Internetabhängigkeit und pathologisches Glücksspiel im Vergleich

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Internetabhängigkeit und pathologisches Glücksspiel
im Vergleich: Komorbidität, Diagnostik und Therapie
NLS-Jahrestagung, Hannover, 24.6.2008
Dr. med. Bert te Wildt
Dr. med. Felix Wedegärtner, MPH
Klinik für Psychiatrie,
Sozialpsychiatrie & Psychotherapie
Internet- & Computerspielabhängigkeit
Häufigkeit von Internet- und Computerspielabhängigkeit
3,2 % Internetsüchtige in einer Studie mit 7500 Jugendlichen & Erwachsenen (Hahn & Jerusalem 2001)
9,3 % exzessive Computernutzer in einer Stichprobe von 323 Kindern (Grüsser et al. 2005)
7,1 % von 1037 Probanden wurden als internetsüchtig eingestuft mit signifikanter positiver Korrelation
(p> 0,01 & r=4,7) zwischen den Merkmalen Internetsucht und Impulsivität (Niesing 2000)
1
Impulskontrollstörungen nach ICD-10
F 63.0
Pathologisches Glücksspiel („Spielsucht“)
F 63.1
Pathologische Brandstiftung (Pyromanie)
F 63.2
Pathologisches Stehlen
F 63.3
Trichotillomanie
F 63.8
Sonstige Abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle
F 63.9
nicht näher bezeichnete abnorme Gewohnheit o. Störung d. Impulskontrolle
Charakteristika von Impulskontrollstörungen (ICD-10)
Störungen des Verhaltens
Wiederholte Handlungen ohne vernünftige Motivation, die im Allgemeinen
die Interessen der betroffenen Person oder anderer Menschen schädigen
Empfinden von Unkontrollierbarkeit der Impulse
Vereinbarungsgemäß sind der gewohnheitsmäßige exzessive Gebrauch von
Alkohol und psychotropen Substanzen sowie Störungen des Ess- oder
Sexualverhaltens ausgeschlossen.
Beschriebene Störungsbilder im Zusammenhang
mit problematischer beziehungsweise pathologischer Internetnutzung
dissoziale Störungen mit fremdaggressiven Verhaltensweisen (Ego-Shooter)
(Scott 1995, Grossmann 1999)
Persönlichkeitsstörungen mit delinquentem Verhalten (Kinderpornographie)
(Jaffe & Sharma 2001)
dissoziative Störungen im Identitäts- & Beziehungserleben (Chat & Rollenspiel)
(Franke 1994, te Wildt 2006)
depressive Störungen mit autoaggressiven Verhaltensweisen (Suizidforen)
(Althaus 1998, Etzesdorfer 2003)
2
Hypothesen zum Phänomen der Internetabhängigkeit
1)
Solange ein Suchtcharakter der im quantitativen Sinne pathologischen Nutzung der
neuen Medien nicht wissenschaftlich erwiesen ist, ist in diesem Zusammenhang
phänomenologisch von einer Störung der Impulskontrolle auszugehen.
2)
Störungen der Impulskontrolle im Zusammenhang mit der Nutzung neuer Medien sind
nicht als eigene Krankheitsentitäten, sondern als Symptome komplexer psychischer
Störungen zu verstehen, deren Charakter es zu eruieren gilt.
3)
Der Charakter psychischer Störungen im Zusammenhang mit Medienwirkungen steht
in enger Beziehung zu den jeweils konsumierten medialen Formaten und Inhalten.
Diagnostische Kriterien für Pathologischen Internetgebrauch nach Young (1999)
Alle folgenden Kriterien (1-5) müssen vorliegen:
1. Ständige gedankliche Beschäftigung mit dem Internet - Gedanken an
vorherige Online-Aktivitäten oder Antizipation zukünftiger Online-Aktivitäten
2. Zwangsläufige Ausdehnung der im Internet verbrachten Zeiträume,
um noch eine Befriedigung zu erlangen.
3. Erfolglose Versuche, den Internetgebrauch zu kontrollieren, einzuschränken
oder zu stoppen.
4. Ruhelosigkeit, Launenhaftigkeit, Depressivität oder Reizbarkeit, wenn
versucht wird, den Internetgebrauch zu reduzieren oder zu stoppen.
5. Längere Aufenthaltszeiten im Internet als ursprünglich intendiert.
Zusatzkriterien für Pathologische Internetnutzung nach Young & Beard (2001)
Zumindest eines der folgenden Kriterien muss vorliegen:
1.
Aufs Spiel Setzen oder Riskieren einer engen Beziehung, einer Arbeitsstelle oder
eines beruflichen Angebots wegen des Internets.
2.
Belügen von Familienmitgliedern, Therapeuten oder anderen, um das Ausmaß und
die Verstrickung mit dem Internet zu verbergen.
3.
Internetgebrauch als ein Weg, Problemen auszuweichen oder dysphorische
Stimmungen zu erleichtern (wie Gefühle von Hilflosigkeit, Schuld, Angst,
Depression).
3
Soziodemographische Daten 1
Anzahl Probanden
10
8
Alter:
6
Mittelwert 27,63 Jahre
4
Geschlecht:
2
80% Männer & 20% Frauen
0
16-19
25-29
20-24
35-39
30-34
45-49
40-44
55-59
50-54
Altersgruppen
4
Soziodemographische Daten 2
Probandenkollektiv
n = 30
Familienstand
Gesundenkollektiv
n = 30
%
%
alleinstehend
53,3
30,0
feste Partnerschaft/verheiratet
46,7
70,0
Schulabschluss
Schüler/in
6,7
3,3
Hauptschule
10,0
10,0
Realschule
43,3
46,7
Abitur
40,0
40,0
Ausbildung
keine Berufsausbildung
30,0
0
noch in der Ausbildung
13,3
13,3
abgeschlossene Lehre
26,6
56,7
abgeschlossenes FH/Universitätsstudium
16,7
20,0
sonstiges
13,3
10,0
Quantitative Aspekte der Internetnutzung
Probandenkollektiv
n = 30
Gesundenkollektiv
n = 30
7,04
5,86
Tage pro Woche
6,86**
4,18**
Stunden pro Tag
6,75**
2,02**
18
10
Anzahl der Email-Adressen
9,29
1,96
Anzahl der Web-Seiten
1,81
0,58
Jahre
Maximum
** p ≤ 0,001
5
Qualitative Aspekte der Internetnutzung
80
70
70
60
67
60
60
50
50
40
40
30
30
27
Prozent
Prozent
10
0
Surfen
Online-Aktivität
C hatten
25
20
20
Online-Spiele
15
10
0
Rollenspiele
Ego -Shoo ter ande re Spiele
Häufigste Aktivität im Internet
6
Subskalen der Symptom-Checkliste SCL-90R
16
14
12
10
Betroffenenkollektiv
8
Gesundenkollektiv
6
4
2
0
Soma
Zwang** Unsich** Depr**
Angst**
Aggr**
Phob**
Para**
Psych**
** p ≤ 0,001
7
Depressivität gemessen mit Becks Depressionsinventar
18 Probanden (78,3%) weisen ein depressives Syndrom auf.
Psychiatrische Diagnosen bei Internetabhängigkeit
DSM-IV Diagnosis
Major Depression
Dysthymic disorder
Adjustment disorder with depression
Agoraphobia
Posttraumatic Stress disorder
Dissociative Identity Disorder
Borderline Personality Disorder
0
2
4
6
8
10
12
Frequency of Diagnosis
Aktuelle (Co-)Komorbidität der Internetabhängigen
Angststörungen:
4 Probanden (17,5%)
Schizophrene Psychosen:
1 Proband
Persönlichkeitsstörungen:
8 Probanden (34,8%)
Akzentuierte Persönlichkeitsstruktur:
9 Probanden (39,1%)
(4,3%)
8
Psychiatrische Vorerkrankungen der Internetabhängigen
Depressive Störungen
13
(52 %)
Angsterkrankungen
6
(24 %)
Stoffgebundene Abhängigkeit
1
(4%)
Zusatzstudie 1:
Komorbidität bei Alkoholabhängigkeit (n=25)
Keine weitere psychiatrische Diagnose
56%
Major Depression
Angststörung
Esstörung
36%
4%
4%
Die Alkoholabhängigen weisen signifikant höhere Ergebnisse für Depression auf. Die
Depressionswerte der Internetabhängigen liegen noch etwas höher.
Zusatzstudie 2:
Internetabhängigkeit bei depressiven Patienten (n=25)
44% der Depressiven schätzen sich selbst als internetabhängig ein.
20% der Depressiven erfüllen die Kriterien von Young & Beard (1999/2001).
16% der Depressiven erzielen in der Internetsuchtskala (ISS) individuell pathologische Werte.
Es ergeben sich signifikant höhere ISS-Werte bei Depressiven gegenüber Kontrollgruppe.
9
Zusatzstudie 3:
Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) & Internetabhängigkeit (n=25)
ADHS bei Internetabhängigkeit
Gemäß der ADHS-Testung bei 30,4% der Internetabhängigen der Verdacht auf ein vorbestehendes ADHS.
