Elektrische Messtechnik

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FH Aachen
Campus Jülich
Prof. Dr.-Ing. R. Meißen
Prof. Dr. Ing. C. Helsper
Elektrische Messtechnik
Vorlesung für den Studiengang
"Physikingenieurwesen"
Jülich, September 2011
Inhalt
1.
Einleitung
1.1
2.
Einige Vorbemerkungen
2.1
Allgemeine Grundbegriffe
2.2
Spezielle Begriffe bei elektrischen Größen
2.3
Messabweichungen
2.3.1 Arten und Quellen von Messabweichungen
2.3.2 Einige Gleichungen und Definitionen
2.4
Sinnbilder und Schaltzeichen
2.1
2.1
2.3
2.8
2.8
2.11
2.14
3.
Klassische Messgeräte (Zeigerinstrumente)
3.1
Drehspulmessgerät
3.1.1 Messprinzip
3.1.2 Messung von Gleichstrom, Gleichspannung und
ohmschen Widerstand
3.1.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung
3.2
Dreheisenmessgerät
3.3
Elektrodynamisches Messgerät (Wirkleistungsmesser)
3.1
3.1
3.1
3.3
3.8
3.12
3.13
Wichtige Messverfahren
4.1
Messung von Gleichspannung
4.1.1 Direkte Messung mit Voltmeter
4.1.2 Messung mit Kompensationsverfahren
4.2
Messung von Gleichstrom
4.2.1 Direkte Messung mit Amperemeter
4.2.2 Messung mit Shunt-Widerstand
4.2.3 Messung mit Kompensationsverfahren
4.3
Messung von Wechselspannung und Wechselstrom
4.3.1 Vorbemerkungen
4.3.2 Effektivwertmessung
4.3.3 Spitzenwertmessung
4.4
Messung von Leistung
4.4.1 Leistung bei Gleichstrom
4.4.2 Leistung bei Einphasenwechselstrom
4.5
Messung von Impedanzen
4.5.1 Vorbemerkung
4.5.2 Gleichspannungsgespeiste Messbrücken
4.5.3 Wechselspannungsgespeiste Messbrücken
4.6
Messung von Zeit und Frequenz
4.1
4.1
4.1
4.1
4.3
4.3
4.4
4.5
4.7
4.7
4.7
4.9
4.11
4.11
4.12
4.14
4.14
4.15
4.19
4.25
4.
5.
Verstärkung schwacher Signale
5.1
Grundschaltungen mit Operationsverstärkern
5.1.1 Invertierende Verstärker
5.1.2 Nichtinvertierende Verstärker
5.1.3 Differenzverstärker
5.1.4 Präzisionsgleichrichter
5.1.5 Spannungs-Strom-Wandler
5.2
Wichtige Fehlerquellen bei Operationsverstärkern
5.3
Einige Typen und Daten von Verstärkern
5.3.1 Einige wichtige Verstärkertypen
5.3.2 Typische Daten von Messverstärkern
5.3.3 Lock-In-Verstärker
5.4
Elektronische Störungen und Gegenmassnahmen
5.1
5.1
5.2
5.9
5.10
5.14
5.15
5.17
5.23
5.23
5.24
5.26
5.29
6.
Digital-Analog- und Analog-Digital-Umsetzer
6.1
Digital-Analog-Umsetzer (DAU)
6.2
Analog-Digital-Umsetzer (ADU)
6.1
6.1
6.4
7.
Messung bei hohen Frequenzen
7.1
Literaturempfehlungen
A-1
Übungsaufgaben
Ü-1
1.1
1 Einleitung
Die elektrische Messtechnik befasst sich mit der Messung elektrischer Größen.
Die Messgrößen sind in Tabelle 1.1 zusammengestellt:
Tabelle 1.1
Messgrößen in der elektrischen Messtechnik
Messgröße
Formelzeichen
Einheit
Name
Einheit
Zeichen
Spannung
U
Volt
V
Strom
I
Ampere
A
Leistung
P, Q, S
Watt
W, VA
Frequenz
Zeitdauer
f
T
Hertz
Sekunde
s-1
s
elektrischer Widerstand
R
Ohm
S
Kapazität
C
Farad
F
Induktivität
L
Henry
H
Mit Hilfe von Sensoren (Messfühlern), die nichtelektrische Größen wie z.B. Temperatur, Kraft, Leuchtdichte, in elektrische Größen umwandeln, können auch diese Größen "elektrisch " gemessen werden.
Die elektrische Messtechnik beschäftigt sich dabei unter anderem mit
Messgeräten,
z.B.
Voltmetern, Amperemetern
Messverfahren,
z.B.
Messbrücken, Operationsverstärkern
Messverstärkern,
z.B.
Operationsverstärkern
Messumsetzern,
z.B.
Analog-Digitalumsetzern (ADU, ADC)
Einflussgrößen,
z.B.
Rauschen, Thermospannungen
Messabweichungen,
z.B.
Rückwirkungen auf die Messgröße
1.2
Im Rahmen der elektrischen Messtechnik sind eine Reihe von DIN-Normen und
VDE1-Bestimmungen zu beachten.
DIN-Normen geben Empfehlungen auf vielen verschiedenen Gebieten, z.B.
- Einheiten (=SI-Einheiten)
- Formelzeichen
- Schaltzeichen
z.B. Ampere für Stromstärke
z.B. U für Spannung
VDE-Bestimmungen befassen sich mit Festlegungen für elektrische Anlagen und
Betriebsmittel.
Man unterscheidet:
VDE-Vorschriften, die immer eingehalten werden müssen, um Gefahren
für Personen und Sachen auszuschließen.
VDE-Regeln, die immer eingehalten werden sollen, um die Zuverlässigkeit
elektrischer Einrichtungen zu gewährleisten.
VDE-Richtlinien, die Hinweise zum Stand der Technik darstellen, um eine
bestimmte Aufgabe optimal lösen zu können.
(VDE-Bestimmungen haben die Bedeutung von Gesetzen.)
1
VDE = Verband Deutscher Elektrotechniker
2.1
2. Vorbemerkungen
2.1 Allgemeine Grundbegriffe
Größe
Die qualitative und quantitative Beschreibung physikalischer
Phänomene erfolgt mit physikalischen Größen, kurz Größen
genannt.
Der spezielle Wert einer Größe (Größenwert, in der Messtechnik Messwert genannt) kann als Produkt ausgedrückt werden:
Größenwert = Zahlenwert @ Einheit
z.B. I = 3 A
(siehe auch DIN 1313, April 1978)
Messgröße
Physikalische Größe, der die Messung gilt.
Messen
(auch Messung einer Messgröße)
Ausführen von geplanten Tätigkeiten zum quantitativen Vergleich der Messgröße mit einer Einheit.
Messwert
Wert, der zur Messgröße gehört und der der Ausgabe eines
Messgerätes oder einer Messeinrichtung eindeutig zugeordnet ist (oder verständlicher: der aus der Anzeige eines Messgerätes ermittelte Wert der Messgröße).
Messergebnis
Aus der Messung gewonnener Schätzwert für den wahren
Wert der Messgröße (z.B. durch Mittelung aus mehreren
Messwerten gewonnen).
Messprinzip
Physikalische Grundlage des auszuführenden quantitativen
Vergleichs von Messgröße und Einheit
z.B. der thermoelektrische Effekt als Grundlage einer Temperaturmessung.
Messmethode
Spezielle, vom Messprinzip unabhängige Art des Vorgehens
beim Messen.
z.B. Vergleichs-Messmethode, Kompensations-Messmethode,
analoge Messmethode, digitale Messmethode.
Messverfahren
Praktische Anwendung eines Messprinzips und einer Messmethode.
Messgerät
Gerät, das allein oder in Verbindung mit anderen Einrichtungen für die Messung einer Messgröße vorgesehen ist.
Messeinrichtung
Gesamtheit aller Messgeräte und zusätzlicher Einrichtungen
zur Erzielung eines Messergebnisses.
Messsignal
In einem Messgerät oder einer Messeinrichtung vorliegende,
der Messgröße eindeutig zugeordnete, i.a. veränderliche Größe, aus deren Parametern auf die Messgröße geschlossen
werden kann.
Einflussgröße
Größe, die nicht Gegenstand der Messung ist, jedoch die
Messgröße oder die Ausgabe beeinflusst.
2.2
Ausgabe
Durch ein Messgerät oder eine Messeinrichtung bereitgestellte und in einer vorgesehenen Form ausgegebene Information
über den wahren Wert der Messgröße.
Als direkte Ausgabe oder Anzeige wird eine unmittelbar optisch oder akustisch erfassbare Ausgabe bezeichnet.
Messbereich
Bereich derjenigen Werte der Messgröße, für den gefordert
ist, dass die Messabweichungen des Messgerätes innerhalb
festgelegter Grenzen bleiben.
Ausgabebereich
Bereich aller Werte, die durch das Messgerät als Ausgabe bereitgestellt werden können. Bei anzeigenden Messgeräten
auch Anzeigebereich genannt.
Empfindlichkeit
Änderung des Wertes der Ausgangsgröße eines Messgerätes,
bezogen auf die sie verursachende Änderung des Wertes der
Eingangsgröße.
Auflösung
Angabe zur quantitativen Erfassung der Eigenschaft eines
Messgerätes, zwischen nahe beieinanderliegenden Messwerten eindeutig zu unterscheiden.
Die Auflösung kann quantitativ z.B. durch die kleinste Differenz zweier Messwerte, die das Messgerät eindeutig unterscheidet, gekennzeichnet werden.
Kalibrieren
Ermitteln des Zusammenhangs zwischen Messwert oder Erwartungswert der Ausgangsgröße und dem zugehörigen wahren oder richtigen Wert der als Eingangsgröße vorliegenden
Messgröße für eine betrachtete Messeinrichtung bei vorgegebenen Bedingungen.
(Beim Kalibrieren erfolgt kein Eingriff, der das Messgerät verändert).
Justieren
Einstellen oder Abgleichen eines Messgerätes, um systematische Messabweichungen so weit zu beseitigen, wie für die
vorgesehene Anwendung erforderlich.
(Justieren erfordert einen Eingriff, der das Messgerät bleibend
verändert).
Eichen
Prüfung durch die Eichbehörde, ob das Messgerät den Eichvorschriften entspricht.
Alle Definitionen entsprechen, soweit nicht anders vermerkt, DIN 1319, Grundlagen der Messtechnik, Teil 1, Grundbegriffe, Entwurf, November 1992.
2.3
2.2 Spezielle Begriffe bei elektrischen Größen
Eine Gleichgröße ist eine Größe, deren Augenblickswert zeitlich konstant ist
( siehe Abb. 2.2-1).
x(t)
X
t
x(t) = X
x(t), x
X
Abb. 2.2-1
Zeitfunktion, Augenblickswert
Gleichgröße
Beispiel für eine Gleichgröße
Eine Wechselgröße ist eine periodisch zeitabhängige Größe beliebiger Kurvenform, deren Mittelwert Null ist (Abb. 2.2-2).
x(t)
T
t
x(t+nT) = x(t)
n
ganze Zahl
T
Periodendauer
f = 1/T
Frequenz
Abb. 2.2-2
Beispiel für eine Wechselgröße
2.4
Eine Sinusschwingung ist ein (oft erwünschter) Spezialfall einer Wechselgröße.
x(t) = x^ sin(Tt+n)
x^
T = 2Bf
n
Scheitelwert, Spitzenwert, Amplitude
Kreisfrequenz
Nullphasenwinkel
Als Mischgröße bezeichnet man die Überlagerung einer Gleich- und einer Wechselgröße:
x~
linearer Mittelwert von x(t), Gleichanteil
Wechselgröße, Wechselanteil
Mischgrößen, die nur eine Polarität besitzen, also nur positive oder nur negative
Werte annehmen, bezeichnet man auch als pulsierende Gleichgrößen.
Für periodische zeitabhängige Größen (z.T. auch für stochastische Größen) gelten
die im folgenden aufgeführten Definitionen:
Linearer Mittelwert (zeitlicher linearer Mittelwert):
Für Sinusschwingungen gilt:
= 0.
Gleichrichtwert (zeitlicher linearer Mittelwert der Beträge):
Für Sinusschwingungen gilt:
2.5
Effektivwert
RMS
(zeitlicher quadratischer Mittelwert)
(Root Mean Square)
Das Formelzeichen X für xeff wird nur verwendet, wenn keine Verwechslung mit
Gleichgrößen möglich ist.
Der Sinn des Effektivwerts folgt aus einer Betrachtung der elektrischen Leistung.
Für einen ohmschen Widerstand gilt:
Der zeitlich quadratische Mittelwert (Effektivwert) ist also ein Maß für die von
einem Wechselstrom erzeugte Leistung.
Formfaktor:
x ; auch Wechselstrom liefert Leistung!).
Der Formfaktor ist immer F $ 1 (weil X > —
Für Sinusschwingungen gilt:
Schwingungsbreite:
Die Schwingungsbreite xpp (Peak-Peak, bzw. xss = Spitze-Spitze-Wert) ist der Unterschied zwischen Maximum und Minimum der zeitabhängigen Größe während
einer Periodendauer (Abb. 2.23).
x
Abb. 2.2-3
Zur Definition der
Schwingungsbreite
x pp
t
2.6
Crestfaktor, Scheitelfaktor:
Der Crestfaktor gibt an, um wie viel größer der Scheitelwert im Vergleich zum
Effektivwert sein kann. Er ist vor allem bei Signalen mit einzelnen, hohen Spitzenwerten von Bedeutung. Diese Spitzenwerte können ein Messgerät übersteuern
und so zu Fehlmessungen führen. Für eine korrekte Messung muss bei vielen
Geräten der Crestfaktor > < 3 sein.
Wird beispielsweise zur Messung eines kleinen Effektivwertes ein Gerät in eine
empfindlichere Einstellung geschaltet, so führt dies zu einem Abschneiden der
Spitzenwerte und damit zu einer weiteren Verkleinerung des Effektivwertes.
Darstellung von Größen in der Einheit Dezibel (dB):
Das Dezibel, eine sog. "unechte Sondereinheit", ist ein logarithmisches Leistungsverhältnis. Abgeleitet davon kann es auch zur Darstellung von Spannungs- und
Stromverhältnissen benutzt werden. Dabei müssen allerdings die betrachteten
Widerstände (in Abb. 2.2-4: R1 und R2 ) gleich sein.
I1
U1
Abb. 2.2-4
Definition:
P1
I2
R1
Vierpol
P2
U2
R2
Zur Definition der Leistungs-, Strom- und Spannungsverhältnisse im
Zusammenhang mit der Einheit Dezibel
2.7
Mit
beziehungsweise
und
folgt:
Tabelle 2.2-1 gibt einige Beispiele mit entsprechenden Zahlenwerten.
Tabelle 2.2-1
Beispiele für Spannungs- und Leistungsverhältnisse in der
Einheit Dezibel (dB)
U2 /U1
P2 /P1
a in dB
2-½
1/2
-3 dB
1
1
0 dB
2
4
6 dB
10
100
20 dB
100
10000
40 dB
Die logarithmische Einheit bietet den Vorteil einfacheren Rechnens, da Multiplizieren durch Addieren und Potenzieren durch Multiplizieren ersetzt wird. Dies war
vor allem in der "Vor-PC-Epoche" von Bedeutung.
Oft wird a = 20 lg(U2/U1) als logarithmische Verhältnisgröße für Spannungen auch
dann benutzt, wenn R1 =
/ R2 ist.
Als Leistungsverhältnis dient es zur Bezeichnung einer absoluten Leistung (eines
Leistungspegels) bei definierter Bezugsleistung P1. Beispiele dafür sind das dBm
(P1 = 1 mW bei R = 600 S). Entsprechend wird für Spannungen das dB:V verwendet (U1 = 1 :V bei R = 50 S).
Beispiele:
0 dBm = 1 mW = 775 mV an 600 S
20 dBm = 100 mW = 7,75 V an 600 S
2.8
2.3 Messabweichungen
Unter dem Begriff Messabweichung (oft auch noch nicht normgerecht als Messfehler bezeichnet) versteht man die Abweichung eines aus der Messung gewonnenen Wertes vom wahren Wert der Messgröße.
Die Messabweichung ist nie genau bekannt, da der wahre Wert der Messgröße
nicht genau bekannt ist.
2.3.1 Arten und Quellen von Messabweichungen
Hinsichtlich ihrer Auswirkung und den möglichen Gegenmaßnahmen unterscheidet man zwei grundsätzlich verschiedene Arten von Messabweichungen:
Zufällige Messabweichungen
Als zufällige Messabweichung bezeichnet man denjenigen Teil der Messabweichung, der durch die zufällige, nicht einseitig gerichtete Streuung der ermittelten
Messwerte einer Messgröße verursacht wird (vergleiche DIN 1319, Teil 1).
Zufällige (stochastische) Fehler schwanken nach Betrag und Vorzeichen, sie streuen um den sog. Erwartungswert. Das Messergebnis kann durch Mehrfachmessung und Mittelwertbildung verbessert werden (entweder rechnerisch oder auch
schaltungstechnisch z.B. durch einen Tiefpass zur Verringerung hochfrequenter
Störungen).
Beispiele für die Ursachen zufälliger Fehler sind Rauschen, nicht reproduzierbare
Temperaturschwankungen, Ableseungenauigkeiten, Einwirkung nicht reproduzierbarer äußerer Störungen (z.B. HF-Einstreuungen).
Systematische Messabweichungen
Als systematische Messabweichung wird derjenige Teil der Messabweichung
bezeichnet, der nicht durch zufällige Streuung der Messwerte verursacht wird und
der im Verlaufe mehrerer Einzelmessungen entweder von Messwert zu Messwert
konstant bleibt oder sich gesetzmäßig (nicht zufällig) ändert (vergleiche DIN 1319,
Teil 1).
Systematische Messabweichungen entstehen hauptsächlich durch Unvollkommenheiten der Messgeräte und Messverfahren, wie z.B. Nichtlinearitäten, Nullpunktfehler, Abhängigkeit von der Temperatur und anderen Einflussgrößen und
Rückwirkungen auf das Messobjekt.
Diese Messabweichungen sind reproduzierbar, durch eine Kalibrierung erfassbar,
und prinzipiell korrigierbar.
Abb. 2.3.1-1 stellt schematisch den Zusammenhang zwischen Messwert, berichtigtem Messwert, Erwartungswert und wahrem Wert der Messgröße nach DIN
1319, Teil 1 dar.
Häufigkeit der Messwerte
2.9
Messabweichung des Messwertes
Zufällige
Messabweichung
Systematische Messabweichung
Bekannte systematische Messabweichung
Korrektion
Wahrer Wert
der Messgröße
Berichtigter Messwert
Erwartungswert
der Messgröße
Messwert
Abb. 2.3.1-1 Schematische Darstellung des Zusammenhangs zwischen Messwert,
berichtigtem Messwert, Erwartungswert und wahrem Wert der
Messgröße bei Messungen unter Wiederholbedingungen (nach DIN
1319 - 1)
Neben dieser grundsätzlichen Unterscheidung der Messabweichungen kann man
Fehler auch nach ihren Ursachen bzw. Quellen unterscheiden. Beispiele dafür
sind:
*
persönliche Fehler
z.B. durch mangelhafte Beobachtung oder Ablesung
*
Repräsentativitätsfehler
(der Messwert repräsentiert nicht den richtigen Wert)
z.B. die an der Wand hinter der Heizung gemessene Temperatur enspricht
nicht der zu messenden Temperatur in der Raummitte.
*
Fehler durch Rückwirkung auf das Messobjekt
Jeder Messvorgang führt grundsätzlich zu einem Energieaustausch mit
dem Messobjekt und ändert dadurch dessen Zustand.
z.B. durch die Stromaufnahme eines Voltmeters oder durch die kapazitive
Belastung einer Schaltung im Hochfrequenzbereich (siehe Abb. 2.3.1-2).
2.10
Ri
U0
=
I
U
Ri
U0
~
~
U = U0 - Ri@I < U0
V
I
U
C
V
U < U0
Abb. 2.3.1-2 Beispiele für die Rückwirkung der Messung auf das Messobjekt
*
Einwirkung von äußeren Störungen (Einflussgrößen)
z.B. Überlagerung einer zu messenden Spannung durch Einstreuung elektromagnetischer Felder (Netzfrequenz = 50 Hz-Brumm; Hochfrequenz),
Veränderung der Anzeige eines Messgerätes durch Temperaturänderung
*
Gerätefehler
z.B. Nichtlinearität, Nullpunktdrift, Hysterese, Quantisierungsfehler bei der
Digitalisierung
Darüber hinaus kann man noch unterscheiden zwischen:
*
statischen Messabweichungen, die bei der Erfassung zeitlich konstanter
Messgrößen nach Abklingen aller Einschwingvorgänge auftreten
und
*
dynamischen Messabweichungen, die bei der Erfassung sich zeitlich ändernder Messgrößen auftreten und in der Trägheit des Messverfahrens
oder der endlichen Größe der Abtastintervalle bei der Digitalisierung begründet sind.
2.11
2.3.2 Einige Gleichungen und Definitionen
Ein einzelner Messwert x hängt mit dem wahren Wert der Messgröße xw wie folgt
zusammen:
x = xw + er + es
mit
x
xw
er
es
Messwert
wahrer Wert der Messgröße
zufällige Messabweichung (Index r für "random")
systematische Messabweichung
Die systematische Messabweichung setzt sich im allgemeinen Fall aus einer bekannten und einer unbekannten Komponente zusammen:
es = es,b + es,u
mit
es,b
es,u
bekannte systematische Messabweichung
unbekannte systematische Messabweichung
Die oben genannten absoluten Angaben von Messabweichungen werden oft
auch relativ angegeben. Allgemein gilt:
Da der wahre Wert der Messgröße xw normalerweise nicht bekannt ist, kann die
relative Messabweichung auch auf den Messwert beziehungsweise das Messergebnis bezogen angegeben werden. Vor allem bei kleinen Fehlern hat dies
keine wesentliche Änderung im Zahlenwert der relativen Messabweichung zur
Folge.
Die zufällige Messabweichung kann durch Mittelwertbildung eliminiert werden:
Der Mittelwert
wird unberichtigtes Messergebnis oder auch Erwartungswert
der Messgröße genannt. Wird die bekannte systematische Messabweichung vom
unberichtigten Messergebnis subtrahiert, so erhält man das Messergebnis:
2.12
Eine weitere Größe zur Beschreibung der zufälligen Messabweichungen ist die
Standardabweichung oder Streuung. Für eine begrenzte Anzahl von Messungen
berechnet sich die Streuung s wie folgt:
Für große Werte von n (theoretisch: n = 4 ; praktisch: n > 100) geht die Streuung
s über in die Standardabweichung F.
Die Standardabweichung oder Streuung ist ein vorzeichenunabhängiges (weil
quadratisches) Maß für die Abweichung der einzelnen Messergebnisse vom Mittelwert und damit auch ein Maß für die Qualität der Messung.
Hat man für eine bestimmte, immer wiederkehrende Messung einmal die Standardabweichung durch eine große Zahl von Einzelmessungen bestimmt, so kann
man bei weiteren Messungen mit einer geringeren Anzahl von Einzelmessungen
zusätzlich zum Mittelwert so genannte Vertrauensgrenzen angeben, zwischen
denen der "wahre" Mittelwert (Mittelwert aus unendlich vielen Messungen) mit
einer bestimmten Wahrscheinlichkeit liegen muss.
So berechnet sich zum Beispiel für ein Vertrauensniveau von P = 95 % die Vertrauensgrenze zu
Der wahre Mittelwert
liegt dann mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 % im
Vertrauensbereich zwischen
Eine größere Anzahl von Einzelmessungen n engt den Vertrauensbereich also ein.
Die vorstehenden Überlegungen gelten für den häufig vorliegenden Fall, dass sich
die Verteilung der zufälligen Fehler durch eine Normalverteilung beschreiben
lässt.
2.13
Die Genauigkeit von Messgeräten wird durch ihre Fehlergrenzen beschrieben.
Fehlergrenzen sind Höchstbeträge von Messabweichungen eines Messgerätes,
die normalerweise vom Hersteller des Gerätes garantiert werden.
Der Begriff Genauigkeit im Zusammenhang mit einer quantitativen Aussage ist
unzulässig.
Fehlergrenzen können in der Einheit der Messgröße absolut oder bezogen auf
einen Wert (meist der Endwert des Messbereichs) relativ angegeben werden.
mit:
a
G
xe
relative (symmetrische) Fehlergrenze
absolute symmetrische Fehlergrenze
Bezugswert, hier: Messbereichsendwert
Symmetrische Fehlergrenzen werden ohne Vorzeichenzusatz (±) angegeben.
Messgeräte werden entsprechend ihrer Fehlergrenzen in Genauigkeitsklassen
eingeteilt.
Klasse:
0,1
0,2
0,5
1
1,5
2,5
5
Die Klassenbezeichnung entspricht der relativen Fehlergrenze bezogen auf den
Messbereichsendwert ausgedrückt in Prozent (%).
2.14
2.4 Sinnbilder und Schaltzeichen
Die im Rahmen dieser Vorlesung verwendeten Sinnbilder und Schaltzeichen sind
in Abb. 2.4-1 zusammengefasst. Die Abbildung stellt nur eine kleine Auswahl dar.
Weitere Informationen finden sich in der angegebenen Literatur sowie in den
einschlägigen Normen.
Ohmscher Widerstand
Akkumulator, einzellig
Widerstand, einstellbar
=
Gleichspannungsquelle
Induktivität
~
~
Wechselspannungsquelle
Kapazität
Stromquelle
Kapazität, einstellbar
Messgerät, allgemein
Elektrolytkondensator
A
Amperemeter
Diode
V
Voltmeter
Diode, emittierend (LED)
Leistungsmessgerät
Diode, lichtempfindlich
Zenerdiode
Schließer
Wechsler
Transistor, bipolar (NPN)
Übertrager
+
Operationsverstärker
-
Abb. 2.4-1
Sinnbilder und Schaltzeichen
3.1
3. Klassische Messgeräte (Zeigerinstrumente)
Im folgenden sollen die drei wichtigsten Gerätetypen aus einer Vielzahl von Geräten dargestellt werden, die auf sehr unterschiedlichen Verfahren beruhen, und
sehr unterschiedliche Eigenschaften und Einsatzbereiche besitzen.
3.1 Drehspulmessgerät
3.1.1 Messprinzip
Abb. 3.1.1-1 zeigt den prinzipiellen Aufbau eines Drehspulmessgerätes. Zwischen
zwei den Polschuhen eines Permanentmagneten befindet sich eine beweglich
gelagerte, stromdurchflossene Spule. Die Form der Polschuhe, sowie ein zylindrischer Polkern aus Eisen im Inneren der Spule sorgen für ein Magnetfeld, das in
dem Luftspalt zwischen Polschuhen und Polkern radialhomogen ist.
Permanentmagnet
Zeiger
F
Polschuh
F
Polkern
Abb. 3.1.1-1 Prinzipieller Aufbau eines Drehspulmesswerks
Der Zeiger ist mit der Spule fest verbunden.
3.2
Für das durch den Strom hervorgerufene Drehmoment gilt:
mit:
M
r
N
B
I
l
Drehmoment
Spulenradius
Windungszahl
Magnetische Flussdichte (Induktion) im Luftspalt
Spulenstrom
Länge der Spule senkrecht zum Magnetfeld
Eine Feder kompensiert das durch den Strom hervorgerufene Drehmoment durch
ein Gegendrehmoment, das dem Ausschlagwinkel des Zeigers proportional ist.
Dadurch ist der Ausschlagwinkel des Zeigers proportional zum Spulenstrom. Die
Richtung des Zeigerausschlags hängt von der Richtung des Stromes ab.
Bei Wechselströmen mit "höheren" Frequenzen (z.B. Netzfrequenz 50 Hz) kann das
Messwerk aufgrund seiner mechanischen Trägheit dem Richtungswechsel des
Stromes nicht folgen und liefert keinen Ausschlag. Es muss in diesem Betriebsfall
darauf geachtet werden eine thermische Überlastung der Spule durch zu hohe
Ströme zu vermeiden, da die Anzeige keinen Hinweis auf die Größe des Stroms
liefert.
Bei Mischströmen entspricht die Anzeige des Gerätes dem Gleichstromanteil.
Anzeige
Die Spulen-Feder-Kombination stellt ein massebehaftetes, schwingungsfähiges
System dar. Dies bewirkt bei schnellen Stromänderungen nicht nur eine verzögerte Einstellung der Anzeige sondern kann bei nicht ausreichender Dämpfung zu
einem Überschwingen des Zeigers über die spätere Endstellung hinaus führen
(siehe Abb. 3.1.1-2)
t
Abb. 3.1.1-2 Einschwingvorgang eines schlecht gedämpften Drehspulmesswerks
3.3
Durch unterschiedliche Dämpfungsmaßnahmen, z.B. durch den durch die Bewegung in der Spule induzierten Strom (dem Messstrom entgegen gerichtet) oder
durch Wirbelströme im Spulenrahmen aus Aluminium wird der Dämpfungsgrad
so eingestellt, dass der Einstellvorgang sich so schnell wie möglich, aber ohne
Überschwingen vollzieht (aperiodischer Grenzfall; D = 1).
Je nach Ausführungsart sind Drehspulinstrumente unterschiedlich gut hinsichtlich
Ablesbarkeit, Empfindlichkeit, Linearität, Reproduzierbarkeit, Temperaturunempfindlichkeit, Lebensdauer und Lageunabhängigkeit optimiert.
3.1.2 Messung von Gleichstrom, Gleichspannung und ohmschem Widerstand
Der maximale Strommessbereich des reinen Drehspulmesswerks liegt je nach
Ausführungsform im Bereich
10 :A # Imax # 50 mA.
Der Widerstand RM der Spule liegt meist in einem Bereich von
100 S # RM # 5 kS
und ist, da das Spulenmaterial Kupfer ist, recht temperaturabhängig ( " = 0,004 K1
). Ein Vorwiderstand RV aus einem geeigneten Material (z.B. Manganin) wird zur
Verringerung des Temperatureinflusses in Reihe mit dem Messwerk benötigt.
Für die Messung von Strömen, die größer als Imax sind, werden Präzisionswiderstände mit geringem Temperaturkoeffizienten als Nebenwiderstände (Shunt)
parallel zum Messwerk geschaltet.
Drehspulmesswerk
200 Ω
RM
0,1 Ω
_
0,9 Ω
1A
200 Ω
RV
9Ω
0,1 A
90 Ω
10 mA
20 Ω
1 mA
900 Ω
100 mV
9 kΩ
1V
90 k Ω
10 V
Abb. 3.1.2-1 Beispiel für die Beschaltung eines Drehspulmesswerkes
100 V
3.4
Zur Messung von Spannungen, die größer sind als Imax @ (RM + RV), werden entsprechende Präzisionswiderstände als Vorwiderstände in Reihe zum Messwerk
geschaltet.
Ein Beispiel für die Beschaltung eines Messwerks ist in Abb. 3.1.2-1 dargestellt:
Durch Wahl eines zu kleinen Spannungsmessbereichs oder durch die irrtümliche
Durchführung einer Spannungsmessung im Strommessbereich kann das Gerät
zerstört werden.
Der Innenwiderstand Ri hängt offensichtlich ab vom gewählten Messbereich. Bei
der Spannungsmessung wächst er proportional zum Messbereichsendwert. Für
das obige Beispiel gilt:
mit:
Ri
UE
Innenwiderstand des Messgerätes
eingestellte Messbereichsendwert
Einsatz als Voltmeter zur Spannungsmessung
Die in Abb. 3.1.2-2 dargestellte Schaltung zeigt ein Voltmeter parallel zu einem
Lastwiderstand RL angeordnet. Das Ziel der Messung ist, die Spannung am Lastwiderstand RL rückwirkungsfrei zu ermitteln, also so, als ob kein Voltmeter
angeschlossen wäre.
R0
IM
IL
U0
=
RL
UL
Abb. 3.1.2-2 Schaltung eines Drehspulinstruments als Voltmeter
V
3.5
Für die Spannung UL ohne angeschlossenes Voltmeter gilt:
Mit angeschlossenem Voltmeter liegt der Innenwiderstand des Messgerätes Ri
parallel zu Lastwiderstand RL und es gilt:
Der Idealfall wird erreicht, wenn der Innenwiderstand des Messgerätes Ri = 4 und
damit IM = 0 ist.
Als praktische Forderung genügt:
Bei kleinen Spannungen führt ein Umschalten in einen empfindlicheren Messbereich zu einem größeren Fehler durch den geringer werdenden Innenwiderstand. Dies steht im Widerspruch zu dem Wunsch, wegen des geringeren relativen Fehlers den oberen Teil eines Messbereichs nutzen zu wollen.
Einsatz als Amperemeter zur Strommessung
Die in Abb. 3.1.2-3 dargestellte Schaltung zeigt das Amperemeter in Reihe mit
dem Lastwiderstand RL angeordnet.
R0
A
U0
=
UM
IL
UL
Abb. 3.1.2-3 Schaltung eines Drehspulinstruments als Amperemeter
RL
3.6
Ohne Amperemeter gilt für den Strom IL:
Mit Amperemeter verringert sich der Strom bedingt durch den Innenwiderstand
des Messgerätes:
Hier wäre der Idealfall ein Innenwiderstand des Messgerätes von Ri = 0, so dass
der Spannungsabfall am Messgerät ebenfalls UM = 0 wird.
Praktisch genügt die Forderung:
Auch hier können beim Umschalten in einen empfindlicheren Messbereich durch
eine Vergrößerung des Innenwiderstandes zusätzliche Fehler entstehen.
Einsatz als Ohmmeter zur Widerstandsmessung
Wie in der in Abb. 3.1.2-4 dargestellten Prinzipschaltung dargestellt, beruht das
Messprinzip darauf, dass aus einer internen Spannungsquelle (Batterie im Ohmmeter) ein Strom I durch den zu messenden Widerstand R fließt. Dieser Strom
wird vom Messwerk gemessen. Der maximale Strom und damit Vollausschlag
des Instruments ergeben sich bei Kurzschluss (R = 0 S).
RV
RM
A
I
U0
Abb. 3.1.2-4 Schaltung eines Drehspulinstruments als Ohmmeter
R
3.7
Für den Strom I gilt:
Im Kurzschlussfall ist R = 0 S:
Drückt man U0 durch den Kurzschlussstrom IK aus, so ergibt sich:
Der Zusammenhang zwischen I und R ist nichtlinear; der Skalenendwert liegt bei
0 S. Wegen der über der Betriebsdauer und durch die Betriebstemperatur veränderlichen Batteriespannung muss vor jeder Messung ein Justieren des Geräts
auf Null bei Kurzschluss erfolgen.
Einfache Ohmmeter der hier beschriebenen Art haben eine Reihe von Nachteilen:
-
die Skale ist nichtlinear
bei niederohmigen Widerständen ist der Einfluss des Kontaktwiderstandes erheblich
bei hochohmigen Widerständen besitzt das Verfahren nur eine geringe Empfindlichkeit ( R >> RV + RM Y I 6 0 )
3.8
3.1.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung
Zur Messung von Wechselgrößen ist eine vorherige Gleichrichtung erforderlich.
Zur Gleichrichtung werden meist Halbleiterdioden eingesetzt. Die in Abb. 3.1.3-1
dargestellte Diodenkennlinie I = f(U) zeigt, dass durch diese Bauelemente erst
bei Überschreiten einer bestimmten Durchlassspannung UD ein Strom fließt, der
dann bei weiter ansteigender Spannung steil ansteigt.
I
UD
U
Abb. 3.1.3-1 Prinzipieller Verlauf einer Diodenkennlinie
Die Durchlassspannung hängt vom Halbleiterübergang ab und hat z.B. folgende
Werte:
Germanium
Schottky-Silizium
pn-Silizium
(Ge)
(Si)
(Si)
UD . 0,3 V
UD . 0,4 V
UD . 0,6 V
Die Schaltung und die Verläufe von angelegter Spannung u und Strom i durch
das Messwerk sind für den Fall der Einweggleichrichtung und ideale Diodeneigenschaften (UD = 0) in Abb. 3.1.3-2 dargestellt.
3.9
i
u
u
t
i
t
Abb. 3.1.3-2 Spannungs- und Stromverlauf bei der Einweggleichrichtung
Die Verhältnisse bei der Zweiweg- oder Brückengleichrichtung gibt Abb. 3.1.3-3
wieder.
Bei der Zweiweggleichrichtung ist der lineare Mittelwert des Stromes und damit
auch die Empfindlichkeit des Messverfahrens doppelt so groß wie bei der Einweggleichrichtung. Durch die Reihenschaltung von jeweils zwei Dioden wird allerdings auch der Fehler durch die endliche Durchlassspannung der realen Diode
größer.
3.10
ib
ia
ia
ib
u
u
i
t
ia
t
ib
t
i
t
Abb. 3.1.3-3 Spannungs- und Stromverlauf bei der Zweiweggleichrichtung
Bei der Wechselstrommessung muss der zu messende Strom möglichst wenig
beeinflusst durch das Messgerät fließen, so dass keine direkte Gleichrichtung
dieses Stromes möglich ist.
Bei der Wechselspannungsmessung soll der Einfluss der endlichen Durchlassspannung UD möglichst gering bleiben.
Beide Aufgaben werden am häufigsten durch den Einsatz von Übertragern gelöst.
Die Prinzipschaltung zeigt Abb. 3.1.3-4.
3.11
IM
I1
N1 N 2
I2
Spannungs-
UM
oder
Stromteiler
U1
U2
Messwerk
Übertrager
Abb. 3.1.3-4 Prinzipschaltung zur Wechselspannungsmessung mit einem Übertrager
Meist wird die Sekundärwicklungszahl N2 sehr viel größer als die
Primärwicklungszahl N1 gewählt.
Für ideale Übertrager (keine Verluste, keine Phasenverschiebung) gilt:
Die Skalierung des Messwerks wird so gewählt, dass für die Anzeige gilt:
Für genügend hohe Frequenzen (z.B. 50 Hz) erfolgt durch die Trägheit des Messwerks eine lineare Mittelwertbildung über dem gleichgerichteten Kurvenverlauf
des Wechselstroms bzw. der Wechselspannung. Für sinusförmige Wechselgrößen (Formfaktor F = 1,111) entspricht die Anzeige des Messgerätes dem Effektivwert. Richtige Ergebnisse werden nur bis zu einer Maximalfrequenz fmax geliefert.
Diese Maximalfrequenz liegt je nach Geräteausführung zwischen
400 Hz < fmax < 50 kHz.
Viele Digitalmultimeter haben eine ähnliche Signalverarbeitung zur Messung von
Wechselströmen wie ein Drehspulinstrument und unterliegen damit den gleichen
Fehlerquellen.
3.12
3.2 Dreheisenmessgerät
Das Prinzip eines Dreheisenmessgerätes ist in Abb. 3.2-1 dargestellt. Zwei gekrümmte Eisenbleche, von denen eines drehbar gelagert ist, werden durch das
Magnetfeld einer stromdurchflossenen Spule gleichsinnig magnetisiert und stoßen sich daher ab. Das daraus resultierende Drehmoment wird von einer Feder
kompensiert. Der Ausschlag eines, mit dem beweglichen Eisenblech starr verbundenen Zeigers ist ein Maß für das Gegenmoment der Feder.
drehbares Blech
Zeiger
F
Dicke
Feder
feststehendes Blech
Abb. 3.2-1
Prinzipieller Aufbau eines Dreheisenmessgerätes
Für die abstoßende Kraft zwischen den Blechen und damit auch für das erzeugte
Drehmoment gilt:
Da die magnetische Induktion B im Eisen dem Magnetfeld, und damit dem Spulenstrom I proportional ist, gilt:
Die Kraftwirkung, und damit auch der Zeigerausschlag ist also proportional dem
Quadrat des Stromes und damit unabhängig von der Stromrichtung. (Ein Umpolen des Stromes ändert die Magnetisierungsrichtung beider Eisenbleche, so
dass die abstoßende Wirkung erhalten bleibt).
3.13
Bei Wechselströmen genügend hoher Frequenz (z.B. 50 Hz) ergibt sich durch die
Messwerksträgheit eine Mittelung über I2. Durch spezielle Formgebung der Eisenbleche ist die Skalierung so wählbar, dass sich eine richtige und lineare Anzeige
des Effektivwertes auch bei Mischgrößen und beliebigen Kurvenformen ergibt.
