 sie von grundlegender Bedeutung in allen anderen naturwissenschaftlichen Fächern wie Biologie, Ökologie, Pharmazie etc. 1.3 Die Bedeutung der Thermodynamik in der Chemie Die Thermodynamik bildet eine wichtige Grundlage für alle chemischen Reaktionen. Es ist elementar zu wissen, ob eine Reaktion ablaufen kann, ob sie dies „einfach so“, man sagt spontan, macht oder ob für die Reaktion Energie aufgewendet werden muss. Aber Vorsicht: verwechseln Sie nicht Thermodynamik und Kinetik einer Reaktion! Die Thermodynamik bestimmt, ob eine Reaktion Energie freisetzt oder benötigt, ob die Reaktion spontan ist oder nicht. Die Kinetik jedoch legt fest, wie schnell eine Reaktion abläuft. Ein einfaches Beispiel: Sie wissen sicher dass sowohl Diamant als auch Graphit aus einem Kohlenstoffgerüst bestehen. Diamant wandelt sich spontan, also ohne Einfluss von Energie in Graphit um. Dies ist die Thermodynamik. Sie werden fragen: warum gibt es dann noch Diamant? Dies ist nun die Kinetik! Der Vorgang der Umwandlung ist so langsam, dass er keine wichtige Rolle spielt. Für Reaktionen lässt sich nicht nur bestimmen ob sie spontan sind oder nicht, wir können auch die Menge an Energie berechnen, die benötigt oder frei wird. Am einfachsten ist es zu bestimmen, wie viel Energie man braucht, um zum Beispiel einen Liter Wasser um 1 °C zu erwärmen. Haben Sie schon mal Salz in Wasser aufgelöst? Man kann messen, dass sich dabei das Wasser abkühlt. Wenn man Ammoniumchlorid in Wasser löst kann man die Abkühlung sogar spüren. Die Frage ist nur: um wie viel kühlt sich das Wasser ab? Auch dem werden wir in der Thermodynamik nachgehen. Auch bestimmt die Thermodynamik das Einstellen von Gleichgewichten. Wenn Sie zum Beispiel in einem Glas Öl und Wasser mischen passiert das folgende: wenn Sie fest schütteln, werden sich die beiden Substanzen mischen. Lassen Sie das Glas darauf stehen, trennen sich 2 Phasen. Irgendwann scheinen die Phasen konstant. Dieser Punkt wird als Gleichgewicht bezeichnet. Denn es findet immer noch ein Austausch von Molekülen zwischen den Phasen statt. Es gehen aber gleich viele Moleküle Öl in die Ölphase wie aus ihr heraus, darum sind die Phasen konstant, eben im Gleichgewicht. Mit der Temperatur lässt sich nun dieses Gleichgewicht Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 9 beeinflussen, dass heisst, das Verhältnis der Phasen lässt sich verändern. Auch das ist Thermodynamik. In der chemischen Thermodynamik wollen wir wissen, ob eine Reaktion spontan ablaufen kann. Es interessiert uns, ob eine Reaktion Energie benötigt oder abgibt und wie viel Energie sie umsetzt. So können wir z.B. Explosionsgefahren abschätzen. Wir wollen auch wissen, wie wir mit Hilfe der Temperatur ein Gleichgewicht beeinflussen können. 1.4 Kontrollaufgaben Lösen Sie die folgenden beiden Fragen selbständig und schreiben Sie die Antworten mit Bleistift auf die vorgegebenen Linien. Ihre Lehrperson wird sie anschliessend korrigieren und dann gehen Sie weiter zum nächsten Kapitel. Wenn etwas unklar ist, nutzen Sie die Gelegenheit um Fragen zu stellen. 1. Beschreiben Sie in eigenen Worten, was für grundlegende Fragen die Thermodynamik beantwortet. (2 Sätze) Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 10 2. Wann ist eine Reaktion spontan? Kennen Sie ein Beispiel? Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 11 2 Kapitel 2: Das ideale Gas Lernziele - Sie können die ideale Gasgleichung anwenden. - Sie können das Modell eines idealen Gases beschreiben. Zeit: 1 Lektion Die Natur ist aus so vielen Zusammenhängen aufgebaut, dass sie sich nicht einfach mathematisch beschreiben lässt. Da man jedoch trotzdem mit mathematischen Modellen rechnen möchte, vereinfacht man die Modelle der Natur so weit, bis der Rechenaufwand vernünftig ist und der Fehler in einem guten Rahmen liegt. Genau das wollen wir nun für Gase tun, denn Gase spielen oft eine wichtige Rolle in der Thermodynamik. Wir leiten ein Modell für ideale Gase her. 2.1 Das Modell Ein Modell ist die Grundlage für mathematische Berechnungen. Es beschreibt Vereinfachungen und Annahmen, die man macht. Wir wollen nun ein Modell für das ideale Gas entwickeln. Sie wissen, dass ein Gas aus Molekülen besteht. Diese bewegen sich mit hoher Geschwindigkeit durch den Raum. Dabei können sie entweder gegen andere Teile oder gegen die Gefässwand stossen. Die Moleküle sehen aber nicht die ganze Zeit einen Nachbarn, wie das in einer Flüssigkeit oder einem Feststoff der Fall ist. Zuerst wollen wir klären, aus was das ideale Gas besteht. Wie ein reales Gas soll es aus Molekülen (evtl. nur einzelnen Atomen) bestehen, die wir hier als Gasteilchen bezeichnen. Diese Gasteilchen sollen jedoch so unendlich klein sein, dass sie kein Volumen einnehmen. Es seien ausdehnungslose Massenpunkte. Unser ideales Gas soll sich frei bewegen. Das heisst, es gibt keine Kräfte, die auf das Gas einwirken. Die einzige Ausnahme bilden Zusammenstösse: das Gasteilchen kann mit anderen Gasteilchen oder der Wand zusammenstossen. Dabei ändert es seine Richtung, wie es Kugeln beim Billard tun. Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 12 Das Gas befinde sich in einem Behälter, der zur Vereinfachung ein rechteckiger Kasten sei. Modell eines idealen Gases, schematisch dargestellt. 2.2 Eigenschaften des idealen Gases 1662 fand Robert Boyle einen Zusammenhang zwischen dem Druck und dem Volumen eines Gases: der Druck ist umgekehrt proportional zum Volumen. Das bedeutet je grösser der Druck, desto kleiner ist das Volumen und umgekehrt. Dies ist das Boyle-Mariottsche Gesetz: p ⋅ V = const Dabei ist p der Druck und V das Volumen. Interessant wird dieses Gesetz, wenn man eine Zustandsänderung eines Gases betrachten will. Wir nehmen an, wir haben ein Gas mit gegebenem Volumen V1 und Druck p1. Nun wird der Druck auf p2 gesenkt. Wir können das Volumen des zweiten Zustandes V2 bestimmen: p1 ⋅ V1 = p 2 ⋅ V 2 Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 13 Aufgabe 2.1 Sie haben ein Gas (das wir als ideales Gas annehmen), welches bei einem Druck von 60 kPa ein Volumen von 300 ml einnimmt. Welches Volumen wird die gleiche Menge des Gases bei gleich bleibender Temperatur und einem Druck von 100 kPa einnehmen? 1802 fand Joseph Gay-Lussac eine Beziehung zwischen dem Volumen und der Temperatur sowie dem Druck und der Temperatur. Nimmt man den Druck eines Gases als konstant an, so ist das Volumen proportional zur Temperatur. Nimmt man das Volumen als konstant an, so ist im Weiteren der Druck proportional zur Temperatur. Dies sind die beiden Gay-Lussacschen Gesetze: (k und k’ sind Proportionalitätskonstanten, die Einheit der Temperatur muss ein Kelvin sein) V = k ⋅T p = k '⋅T Dies bedeutet zum Beispiel, dass wenn die Temperatur eines Gases um 1 Kelvin erhöht wird, sich dessen Volumen um 1/273 des früheren Volumens ausdehnt. Diese Gesetze, die wir bis jetzt kennen gelernt haben, sind jedoch nur Spezialfälle des idealen Gasgesetzes. Dieses wurde ursprünglich aus verschiedenen empirischen Gasgesetzen hergeleitet und konnte erst mit der Boltzmann-Statistik begründet werden (nach Ludwig Boltzmann, österreichischer Physiker, 1844 – 1906), es lautet folgendermassen: Das ideale Gasgesetz lautet p ⋅V = n ⋅ R ⋅ T wobei p der Druck, V das Volumen, n die Stoffmenge in mol, R die universelle Gaskonstante und T die Temperatur in Kelvin ist. (R = 8.3144 J·mol-1·K-1 = 8.3144 kPa·l·mol-1·K-1) Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 14 2.3 Anwendungen des idealen Gasgesetzes Das ideale Gasgesetz findet in der Chemie eine sehr breite Anwendung. In den meisten Fällen, wenn mit einem Gas gerechnet werden muss, nimmt man dieses als ideal an. Das ideale Gasgesetz sollte jedoch bei sehr tiefen Temperaturen und bei hohen Drücken nicht angewendet werden, da in diesen Bereichen das Modell stark von der Realität abweicht. Wir wollen nun mit einigen Beispielen die Anwendung des idealen Gasgesetzes anschauen. Beispiel 1: Helium Eine bestimmte Menge Helium (gasförmig) nimmt bei T = 0 °C und p = 1 bar ein Volumen von 1 m3 ein. Wir wollen nun wissen, was für ein Volumen die gleiche Menge Helium bei gleicher Temperatur bei einem Druck von 8 bar. Bekannte: p1, V1, p2 (wir kennen Anfangs- und Enddruck sowie Anfangsvolumen) Konstanten: T, n, R (sowohl Temperatur wie auch Teilchenmenge bleiben konstant; die Gaskonstante ist per Definition konstant) Gesucht: V2 Wir können nun also für Anfang- und Endzustand je eine Gleichung aufstellen. Da bei beiden die rechte Seite identisch ist, können wir sie gleichsetzen und nach der Zielvariablen auflösen, um das Resultat zu erhalten. p1 ⋅ V1 = n ⋅ R ⋅ T ⎫ p1 ⋅ V1 ⎬ p1 ⋅ V1 = p 2 ⋅ V2 ⇒ V2 = p 2 ⋅ V2 = n ⋅ R ⋅ T ⎭ p2 V2 = 1 bar ⋅ 1 m 3 = 0,125 m 3 8 bar Beispiel 2: Kohlenmonoxid Wir betrachten eine Kohlenmonoxidprobe von 500 ml bei einer Temperatur von 50 °C und einem Druck von 1.5 bar. Wie viele Mol CO sind darin enthalten? Bekannte: V, T, p, R Gesucht: n Wir kennen das Volumen, die Temperatur, den Druck und die Gaskonstante, wir müssen also nur die ideale Gasgleichung nach der Menge n auflösen. Ebenso verändert sich unsere Probe nicht, es gibt also nur einen Zustand. Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 15 Vorsicht mit den Einheiten! In das ideale Gasgesetz sollten Drücke in Kilopascal, Volumen in Liter, Temperaturen in Kelvin und Stoffmengen in Molen eingesetzt werden! Tipp: schreiben Sie die Einheiten immer mit dazu! Vergessene Einheiten sind eine häufige Fehlerquelle. p ⋅V R ⋅T 150 kPa ⋅ 0,5 l n= = 0.0279 mol 8,31 kPa ⋅ l ⋅ mol −1 ⋅ K −1 ⋅ 323 K p ⋅V = n ⋅ R ⋅ T ⇒ n = Beispiel 3: Gasflasche Wir betrachten eine Gasflasche, die mit 12 Litern Sauerstoff (das wir hier als ideales Gas annehmen) gefüllt ist. Es herrsche ein Druck von 15 bar bei einer Temperatur von 20 °C. Was für ein Druck herrscht, wenn wir die Flasche auf 35 °C erhitzen? Bekannte V, p1, T1, T2 (den ersten Zustand und die Temperatur des zweiten Zustandes kennen wir) Konstanten: n, V, R (Stoffmenge und Volumen bleiben gleich; Gaskonstante) Gesucht: p2 Da wir zwei verschiedene Zustände haben (vor und nach der Temperaturerhöhung, der Zustand bei 20 °C wird mit dem Index 1 und der bei 35 °C mit dem Index 2 gekennzeichnet), beginnen wir damit, im idealen Gasgesetz die konstanten Variablen von den anderen zu separieren. Da wir aufgrund der Aufgabenstellung die Stoffmenge und das Volumen als konstant festlegen können, sind nur der Druck px und die Temperatur Tx unterschiedlich (der Index x steht wieder für den Zustand, also 1 oder 2). Darauf können wir die beiden Zustandsbedingungen gleichsetzen und nach dem gesuchten Druck auflösen. p x ⋅ V = n ⋅ R ⋅ Tx ⇒ px n ⋅ R = Tx V p ⋅T n ⋅ R p1 p 2 = = ⇒ p2 = 1 2 V T1 T 2 T1 p2 = Leitprogramm 15 bar ⋅ 308K = 15.77bar 293K Grundlagen der Thermodynamik Seite 16 Bemerkung: Wie weiter oben besprochen, wurden die Temperaturen in Kelvin eingesetzt. Den Druck haben wir jedoch nicht in kPa umgerechnet. Wir müssen hier daher beachten, dass das Resultat dementsprechend auch in bar vorliegt. Aufgabe 2.2 Betrachten Sie dieselbe Gasflasche wie in Beispiel 3, deren Volumen 12 Liter beträgt, und welche mit Sauerstoff bei 20 °C und 15 bar gefüllt ist. Welchen Druck hat das Gas, wenn das Volumen auf 8,5 Liter reduziert wird? Sie können annehmen, dass sich die Temperatur bei der langsamen Kompression nicht ändert. Nun finden Sie in den beiden Kasten unten noch einige wichtige Daten, die Ihnen bei Berechnungen von Nutzen sind. Normalbedingungen [7] Für ein ideales Gas unter Normalbedingungen gelten folgende Werte: Druck pN = 101,325 kPa Temperatur TN = 273,15 K Stoffmenge nN = 1 mol Volumen VN = 22,414 l Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 17 Umrechnungen [2] Oft sind die Variablen nicht in der Grösse, in der sie benötigt werden. Hier eine Hilfe zur Umrechnung: Druck 1 Pa = 10-5 bar ≈ 9,87·10-6 atm ≈ 7,5·10-3 torr 1 bar = 105 Pa = 100 kPa ≈ 0,987 atm ≈ 750 torr 1 torr = 1 mmHg steht für 1mm Quecksilbersäule Volumen 1 l = 1 dm3 = 1000 ml = 0.001 m3 Temperatur T[K] = T [°C] + 273,15 T[°C] = T[K] -273,15 2.4 0 °C = 273,15 K 20 °C = 293,15 K Kontrollaufgaben Lösen Sie die folgenden Fragen selbständig und schreiben Sie die Antworten mit Bleistift auf die vorgegebenen Linien. Ihre Lehrperson wird sie anschliessend korrigieren und dann gehen Sie weiter zum nächsten Kapitel. Wenn etwas unklar ist, nutzen Sie die Gelegenheit um Fragen zu stellen. 1. Sie betrachten eine Gasprobe eines idealen Gases mit einem Volumen von 100 ml bei 50 °C. Was ist das Volumen, wenn die Temperatur auf 0 °C gesenkt wird und der Druck konstant bleibt? [5] Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 18 2. Welcher Druck herrscht in einem Gefäss von 10 l Inhalt, wenn sich 0,5 mol N2 (g) bei 110 °C darin befinden? 3. Sie erhalten eine Gasprobe eines idealen Gases, dessen Volumen 375 ml beträgt. Die Probe hat eine Temperatur von 25 °C und einen Druck von 115 kPa. Welches Volumen wird die Probe unter Normalbedingungen einnehmen? Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 19 4. Sie erhalten ein Gefäss, das mit Natriumazid (NaN3) (s) gefüllt ist. Bei der Detonation (z.B. Zünden eines Airbags) wird das Azid in Stickstoffgas umgewandelt. Das Gefäss habe nach der Detonation ein Volumen von 5 l, einen Druck von 1 atm und weist eine Temperatur von 45 °C auf. Wie viele Mole bzw. Gramm Natriumazid enthielt das Gefäss? [1] Tipp: Die Reaktionsgleichung lautet 2 NaN3 (s) Æ 2 Na (s) + 3 N2 (g) Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 20 2.5 Lösungen zu Kapitel 2 Aufgabe 2.1 Man kann direkt das Boyle-Mariottsche Gesetz einsetzen: p1 ⋅ V1 = p 2 ⋅ V2 V2 = p1 ⋅ V1 60 kPa ⋅ 300 mL = = 180 mL p2 100 kPa Aufgabe 2.2 Entweder man setzt wieder direkt das Boyle-Mariottsche Gesetz ein, oder man leitet den Ausdruck aus dem idealen Gasgesetz her: Das Volumen und der Druck sind die variablen Grössen, die von Zustand 1 zu Zustand 2 ändern. Temperatur und Stoffmenge bleiben konstant. p x ⋅ Vx = n ⋅ R ⋅ T n ⋅ R ⋅ T = p1 ⋅ V1 = p 2 ⋅ V2 ⇒ p 2 = p2 = Leitprogramm p1 ⋅ V1 V2 15 bar ⋅ 12 l = 21,18 bar = 2118kPa 8,5 l Grundlagen der Thermodynamik Seite 21 3 Kapitel 3: Was ist Temperatur? Lernziele - Sie haben verstanden, wie sich Temperatur ergibt. - Sie können die Vorstellung der Temperatur einer Substanz auf molekularer Ebene beschreiben. - Sie können die Veränderung der Wärme in Systemen berechnen. Zeit: 2 Lektionen In diesem Kapitel wollen wir uns damit auseinandersetzen, was sich hinter dem Begriff Temperatur versteckt. Wir betrachten den so genannten Wärmeinhalt von Substanzen und Systemen. 3.1 Die Temperatur Die Temperatur ist etwas Allgegenwärtiges. Es ist für uns wichtig, wie warm es vor der Tür ist, wie heiss die Heizplatte ist, etc. Jedes kleine Kind weiss schon, was warm oder kalt ist. Doch was steht dahinter? Früher glaubte man, es gebe einen Stoff „Wärme“, der die Temperatur hervorruft. Heute weiss man aber: Temperatur ist ein Mass für die mittlere Energie der Teilchenbewegung. Je schneller sich die Teilchen in einer Substanz bewegen, desto wärmer ist diese Substanz. Umgekehrt, je weniger sich die Teilchen bewegen, desto kälter ist sie. Aus dieser Definition folgt, dass es theoretisch einen absoluten Nullpunkt geben muss bei der Temperatur, bei dem die Teilchen still stehen. Dies ist der Nullpunkt der Kelvin-Skala (0 K) und der liegt bei -273,15 °C (benannt nach Lord Kelvin, William Thomson, britischer Physiker, 1824 – 1907). Für uns vertrauter ist die Celsius-Skala (nach Anders Celsius, schwedischer Astronom, Mathematiker und Physiker, 1701 – 1744). Diese wurde definiert basierend auf dem Schmelz- (0 °C) und Siedepunkt (100 °C) von Wasser. Die Einheitsintervalle der Skalen sind jedoch in beiden Skalen gleich, was die Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 22 Umrechnung einfach macht, ein Unterschied von 1 °C entspricht einem Unterschied von 1 K. Die Temperatur in Kelvin ist also die Temperatur in Grad Celsius plus 273,15. Umgekehrt ist die Temperatur in Grad Celsius die Temperatur in Kelvin minus 273,15 (siehe Kasten in Kapitel 2). Aufgabe 3.1 Häufig müssen Sie Temperaturen zwischen der Kelvin- und der CelsiusSkala umrechnen. Ergänzen Sie als Übung die untenstehende Tabelle. Sie können sich so auch mit den Grössenordnungen vertraut machen. Grad Celsius Kelvin 25 350,15 10 250 100,15 500 Definition von Systemen Wir werden im Weiteren oft von Systemen sprechen. Als System wird ein abgegrenzter Ausschnitt aus „der Welt“ bezeichnet, der für eine naturwissenschaftliche Anschauung von Interesse ist. Dabei wird das System oft so vereinfacht, dass es nur relevante Aspekte beinhaltet und genügend durch Gleichungen beschrieben werden kann. Oft trifft man dabei vereinfachende Annahmen. Ein System steht oft in einer Beziehung zu seiner Umgebung (alles was um das System ist). Zum Beispiel kann ein Gemisch chemischer Verbindungen ein System sein. Offene Systeme können frei Energie und Masse mit der Umwelt austauschen. Beispiel: ein Becherglas. Geschlossene Systeme können zwar Energie mit der Umgebung austauschen, nicht aber Materie. Beispiel: ein verschlossenes Einmachglas. Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 23 Isolierte Systeme können weder Energie noch Materie mit der Umwelt austauschen. Die Realisierung eines isolierten Systems ist praktisch unmöglich, es gibt aber gute Annäherungen wie z.B. das Bombenkalorimeter (siehe weiter unten). 3.2 Temperaturen messen Temperaturen zu messen ist ebenso alltäglich wie die Temperatur selbst. Wir verwenden dazu ein Thermometer. Wegen seiner Giftigkeit ist heutzutage das Quecksilberthermometer praktisch komplett verschwunden. Das Prinzip des Flüssigkeitsthermometers ist jedoch dasselbe geblieben, nur mit anderen Substanzen. Um die Temperatur einer Substanz zu messen, halten wir das Thermometer in diese Substanz. Darauf wird Wärme zwischen der Substanz und dem Thermometer dieselbe ausgetauscht, Temperatur Thermometer viel besitzen. kleiner ist, bis diese Da das ist eine Temperaturerhöhung zu beobachten, nicht aber im verhältnismässig riesigen Messbereich. Man sagt, die beiden Thermometer) Systeme befinden (Substanz sich in und einem thermodynamischen Gleichgewicht. In diesem Gleichgewicht verändert sich die Höhe der Flüssigkeitssäule nicht mehr und wir können die Temperatur ablesen. Nun gehen wir noch einen Schritt weiter und verallgemeinern das Vorgehen beim Temperaturmessen. Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 24 Wir betrachten 3 Systeme. Es sei gegeben dass System A mit System B im thermischen Gleichgewicht steht, ebenso System B mit System C. Wenn das der Fall ist, so kann man sagen, dass auch die Systeme A und C miteinander im [8] thermischen Gleichgewicht stehen. Dank dieser Tatsache ist die Temperatur eine eindeutige Eigenschaft eines Systems. Somit haben wir den nullten Hauptsatz der Thermodynamik gefunden. Dieser bildet die Grundlage für die weiteren Hauptsätze. Nullter Hauptsatz der Thermodynamik Wenn ein System A sich mit einem System B sowie B sich mit einem System C im thermischen Gleichgewicht befinden, so befinden sich auch A mit C im thermischen Gleichgewicht. Dieser Satz wird manchmal auch vierter Hauptsatz genannt. 3.3 Der Zusammenhang zwischen Temperatur und Energie In der Thermodynamik interessieren uns nicht eigentlich die Temperaturen von Systemen, sondern deren Energien, bzw. wie sich die Energie während einer Reaktion verändert. Dafür wird die innere Energie, im Weiteren mit dem Buchstaben U gekennzeichnet, definiert. Im Gegensatz zur Temperatur kann die innere Energie nicht absolut gemessen werden. Es wird also die innere Energie U1 vor der Reaktion und die innere Energie U2 nach der Reaktion gemessen und daraus die Reaktionsenergie ΔU bestimmt. Reaktionsenergie ΔU ΔU = U 2 − U 1 Die innere Energie eines Systems wird manchmal auch als Energieinhalt bezeichnet. Ein weiterer wichtiger Begriff ist der Wärmeinhalt. Dieser wird in der Thermodynamik Enthalpie genannt und mit dem Buchstaben H (vom englischen ‚heat content’) Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 25 bezeichnet. Es handelt sich dabei rein um eine thermodynamische Funktion zur Beschreibung von Zuständen. Die Enthalpie ist folgendermassen definiert: H = U + p ⋅V Oftmals ist die molare Enthalpie Hm, also die Enthalpie pro Mol von Interesse. Wir haben vorhin gesehen, dass die innere Energie U keinen absoluten Wert hat. Daher ist diese Beziehung nur begrenzt nützlich. Vielmehr interessiert uns die Reaktionsenthalpie ΔH, also die Veränderung des Wärmeinhalts während einer Reaktion (unter der Annahme, dass sich der Druck während der Reaktion nicht verändert): Reaktionsenthalpie ΔRH Δ R H = ΔU + p ⋅ ΔV Der Index R zeigt, dass es sich um eine Reaktionsenthalpie handelt. Es gibt auch andere Formen der Enthalpie wie die Bildungsenthalpie (wird mit dem Index F wie engl. formation gekennzeichnet) oder die Verdampfungsenthalpie bzw. Kondensationsenthalpie (Index V bzw. K). Für Reaktionen, bei denen Wärme frei wird, so genannte exotherme Vorgänge, ist der Wert der Reaktionsenthalpie ΔRH negativ. Dies ist damit begründet, dass das System, also Reaktanden und Produkte Wärme an die Umgebung abgeben, selbst also an Wärme verliert. Umgekehrt ist der Wert von ΔRH positiv wenn die Reaktion Wärme aufnimmt, also für endotherme Vorgänge. Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 26 Die Reaktionsenthalpie ist nun nicht nur ein mathematisches Konstrukt, sondern kann in der Natur bestimmt werden. Man verwendet dazu ein so genanntes Bombenkalorimeter. Ein Kalorimeter erlaubt näherungsweise weder Materie- noch Energieaustausch mit der Umgebung, es ist folglich ein isoliertes System. In dieses kann nun ein Reaktionsgemisch eingeführt werden und darauf Wärme hinzugefügt oder entzogen werden. Gleichzeitig Schema eines kann die Temperatur des Gemisches gemessen Bombenkalorimeters. [6] werden. Die folgende Gleichung erstellt den Zusammenhang zwischen Enthalpieänderung und Temperaturunterschied: Enthalpieänderungen ΔH = − m ⋅ c p ⋅ ΔT Dabei ist ΔH die Enthalpieänderung, ΔT die Temperaturänderung, m die Masse und cp die Wärmekapazität (siehe Kasten ‚Spezifische Wärmekapazitäten’). Aufgabe 3.2 Sie haben ein Gefäss mit zwei Molen Sauerstoff. Wenn Sie dieses um 15 Kelvin erwärmen, welche Enthalpieänderung ist damit verbunden? Hinweis: verwenden Sie die spezifische Wärmekapazität, die Sie im Kasten unten finden. Achten Sie dabei auf die Einheiten! Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 27 Bestimmen von Schmelzenthalpieen Wir betrachten nun eine praktische Anwendung dieser Berechnungen. Wir wollen die Schmelzenthalpie von Eis bestimmen. Dazu wird ein Kalorimeter wie oben erwähnt verwendet. In dieses wird nun gestampftes Eis gefüllt. Da wir einen konstanten Druck haben und keine Volumenänderung annehmen, können wir als Näherung ΔH = ΔU = ΔQ verwenden, also die Enthalpieänderung des Systems entspricht genau der zugeführten Wärme. Dies macht auch Sinn, da der Wärmeinhalt exakt um die zugeführte Wärme steigt. Das Kalorimeter erlaubt sowohl die Messung der Temperatur, als auch der zugeführten Wärme. Das Kalorimeter wird verschlossen und so lange langsam über die interne Heizvorrichtung erhitzt, bis die Temperatur plötzlich steigt. Mit dieser Heizvorrichtung ist es möglich dem isolierten System Wärme zuzuführen. Dabei ändert sich natürlich die Gesamtenergie des Systems genau um die zugeführte, messbare Energie. Der plötzliche Temperaturanstieg tritt ein sobald alles Eis geschmolzen ist. Mit den so ermittelten Werten kann die Schmelzenthalpie ermittelt werden. Bis jetzt haben wir Messungen mit einem Bombenkalorimeter betrachtet. Dieses Gerät ist sehr präzise, aber daher auch nicht günstig. Für das folgende Experiment werden wir ein offenes Kalorimeter verwenden, da es um das Prinzip und nicht um exakteste Messresultate geht. Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 28 Experiment: Ermitteln von Lösungsenthalpien Bereiten Sie drei Bechergläser (100 ml) mit jeweils 100 ml dest. Wasser vor. Die Wassertemperatur sollte ungefähr Raumtemperatur, also ca. 20 °C betragen. SICHERHEIT: Kaliumnitrat ist brandfördernd, Natriumhydroxid ist ätzend. Tragen Sie bei dem Versuch eine Schutzbrille, einen Labormantel und Latexhandschuhe. Stellen Sie das erste Becherglas auf die Heizplatte, stellen das Thermometer in die Flüssigkeit und geben einen Magnetrührer hinzu. Schreiben Sie die Temperatur des Wassers vor dem Experiment (TA) auf. Darauf geben Sie 10 g Kaliumnitrat (KNO3) in das Becherglas. Beobachten Sie die Temperatur. Wenn sich das Salz vollständig gelöst hat, schreiben Sie die Temperatur TE auf. Nehmen Sie nun das Becherglas von der Heizplatte und stellen Sie das zweite darauf und bereiten Sie es gleich vor. Notieren Sie auch hier die Temperatur, bevor Sie 10 g Natriumchlorid (NaCl) in das Becherglas geben (notieren Sie die exakte Menge an Salz, die Sie eingewogen haben). Notieren Sie erneut die Temperatur, wenn sich das Kochsalz komplett gelöst hat. Gehen Sie mit dem dritten Becherglas gleich vor, geben jedoch dieses Mal 10 g Natriumhydroxid hinzu. Salz TA [°C] TE [°C] Einwaage [g] Kaliumnitrat Natriumchlorid Natriumhydroxid Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 29 Entsorgen Sie Lösung eins und drei in den dafür vorgesehenen Behältern, Lösung zwei können Sie in den Ausguss giessen. Berechnen Sie nun die Lösungsenthalpie mit der folgenden Formel: ΔH = C p , H 2O ⋅ m H 2O ⋅ ΔT Cp ist die spezifische Wärmekapazität von Wasser, m die Masse des Wassers und ΔT die Temperaturänderung. Aus dieser absoluten Lösungsenthalpie können Sie nun die molare Lösungsenthalpie bestimmen. ΔHm = ΔH ⋅ M Salz m Salz Dabei ist M die Molarität des Salzes und m die Einwaage. Tragen Sie die Resultate in die folgende Tabelle ein. Salz ΔH [J] ⎡ J ⎤ ΔHm ⎢ ⎣ mol ⎥⎦ Kaliumnitrat Natriumchlorid Natriumhydroxid Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 30 Spezifische Wärmekapazitäten [7] In der folgenden Tabelle sind einige spezifische Wärmekapazitäten zusammengefasst. Falls nicht anders angegeben, wurden diese bei Normaldruck und 25 °C gemessen. Substanz Phase cp [J g-1 K-1] Cp [J mol-1 K-1] Aluminium s 0.897 24.2 Ammoniak l 4.700 80.08 Argon g 0.5203 20.7862 Beryllium s 1.82 16.4 Diamant s 0.5091 Eisen s 0.450 Ethanol l 2.44 Gold s 0.1291 25.42 Graphit s 0.710 8.53 Helium g 5.1932 20.7862 Kupfer s 0.385 24.47 Lithium s 3.58 24.8 Luft (bei 0 °C) g 1.0035 29.07 Luft (bei 25 °C) g 1.012 29.19 Quecksilber l 0.1395 27.98 Neon g 1.0301 20.7862 Sauerstoff g 0.918 29.38 Silizium s 0.703 42.2 Stickstoff g 1.040 29.12 Uran s 0.116 27.7 Wasser (bei 0 °C) s 2.0870 37.6 Wasser (bei 25 °C) l 4.1813 75.327 Wasser (bei 100 °C) g 1.8369 33.1 Wasserstoff g Leitprogramm 14.30 Grundlagen der Thermodynamik 6.115 25.1 112 28.82 Seite 31 3.4 Kontrollaufgaben Lösen Sie die folgenden Fragen selbständig und schreiben Sie die Antworten mit Bleistift auf die vorgegebenen Linien. Ihre Lehrperson wird sie anschliessend korrigieren und dann gehen Sie weiter zum nächsten Kapitel. Wenn etwas unklar ist, nutzen Sie die Gelegenheit um Fragen zu stellen. 1. Um was für Systeme handelt es sich bei den folgenden: Rundkolben ohne Deckel Rundkolben mit Deckel Thermoskanne Badewanne Kaffeetasse 2. Sie haben einen Eisenblock, der im Tiefkühler war und daher eine Temperatur von minus 8 °C besitzt. Diesen geben Sie in ein Glas, das mit Wasser bei Raumtemperatur gefüllt ist. Was geschieht in Bezug auf die Temperatur der beiden Systeme (qualitativ, keine Berechnungen)? Was geschieht auf molekularer bzw. atomarer Ebene? Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 32 3. Wie viel Energie (in Kilojoule) benötigen Sie, um 100 g Lithium um 20 °C zu erwärmen. Sie können dabei annehmen, dass die spezifische Wärmekapazität des Lithiums konstant bleibt und der bei 25 °C entspricht. Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 33 4. Sie erhitzen mit 10 W je ein Klötzchen Diamant und Graphit von je 10 Gramm für 1 Minute. Die Anfangstemperatur betrage 20 °C. Welcher Stoff ist nach dem Erhitzen wärmer? Hinweis: 1 W = 1 J·s-1 Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 34 3.5 Lösungen zu Kapitel 3 Aufgabe 3.1 T [°C] = T [K] – 273,15 T [K] = T [°C] + 273,15 Grad Celsius Kelvin 25 298,15 77 350,15 10 283,15 250 523,15 -173 100,15 500 773,15 Aufgabe 3.2 Wir haben folgende Daten: mO2 = 2 mol; ΔT = 15 K; Cp = 29.38 J·mol-1·K-1 Wir wenden die folgende Formel für die Entropieänderung ΔH an: ΔH = − mO2 ⋅ C p ⋅ ΔT ΔH = −2 mol ⋅ 29.38 J ⋅ 15 K = − 881.4 J = −0.88 kJ mol ⋅ K Wichtig: wenn wir die Masse in Molen einsetzen, so müssen wir mit der molaren spezifischen Wärmekapazität Cp rechnen. Sollte diese nicht gegeben sein, so müssen wir die Masse zuerst umrechnen. Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 35 4 Kapitel 4: Das Prinzip der Energieerhaltung Lernziele - Sie können die Energieerhaltungsgleichungen anwenden. - Sie können Systeme in der Natur beschreiben und deren Energieflüsse analysieren. Zeit: 1 Lektion Wir wollen in diesem Kapitel direkt mit dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik beginnen und diesen dann an verschiedenen Beispielen anwenden. Der erste Hauptsatz ist der Satz der Energieerhaltung und geht auf Hermann von Helmholtz (deutscher Physiker, 1821 - 1894) zurück. 1.Hauptsatz: Erhaltung der Energie Energie kann von einer Form in eine andere umgewandelt werden, sie kann aber weder erzeugt noch vernichtet werden. Dies bedeutet, dass die gesamte Energie des Universums konstant ist. Um den Satz anwenden zu können, betrachten wir verschiedene Energieformen. 4.1 Energieformen Damit Energien umgewandelt werden können, müssen verschiedene Formen der Energie bestehen. Wir werden die wichtigsten davon nun besprechen. Die Einheit von Energie ist das Joule, benannt nach James Prescott Joule, einem englischen Physikers des 19. Jahrhunderts. Es gilt ⎡ [E ] = [1J ] = ⎢1 kg ⋅ 2m ⎣ Leitprogramm s 2 ⎤ ⎥ ⎦ Grundlagen der Thermodynamik Seite 36 4.2 Arbeit Die Arbeit W im physikalischen Sinne bezeichnet das Produkt aus einer Kraft F, die in Wegrichtung über eine bestimmte Strecke s auf einen Punkt (eine Punktmasse) wirkt. W = F ⋅s Die Einheit der Arbeit ist das Joule, ebenso wie die der Wärme (siehe unten). Zur Repetition: die Kraft F ist definiert als Produkt von Masse m und Beschleunigung a (F = m · a). Beispiel: Wasser rühren Ein Rührgerät verrichtet eine Arbeit W von 25'000 N·m an einem System, das 3 kg Wasser enthält. Weil das System schlecht isoliert ist, verliert es während dem Experiment 62,7 kJ an Wärme Q. Um den Verlust an innerer Energie zu berechnen, stellen wir die Energiegleichung des Systems auf: ΔU = Q + W Die Veränderung der inneren Energie entspricht also der verlorenen Wärmemenge plus der verrichteten Arbeit. Die Wärmemenge beträgt 62,7 kJ, die vom System an die Umwelt abgegeben werden. Da die Energie im System kleiner wird, wird daher ein negatives Vorzeichen geschrieben (Weggang von Energie): Q = −62,7kJ Durch die verrichtete Arbeit hingegen wird dem System Energie hinzugefügt. Wir wissen, dass 1 N·m gleich 1 J ist. W = 25'000 N ⋅ m = 25'000 J = 25kJ Die erhaltenen Werte können nun in die Energiegleichung eingesetzt werden. ΔU = Q + W = (−62,7 kJ ) + (25kJ ) = − 37,7kJ Beachten Sie das negative Vorzeichen der Änderung der inneren Energie: das System gibt über alles gesehen Energie an die Umwelt ab. Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 37 4.3 Wärme (innere Energie) Das oben erwähnte Beispiel hat gleich auch die zweite Form der Energie, die Wärme ins Spiel gebracht. Auch Wärme Q wird in der Einheit Joule angegeben. Wenn zwei Systeme verschiedener Wärme in Berührung kommen, so erfolgt immer ein Wärmeaustausch, der zur Folge hat, dass am Ende beide Systeme dieselbe Wärme besitzen. Dieser Vorgang ist je nach Substanz verschieden schnell. Eine Pfanne, die auf den heissen Herd gestellt wird, nimmt schnell dessen Temperatur an. Der Untersatz aus Kork, den Sie verwenden, um die Pfanne später auf den Tisch zu stellen, wird jedoch nur sehr langsam seine Temperatur ändern. 4.4 Potentielle Energie (Lageenergie) Durch die Lage eines Systems wird eine weitere Form der Energie bestimmt: je höher (weiter entfernt vom Erdmittelpunkt) ein System sich befindet, desto mehr potentielle Energie besitzt es. Es gibt keinen absoluten Nullpunkt der potentiellen Energie, sondern der Nullpunkt kann bei jeder Anwendung beliebig gesetzt werden. Dies wird im Beispiel unten klar. Wir definieren die Veränderung der potentiellen Energie analog zur Arbeit: ΔE pot = − F ⋅ s Das negative Vorzeichen erhält seine Bedeutung daraus, dass die Kraft F als gerichtete Grösse zu behandeln ist (Weg mit Wegrichtung). 4.5 Kinetische Energie (Bewegungsenergie) Die Bewegung eines Systems ist auch eine Form der Energie: je schneller sich ein System bewegt, desto mehr Energie besitzt es. Steht ein System still, so besitzt es keine kinetische Energie. E kin = 1 m ⋅ v2 2 Die kinetische Energie ist definiert als die Hälfte des Produktes von Masse m und Quadrat der Geschwindigkeit v. Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 38 Beispiel: ein Auto am Berg Nehmen wir an, es fahre ein Auto (Masse m sei eine Tonne) mit 15 m·s-1 (=54 km·h-1) auf einen Hügel zu. Am Fusse des Hügels, von wo aus es konstant bergauf geht, stellt der Fahrer den Motor ab und rolle bis zum Stillstand den Hügel hinauf. Dabei verlangsame sich das Auto konstant mit 3 m·s-2. Wir nehmen an, es sei keine Reibung im Spiel, das heisst die kinetische Energie des Autos wird vollständig in potenzielle umgewandelt. Wie weit rollt nun das Auto? Stellen wir zuerst die Energieerhaltungsgleichung für unser System, das Auto auf: E = E kin + E pot E = E1 = E 2 Wir vereinfachen das System auf kinetische und potenzielle Energie und vernachlässigen die anderen. Die Energie im System bleibt von Anfang (1) bis Ende (2) gleich, nur die Form ändert sich. Am Fusse des Hügels besitzt das Auto nur kinetische Energie, denn wir setzen auf dieser Höhe die Lageenergie Null. E1 = E kin + 0 = 1 m ⋅ v2 2 Wenn das Auto still steht, ist seine kinetische Energie gleich Null, dafür hat es an potentieller Energie gewonnen: E 2 = 0 + E pot = − F ⋅ s = − m ⋅ a ⋅ s Weil wir wegen dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik wissen, dass die Energie des Systems gleich bleibt, können wir die beiden Energien gleich setzen und nach der Strecke s auflösen. Bemerke: die Masse kürzt sich weg! E1 = E 2 ⇒ 1 1v 2 m ⋅ v 2 = −m ⋅ a ⋅ s ⇒ s = − 2 2a 2 ⎛ m⎞ 1 ⋅ ⎜15 ⎟ 225 s⎠ = m = 37,5m s= ⎝ m 6 2⋅3 2 s Das negative Vorzeichen kürzt sich mit der negativen Beschleunigung (Verlangsamung) weg. Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 39 4.6 Elektrische Energie Die letzte Energie, die wir betrachten wollen ist die elektrische Energie. Wir beschränken uns auf die elektrische Energie, die durch die Leistung in Watt angegeben wird. [E el ] = [1W ] = ⎡⎢1 J ⎤⎥ ⎣ s⎦ Beispie:l Wasserkocher Betrachten wir einen Wasserkocher. Dieser habe eine Leistung von 1000 W und erwärme einen Liter Wasser von 20 °C auf 90 °C. Wie lange benötigt er dazu? Das System sei der Wasserkocher, dem Energie aus der Umgebung zugeführt wird. Die zugeführte elektrische Energie ist gemäss erstem Hauptsatz gleich der Erwärmung des Systems, wenn wir den Wasserkocher als ideal isoliert und keinen Energieverlust annehmen. Es ist also E = E el + Q E el = Q Die elektrische Energie ist abhängig von der Zeit t, der Unbekannten unserer Berechnung, t soll in Sekunden gefunden werden: J⎞ ⎛ E el = ⎜1000 ⎟t s⎠ ⎝ Um die benötigte Wärme zu bestimmen brauchen wir die Wärmekapazität von Wasser. Da das Wasser immer flüssig vorliegt verwenden wir als Näherung den CpWert von 25°C (siehe Kapitel 3, Cp(H2O, 25 °C) = 4.1813 J·g-1·K-1). Weiter ist die Dichte ρ von Wasser 1 g·ml-1, und wir betrachten eine Erwärmung um 70 K. Q = C p ⋅ m ⋅ ρ ⋅ ΔT Q = 4.1813 J g ⋅ 1000ml ⋅ 1 ⋅ 70 K = 292'691J g⋅K ml Mit der Energieerhaltungsgleichung erhalten wir also t= Leitprogramm 292'691J = 292,7 sec = 4,88 min 1000 J Grundlagen der Thermodynamik Seite 40 Aufgabe 4.1 Betrachten Sie nochmals das Auto, das gegen den Hügel fährt. Berechnen Sie, wie weit das Auto rollt, wenn Sie die Reibung nicht mehr vernachlässigen und es damit 50 kJ an Energie verliert. Stellen Sie zuerst die Energiegleichung des Systems auf. Zusammenfassung Die Gesamtenergie eines Systems setzt sich aus den einzelnen Energieformen zusammen E System = E kin + E pot + Q + E el + W Energie kann weder erzeugt noch vernichtet, sondern nur zwischen den verschiedenen Formen umgewandelt werden. Die Energie eines Systems ist konstant, ausser das System gibt Energie an die Umwelt ab oder nimmt Energie von der Umgebung auf. Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 41 Leitprogramm Photo- synthese Kernphoto- effekt Grundlagen der Thermodynamik Kohle- vergasung Radiolyse Isomerie- verschiebung Brutreaktor Akkumulator Hochofen Supernova niger beschleu- Eischnee Energie Energie Teilchen- Chemische Nukleare würmchen Gammastrahlen Innere Konversion Glüh- Blitz Optik zelle Brennstoff- formator Trans- Solarzelle Metall element Nichtlineare Glühendes strahlung Synchrotron- energie Strahlungs- Thermo- Generator Energie Elektrische Sonne Ölheizung Elektroherd kollektor Solar- überrager Wärme- Bremsen Energie Thermische Neutronen schnelle Muskel Elektromotor Radiometer turbine Dampf- Getriebe Energie Mechanische Energie Nukleare Energie Chemische Energie Elektrische energie Strahlungs- Energie Thermische Energie Mechanische 4.7 Exkurs: Beispiele von Energieumwandlungen [7] In der folgenden Tabelle sind alle Arten von Energien aufgeführt, sowie mögliche Umwandlungsprozesse. Kinetische und Potenzielle Energie sowie Arbeit sind als mechanische Energien zusammengefasst. Bei den Umwandlungen handelt es sich um Beispiele, es sind oftmals auch andere Umwandlungen möglich! Die obere Zeile enthält die Ursprungsenergie, links ist die Zielenergie angegeben. Seite 42 4.8 Kontrollaufgaben Lösen Sie die folgenden Fragen selbständig und schreiben Sie die Antworten mit Bleistift auf die vorgegebenen Linien. Ihre Lehrperson wird sie anschliessend korrigieren und dann gehen Sie weiter zum nächsten Kapitel. Wenn etwas unklar ist, nutzen Sie die Gelegenheit um Fragen zu stellen. 1. Sie möchten eine Rakete (Gewicht: 10 Tonnen) bauen. Berechnen Sie die Geschwindigkeit, die Sie erreichen könnten, wenn Sie Wasserstoff verbrennen würden und die gesamte Energie aus der Verbrennung der 100 kg Treibstoff in Bewegungsenergie umgewandelt würde. Der Brennwert von Wasserstoff beträgt 143 MJ·kg-1. Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 43 2. In Ihrer alchimistischen Karriere möchten Sie einen 100 g-Klumpen Gold auf Ihrer 1800 WattHeizplatte zum Schmelzen bringen. Wie lange müssten Sie heizen, wenn keine Energie verloren gehen würde und Sie bei 20 °C beginnen würden? (Spezifische Schmelzwärme von Gold: 63 kJ·kg-1; Wärmekapazität von Gold: 0,1291 J·g-1·K-1) 3. Bei der Knallgasreaktion 2 H2 (g) + O2 (g) Æ 2 H2O (l) werden 474 kJ·mol-1 frei. Wenn 0,1 mol davon in einer Alu-Dose von 25 g reagieren, würden Sie rein energetisch betrachtet riskieren, dass die Dose schmilzt? (Die Schmelzwärme von Aluminium beträgt 398 kJ·kg-1) Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 44 4. Betrachten Sie den Wasserkocher aus dem Beispiel im Text. Sie wissen, dass dieser nicht ideal isoliert ist, wir nehmen an, er verliere 250 J pro Sekunde. Wenn Sie also einen Liter Wasser von 20 auf 90 °C mit einer Leistung von 1000 W erhitzen möchten, wie lange dauert das? Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 45 4.9 Lösungen zu Kapitel 4 Aufgabe 4.1 Die Energien des Systems und somit die Energiegleichung lauten wie folgt: E = E Kin + E Pot + QRe ibung Infolge der Energieerhaltung wird die kinetische Energie in potenzielle Energie und Reibungswärme umgewandelt. E Kin = E Pot + QRe ibung Wir können die Gleichung für die Energien einsetzen und nach dem Weg s auflösen. m ⋅ v2 −Q 1 2 2 m ⋅ v = −m ⋅ a ⋅ s + Q ⇒ s = 2 − m⋅a 2 ⎛ m⎞ 1000kg ⋅ ⎜15 ⎟ − 50'000 J 112'500 − 50'000 ⎝ s⎠ s= = m = 20,83m m 3'000 1000kg ⋅ 3 2 s Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 46 5 Kapitel 5: Entropie Lernziele - Sie können die freie Enthalpie einer Reaktion berechnen. - Sie können den Hauptsatz der Vergrösserung der Entropie anwenden. Zeit: 2 Lektionen In diesem Kapitel werden wir einige eher abstrakte Modelle betrachten. Behalten Sie im Hinterkopf, dass es sich um Modelle handelt. Versuchen Sie es sich bildlich vorzustellen! 5.1 Unordnung in der Natur: Entropie Stellen Sie sich einen Kasten vor, der in der Mitte durch eine Platte zweigeteilt wird. In der einen Hälfte befinden sich Glaskugeln, in der anderen nichts. Wenn Sie nun die Trennung entfernen schütteln, werden und sich am Kasten die Kugeln gleichmässig auf den neuen Platz verteilen (siehe Abbildung). Auch wenn Sie die Trennplatte wieder einfügen, die Glaskugeln werden nicht freiwillig beim Schütteln zurück in den kleinen Bereich gehen. Dies nennt man Die Entropie wird von oben nach einen irreversiblen Vorgang. unten maximiert. Ein Prozess wird allgemein als irreversibel bezeichnet, wenn er nicht spontan in umgekehrter Richtung abläuft. Den Zustand, bei dem jede Kugel so viel Platz wie möglich beansprucht, nennen wir Unordnung und ein Mass dafür ist die Entropie. Anstelle der Kugeln treten Moleküle. Nun ist die Natur grundsätzlich immer bestrebt, eine möglichst grosse Entropie zu erreichen, also jedem Teilchen möglichst viel Platz zuzugestehen. Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 47 Haben Sie schon mal in Ihren Reispudding ein wenig Marmelade getan und dann gerührt? Die Marmelade verteilt sich langsam im Pudding. Und auch wenn Sie rückwärts rühren, es wird sich nicht wieder ein Marmeladeklumpen in natürlichem Reispudding bilden. Entropie Als Entropie bezeichnen wir ein Mass für die Unordnung der Teilchen, die jedem Teilchen möglichst viel freien Platz zugesteht. Für die Entropie schreibt man in Formeln den Buchstaben S. Es handelt sich um eine Grösse, die ein System beschreibt. Die Änderung der Entropie ΔS steht in folgendem Verhältnis zur übertragenen Wärmemenge ΔQ und Temperatur des Systems T: ΔS = ΔQ T Bei idealen Gasen deren Volumen bzw. Temperatur verändert wird, kann der Entropiezuwachs folgendermassen berechnet werden: ⎛V ⎞ ΔS = n ⋅ R ⋅ ln⎜⎜ E ⎟⎟ ⎝ VA ⎠ ⎛T ⎞ ΔS = n ⋅ C p ⋅ ln⎜⎜ E ⎟⎟ ⎝ TA ⎠ Dabei ist R die universelle Gaskonstante, Cp die Wärmekapazität (siehe Tabelle in Kapitel 3), n die Stoffmenge. Der Index A bezeichnet den Anfangswert (vor der Veränderung), E den Endwert. Die Einheit der Entropie ist Joule pro Kelvin: [S ] = ⎡⎢ J ⎤⎥ ⎣K ⎦ Aufgabe 5.1 Berechnen Sie den Entropiezuwachs bei der isothermen Ausdehnung von Luft bei 20 °C und Normaldruck von 50 auf 100 ml. Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 48 Wir haben in den Beispielen oben bereits gesehen, dass sich in allen Prozessen, die freiwillig ablaufen, die Entropie maximiert und man diesem Effekt nur entgegenwirken kann, in dem man z.B. die Kugeln von Hand zusammensammelt. Zweiter Hauptsatz: Maximierung der Entropie Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik besagt, dass nur solche Prozesse freiwillig ablaufen, bei denen die Entropie S zunimmt. ΔS > 0 5.2 Kreisprozesse [3,4] Bei Kreisprozessen handelt es sich um thermodynamische Prozesse, bei denen ein thermodynamisches System von einem definierten Zustand startet und wieder zu exakt diesem Zustand zurückkehrt. Die Zustandsgrössen wie Entropie, Druck, Temperatur etc. sind also am Anfang und am Ende identisch. Wir wollen nun das wichtigste Beispiel, den Carnot-Kreisprozess, genauer betrachten. Carnot-Kreisprozess Das Modell für diesen Prozess ist eine ideale Wärmekraftmaschine. Diese enthält ein Gas, welches jeweils in Kontakt mit einem heissen bzw. kalten Wärmereservoir gebracht wird. Links sehen Sie ein Diagramm eines CarnotKreisprozesses. Dabei ist die Temperatur gegen die Entropie aufgetragen. Die Nummern bezeichnen die einzelnen Etappen des Zyklus. Bei der 1 sei der Anfang. Das Gas wird beim Kontakt mit dem heissen Reservoir isotherm expandiert. Isotherm bedeutet, dass die Temperatur während diesem Schritt konstant bleibt. Bei diesem Schritt steigt die Entropie, es wird aber Wärme vom Reservoir ins System aufgenommen. Im zweiten Schritt von Zustand 2 zu Zustand 3 wird das Gas isentrop weiter expandiert. Isentrop bedeutet, dass sich die Entropie nicht verändert. Bei der Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 49 Expansion sinkt die Temperatur des Gases und auch der Druck nimmt weiter ab. Beim dritten Schritt von 3 zu 4 geschieht eine isotherme Verdichtung. Hier gibt das System Wärme an das kältere Reservoir ab, die Temperatur bleibt aber gleich und das Volumen nimmt ab. Beim letzten Schritt von Punkt 4 zu 1 kehrt der Zyklus zum Ausgangszustand zurück mittels einer isentropen Kompression, für die mechanische Arbeit aufgebracht werden muss. Im Diagramm rechts ist derselbe Prozess dargestellt, diesmal ist jedoch der Druck p gegen das Volumen V des Gases aufgetragen. Von Zustand 1 bis 3 steigt der Druck und das Volumen sinkt, von Schritt 3 wieder zurück zu Schritt 1 (über Zustand 4) sinkt der Druck wieder und das Volumen nimmt zu. Der Prozess erhält also von Zustand 1 nach Zustand 2 Energie aus der Umgebung (aus dem heissen Wärmereservoir). In allen Phasen des Kreisprozesses wird mechanische Energie entweder erzeugt oder verbraucht. Sie besitzen nun genügend Hintergrundinformationen, um dieses Thema mit Hilfe der folgenden Lektüre zu vertiefen: Schlagen Sie in der Wikipedia (http://de.wikipedia.org) das Perpetuum Mobile nach und lesen Sie den dazugehörigen Artikel. Sie haben jetzt verstanden, dass das Perpetuum Mobile erster Art gegen den ersten Hauptsatz der Thermodynamik verstösst und das Perpetuum Mobile zweiter Art gegen den zweiten Hauptsatz. Mit dem Hintergrund von Kreisprozessen kann der zweite Hauptsatz der Thermodynamik auch anders formuliert werden: Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 50 Es existiert kein Kreisprozess, dessen einzige Wirkung darin besteht, Wärme von einem kälteren Reservoir zu einem wärmeren Reservoir zu transportieren. Denn dies wäre ja eine unerschöpfliche Energiequelle und somit der Grundstein zu einem Perpetuum Mobile. 