Internetabhängigkeit bei ADHS
16% der ADHS-Patienten erfüllen die Young- und Beard-Kriterien für Internetabhängigkeit.
In der Internetsuchtskala erzielen die ADHS-Patienten signifikant höhere Ergebnisse gegenüber den
Vergleichsprobanden.
Kontinuum zwischen stoffgebundener & stoffungebundener Abhängigkeit
Stoffgebundene Abhängigkeit
(„Sucht“)
Abhängigkeit von körperlichen Aktivitäten
Stoffungebundene Abhängigkeit
(Impulskontrollstörungen)
Abhängigkeit von komplexen Verhaltensweisen
Erklärungsversuche
Exzessives Rollenspiel sowohl als Abwehr- als auch als Lösungsversuch neurotischer Konflikte
Cyberspace als Regressionsraum für Menschen mit Ängsten und Depressionen
Virtuelle Aggression als Kompensation für narzisstische Kränkungen in der konkret-realen Welt
Multimediale Selbstentfremdung als Grund für den Anstieg depressiver Störungen in der realen Welt
10
Fazit für die Praxis
Hinter Internetabhängigkeit verbergen sich häufig andere bekannte psychische Erkrankungen.
Exzessives Rollenspiel kann sowohl als Abwehr- als auch als Lösungsversuch
neurotischer Konflikte verstanden werden.
Internetabhängigkeit kann von jedem Psychiater und Psychotherapeuten behandelt werden,
solange sie oder er bereit ist, sich mit der Mediennutzung seiner Patienten zu beschäftigen.
Solange die virtuelle Welt im psychiatrisch/psychotherapeutischen Setting noch nicht berücksichtigt ist,
besteht Bedarf an speziellen Therapie- und Präventionsangeboten.
Ohne medienpädagogische und medienpolitische Maßnahmen wird sich das Problem der Internet- und
Computerspielabhängigkeit als psychiatrisches Phänomen verselbständigen.
Fazit für die Forschung
Longitudinalstudien an größeren Patientenkollektiven
Durchführung von Online-Studien über Webcam
Inhaltliche Fokussierung auf spezielle Fragestellungen:
– Aggression und Empathieverlust
– Sexuelle Deviationen
– Störungen von Identität und Interpersonalität
Screening-Studie zum Medienverhalten psychisch Erkrankter
Therapiestudien zur Entwicklung von Behandlungsansätzen
11
Wie stehen Pathologisches
Glücksspiel und
Internetabhängigkeit
zueinander?
Pathologisches Glücksspiel
ICD-10
“Die Störung besteht in häufigem und wiederholtem
episodenhaften Glücksspiel, das die Lebensführung des
betroffenen Patienten beherrscht und zum Verfall der sozialen,
beruflichen, materiellen und familiären Werte und Verpflichtungen
führt.”
12
Pathologisches Glücksspiel
DSM-IV
Starkes (kognitives) Eingenommensein vom Glücksspielen
•
Einsatzsteigerung zur Erlangung der gewünschten Erregung
•
Gescheiterte Versuche zur Einschränkung/Einstellung des Spielens
•
Unruhe/Gereiztheit bei Einschränkungs- und Einstellversuchen
•
Glücksspielen zur Vermeidung von Problemen/negativen Gefühlen
•
Verlusten mit erneutem Glücksspielen begegnen
•
Vertuschen der Glücksspielproblematik gegenüber nahen Bezugspersonen
•
Glücksspielbedingte Gefährdung von Bezugspersonen oder Berufschancen
•
Illegale Handlungen zur Finanzierung des Glücksspielens
•
Abgrenzung des Krankheitsbilds
-Gegen gewohnheitsmäßiges Spielen (Z72.6)
-Gegen exzessives Spielen manischer Patienten (F30)
-Gegen Spielen bei soziopathischer oder dissozialer
Persönlichkeitsstörung (F60.2)
Neurobiologische Korrelate
13
Belohnungen
Keine Belohnungen für eine Tätigkeit führen zu fallenden
Dopaminleveln im Belohnersystem.
Konsistente Belohnungen (bspw. alle vier Hebelbetätigungen) führten
zu konstanten Dopaminleveln.
Zufällige Belohnungen führen zu hohen Anstiegen von Dopamin im
Belohnersystem -> wie beim Glücksspiel
Yeung N, Holroyd CB, Cohen JD.
ERP correlates of feedback and reward processing in the presence and absence of response choice.
Cereb Cortex. 2005 May;15(5):535-44. Epub 2004 Aug 18.
Berns GS, McClure SM, Pagnoni G, Montague PR.
Predictability modulates human brain response to reward.