Die Anzeige entspricht also der Definitionsgleichung:
Nachteile:
Das Messgerät ist nur für relativ große Ströme geeignet. Der für Vollausschlag
nötige Strom liegt bei mindestens 10 mA.
Die maximalen Frequenzen liegen bei etwa 1 kHz.
3.3 Elektrodynamisches Messwerk ( Wirkleistungsmessgerät )
Der Aufbau des elektrodynamischen Messwerks ist ähnlich dem des Drehspulmesswerks. Allerdings wird hier das Magnetfeld nicht durch einen Permanentmagneten, sondern durch eine feststehende, stromdurchflossene Spule erzeugt.
Damit wird das Drehmoment M (und damit auch die Anzeige) proportional zum
Produkt des Augenblickswertes zweier Ströme, nämlich des Stromes I1 durch die
feststehende und des Stromes I2 durch die bewegliche Spule:
Daher wird das Messwerk meist zur Leistungsmessung eingesetzt. Abb. 3.3-1
zeigt die symbolische Darstellung des Messwerks in einer Schaltung zur
Leistungsmessung an einem Verbraucher.
Spannungspfad
I1
Strompfad
U
Abb. 3.3-1
I2
Z
Schaltung zur Wirkleistungsmessung mit symbolischer Darstellung
eines elektrodynamischen Messwerks
3.14
In dieser Schaltung ist der Strom I1 gleich dem Strom I durch den Verbraucher.
Der Strom I2 ergibt sich aus der angelegten Spannung U und den Widerständen
RV und RM im Spannungspfad des Messgerätes:
Für Gleichstrom gilt also:
Bei Wechselstrom genügend hoher Frequenz (z.B. 50 Hz) mittelt das Messwerk
wegen seiner Trägheit über das Produkt der Ströme. Daraus folgt:
Bei sinusförmigem Kurvenverlauf und einer Phasenverschiebung n zwischen u
und i bedeutet dies:
Mit
und
folgt:
Das Drehmoment und damit auch die Anzeige ist also offensichtlich proportional
der Wirkleistung P.
Wegen des großen Einflusses der Induktivität der Spulen liegt die obere Grenzfrequenz dieser Messgeräte bei fmax = 1 kHz.
4.1
4. Wichtige Messverfahren
4.1 Messung von Gleichspannung
4.1.1 Direkte Messung mit Voltmeter
Die Schaltung zur Messung der Leerlaufspannung U0 einer Spannungsquelle ist in
Abb. 4.1.1-1 dargestellt. Die Spannungsquelle ist durch ihre Leerlaufspannung U0
und ihren Innenwiderstand RQ charakterisiert. Das Voltmeter belastet die Quelle
durch seinen Innenwiderstand Ri.
RQ
U0
=
IM
U
V Ri
Abb. 4.1.1-1 Direkte Messung mit einem Voltmeter
Für die Spannung U an den Klemmen des Voltmeters gilt allgemein:
Im Idealfall ist Ri unendlich groß, so dass der Strom IM = 0 wird. Dann gilt:
Als praktische Bedingung genügt:
4.1.2 Messung mit Kompensationsverfahren
Die zu messende Spannung U wird durch das Gegenschalten einer genau bekannten, einstellbaren Vergleichsspannung Uv kompensiert. Die Gleichheit der
beiden Spannungen wird mit einem Nulldetektor nachgewiesen. Dadurch fließt
im Abgleichfall kein Strom (stromlose Spannungsmessung) !
Der Nulldetektor muss kein hochgenaues, lineares und gut kalibriertes Instrument
sein, sondern nur eine hohe Empfindlichkeit aufweisen.
Als Beispiel für ein Kompensationsmessverfahren ist in Abb. 4.1.2-1 die Prinzipschaltung des so genannten Poggendorff-Kompensators angegeben.
4.2
RQ
I
Nulldetektor
Ih
A
R
U0
=
U
UV
RV
=
Uh = const.
Abb. 4.1.2-1 Prinzipschaltung eines Poggendorf-Kompensators
Der Abgleich wird meist in zwei Schritten durchgeführt, wobei der Grobabgleich
in Stufen und der Feinabgleich stetig erfolgt. Der Nulldetektor ist in analogen
Schaltungen ein Amperemeter und bei digitalen Messgeräten ein Voltmeter.
Für den Abgleich gilt:
Damit ergibt sich für Uv:
Da kein Strom fließt, ist Uv = U0 und bei bekanntem Verhältnis der Widerstände
Rv / R lässt sich für die zu messende Spannung U0 schreiben:
In der Praxis ist die Schaltung häufig sehr viel aufwendiger, da eine Anpassung an
verschiedene Spannungsbereiche möglich sein soll, und Problemquellen wie
Kontaktwiderstände, Thermospannungen, die Konstanz von Ih bzw. Uh und die
Einstellbarkeit von Rv ausgeschaltet werden müssen. Solange die Spannung Uh
konstant ist, spielt der absolute Wert von R bzw. Rv keine Rolle, sondern nur das
Verhältnis Rv / R.
Zusatzbemerkung:
Kompensationsverfahren sind wichtige und in der Messtechnik häufig verwendete Verfahren. Durch sie wird es ermöglicht, das Messgerät selbst immer im gleichen Punkt der Kennlinie (meist Null), zu betreiben. Dies ist besonders bei nichtlinearen Kennlinien wichtig, wie sie in der elektrischen Messtechnik nichtelektrischer Größen häufig vorkommen (z.B. elektrische Spannung als Funktion eines
Weges, einer Kraft, der relativen Feuchte etc.). Hier wird die Kompensation der
Messgröße dann häufig über einen Regelkreis automatisiert, und die dazu erforderliche, elektrisch leicht messbare Stellgröße liefert das Messsignal. Beispiele
hiefür sind Waagen, Kompensationsschreiber, Poggendorff-Komparatoren mit
DAC zur Erzeugung von Uv und auch das Rastertunnelmikroskop.
4.3
4.2 Messung von Gleichstrom
4.2.1 Direkte Messung mit Amperemeter
Die Schaltung zur Messung des Kurzschlussstroms einer Spannungsquelle ist in
Abb. 4.2.1-1 dargestellt. Das Amperemeter verfälscht die Messung durch seinen
Innenwiderstand Ri.
RQ
U0
=
I
UM
A Ri
Abb. 4.2.1-1 Direkte Messung mit einem Amperemeter
Allgemein gilt:
Im Idealfall ist Ri = 0, so dass auch die Spannung UM = 0 ist. Dann gilt:
Als praktische Bedingung genügt:
4.4
4.2.2 Messung mit Shunt-Widerstand
Die Strommessung mit einem Shunt-Widerstand beruht darauf, dass der Strom
an einem Widerstand mit präzise bekanntem Wert einen Spannungsabfall hervorruft, der dann mit den Methoden der Spannungsmessung bestimmt werden
kann. Über den bekannten Widerstandswert kann dann rechnerisch der Strom
ermittelt werden.
Anwendungsgebiete dieser Methode sind zum einen das Messen höherer Ströme
( bis zu einigen 100 A ) und zum anderen die Strommessung mit Analog-DigitalUmsetzern, die normalerweise nur Spannungen als Eingangsgröße verarbeiten.
Abb. 4.2.2-1 zeigt die prinzipielle Schaltung zur Messung des Kurzschlussstroms
einer Spannungsquelle mit dieser Messmethode.
RQ
U0
=
I
IM
RS
UM
V
Voltmeter
R i >> RS
Shunt-Widerstand
Abb. 4.2.2-1 Schaltung zur Messung des Kurzschlussstroms mit Shunt-Widerstand
Typische Werte für die Messung größerer Ströme:
0,1 mS # RS # 100 mS; UM,max = 100 mV
Der oft auch Nebenwiderstand genannte Shunt-Widerstand hat für die Messung
größerer Ströme üblicherweise vier Anschlussklemmen, zwei für den Strom und
zwei für die Spannungsmessung. Dadurch wird eine Fehlmessung durch den
Spannungsabfall RÜ @ I am Kontakt- oder Übergangswiderstand RÜ der
Stromanschlussklemmen vermieden. Kontaktwiderstände haben oft Werte von
einigen Milliohm und sind nicht reproduzierbar.
Für die in Abb. 4.2.2-1 dargestellte Schaltung gilt:
4.5
Für Ri >> RS kann IM vernachlässigt werden:
Für den Strom I gilt:
Die notwendige Bedingung zur ausreichend genauen Messung des Kurzschlussstroms IK ist:
4.2.3 Messung mit Kompensationsverfahren
Es gibt eine Reihe sehr unterschiedlicher Verfahren, um durch einen dem zu messenden Strom entgegen gerichteten, gleichgroßen Kompensationsstrom im Abgleichfall die Spannung an der Messstelle zu Null zu machen (spannungslose
Strommessung).
Ein Schaltungsbeispiel für die Messung kleiner Ströme ist in Abb. 4.2.3-1 dargestellt.
RQ
U0
=
I
RS
Ih
UM V
Rh
=
Uh
Abb. 4.2.3-1 Prinzipschaltung zur Messung des Kurzschlussstroms einer Spannungsquelle mit einem Kompensationsverfahren
Im Abgleichfall, der durch Einstellung von Uh oder Rh herbeigeführt wird, gilt:
4.6
Daraus folgt:
Vernachlässigt man die Übergangswiderstände an den Kontaktstellen, so ist der
gemessene Strom I auch gleich dem Kurzschlussstrom IK, so dass die Messeinrichtung sich an den Klemmen der Spannungsquelle offensichtlich wie ein idealer
Kurzschluss verhält.
Ein weiteres Beispiel für ein Kompensationsverfahren ist in Abb. 4.2.3-2 dargestellt. Das Verfahren ist vor allem zur Messung großer Ströme geeignet.
Bh
B
I
N
Ringkern
Abb. 4.2.3-2
Ih
Kompensationsverfahren zur Messung großer Ströme
Der zu messende Strom I wird hier mit einer Leiterwindung um einen Ringkern
aus Eisen geführt und erzeugt in diesem Kern ein magnetisches Feld mit der magnetischen Flussdichte B. Diese wird durch einen Hilfsstrom kompensiert, der
durch eine zweite Wicklung mit N Windungen fließt. Im Abgleichfall gilt:
Um den Abgleichfall zu detektieren, kann beispielsweise eine Hallsonde zum
Nachweis des Magnetfelds verwendet werden.
4.7
4.3 Messung von Wechselspannung und Wechselstrom
4.3.1 Vorbemerkung
Grundsätzlich werden zur Messung von Wechselgrößen die gleichen Verfahren
eingesetzt wie zur Messung von Gleichgrößen. Allerdings treten hier einige zusätzliche Probleme und Besonderheiten auf:
-
Einfluss unterschiedlicher Kurvenformen (Abweichung von der idealen Sinusform), z.T. Mischgrößen
-
Einfluss von unerwünschten Kapazitäten und Induktivitäten (Streukapazitäten, Streuinduktivitäten)
-
Verfälschung der Messgröße durch die meist kapazitive Wirkung der
Messeinrichtung bei hohen Frequenzen
-
Einfluss der Phasenverschiebung der Signale bei Kompensationsverfahren
Andererseits macht die zeitliche Änderung der zu messenden Größen den Einsatz
von Übertragern (Stromwandler, Spannungswandler) möglich. Häufig werden
auch Strommessungen durch Einsatz von ohmschen Widerständen (z.B. ShuntWiderständen) in Spannungsmessungen überführt.
Ist der Zeitverlauf der zu messenden Größen von Interesse, so müssen Messverfahren eingesetzt werden, die die Aufzeichnung als Funktion der Zeit ermöglichen (z.B. Oszilloskope). Ansonsten beschränkt man sich auf die Messung von
Effektivwerten oder Scheitelwerten.
4.3.2 Effektivwertmessung
a) Direkte Messung
Die direkte Messung des Effektivwertes ist nur für niedrige Frequenzen
( f < 1 kHz ) möglich. Einsetzbare Verfahren sind beispielsweise:
- Dreheisenmessgeräte
- TRMS - Digitalvoltmeter
Die Abkürzung TRMS steht für True Root Mean Square, was bedeutet, das die
Definitionsgleichung
in diesen Geräten digital und/oder analog umgesetzt wird.
4.8
b) Indirekte Messung bei sinusförmigem Signalverlauf
Für niedrige Frequenzen ( f < 100 kHz ) ist eine Herleitung aus dem Gleichrichtwert nach folgender Formel möglich (Formfaktor):
Dazu können beispielsweise Drehspulmessgeräte mit Gleichrichter eingesetzt
werden. Oft besitzen diese Geräte zusätzlich einen Übertrager im Eingang, so
dass nur der Wechselspannungsanteil erfasst wird.
Auch einfache RMS-Digitalvoltmeter ( fmax < 50 kHz ) beruhen auf diesem Prinzip.
Eine andere Möglichkeit ist die Herleitung des Effektivwertes aus dem Spitzenwert
nach dem Ansatz:
c) Messung mit Thermoumformern
Diese Methode ist für einen sehr breiten Frequenzbereich ( f < 10 MHz ) und beliebige Signalverläufe geeignet.
Das Messprinzip beruht darauf, dass ein ohmscher Widerstand durch die anliegende Wechselspannung u~ erwärmt wird. Zur Auswertung wird ein anderer,
möglichst gleicher Widerstand durch eine angelegte Gleichspannung U= auf die
gleiche Temperatur erwärmt. Die Temperatur der beiden Widerstände wird von
zwei Thermoelementen erfasst und durch Variation der Gleichspannung so abgeglichen, dass die resultierende Thermospannung Uth zu Null wird (Kompensationsmethode).
Für diesen Abgleichfall gilt:
Abb. 4.3.2-1 zeigt den prinzipiellen Schaltungsaufbau.
Uth
U~
U=
Abb. 4.3.2-1 Schaltung zur Spannungsmessung mit Thermoumformung
4.9
Der Nullabgleich wird meist automatisch durch einen Regelkreis realisiert. Durch
die Kompensationsmethode wird der Einfluss der Umgebungstemperatur sowie
die Erhöhung der Widerstandswerte durch die von der zugeführten elektrischen
Leistung verursachte Temperaturerhöhung kompensiert.
4.3.3 Spitzenwertmessung
Zur Spitzen- oder Scheitelwertmessung. die meist bei hohen Frequenzen
( f < 10 GHz) eingesetzt wird, muss eine Spitzenwertgleichrichtung der Wechselspannung durchgeführt werden. Durch Aufladung eines Kondensators mit kleiner
Kapazität auf den durch die Gleichrichtung erhaltenen Spitzenwert und eine hochohmige Weiterverarbeitung des so gewonnenen Gleichspannungswertes wird die
Quelle des Messsignals nur sehr wenig belastet. Typische Werte sind beispielsweise 1 pF parallel zu 1 MS. Wichtig ist dabei, dass nur kurzzeitig ein geringer
Strom fließt, um die während einer Periodendauer vom Kondensator abgeflossenen Ladungsträger zu ersetzen. Die sehr kapazitätsarme Gleichrichtdiode und der
Ladekondensator sind meist in einem Tastkopf möglichst nahe an der Quelle
untergebracht.
Die folgenden Abbildungen zeigen Schaltungsbeispiele mit den entsprechenden,
idealisierten Spannungsverläufen.
u
u2
u1
u2
u1
t
Abb. 4.3.3-1 Schaltung zur Spitzenwertmessung - Beispiel 1
Der Nachteil der Schaltung in Abb. 4.3.3-1 ist, dass die Spannungsquelle in der
Lage sein muss, den pulsierenden Gleichstrom durch das Voltmeter liefern zu
können.
Die in Abb. 4.3.3-2 dargestellte Schaltung vermeidet diesen Nachteil. Durch den
Kondensator C1 wird sichergestellt, dass von der Quelle aus nur Wechselstrom in
die Schaltung fließen kann. Bei einer idealen Diode kann die Spannung u2 nicht
negativ sein, so dass C1 wegen des sehr geringen Stroms durch den Widerstand R
auf eine Spannung uC = u^ 1 aufgeladen wird. C1 überträgt den Hochfrequenzanteil
der Spannung praktisch ungeschwächt. Durch den Tiefpass aus R und C2 wird eine
Gleichspannung u3 = u^ 1 gebildet.
4.10
C1
u1
u
R
u2
C2
u2
u3
u3
u1
t
Abb. 4.3.3-2 Schaltung zur Spitzenwertmessung, Beispiel 2
Das in Abb. 4.3.3-3 dargestellte Schaltungsbeispiel ist ähnlich aufgebaut. Allerdings
sorgt hier die anstelle des Widerstandes eingesetzte Diode für eine Spannungsverdoppelung, so dass
ist.
u
C1
u1
u3
u2
C2
u3
u2
u1
t
Abb. 4.3.3-3 Schaltung zur Spitzenwertmessung, Beispiel 3
4.11
4.4 Messung von Leistung
4.4.1 Leistung bei Gleichstrom
Die Leistung bei Gleichstrom ergibt sich aus dem Produkt von Strom und Spannung:
Die Einheit der Leistung ist das Watt (W).
Da die zur Messung von Strom und Spannung verwendeten Messgeräte nur im
Idealfall keine Leistung verbrauchen, muss man sich im realen Fall entscheiden, ob
man den Strom oder die Spannung unverfälscht messen will.
Abb. 4.4.1-1 zeigt die meistens verwendete Schaltung zur stromrichtigen Leistungsmessung. Links ist die Messung mit separaten Messgeräten für Strom und Spannung dargestellt, während rechts ein direktanzeigendes Leistungsmessgerät, z.B. ein
elektrodynamisches Messgerät, verwendet wird. Dieses Messgerät besitzt einen
hochohmigen Spannungspfad (die bewegliche Spule) und einen niederohmigen
Strompfad (die feststehende Spule).
I
U
V
I
A
RL
W
U
RL
Abb. 4.4.1-1 Schaltungen zur stromrichtigen Leistungsmessung
Die Strommessung erfasst hier den tatsächlichen Strom durch den Lastwiderstand
RL, während die Spannungsmessung durch den Spannungsabfall am Amperemeter
bzw. dem Strompfad des Leistungsmessgerätes verfälscht wird.
Die Schaltung zur spannungsrichtigen Leistungsmessung, die sinnvollerweise vor
allem bei kleinen Spannungen eingesetzt wird, ist in Abb. 4.4.1-2 gezeigt. Links ist
wiederum die Variante mit separaten Messgeräten und rechts die mit einem Leistungsmessgerät dargestellt.
4.12
I
I
A
U
RL
V
W
U
RL
Abb. 4.4.1-2 Schaltungen zur spannungsrichtigen Leistungsmessung
Hier erfasst die Spannungsmessung die tatsächliche Spannung am Lastwiderstand,
während die Strommessung durch den Strom durch das Voltmeter verfälscht wird.
Bei direktanzeigenden Leistungsmessgeräten muss zum Schutz vor Überlastung
nicht nur darauf geachtet werden, dass die Nennleistung nicht überschritten wird.
Wichtig ist auch, dass der maximal zulässige Strom im Strompfad und die maximal
zulässige Spannung über dem Spannungspfad nicht überschritten werden. Da diese
beiden Größen nicht angezeigt werden, kann es bei Messungen an unbekannten
Lastwiderständen sinnvoll sein, zur Überwachung ein zusätzliches Amperemeter
und gegebenenfalls auch ein Voltmeter einzusetzen.
4.4.2 Leistung bei Einphasenwechselstrom
Bei Wechselstrom gelten hinsichtlich der Leistungsmessung grundsätzlich die
gleichen Überlegungen wie bei Gleichstrom. Zusätzlich kann hier jedoch eine
Phasenverschiebung um den Winkel n zwischen Spannung und Strom auftreten
(Abb. 4.4.2-1)
U
ϕ
I
Abb. 4.4.2-1 Zeigerdarstellung einer Phasenverschiebung zwischen Spannung und
Strom
4.13
Man unterscheidet daher bei der Angabe der Leistung zwischen:
Scheinleistung:
Wirkleistung:
Blindleistung:
S=U@I
P = Re { U
_ @ _I * } = U @ I @ cos n
Q = Im { U
_ @ _I * } = U @ I @ sin n
Einheit:
Einheit:
Einheit:
VA
W
var
Für den Zusammenhang zwischen Schein-, Wirk- und Blindleistung gilt:
Abb. 4.4.2-2 stellt die Scheinleistung und ihre beiden Komponenten Wirk- und
Blindleistung als Zeigerdiagramm in der komplexen Ebene dar.
Im{S}
S
jQ
ϕ
P
Re{S}
Abb. 4.4.2-2 Leistungskomponenten in der komplexen Ebene
Ein Schaltungsbeispiel zur Leistungsmessung an einem komplexen Lastwiderstand
ist in Abb. 4.4.2-3 dargestellt.
A
V
W
ZL
Abb. 4.4.2-3 Schaltung zur Leistungsmessung bei Einphasenwechselstrom
4.14
Zur Messung der Wirkleistung wird ein direkt anzeigendes Wirkleistungsmessgerät,
z.B. ein elektrodynamisches Messgerät eingesetzt. Die separaten Messgeräte zur
Messung von Strom und Spannung dienen zur Ermittlung der Scheinleistung und
zur Überwachung der Überlastgrenzen.
Bei bestimmten Messaufgaben kann der Einsatz von Übertragern zur Messbereichsanpassung sinnvoll sein.
Nebenbemerkung:
Bei großen Phasenverschiebungen n, wie sie z.B. bei induktiven Verbrauchern
(Drosseln von Leuchtstofflampen, Motoren) vorkommen, liefert ein großer Strom
nur eine geringe Wirkleistung. Daher ist dort eine Blindleistungskompensation durch
Kondensatoren sinnvoll.
4.5 Messung von Impedanzen
4.5.1 Vorbemerkung
Unter Impedanzen versteht man komplexe Scheinwiderstände mit ihren Eigenschaften Wirkwiderstand R, Induktivität L und Kapazität C. Reale Bauelemente wie
Widerstände, Spulen und Kondensatoren sind Beispiele für komplexe Scheinwiderstände.
Die Ermittlung des Wirkwiderstandes R wird mit Gleichspannung ( Frequenz
f = 0 Hz) durchgeführt. Die übrigen Komponenten werden mit Wechselspannungen
gemessen, wobei die Ergebnisse frequenzabhängig sind.
Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Messmethoden, die je nach Anforderung an
Genauigkeit, Frequenzbereich, Impedanzwerte, Strom- und Spannungsgrößen
eingesetzt werden. Direkte Impedanzmessungen sind relativ ungenau und nur für
mittlere Impedanzwerte geeignet. Bei höheren Anforderungen werden Brückenschaltungen verwendet.
4.15
4.5.2 Gleichspannungsgespeiste Messbrücken
Die wichtigste gleichspannungsgespeiste Brückenschaltung ist die WheatstoneBrücke. Sie ist gleichzeitig die Grundschaltung aller anderen Brückenschaltungen.
I1
I3
R1
R3
RM
IM
U0
I1+ IM
UM
R2
I3 - IM
R4
Abb. 4.5.2-1 Schaltung der Wheatstone-Brücke
Sie dient zur Präzisionsmessung (e*min . 10-5) von Wirkwiderständen im Bereich
R $ 100 S. Für niederohmige Widerstände wird die Thomson-Brücke benutzt, bei
der der Einfluss der Kontakt- und Leitungswiderstände beseitigt ist.
Im Abgleichfall gilt:
Daraus folgt für das Verhältnis der Widerstände:
R1 sei der auszumessende Widerstand. R2 sei ein umschaltbarer Widerstand zur
Messbereichsanpassung. R3 und R4 seien die beiden Abschnitte eines Potentiometers zum Brückenabgleich.
Das Messinstrument arbeitet als Nulldetektor. Bei hochohmigen Widerständen
( R > 1 MS ) wird vor den Nulldetektor meist ein Messverstärker (Instrumentenverstärker) mit hochohmigem Eingang (z.B. 1010 S) geschaltet.
4.16
Empfindlichkeit der Wheatstone-Brücke
Hohe Empfindlichkeit bedeutet bei einer im Abgleichverfahren betriebenen
Wheatstone-Brücke eine große Spannung UM bei einer kleinen Abweichung
vom abgeglichenen Zustand.
)R1
Für den allgemeinsten Fall, dass der Brückenstrom IM nicht gleich Null ist, folgt für
die Spannung UM ganz allgemein aus der Knoten- und Maschenanalyse:
Für kleine Abweichungen vom abgeglichenen Zustand gilt:
Für die Brückenspannung UM folgt unter diesen Randbedingungen:
Der Innenwiderstand des Messgerätes ist groß im Vergleich zu den Brückenwiderständen:
Außerdem ist die Brücke nahezu abgeglichen. Damit vereinfacht sich die Gleichung
für UM:
4.17
Die höchste Empfindlichkeit ergibt sich für den kleinsten Wert des Nenners, also
für R1 . R2 und damit auch für R3 . R4 . Daher ist die Anpassung von R2 an R1
sinnvoll. Außerdem muss ein möglichst großes U0 gewählt werden.
Die Grenze hinsichtlich Empfindlichkeit und Auflösungsvermögen ist durch folgende Faktoren gegeben:
Konstanz der Widerstandswerte R2 , R3 /R4
Einstellbarkeit von R3 und R4
Thermospannungen (können durch Umpolen von U0 und Mittelung
aus zwei Messungen eliminiert werden)
Empfindlichkeit des Nulldetektors
höchstmögliche Versorgungsspannung U0,max
Anwendung der Wheatstone-Brücke für die Messung mit Dehnungsmessstreifen
(DMS)
Häufig werden Wheatstone-Brücken zur Signalverarbeitung von Dehnungsmessstreifen eingesetzt. Dabei werden normalerweise entweder zwei DMS zu einer so
genannten Halbbrücke oder vier DMS zu einer Vollbrücke verschaltet.
Abb. 4.5.2-2 zeigt die Anordnung von vier DMS auf einem Biegebalken.
F
DMS 1
DMS 4
DMS 2
DMS 3
Abb. 4.5.2-2 Biegebalken zur Kraftmessung
Die beiden oberen DMS (DMS 1 und DMS 4) werden durch Einwirkung der Kraft
gedehnt und vergrößern ihren Widerstand, während DMS 2 und DMS 3 gestaucht
werden und damit ihren Widerstand verkleinern.
Abbildung 4.5.2-3 zeigt die Verschaltung der vier DMS zu einer Vollbrücke. Da der
Widerstandswert von DMS üblicherweise einige hundert Ohm beträgt und die
Messung der Brückenspannung sehr hochohmig realisiert werden kann, kann der
Brückenstrom IM hier vernachlässigt werden.
Für die beiden Brückenzweige können die folgenden Maschengleichungen aufgestellt werden:
4.18
I1
I3
R1 = R+∆ R
R3 = R-∆ R
U0
UM
R2 = R-∆ R
R4 = R+∆ R
Abb. 4.5.2-3 Dehnungsmessstreifen in Vollbrückenschaltung
Daraus folgt, dass
Eine dritte Maschengleichung stellt dann den Bezug zur Brückenspannung her:
Der Zusammenhang zwischen der relativen Widerstandsänderung
und der
Brückenspannung UM ist also streng linear. Ein möglicher Temperatureinfluss
verändert alle vier DMS in gleicher Weise und verursacht so keinen Beitrag zur
Brückenspannung (Temperaturkompensation). Für den Zusammenhang mit der
Dehnung gilt:
4.19
4.5.3 Wechselspannungsgespeiste Messbrücken
Wechselspannungsgespeiste Messbrücken sind im Prinzip ähnlich wie die
Wheatstone-Brücke aufgebaut und auch die dort angestellten Überlegungen zur
Genauigkeit haben noch ihre Gültigkeit.
Abb. 4.5.3-1 zeigt den grundsätzlichen Aufbau einer wechselspannungsgespeisten Messbrücke.
Z1
U0
Z3
UM
Z2
Z4
Abb. 4.5.3-1 Wechselspannungsgespeiste Messbrücke
Die Abgleichbedingung ist grundsätzlich die gleiche wie bei der Wheatstone’schen Brücke, wobei hier natürlich komplexe Impedanzen an Stelle der
ohmschen Widerstände treten:
Schreibt man die komplexen Impedanzen in Komponentenform, so ergibt sich:
Die Abgleichbedingung ist dann erfüllt, wenn die Real- und Imaginärteile beider
Seiten gleich sind:
4.20
Eine wechselspannungsgespeiste Brücke hat also zwei Abgleichbedingungen, die
wegen der Frequenzabhängigkeit der Blindwiderstände nur für eine ganz bestimmte Frequenz gelten.
Die physikalische Bedeutung der beiden Abgleichbedingungen wird klarer, wenn
man die Impedanzen nicht in der Komponenten- sondern in der Polarform
schreibt:
Auch diese Abgleichbedingung kann man in zwei Bedingungen zerlegen, von
denen eine für die Beträge und die andere für die Phasenwinkel gilt:
Daraus folgt zum einen, dass eine Wechselstrombrücke zwei abgleichbare Komponenten braucht. Zum anderen bedeutet dass , das nicht jede Brücke abgleichbar sein muss, wie das Beispiel in Abb. 4.5.3-2 zeigt.
L1
C2
UM
R3
R4
U0
Abb. 4.5.3-2 Beispiel für eine nicht abgleichbare Brücke
In dem Beispiel sind die beiden Phasenwinkel n1 und n2 gleich groß aber haben
ein entgegengesetztes Vorzeichen, während die Phasenwinkel n3 = n4 = 0 sind.
Die Phasenbedingung kann also mit dieser Brücke nicht erreicht werden.
4.21
Wechselstrombrücken sind meist so aufgebaut, dass zwei Zweige aus rein ohmschen Widerständen bestehen. Dabei kann man zwischen zwei Grundtypen unterscheiden.
Bei Typ 1 sind beispielsweise die Zweige 3 und 4 (oder die Zweige 1 und 3) ohmsche Widerstände (in Reihe liegend, oder direkt gegenüber).
Dann müssen die beiden Impedanzen Z1 und Z2 vom gleichen Typ sein, also entweder kapazitiv oder induktiv. Außerdem müssen beide Ersatzschaltbilder entweder Reihen- oder Parallelschaltungen sein.
Bei Typ 2 liegen sich die beiden ohmschen Widerstände diagonal gegenüber
(Zweige 2 und 3 bzw. 1 und 4).
In diesem Fall müssen die beiden Impedanzen zueinander komplementär sein,
z.B.:
Z1
in Reihe und kapazitiv
Z4
parallel und induktiv
damit die Brücke abgleichbar ist.
Da sich Kapazitäten leichter mit hoher Genauigkeit in Form von Kapazitätsdekaden realisieren lassen, setzt man als Abgleichelement vorzugsweise Kapazitäten
ein. Zur Messung von Impedanzen mit induktivem Blindanteil muss dann eine
Brücke vom Typ 2 eingesetzt werden.
Beispiele für Brücken vom Typ 1 finden sich in der Messung von Wegen durch
Differentialkondensatoren (siehe Abb. 4.5.3-3) und Differentialspulen (siehe Abb.
4.5.3-4).
R
U0
UM
C + ∆C
x
C - ∆C
R
Abb. 4.5.3-3 Wegmessung mit Differentialkondensator
Die mittlere Kondensatorplatte der dargestellten Anordnung bewegt sich um den
Weg x, wodurch die Kapazität des oberen Kondensators größer und die des unteren kleiner wird. Die Kennlinie dieser Wegmessung ist weitgehend linear.
4.22
L +∆ L
R
U0
x
UM
Eisenkern
R
L -∆ L
Abb. 4.5.3-4 Wegmessung mit der Differentialspule
Bei der Differentialspule bewegt sich ein Eisenkern relativ zu zwei Spulen um den
Weg x und verändert damit die Induktivitäten gegensinnig. Auch diese Anordnung hat über einen weiten Bereich eine lineare Kennlinie.
Ein wichtiger Vertreter aus der Vielzahl unterschiedlicher Brückenschaltungen
vom Typ 2 ist die Maxwell-Wien-Brücke. Abb. 4.5.3-1 zeigt die Schaltung dieser
Brücke für ein induktives Messobjekt Zx .
Rx
R2
Zx
Lx
U0
UM
R1
C1
Abb. 4.5.3-5 Maxwell-Wien-Brücke für induktive Messobjekte
R3
4.23
Die Messbereichsanpassung erfolgt über die stufig veränderbaren Widerstände
R2 und R3, während der Abgleich über die fein einstellbaren Bauelemente R1 und
C1 erfolgt. Die Spannung U0 ist meist eine erdfreie Wechselspannung.
Für den Abgleichfall (UM = 0) gilt:
mit:
folgt:
Aus der Bedingung, dass die Realteile und die Imaginärteile jeweils gleich sein
müssen, folgt:
Die Schaltung einer Maxwell-Wien-Brücke für kapazitive Messobjekte Zx ist in
Abb. 4.5.3-2 dargestellt.
4.24
R2
R3
U0
UM
R1
C1
Rx
Cx
Zx
Abb. 4.5.3-2 Maxwell-Wien-Brücke für kapazitive Messobjekte
Für den Abgleichfall gilt hier:
mit:
ergibt sich entsprechend:
4.25
Für die Real- bzw. Imaginärteile gilt dann:
Die obere Frequenzgrenze für die Wechselspannung ist abhängig von der Größe
der Impedanzen und wird außerdem begrenzt durch die Streukapazitäten gegenüber Masse bzw. gegenüber der erdfreien Spannungsquelle. Sie liegt daher im
Bereich von nur einigen Kilohertz. Zur Messung mit höheren Frequenzen sind
recht aufwendige Schaltungen mit speziellen Abschirmmaßnahmen erforderlich.
4.6 Messung von Zeit und Frequenz
Die meisten Messverfahren basieren auf der Zählung von Impulsen. Bei der Zeitmessung werden Impulse, die eine definierte und konstante Impulsfolgefrequenz
(Frequenznormal) besitzen, während der zu messenden Zeitdauer gezählt. Bei der
Frequenzmessung werden Impulse, die die zu messende Impulsfolgefrequenz fs
besitzen, während einer definierten und möglichst konstanten Zeitdauer
gezählt. Dabei ist K ein ganzzahliger, ebenfalls durch Zählung erzeugter Faktor.
Der relative Fehler der Referenzfrequenz f0 liegt typisch im Bereich von 10-6
(Quarz) bis 10-11 (Cäsium-Atomnormal). Hierdurch wird die Genauigkeit begrenzt.
4.26
a) Zeitmessung
us
&
uz
u0
Zähler
us
Ti
t
u0
T0
t
uz
t
Abb. 4.6-1
Prinzipschaltung und Signalverlauf bei einer Zeitmessung
Die Prinzipschaltung einer Zeitmessung sowie der Zeitverlauf der beteiligten Signale ist in Abb. 4.6-1 dargestellt.
Der Zählerstand n ist ein Maß für die Zeit Ti. Es gilt:
Das letzte Bit der Zahl n ist als unsicher zu betrachten. Durch eine hohe Frequenz
f0 kann eine hohe Auflösung erzielt werden. So ergibt beispielsweise ene Frequenz von f0 = 100 Mhz eine zeitliche Auflösung von T0 = 10 ns.
4.27
b) direkte Frequenzmessung
Die direkte Frequenzmessung wird meist bei hochfrequenten Signalen eingesetzt.
Die Prinzipschaltung ist in Abb. 4.6-2 dargestellt.
us
&
uz
u0
Zähler
us
TS
t
u0
Tref
t
uz
t
Abb. 4.6-2
Prinzipschaltung und Signalverlauf bei der direkten Frequenzmessung
Die Messung beruht darauf, dass die Zahl der Impulse in einem vorgegebenen
Zeitfenster ermittelt wird.
Der Zählerstand nach Ablauf der Zeit Tref ist ein Maß für die Frequenz fs.
Die Referenzzeit Tref wird durch Teilung um den ganzzahligen Faktor K aus einer
genauen Referenzfrequenz f0 gewonnen. Durch eine lange Messzeit Tref kann eine
hohe Auflösung erzielt werden. Auch hier ist das letzte Bit unsicher.
4.28
c) Indirekte Frequenzmessung
Für niedrige Frequenzen wird bevorzugt die indirekte Frequenzmessung angewendet. Abb. 4.6-3 zeigt Signalverlauf und prinzipiellen Aufbau dieser Methode.
Hier wird die Periodendauer Ts des zu messenden Signals mit der Frequenz fs
ermittelt, indem die Anzahl der Impulse eines Signals mit der Referenzfrequenz f0
innerhalb einer Periodendauer durch Zählung ermittelt wird.
Flip-Flop
S
us
Q
R
us*
&
u0
uz
Zähler
us
TS
t
us*
t
u0
T0
t
uz
t
Abb. 4.6-3
Prinzipschaltung und Signalverlauf bei der indirekten Frequenzmessung
4.29
Der Zählerstand n ist dann ein Maß für die Frequenz fs:
Auch hier ist das letzte Bit unsicher. Die Auflösung lässt sich durch Wahl einer
hohen Frequenz f0 sehr hoch treiben.
5.1
5. Verstärkung schwacher Signale
5.1 Grundschaltungen mit Operationsverstärkern
Der Einsatz von Operationsverstärkern ("operational amplifier" oder kurz "Opamp")
in verschiedenen Grundschaltungen ist in einem weiten Frequenzbereich ( DC bis
einige 10 MHz) sehr zweckmäßig.
Die grundlegenden Merkmale von Verstärkerschaltungen können bei Operationsverstärkern sehr gut deutlich gemacht werden, da Operationsverstärker meist
unter idealisierten Annahmen betrachtet werden können.
Abb. 5.1-1 zeigt das Schaltsymbol eines unbeschalteten Operationsverstärkers.
+
Uein
U+
_
U_
Abb. 5.1-1
Ua
Operationsverstärker
Der Verstärker hat einen so genannten invertierenden Eingang (-) und einen nicht
invertierenden Eingang (+) sowie einen Ausgang. Für die angegebenen Spannungen gelten die folgenden Beziehungen:
Der Verstärker verstärkt also die Differenz der beiden Eingangsspannungen mit
der so genannten Leerlaufverstärkung A.
Die beiden wesentlichen idealisierten Annahmen sind nun:
Leerlaufverstärkung:
Eingangswiderstand:
A 64
Zein 6 4
Beide Annahmen sind bei handelsüblichen Operationsverstärkern in einem weiten
Bereich von Betriebsparametern gerechtfertigt. Aus der ersten der beiden Annahmen folgt gleichzeitig, dass für jeden endlichen Wert der Ausgangsspannung
Ua die Eingangsspannung Uein = 0 V sein muss.
Operationsverstärker sind integrierte Bausteine, die beispielsweise im so genannten 8-poligen DIL-Gehäuse erhältlich sind (siehe Abb. 5.1-2). Die Belegung der
einzelnen Anschlüsse (pins) ist in Abb. 5.2-1 ebenfalls angegeben. Durch ein Potentiometer zwischen Pin 1 und 5, dessen Schleiferanschluss an der negativen
Versorgungsspannung liegt, ist eine Kompensation der Offsetspannung (siehe
Abschnitt 5.2) möglich. Fast alle Operationsverstärker sind „pin-kompatibel“, so
dass ein leichter Austausch verschiedener Typen möglich ist.
5.2
Offset 1
Potentiometer zum
8 frei
2
_
7 V+
3
+
6
Offset-Abgleich
1
V-
4
5
5 Offset
10 k Ω
V-
Abb. 5.1-2
Anschlussbelegung eines Operationsverstärkers im DIL-Gehäuse
Bei den im folgenden dargestellten Schaltskizzen ist, wie meist üblich, weder die
Spannungsversorgung mit ±15 V noch die Beschaltung zur Offsetspannungskompensation dargestellt.
5.1.1 Invertierende Verstärker
a) Spannungsverstärker
Abb. 5.1.1-1 zeigt die Schaltung eines invertierenden Spannungsverstärkers.
R2
R0
I1
R1
Iein
_
IL
Uein
U0
U1
+
RL
U
Signalquelle
Verstärkerschaltung
Abb. 5.1.1-1 Schaltung eines invertierenden Spannungsverstärkers
Last
5.3
Wegen der unendlich großen Leerlaufverstärkung gilt:
Der invertierende Eingang liegt damit praktisch auch auf Massepotential, man
spricht auch von einem „virtuellen“ Nullpunkt.
Deshalb und wegen des unendlich hohen Eingangswiderstandes gilt außerdem:
Daraus folgt für den Strom I1 :
Für die Spannung U2 ergibt sich daher:
Für die Betriebsverstärkung V folgt daraus:
Der negative Eingang des Verstärkers liegt wegen Uein = 0 praktisch auch auf
Massepotential (virtueller Nullpunkt). Die Spannungsquelle wird daher durch den
Widerstand R1 belastet, so dass die Schaltung nicht für die Verstärkung von
Spannungen aus hochohmigen Quellen geeignet ist.
5.4
b) Addierer
Die in Abb. 5.1.1-2 dargestellte Addiererschaltung wird verwendet, um Spannungen, die aus verschiedenen Quellen mit gleichem Nullpotential stammen, zu addieren.
R1
I1
R2
I2
R3
I=I1+I2
_
U1
U2
+
U3
Abb. 5.1.1-2 Addiererschaltung
Für die Ausgangsspannung U3 gilt unter den oben genannten Annahmen:
Falls R1 gleich R2 gewählt wird, vereinfacht sich der Ausdruck zu
Die Schaltung führt also eine Addition von zwei Spannungen durch, die über die
Wahl der Widerstände R1 und R2 gewichtet werden können. Eine Erweiterung auf
mehrere Spannungen sowie die Subtraktion von Spannungen bei gleichzeitiger
Verwendung des invertierenden und des nichtinvertierenden Eingangs ist ebenfalls möglich.
5.5
c) Integrierer / ladungsempfindlicher Verstärker
Das Ausgangssignal der in Abb. 5.1.1-3 gezeigten Integriererschaltung ist das
Integral der Spannung U1 bzw. des Stromes I über der Zeit.
I
R
I
U1
C
_
+
U2
Abb. 5.1.1-3 Schaltung eines Integrierers
Für einen idealen Operationsverstärker gilt:
Die Schaltung kann auch dazu benutzt werden, Ladungen, wie sie z.B. bei der
Messung radioaktiver Strahlung erzeugt werden, aufzusummieren. Abb. 5.1.1-4
zeigt die dafür modifizierte Schaltung.
Da die Ladungsquelle hier keine Spannung sondern nur eine begrenzte Ladung
liefert, ist es sinnvoll, den Eingangswiderstand der Verstärkerschaltung zu R = 0
zu wählen, um damit praktisch den Kurzschlussstrom der Quelle zu messen (negativer Verstärkereingang ist "virtueller Nullpunkt").
5.6
I
R0
I
C0
Q
C
_
+
U
Ladungsquelle
Abb. 5.1.1-4 Schaltung eines ladungsempfindlichen Verstärkers
Für die Ausgangsspannung U gilt hier:
Ein Problem dieser Schaltung ist, dass der Kondensator auch ohne Eingangssignal langsam aufgeladen wird, weil die idealisierten Bedingungen Iein = 0 und
Uein = 0 nicht ganz eingehalten werden. Im Realfall besitzt nämlich jeder Operationsverstärker einen sehr kleinen Eingangsstrom (Bias-Strom) und eine kleine
Eingangsspannung (Offset-Spannung).
Als Gegenmaßnahme kann ein hochohmiger Widerstand parallel zu C geschaltet
werden, was allerdings den Integrationsvorgang beeinflusst. Eine andere Möglichkeit ist ein parallel zu C angeordneter (Halbleiter)schalter, der den Kondensator
kurzschließt und der zu Beginn des Integrationsvorganges geöffnet wird.
5.7
d) Strom-Spannungs-Wandler
Operationsverstärker können auch zur Wandlung eines Stromes in eine Spannung eingesetzt werden. Anwendungsbeispiele sind die Wandlung des Ausgangssignals einer Photodiode oder eines Photomultipliers. Abb. 5.1.1-5 zeigt die
R2
Ik
I0
Ri
_
Uein
+
U
Stromquelle
entsprechende Schaltung.
Abb. 5.1.1-5 Schaltung eines Strom-Spannungswandlers
Auch hier wird auf einen Eingangswiderstand verzichtet, um die Stromquelle
quasi im Kurzschluss zu betreiben ( Uein = 0 ). Die Ausgangsspannung ist dann:
Der Verstärker stellt eine Spannungsquelle mit kleinem Innenwiderstand dar, der
den Messaufnehmer (z.B. Photodiode) von der nachfolgenden Beschaltung entkoppelt.
Die Schaltung ist wegen Uein = 0 grundsätzlich zur rückwirkungsfreien Strommessung geeignet. Allerdings beschränkt sich der Einsatzbereich auf kleine Ströme, die den maximalen Ausgangsstrom des Operationsverstärkers nicht überschreiten dürfen. Zur Realisierung größerer Ströme kann der Ausgang des Operationsverstärkeres einen Transistor ansteuern.
5.8
e) bandbegrenzte Verstärkung, Tiefpass 1. Ordnung
Abb. 5.1.1-6 zeigt die Schaltung eines aktiven Tiefpasses 1. Ordnung mit einem
Operationsverstärker.
R2
C2
R1
U1
_
+
U2
Abb. 5.1.1-6 Aktiver Tiefpass 1. Ordnung
Für die Parallelschaltung aus R2 und C2 im Rückkoppelzweig des Verstärkers lässt
sich der komplexe Scheinwiderstand Z2 wie folgt angeben:
Für die Ausgangsspannung U2 gilt dann:
Die Schaltung stellt also einen Tiefpass 1. Ordnung mit der Verstärkung R2 / R1
(proportionaler Übertragungsbeiwert) und der Zeitkonstanten T = R2 @ C2 dar. Der
Vorteil gegenüber einer passiven Tiefpassschaltung (RC-Glied) besteht darin, dass
5.9
der Eingangswiderstand R frequenzunabhängig und der Ausgangswiderstand
ungefähr Null und ebenfalls frequenzunabhängig ist.
Die Schaltung dient zur Unterdrückung hochfrequenter Rausch- und Störsignale.
5.1.2 Nichtinvertierende Verstärker
Nichtinvertierende Verstärkerschaltungen werden zur Verstärkung von Spannungen eingesetzt und sind auch für hochohmige Quellen geeignet. Abb. 5.1.2-1 zeigt
die Grundschaltung des nichtinvertierenden Verstärkers an einer Spannungsquelle mit dem Innenwiderstand R0.
R0
I ein
+
Uein
_
U0
R2
U1
U2
U'1
R1
Spannungsquelle
Abb. 5.1.2-1 Nichtinvertierende Operationsverstärkerschaltung
Auch für reale Verstärker kann in erster Näherung Uein = 0 und Iein = 0 gesetzt
werden. Vor allem bei Verstärkern mit FET-Eingangsschaltungen und bei niedrigen Frequenzen ist der Eingangsstrom praktisch gleich Null. Aus der Maschenbetrachtung im Eingangskreis des Verstärkers folgt dann:
5.10
Für die Ausgangsspannung U2 ergibt sich bei Betrachtung des aus R2 und R1
gebildeten Spannungsteilers:
Für die Betriebsverstärkung V gilt also:
Für den Spezialfall R2 = 0 und R1 = 4 gilt schließlich:
Der nichtinvertierende Verstärker wird in dieser Beschaltung häufig als sog. Impedanzwandler eingesetzt, der eine Spannung aus einer hochohmigen Quelle in
eine gleich große Spannung bei niedrigem Innenwiderstand umsetzt.
Der wesentliche Vorteil der nichtinvertierenden Schaltung ist in dem hohen Eingangswiderstand zu sehen. Allerdings sind nur Betriebsverstärkungen V $ 1 möglich, so dass der Einsatz als Integrierer oder aktiver Tiefpass nicht möglich ist.
5.1.3 Differenzverstärker
Differenzverstärker werden dort eingesetzt, wo eine Spannungsdifferenz verstärkt
werden soll. Anwendungsbeispiele sind Brückenschaltungen, Vergleichsstellen in
der Regelungstechnik oder Fälle, in denen das Nullpotential der Quelle nicht
gleich dem Nullpotential des Verstärkers ist.
Abb. 5.1.3-1 zeigt eine einfache Schaltung zur Realisierung eines Differenzverstärkers.
5.11
R2
I1
I2
R1
R1
Iein _
Uein
+
U1
U2
R2
U2*
U3
Abb. 5.1.3-1 Einfacher Differenzverstärker
Auch hier wird wieder von dem Idealfall ausgegangen, dass Eingangsspannung
und Eingangsstrom des Verstärkers gleich Null sind. Nach dem Überlagerungsprinzip folgt hier für die Ausgangsspannung U3:
Für U2* folgt :
Damit ergibt sich schließlich für U3:
5.12
Ein Nachteil dieser Schaltung ist die Tatsache, dass die beiden Eingangsspannungen unterschiedlich belastet werden. Für die Ströme in den beiden Eingangszweigen gilt:
Zum anderen weist die Schaltung nur eine geringe Gleichtaktunterdrückung auf,
d.h. eine gleichmäßige Veränderung von U1 und U2, die sich in der Differenz der
beiden Spannungen nicht bemerkbar macht, verändert die Ausgangsspannung
U3.
Für anspruchsvollere Messaufgaben werden daher als hochwertigere Schaltungen sog. Instrumentenverstärker eingesetzt.
Abb. 5.1.3-2 zeigt die Schaltung eines solchen Instrumentenverstärkers.
+
_
U*1
R3
R4
R2
_
R1
U1
+
R2
_
U3
R3
+
U2
*
U2
Abb. 5.1.3-2 Instrumentenverstärker
R4
5.13
In dieser Schaltung werden die Eingangsspannungen U1 und U2 zunächst über
zwei nichtinvertierende Verstärker von den Quellen "entkoppelt". Ein weiterer
Verstärker übernimmt dann die Differenzbildung, wobei wegen der niedrigen
Ausgangsinnenwiderstände der vorgeschalteten Verstärker die unterschiedliche
Eingangsbelastung keine Rolle mehr spielt.
Durch Überlagerung lässt sich für die beiden Spannungen U1* und U2* folgender
Ansatz finden:
Die Ausgangsspannung U3 ergibt sich dann nach folgendem Ansatz:
Im Gegensatz zu der vorher diskutierten einfachen Schaltung weisen hier beide
Eingänge hohe und gleich große Eingangswiderstände auf. Wegen der symmetrischen Eingangsschaltung ist die Gleichtaktunterdrückung sehr groß.
Natürlich ist auch hier der Einfluss der Widerstände entscheidend für die Betriebsverstärkung. An Toleranz, Temperaturkoeffizient und Konstanz dieser Bauteile
werden hohe Anforderungen gestellt. Aus diesem Grund werden Instrumentenverstärker meist komplett als integrierte Bausteine hergestellt. Zur Verstärkungseinstellung ist entweder ein externer Widerstand notwendig ( z.B. R1 ) oder die
Betriebsverstärkung kann aus einer Reihe von intern festgelegten Verstärkungswerten durch Brücken zwischen den externen Anschlüssen ausgewählt werden.
5.14
5.1.4 Präzisionsgleichrichter
Bei hohen Anforderungen an die Qualität einer Gleichrichtung ( für messtechnische Zwecke, z.B. in TRMS-Voltmetern ) kann die in Abb. 5.1.4-1 dargestellte
Operationsverstärkerschaltung eingesetzt werden.
R2
D1
I1
R1
_
I3
D2
I2
Uein
U1
+
U2
Abb. 5.1.4-1 Präzisionsgleichrichter
Wenn U1 < 0 ist, so ist auch der Strom I1 < 0, da der negative Verstärkereingang
nahezu auf Massepotential liegt. Die Verstärkerausgangsspannung wird wegen
der invertierenden Schaltung positiver als das Massepotential, so dass die Diode
D1 leitend wird. Der Strom durch D1 wird gerade I3 = - I1. Da die Diode D2 sperrt,
ist I2 = 0 und für die Ausgangsspannung der Schaltung folgt:
Ist U1 hingegen größer als Null, so wird auch der Strom I1 > 0 sein. Da dieser
Strom weder in den Verstärkereingang ( Re = 4 ), noch in Sperrichtung durch die
Diode D1 fließen kann, wird sich die Verstärkerausgangsspannung so einstellen,
dass I2 = - I1 ist. Die Diode D2 ist dabei leitend. Für die Ausgangsspannung U2 gilt
dann:
Die Kennlinien der Dioden spielen dabei keine Rolle; sie fungieren nur als stromrichtungsabhängige Schalter. Damit ist mit dieser Schaltung auch eine Gleichrichtung im Bereich unterhalb der Diodendurchlassspannung möglich ( ideale
Diode ). Eine Verzerrung durch die nichtlineare Diodenkennlinie findet ebenfalls
5.15
nicht statt. Die Verstärkerausgangsspannung stellt sich in jedem Betriebspunkt so
ein, dass der Spannungsabfall über der Diode D2 gerade kompensiert wird.
Für ein optimales Verhalten der Schaltung empfiehlt sich die Verwendung von
Verstärkern mit hoher "slew rate" und von Schottky-Dioden.
5.1.5 Spannungs-Strom-Wandler
Abb. 5.1.5-1 zeigt die Schaltung eines Spannungs-Strom-Wandlers. Die Aufgabe
der Schaltung besteht darin, die Spannung U1 unabhängig vom Lastwiderstand
RL in einen proportionalen Strom umzuwandeln. Anwendungsbeispiele sind die
Umsetzung der Ausgangsspannung eines Sensors in den in der Messtechnik
üblichen 20 mA - Standard, oder die Versorgung eines Widerstandsthermometers
mit einem temperaturunabhängigen, konstanten Strom (z.B. 1 mA).
R2
R1
R3
_
I3
+
I4
U1
R4
I
RL
U
U2
Abb. 5.1.5-1 Spannungs-Strom-Wandler für eine massebezogene Last
Für die Spannung U am Lastwiderstand RL lässt sich sich folgender Ansatz wählen:
5.16
Für die beiden Ströme I3 und I4 gilt:
Daraus folgt:
Wählt man das Verhältnis der Widerstände zu
so folgt:
Der Strom am Lastwiderstand ist damit:
Damit das notwendige Verhältnis der Widerstände exakt eingehalten wird, sind
hohe Anforderungen an die Toleranz und den Temperaturkoeffizienten dieser
Bauteile zu stellen. Bei der Auslegung der Schaltung muss die Aussteuerungsgrenze des Operationsverstärkers beachtet werden. Bei einer Versorgungsspannung von ± 15 V beträgt diese Umax . 12 V. Es muss gelten:
5.17
5.2 Wichtige Fehlerquellen bei Operationsverstärkern
Zum Verständnis einer Reihe der hier besprochenen Fehlerquellen ist es wichtig,
das Innenleben von Operationsverstärkern etwas genauer zu betrachten. Abb.
5.2-1 zeigt die Eingangsschaltung eines Operationsverstärkers in der Version mit
bipolaren Transistoren.
+ 15 V
RC1
RC2
UD
I+
U+
I_
I E+
IE _
U_
I = IE++ I E _
- 15 V
Abb. 5.2-1
Eingangsschaltung eines Operationsverstärkers mit bipolaren Transistoren
Die Schaltung besteht aus zwei symmetrisch angeordneten Transistoren, deren
Kollektoren über die Kollektorwiderstände RC1 und RC2 mit der positiven Versorgungsspannung verbunden sind. Die Emitter sind verbunden und über einen
weiteren Transistor, der als Stromquelle geschaltet ist, mit der negativen Versorgungsspannung verbunden. Die Basis des einen Transistors stellt den positiven,
und die des anderen den invertierenden Verstärkereingang dar. Ausgangssignal
dieser Differenzverstärkerstufe ist die Spannung UD, also die Differenz aus den
beiden Kollektorsspannungen.
5.18
Bedingt durch eine Reihe von nichtidealen Effekten treten an realen Operationsverstärkern verschiedene Fehler auf.
a) Offset-Spannung UOS
Bedingt durch Fertigungstoleranzen lässt sich die Spannung UD nur dann auf Null
abgleichen, wenn eine kleine positive oder negative Spannungsdifferenz zwischen
den beiden Eingängen liegt.
Die Offset-Spannung UOS wird bei einem beschalteten Operationsverstärker wie
eine Spannung am nichtinvertierenden Eingang verstärkt.
Die Größe von UOS kann durch ein externes Trimmpotentiometer, das oft zwischen RC1 und RC2 liegt, verringert werden. Eine vollständige Beseitigung ist unmöglich, da die Offset-Spannung einer langsamen zeitlichen Drift unterliegt und
sich auch mit der Temperatur ändert. Für präzise Messaufgaben empfiehlt sich
daher die Verwendung von Operationsverstärkern mit geringer Offset-Spannung.
b) Gleichtaktfehler
Gleiche Änderungen an U+ und U- führen zu einer unerwünschten Änderung in
UD. Die Gleichtaktunterdrückung ( common mode rejection ratio ) gibt an, wie viel
kleiner die Verstärkung des Gleichtaktes (U+ + U-)/2 im Vergleich zur Verstärkung
der Differenz aus beiden Spannungen ist ( z.B. 100 dB ).
Bei invertierenden Verstärkerschaltungen, in denen der nicht invertierende Eingang auf Masse liegt, hat die Gleichtaktunterdrückung keine Bedeutung.
c) Bias-Strom Ib, Offset-Strom IOS
Bei Eingangsschaltungen mit bipolaren Transistoren fließt grundsätzlich ein Basisstrom. Es gilt:
Der Bias-Strom ist definiert als
währende der Offset-Strom durch
gegeben ist.
5.19
Wählt man in der Beschaltung des Operationsverstärkers die Widerstände an den
beiden Eingängen gleich groß, so heben sich die durch den Bias-Strom Ib hervorgerufenen Spannungsabfälle auf, während der Einfluss des Offset-Stroms IOS
erhalten bleibt.
Bei Operationsverstärkern mit FET-Eingängen ist der Eingangsstrom praktisch
gleich Null aber die Offset-Spannung ist meist recht groß.
d) begrenzte Leerlaufverstärkung A
Die Leerlaufverstärkung eines Operationsverstärkers, die im Idealfall zu unendlich
angenommen wird und im Realfall zwischen 104 und 107 liegt, ist frequenzabhängig. Ein realer Operationsverstärker stellt einen Tiefpass erster Ordnung dar. Der
prinzipielle Verlauf des Frequenzgangs der Verstärkung ist als Bode-Diagramm in
Abb. 5.2-2 dargestellt.
A
A0
3 dB
6 dB / Oktave = 20 dB / Dekade
V0
1 / 0 dB
fgA
Abb. 5.2-2
fg
fT
f
Frequenzgang der Leerlaufverstärkung eines Operationsverstärkers
A0
fgA
fT
V0
fg
Leerlaufverstärkung bei Gleichspannung ( f = 0 Hz )
3 dB - Grenzfrequenz der Leerlaufverstärkung
Transitfrequenz ( A = 1 )
Betriebsverstärkung ( durch Gegenkopplung bestimmt )
bei f = 0 Hz
3 dB - Grenzfrequenz der Betriebsverstärkung
5.20
Bezeichnet man als V4 die theoretische Betriebsverstärkung, die sich unter der
Annahme A 6 4 aus der äußeren Beschaltung errechnet, so ist die tatsächliche
Betriebsverstärkung bei endlicher Leerlaufverstärkung A:
Bei hoher Betriebsverstärkung ( im Vergleich zur Leerlaufverstärkung ) und bei
hohen Frequenzen ( abfallende Leerlaufverstärkung ) gelten also die Gleichungen
aus Abschnitt 5.1 nicht mehr uneingeschränkt. Immer gilt:
Außerdem gilt näherungsweise:
Für f = fg gilt:
d.h. die Betriebsverstärkung ist hier bereits 30 % geringer als der theoretische
Wert. Um daraus resultierende Messfehler zu vermeiden, sollte für alle interessierenden Signalfrequenzen f << fg gelten.
e) Eingangsimpedanz Zein
Auch bei Eingangsschaltungen mit FET's ist wegen der großen Eingangskapazitäten dieser Transistoren bei höheren Frequenzen die Eingangsimpedanz nicht
beliebig groß. Bei einem nichtinvertierenden Verstärker gilt ganz allgemein:
mit C als Eingangskapazität und R als dazu parallel liegendem Eingangswiderstand. Abb. 5.2-3 zeigt das daraus resultierende Ersatzschaltbild eines nichtinvertierenden Verstärkers.
5.21
C
Z
R
R2
R1
Abb. 5.2-3
Eingangsersatzschaltung eines nichtinvertierenden Verstärkers
f) Slewrate
Wegen Übersteuerungseffekten beim Umladen von internen Kapazitäten ist am
Verstärkerausgang nur eine begrenzte maximale Spannungsänderung pro Zeiteinheit (dua / dt)max möglich. Speziell bei großen hochfrequenten Signalen und kleiner Betriebsverstärkung kann dies zu nichtlinearen Verzerrungen führen.
g) Rauschen
Alles Rauschen, das im Verstärker entsteht, wird auf den Verstärkereingang umgerechnet und zwei teilweise korrelierten Rauschquellen, einer Rauschspannungsquelle Ur und einer Rauschstromquelle Ir zugeordnet. Abb. 5.2-4 zeigt
die daraus resultierende Ersatzschaltung für einen rauschenden Operationsverstärker.
5.22
_
ir
rauschfreier
Verstärker
+
ur
Abb. 5.2-4
Ersatzschaltung eines rauschenden Operationsverstärkers
Die Rauschspannung Ur wird verstärkt wie eine Spannung am nichtinvertierenden
Verstärkereingang. Der Rauschstrom Ir erzeugt an der externen Beschaltung
Spannungsabfälle, die dann ebenfalls verstärkt werden. Der Verstärker selbst wird
als rauschfrei betrachtet.
Der Effektivwert von Rauschspannung bzw. Rauschstrom wächst mit der Wurzel
aus der Bandbreite )f des übertragenen Frequenzbandes. Ist beispielsweise Ur*
der Effektivwert der Rauschspannung bei einer Bandbreite von )f = 1 Hz, so gilt:
Daher erfolgt die Angabe von Ur* und Ir* bei den technischen Daten meist in der
Einheit nV/%Hz bzw. pA/%Hz. Oft erfolgt auch die Angabe eines mit großer Wahrscheinlichkeit nicht überschrittenen Spitze-Spitze-Wertes innerhalb eines bestimmten Frequenzbandes, Hierbei gilt für das Rauschen:
5.23
5.3 Einige Typen und Daten von Verstärkern
5.3.1 Einige wichtige Verstärkertypen
Alle beschriebenen Verstärkertypen existieren als kompletter Baustein, meist als
IC und teilweise in Hybridtechnik aufgebaut.
a) Operationsverstärker
Man unterscheidet Verstärker mit "normalem" internen Schaltungsaufbau aus
bipolaren Transistoren oder FET's und besonders driftarme Verstärkern mit sog.
Chopperstabilisierung. Bei letzteren wird durch internes Umschalten (Choppen)
mit typisch 100 Hz zwischen Signal und Kurzschluss auf verschiedene interne
Verstärker die Größe der Offsetspannung festgestellt und weitgehend kompensiert.
b) Instrumentenverstärker
Instrumentenverstärker sind hochwertige Operationsverstärker, wie sie z.B. in
Brückenschaltungen verwendet werden. Sie beruhen meist auf einer Schaltung
ähnlich der in Abschnitt 5.1.3 beschriebenen mit verschiedenen, internen, aneinander angepassten Widerständen. Die Selektion der die Verstärkung bestimmenden Widerstände erfolgt oft durch Verbinden einzelner IC-Anschlüsse. Dadurch
lassen sich fest vorgegebene Verstärkungsfaktoren, z.B. 1, 10, 20, 50, 100, 200 mit
recht guten Werten für die Toleranz (z.B. 0,1 %), die Linearität (z.B. 10 ppm) und
die Temperaturdrift (z.B. 10 ppm/K) einstellen.
c) Trennverstärker, Isolationsverstärker
Trennverstärker haben eine ähnliche Funktion wie Instrumentenverstärker, wobei
jedoch der Ausgang galvanisch vom Eingang getrennt ist. Die Betriebsspannungs- bzw. Leistungsversorgung des Eingangsteils erfolgt vom Ausgangsteil aus über Übertrager (Wechselmagnetfeld). Die Signalkopplung zwischen
Eingangs- und Ausgangsteil kann ebenfalls über Übertrager oder aber über Optokoppler erfolgen.
Trennverstärker werden eingesetzt
•
zur Vermeidung von Erdschleifen bzw. Masseschleifen in komplexeren Messanordnungen.
•
zur Erfassung von Messsignalen, die auf hohem Spannungspotential
liegen.
•
zum Schutz des Messortes vor Spannungen, die bei einer Fehlfunktion aus dem Messgerät zurückwirken könnten (z.B. in der Medizintechnik).
5.24
5.3.2 Typische Daten von Messverstärkern
Tabelle 5.3.2-1 gibt Richtwerte für als IC erhältliche Messverstärker an. Die Werte
gelten nicht für Verstärker für höhere Leistungen bzw. für Messverstärker, die als
komplette Geräte ausgeführt sind.
Tabelle 5.3.2-1
Typische Daten von Messverstärkern
Parameter
Minimalwert
Maximalwert
Offsetspannung UOS
1 :V
1 mV
Drift der Offsetspannung
0,1 :V/K
1 mV/K
Biasstrom Ib
0,1 pA
100 :A
Leerlaufverstärkung A0
104
107
Gleichtaktunterdrückung
(CMRR)
60 dB
160 dB
Slew-Rate
1 V/:s
1000 V/:s
Transitfrequenz fT
1 MHz
10 GHz
Rauschspannung
$ 2 nV/s½
Rauschstrom
(bei bipolaren Transistoren)
$ 5 pA/s½
Rauschstrom
(bei FET's)
vernachlässigbar
klein
Ausgangsspannung
(bei Versorgung mit ± 15 V)
± 12 V
Ausgangsstrom
± 20 mA
5.25
Tab. 5.3.2-2 Kenndaten einiger konkreter Operationsverstärker:
Bezeichnung
CA 741 CE
TL 081 CN
OPA 600 CM
AD 9610
OPA 177 E
OPA 27 E
AD 549 L
OPA 3584 M
Hersteller
RCA
SGS
Burr-Brown
Analog
Devices
Burr-Brown
Burr-Brown
Analog
Devices
Burr-Brown
Typ
Universal
Bipolar
Universal
FET
Fast
High SlewRate
Precision
Ultralow Noise Prec.
Ultralow
Bias Current
145 V Ausgangsspann.
Offsetspannung in :V
2000
5000
1000
1000
4
6
300
3000
Eingangsruhestrom iB
80 nA
30 pA
20 pA
50 :A
0,5 nA
11 nA
40 fA
20 pA
Eingangsoffsetstrom i0
20 nA
5 pA
20 pA
0,3 nA
5 nA
20 fA
20 pA
Gleichtakteingangswiderstand rgt
1 MS
1 TS
100 GS
200 GS
3 GS
1000 TS
100 GS
100 GS
45 MS
10 TS
100 GS
Differenzeingangswiderstand re
Ausgangswiderstand ra
75 S
Leerlaufspannungsverstärkung A0
106 dB
103 dB
94 dB
Gleichtaktunterdrückung
CMRR
90 dB
100 dB
80 dB
Slew-Rate in V/:s
0,5
13
Transitfrequenz fT
1 MHz
4 MHz
u-Rauschen
bei
i-Rauschen
bei
75 S
0,05 S
60 S
70 S
142 dB
126 dB
60 dB
100 dB
35 dB
140 dB
128 dB
100 dB
110 dB
500
3000
0,3
1,9
3
150
10 GHz
120 MHz
0,6 MHz
8 MHz
1 MHz
20 MHz
20 nV/%Hz
10 kHz
1,5 nV/%Hz
5 - 150 MHz
85 nV
1 - 100 Hz
2,7 nV/%Hz
1 kHz
35 nV/%Hz
10 kHz
1,6 :V/%Hz
0,01 - 10 Hz
30 pA/%Hz
5 - 150 Mhz
4,5 pA
1 - 100 Hz
0,4 pA/%Hz
1 kHz
0,11 fA/%Hz
1 kHz
0,1 pA/%Hz
0,01 - 10 Hz
5.26
5.3.3 Lock-in Verstärker
Lock-in Verstärker sind üblicherweise komplette Geräte, mit denen kleinste Signale (im
Bereich von nV oder pA) gemessen werden können. Dabei kann das Nutzsignal viel
kleiner als das Störsignal (z.B. Rauschen) sein.
Dazu muss allerdings die Messgröße moduliert werden können, also beispielsweise in
eine Impulsfolge mit definierter Frequenz zerhackt oder in ein Sinussignal mit ebenfalls
definierter Frequenz verwandelt werden können.
Beispiele:
Licht, aus dem in einem Monochromator ein schmalbandiger Spektralanteil
ausgewählt werden soll, wird durch einen optischen Zerhacker (rotierende Blende) in eine Folge von Lichtimpulsen zerhackt. Dann ist auch ein aus dem Licht
abgeleitetes Messsignal eine Impulsfolge der gleichen Frequenz.
Eine Dehnungsmessstreifenbrücke zur Messung kleiner Kräfte wird mit einer
sinusförmigen Wechselspannung definierter Frequenz versorgt. Dann ist auch
die sehr kleine Brückenspannung eine Sinusspannung mit eben dieser Frequenz.
Dieses schwache und mit großen Störungen überlagerte Wechselsignal wird messtechnisch erfasst (z.B. das Licht über eine Photodiode) und verstärkt. Dann werden mit
einem Bandpass die wesentlich höheren und niedrigeren Frequenzanteile der Störungen unterdrückt (z.B. hochfrequentes Rauschen oder eine Gleichspannungsdrift).
Das so vorbereitete Signal wird anschließend phasenselektiv im Takt der Signalfrequenz gleichgerichtet (Lock-in-Verfahren). Ein Tiefpass bildet dann den Mittelwert des
gleichgerichteten Signals.
Abb. 5.3.3-1 zeigt den Aufbau dieser Lock-in-Anordnung. Der Schalter S wird phasengleich mit der Modulationsfrequenz des Nutzsignals umgeschaltet.
Eingangssignal
Ausgangssignal
Tiefpass
S
V = -1
Abb. 5.3.3-1 Das Lock-in-Prinzip
5.27
Abb. 5.3.3-2 zeigt das Nutzsignal am Eingang der Anordnung, nach der Gleichrichtung
sowie am Ausgang des Tiefpasses.
U
Eingangssignal
t
U
gleichgerichtetes Signal
t
U
Ausgangssignal
t
Abb. 5.3.3-2 Nutzsignal in den verschiedenen Stufen des Lock-in-Verstärkers
Abb. 5.3.3-3 zeigt ein sinusförmiges Störsignal, dessen Frequenz von der Modulationsfrequenz abweicht. Man erkennt, dass das Signal nach der phasenrichtigen Gleichrichtung auch negative Anteile aufweist, die die positiven Anteile gerade kompensieren. Der Beitrag des Störsignals zum Signal am Ausgang des Tiefpasses ist daher gerade Null.
Wird die Mittelung über einen genügend langen Zeitraum durchgeführt, bleibt am
Ausgang fast nur noch der vom Nutzsignal stammende Signalanteil übrig. Ein Lock-inVerstärker stellt damit ein sehr schmalbandiges Filter dar, dessen Mittenfrequenz
gleich der Modulationsfrequenz des Nutzsignals ist. Durch lange Messzeiten können
Bandbreiten von nur wenigen Millihertz bei Modulationsfrequenzen im Kilohertzbereich
erreicht werden. Dadurch können stationäre Nutzsignale gemessen werden, die von
tausendfach größeren Störungen überlagert sind.
5.28
U
Eingangssignal
t
U
gleichgerichtetes Signal
t
Abb. 5.3.3-3 Störsignal in den verschiedenen Stufen des Lock-in-Verstärkers
5.29
5.4 Elektronische Störungen, Gegenmaßnahmen
Dieser Abschnitt enthält nur einige grundsätzliche und z.T. vereinfachende Hinweise auf Art und Ursache einiger wichtiger Störungen und auf Gegenmaßnahmen zu ihrer Reduzierung.
Als Masseleitung wird in elektronischen Schaltungen und Messaufbauten die
Leitung bezeichnet, die als Null-Leiter mit dem 0 V - Potential des Netzteils oder
der Batterien verbunden ist. Häufig ist die Masseleitung an einer geeigneten Stelle
mit dem Erdpotential (Schutzkontakt) verbunden, also geerdet. Andernfalls ist die
Schaltung erdfrei.
Grundsätzlich ist es günstig, ein geerdetes Metallgehäuse zur Abschirmung zu
verwenden.
Da viele Störungen in Leitungen entstehen, oder in sie eingestreut werden, sind
kurze Leitungslängen sinnvoll. Außerdem ist darauf zu achten, dass z.B. Energieversorgungsleitungen, auf denen vielfältige Störungen vorhanden sind, nicht
parallel zu Messleitungen mit kleinen Signalen geführt werden.
Durch Filter, meist Tiefpässe oder Bandpässe, können Störungen, die andere
Frequenzanteile als das Signal aufweisen, erheblich reduziert werden.
Im folgenden sollen eine Reihe von verschiedenen Störungen kurz beschrieben
und Gegenmaßnahmen aufgezeigt werden.
a) kapazitives und induktives "Übersprechen"
"Übersprechen" bezeichnet die ungewollte Übertragung einer Wechselgröße zwischen zwei benachbarten Leitungen durch elektrische und magnetische Felder.
Gegenmaßnahmen sind:
- Abschirmung durch Masseleitungen zwischen den Signalleitungen
- Anordnung des Stromrückleiters möglichst nahe am Signalleiter
- Verdrillen von Signalleiter und Stromrückleiter (z.B. twisted pair)
b) elektromagnetische Einstrahlung
Überall gegenwärtige elektromagnetische Felder (z.B. vom Netz oder von Rundfunksendern herrührend) können zu elektromagnetischen Einstrahlungen führen.
Gegenmaßnahmen sind:
- Abschirmung, z.B. durch Verwendung von Koax-Kabeln
(Rückleiter = Abschirmung; meist nicht erdfrei)
- Verdrillen von Hin- und Rückleiter
- Vermeidung von Masseschleifen bzw. Erdschleifen
Ein magnetisches Wechselfeld, das durch eine Masseschleife tritt, induziert Störspannungen in der Schleife. Dadurch können große Ströme
und Fehler im 0 V - Potential auftreten.
Abb. 5.4.1 zeigt zwei Beispiele für Messaufbauten, die eine Masse- bzw.
eine Erdschleife enthalten.
5.30
Spannungsversorgung
oder Signalleitung
A
B
Netzteil
Masseschleife
Masseleitung
C
Kabel mit Masseleitung
z.B. Koaxkabel
Gerät A
Gerät B
Erdschleife
Abb. 5.4-1 Beispiele für Masse- und Erdschleife
In Abb. 5.4-2 sind beide Anordnungen in einem Aufbau, der Masse- und Erdschleifen vermeidet, dargestellt. Lassen sich solche Schleifen nicht durch die
Anordnungen der Verbindungen vermeiden, so muss über eine Potentialtrennung
durch Übertrager, Optokoppler oder Isolationsverstärker die unvermeidliche
Schleife unterbrochen werden (siehe Abb. 5.4-3).
Bei Abschirmmaßnahmen muss grundsätzlich zwischen der Abschirmung elektrischer und magnetischer Felder unterschieden werden. Elektrische Felder können
durch jedes Gehäuse aus leitendem Material abgeschirmt werden (Faraday-Käfig).
Die Energie magnetischer Felder wird in allen leitenden Materialien durch induzierte Wirbelströme verringert. In paramagnetischen Materialien kommen zusätzlich Verluste durch Ummagnetisierung hinzu. Dabei ist die Frequenzabhängigkeit
beider Effekte unterschiedlich. Die Ummagnetisierung ist proportional zur Frequenz des verursachenden Magnetfelds. Für die durch das Magnetfeld in einem
Leiter induzierte Spannung gilt:
Die durch die induzierte Spannung im Abschirmmaterial umgesetzte Leistung ist
proportional zum Quadrat der Spannung:
5.31
Daraus folgt, dass für die Abschirmung hochfrequenter Magnetfelder die Wirbelströme die entscheidende Rolle spielen und jedes leitende Material als Abschirmung verwendet werden kann.
Zur Abschirmung niederfrequenter Magnetfelder muss die leitende Abschirmung
außerdem eine möglichst hohe Permeabilität aufweisen (z.B. MU-Metall) um zusätzlich große Ummagnetisierungsverluste zu erzeugen..
Spannungsversorgung
oder Signalleitung
A
B
Netzteil
Masseleitung
C
Kabel mit Masseleitung
z.B. Koaxkabel
Gerät A
Gerät B
Abb. 5.4-2 Aufbau unter Vermeidung von Masse- und Erdschleifen
Optokoppler
~
LED
Photodiode
Abb. 5.4-3 Potentialtrennung über Optokoppler
5.32
c) Spannungsabfälle auf Masseleitungen
Spannungsabfälle auf Masseleitungen können dazu führen, dass in verschiedenen
Teilen einer Schaltung unterschiedliche 0 V - Potentiale vorliegen.
Abb. 5.4-4 zeigt eine Schaltung, in der zwei Quellen u1 und u2 über eine gemeinsame Masseleitung mit den beiden zugehörigen Widerständen R1 und R2 verbunden sind.
u1
~
u2
R
L
R
L
~
R2
R
R1
L
Masseleitung
Abb. 5.4-4 Beispiel für den Einfluss gemeinsamer Masseleitungen
Durch den ohmschen und den induktiven Anteil des gemeinsamen Teils der Masseleitung werden die Signale an R1 und R2 durch die jeweils andere Quelle verfälscht.
Abhilfe kann z.B. durch getrennte Masseleitungen, wie in Abb. 5.4-5 dargestellt,
erreicht werden.
u1
~
gemeinsamer
Massepunkt
u2
R
L
R
L
~
R2
R
L
R
L
Abb. 5.4-5 Vermeidung von Fehlern durch getrennte Masseleitungen
R1
5.33
Durch Verwendung dicker Masseleitungen und breiter Masseleiterbahnen auf
Platinen (eventuell Masseflächen) erreicht man niedrige ohmsche Widerstände.
Durch Verwendung von Instrumentenverstärkern mit "Sense-Leitungen" (siehe
Abb. 5.4-6) erreicht man, dass die Ströme auf der Masseleitung das Differenzsignal nicht beeinflussen.
R
L
+
~
R
L
R
L
Instrumentenverstärker
_
Masseleitung
Abb. 5.4-6 Instrumentenverstärker mit "Sense"-Leitung
Der Einsatz von Optokopplern zur Signalübertragung hat einen ähnlichen Effekt.
Die Masseleitungen des Analog- und Digitalteils einer Schaltung sollten getrennt
ausgeführt sein, um Auswirkungen der Schaltvorgänge im Digitalteil auf den Analogteil zu minimieren. Am Netzteil ist allerdings eine Verbindung notwendig.
d) Störungen über die Netzversorgung (230 V)
Oft liegen auf der Netzleitung große Störungen vor, die z.B. durch elektromagnetische Einstrahlung, Schaltvorgänge und Phasenanschnittsteuerungen hervorgerufen werden.
Schutz gegen diese Störungen erreicht man durch ein Netzfilter am Geräteeingang, das hochfrequente Störungen ausfiltert. Abb. 5.4-7 zeigt die Schaltung
eines einfachen Netzfilters.
Abhängig von der Größe der Last muss das Filter unterschiedlich ausgelegt werden, da bei einer zu niederohmigen Last die Spule in die Sättigung gerät und bei
einer zu hochohmigen Last wegen der dann zu geringen Dämpfung die Gefahr
von Überschwingungen besteht.
5.34
L
C
Netz
Last
Abb. 5.4-7 Einfache Netzfilterschaltung
e) Störungen über die Gleichspannungsversorgung
Treten in Schaltungen (speziell in Digitalschaltungen) große Stromänderungen
auf, sinkt wegen der Leitungsinduktivitäten kurzzeitig die Spannung am Verbraucher.
Gegenmaßnahmen sind breite Leiterbahnen und sog. Abblockkondensatoren
(meist Keramikkondensatoren) direkt am Verbraucher (siehe Abb. 5.4-8).
Versorgungsleitung
RV
LV
Abblock-Kondensator
Netzteil
RV
Verbraucher mit
veränderlichem Strombedarf
LV
Masseleitung
Abb. 5.4-8 Beispiel für die Verwendung von Abblockkondensatoren
f) Thermospannungen
An den Verbindungsstellen zwischen verschiedenen Metallen ( z.B. bei Bauelementen, Steckern, oder Messfühlern ) entstehen Thermospannungen. Liegen
verschiedene Verbindungsstellen in einem Stromkreis auf unterschiedlichen Temperaturen, so resultieren daraus Thermospannungen, die bis zu 100 :V pro Grad
Temperaturdifferenz betragen können.
5.35
Gegenmaßnahmen sind:
- geeignete Wahl der Materialien
- gleichmäßige Temperatur in kritischen Bereichen
- Verwendung von Trägerfrequenzverfahren, um Gleichspannungseinflüsse durch Hochpassfilterung eliminieren zu können
g) Piezospannungen
Durch die Bewegung von Kabeln kann es im Dielektrikum zu Ladungstrennungen
kommen, die sich als Spannungsschwankungen bemerkbar machen.
Gegenmaßnahmen sind:
- die Verwendung spezieller Kabel
- niederohmiges Abschließen des Kabels
- die Vermeidung mechanischer Einflüsse auf das Kabel
h) Rauschen
Jeder Wirkwiderstand R liefert eine thermische Rauschspannung, für deren Effektivwert gilt:
Hierin bedeuten:
k = 1,38 @ 10-23 Ws/K
T
)f
die Boltzmannkonstante
die absolute Temperatur
die betrachtete Frequenzbandbreite
Für Raumtemperatur gilt ungefähr:
Zusätzlich zu diesem thermischen Rauschen entstehen, z.T. abhängig von der
Qualität des Bauelements und der Größe der anliegenden Spannung weitere
Rauschanteile.
Das Auftreten des Rauschens kann im Rauschersatzbild des Widerstandes (siehe
Abb. 5.4-9) dargestellt werden.
5.36
R
ur
~
Abb. 5.4-9 Rauschersatzbild eines Widerstandes
Zur Verringerung des Rauschens sind folgende Maßnahmen möglich:
- kleine Widerstände in Reihe und große Widerstände parallel zur Signalquelle verwenden
- geringe Bandbreite )f wählen
- Schaltung bei möglichst niedriger Temperatur betreiben
- rauscharme Widerstände verwenden
Neben dem hier beschriebenen thermischen oder weißen Rauschen gibt es weitere Rauscharten, die vor allem in Halbleiterbauteilen von Bedeutung sind.
Schrotrauschen
Schrotrauschen tritt immer dann auf, wenn Ladungsträger eine Potentialbarriere
überwinden müssen. Da dieser Prozess für die einzelnen Ladungsträger statistischer Natur ist, sind dadurch auch auf makroskopischer Ebene Schwankungen
des Stromflusses zu beobachten. Der dadurch verursachte mittlere Rauschstrom
lässt sich durch die folgende Gleichung beschreiben:
1/f-Rauschen
Ursache für dieses, im Gegensatz zum weißen Rauschen auch als „rosa Rauschen“ bezeichnetes Phänomen sind Umladungen auf Halbleiteroberflächen, das
sich nur quantentheoretisch erklären lässt.
5.37
Popcornrauschen
Popcorn-Rauschen ist ein plötzlicher Sprung des Basisstroms eines bipolaren
Transistors bzw. ein Sprung der Schwellenspannung eines Feldeffekttransistors
(FET), verursacht durch metallische Verunreinigungen in Halbleitermaterialien.
Popcornrauschen verursacht impulsförmige Ströme im Bereich niedriger Frequenzen.
spektrale Rauschleistungsdichte
In Abb. 5.4.10 ist die spektrale Rauschleistungsdichte der einzelnen Rauscharten
als Funktion der Frequenz dargestellt.
Popcornrauschen
1/f - Rauschen
thermisches Rauschen,
Schrotrauschen
f
Abb. 5.4-10
Spektrale Rauschleistungsdichte einzelner Rauscharten als Funktion
der Frequenz
6.1
6. Digital-Analog- und Analog-Digital-Umsetzer
6.1 Digital-Analog-Umsetzer
Digital-Analog-Umsetzer ( DAC = Digital to Analog Converter ) haben die Aufgabe, digitale vorliegende Zahlenwerte in entsprechende analoge Spannungen
umzusetzen.
Die einfachste Methode der Digital-Analog-Umsetzung ist das so genannte Zählverfahren. Dabei wird ein Zähler auf die zu wandelnde Digitalzahl gesetzt und
zählt dann rückwärts bis Null. Während dieser Zählperiode verbindet ein Schalter
den Eingang einer Tiefpass-Schaltung mit einer Referenzspannung Uref (siehe
Abb. 6.1-1).
S
R
Uref
C
Abb. 6.1-1
Ua
DAC nach dem Zählverfahren
Nach Ende der Zählperiode beträgt dann die Spannung Ua
Da die Dauer der Zählperiode TC der zuvor gesetzten Digitalzahl proportional ist,
ist auch die Ausgangsspannung dieser Zahl proportional. Der Nachteil des Verfahrens ist, dass es sehr langsam ist.
Daher arbeiten die meist üblichen Verfahren damit, dass über den digitalen Code
Schalter angesteuert werden, die in einem Widerstandsnetzwerk entsprechende
Widerstände zu- oder abschalten.
Als Schalter werden meist sogenannte Analogschalter auf CMOS-FET-Basis benutzt, die digital ansteuerbar sind. Diese Schalter haben im eingeschalteten Zustand einen Durchlasswiderstand von ca. 100 S und Schaltzeiten von ca. 100 ns.
Die gesamte DAC-Schaltung ist normalerweise in einem Baustein integriert.
Abb. 6.1-1 zeigt eine sehr einfache Schaltung für einen DAC mit 4 bit Auflösung.
Eine Referenzspannungsquelle versorgt vier Widerstände, deren Werte im Verhältnis 1:2:4:8 zueinander stehen. Über einen Analogschalter kann jeder der vier
Widerstände mit dem invertierenden Eingang eines Operationsverstärkers verbunden werden.
6.2
R
2R
4R
8R
R
Uref
_
2
3
MSB
Abb. 6.1-2
2
2
2
1
2
0
LSB
+
Ua
Beispiel für eine einfache DAC-Schaltung mit 4 bit Auflösung
MSB = Most Significant Bit = Höchstwertigstes Bit
LSB = Least Significant Bit = Niederwertigstes Bit
Wird beispielsweise nur der Schalter für das MSB geschlossen, so beträgt der
Verstärkungsfaktor der Schaltung gerade -1, so dass Ua = - Uref ist. Ist Z der Wert
der zu wandelnden Digitalzahl ( 0 # Z # 15 ), so gilt allgemein:
Der wesentliche Nachteil dieser Schaltung liegt darin, dass, besonders bei großen
Zahlen, Widerstände mit sehr unterschiedlichen Werten genau aufeinander abgestimmt werden müssen.
Eine Schaltung, die diesen Nachteil vermeidet, ist in Abb. 6.1-2 dargestellt.
Da der invertierende Eingang des Operationsverstärkers im Idealfall ein virtueller
Nullpunkt ist, liegen die 2 R-Widerstände unabhängig von der Schalterstellung
mit einem Ende auf 0 V -Potential. Auch hier gilt:
In dieser Schaltung sind nur gleichgroße Widerstände ( 2R = R + R ) mit möglichst gleichem Temperaturkoeffizienten erforderlich, wobei die absolute Größe
relativ unkritisch ist.
Zum besseren Verständnis ist das Widerstandsnetzwerk in Abb. 6.1-4 noch einmal
in veränderter Form dargestellt. Man erkennt, dass sich jeweils zwei parallele
Widerstände vom Wert 2 R zu einem Widerstand vom Wert R ergänzen, so dass
immer Spannungsteiler mit dem Teilerverhältnis Zwei entstehen.
6.3
R
1
2R
R
1/2
R
1/4
2R
2R
1/8 Uref
2R
2R
Uref
2R
_
2
3
2
2
2
1
2
MSB
Abb. 6.1-3
0
LSB
Ua
+
Hochwertige DAC-Schaltung mit 4 bit Auflösung
2R
R
1/2
2R
Uref
R
1/4
2R
R
1/8
2R
2R
R
R
R
Abb. 6.1-4
Widerstandsnetzwerk der DAC-Schaltung aus Abb. 6.1-3
6.4
Bei hochauflösenden DAC bestehen allerdings sehr hohe Anforderungen an die
Gleichheit der Widerstände. Insbesondere beim Wechsel des MSB von 0 auf 1
oder umgekehrt können sonst große Linearitätsfehler auftreten. Im Extremfall
kann dies zu Monotoniefehlern führen, die sich in kleineren Ausgangsspannungen
bei höheren Digitalzahlen oder sog. "missing codes" (einzelne Spannungswerte
kommen nicht vor) äußern.
Das folgende Beispiel soll dies deutlich machen:
Digitalzahl
01111111
10000000
Analogwert, ideal
1,27 V
1,28 V
Analogwert, real
Monotoniefehler
missing code
1,27 V
1,25 V
1,27 V
1,29 V
6.2 Analog-Digital-Umsetzer
Ein Analog-Digital-Umsetzer ( ADC = Analog to Digital Converter ) setzt analoge
Größen (meist Spannungen) in eine digitale Ziffernkombination um. Um die durch
den ADC vorgegebene Genauigkeit ausnutzen zu können, muss die umzusetzende Spannung während der Umsetzung konstant sein. Bei zeitlich veränderlichen
Messspannungen muss daher dem eigentlichen ADC eine sog. "Sample & Hold" Schaltung (Abtasten und Speichern) vorgeschaltet sein (siehe Abb. 6.2-1).
S1
ADC
u(t)
UC
N
C
S2
Abb. 6.2-1
Prinzipieller Aufbau einer Sample & Hold - Schaltung
In dieser Schaltung wird ein Kondensator C von dem zeitveränderlichen Signal
u(t) aufgeladen und dann durch den vom ADC gesteuerten Schalter S1 vom
Signal abgetrennt. Der ADC wandelt nun diese konstante Spannung in eine Digitalzahl N. Dann wird der Kondensator über den Schalter S2 entladen und über S1
wieder mir dem Signaleingang verbunden. Nur wenn sich das Messsignal während der Umsetzzeit um weniger als ein LSB ändert, kann auf das Abtasten und
Speichern verzichtet werden.
Um zeitabhängige Spannungen aus dem digital umgesetzten Signal wieder in
ihrem korrekten Zeitverlauf rekonstruieren zu können, muss das Signal in genügend kleinen Zeitintervallen abgetastet werden.
6.5
Das sog. Shannon'sche Abtasttheorem besagt, dass ein kontinuierliches, bandbegrenztes Signal mit einer Minimalfrequenz von 0 Hz und einer Maximalfrequenz
fmax, mit einer Frequenz größer als 2 @ fmax abgetastet werden muss, damit man aus
dem so erhaltenen zeitdiskreten Signal das Ursprungssignal
•
ohne Informationsverlust (aber mit unendlich großem Aufwand) exakt
rekonstruieren
•
mit endlichem Aufwand beliebig genau approximieren kann.
Um bei einer vorgegebenen Abtastrate Fehler durch Signalanteile mit zu hoher
Frequenz auszuschließen, muss ein analoger Tiefpass als sog. Antialiasing-Filter
dem ADC vorgeschaltet werden (Signal muss bandbegrenzt sein).
Im folgenden werden beispielhaft drei wichtige Grundverfahren zur AnalogDigital-Umsetzung vorgestellt.
a) Parallel-Umsetzer (Flash-Converter)
In einem Parallel-Umsetzer wird das Messsignal gleichzeitig mit allen möglichen
Quantisierungsstufen verglichen. Dies bedeutet, dass z.B. bei nur 6 Bit Auflösung
das Signal schon mit 64 Spannungswerten an 64 Komparatoren verglichen werden muss. Eine Auflösung von 8 Bit macht bereits 256 Komparatoren notwendig.
Abb. 6.2-2 zeigt den Aufbau eines solchen Parallelumsetzers
Am Ausgang eines Komparators liegt immer dann eine Eins, wenn die Messspannung größer als die durch den Spannungsteiler realisierte Vergleichsspannung
ist. Das Verfahren ermöglicht sehr kurze Umsetzzeiten (Grenze bei 10 ns) bei großem schaltungstechnischem Aufwand. Dieser Aufwand begrenzt die realisierbare
Auflösung auf 8 Bit. Störsignale werden von der Schaltung nicht unterdrückt sondern bei der Umsetzung mit erfasst.
6.6
Komparatoren
+
_
R
R
UM
64
+
_ 63
+
_ 62
R
+
61
_
R
+
_ 2
R
+
_ 1
Uref
R
Abb. 6.2-1
Aufbau eines Parallel-ADCs mit 6 Bit Auflösung
6.7
b) Umsetzer mit sukzessiver Approximation (Wägeverfahren)
Das Verfahren basiert auf dem Vergleich des Messsignals mit der Ausgangsspannung eines DAC, dessen verschiedene Eingangsbits, beginnend mit dem MSB
nacheinander auf Eins gesetzt werden. Überschreitet die Ausgangsspannung des
DAC dann die Messspannung, wird das zuletzt gesetzte Bit wieder auf Null zurückgesetzt und das nächstniederwertigere Bit auf Eins. Auf diese Weise tastet sich
das Verfahren an den Digitalwert heran, der der Messspannung entspricht (siehe
Abb. 6.2-3).
N
16
14
^= UM
12
10
8
6
4
2
0
Abb. 6.2-3
1 23 4 5
Schritt
Zur Strategie der sukzessiven Approximation
Auflösung und Linearität ( Monotoniefehler, missing code ) entsprechen den Werten bei DAC's ( # 16 Bit ). Die Umsetzzeit liegt typischerweise im Bereich von 1 :s
bis 10 :s. Störspannungen im Messsignal wie Netzbrumm ( 50 Hz bzw. 100 Hz )
sowie Rauschen machen sich im vollen Umfang bemerkbar.
6.8
c) Zwei-Rampen-Umsetzer ( Dual-Slope-ADC )
Der prinzipielle Schaltungsaufbau eines Dual-Slope-ADC ist in Abb. 6.2-4 dargestellt.
S2
C
S1
UM
_
U
Uref
Abb. 6.2-4
R
+
UI
Prinzipschaltung eines Dual-Slope-ADC
Die Schaltung besteht im wesentlichen aus einem invertierenden Operationsverstärker, der als Integrierer beschaltet ist. Für das Ausgangssignal des Verstärkers
gilt allgemein:
Über den Schalter S1 kann der Verstärkereingang wahlweise an die Messspannung uM oder die Referenzspannung uR gelegt werden. Die Referenzspannung uR
weist die umgekehrte Polarität wie uM auf. Der Schalter S2 dient zum Entladen
des Integrierkondensators C zu Beginn einer Umwandlung.
Der Zeitverlauf der Spannung uI während einer Umwandlung ist in Abb. 6.2-5
dargestellt.
6.9
UI
τ 2 < τ1
τ1
TM
TM
t1
Abb. 6.2-5
TR
t2
TA
t
t3
Zeitverlauf der Spannung uI für uM < 0 und uR > 0 und zwei verschiedene Zeitkonstanten J = RC
Während der Zeitdauer TA ist der Schalter S2 geschlossen, um eine vollständige
Entladung von C vor Beginn der Integration sicherzustellen. Durch S1 wird dann
während einer vorgegebenen Dauer TM die Spannung UM auf den Eingang des
Integrierers geschaltet. Dabei steigt die Ausgangsspannung linear über der Zeit
an. Anschließend wird S1 umgeschaltet, und bedingt durch die positive Referenzspannung fällt die Ausgangsspannung uI jetzt wieder linear ab. Dabei wird die
Zeitdauer TR bis zum Erreichen des Wertes Null gemessen.
Für t1 < t < t2 gilt:
Für uM = const. ergibt sich daraus der Maximalwert zu:
6.10
Für t2 < t < t3 gilt entsprechend:
Für den mit Hilfe eines Komparators feststellbaren Nulldurchgang uI = 0 folgt
dann :
Daraus ergibt sich:
Zweckmäßigerweise werden TM und TR durch Zählen von Impulsen desselben
Frequenzgenerators eingestellt bzw. gemessen. Dies kann zum Beispiel mit Hilfe
eines auf N setzbaren Vorwärts/Rückwärts-Zählers erfolgen.
Ist die Impulsfolgefrequenz f0 = 1 / T0, so gilt mit TM = N @ T0 und TR = n @ T0
Durch geeignete Wahl von N und uR entspricht die Zahl n der analogen Spannung
uM ( z.B. n = 725 bei uM = 0,725 V ). Die Kalibrierung erfolgt über die richtige
Zuordnung von N zu uR ( z.B. N = 1000 bei uR = 1000 mV ).
Um bei vertretbaren Umwandelzeiten zu hohen Auflösungen zu kommen, sollte
die Frequenz f0 recht hoch sein. Bei einer Frequenz von f0 = 50 MHz und einer
Zeit TR,max = 20 ms für die größte messbare Spannung ergibt sich z.B. eine auf
den Maximalwert bezogenen Auflösung von 10-6.
6.11
Im folgenden soll auf einige, die Genauigkeit des Verfahrens beeinflussende Größen, näher eingegangen werden:
-
Die Zeitkonstante RC sowie die Zählfrequenz f0 sind für die Genauigkeit des
Verfahrens unkritisch, da sie in beide Integrationsvorgänge gleichermaßen
eingehen. Sie sind allerdings mitbestimmend für den maximalen Messbereich und die Auflösung.
-
Die absolute Größe von uR bestimmt das Messergebnis, so dass hier eine
hohe Genauigkeit und eine geringe Abhängigkeit von Einflussgrößen, wie
z.B. der Temperatur erforderlich ist.
-
Offsetspannung und Biasstrom des Operationsverstärkers laden C während
der gesamten Integrationsdauer TM + TR auf und verfälschen damit das
Messergebnis. Daher muss gefordert werden:
-
Ist keine Sample & Hold - Schaltung vorgeschaltet, so wird der Einfluss von
kurzzeitigen Störspannungen sowie von Wechselspannungen wie Brumm
oder Rauschen im Messsignal durch den Integriervorgang wesentlich verringert. Ist TM ein ganzzahliges Vielfaches von 20 ms, so fallen alle Einflüsse
der Netzfrequenz und ihrer Oberschwingungen heraus.
-
Die Schaltzeiten beim Umschalten von S1 sowie vom Komparator beim
Erfassen des Nulldurchgangs von uI liegen im Bereich von 100 ns. Soweit
sie konstant sind, können sie beim Kalibrieren ( Einstellen von uR und N
sowie der Schaltschwelle und Hysterese des Komparators ) kompensiert
werden.
-
Der Durchlasswiderstand Ron,1 des Analogschalters S1 spielt keine Rolle,
solange er in beiden Schalterstellungen gleich ist. Konstante Unterschiede
können bei der Kalibrierung berücksichtigt werden.
Aus dem Gesagten wird deutlich, dass der Dual-Slope-Umsetzer zwar der langsamste, aber auch der einfachste und vom Prinzip her genaueste ADC ist. In besonders weiterentwickelten Spezialversionen liegt die Auflösungsgrenze bei 10-6
bei Umsetzzeiten von einigen 100 ms.
7.1
7. Messung bei hohen Frequenzen
Im Bereich der Hochfrequenz ( HF, typischerweise f > 100 MHz ) verringern zwei
Effekte die bei niedrigeren Frequenzen ( NF ) üblichen Messmöglichkeiten.
Zum einen kann der Einfluss unerwünschter Streukapazitäten und Streuinduktivitäten gegenüber den Wirkwiderständen nicht mehr vernachlässigt werden.
Abb. 7-1 zeigt die Ersatzschaltung einer einfachen Messanordnung, in der das
Messgerät durch seinen ohmschen Innenwiderstand RM sowie durch eine Kapazität CM und eine Induktivität LM repräsentiert ist.
RQ
U0
LM
CM
~
Quelle
RM
Messgerät
Abb. 7-1 Ersatzschaltung zur Messung an einer Spannungsquelle
Nimmt man für die Induktivität einen Wert von LM = 100 nH und für die Kapazität
einen Wert von CM = 10 pF an, so ergeben sich bei einer Frequenz von
f = 150 Mhz bereits Beträge der Blindwiderstände von XL = TLM = 100 S sowie
XC = 1 / TC = 100 S.
Es ist also trotz der recht kleinen Werte für LM und CM nicht mehr möglich, die
Leerlaufspannung U0 durch RM >> RQ oder den Kurzschlussstrom durch
RM << RQ zu messen. Im hochohmigen Fall stört die parallel liegende Kapazität
CM und im niederohmigen Fall die in Reihe liegende Induktivität LM.
Zum zweiten macht sich in diesem Frequenzbereich die Wellenausbreitung auf
den Leitungen bereits stark bemerkbar und bewirkt bei fehlender Anpassung
Reflexionen. Auf den Leitungen breiten sich dann hin- und rücklaufende Wellen
aus. Dabei ist das Verhältnis von Spannung und Strom bzw. von elektrischem und
magnetischem Feld jeder Welle durch den Wellenwiderstand Z0 der Leitung
gegeben.
Es gilt
wobei der Index w für "Welle" steht.
7.2
Für eine verlustfreie Leitung (vernachlässigbarer ohmscher Widerstand) gilt:
Hierin bedeuten L' und C' die Induktivität bzw. die Kapazität bezogen auf die Leitungslänge ( Induktivitätsbelag und Kapazitätsbelag ). Für die meisten sog. KoaxKabel, die aus Abschirmgründen in Messaufbauten verwendet werden, ist der
Wellenwiderstand Z0 = 50 S ( C' = 100 pF/m und L' = 250 nH/m ).
Anpassung bedeutet, dass der Leitungsabschlusswiderstand gleich dem Wellenwiderstand ist. Nur dadurch ist die Reflexion der Welle am Leitungsende vermeidbar.
Für die Ausbreitungsgeschwindigkeit v von Wellen auf Leitungen gilt:
Dabei ist c die Lichtgeschwindigkeit und gr die relative Dielektrizitätskonstante des
Isolationsmaterials. Für Koax-Kabel ist v typischerweise gleich 200 000 km/s oder
20 cm/ns.
u
^u
0,25
0,50
0,75
1,00
m
l
λ
4
λ
Abb. 7-2
Spannungsverteilung auf einer Leitung von einem Meter Länge
( f = 200 MHz; Augenblickszustand )
7.3
Bei einer Frequenz von 200 MHz ( T = 1/f = 5 ns ) breitet sich die Welle also während einer Periodendauer gerade um einen Meter aus. Auf einer Leitung von einem Meter Länge existieren also alle Spannungs- und Stromwerte, die zu einer
Sinussignal gehören, gleichzeitig. Abb. 7-2 verdeutlicht diese Tatsache am Beispiel der Spannung.
Am Leitungsanfang kann bei fehlender Anpassung wegen der Überlagerung von
Wellen abhängig von der Frequenz eine ganz andere Impedanz "sichtbar" sein als
die am Ende der Leitung vorhandene ( dies wird zur Impedanztransformation
genutzt ).
Erzeugt eine Quelle ein Signal, z. B. einen Sprung, am Anfang der Leitung, so
breitet sich dieses Signal als Welle mit der Geschwindigkeit v auf der Leitung aus.
Spannung und Strom hängen dabei zunächst nur vom Wellenwiderstand Z0 der
Leitung und nicht von der Impedanz ZL am Ende der Leitung ab
( siehe Abb. 7-3).
RQ
u0
Z0
ZL
Leitung
Abb. 7-3 Zur Ausbreitung eines Sprungsignals auf einer Leitung
Ist ZL =
/ Z0 ( d.h. keine Anpassung am Leitungsende ), so wird dort ein anderes
Spannungs-Strom-Verhältnis erzwungen als es in der hinlaufenden Welle auf der
Leitung herrschte. Deswegen entsteht nun eine rücklaufende Welle ( Reflexion ),
die "die Information über ZL an die Quelle liefert". Ist RQ =
/ Z0, so entsteht am Anfang durch erneute Reflexion wieder eine Welle usw.. Erst nach vielen Reflexionen stellt sich dann ein stationärer Endzustand ein, bei dem ZL, RQ und u0 die
Größe von Spannung und Strom bestimmen.
Beide Probleme ( Streuimpedanzen und Reflexionen ) werden meist auf folgende
Art und Weise beseitigt:
-
Alle Quellen und Lasten, also auch die Messgeräte, werden mit ihrem Wirkwiderstand auf den Wellenwiderstand Z0 der Leitung angepasst. Dazu sind
eventuell aufwendige Transformations- und Anpassungsschaltungen erforderlich.
Dabei sind Leitungsverzweigungen zur Parallelschaltung von Geräten zu
vermeiden. Es ist möglichst nur eine Leitung von der Quelle bis zur Last zu
legen, wobei die Anpassung nur am Anfang und Ende dieser Leitung vorzunehmen ist ( siehe Abb. 7-4 ).
7.4
Last
Z L = Z0
falscher Aufbau
RQ= Z0
~
Z0
Z0
Messgerät
Z0
ZM= Z0
richtiger Aufbau
R Q= Z0
~
Messgerät
Z0
ZM >> Z 0
Last
Z0
Z L = Z0
T-Stück in
Koax-Kabel
Abb. 7-4
Falscher und richtiger Aufbau einer Messschaltung bei hohen Frequenzen
-
Alle Verbindungen werden als Leitungen mit einem definierten Wellenwiderstand ( meist Z0 = 50 S ) aufgebaut.
-
Alle Blindwiderstände werden durch geeignete Schaltungen entweder zu
einem Teil der Leitung mit Z0 oder zum Teil einer Transformationsschaltung
gemacht oder bei der Arbeitsfrequenz kompensiert ( siehe Abb. 7-5 ).
7.5
RQ = 50 Ω
u0
~
Z 0 = 50 Ω
Z L= 50 Ω
Leitung
Abb. 7-5
Kompensierter Messaufbau für hohe Frequenzen
In einem Messaufbau nach Abb. 7-5 herrscht Leistungsanpassung zwischen
Quelle und Leitung und meist auch zwischen Quelle und Messgerät. Um dies zu
erreichen, sind häufig Dämpfungsglieder, Leistungsteiler und Auskoppelschaltungen zwischengeschaltet. Gemessen werden oft weder Spannungen noch Ströme,
sondern die hin- und rücklaufenden Leistungen.
A-1
Literaturempfehlungen:
a) Bücher
Profos, Paul; Pfeifer, Tilo (Hrsg.)
Grundlagen der Messtechnik
3. Auflage, R. Oldenburg Verlag, München/Wien 1992
Profos, Paul; Pfeifer, Tilo (Hrsg.)
Handbuch der industriellen Messtechnik
4. Auflage, R. Oldenburg Verlag, München/Wien 1992
Haug, Albert; Haug, Franz
Angewandte Elektrische Messtechnik
Grundlagen, Sensorik, Anwendungen
2. Auflage, Friedr. Vieweg und Sohn, Braunschweig/Wiesbaden 1993
XXA 15
Bergmann, Kurt
Elektrische Messtechnik
5. Auflage, Friedr. Vieweg und Sohn, Braunschweig/Wiesbaden 1994
XXA 9
Stöckl, Melchior; Winterling, Karl Heinz
Elektrische Messtechnik
8. Auflage, B.G. Teubner Verlag, Stuttgart 1987
XXA 19
Frohne, Heinrich; Ueckert, Erwin
Grundlagen der elektrischen Messtechnik
B.G. Teubner Verlag, Stuttgart 1984
XXA 19
Schrüfer, Elmar
Elektrische Messtechnik
3. Auflage, Carl Hanser Verlag, München/Wien 1988
XXA 17
Merz, Ludwig
Grundkurs der Messtechnik
Teil I:
Das Messen elektrischer Größen
5. Auflage, München/Wien 1977
Teil II: Das elektrische Messen nichtelektrischer Größen
4. Auflage, Wien, 1975
XXA 2
Jansen, Dirk
Optoelektronik
Friedr. Vieweg und Sohn, Braunschweig/Wiesbaden 1993
YEK 21
Erhardt, Dietmar
Verstärkertechnik
Friedr. Vieweg und Sohn, Braunschweig/Wiesbaden 1992
YDM 147
Habiger, Ernst
Elektromagnetische Verträglichkeit
Hüthig Verlag, Heidelberg, 1992
YGH 10
DIN Taschenbuch 22
Einheiten und Begriffe für physikalische Größen
7. Auflage, Beuth Verlag GmbH, Berlin/Köln 1990
enthält unter anderem:
DIN 1301
Einheiten
A-2
DIN 1313
DIN 1319
DIN 40110
Physikalische Größen und Gleichungen; Begriffe, Schreibweisen
Grundbegriffe der Messtechnik
Wechselstromgrößen
b) Zeitschriften
tm Technisches Messen, Oldenbourg, München
Fachzeitschrift
Kontrolle, Konradin Verlag
Kennziffern-Zeitschrift
MSR Magazin,
Kennziffern-Zeitschrift
Ü-1
Fachhochschule Aachen
Campus Jülich
Prof. Dr.-Ing. Christoph Helsper
Übungsaufgaben zur elektrischen Messtechnik
Aufgabe 2.1
Berechnen Sie für die angegebenen Signalverläufe den linearen Mittelwert, den
Gleichrichtwert und den Effektivwert, sowie den Formfaktor !
a)
U
1V
t
-1V
T
b)
U
2V
t
-1V
T
c)
U
10 V
T
d)
t
U
10 V
T
t
Ü-2
Aufgabe 3.1
Gegeben ist das in der Abbildung dargestellte beschaltete Drehspulmesswerk.
Drehspulmesswerk
200 Ω
200 Ω
RV
RM
0,1 Ω
_
0,9 Ω
1A
9Ω
0,1 A
90 Ω
10 mA
20 Ω
1 mA
900 Ω
100 mV
9 kΩ
1V
90 k Ω
10 V
100 V
a)
Wie groß ist der Strom Imax durch das Messwerk im Strommessbereich von
1 mA bei Vollausschlag ?
b)
Überprüfen Sie, ob im Strommessbereich für 1 A der Strom Imax genau so
groß ist wie unter a) !
c)
Bestimmen Sie den Strom Imax durch das Messwerk in den Spannungsmessbereichen von 1 V und 100 V !
d)
Wie groß ist in jedem der vier betrachteten Messbereiche der Innenwiderstand des Messgeräts ?
Aufgabe 3.2
Ein Ohmmeter auf der Basis eines Drehspulinstrumentes wird durch folgende
Daten gekennzeichnet:
Messspannung:
Vorwiderstand:
Messwerkwiderstand:
a)
b)
U0 = 1,5 V
RV = 50 S
RM = 100 S
Skizzieren Sie den Verlauf der Kennlinie I = f (R) im Bereich von R = 0 S
bis R = 1 kS !
Wie groß ist die Empfindlichkeit des Verfahrens bei einem Messwert von
R = 500 S ?
Ü-3
Aufgabe 3.3
Ein elektrodynamisches Messwerk soll in der skizzierten Schaltung zur Leistungsmessung eingesetzt werden.
I
U
R = 10 Ω
Der Spannungspfad des Geräts ist durch folgende Daten gekennzeichnet:
RU = 400 S; IU,max = 0,1 mA
Für den Strompfad gilt:
RI = 10 S;
II,max = 10 mA
a)
Skizzieren Sie die Ersatzschaltung der Anordnung einschließlich eines Vorwiderstandes im Spannungs- und eines Shunts im Strompfad !
b)
Dimensionieren Sie den Vorwiderstand RV und den Shunt RS so, dass das
Messwerk bei U = 100 V Vollausschlag zeigt !
Aufgabe 4.1
Die Quellenspannung U0 und der Innenwiderstand RQ eines NiCd-Akkus sollen
durch direkte Messung von Leerlaufspannung und Kurzschlussstrom mit einem
Digital-Multimeter ermittelt werden.
Die Messung der Leerlaufspannung ergibt einen angezeigten Wert von
UV = 1,200 V und die Messung des Kurzschlussstroms einen angezeigten Wert
von IA = 13,33 A im 20 A - Messbereich.
Der Innenwiderstand des Digital-Multimeters beträgt in allen Spannungsmessbereichen RV = 10 MS. In den Strommessbereichen beträgt der Spannungsabfall
zwischen den Klemmen des Messgeräts bei voller Anzeige 200 mV.
a)
Wie groß sind die Quellenspannung U0 und der Innenwiderstand RQ ?
b)
Wie groß sind die durch das Messgerät verursachten absoluten und relativen Messabweichungen bei der Strom- und Spannungsmessung ?
Ü-4
Aufgabe 4.2
Die skizzierte Kompensationsschaltung hat eine Hilfsspannungsquelle mit
Uh = 10 V.
RQ
U0
I
RS
Rh
Ih
UM
V
Uh
a)
In welchem Bereich und mit welcher Auflösung muss R verstellbar sein,
wenn an Spannungsquellen mit U0 = 5 V Innenwiderstände im Bereich von
RQ = 50 S bis RQ = 200 S mit einer relativen Messabweichung von
e* = 0,001 bestimmt werden sollen ?
b)
Welche Spannung UM resultiert bei RS = 1 kS und RQ = 50 S aus einer
Verstellung von Rh um einen Schritt ?
Ü-5
Aufgabe 4.3
Der komplexe Widerstand Z einer Drossel bei einer Frequenz von f = 50 Hz soll
mit Hilfe des Drei-Spannungsmesser-Verfahrens ermittelt werden.
Die Abbildung zeigt das Ersatzschaltbild der Drossel mit dem für die Messung
benötigten Vorwiderstand RVW und die drei zu messenden Spannungen.
Stellen Sie Beziehungen zur Ermittlung des Wirkwiderstandes RL sowie der Induktivität L der Spule aus den drei gemessenen Spannungen und dem bekannten
Vorwiderstand RVW auf !
R VW
RL
L
U Sp
U VW
U ges
Ermitteln Sie die Werte für RL und L für die angegebenen Zahlenwerte.
Zahlenwerte:
RVW
Uges
UVW
Usp
= 290 S
= 230 V
= 125 V
= 175 V
Aufgabe 4.4
Zwei Dehnungsmessstreifen aus Konstantan ( K-Faktor K = 2 ) sind zu einer
gleichspannungsgespeisten Brücke verschaltet. Die Versorgungsspannung der
Brücke beträgt U0 = 20 V.
Die DMS sind so angeordnet, dass bei Belastung des Werkstücks gilt:
R1 = R + ) R
R2 = R - ) R
Die beiden anderen Brückenwiderstände sind Festwiderstände mit dem Wert R.
a)
Wie groß ist die Empfindlichkeit der Brücke, wenn als Eingangssignal die
Dehnung g und als Ausgangssignal die Brückenspannung UM betrachtet
wird ?
b)
Wie groß ist die Brückenspannung bei einer Dehnung von g = 2 @ 10-4 ?
Ü-6
Aufgabe 4.5
Die Drehzahl eines Motors mit n = 1000 min-1 soll durch Impulszählung gemessen
werden. Der verwendete Impulsgeber liefert pro Umdrehung einen Impuls. Wie
groß muss die Messzeit gewählt werden, wenn der Fehler in der Bestimmung der
Drehzahl e* < 1 % sein soll ?
Aufgabe 5.1
Für eine invertierende Operationsverstärkerschaltung gilt unter der Annahme
einer unendlich großen Leerlaufverstärkung ( A = 4 ) für die Betriebsverstärkung:
a)
Leiten Sie einen allgemeinen Ausdruck für die Betriebsverstärkung V* bei
endlicher Leerlaufverstärkung A her ( Iein = 0 A ) !
b)
Wie groß ist der auf die reale Betriebsverstärkung V* bezogene relative
Fehler, der durch die vereinfachte Berechnung nach der angegebenen Beziehung entsteht ?
c)
Wie groß darf bei einer Leerlaufverstärkung von A = 105 die Betriebsverstärkung V maximal gewählt werden, damit dieser Fehler höchstens 1 %
beträgt ?
Aufgabe 5.2
Ein Thermoelement aus Eisen-Konstantan liefert bei einer Temperatur von 200 /C
eine Thermospannung von 10,78 mV. Das Thermoelement einschließlich der
Zuleitungen kann als Spannungsquelle mit einem Innenwiderstand von Ri = 1 S
betrachtet werden.
Legen Sie eine invertierende Operationsverstärkerschaltung mit Tiefpassverhalten
1. Ordnung zur Verstärkung der Thermospannung aus !
Die Schaltung soll den folgenden Randbedingungen genügen:
1.
2.
3.
Die Verfälschung der Thermospannung durch die Verstärkerschaltung soll
maximal 1 ‰ betragen.
Bei einer Temperatur von 200 /C soll die Ausgangsspannung U2 = - 2 V
betragen.
Die Zeitkonstante des Tiefpasses soll T = 1 s betragen.
Ü-7
Aufgabe 5.3
Mit einer skizzierten Operationsverstärkerschaltung soll eine Wechselspannung
aus einer Quelle mit einem Innenwiderstand von Ri = 10 kS um 40 dB verstärkt
werden.
R i = 10 kΩ
Iein
+
_
U0
R2
~
Ua
R1
Der Operationsverstärker ist unter anderem durch folgende Daten gekennzeichnet:
Offsetspannung:
Biasstrom:
Transitfrequenz:
UOS = 1 mV
Ib = 100 nA
fT = 5 MHz
a)
Dimensionieren Sie die beiden Widerstände R1 und R2 !
b)
Wie groß ist der maximale Gleichspannungsfehler am Verstärkerausgang ?
c)
Wo liegt die 3 dB - Grenzfrequenz der Schaltung und wie groß ist der relative Verstärkungsfehler für ein Sinussignal bei dieser Frequenz ?
Aufgabe 5.4
Skizzieren und dimensionieren Sie eine nichtinvertierende Operationsverstärkerschaltung, die die Eingangsspannung um 26 dB verstärkt.
Wie groß ist bei einer Transitfrequenz fT = 2 MHz die 3 dB - Grenzfrequenz der
Schaltung ?
Wie groß ist bei dieser Frequenz die Phasenverschiebung zwischen Eingangsund Ausgangssignal sowie der relative Fehler in der Verstärkung bezogen auf die
Gleichspannungsverstärkung ?
Ü-8
Aufgabe 5.5
Ein Sensor (Stromquelle mit dem Innenwiderstand Ri = 100 kS) liefert als Ausgangssignal einen Gleichstrom von maximal I = 10 nA. Der Strom soll durch eine
Operationsverstärkerschaltung in eine Spannung von maximal Ua = 10 V umgewandelt werden.
Skizzieren Sie eine dazu besonders gut geeignete Schaltung einschließlich der
Stromquelle und dimensionieren Sie die passiven Bauteile.
Aufgabe 5.6
Ein piezoelektrischer Druckaufnehmer besteht aus 5 Quarzscheiben, die mechanisch in Reihe und elektrisch parallel geschaltet sind. Jede Quarzscheibe hat eine
Fläche von A = 0,5 cm2 und eine Dicke von 0,5 mm.
Die Empfindlichkeit des Quarzmaterials beträgt K = 2,3 @ 10-12 As/N, sein spezifischer Widerstand D = 1012 Sm und seine relative Dielektrizitätszahl g = 5.
Der Aufnehmer ist mit dem Verstärker über ein Koax-Kabel verbunden. Die Kapazität des Kabels beträgt Ck = 200 pF und sein Isolationswiderstand Rk = 1010 S.
Der Verstärker hat eine Eingangskapazität von Cv = 30 pF. Sein Eingangsstrom
beträgt an jedem Eingang maximal Id = 1 pA.
a)
Wie groß ist der Innenwiderstand Rq und die Kapazität Cq des
Druckaufnehmers ?
b)
Welche Ladung liefert der Aufnehmer bei einem Druck von 1 MPa ?
c)
Dimensionieren Sie eine nichtinvertierende Operationsverstärkerschaltung
(Elektrometerverstärker), die bei einem Druck von 1 MPa eine Ausgangsspannung von Ua = 10 V liefert !
d)
Wie groß ist die Entladezeitkonstante dieser Schaltung ?
e)
Nennen Sie weitere Nachteile dieser Schaltung ?
f)
Dimensionieren Sie eine Ladungsverstärkerschaltung, die bei gleichem
Druck die gleiche Ausgangsspannung liefert !
g)
Wie groß ist die Entladezeit dieser Schaltung, wenn der verwendete Integrationskondensator einen Isolationswiderstand von Rc = 1012 S besitzt ?
h)
Welchen Einfluss hat der Eingangsstrom des Operationsverstärkers auf den
Entladevorgang ?
Hinweis:
g0 = 8,85 @ 10-12 As/(Vm)
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