Kapitel 2, Autonomie der Syntax

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Csatári Nóra : Autonomie der Syntax
Kurs: Pinker: Der Sprachinstinkt (Gergely Pethő) 2002. 03. 06. 1800 Uhr,
Universität Debrecen, Institut für Germanistik
1.Zum Begriff der Autonomie
1.1 Welche Frage stellt die generative Grammatik?
-Wie ist unser sprachliches Wissen im Gehirn repräsentiert und wie
kommt es da hinein?
1.2 Traditionelle Strukturierung des Gegenstandsbereichs der Linguistik
(stammt aus den 40er Jahren von Strukturalisten):
Phonetik/Phonologie
Morphologie/Wortbildung
Syntax
Semantik
Diese Klassifizierung orientiert sich an rein deskriptiven Kategorien, so
gibt sie uns keine Struktur.
1.3 Ergebnis der Forschung
zwei Bereiche unseres sprachlichen Wissens sind autonom: Syntax
und Phonologie. Zusammenfassende Bezeichnung: „Grammatik”
oder „formale Kompetenz”
Autonom bedeutet: alle übrigen Aspekte sprachlichen Wissens ergeben sich
aus dem Zusammenspiel der Grammatik mit anderen kognitiven
Struktursystemen, die man unter der Bezeichnung „Pragmatik”
zusammenfassen kann, diese jedoch nicht.
(Pragmatik = nicht-sprachliches wissen)
1.4 Die Autonomiehypothese: Grammatik ist autonom, ihre
Gesetzmassigkeiten sind nur mit eigenständigen grammatischen
Kategorien formulierbar.
1.5 Missverständnisse, die vielfach im Kontext der Autonomiehypothese
entstanden sind und dann zu ihrer Ablehnung geführt haben.
a.
Wir verwenden die Sprache zur Kommunikation. Warum ist
nicht die Kommunikation autonom? Eine Struktur der Sprache ist
nicht durch ihre Funktion bestimmt.
b.
Eine bildliche Darstellung von Gegebenheiten ist bei der
kognitiven Verarbeitung von zentraler Bedeutung. Bestimmte
Sachverhalte mit charakteristischen Eigenschaften lassen sich
grundsätzlich nicht auf bildliche Weise darstellen, wie
universelle Quantoren, Negationen. z.B. „alle Menschen” oder
„kein grüner Baum”
c.
Besteht zwischen syntaktischen Strukturen und semantischfunktionalen Gegebenheiten kein Zusammenhang?
Einige Wortstellungsregeln haben semantische Effekte
(Verbvoranstellungsregel signalisiert entweder Frage oder
Bedingungssatz), aber das gilt nicht für alle. z.B. im Nebensatz
steht das finite Verb am Ende, wenn eine Konjunktion vorhanden
ist.
Ich glaube, dass Peter Maria liebt.
Ich glaube, Peter liebt Maria.
2. Syntax und Semantik
2.1 Generative Semantik – war eine Forschungsrichtung der Linguistik in
den 60er Jahren.
Ihre Auffassung: syntaktische Gesetzmäßigkeiten sind nichts anderes als
ein Reflex semantischer Phänomene und Prinzipien.
Zwei Versionen:
Die stärkere: Grammatik als eigenständiger Beschreibungsbereich existiert
im Grunde nicht.
Die schwächere: syntaktische Begriffe und Regel existieren zwar, jedoch
die Prinzipien, denen diese unterliegen, sind stets semantischer Natur.
2.1.1 Die stärkere Version entwickelt sich vor allem aus der sog. KatzPostal-Hypothese: Transformationsregeln verändern üblicherweise die
Bedeutung einer Struktur nicht. z.B. Passivtransformation
Grammatik besteht aus zwei wesentlichen Strukturebenen:
der Tiefenstruktur (Bedeutung)
der Oberflächenstruktur (Strukturelle Besonderheiten)
Konsequenzen:
- Für alle Sätze, die bedeutungsgleich sind, muss eine gemeinsame
Tiefenstruktur angesetzt werden.
a. Peter hackte das Holz mit einer Axt.
b. Peter benutzte eine Axt, um das Holz zu Hacken.
- Für Satze, die verschiedene semantische Interpretation erlauben, müssen
unterschiedliche Tiefenstrukturen angesetzt werden.
Das Programm der generativen Semantik kann man seit Mitte der 70er als
gescheitert ansehen.
Gründe:
1. Die Katz-Postal-Hypothese war schon rein empirisch nicht zu
rechtfertigen.
2. Wichtige syntaktische Generalisierungen lassen sich nicht mehr
erfassen, wenn die Grammatik ausschließlich aus semantischen
Strukturen und semantischen Prozessen bestehen.
3. Die extreme Abstraktheit der Tiefenstruktur führt zu einer
Grammatikkonzeption, die nicht mehr die Kriterien der Lernbarkeit
und Repräsentierbarkeit erfüllt.
2.1.2 Bei der genauen Betrachtung semantischer Erklärungen zeigt sich,
dass in dem betreffenden Phänomenfeld noch ein Rest „übrig bleibt”, der
sich der semantischen Begründung entzieht und offenbar rein syntaktischer
Natur ist.
3. Syntax und Funktionalismus
3.1 Funktionale Grammatik als Konkurrenz zur Autonomiehypothese
Ihre These: Die syntaktischen Gesetzmäßigkeiten natürlicher Sprachen
lassen sich aus pragmatischen und textstrukturellen Prinzipien im
Wechselspiel mit semantischen Faktoren ableiten.
Ein Bevorzugter Bereich funktionalistischer Erklärungen ist die
Passivkonstruktion.
3.2 Funktion des Passivs: das Agens eines transitiven Verbs detopikalisiert
und das logische Objekt topikalisiert.
3.3 Der Grund des Scheiterns der These:
Die Funktion einer Regel ist nicht mit den strukturellen Eigenschaften der
Regel gleichzusetzen.
z.B. Die deutsche Passivkonstruktion weist eine Vielzahl von interessanten
Gesetzmäßigkeiten auf, die mit ihrer Funktion überhaupt nichts zu tun
haben:
a.
Verben mit Dativobjekt bilden ein „unpersönliches Passiv”, während
bei Verben mit Akkusativobjekt dies im Passiv als Subjekt auftritt.
b.
Zwar können sowohl transitive als auch intransitive Verben das Passiv
mit werden bilden, aber nur transitive Verben erlauben das Passiv mit
bekommen.
c.
Intransitive Verben können nur dann ein Passiv bilden, wenn sie ihr
Perfekt mit haben und nicht mit sein bilden.
4. Zusammenfassend
Das, was wir als Sprache bezeichnen, ergibt sich aus dem Zusammenspiel
höchst unterschiedlicher Komponenten, von denen eine eben die
Grammatik als eigenständiges und autonomes Struktur- und Wissenssystem
ist.
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