J Neurosci. 2001 Apr 15;21(8):2793-8.
Neurobiologische Korrelate
Aktivität im Belohnersystem
beim Erlangen eines Gewinns
Neurobiologische Korrelate
Das Ausmaß der Verminderung der
Reizantwort auf Glücksspielszenen bei
pathologischen Glücksspielern zeigt
eindrucksvoll die Gewöhnung an den
Stimulus.
Das Vorliegen von nachweisbaren
neurobiologischen Veränderungen, gibt
einen Hinweis für die Entwicklung
unterstützender medikamentöser Hilfen.
14
Was unterscheidet abhängige Glücksspieler
von abhängigen Computerspielern?
Soziodemografische Daten
Anzahl: 24 Probanden
Alter: 40,3 Jahre
22 Männer, 2 Frauen (92% Männer)
Alle Probanden hatten in den Interviews positive SOGS-Scores mit einem
Punktwert von mindestens 9 und ein positives DSM-IV-Interview
Soziodemografische Daten 2
Internet- und PCNutzer
n = 30
Glücksspieler
Gesundenkollektiv
n = 30
%
%
%
alleinstehend
53,3
58,3
30,0
feste Partnerschaft/verheiratet
46,7
41,7
70,0
Familienstand
Schulabschluss
Schüler/in
6,7
4,2
3,3
Hauptschule
10,0
29,2
10,0
Realschule
43,3
20,8
46,7
Abitur
40,0
45,8
40,0
Ausbildung
keine Berufsausbildung
30,0
8,3
0
noch in der Ausbildung
13,3
8,3
13,3
abgeschlossene Lehre
26,6
66,7
56,7
abgeschlossenes FH/Universitätsstudium
16,7
8,3
20,0
sonstiges
13,3
8,3
10,0
15
Quantitative Aspekte der Internetnutzung
Internetabhängige
n = 30
Glücksspieler
N=24
Gesundenkollektiv
n = 30
7,04
7,7
5,86
Tage pro Woche
6,86**
4,9
4,18**
Stunden pro Tag
6,75**
2,8
2,02**
18
18
10
Anzahl der Email-Adressen
9,29
1,44
1,96
Anzahl der Web-Seiten
1,81
0,53
0,58
Jahre
Maximum
** p ≤ 0,001
Qualitative Aspekte der Internetnutzung
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
Vi
de
os
Ta
us
ch
bö
rs
en
R
ad
io
Sp
ie
le
C
ha
t
an
de
re
N
ac
hr
ic
Em
ai
l
ht
en
Po
rn
og
ra
fie
G
lü
ck
ss
pi
el
0%
Persönlichkeitsstörungen
keine Persönlichkeitsstörung
histrionisch
schizoid
paranoid
zwanghaft
negativistisch
borderline
depressiv
antisozial
narzisstisch
selbstunsicher-dependent
1
n=24
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
16
Depressivität gemessen mit Becks Depressionsinventar
18
16
14
12
10
8
6
4
2
0
Internetabhängige
Glücksspieler
Vergleichsgruppe
17 Probanden (72%) aus der Glücksspielergruppe wiesen ein
depressives Syndrom auf. (In der Gruppe der PC-Spieler waren es 78%.)
Ausprägungsgrad der Depression
keine
Depression;
28,00%
leicht bis mittel;
38,00%
sehr schwer;
17%
mittel bis
schwer; 17%
Komorbide psychiatrische Diagnosen bei
pathologischem Glücksspiel
Psychosen
PTSD
Bipolare
affektive
Erkrankung
Depressionen
Persönlichkeitsstörungen
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
17
Vorbehandlungen
Depressionen
Stoffgeb.
Abhängigkeit
Essstörung
Bipolare
affektive
Erkrankung
Psychose
0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
35%
Familienanamnese
Ein Drittel der Probanden hat eine positive Familienananmnese auf
psychische Erkrankungen.
Behandlung
18
Defizite in der
kognitiven Verarbeitung
Risikofaktoren
Entwicklungsaufgaben
Soziale Anforderungen
Lebensereignisse
Protektive Faktoren
Selbstwirksamkeit
Soziale Unterstützung
Medikamente
Vulnerabilität
Defizite in der
Affektregulation
Defizite in der
Affektwahrnehmung
Defizite in den Bewertungsprozessen
Seelische Störung
Die Behandlung pathologischen Glücksspiels
in der MHH
Zahlreiche ambulante Patienten im Einzelkontakt bei vier
Mitarbeitern (drei Männer, eine Frau). Dort findet auch die
Vorbereitung auf die Gruppentherapie statt
Gruppenkonzept
Festes Programm, das ein Jahr dauert
Integrierte Selbsthilfe (jede zweite Sitzung)
Geschlossene Gruppe
Zur Zeit laufen zwei Gruppen parallel.
Die Behandlung pathologischen Glücksspiels
in der MHH
Zunächst nichtkonfrontative Motivierungsstrategie (Millner &
Rollnick)
Ziel: Glücksspielabstinenz
Geldmanagement mit entsprechender Schuldenberatung
19
Was ist „Motivierende
Gesprächsführung“?
Prinzip 1: die EMPATHISCHE GRUNDHALTUNG: respektvoller
Umgang mit dem Klienten stärkt dessen Selbstachtung, sich in die
Welt des Klienten versetzen und dessen Sichtweise ernst nehmen,
als(zumindest im subjektiven Erleben des Klienten)berechtigt
betrachten. ,,Akzeptanz" d.h. Verständnis ohne Wertung zeigen;
aktives Zuhören
Prinzip 2: Förderung der Wahrnehmung von DISKREPANZEN
zwischen dem aktuellen Verhalten und den grundsätzlichen
Lebenszielen des Klienten (momentane Realität vs. bedeutsame
Wünsche). Der Berater verstärkt die Diskrepanzen, bis sie das
gegenwärtige Verhalten in frage stellen; spricht innere Motive zur
Verhaltensveränderung an
Was ist „Motivierende Gesprächsführung“?
Prinzip 3: VERMEIDUNG von stigmatisierenden
Etikettierungen, vorwurfsvollen Argumentationen. Solche
,,Beweisführungen" sind kontraproduktiv, erzeugen
Abwehr/Widerstand
Prinzip 4: WIDERSTAND wird als natürlich verstanden und
nicht bekämpft. Widerstand stattdessen als Signal zum
Strategiewechsel auffassen (gestörte Interaktion zw. Berater
und Klient, die vom Berater zu ändern ist).
Prinzip 5: SELBSTWIRKSAMKEIT erreichen(Schlüsselelement):
Vertrauen einer Person in die Fähigkeit, eine spezifische
Aufgabe erfolgreich lösen zu kön-nen. Zuversicht/Zutrauen in
eigenes Können als wichtige Motivationsquelle
Vorgehen bei der Motivierenden
Gesprächsführung
1) offene Fragen stellen, die zur ausführlichen Äußerung anregen/zwingen
2) aktives Zuhören: ,,Kommunikationssperren" vermeiden. Diese bieten eine ,,schnelle
Lösung" - nehmen dem Klienten den Raum zur Selbstexploration und schaffen ein
Machtgefälle. Besser: Aus dem Gehörten auf den Sinngehalt schließen und diese Annahme
in Form einer Feststellung (keine Frage)auf Richtigkeit prüfen. Selektives Widerspiegeln
3) Bestätigen: explizite Anerkennung, Lob, Verständnis
4) Zusammenfassen macht Ambivalenzen sichtbar. Selektives Hervorheben bestimmter
Aussagen. Wichtig: Angebot zum Korrigieren bzw. Hinzufügen
5) selbstmotivierende Aussagen provozieren: Klient soll selbst Gründe für eine
Verhaltensänderung formulieren
20
Buchtipp!
ISBN 3-89967-028-0
15,-€
Evaluationsprojekt
Die jetzigen Erkenntnisse reichen nicht hin.
Finden nur Menschen mit Persönlichkeitsstörungen den Weg in die
Therapie?
Was sind die Erwartungen der Betroffenen an die Beratung und
Therapie?
Wie entwickeln sich die Strukturen in Niedersachsen in den
nächsten Jahren auf dieses Ziel hin?
Danksagung
cand. med. I. Putzig, cand. med. M. Post, cand. med. P. Siebrasse, C. Janssen, Dr. med. M. Ohlmeier,
S. Lampen-Imkamp, Dr. M. Roy & Dipl. Psych. N. Buddensiek, B. Häring, W. Schurtzmann, Dr. B. Wiese MHH
Insitut für Medizinische Psychologie, Charité Berlin, Prof. S. Grüsser-Sinopoli & Dipl. Päd. R. Thalemann
Kriminologisches Forschungsinstitut Nds., Hannover, Prof. Dr. C. Pfeiffer, Dr. T. Mößle Dipl. Psych. F. Rehbein
Dr. J. Petry, Dr. M. Vogelgesang, Psychosomatische Fachklinik Neunkirchen-Münchwies
I. Füchtenschnieder, G. Plaumann, Landesfachstelle Glücksspielsucht NRW
Prof. Dr. med. Dr. phil. Emrich, MHH
21
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