5.3 Die freie Enthalpie (auch Gibbs Energie) Die freie Enthalpie ist die letzte Grösse, die noch zum thermodynamischen Vokabular hinzukommt. Im englischen Sprachraum wird diese als Gibbs Energie (nach Josiah Willard Gibbs, 1839-1903) bezeichnet, deshalb wird dafür der Buchstabe G geschrieben. Es handelt sich dabei um ein thermodynamisches Potential, das wie folgt definiert ist. Freie Enthalpie G G = U + p ⋅V − T ⋅ S = H − T ⋅ S Die freie Enthalpie ist die Summe aus innerer Energie U, Druck p mal Volumen V minus Temperatur T mal Entropie S. In der Chemie von Bedeutung ist wiederum der Verlauf der freien Enthalpie, also deren Veränderung während einer Reaktion. Diese bilden die Gesetzmässigkeiten der Thermodynamik unter gegebenen Reaktionsbedingungen. ΔG < 0 Exergonische Reaktion Die Reaktion läuft spontan (freiwillig) ab ΔG = 0 Gleichgewicht Das System befindet sich im Gleichgewicht, es gibt keine Reaktion. ΔG > 0 Endergonische Um die Reaktion durchführen zu können, Reaktion muss dem System Energie zugeführt werden. Ist eine gegebene Reaktion endergon, so wird sie in der umgekehrten Richtung exergon sein. Der Vorteil der freien Reaktionsenthalpie zur Beurteilung von Reaktionen ist, dass sowohl beachtet wird, dass bei einer Reaktion immer ein Energieminimum, Leitprogramm als auch dass ein Entropiemaximum Grundlagen der Thermodynamik angestrebt wird. Seite 51 Die freie Reaktionsenthalpie ΔG = ΔH − T ⋅ ΔS ΔG = ΔG 0 + R ⋅ T ⋅ ln a Die erste Beziehung für die freie Reaktionsenthalpie ist direkt aus den früheren Gleichungen hergeleitet. Die Zweite stellt den Zusammenhang zu der reaktionsspezifischen freien Standardenthalpie ΔG0, der Aktivität a und der Temperatur T her. R ist dabei die universelle Gaskonstante (R = 8.3144 J·mol-1·K-1). Betrachten wir als Beispiel die Reaktion von Wasserstoff und Brom: H2 (g) + Br2 (l) Æ 2 HBr (g) Diese Reaktion hat eine Reaktionsenthalpie ΔH von -72.47 kJ·mol-1 und eine Entropieänderung ΔS von 114 J·mol-1·K-1. Für die freie Reaktionsenthalpie der Reaktion bei 25 °C (298 K) erhalten wir ΔG = ΔH − T ⋅ ΔS ΔG = −72,47 kJ ⎛ kJ ⎞ kJ − ⎜ 298 K ⋅ 0,114 ⎟ = − 106,49 mol ⎝ mol ⋅ K ⎠ mol Die Reaktion ist exergon, sie läuft freiwillig ab und es wird dabei Energie frei. Aufgabe 5.2 Welche der folgenden Reaktionen sind unter den gegebenen Bedingungen spontan? a) 2 H2 (g) + O2 (g) Æ 2 H2O (l) ΔH = -571.7 kJ·mol-1 ΔS = -326.4 J·mol-1·K-1 T = 25 °C Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 52 b) Br2 (l) + Cl2 (g) Æ 2 BrCl (g) ΔH = +29.37 kJ·mol-1 ΔS = +157.4 J·mol-1·K-1 T = 20 °C c) 2 Ag2O (s) Æ 4 Ag (s) + O2 (g) ΔH = +61.17 kJ·mol-1 ΔS = +132.6 J·mol-1·K-1 T = 45 °C 5.4 Der dritte Hauptsatz Beim Kapitel Temperatur haben wir gesehen, dass es gemäss der Kelvin-Skala einen absoluten Temperatur-Nullpunk gibt. Es gibt keine Temperaturen, die kälter als -273,15 °C ist. Es liegt nahe, da Temperatur ja eine Teilchenbewegung ist, dass im absoluten Nullpunkt diese Bewegung in den Stillstand übergeht. Im Jahre 1906 fand Walther Nernst eine Erklärung des absoluten Nullpunktes. Er erklärte, dass es nicht möglich sei, den absoluten Nullpunkt zu erreichen, da bei der Annäherung sich die Entropie gegen einen festen Grenzwert annähert. Das Erreichen einer Entropie von Null ist demnach in der Praxis grundsätzlich nicht möglich. Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 53 Der dritte Hauptsatz Vorbemerkung: Die Entropie einer Substanz nimmt mit der Temperatur zu. Die Entropie einer perfekten kristallinen Substanz beim absoluten Nullpunkt kann als Null angenommen werden. Die Entropie eines Gases, einer gefrorenen Lösung oder eines Kristalls mit Baufehlern ist auch bei 0 K nicht gleich Null. Der dritte Hauptsatz wird als Grundlage verwendet, um absolute Entropien aus Werten der Wärmekapazität zu berechnen. Man definiert die absolute StandardEntropie S0 als Entropie einer Substanz im Normalzustand (25 °C, 1 atm). Die Werte für die absolute Standard-Entropie S0 findet man in Tabellen. Für die Chemie interessiert uns der Verlauf der Standard-Entropie während einer Reaktion, der so genannten Standard-Reaktionsentropie ΔS0. Die Standard-Reaktionsentropie ΔS0 ΔS 0 = ∑ S P0 − ∑ S R0 Die Standard-Reaktionsentropie ΔS0 ist die Summe aus den absoluten Entropien der Produkte minus der Summe der absoluten Entropien der Reaktanden. Wichtig: die absolute Entropie eines Elements ist nicht gleich null! Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 54 5.5 Schlussfolgerungen Sie haben nun die Grundlagen der chemischen Thermodynamik kennen gelernt und können die wichtigen Grundprinzipien anwenden. Nehmen Sie zum Schluss noch einige wichtige Punkte, die besprochen wurden, mit auf den Weg. • Ausgleichs- und Mischvorgänge sind irreversibel. • Wärme kann nicht spontan von einem Körper niedriger Temperatur auf einen Körper höherer Temperatur fliessen. • Wärme kann nicht vollständig in Arbeit umgewandelt werden. (Perpetuum Mobile zweiter Art) • Die Energie des Universums bleibt immer konstant. • Energien können von einer Form in eine andere umgewandelt, aber nie erschaffen oder vernichtet werden. • Vorgänge sind spontan, wenn sich die Entropie vergrössert. • Vorgänge sind spontan bei konstantem Druck und konstanter Temperatur, wenn die freie Reaktionsenthalpie einen negativen Wert hat. Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 55 Absolute Standard-Entropien [1] Die Werte sind bei Normalbedingungen (25 °C, 1 atm) bestimmt und in J·mol-1·K-1 angegeben. Substanz S0 Substanz S0 Ag (s) 42.72 HCl (g) 186.7 AgCl (s) 96.11 HF (g) 173.5 Al (s) 28.3 HI (g) 206.3 Al2O3 (s) 51. Hg (l) 77.4 HgO (s) 72. H2O (g) 188.7 Br2 (l) C (Graphit) 152.3 5.69 Ca (s) 41.6 H2O (l) CaCO3 (s) 92.9 H2S (g) 205.6 CaO (s) 39.8 I2 (s) 116.7 Ca(OH)2 (s) 76.1 La (s) 57.3 CH4 (g) 186.2 Li (s) 28. C2H2 (g) 200.8 N2 (g) 191.53 C2H4 (g) 219.5 Na (s) 51. C2H6 (g) 229.5 NaCl (s) 72.38 Cl2 (g) 223. NH3 (g) 192.5 CO (g) 197.9 NO (g) 210.6 CO2 (g) 213.6 NO2 (g) 240.5 F2 (g) 203.3 O2 (g) 205.03 Fe (s) 27.2 S (rhombisch) Fe2O3 (s) 90. SO2 (g) 248.5 H2 (g) 130.6 Zn (s) 41.6 HBr (g) 198.5 ZnO (s) 43.9 Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik 69.96 31.9 Seite 56 5.6 Kontrollaufgaben Lösen Sie die folgenden Fragen selbständig und schreiben Sie die Antworten mit Bleistift auf die vorgegebenen Linien. Ihre Lehrperson wird sie anschliessend korrigieren und dann gehen Sie weiter zum nächsten Kapitel. Wenn etwas unklar ist, nutzen Sie die Gelegenheit um Fragen zu stellen. 1. Berechnen Sie für die 3 Mol Argon (ideales Gas) die Entropieänderung bei der Abkühlung von 50 °C auf 20 °C sowie die Entropieänderung von 5 Mol Stickstoff bei der Erwärmung von 25 °C auf 45 °C. Sie können die spezifischen Wärmekapazitäten der Gase bei 25 °C als konstant über den ganzen Temperaturbereich annehmen. Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 57 2. Berechnen Sie für die folgenden beiden Reaktionen die Standard-Reaktionsentropie ΔS0. a) Knallgasreaktion: 2 H2 (g) + O2 (g) Æ 2 H2O (l) b) Haber-Bosch-Synthese: N2 (g) + 3 H2 (g) Æ 2 NH3 (g) 3. Bestimmen Sie den Siedepunkt von Methanol. Sie kennen für die Reaktion CH3OH (l) ⇔ CH3OH (g) die Reaktionsenthalpie ΔH0 = 37.4 kJ·mol-1 und die Gleichgewicht beim Reaktionsenthalpie ΔS0 = 111 J·mol-1·K-1. Tipp: das System befinde sich im Verdampfen, daher ist ΔG = 0. Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 58 4. Berechnen Sie für die folgende Reaktion die freie Reaktionsenthalpie ΔG bei 25 °C. 2 NO (g) + O2 (g) Æ 2 NO2 (g) Es sind ΔH = - 114 kJ·mol-1 und ΔS = - 0,15 kJ·mol-1·K-1. Ist die Reaktion in der gegebenen Richtung spontan? Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 59 5.7 Lösungen zu Kapitel 5 Aufgabe 5.1 Man verwendet die Gleichung der Entropieänderung von idealen Gasen für Volumenänderungen. Das Volumen von einem Mol eines idealen Gases beträgt 24 Liter (siehe Kapitel 2) unter Anwendung des idealen Gasgesetzes, um von den Standard-Bedingungen auf 20 °C umzurechnen. p ⋅ Vx = n ⋅ R ⋅ Tx ⇒ Vx n ⋅ R = Tx p n ⋅ R V1 V2 V ⋅T = = ⇒ V2 = 1 2 p T1 T2 T1 293,15 K ⋅ 22,414l = 24l 273,15K 0.05l 24l = 1mol ⇒ n = ⋅1mol = 2,083mmol 24l V2 = Das Anfangsvolumen VA beträgt 50 ml, das Endvolumen VE beträgt 100 ml. Damit kann man in die Gleichung einsetzen: ⎛V ⎞ ΔS = n ⋅ R ⋅ ln⎜⎜ E ⎟⎟ ⎝ VA ⎠ ΔS = 2,083 ⋅10− 3 mol ⋅ 8,3144 J J ⎛ 100ml ⎞ ⋅ ln⎜ ⎟ = 0,012 mol ⋅ K ⎝ 50ml ⎠ K Aufgabe 5.2 Alle Reaktionen können mit der Formel ΔG = ΔH − T ⋅ ΔS gerechnet werden. a) 2 H2 (g) + O2 (g) Æ 2 H2O (l) ΔH = -571.7 kJ·mol-1 ΔG = −571.7 T = 25 °C ΔS = -326.4 J·mol-1·K-1 kJ ⎛ kJ ⎞ ⎞ kJ ⎛ − ⎜⎜ 298K ⋅ ⎜ − 0.3264 ⎟ ⎟⎟ = − 474.43 mol ⎝ mol ⋅ K ⎠ ⎠ mol ⎝ Die Reaktion ist unter den gegebenen Bedingungen spontan. Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 60 b) Br2 (l) + Cl2 (g) Æ 2 BrCl (g) ΔH = +29.37 kJ·mol-1 ΔG = +29.37 T = 20 °C ΔS = +157.4 J·mol-1·K-1 kJ ⎛ kJ ⎞ kJ − ⎜ 293K ⋅ 0.1574 ⎟ = − 16.75 mol ⎝ mol ⋅ K ⎠ mol Die Reaktion ist unter den gegebenen Bedingungen spontan. c) 2 Ag2O (s) Æ 4 Ag (s) + O2 (g) ΔH = +61.17 kJ·mol-1 ΔG = +61.17 T = 45 °C ΔS = +132.6 J·mol-1·K-1 kJ ⎞ kJ kJ ⎛ − ⎜ 318 K ⋅ 0.1326 ⎟ = + 19.00 mol ⋅ K ⎠ mol mol ⎝ Die Reaktion ist unter den gegebenen Bedingungen nicht spontan. Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 61 6 Kapitel 6: Additum: Der Wirkungsgrad Lernziele - Sie können ein Gerät auf Grund des Wirkungsgrades einschätzen. - Sie können den Gesamtwirkungsgrad eines gegebene Prozesses berechnen. Zeit: 2 Lektionen Wir haben in den bisherigen Kapiteln gesehen, dass Energien in andere Formen umgewandelt werden können. Nun wollen wir diese Umwandlungen genauer betrachten und Aussagen über deren Effizienz machen. 