NOTIZEN 13C-Schwachfeld-Overhauser-Polarisation, Drei-Spin-Effekt und Tripel-Resonanz H. G r ü t z e d ie k und W . M ü l l e r -W a r m u t h * Max-PIanck-Institut für Chemie (Otto-Hahn-Institut), Mainz (Z. Naturforsch. 24 a, 459—460 [1969] ; eingegangen am 6 . Februar 1968) Messungen der dynamischen Kernpolarisation durch Overhauser-Effekt1 lieferten bisher insbesondere Informa­ tionen über zwischenmolekulare Kopplungen zwischen Atomkernen und ungepaarten Elektronenspins. Während in Lösungen freier Radikale die magnetischen Wechselwir­ kungen m it Lösungsmittelprotonen fast ausschließlich di­ polarer Natur sind2-4, wurden für Fluorkeme mehr oder weniger starke skalare Kopplungsbeiträge beobachtet5-7. Auch für Kohlenstoff-13-Kerne zeigte sich im starken Magnetfeld bei Frequenz- und Temperaturänderung ein Wechsel von negativer zu positiver Polarisation8,9. Um den Mechanismus der Wechselwirkungen und den OverhauserEffekt für 13C-Kerne zu verstehen, aber auch um den An­ teil der dipolaren und skalaren Wechselwirkungen zu be­ stimmen, sind quantitative Studien in einem relativ schwachen Magnetfeld erforderlich. Die vorliegende Notiz berichtet über 13C-Kemresonanz, Kem-Elektronen-Doppelresonanz- und 13C-1H-Elektronen-Tripelresonanzmessungen in einem Magnetfeld von 176 Oersted. Da die Nachweisempfindlichkeit der 13C-Kemresonanz unter sonst gleichen Bedingungen fast 4 Größenordnungen geringer ist als für Protonen, wird das Signal erst durch wiederholte Resonanzdurchgänge und Speicherung über lange Zeiten beobachtbar. Abb. 1 zeigt ein durch Over­ hauser-Effekt etwa 300mal vergrößertes 13C-Kernresonanz- Abb. 1. 13C-Resonanz von Benzol in einer CeHß/TBP-Lösung bei 188,6 kHz, vergrößert durch Overhauser-Effekt. Das Signal ist ein Dublett m it einem Linienabstand von 159 Hz, wobei die Linienform durch das spezielle Modula­ tionsverfahren und die Einseitenband-Nachweistechnik zu­ standekommt. * M. P. I. und Laboratorium Magnetische Resonanz im Ge­ meinsamen Forschungszentrum EURATOM Ispra, Ita ­ lien. 1 Übersicht: K . H . H a u s s e r u . D . S t e h l i k , Adv. Mag­ netic Resonance 3, 79— 139, Academic Press, New York 1968. 2 K . D . K r a m e r u . W . M ü l l e r -W a r m u t h , Z. Natur­ forsch. 19 a, 375 [1964]. 3 R . A. D w e k , H . D . W . H i l l , J. G. K e n w o r t h y , D. F. S . N a t u s c h u . R . E. R i c h a r d s , Mol. Phys. 13, 27 [1967]. 4 R . A. D w e k , O. W. H o w a r t h , D. F. S. N a t u s c h u . R . E. R i c h a r d s , Mol. Phys. 13, 457 [1967]. 459 signal von Benzol (natürliche Häufigkeit), wie es mit Hilfe eines CAT (“Computer of Averaging Transients” ) über eine Meßdauer von 40 min gefunden wurde. Um eine noch höhere Empfindlichkeit zu erhalten, bzw. um bei gleicher Empfindlichkeit die Meßzeit stark zu verkürzen, wurde ein besonderes Integrier- und Speichergerät konstruiert, das sich auf die für dynamische Polarisationsmessungen wich­ tige Information der Signalamplitude beschränkt. Es ar­ beitet nach dem Prinzip eines Spannungs-Frequenz-Umsetzers. Zur zeitlichen Mittelung werden dabei die (evtl. im Rauschen versteckten) Signalspannungen am Gleich­ stromausgang des Kemresonanzempfängers entnommen, und die aus dem Umsetzer erhaltenen Impulse einem Zähler zugeführt. Nach einer sehr genau definierten Zeit (Quarzuhr) wird das Magnetfeld um einen bestimmten Betrag aus der Resonanz heraus verschoben. An dieser Feldposition regi­ striert ein zweiter Zähler den Rausch der Nullinie. Feld­ verschiebungen aus und in Resonanz werden solange wie­ derholt, bis die Differenz der beiden Zähler, die ein Maß für die Signalamplitude darstellt, groß genug ist. Eine solche Differenzmesaung ohne Probe gestattet den Fehler abzuschätzen. E in dritter Zähler notiert die Zahl der Durchgänge. Als Kernresonanzdetektor dient eine Hochfrequenz­ brücke, deren Ausgangsspannung in einem Einseitenbandempfänger verstärkt wird. Das m it Helmholtzspulen er­ zeugte magnetische //o-Feld wird m it Hilfe eines Protonen­ resonanzspektrometers jeweils zwischen zwei Meßvorgän­ gen automatisch nachgeregelt, um Langzeitstabilität zu ge­ währleisten. Zur Sättigung der Elektronenresonanz diente ein kapazitiv abgestimmter Ä/4-Topfkreis m it im Gegentakt erregten Stempeln und maximal 12 W att Hochfrequenz­ leistung bei 493 MHz. Die 13C-Resonanzspule befindet sich am kurzgeschlossenen Ende des Topfes zwischen den Stä­ ben. Um weiterhin gleichzeitig noch die Protonenresonanz anregen zu können, wird um die Probe eine Kupferdraht­ schleife gelegt, deren Windungsfläche senkrecht auf der 13C-Spule steht. Das beschriebene Verfahren erlaubt bei Meßzeiten zwi­ schen 10 min (angereicherte Proben) und einer Woche unvergrößerte 13C-Signale zu messen. Zur Bestimmung des Vergrößerungsfaktors der dynamischen Kempolarisation wurde bei vollkommen gleicher Einstrahlung auf die gleiche Art — nur m it entsprechend kürzerer Meßzeit — die A b­ hängigkeit der Signalamplitude von der ESR-Sättigungsleistung studiert. Schließlich ermöglicht das oben beschrie­ bene Speicherverfahren auch auf relativ einfache Art, selbst bei ungünstigen Nachweisbedingungen Relaxationszeiten zu messen. 5 W . M ü l l e r - W a r m u t h , Z. Naturforsch. 21 a, 153 [1966]. 6 R . A. D w e k , J . G. K e n w o r t h y , D . F. S . N a t u s c h , R . E. R i c h a r d s u . D . J. S h i e l d s , P r o c . R o y . S o c. L o n d o n A 291, 487 [1966]. 7 E. H. P o i n d e x t e r , J . R. S t e w a r t u . P . J . C a p l a n , J. Chem. Phys. 47, 2862 [1967]. 8 D. F. S. N a t u s c h u . R . E. R i c h a r d s , Chem. Commun. 1966. 579. 9 W . M ü l l e r - W a r m u t h u . R . V a n S t e e n w i n k e l , bisher unveröffentlichte Untersuchungen. Unauthenticated Download Date | 2/13/17 4:27 PM NOTIZEN 460 Messungen an Lösungen von Tri-t-butylphenoxyl (TBP) in Benzol (natürliche Häufigkeit) und von Bis-diphenylenphenylallyl (BPA) in Methyljodid (13C angereichert) erga­ ben für die Temperaturabhängigkeit 103/T ( T — absolute Temperatur) der auf unendliche ESR-Leistung (s = 1) extrapolierten Vergrößerungsfaktoren P/Po folgende E r­ gebnisse : IQ3 JT 3,0 3.4 3.7 4,0 4.3 4,6 c 6h 6/ t b p DR TR - 210 - 450 - 540 c h 3j / b p a DR TR - 130 - 240 - 270 __ — - 20 55 100 130 140 __ - 210 184 165 144 140 Dabei bezieht sich jeweils die erste Spalte auf die übliche Beobachtung des Overhauser-Effektes (Kern-ElektronenDoppelresonanz. D R ), während in den zweiten Spalten gleichzeitig die Protonen-Resonanz gesättigt ist (TripelResonanz, TR). Bei der Interpretation ist zu berücksichtigen, daß für die 13C-Relaxation im Gegensatz zu rH und 19F m it den viel größeren Kernmomenten, nicht nur die Kopplung an die Radikalelektronen, sondern auch Wechselwirkungen m it Protonen im gleichen Molekül eine Rolle spielen10. Im Drei- 10 K. H . H ausser u. F. R e in b o l d , Phys. Let. 2, 53 [1962]. Spin-System beträgt der Vergrößerungsfaktor der Kohlen­ stoffpolarisation P/Po = 1 - t ä f t - QlfcQlfx) * \Ys\/Yc ■ (1) Darin bedeuten gl, o” und Qu die zeitabhängigen KernElektronen-Kopplungsparameter zwischen Kohlenstoff (C), Proton (H) und Elektron (S). und die einzelnen / die zuge­ hörigen Streufaktoren der Relaxation, s ist wie üblich der Sättigungsfaktor der Elektronenresonanz. Der Quotient der gyromagnetischen Verhältnisse beträgt |yg \/yc— 2615. Im Tripelresonanzexperiment wird die Protonenpolarisation Null, wodurch das zweite Glied verschwindet. Der Vergleich mit den Doppel- und Tripelresonanz-Meßergebnissen erlaubt eine Trennung der beiden Glieder. Nach den Zahlenwerten der Tabelle beträgt der skalare K opp­ lungsanteil der 13C-Elektronen-Wechselwirkung in beiden Beispielen etwas weniger als 30%. Bei CH 3J/B P A ist das zweite Glied von Gl. (1) positiv und nim m t mit fallender Temperatur ab. Das steht in Einklang m it einer dipolaren Kopplung zwischen Protonen und 13C-Kernen im Methyljodidmolekiil. Das gleiche Vorzeichen beider Terme bei CgH6/TBI’ bedeutet dagegen nach Gl. (1) eine vorwiegend skalare zeitabhängige 13C-1H-Kopplung für Benzol. Eine genauere Analyse der Daten wird in einer späteren Arbeit zusammen mit Untersuchungen der 13C-Kernpolarisation im starken Magnetfeld gegeben. Die beschriebene Nachweistechnik dient zugleich Mes­ sungen der dynamischen 31P-Polarisation und des DreiSpin-Effektes in phosphororganischen Lösungen freier Radikale. Bei unvergrößerten Signalen beträgt die Meß­ dauer ungefähr 10 min. 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