Einsteins Relativitätstheorie... ...relativ einfach erklärt Senioren-Universität Luzern 18. April 2013 Arthur Ruh Sehr geehrte Damen und Herren Leider erlitt ich ausgerechnet während meines Vortrages eine Attacke einer so genannten „Transienten globalen Amnesie“ (TGA). Das ist eine plötzlich einsetzende Störung des Neugedächtnisses, die eine bis mehrere Stunden anhalten kann. Der oder die Betroffene weiss zwar in der Regel noch, wer er oder sie ist, aber kann immer wieder fragen: „Wo bin ich? Wie bin ich hieher gekommen?“ Erstaunlicherweise bleibt die Fähigkeit zu komplexen Tätigkeiten, wie z.B. Autofahren, meist erhalten. Die Störung bildet sich sich nach einigen Stunden allmählich und vollständig zurück, aber es bleibt eine Gedächtnislücke für die Zeit der Störung und manchmal auch für eine gewisse Zeit davor. Die TGA tritt relativ selten auf, es sind bei 100'000 Personen etwa 5 bis 10 Fälle pro Jahr. Bei 75 % der Fälle sind die Betroffenen zwischen 50 und 70 Jahre alt. Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen. Die Ursachen dieser Störung sind bis jetzt nicht bekannt. Da ich mich überhaupt nicht mehr an den Beginn des Vortrages erinnern kann, weiss ich natürlich nicht, ab wann ich begonnen habe, Unsinn zu reden. Anscheinend konnte ich wenigstens am Anfang noch einigermassen vernünftig erklären, was auf den Bildern zu sehen war. Es fehlten aber wahrscheinlich von allem Anfang an zusätzliche Erläuterungen zu den Bildern, weil ich für diese Erklärungen zu wenig durch das betreffende Bild geführt wurde, sondern auf das Gedächtnis angewiesen war. Ich habe deshalb hier zu den Bildern die Erklärungen hinzugefügt, die ich eigentlich im Vortrag geben wollte. Die Erklärungen sind durch diesen hellgrauen Hintergrund kenntlich gemacht. Sie sind in der Regel nach dem Bild zu finden. Wenn nötig, können Sie jeweils zwischen dem Bild und der Erklärung mehrmals hin- und herblättern. Ich hoffe, dass mit diesen Erklärungen die Präsentation verständlich wird. Es tut mir sehr leid, dass ich Sie enttäuscht habe, und ich bedaure sehr, dass ich nicht Ihre allfälligen Bemerkungen und Fragen beantworten konnte, auf die ich mich bereits gefreut hatte. Ich hoffe, dass die Präsentation mit den zusätzlichen Erklärungen wenigstens einen kleinen Ersatz für den Vortrag liefert. Arthur Ruh Einsteins Relativitätstheorie... ...relativ einfach erklärt Einsteins Relativitätstheorie... ...relativ einfach erklärt Albert Einstein 1879 - 1955 Sicher haben Sie schon einmal... ....eines dieser.... ....Bilder gesehen. Was man jedoch selten zu sehen bekommt, ist dieses Bild. Dieses Bild zeigt Einstein etwa in dem Alter, als er 1905 seine berühmten 5 Arbeiten, darunter die (spezielle) Relativitätstheorie, publiziert hatte. Ebenfalls sehr selten sieht man dieses Bild. Es zeigt Einstein zusammen mit seiner (ersten) Frau Mileva. Mileva war eine sehr begabte Mathematik-Studentin. Es gibt eine Reihe von Indizien, die die Frage, ob und wieviel Mileva an der Relativitätstheorie beteiligt war, als nicht ganz ungerechtfertigt erscheinen lassen. Es ist unglaublich, wofür der arme Einstein ständig seinen Kopf oder seinen Namen hinhalten muss. Das ist eine Werbung. Ich weiss nicht mehr, wofür, aber sie ist mir aufgefallen, weil schon die Titelzeile irreführend ist. Vielleicht fliegen Raumschiffe nach seinen Berechnungen, aber jedenfalls nicht unsere. Dafür sind sie nämlich nicht schnell genug. Im rot eingerahmten Text hat es zwei Fehler. „Noch heute werden nach seinen Berechnungen die Flugbahnen von Raumschiffen und -sonden programmiert.“ Es sollte heissen „Heute werden noch nicht nach seinen Berechnungen...“, denn unsere Raumschiffe- und sonden erreichen nur Geschwindigkeiten von weniger als etwa 30 km/s, das ist 10'000 mal weniger als die Lichtgeschwindigkeit. Deshalb müssen die Flugbahnen nicht mit Hilfe der relativistischen Beziehungen berechnet werden, sondern die viel einfacheren klassischen Gleichungen sind weitaus genau genug. „Seine Gleichung E = mc2 schuf die Grundlage für den Bau der Atombombe.“ Auch wenn man das immer wieder lesen oder hören kann – es ist falsch. Darauf werde ich noch zurückkommen. Ich habe nie verstanden, warum diese Sendereihe „Einstein“ heisst. Soll damit suggeriert werden, dass die Autoren dieser Sendung so genial sind, oder ist gemeint, dass die Zuschauer dieser Sendung so genial sein müssen? Können Sie mir das vielleicht erklären? Einsteins Relativitätstheorie... ...relativ einfach erklärt Einsteins Relativitätstheorie... ...relativ einfach erklärt Wenn man von „Einsteins Relativitätstheorie“ spricht, muss man eigentlich fragen.... Einsteins Relativitätstheorie... ...relativ einfach erklärt Welche ? Es gibt nämlich zwei. Zwei Relativitätstheorien Zwei Relativitätstheorien 1 Spezielle Relativitätstheorie Geradlinig gleichförmig bewegte Bezugssysteme (Inertialsysteme) (1905) Zwei Relativitätstheorien 1 Spezielle Relativitätstheorie Geradlinig gleichförmig bewegte Bezugssysteme (Inertialsysteme) (1905) 2 Allgemeine Relativitätstheorie Beliebig bewegte Bezugssysteme Theorie der Gravitation (1915) Zwei Relativitätstheorien 1 Spezielle Relativitätstheorie Geradlinig gleichförmig bewegte Bezugssysteme (Inertialsysteme) (1905) 2 Allgemeine Relativitätstheorie Beliebig bewegte Bezugssysteme Theorie der Gravitation (1915) Wir werden uns hier nur mit der Speziellen Relativitätstheorie befassen, mit einer kleinen Ausnahme, wir werden an einer Stelle kurz ein Resultat der Allgemeinen Relativitätstheorie verwenden. Relativitätstheorie l Bezugssysteme, Relativitätsprinzip l Zeitdilatation, Zwillingsparadoxon l Masse bewegter Körper l E = mc2 Relativitätstheorie l Bezugssysteme, Relativitätsprinzip l Zeitdilatation, Zwillingsparadoxon l Masse bewegter Körper l E = mc2 Als erstes müssen wir uns kurz mit Bezugssystemen befassen. Bezugssystem Koordinatensystem, relativ zu dem die Bewegungen der betrachteten Körper beschrieben werden Uhren, mit denen die Zeitpunkte von Ereignissen bestimmt werden Ein Bezugssystem besteht aus Uhren und einem Koordinatensystem. Koordinatensystem Um die Position eines Punktes im Raum zu beschreiben, braucht man ein Koordinatensystem. Häufig verwendet man ein rechtwinkliges Koordinatensystem, d.h. man hat drei Koordinatenachsen, x, y, und z, die rechtwinklig zueinander stehen. Koordinaten Punkt P im Raum: x, y, z Ein Punkt im Raum kann also durch drei Koordinaten, x, y und z, beschrieben werden. Man kann zum Beispiel vereinbaren: „Wir treffen uns in dem Haus, das auf diesem Stadtplan x mm vom linken Planrand und y mm vom unteren Planrand entfernt ist.“ Dann kann man noch vereinbaren: „Wir treffen uns im dritten Stock.“ Das wäre dann die z-Koordinate. Koordinaten Punkt P im Raum: x, y, z Punkt P in Raum und Zeit: x, y, z, t Ein Ereignis findet an einem Ort (x, y, z) im Raum zu einer bestimmten Zeit (t) statt. Wenn man ein Treffen vereinbaren will, muss man nicht nur den Ort nennen, sondern man muss auch sagen, wann man sich treffen will. Ereignisse Wenn ein Ereignis in einem Diagramm aufgezeichnet werden soll, wird eine Achse des Diagramms für die Zeit benötigt. In einer zweidimensionalen Darstellung kann dann nur noch eine Ortskoordinate gezeichnet werden (in einer perspektivischen Zeichnung können neben der Zeitachse noch zwei räumliche Achsen gezeichnet werden). Es stellt sich heraus, dass es zweckmässig ist, statt der Zeit t (in Sekunden), die mit der Lichtgeschwindigkeit multiplizierte Zeit ct (in Metern) aufzuzeichnen. Ereignisse Die Ereignisse A und B sind gleichzeitig. Die Ereignisse A und B liegen im Diagramm genau übereinander, d.h. für A und für B wird auf der ct-Achse der gleiche Wert abgelesen. A und B haben die gleiche ct-Koordinate und damit auch die gleiche Zeitkoordinate, sie finden zur gleichen Zeit statt. A und B sind gleichzeitig. C hat eine grössere ct-Koordinate als A und B. C findet später als A und B statt. Ruhendes Bezugssystem ? Meistens wird stillschweigend vorausgesetzt, dass wir uns in einem ruhenden Bezugssystem befinden. Ist diese Voraussetzung richtig? Ruhendes Bezugssystem ? Erdrotation: 316 m/s (auf 47° nördlicher Breite) Wir befinden uns natürlich keineswegs in einem ruhenden Bezugsssystem. Allein schon infolge der Erdrotation bewegen wir uns (in einer geographischen Breite von 47°) mit 316 m/s auf einer Kreisbahn um die Erdachse. Ruhendes Bezugssystem ? Erdrotation: 316 m/s (auf 47° nördlicher Breite) Umlauf der Erde um die Sonne: 29.8 km/s Die Erde hat auf ihrer Umlaufbahn um die Sonne eine Geschwindigkeit von 29.8 km/s. Ruhendes Bezugssystem ? Erdrotation: 316 m/s (auf 47° nördlicher Breite) Umlauf der Erde um die Sonne: 29.8 km/s Umlauf des Sonnensystems um das Galaxiszentrum: 250 km/s Unser Sonnensystem bewegt sich als Ganzes mit einer Geschwindigkeit von rund 250 km/s um das Zentrum unserer Milchstrasse. Ruhendes Bezugssystem ? Erdrotation: 316 m/s (auf 47° nördlicher Breite) Umlauf der Erde um die Sonne: 29.8 km/s Umlauf des Sonnensystems um das Galaxiszentrum: 250 km/s Bewegung der Galaxis: 600 km/s Unsere Galaxie bewegt sich schliesslich mit einer Geschwindigkeit von rund 600 km/s in Richtung des Virgohaufens. Der Virgohaufen ist ein grosser Galaxienhaufen in etwa 54 Millionen Lichtjahre Abstand von unserer Galaxie. Ruhendes Bezugssystem ? Erdrotation: 316 m/s (auf 47° nördlicher Breite) Umlauf der Erde um die Sonne: 29.8 km/s Umlauf des Sonnensystems um das Galaxiszentrum: 250 km/s Bewegung der Galaxis: 600 km/s Bewegte Bezugssysteme Man muss sich also überlegen, wie die physikalischen Gesetze in einem bewegten Bezugssystem aussehen. Geradlinig gleichförmig bewegtes Bezugssystem Der einfachste Fall ist ein Bezugssystem, das sich mit konstanter Geschwindigkeit auf einer Geraden bewegt, ein geradlinig gleichförmig bewegtes Bezugssystem. Geradlinig gleichförmig bewegtes Bezugssystem Denken Sie sich einen Eisenbahnwagen oder einen Triebwagen, der auf einer geraden Strecke mit konstanter Geschwindigkeit erschütterungsfrei und lautlos fährt. Die beste Realisation dieses Idealfalls dürfte eine Magnetschienenbahn sein. Geradlinig gleichförmig bewegtes Bezugssystem In dieser geradlinig gleichförmig bewegten Magnetschienenbahn sei ein Laboratorium eingerichtet. Geradlinig gleichförmig bewegtes Bezugssystem Ein Physiker soll nun in diesem fahrenden Labor alle möglichen Versuche durchführen. Einfachstes Experiment Gehen im fahrenden Wagen Ein ganz einfaches Experiment können Sie in einem fahrenden Eisenbahnwagen selber anstellen: Marschieren Sie im Wagen in Fahrtrichtung. Einfachstes Experiment Gehen im fahrenden Wagen: genau gleich wie im stillstehenden Wagen Unter der Voraussetzung, dass der Eisenbahnwagen erschütterungsfrei mit konstanter Geschwindigkeit geradeaus fährt, fühlt sich das Gehen genau gleich an wie in einem stillstehenden Wagen. Addition von Geschwindigkeiten Geschwindigkeit des Zuges: v Geschwindigkeit des Passagiers relativ zum Wagen: u' Geschwindigkeit des Passagiers relativ zum Bahndamm: u = v u ' Wenn der Eisenbahnwagen mit der Geschwindigkeit 100 km/h fährt und Sie mit der Geschwindigkeit 5 km/h in der Fahrtrichtung im Wagen marschieren, dann ist Ihre Geschwindigkeit vom Bahndamm aus gesehen offensichtlich 105 km/h. Denken Sie sich die Wände des Wagens vollständig aus Glas, damit der Beobachter neben dem Bahndamm Ihre Geschwindigkeit besser messen kann. Geschwindigkeit Betrag und Richtung ! Geschwindigkeit Betrag und Richtung ! Die Geschwindigkeit ist ein Vektor. Für eine Geschwindigkeit muss immer der Betrag (z.B. in m/s oder km/h) und die Richtung angegeben werden. Physikalische Grössen, die durch einen Betrag und eine Richtung charakterisiert sind, können (in der Regel) durch so genannte Vektoren dargestellt werden. v = 50 km/h Dass die Richtung der Geschwindigkeit eine wesentliche Rolle spielt und dass die die Angabe des Geschwindigkeitsbetrages nicht immer eine hinreichende Information liefert, sieht man an diesem Beispiel. Das Bild zeigt eine Strassenkreuzung. Sie sind im Begriff, auf dem Fussgängerstreifen die Strasse zu überqueren. Sie werden durch den blauen Punkt oben im Bild dargestellt. Unten im Bild ist ein Auto, das aus Gründen, die gleich klar werden, seltsamerweise einen quadratischen Grundriss hat. Das Auto fährt mit einer Geschwindigkeit von 50 km/h. Offensichtlich reicht diese Information nicht aus, um die Gefahr der Situation zu beurteilen. v = 50 km/h Wenn das Auto in der Richtung des grünen Pfeils fährt, ist alles in Ordnung. v = 50 km/h Wenn das Auto aber in Richtung des roten Pfeils fährt, ist die Situation offenbar ziemlich kritisch, und Sie sollten besser schnell drei Schritte rückwärts machen. Die Richtung der Geschwindigkeit ist also (meistens) wesentlich. Passagier marschiert in Fahrtrichtung: Wenn wir wieder das Beispiel des Eisenbahnwagens betrachten, der diesmal mit 20 km/h fährt und in dem Sie mit 5 km/h nach vorne marschieren, dann haben Sie offensichtlich eine Geschwindigkeit von 25 km/h relativ zum Bahndamm. Passagier marschiert in Fahrtrichtung: Passagier marschiert gegen die Fahrtrichtung: Wenn Sie dagegen genau entgegengesetzt zur Fahrtrichtung marschieren, dann subtrahiert sich natürlich Ihre Geschwindigkeit von der des Zuges und Sie haben eine Geschwindigkeit von 15 km/h gegenüber dem Bahndamm. Passagier marschiert quer zur Fahrtrichtung: a2 b2 = c2 c = a 2 b2 Wenn Sie quer zur Fahrtrichtung gehen, so dass Ihre Geschwindigkeit genau senkrecht steht zur Fahrtrichtung des Wagens, bilden die Geschwindigkeit des Zuges bezüglich des Bahndamms, Ihre Geschwindigkeit bezüglich des Eisenbahnwagens und Ihre Geschwindigkeit bezüglich des Bahndamms ein rechtwinkliges Dreieck. Für ein rechtwinkliges Dreieck gilt der Satz von Pythagoras. Für den Fall, dass Sie den Satz des Pythagoras nicht kennen oder ihn wieder vergessen haben, sei er hier kurz erklärt. Nach dem Satz von Pythagoras ist die Summe der Quadrate der Katheten gleich dem Quadrat der Hypothenuse. Das Quadrat von a bedeutet a mit sich selbst multipliziert (a2 = a mal a). Werden also die Quadrate von a und b addiert, ergibt sich eine Zahl z = c 2, die das Quadrat der gesuchten Zahl c ist. Man sucht jetzt eine Zahl c, die mit sich selbst multipliziert die gegebene Zahl z ergibt. Man sagt „c ist die Wurzel von z“ und schreibt c = z. Wurzeln 2⋅2 = 4 4 = 2 3⋅3 = 9 9 = 3 6⋅6 = 36 36 = 6 2 = 1.414213 3 = 1.732050 Aus 2 mal 2 gleich 4 folgt sofort, dass die Wurzel aus 4 gleich 2 ist. Mit „Wurzel“ ist hier immer die Qudratwurzel gemeint. Wurzeln können aber nicht nur aus den Quadratzahlen der ganzen Zahlen gezogen werden. Die Wurzel lässt sich aus einer beliebigen positiven Zahl ziehen (es ist sogar die Wurzel aus einer negativen Zahl definiert, aber darauf wird hier nicht weiter eingegangen). Die Quadratwurzel aus einer Nichtquadratzahl ist irrational, d.h. sie kann nicht als Bruch zweier ganzer Zahlen dargestellt werden und ihre Darstellung als Dezimalbruch bricht nicht ab und ist nicht periodisch. In der Beschreibung des Vortrags wurde gesagt, es würden keinerlei mathematischen Kenntnisse vorausgesetzt. Wenn wir jetzt schon dabei sind, den Begriff der Qudratwurzel zu erklären, können wir gleich auch noch den Begriff der Zehnerpotenz erklären. Zehnerpotenzen 1 10 2 10 3 10 4 10 = 10 = 100 = 1000 = 10000 Zu dieser Tabelle könnte man eigentlich schreiben „Ohne Worte“, denn die Tabelle erklärt sich selbst. Die kleine hochgestellte Zahl, der so genannte Exponent, ist einfach gleich der Zahl der Nullen hinter der Eins. Zehnerpotenzen 1 10 2 10 3 10 4 10 = 10 = 100 = 1000 = 10000 –1 10 –2 10 –3 10 –4 10 = 0.1 = 0.01 = 0.001 = 0.0001 Genau so einfach sind die negativen Zehnerpotenzen definiert. Zehnerpotenzen 1 10 2 10 3 10 4 10 –1 = 10 = 100 = 1000 = 10000 10 –2 10 –3 10 –4 10 2 3 2+3 2 –2 2–2 = 0.1 = 0.01 = 0.001 = 0.0001 5 10 • 10 = 10 = 10 2 –4 2–4 –2 10 • 10 = 10 = 10 2 4 2–4 –2 10 / 10 = 10 = 10 10 • 10 = 10 0 = 10 = 1 Mit Zehnerpotenzen kann besonders einfach gerechnet werden. Bei einer Multiplikation werden einfach die Exponenten addiert, und bei einer Division wird der Exponent des Nenners vom Exponenten des Zählers subtrahiert. Die Tabelle ist wieder weitgehend selbsterklärend. Die letzte Zeile zeigt, dass es sinnvoll und konsequent ist, die zunächst nicht definierte Zehnerpotenz 100 als 1 zu definieren. Dass Zehnerpotenzen sehr nützlich sind, zeigt das folgende Beispiel. Strahlungsleistung der Sonne: 385'000'000'000'000'000'000'000'000 W Zunächst einmal ist es offensichtlich sehr mühsam, eine solche Zahl zu schreiben. Stellen Sie sich jetzt vor, Sie müssten diese Zahl jemandem am Telefon übermitteln. Selbst wenn Sie wissen, wie man diese Zahl ausspricht, ist es unsicher, ob auch Ihr Gesprächspartner, weiss, wie es nach Trillionen, Quadrillionen, Quintillionen usw. weitergeht. Also sagen Sie doch besser „3 8 5 und dann noch 24 Nullen“. Und das lässt sich eben am einfachsten folgendermassen sagen. Strahlungsleistung der Sonne: 385'000'000'000'000'000'000'000'000 W 26 3.85·10 W So lässt sich die Zahl nicht nur viel einfacher und sicherer sagen und übermitteln, sondern so lässt sich die Zahl auch viel einfacher und sicherer schreiben. Passagier marschiert quer zur Fahrtrichtung: a2 b2 = c2 c = a 2 b2 Wir waren dabei, Ihre Geschwindigkeit relativ zum Bahndamm zu berechnen, wenn Sie mit 5 km/h quer zur den 20 km/h des Eisenbahnzuges marschieren. Nach Pythogoras rechnen wir also 202 + 52 = 400 + 25 = 425 und ziehen dann die Wurzel aus 425 und erhalten 20.6. Geradlinig gleichförmig bewegtes Laboratorium Das Marschieren im Eisenbahnwagen war ja nur das einfachste Beispiel eines Experiments in einem geradlinig gleichförmig bewegten Bezugssystem. Wir stellen jetzt einem Physiker alle Apparate, Geräte und Messinstrumente zur Verfügung, die er sich nur wünschen kann. Währendem vorhin der Eisenbahnwagen durchsichtig war, damit man die Bewegung des marschierenden Passagiers von aussen besser beobachten konnte, kleben wir jetzt perfiderweise alle Fenster zu, damit der Physiker nicht hinausschauen kann. Um ganz sicher zu gehen, versetzen wir den armen Kerl in Narkose, damit er das Anfahren des Zuges nicht feststellen kann. Wenn dann der Zug mit konstanter Geschwindigkeit (und völlig erschütterungsfrei und absolut lautlos!) dahingleitet und der Physiker aus der Narkose erwacht, soll er mit seinen Experimenten beginnen. Wir lassen ihm genügend Zeit, aber dann fragen wir ihn: „Fährt der Zug oder steht er still?“ Es stellt sich heraus, dass er überhaupt keine Möglichkeit hat, das festzustellen. Alle Experimente verlaufen im fahrenden Labor genau gleich wie im stillstehenden Labor. Mit „fahrendem Labor“ ist wieder ein Bezugssystem gemeint, das sich mit konstanter Geschwindigkeit geradlinig bewegt. Da alle Experimente im „fahrenden Labor“ genau gleich ablaufen wie im „ruhenden Labor“, kann gar nicht entschieden werden, welches Labor das „ruhende“ ist. Ein Bezugssystem, in dem ein Körper, auf den keine Kräfte wirken, sich geradlinig gleichförmig bewegt, wird „Inertialsystem“ genannt. Ein Bezugssytem, das sich gegenüber einem Inertialsystem geradling gleichförmig bewegt, ist ebenfalls ein Inertialsystem. Relativitätsprinzip Die physikalischen Gesetze haben in jedem Bezugssystem die gleiche Form. Bevor ein Physiker empört aufspringt und „Unsinn!“ schreit, präzisieren wir das zu: Relativitätsprinzip Die physikalischen Gesetze haben in jedem Inertialsystem die gleiche Form. Da also ein „ruhendes“ Bezugssystem in keiner Weise gegenüber einem Inertialsystem ausgezeichnet ist, macht es eigentlich gar keinen Sinn, überhaupt von einem „ruhenden“ Bezugssystem zu sprechen. Wenn trotzdem im Folgenden der Einfachheit halber von einem „ruhenden“ Bezugssystem die Rede sein wird, ist genaugenommen damit ein Inertialsystem gemeint, das willkürlich herausgegriffen als ruhendes System bezeichnet wird und bezüglich dessen die Bewegungen der anderen Bezugssysteme beschrieben werden. Koordinatensysteme x = x' v t' y = y' z = z' t = t' Es werden nun zwei relativ zueinander bewegte Bezugssysteme betrachtet. Das blaue Koordinatensystem x,y,z sei das „ruhende“. Das rote Koordinatensystem x',y',z' bewege sich in Richtung der x-Achse mit der Geschwindigkeit v. Die Achsen y und y' und die Achsen z und z' seien je parallel zueinander. Die Achsen x und x' sollen zusammenfallen, der Deutlichkeit halber sind jedoch etwas versetzt gezeichnet. Zur Zeit t = 0 sollen die beiden Koordinatenursprünge (x = y = z = 0 und x' = y' = z' = 0) zusammenfallen. Die Koordinaten in y- und z-Richtung stimmen überein: y = y' und z = z'. Zu der Koordinate x' im roten System kommt die vom roten im blauen System in der Zeit t' zurückgelegte Strecke vt'. Das ergibt sofort: x = x' + vt'. Dass t = t' gilt, d.h. dass die Zeit im bewegten und im ruhenden Bezugssystem genau gleich abläuft, wurde in der klassischen Physik stets als selbstverständlich betrachtet. Koordinatentransformationen Galilei-Transformation x = x' v t' y = y' z = z' t = t' Die eben hergeleiteten Beziehungen zwischen x',y',z',t' und x,y,z,t werden als Galilei-Transformation bezeichnet. Während die Galilei-Transformation sehr gut mit den Resultaten von mechanischen Experimenten übereinzustimmen schien, zeigten sich in der Elektrodynamik immer mehr Widersprüche. Insbesondere zeigte das berühmte Experiment von Michelson und Morley1987, dass die Lichtgeschwindigkeit im bewegten und im ruhenden Bezugssystem den gleichen Wert hat. Das ist jedoch völlig im Widerspruch zur Galilei-Transformation. Da die Galiei-Transformation zudem das Relativitätsprinzip nicht erfüllt, müssen offenbar die TransformationsGleichungen geändert werden. Einstein sah ein, dass die als selbstverständlich betrachtete Annahme t = t' falsch sein muss. Die Galilei-Transformation muss durch die Lorentz-Transformation ersetzt werden. Koordinatentransformationen Galilei-Transformation Lorentz-Transformation x = x' v t' x= y = y' y = y' z = z' z = z' t = t' t= x' v t' v2 1− 2 c v t' 2 x' c v2 1− 2 c Die Transformations-Gleichung für die x-Koordinate in der Lorentz-Transformation unterscheidet sich von der Transformations-Gleichung in der Galilei-Transformation durch den Nenner mit der Wurzel 2 v 1− 2 . c Solange die Geschwindigkeit v klein ist verglichen mit der Lichtgeschwindigkeit c, hat die Wurzel nahezu den Wert 1, so dass die Lorentz-Transformation sich kaum unterscheidet von der Galilei-Transformation. Ziemlich dramatisch ist nun die Beziehung für t', die zeigt, dass die Zeit im bewegten Koordinatensystem nicht gleich abläuft wie im ruhenden System. Addition von Geschwindigkeiten Raumschiff Torpedo u' = 3 v= c 4 3 c 4 Aus der Lorentz-Transformation folgen einige verblüffende Resultate. Als erstes betrachten wir die Addition von Geschwindigkeiten. Ein Raumschiff fliege mit ¾ der Lichtgeschwindigkeit und schiesse ein „Raumtorpedo“ ab, das gegenüber dem Raumschiff eine Geschwindigkeit hat, die gleich ¾ der Lichtgeschwindigkeit ist. Ob das technisch machbar ist, braucht uns hier nicht weiter zu kümmern. Addition von Geschwindigkeiten Raumschiff Torpedo u' = 3 v= c 4 Klassisch: 3 3 1 u = v u' = c c = 1 c 4 4 2 3 c 4 Wenn wir klassisch rechnen, d.h. genau so, wie wir das beim Passagier im Eisenbahnwagen gemacht haben, erhalten wir offensichtlich für die Geschwindigkeit des Torpedos, die ein „ruhender“ Beobachter messen würde: ¾ c + ¾ c = 1½ c. Addition von Geschwindigkeiten Raumschiff Torpedo u' = 3 c 4 3 v= c 4 Relativistisch: 3 3 6 c c c v u' 4 4 4 24 u= = = = c vu ' 9 16 9 25 1 2 1 16 16 c Wenn wir dagegen die Geschwindigkeiten richtig, d.h. mit der relativistisch gültigen Gleichung, addieren, ergibt sich ein anderes Resultat. Die relativistische Gleichung unterscheidet sich von der klassischen Gleichung durch den eigenartigen Nenner, der dafür sorgt, dass das Resultat stets kleiner ist als die Lchtgeschwindigkeit, solange v und u' kleiner sind als c. Mit den gewählten Geschwindigkeiten v = ¾ c und u' = ¾ c ergibt sich für die vom ruhenden Beobachter gemessene Geschwindigkeit u = 24/25 c. Wird dagegen u' = c gewählt, d.h. sendet das Raumschiff einen Laserstrahl nach vorne, so ergibt sich – wie leicht nachgerechnet werden kann – für die vom ruhenden Beobachter gemessene Geschwindigkeit u des Laserlichts die gleiche Geschwindigkeit c. Relativitätstheorie l Bezugssysteme, Relativitätsprinzip l Zeitdilatation, Zwillingsparadoxon l Masse bewegter Körper l E = mc2 Zeitdilatation t = t ' v2 1− 2 c Wohl eines der verblüffendsten Resultate der Relativitätstheorie ist die so genannte Zeitdilatation. Die aus der Lorentz-Transformation folgende Beziehung für Δt und Δt' zeigt, dass ein Zeitintervall Δt' des bewegten Beobachters dem ruhenden Beobachter gedehnt erscheint. Zeitdilatation t = t ' v2 1− 2 c Beispiel: v = 0.8c v = 0.8 c Zeitdilatation t = t ' v2 1− 2 c Beispiel: v = 0.8c v = 0.8 c t ' t ' t ' t ' 5 t = = = = = t ' 2 1 − 0.8 1 − 0.64 0.36 0.6 3 Das Beispiel zeigt: Wenn an Bord eines Raumschiffs, das sich gegenüber dem ruhenden Beobachter mit 80 % der Lichtgeschwindigkeit bewegt, 3 Stunden ablaufen, vergehen für den ruhenden Beobachter 5 Stunden. Ist das nicht alles nur Theorie? Jetzt ist man vielleicht versucht, zu protestieren: „Das ist doch alles nur Theorie!“ Experimente zur Zeitdilatation Tatsächlich gibt es jedoch eine Reihe von Experimenten, welche die Zeitdilatation bestätigen. Myonenzerfall e e Myonen sind Elementarteilchen, die in Elektronen, Elektronen-Antineutrinos und Myon-Neutrinos zerfallen. Was Elektronen-Antineutrinos und Myon-Neutrinos sind, braucht uns in diesem Zusammenenhang nicht weiter zu kümmern. Uns interessiert hier nur die Halbwertszeit. Myonenzerfall e e Halbwertszeit: T = 1.5⋅10−6 s Die Myonen zerfallen mit einer Halbwertszeit von 1.5 Mikrosekunden. Das bedeutet: Nach 1.5 Millionstelsekunden existieren noch die Hälfte der anfänglich vorhandenen Myonen, nach 3 Mikrosekunden, dh. nach 2 Halbwertszeiten, noch ein Viertel, nach 4.5 μs noch ein Achtel, usw. Myonenzerfall e e Halbwertszeit: T = 1.5⋅10−6 s Myonen werden in der Atmosphäre in grosser Höhe durch die kosmische Strahlung erzeugt. Myonenzerfall e e Halbwertszeit: T = 1.5⋅10−6 s Myonen werden in der Atmosphäre in grosser Höhe durch die kosmische Strahlung erzeugt. Geschwindigkeit: v = 0.9997 c ≈ c Myonenzerfall e e Halbwertszeit: T = 1.5⋅10−6 s Myonen werden in der Atmosphäre in grosser Höhe durch die kosmische Strahlung erzeugt. Geschwindigkeit: v = 0.9997 c ≈ c In einer Halbwertszeit zurückgelegter Weg: s = v⋅T = 3⋅108⋅1.5⋅10−6 = 450 s = 450 m Da die Myonen sich nahezu mit Lichtgeschwindigkeit (≈ 3·108 m/s) bewegen, legen sie in in einer Halbwertszeit (1.5·10-6 s) 3·108·m/s·1.5·10-6 s = 450 m zurück. Myonenzerfall 6 Halbwertszeiten: 6 · 450 m = 2700 m (½)6 = 1/ 64 500 / 64 = 7.8 Nach 6 Halbwertszeiten haben die Myonen 6·450 m = 2700 m zurückgelegt. Nach 6 Halbwertszeiten sind nur noch (1/2) 6 = 1/64 der ursprünglichen Myonen vorhanden. Wenn also in einer Höhe von 3500 m über Meer 500 Myonen (mit einem bestimmten Detektor in einem bestimmten Zeitintervall) gemessen werden, dann sollten in der Höhe 3500 m – 2700 m = 800 m nur noch 500/64 = 7.8 Myonen gemessen werden. Myonenzerfall 6 Halbwertszeiten: 6 · 450 m = 2700 m (½)6 = 1/ 64 500 / 64 = 7.8 Gemessen werden aber 450 Myonen. Es sind also viel weniger Myonen zerfallen. Das ist darauf zurückzuführen, dass im schnell bewegten Bezugssystem der Myonen viel weniger als 6 Halbwertszeiten vergangen sind, weil in diesem Bezugssystem die Zeit langsamer vergeht als auf der Erde. Elementarteilchen.... .... ja – vielleicht.... .... aber auch richtige Uhren ? Jetzt sagen Sie vielleicht: „Elementarteilchen – ja gut, das kann ja vielleicht sein, aber so etwas passiert doch sicher nicht mit richtigen Uhren!“ Zeitdilatations-Experiment J. Hafele und R. Keating, 1971: Erdumfliegung mit 4 Atomuhren Tatsächlich wurde 1971 ein Experiment mit Atomuhren gemacht. Zwei Physiker umflogen mit 4 Atomuhren die ganze Erde einmal in Richtung Osten und einmal in Richtung Westen. Zeitdilatations-Experiment J. Hafele und R. Keating, 1971: Erdumfliegung mit 4 Atomuhren Zeitunterschiede gerechnet Geschwindigkeit Ostflug Westflug ns ns -184 ± 18 +96 ±10 Die Erde dreht sich von Westen nach Osten (daher bewegen sich die Sonne, der Mond und die Sterne scheinbar von Osten nach Westen). Ein Ort auf dem Aequator bewegt sich mit einer Geschwindigkeit von rund 460 m/s Deshalb läuft eine Uhr am Aequator langsamer als eine Uhr, die sich zwar mit der Erde um die Sonne bewegt, aber die Erddrehung um die Erdachse nicht mitmacht. Bei einem Flugzeug, das nach Osten fliegt, addiert sich die Fluggeschwindigkeit zur der durch Erddrehung bewirkten Geschwindigkeit. Daher läuft die Uhr im Flugzeug noch langsamer verglichen mit der Uhr ausserhalb der Erde und auch langsamer verglichen mit der Uhr auf der Erde. Die Uhr im Flugzeug geht also nach. Bei einem Flugzeug, das nach Westen fliegt, subtrahiert sich die Fluggeschwindigkeit von der Drehgeschwindigkeit der Erde. Das Flugzeug bewegt sich also von einem Punkt ausserhalb der Erde gesehen langsamer als ein Punkt auf dem Aequator. Somit geht die Uhr im Flugzeug weniger nach gegenüber der Uhr ausserhalb der Erde als die Uhr auf dem Aequator. Das bedeutet aber, dass die Uhr im Flugzeug verglichen mit der Uhr auf dem Aequator vor geht. Bei diesen Ueberlegungen wurde immer von Uhren gesprochen. Es ist aber nicht etwa die Uhr, die durch die Bewegung irgendwie beeinflusst würde, es ist die Zeit als solche, die in den verschiedenen Bezugssystemen unterschiedlich schnell vergeht. Zeitdilatations-Experiment J. Hafele und R. Keating, 1971: Erdumfliegung mit 4 Atomuhren Zeitunterschiede Ostflug Westflug ns ns Geschwindigkeit -184 ± 18 +96 ±10 Gravitation +144 ± 14 +179 ±18 gerechnet Zu diesem durch die Fluggeschwindigkeit bewirkten Effekt kommt ein Effekt hinzu, der durch die Gravitation verursacht wird. In der Allgemeinen Relativitätstheorie wird gezeigt, dass in einem Gravitationsfeld die Zeit langsamer verläuft als ausserhalb des Feldes. Da das Schwerefeld der Erde mit der Höhe über der Erde abnimmt, ist das Gravitationsfeld an Bord des Flugzeuges etwas weniger stark als auf der Erdoberfläche. Deshalb läuft die Zeit an Bord des Flugzeuges schneller und die Uhr im Flugzeug geht vor. Zeitdilatations-Experiment J. Hafele und R. Keating, 1971: Erdumfliegung mit 4 Atomuhren Zeitunterschiede Ostflug Westflug ns ns Geschwindigkeit -184 ± 18 +96 ±10 Gravitation +144 ± 14 +179 ±18 -40 ± 23 +275 ± 21 gerechnet Gesamteffekt Während beim Flug in Richtung Osten die Effekte der Geschwindigkeit und der Gravitation sich voneinander subtrahieren, addieren sie sich beim Flug nach Westen. Da sowohl die Flughöhe als auch die Fluggeschwindigkeit nicht in jedem Moment ganz genau bekannt waren, sind die berechneten Effekte mit einer gewissen Unsicherheit behaftet. Zeitdilatations-Experiment J. Hafele und R. Keating, 1971: Erdumfliegung mit 4 Atomuhren Zeitunterschiede Ostflug Westflug ns ns Geschwindigkeit -184 ± 18 +96 ±10 Gravitation +144 ± 14 +179 ±18 -40 ± 23 +275 ± 21 Uhr 1 -57 +277 Uhr 2 -74 +284 Uhr 3 -55 +266 Uhr 4 -51 +266 gerechnet Gesamteffekt gemessen Zeitdilatations-Experiment J. Hafele und R. Keating, 1971: Erdumfliegung mit 4 Atomuhren Zeitunterschiede Ostflug Westflug ns ns Geschwindigkeit -184 ± 18 +96 ±10 Gravitation +144 ± 14 +179 ±18 -40 ± 23 +275 ± 21 Uhr 1 -57 +277 Uhr 2 -74 +284 Uhr 3 -55 +266 Uhr 4 -51 +266 -59 ± 10 +273 ± 7 gerechnet Gesamteffekt gemessen Mittelwerte Auch die von den Atomuhren gemessenen Zeiten sind natürlich mit unvermeidlichen Messfehlern behaftet. (Jedes Messgerät misst nur mit einer begrenzten Genauigkeit.) Die theoretischen und die gemessenen Zeitunterschiede stimmen bei Berücksichtigung der theoretischen und experimentellen Fehler bestens überein. − 40 ± 23 = − 59 ± 10 + 275 ± 21 = + 273 ± 7 Das Zwillingsparadoxon Albert: Erde Eugen: Raumschiff mit v = 0.8c Ein besonders eindrückliches Beispiel für die Zeitdilatation ist das so genannte Zwillingsparadoxon. Während Albert auf der Erde zurückbleibt, fliegt sein Zwillingsbruder, Eugen, mit einem Raumschiff mit 80 % der Lichtgeschwindigkeit weg zu einem weit entfernten Stern und kehrt dann mit der gleichen Geschwindigkeit sofort wieder zurück. Dass man nicht augenblicklich von Null auf die Lichtgeschwindigkeit beschleunigen kann, ist ein „kleines technisches Detail“ (!), um das wir uns zunächst nicht weiter kümmern. Die Wahl des Namens „Albert“ braucht wohl nicht weiter begründet zu werden, aber vielleicht sollte erklärt werden, an wen beim Namen „Eugen“ gedacht wurde. Eugen Sänger 1905 - 1964 Prof. Eugen Sänger war wohl der erste, der Raumflüge mit relativistischen Geschwindigkeiten berechnete. Sänger, Eugen: „Zur Mechanik der Photonen-Strahlantriebe“ Oldenburg, München 1956. Das Zwillingsparadoxon Albert: Erde Eugen: Raumschiff mit v = 0.8c Das Zwillingsparadoxon Albert: Erde Eugen: Raumschiff mit v = 0.8c Entfernung des Zielsterns: 4 Lichtjahre Eugen fliege zu einem Stern, der 4 Lichtjahre entfernt ist. Zwar existiert in 4 Lichtjahren Entfernung kein Stern. Der nächste Stern ist 4.3 Lichtjahre entfernt, aber mit 4 Lichtjahren wird die Rechnung einfacher. Ein Lichtjahr ist nicht etwa eine Zeiteinheit (wie gelegentlich irrtümlicherweise geglaubt wird), sondern die Strecke, die das Licht in einem Jahr zurücklegt. 1 Lichtjahr = 9.45·1015 m Das Zwillingsparadoxon Albert: Erde Eugen: Raumschiff mit v = 0.8c Entfernung des Zielsterns: 4 Lichtjahre Reisezeit von der Erde aus gesehen: Reisezeit an Bord des Raumschiffs: 5 3 Jahre Jahre Da Eugen mit 80 % der Lichtgeschwindigkeit fliegt, braucht er für die 4 Lichtjahre 5 Jahre. Für eine Geschwindigkeit von 0.8 c hatten wir schon berechnet, dass für 3 Zeiteinheiten im bewegten System 5 Zeiteinheiten im ruhenden System vergehen. Wenn also die Reise von der Erde aus gesehen 5 Jahre dauert, vergehen an Bord des Raumschiffs nur 3 Jahre. Das Zwillingsparadoxon Albert: Erde Eugen: Raumschiff mit v = 0.8c Entfernung des Zielsterns: 4 Lichtjahre Reisezeit von der Erde aus gesehen: Reisezeit an Bord des Raumschiffs: Vom Raumschiff aus gesehen: Erde entfernt sich mit v = 0.8c 5 3 Jahre Jahre Wenn, wie vorausgesetzt, das Raumschiff mit konstanter Geschwindigkeit fliegt, ist es ein Inertialsystem, und Eugen kann sich auf den Standpunkt stellen: „Ich stehe still, aber Albert entfernt sich mit der Erde von mir mit 80 % der Lichtgeschwindigkeit. Folglich läuft seine Zeit nur 3/5 mal so schnell wie meine. Somit sind für ihn nur 3/5 · 3 Jahre, also 1.8 Jahre, vergangen.“ Das Zwillingsparadoxon Albert: Erde Eugen: Raumschiff mit v = 0.8c Entfernung des Zielsterns: 4 Lichtjahre Reisezeit von der Erde aus gesehen: Reisezeit an Bord des Raumschiffs: 5 3 Jahre Jahre Vom Raumschiff aus gesehen: Erde entfernt sich mit v = 0.8c Reisezeit an Bord des Raumschiffs: Reisezeit auf der Erde: 3 Jahre 1.8 Jahre Während also für Albert die Reise von Eugen 5 Jahre dauert, könnte Eugen meinen, für Albert seien nur 1.8 Jahre vergangen, wenn er (Eugen) beim Zielstern ankommt. Das führt zunächst zu keinem dramatischen Widerspruch, weil Albert und Eugen nicht direkt miteinander kommunizieren können. Jedes Signal zwischen Albert und Eugen ist ja 4 Jahre unterwegs. Wenn Eugen Albert eine Frage stellt, muss er 8 Jahre auf die Antwort warten. Das Zwillingsparadoxon Albert: Erde Eugen: Raumschiff mit v = 0.8c Entfernung des Zielsterns: 4 Lichtjahre Reisezeit von der Erde aus gesehen: Reisezeit an Bord des Raumschiffs: 5 3 Jahre Jahre Vom Raumschiff aus gesehen: Erde entfernt sich mit v = 0.8c Reisezeit an Bord des Raumschiffs: Reisezeit auf der Erde: 3 Jahre 1.8 Jahre Reisezeit für Hin- und Rückflug: Albert: Eugen: Albert aus der Sicht Eugens: 10 Jahre 6 Jahre 3.6 Jahre Das Zwillingsparadoxon Albert: Erde Eugen: Raumschiff mit v = 0.8c Entfernung des Zielsterns: 4 Lichtjahre Reisezeit von der Erde aus gesehen: Reisezeit an Bord des Raumschiffs: 5 3 Jahre Jahre Vom Raumschiff aus gesehen: Erde entfernt sich mit v = 0.8c Reisezeit an Bord des Raumschiffs: Reisezeit auf der Erde: 3 Jahre 1.8 Jahre Reisezeit für Hin- und Rückflug: Albert: Eugen: Albert aus der Sicht Eugens: Differenz für Alberts Alterung: 10 6 3.6 6.4 Jahre Jahre Jahre Jahre Wenn dagegen Eugen zurückkehrt, wird die Situation seltsam. Albert stellt fest an Hand des Kalenders, dass Eugen 10 Jahre unterwegs war. Andererseits zeigt Eugens Kalenderuhr, dass er nur 6 Jahre unterwegs war, und er ist auch nur 6 Jahre älter geworden. Auf Grund der Relativitätstheorie erwartet er aber, dass für Albert nur 3.6 Jahre vergangen sind. Das Zwillingsparadoxon Albert: Erde Eugen: Raumschiff mit v = 0.8c Entfernung des Zielsterns: 4 Lichtjahre Reisezeit von der Erde aus gesehen: Reisezeit an Bord des Raumschiffs: 5 3 Jahre Jahre Vom Raumschiff aus gesehen: Erde entfernt sich mit v = 0.8c Reisezeit an Bord des Raumschiffs: Reisezeit auf der Erde: 3 Jahre 1.8 Jahre Reisezeit für Hin- und Rückflug: Albert: Eugen: Albert aus der Sicht Eugens: Differenz für Alberts Alterung: 10 6 3.6 6.4 Jahre Jahre Jahre Jahre Paradox? Das ist das Paradoxon: Wenn Eugen zurückkommt, ist Albert 10 Jahre älter geworden. Eugen ist jedoch überzeugt, dass Albert nur 3.6 Jahre älter geworden sein kann. Wie kommt es zu dieser Differenz von 6.4 Jahren? Oder anders ausgedrückt: Albert ist überzeugt, dass Eugen 4 Jahre jünger ist als Albert, wenn er zurückkommt. Eugen ist jeoch überzeugt, dass Albert 2.4 Jahre jünger ist als Eugen, wenn er Albert wieder trifft. Also ist doch alles ganz falsch? Um das besser zu verstehen, müssen wir erst einmal ein Weg-Zeit-Diagramm betrachten. Weg-Zeit-Diagramm In einem Weg-Zeit-Diagramm ist der Ort eines Körpers als Funktion der Zeit aufgetragen. Dort, wo die Kurve (oder Gerade) steil ansteigt, bewegt sich der Körper offenbar schnell, während dort, wo die Kurve flach verläuft, der Körper sich langsam bewegt. Wenn die Kurve horizontal, d.h. parallel zur t-Achse, verläuft, steht der Körper still, da sich seine Ortskoordinate x nicht ändert. Koordinatensysteme Wir betrachten jetzt ein (rotes) Koordinatensystem x'y'z', das sich mit der Geschwindigkeit v relativ zum „ruhenden“ (blauen) Koordinatensystem xyz in Richtung der x-Achse bewegt. Die beiden Achsen x und x' sollen zusammenfallen, sie sind jedoch der Deutlichkeit halber etwas versetzt gezeichnet. Zur Zeit t = 0 sei der Ort x' = 0 am Ort x = 0. Die t'-Achse entspricht dem Ort x' = 0. v = 0.167c Das „gestrichene Koordinatensystem“ x'y'z' bewege sich mit der Geschwindigkeit v = 0.167c, d.h. seine Geschwindigkeit beträgt 16.7 % der Lichtgeschwindigkeit. Zweckmässigerweise sind hier wieder statt der Zeiten t und t' die mit der Lichtgeschwindigkeit multiplizierten Zeiten aufgetragen, also die Strecken ct und ct'. Da sich der Punkt x' = 0 mit der Geschwindigkeit v im Koordinatensystem xyz bewegt, ist die ct'-Achse geneigt, denn sie ist nichts anderes als das Weg-ZeitDiagramm des Punktes x' = 0 im System xyz. So weit sieht alles genau gleich aus wie in der klassichen Physik. v = 0.167c Was hingegen nur in der relativistischen Physik auftritt, ist die Neigung der x'-Achse. Die Punkte auf der x-Achse haben ja alle die gleiche Zeit t = 0, und die Punkte auf der x'-Achse haben alle die Zeit t' = 0. In der klassischen Physik würden die beiden Achsen x und x' zusammenfallen, weil die Zeit im bewegten System genau gleich ist wie im ruhenden System. In der relativistischen Physik ist jedoch die x'-Achse nicht parallel zur x-Achse, sondern geneigt. v = 0.8 c Je grösser die Geschwindigkeit ist, umso stärker sind die Neigungen der x'- und ct'-Achsen. Für die ct'-Achse ist das unmittelbar klar. Sie stellt ja das Weg-Zeit-Diagramm des Punktes x' = 0 dar, und dieses verläuft umso steiler, je grösser die Geschwindigkeit ist. Die x'-Achse ist umso stärker geneigt, je grösser die Geschwindgkeit ist, weil die Zeitdilatation mit der Geschwindigkeit zunimmt. Im bewegten Koordinatensystem sind diejenigen Ereignisse gleichzeitig, die auf Parallelen zur x'-Achse liegen. Ereignisse System x, y, z: Die Ereignisse A und B sind gleichzeitig. Wir hatten gesehen, dass im System xyz die Ereignisse gleichzeitig sind, welche die gleiche ct-Koordinate haben. Das sind diejenigen Punkte, die auf Parallelen zur x-Achse liegen, d.h. die senkrecht bezüglich der ct-Achse übereinander liegen, also z.B. die Punkte A und B. Ereignisse System x', y', z': Die Ereignisse A und C sind gleichzeitig. Im System x'y'z' dagegen sind die Ereignisse gleichzeitig, die auf Parallelen zur x'-Achse liegen, also z.B. die Punkte A und C. Gleichzeitigkeit Es gibt keine absolute Gleichzeitigkeit. Gleichzeitigkeit Es gibt keine absolute Gleichzeitigkeit. Der Begriff „gleichzeitig“ ist relativ. Gleichzeitigkeit Es gibt keine absolute Gleichzeitigkeit. Der Begriff „gleichzeitig“ ist relativ. Zwei relativ zueinander bewegte Beobachter nehmen unterschiedliche Paare von Ereignissen als gleichzeitig wahr. Dieses Bild ist das Weg-Zeit-Diagramm von Eugen auf seiner Hinreise. Das Bild zeigt das Weg-Zeit-Diagramm von Eugens Hin- und Rückreise. Ereignisse System x', y', z': Die Ereignisse A und C sind gleichzeitig. Auf der Hinreise, d.h. während Eugen sich in Richtung der x-Achse bewegt, sind für ihn die Ereignisse gleichzeitig, die auf Parallelen zur x'-Achse liegen, also z.B. die Ereignisse A und C. Wir zeichnen jetzt eine Gerade der Gleichzeitigkeit in dasWeg-Zeit-Diagramm ein... ...für den Moment, in dem er beim Zielstern ankommt, aber immer noch die Geschwindigkeit v = 0.8 c hat. Man kann leicht ausrechnen, wo diese Gerade der Gleichzeitigkeit die Zeitachse t schneidet, und erhält 1.8 Jahre nach dem Start von Eugen. Wenn also Eugen am Ziel ankommt (aber sich immer noch mit 80 % der Lichtgeschwindigkeit bewegt), findet er, dass auf der Erde nur 1.8 Jahre vergangen sind. Er hat natürlich keine Möglichkeit, dies direkt nachzuprüfen. Wenn er nun augenblicklich(!) abgebremst hat, ist er in Ruhe in Bezug auf das System xyz. Damit hat er die gleiche Zeit wie Albert, d.h. 5 Jahre nach dem Start. Während des Abbremsvorgangs sind also für ihn auf der Erde 3.2 Jahre vergangen. Auch das kann er natürlich nicht direkt feststellen. Wenn er sich nun auf die Rückreise begibt und wieder augenblicklich auf die Geschwindigkeit 0.8c beschleunigt, bewegt er sich entgegengesetzt zur Richtung der x-Achse. Damit ist seine Gerade der Gleichzeitigkeit in diese Richtung geneigt. