1.8 Unterscheidung EMV-Ferrit ↔ Induktivität Über die Güte der Induktivität ist im Sprachgebrauch von Würth Elektronik eine klare Trennung zwischen Induktivitäten und EMV-Ferriten definierbar: EMV-Ferrite basieren auf Ni-Zn Werkstoffbasis. Im Frequenzbereich ab ca. 20 MHz aufwärts ist das Kernmaterial auf kleine Güten (Q < 3) – also hohe Verluste getrimmt. Diese entstehen im Kernmaterial und dienen zur Absorption von EMV-Störungen. Die Induktivität dieser Bauteile ist bewusst niedrig gehalten. EMV-Ferrite Induktivitäten dagegen sollen hohe Güten aufweisen, also möglichst verlustfrei a­ rbeiten und Energie im Magnetfeld zwischenspeichern. Außerdem sind hier über einen weiten Frequenzbereich stabile Induktivitätswerte gefordert. Induktivität Die hervorgehobene Unterscheidung findet sich auch in der Gestaltung des Kataloges von Würth Elektronik wieder. 1.9 Funktionsweise eines Übertragers Ein Übertrager ist aufgebaut aus mindestens zwei Wicklungen mit den jeweiligen ­Windungszahlen NP primärseitig und NS sekundärseitig. Der Einfachheit halber betrachten wir einen idealen Übertrager mit einem Übersetzungsverhältnis 1 : 1. Übertrager Im ersten Schritt betrachten wir einen Übertrager mit offener Sekundärwicklung NS (Abbildung 1.32). An Wicklung NP wird ein Spannungsstoß UP angelegt. Dieser erzeugt wegen der Induktivität der Wicklung einen l­inear ansteigenden Stromfluss IP. Dieser Stromfluss erzeugt ein magnetisches Feld H durch die Spule (Ampère’sches Gesetz). Der magnetische Fluss Φ ist proportional zum Strom IP. Wicklung NS umschließt ebenfalls diesen magnetischen Fluss Φ. Durch die Änderung des ­magnetischen Flusses wird in Wicklung NS eine Spannung US induziert (Faraday’sches Gesetz). Die Spannung US stellt sich nach dem Verhältnis der Windungszahlen ein. 43 I Grundlagen Abb. 1.32:Prinzip eines Übertragers ohne Last. Zur Vernachlässigung von parasitären Effekten ist dieser ideal bifilar gewickelt (1.40) Ein Stromfluss in Wicklung NS findet nicht statt, da die Wicklung offen ist. Magnetisierungsstrom 44 Schließen wir nun Wicklung NS an einen Lastwiderstand RL an (Abbildung 1.33), erzeugt die in NS induzierte Spannung US einen Stromfluss durch den Lastwiderstand (Ohm’sches Gesetz). Der Primärstrom IP setzt sich nun aus dem übersetzten Sekundärstrom und dem bereits ohne Last vorhandenen linear ansteigenden Magnetisierungsstrom zusammen. Abb. 1.33:Gleicher Übertrager nun mit Last Der Magnetisierungsstrom wird also nicht auf die Sekundärseite übertragen. Er wird benötigt, um das Magnetfeld zu erzeugen. Ziel beim Übertragerdesign muss es daher sein, den Magnetisierungsstrom möglichst klein zu halten. Hierzu hat man zwei Möglichkeiten: • Einführen eines hochpermeablen Kerns zur Erhöhung der Primär­induktivität. Dies hat zur Folge, dass der Magnetisierungsstrom ­flacher ansteigt und somit kleiner ist (Abbildung 1.34). Abb. 1.34:Magnetisierungsstrom bei einem Übertrager mit bzw. ohne hoch­permeablen Kern • Man erzeugt kürzere Spannungsimpulse mit höherer Frequenz, da der Stromanstieg am Ende des Spannungsimpulses aufhört und beim nächsten Impuls wieder an der ursprünglichen Stelle beginnt (Abbildung 1.35). 45 I Grundlagen Abb. 1.35:Magnetisierungsstrom bei einem Übertrager bei unterschiedlichen ­Taktfrequenzen Simulationsmodelle 2 Ersatzschaltbilder und Simulationsmodelle Moderne Messgeräte, wie z.B. der Impedanz-Analysator HP4195A und ähnliche Geräte, erlauben rechnergestützt einfache Ersatzschaltbilder zu finden und diese zu optimieren. Konstante Parameter für die Induktivität L, die Kapazität C und den Widerstand R sind die Vorbedingung für eine Simulation von elektronischen Schaltungen. Ein falscher Ansatz bei der Fest­legung eines Ersatzschaltbildes führt zu mangelhaften oder falschen Simulationsergebnissen. Dabei stellen Ersatzbildgrößen in keinem Fall juristisch einklagbare, genau einzuhaltende Eigenschaften dar, sondern zeigen dem Anwender die ungefähre Lage von Toleranzschwerpunkten. Dass diese Daten bisher nicht verfügbar waren, hängt viel mit Prüffeld- und Vertriebstraditionen zusammen, die zukünftig durch anwenderfreundliche Anstrengungen ersetzt werden sollen. Elektronische Bauelemente, Widerstände, Kondensatoren, Induktivitäten, Leitungen, näherungsweise Ferritmaterialien und Isolierstoffe können durch Wechselstromgrößen hinreichend genau charakterisiert werden. Vo­raussetzung ist, dass sie ihre Eigenschaften bei verschieden hohen Spannungen und Strömen nicht nennenswert verändern oder im Kleinsignalbereich betrieben werden. Man spricht dann von linearen Bauelementen im Gegensatz zu nichtlinearen Bauelementen wie Varistoren, Dioden, Transis­toren u.v.m. Durch die räumliche Ausdehnung im Aufbau der Bauelemente ergeben sich z.B. von jedem Punkt der Oberfläche eines Leiters zu einem anderen Punkt kleine Teilkapazitäten. Leitungsstücke erzeugen bei Stromdurchfluss Magnetfelder und besitzen wegen der in diesen Magnetfeldern gespeicherten Energie eine Teilinduktivität. 46 Durch die endliche Leitfähigkeit von Kupfer, Silber, etc. oder die gezielt erzeugte Leitfähigkeit der Schichtwiderstände, werden Teilwiderstände wirksam. Bei hohen Frequenzen sind parallel laufende Leiter zudem als Stücke von Hochfrequenzleitern anzusehen, die einen Wellenwiderstand, eine Signallaufzeit und evtl. eine Signaldämpfung besitzen.