Komorbidität bei Internetabhängigkeit - DG

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Diagnostische Kriterien für Internetabhängigkeit
Andrija Vukicevic
Zentrum für Seelische Gesundheit
Klinik für Psychiatrie,
Sozialpsychiatrie und Psychotherapie
Prof. Dr. med. Stefan Bleich
Mediensprechstunde
PD Dr. med. Bert te Wildt
Dipl. Psych. A. Vukicevic
Sprechstunde für Menschen mit
Internet- und Computerspielabhängigkeit und
anderen medienassoziierten psychischen
Erkrankungen
Gliederung
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•
•
•
Komorbidität
Kategorisierung
Diagnostik
Ausblick und
Fazit
• Diskussion
Komorbidität bei Internetabhängigkeit
• Persönlichkeitsstörungen (52%), stoffgebundene
Abhängigkeitserkrankungen (38%), affektive Störungen (33%) und
Angststörungen (18%) (Black et al. 1999).
• Affektive Erkrankungen, Major Depression, bipolare Störungen und
Angsterkrankungen – komorbide Störung bei 100% der IA (Shapira et al.
2000).
• Alle Internetabhängigen zeigten min. eine komorbide Erkrankung,
vorrangig depressive Störungen (Greenfield 2000)
• 90% der Probanden zeigten eine oder mehrere komorbide Störungen
(hauptsächlich Angsterkrankungen) (Kratzer 2006)
• Depressive Störung bei 80% der Internetabhängigen (te Wildt et al.
2010)
• Ca. 25% erwachsener ADHS Patienten waren IA und bei 28% der IA
ergab sich der Verdacht auf adultes ADHS (te Wildt 2010)
Kategorisierung I
Young et. al 1999
• Cybersexual addiction (Cybersexabhängigkeit)
• Cyberrelationship addiction (Abhängigkeit von
virtuellen Beziehungen in Chats/Foren/sozialen
Netzwerken)
• Net compulsion (zwanghaftes Nutzen von
Netzinhalten wie Auktionsseiten)
• Information overload (zwanghaftes durchsuchen
von Datenbanken)
• Computer game addiction (exzessives Spielen).
Kategorisierung II
Block 2008
• Exzessives Spielen
• Abhängigkeit von virtuellen Beziehungen
• Cybersexabhängigkeit
Cognitive-behavioral model of pathological
Internet use von Davis (2001)
Specific PIU
Abhängigkeit von bestimmten Inhalten wie z.B. Auktionsseiten, OnlineGlücksspiel und Internetpornographie, als Ausdruck einer bereits zugrunde
liegenden Psychopathologie
→
Zwangsstörung, Pathologisches Glückspiel, Sexsucht
General PIU
Multidimensionaler Gebrauch , in welchem z.B. das Bedürfnis nach sozialen
Kontakten oder Selbstwirksamkeit befriedigt wird und dadurch das
Verweilen in der virtuellen Welt sichert.
.
Störungen der Impulskontrolle nach ICD-10
F 63.0
Pathologisches Glücksspiel („Spielsucht“)
F 63.1
Pathologische Brandstiftung (Pyromanie)
F 63.2
Pathologisches Stehlen (Kleptomanie)
F 63.3
Trichotillomanie
F 63.8
Sonstige Abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle
F 63.9
nicht näher bezeichnete abnorme Gewohnheit o. Störung d. Impulskontrolle
„Behavioral Addictions Debut in Proposed DSM-V“
(Holden 2010)
www.dsm5.org
„Substance Use and addictive disorders“ (R)
„Gambling disorder“ (R 31)
„Internet addiction“ (Anhang)
Diagnostische Kriterien für Internet- und
Computerspielabhängigkeit
Diagnostische Kriterien für Pathologischen
Internetgebrauch
modifiziert
Internetgebrauch
nach durch
YoungBeard
(1998)(2005)
Min. 5müssen
von 8 Kriterien
müssen
Die ersten 5 Kriterien
erfüllt sein
underfüllt
min. sein:
1 der folgenden drei:
1. Ständige gedankliche Beschäftigung mit dem Internet - Gedanken an vorherige OnlineAktivitäten oder Antizipation zukünftiger Online-Aktivitäten.
2. Zwangsläufige Ausdehnung der im Internet verbrachten Zeiträume, um noch eine
Befriedigung zu erlangen.
3. Erfolglose Versuche, den Internetgebrauch zu kontrollieren, einzuschränken oder zu
stoppen.
4. Ruhelosigkeit, Launenhaftigkeit, Depressivität oder Reizbarkeit, wenn versucht wird,
den Internetgebrauch zu reduzieren oder zu stoppen.
5. Längere Aufenthaltszeiten im Internet als ursprünglich intendiert.
6.
1. Aufs Spiel Setzen oder Riskieren einer engen Beziehung, einer Arbeitsstelle oder eines
Angebotswegen
wegendes
desInternets.
Internets.
beruflichen Angebots
2. Belügen
Belügen von Familienmitgliedern,
Familienmitgliedern, Therapeuten oder
oder anderen, um
um das
das Ausmaß
Ausmaß und
und die
die
7.
Verstrickung mit
mit dem
demInternet
Internetzu
zuverbergen.
verbergen.
Verstrickung
3. Internetgebrauch
Internetgebrauch als
als ein
ein Weg,
Weg, Problemen
Problemen auszuweichen
auszuweichen oder
oder dysphorische
dysphorische
8.
Stimmungen zu
zu erleichtern
erleichtern(wie
(wieGefühle
Gefühlevon
vonHilflosigkeit,
Hilflosigkeit,Schuld,
Schuld,Angst,
Angst,Depression).
Depression).