6.1 Der Wirkungsgrad In der Theorie kann man oft annehmen, dass eine Energie komplett in eine andere umgewandelt wird. Zum Beispiel beim elektrischen Wasserkocher haben wir angenommen, dass die gesamte elektrische Energie in Wärmeenergie umgewandelt wird. Bei jeder Umwandlung geht ein Teil der Energie ‚verloren’. Das bedeutet nicht, dass die Energie nicht mehr vorhanden ist, das würde gegen den Energieerhaltungssatz verstossen. Die Energie ist einfach in einer für den Prozess nicht verwendbaren Form. Nehmen wir als Beispiel einen Elektromotor. Dieser nimmt Energie in Form von elektrischer Energie auf und wandelt sie in Bewegungsenergie um. Dabei entsteht, sozusagen als unerwünschtes Nebenprodukt, Wärme. Die Wärme bleibt im Motor, bzw. wird von diesem an die Umgebung abgegeben. Die Bewegungsenergie bleibt im Prozess und wird an den nächsten Schritt abgegeben. Mit diesem Beispiel definieren wir nun den Wirkungsgrad. Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 62 Der Wirkungsgrad η η= Eabgegeben Eaufgenommen Der Wirkungsgrad ist das Verhältnis von Nutzen und Aufwand. Das heisst es ist das Verhältnis zwischen der Energie, die an den nächsten Schritt abgegeben wird Eabgegeben und der Energie Eaufgebommen, die aufgenommen wurde. Wir schreiben als Symbol für den Wirkungsgrad das griechische Eta η. Schema zur Verdeutlichung des Wirkungsgrades: ein Energiestrom kommt in den Umwandlungsprozess und ein kleinerer Energiestrom (in einer anderen Energieform) wird von der Umwandlung abgegeben. Die restliche Energie bleibt in einer nicht verwendbaren Form im Umwandlungsschritt hängen. Der Wirkungsgrad kann einen Wert zwischen 0 und 1 bzw. zwischen 0 und 100 % haben. Aufgabe 6.1 Wieso ist kein Wirkungsgrad von mehr als 100 % möglich? Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 63 In der Praxis ist es nicht möglich, einen Wirkungsgrad von 100 % zu erreichen, da es bei allen Vorgängen Verluste durch Reibung oder entstehende Wärme gibt. In der folgenden Tabelle finden Sie Wirkungsgrade einiger Prozesse. Maschine, Prozess aufgenommene Energie abgegebene Energie Wirkungsgrad in % Erdgas-Kraftwerk chemisch elektrisch 55 - 60 Induktions-Generator thermisch elektrisch < 30 Leichtwasserreaktor nuklear elektrisch 33 Strahlung (Sonnenlicht) elektrisch 5 - 37 chemisch elektrisch 25 - 45 Wasserkraftwerk mechanisch elektrisch 80 - 90 Windenergieanlage mechanisch elektrisch ~ 70 Brennstoffzelle chemisch elektrisch 20 - 70 Dampfmaschine chemisch mechanisch 3 - 10 Dieselmotor chemisch mechanisch 15 - 45 Elektromotor elektrisch mechanisch 20 - 99 Fahrraddynamo mechanisch elektrisch 20 - 60 Generator mechanisch elektrisch 95 - 99 Glühlampe elektrisch Strahlung (Licht) 5 - 15 Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung elektrisch elektrisch 95 Lautsprecher elektrisch akustisch 0,2 - 2 Ottomotor chemisch mechanisch 10 - 35 Sendeanlage elektrisch Strahlung (Radiowellen) 30 - 80 Thermoelement thermisch elektrisch 3-8 Transformator elektrisch elektrisch 50 - 99 Turbinentriebwerk chemisch mechanisch 40 Wechselrichter elektrisch elektrisch 93 - 96 chemisch thermisch 80 - 90 Bereitstellung von Nutzenergie Solarzelle Wärmekraftwerk (Kohle) Maschinen und Geräte Wärmeproduktion Gaskocher Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 64 Kohleofen (Haushalt) chemisch thermisch 30 - 50 Kohleofen (Industrie) chemisch thermisch 80 - 90 Offener Kamin chemisch thermisch 10 - 30 Strahlung (Sonnenlicht) thermisch < 85 Strahlung (Sonnenlicht) chemisch 35 chemisch Strahlung (Licht) < 95 Sonnenkollektor Natürliche Prozesse Photosynthese-Reaktion Glühwürmchen (Leuchtreaktion) [7] 6.2 Der Gesamtwirkungsgrad Bis jetzt haben wir nur eine einzelne Energieumwandlung betrachtet. In Prozessen reihen sich aber meist viele Energieumwandlungen aneinander. Jede Umwandlung besitzt einen Wirkungsgrad, um den ganzen Prozess zu beurteilen, bestimmt man den Gesamtwirkungsgrad, den Wirkungsgrad über alle Teilschritte. Der Gesamtwirkungsgrad η ges = ∏ η i Der Gesamtwirkungsgrad ist definiert als Produkt der Wirkungsgrade aller Teilschritte. Betrachten wir als Beispiel eine Frau, die zu Hause an ihrer Nähmaschine am nähen ist. Wir wollen wissen, wie der Gesamtwirkungsgrad des Nähens ist, also der Wirkungsgrad über den gesamten Energieverlauf. Wir nehmen an, dass die Energie aus einem Ergas-Kraftwerk stammt. Im Kraftwerk wird die elektrische Energie dann ein erstes Mal transformiert, eine zweites Mal kurz vor dem Haus der Verbraucherin. Und zum Schluss wird die elektrische Energie von der Nähmaschine in Bewegungsenergie umgewandelt. Wir haben folgende Teilschritte Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 65 Teilschritt Wirkungsgrad η Das Kraftwerk wandelt Erdgas (chemische Energie) in elektrische 0.4 Energie um. Der Transformator beim Kraftwerk transformiert die elektrische 0.99 Energie, so dass sie mit möglichst geringem Verlust transportiert werden kann. Der Transformator in der Nähe der Verbraucherin transformiert 0.95 die elektrische Energie auf die haushaltsüblichen 230 V. Die Nähmaschine wandelt die elektrische Energie in 0.8 Bewegungsenergie um. Für den Gesamtwirkungsgrad erhalten wir η ges = η Kraftwerk ⋅η Trafo1 ⋅η Trafo 2 ⋅η Nähmaschine η ges = 0.6 ⋅ 0.99 ⋅ 0.95 ⋅ 0.8 = 0.45 Über den gesamten Prozess betrachtet erreichen wir also einen Gesamtwirkungsgrad von 45 %. Aufgabe 6.2 Sie verwenden ein Diesel-Notstromaggregat (η=40%), um über einen Generator (η=98%) Elektrizität für die Beleuchtung (η=10%) eines Schadenplatzes zu erhalten. Berechnen Sie den Gesamtwirkungsgrad und schreiben Sie die vorkommenden Energieformen auf. 6.3 Der Carnot-Wirkungsgrad Auch für Wärmekraftmaschinen, wie den Carnot-Prozess lässt sich der Wirkungsgrad bestimmen. Die Arbeit, die der Carnot-Prozess verrichtet, wird durch die Energie des warmen Reservoirs ermöglicht. Bei der isothermen Kompression wird die Wärme Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 66 Q1,rev vom Prozess abgegeben (von Zustand 3 nach Zustand 4 im T-S-Diagramm in Kapitel 5), bei der isothermen Expansion wird die Wärme Q2,rev (von Zustand 1 nach 2) abgegeben. Die Wärmen sind mit dem Index rev versehen, da der Prozess als ganzes als reversibel gilt, da Anfangs- und Endzustand identisch sind, sich der Zyklus also rückgängig machen lässt. Der Carnot-Wirkungsgrad ist definiert als η Carnot = Q2,rev − Q1,rev Q = 1 − 1,rev Q2 ,rev Q2,rev Diese Definition zeigt die Analogie zum normalen Wirkungsgrad. Sie sehen oben zur Repetition das T-S- und das p-V-Diagramm des CarnotKreisprozesses. Unter Einbezug der Tatsache, dass sich im Carnot-Prozess ein ideales Gas befindet, kann man den Carnot-Wirkungsgrad auch mit den folgenden Gleichungen beschreiben: ⎛V ⎞ Q1,rev = n ⋅ R ⋅ Tmin ⋅ ln⎜⎜ 3 ⎟⎟ ⎝ V4 ⎠ ⎛V Q2,rev = n ⋅ R ⋅ Tmax ⋅ ln⎜⎜ 1 ⎝ V2 ⎞ ⎟⎟ ⎠ Da es sich bei dem System während dem Kreislauf um ein adiabatisches System handelt (es wird keine Wärme mit der Umgebung ausgetauscht), gelten die folgenden Beziehungen. Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 67 p1 ⋅ V1 = p 2 ⋅ V2 γ −1 Tmin ⎛ V2 ⎞ =⎜ ⎟ Tmax ⎜⎝ V1 ⎟⎠ T ⋅ V γ −1 = const. Daraus kann man folgern, dass die Verhältnisse von V1 zu V2 und V3 zu V4 gleich sind. Setzt man dies in die obere Gleichung ein, so erhält man eine neue Gleichung für den Carnot-Wirkungsgrad: η Carnot = 1 − T3 T = 1 − min T1 Tmax Aufgabe 6.3 Betrachten Sie einen Carnot-Kreisprozess, bei dem der Zustand 3 eine Temperatur von 300 Kelvin und Zustand 2 eine Temperatur von 400 Kelvin hat. Wie ist der Wirkungsgrad dieses Prozesses? Wenn der Prozess eine Energie von 125 kJ aufnimmt, welche Energie gibt er ab? Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 68 6.4 Kontrollaufgaben Lösen Sie die folgenden Fragen selbständig und schreiben Sie die Antworten mit Bleistift auf die vorgegebenen Linien. Ihre Lehrperson wird sie anschliessend korrigieren und dann gehen Sie weiter zum nächsten Kapitel. Wenn etwas unklar ist, nutzen Sie die Gelegenheit um Fragen zu stellen. 1. Wie hoch ist der Gesamtwirkungsgrad Ihrer Heizplatte (η=30 %), wenn Sie annehmen, dass Sie die Energie von einem Wasserkraftwerk (η=90%) beziehen, die Transformation einen Wirkungsgrad von 90 % besitze? Welche Energieformen kommen vor? 2. Sie benötigen für Ihre endotherme Reaktion 1000 kJ. Ihnen stehen ein Benzinaggregat (η=35 %), ein Generator (η=98 %) und eine Heizplatte (η=30 %) zur Verfügung. Berechnen Sie den Gesamtwirkungsgrad Ihres Versuchsaufbaus und geben Sie die Energieformen an. Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 69 3. Wie viel Benzin (Energiedichte 32 MJ·l-1) benötigen Sie, um die Reaktion aus der Aufgabe 2 durchzuführen? 4. Sie haben 2 Carnot-Kreisprozesse und Sie sollen auf Grund des Wirkungsgrades entscheiden, welcher der bessere ist. Bei Prozess A ist Tmax = 700 K und Tmin = 500 K. Bei Prozess B ist Tmax = 400 K und Tmin = 300 K. Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 70 6.5 Lösungen zu Kapitel 6 Aufgabe 6.1 Ein Wirkungsgrad von über 100 % würde bedeuten, dass bei der Umwandlung mehr Energie herauskommt als hineingeht. Dies würde einem Perpetuum Mobile erster Art entsprechen und gegen den ersten Hauptsatz der Thermodynamik verstossen („Energie kann nicht vernichtet oder erschaffen werden“). Aufgabe 6.2 Umwandlung aufgenommene Energie abgegebene Energie Wirkungsgrad Dieselaggregat chemisch (Diesel) mechanisch (Bewegung) 0.4 Generator mechanisch (Bewegung) elektrisch 0.98 Glühlampe elektrisch Strahlung (Licht) 0.1 Für den Gesamtwirkungsgrad erhält man η ges = η Diesel ⋅η Generator ⋅η Lampe η ges = 0.4 ⋅ 0.98 ⋅ 0.1 = 0.0392 Das bedeutet, dass dieser Vorgang einen Gesamtwirkungsgrad von 3,92 % hat, was bei näherer Betrachtung sehr wenig ist. Am meisten Energie geht bei der Glühlampe verloren, da dort sehr viel Wärme produziert wird, die nicht genutzt werden kann. Aufgabe 6.3 Gegeben sind T3 und T2. Von Zustand 1 nach Zustand 2 erfolgt eine isotherme Zustandsänderung, T1 ist also identisch mit T2. Damit lässt sich der CarnotWirkungsgrad bestimmen: η Carnot = 1 − T3 T1 η Carnot = 1 − 300 K = 0.75 400 K Die aufgenommene Energie Q2,rev beträgt gemäss Aufgabenstellung 125 kJ. Um die abgegebene Energie Q1,rev zu bestimmen, setzten wir direkt den Wirkungsgrad ein. Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 71 η= E abgegeben E aufgenommen E abgegeben = η ⋅ E Aufgenommen E abgegeben = 125kJ ⋅ 0,75 = 93,75kJ Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 72 L Literaturverzeichnis [1] C. Mortimer Das Basiswissen der Chemie 1987 5. Auflage, Thieme Verlag, Stuttgart. [2] P. Atkins Physical Chemistry 2002 7. edition, Oxford University Press, Oxford. [3] M. Quack Skript Thermdynamik 2004 ETH Zürich, Zürich. [4] F. Merkt Skript Physikalische Chemie III 2000 ETH Zürich, Zürich. [5] P. Tipler Physik 2004 2. Auflage, Elsevier, München. [6] L. Müller, R. Sigrist Kalorimetrie 2004 ETH Zürich, Zürich. [7] http://www.wikipedia.de [8] O. Dossenbach Thermodynamik für Chemieingenieure 2005 ETH Zürich, Zürich. [9] P. Kaeser Atombau (Kugelwolkenmodell) 2002 educETH, ETH Zürich, Zürich. [10] E. Meister, A. Schweiger Praktikum Allgemeine Chemie 2003 4. Auflage, ETH Zürich, Zürich. Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 73 X Lehrerteil Nur für Lehrpersonen bestimmt X.1 Musterlösungen Kapitel 1 Test 1 Sie beantwortet die Fragen rund um Energie und Energieübertragung. In der Chemie ist die Thermodynamik wichtig, um die Spontanität und den Energieverlauf einer Reaktion zu beschreiben. Test 2 Eine Reaktion wird als spontan bezeichnet, wenn sie freiwillig abläuft. Für manche spontane Reaktionen muss zuerst eine Aktivierungsenergie aufgewendet werden um sie in Gang zu setzen. Es muss jedoch nicht die ganze Zeit Energie aufgewendet werden. Beispiele: Knallgasreaktion, Natrium und Wasser, etc. X.2 Musterlösungen Kapitel 2 Test 1 Gegeben: V1, T1, T2 Konstant: n, R, p Gesucht: V2 Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 74 p ⋅V = n ⋅ R ⋅ T Vx n ⋅ R = Tx p V ⋅T n ⋅ R V1 V2 = = ⇒ V2 = 1 2 p T1 T2 T1 V2 = 100ml ⋅ 273,15 K = 84,4ml 323,15 K Vorsicht: Temperatur in Kelvin umrechnen, denn das Volumen kann unmöglich Null werden. Test 2 Gegeben: V, n, T, R Gesucht: p p⋅V = n ⋅R ⋅T p= n ⋅R ⋅T V p= kPa ⋅ l ⋅ 383,15 K mol ⋅ K = 159,85kPa 10l 0.5mol ⋅ 8,3441 Test 3 Gegeben: V1, T1, p1, T2, p2 Konstant: n, R Gesucht: V2 p x ⋅ V x = n ⋅ R ⋅ Tx ⇒ n ⋅ R = n⋅R = V2 = p x ⋅ Vx Tx p1 ⋅ V1 p 2 ⋅ V2 p ⋅V ⋅ T = ⇒ V2 = 1 1 2 T1 T2 p 2 ⋅ T1 115kPa ⋅ 375ml ⋅ 273,15 K = 389,9ml 101,325kPa ⋅ 298,15 K Test 4 Gegeben: V, p, T Gesucht: n Man berechnet zuerst die Menge an Stickstoffgas n(N2): Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 75 p ⋅V = n ⋅ R ⋅ T ⇒ n = p ⋅V R ⋅T 1atm = 101,325kPa n( N 2 ) = 101,325kPa ⋅ 5l = 0,1915mol kPa ⋅ l ⋅ 318,15 K 8,3144 mol ⋅ K Über die stöchiometrische Gleichung findet man n( NaN 3 ) = 2 2 ⋅ 0.1915 n( N 2 ) = mol = 0,1277 mol 3 3 Die Molmasse von Natriumazid beträgt 65,01 g·mol-1, daher beträgt die Menge an Natriumazid vor der Detonation 8,3 g. X.3 Musterlösungen Kapitel 3 Experiment Es werden folgende Werte gemessen: Salz Kaliumnitrat Natriumchlorid Natriumhydroxid TA TE ΔT mH2O MSalz mSalz ΔH ΔHm [°C] [°C] [K] [ml] [g/mol] [g] [J] [J/mol] 23 16 -7 100 101.1 10.19 -2’926.9 -29’040 23 22 -1 100 58.44 10.06 -418.13 -2’429 23 41 +18 100 40.00 10.66 +7'526.3 +28’239 Test 1 Rundkolben ohne Deckel: offenes System Rundkolben mit Deckel: geschlossenes System Thermoskanne: isoliertes System Badewanne: (man kann Wasser ein- und ablaufen lassen) offenes System Kaffeetasse: (ohne Kaffee zu verschütten, dann wäre es ein offenes System): geschlossenes System Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 76 Test 2 Der Eisenblock wird sich erwärmen, das Wasser abkühlen. Nach einer gewissen Zeit haben Eisenblock und Wasser dieselbe Temperatur. Die Atome des Eisenblocks werden beschleunigt, die Moleküle des Wassers verlangsamt. Test 3 m Li = 100 g ΔT = 20 K J g⋅K ΔQ = ΔH = m ⋅ C p ⋅ ΔT C p , Li = 3,58 ΔQ = 100 g ⋅ 3,58 J ⋅ 20 K = 7,16kJ g⋅K Test 4 t = 1 min = 60 s ΔQ = t ⋅ P = 60s ⋅ 10 ΔT = ΔQ m⋅Cp C p , Diamant = 0,5091 C p ,Graphit = 0,71 ΔTDiamant = ΔTGraphit X.4 J = 600 J s J g⋅K J g⋅K 600 J = 117,9 K J 10 g ⋅ 0,5091 g⋅K 600 J = = 84,5K J 10 g ⋅ 0,71 g⋅K Musterlösungen Kapitel 4 Test 1 Alle Aufgaben sind zu lösen, indem die Energiegleichung aufgestellt wird, dann die Formeln für die entsprechenden Energien eingesetzt und nach der gesuchten Variablen aufgelöst werden. Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 77 E = E Kin + Q Q = 100kg ⋅ 143 MJ = 14'300 MJ kg E Kin = Q 1 m ⋅ v2 = Q ⇒ v = 2 2Q m kg ⋅ m 2 m km s2 = 1691 = 6'088 s h 10'000kg 2 ⋅ 14'300'000'000 v= Zum Vergleich: Schallgeschwindigkeit beträgt 1225 km/h, die Rakete würde also Mach 5 fliegen. Test 2 E = E el + QSchmelz + QErhitzen E el = P ⋅ t = 1800W ⋅ t = 1800 QSchmelz = 63 J ⋅t s kJ ⋅ 0,1kg kg QErhitzen = m ⋅ ΔT ⋅ C p = 100 g ⋅ 1044 K ⋅ 0,1291 J = 13,48kJ g⋅K E el = QSchmelz + QErhitzen 63 t= kJ ⋅ 0,1kg + 13,48kJ kg = 11s kJ 1,8 s Test 3 E = E Re aktion + E Schmelz kJ = 47,4kJ mol kJ = 0,025kg ⋅ 398 = 9,95kJ kg E Re ation = 0,1mol ⋅ 474 E Schmelz Die Reaktionsenergie ist viel grösser als die Schmelzenergie der Dose, die Dose würde also rein energetisch gesehen schmelzen. Da die Energie aber schlagartig frei wird, wird die Dose explodieren. Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 78 Test 4 E = E el + QWasser + QUmgebung E el = QWasser + QUmgebung QWasser = C p ⋅ m ⋅ ρ ⋅ ΔT QWasser = 4,1813 J g ⋅ 1000ml ⋅ 1 ⋅ 70 K = 292'691J g⋅K ml J⎞ ⎛ E el = ⎜1000 ⎟t s⎠ ⎝ J⎞ ⎛ QUmgebung = ⎜ 250 ⎟t s⎠ ⎝ J⎞ J⎞ ⎛ ⎛ ⎜1000 ⎟t = 292'691J + ⎜ 250 ⎟t s⎠ s⎠ ⎝ ⎝ 292'691J = 390 s = 6,5 min t= (1000 − 250) J s X.5 Musterlösungen Kapitel 5 Test 1 Die Bekannten können direkt in die Gleichung für die Reaktionsentropie eingesetzt werden: ⎛T ⎞ ΔS = n ⋅ C p ⋅ ln⎜⎜ E ⎟⎟ ⎝ TA ⎠ Für Argon: n = 3mol C p = 20,7862 J mol ⋅ K TE = 20 °C TA = 50 °C ΔS = 3mol ⋅ 20,7862 Leitprogramm ⎛ 20 °C ⎞ J J ⎟⎟ = − 57,17 ⋅ ln⎜⎜ mol ⋅ K ⎝ 50 °C ⎠ K Grundlagen der Thermodynamik Seite 79 Für Stickstoff n = 5mol C p = 29,12 J mol ⋅ K TE = 45 °C TA = 25 °C ΔS = 5mol ⋅ 29,12 ⎛ 45 °C ⎞ J J ⎟⎟ = 85,58 ⋅ ln⎜⎜ mol ⋅ K K ⎝ 25 °C ⎠ Test 2 Die Standard-Reaktionsentropie berechnet sich aus der Summe der beteiligten absoluten Standard-Entropien mit der Formel ΔS 0 = ∑ S P0 − ∑ S R0 Für 2 H2 (g) + O2 (g) Æ 2 H2O (l) ergibt dies ( ) ( ΔS 0 = 2 ⋅ S H0 2 + S O0 2 − 2 ⋅ S H0 2O ) ΔS 0 = [(2 ⋅ 130,6 + 205,03) − (2 ⋅ 69,96)] J J = 196,27 mol ⋅ K mol ⋅ K Für N2 (g) + 3 H2 (g) Æ 2 NH3 (g) ergibt es weiter ) ( ( 0 ΔS 0 = S N0 2 + 3 ⋅ S H0 2 − 2 ⋅ S NH 3 ) ΔS 0 = [(191,53 + 3 ⋅ 130,6 ) − (2 ⋅ 192,5)] J J = 198,33 mol ⋅ K mol ⋅ K Test 3 Man nutzt die Tatsache aus, dass der Dampf mit dem Methanol im Gleichgewicht steht und somit ΔG = 0 ist. ΔG 0 = 0 ΔG = ΔH − T ⋅ ΔS = 0 ΔH T= ΔS kJ 37,4 mol = 337 K = 64 °C T= kJ 0,111 mol ⋅ K Der tatsächliche Wert liegt bei 64,96 °C, die Abweichung kommt von der Annahme, dass ΔH0 und ΔS0 nicht temperaturunabhängig sind. Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 80 Test 4 Man kann direkt in die Formel für die Reaktionsentropie einsetzen: ΔG = ΔH − T ⋅ ΔS T = 298,15K ΔG = −114 kJ ⎛ kJ ⎞ ⎞ kJ ⎛ − ⎜⎜ 298,15K ⋅ ⎜ − 0,15 ⎟ ⎟⎟ = − 69,28 mol ⎝ mol ⋅ K ⎠ ⎠ mol ⎝ ΔG ist negativ, die Reaktion ist daher exergon und somit spontan. X.6 Musterlösungen Kapitel 6 Test 1 Energieformen Prozess aufgenommene Energie abgegebene Energie Wasserkraftwerk mechanisch elektrisch Transformation elektrisch elektrisch Heizplatte elektrisch thermisch Der Gesamtwirkungsgrad wird als Produkt der einzelnen Wirkungsgrade berechnet: η Ges = ∏η i η Ges = ηWasserkraft ⋅η Tranf ⋅η Heizplatte η Ges = 0,9 ⋅ 0,9 ⋅ 0,3 = 0,243 = 24,3% Test 2 Energieformen Prozess aufgenommene Energie abgegebene Energie Benzinaggregat chemisch mechanisch Generator mechanisch elektrisch Heizplatte elektrisch thermisch Der Gesamtwirkungsgrad wird als Produkt der einzelnen Wirkungsgrade berechnet: Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 81 η Ges = ∏η i η Ges = η Aggregat ⋅ η Generator ⋅η Heizplatte η Ges = 0,35 ⋅ 0,98 ⋅ 0,3 = 0,1029 = 10,3% Test 3 Die benötigte Wärme Q für die Reaktion beträgt 1000 kJ. Über die Energiedichte EBenzin kann man mit dem Wirkungsgrad aus Test 2 direkt die folgende Gleichung herleiten: η Ges ⋅ E Benzin ⋅ m Benzin = Q m Benzin = m Benzin = Q η Ges ⋅ E Benzin 1000kJ 0,1029 ⋅ 32'000 kJ l = 0,304l ≅ 3dl Test 4 Man berechnet für beide Prozesse den Wirkungsgrad gemäss der gegebenen Formel. η Carnot = 1 − Tmin Tmax 500 K = 0,286 700 K 300 K = 1− = 0,25 400 K A :η Carnot = 1 − B :η Carnot Der Prozess A weist den höheren Wirkungsgrad auf, ist also der effizientere Prozess. Leitprogramm Grundlagen der Thermodynamik Seite 82