Stimmungen
Vorgeschlagene diagnostische Kriterien für
Internetabhängigkeit von Ko et. al (2005) I
A maladaptive pattern of Internet use, leading to clinically significant impairment or distress,
occuring at any time within the same 3-months period.
A. Six (or more) of the following symptoms have to be present:
1.Preoccupation with Internet activities
2.Recurrent faliure to resist the impulse to use the Internet
3.Tolerance: a marked increase tin the duration of Internet use needed to achieve satisfaction
4.Withdrawal, as manifested by either of the following:
- Symptoms of dysphoric mood, anxiety, irritability, and boredom after several days
without Internet activity
- Use of Internet to relieve or avoid withdrawal symptoms
5.
Use of Internet for a period of time longer than intended
6.
Persistent desire and/or unsuccessful attempts to cut down or reduce Internet use
7.Excessive time spent on Internet activities and leaving the Internet
8.Excessive effort spent on activities necessary to obtain access to the Internet
9.Continued heavy Internet use despite knowledge of having a persistent or recurrent physical
or psychological problem likely to have been caused or exacerbated by Internet use.
Vorgeschlagene diagnostische Kriterien für
Internetabhängigkeit von Ko et. al (2005) II
B. Functional impairment: one (or more) of the following
symptoms have to be present:
1. Recurrent Internet use resulting in a failure to fulfill major role
obligations at school and home
2. Impairment of social relationships
3. Behavior violating school rules or laws due to Internet use
C. The Internet addictive behavior is not better accounted for by
psychotic disorder or bipolar I disorder
Diagnostische Kriterien des Fachverbands
Medienabhängigkeit für Computerspielabhängigkeit
A) Zeitkriterium: Persistenz der Symptomatik
Die Symptomatik der Computerspielabhängigkeit muss über einen Zeitraum
von mindestens 3 Monaten kontinuierlich bestanden haben.
B) Psychopathologische Kriterien der Symptomatik
B1) Primäre Kriterien: Abhängigkeitsverhalten
1. Einengung des Denkens und Verhaltens
2. Kontrollverlust
3. Toleranzentwicklung
4. Entzugserscheinungen
5. Dysfunktionale Regulation von Affekt oder Antrieb
6. Vermeidung realer Kontakte zugunsten virtueller Beziehungen
7. Fortsetzung des Spielens trotz bestehender oder drohender negativer Konsequenzen
B2) Sekundäre Kriterien: Negative Auswirkungen
1. Körperliche Konsequenzen im Bereich Körperpflege, Ernährung und Gesundheit
2. Soziale Konsequenzen im Bereich Familie, Partnerschaft und Freizeit
3. Leistungsbezogene Konsequenzen im Bereich Schule, Ausbildung, Arbeit und Haushalt
C) Ausschlusskriterium
Das pathologische Computerspielverhalten lässt sich nicht durch eine Manie oder Zwangserkrankung erklären.
Diagnostische Kriterien für Video Game Addiction
nach Griffiths und Davies (2005)
• Salienz: Aktivität dominiert Denken, Gefühle und Handlungen des
Betroffenen, auch wenn er nicht spielt
• Gefühlsregulation: Spielen dient dazu die Stimmung zu verbessern
oder negative Affekte zu kompensieren.
• Toleranzentwicklung: Immer größer werdende Zeiträume nötig, um
eine Bedürfnisbefriedigung zu erlangen
• Entzugserscheinungen: Unangenehme Gefühle wie Gereiztheit
oder Niedergeschlagenheit, wenn kein Spielen möglich ist.
• Konflikte: Interpersonale Konflikte bedingt durch das
Computerspielverhalten
• Probleme: Negative Konsequenzen in alltäglichen Situationen wie
auf der Arbeit oder in der Schule
• Rückfall: Der Konsum kann nicht reguliert werden und der
Betroffene verfällt seinem gewohnten Computerspielmuster
Psychometrische Fragebögen
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Internet Addiction Test (Young 1998)
Compulsive Internet Use Scale (Merkeerk et. al 2009)
K-Scales (Koh 2006)
Internetsuchtskala (ISS) (Hahn und Jerusalem 2001;
2010)
Skala zum Onlinesuchtverhalten bei Erwachsenen (OSVeS) (Wölfling et. al 2010)
Der Fragebogen zum Computerspielverhalten bei Kindern
(CSVK) (Grüsser und Thalemann 2006) und CSVK-R
(Wölfling et. al 2008)
Computerspielabhängigkeitsskala (KFN-CSAS-II)
(Rehbein et. al 2010)
Game Addiction Scale für Adoleszente (Lemmens et. al,
2009)
Internetsuchtskala (ISS) 5 Skalen à 4 Items
(Hahn & Jerusalem 2001)
1) Kontrollverlust (SKV)
2) Entzugserscheinungen (SEE)
3) Toleranzentwicklung (STS)
4) Negative Soziale Konsequenzen (SNS)
5) Konsequenzen im Bereich Leistung/Arbeit (SNL)
Ausblick und Fazit Diagnostik
• Medienabhängigkeit kommt selten alleine!
• Was ist das Suchtmittel? – Phänomenologische Zuordnung steht noch aus.
• Unterschiedliche diagnostische Kriterien/Instrumente erfassen ungefähr die
gleichen Abhängigkeitsfaktoren.
• Validierung und Einigung auf international gültige diagnostische Kriterien.
• Anerkennung der Diagnose von Fachgesellschaften und
Klassifikationssystemen.
• Instrumente müssen sich in der Praxis bewähren – mehr
Validierungsstudien.
• Beachtung der Mediennutzung auch bei der allgemeinen psychiatrischen
Diagnostik, Prävention und Therapie
• Mediennutzung hat immer einen Sinn!
Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit!
Diskussion
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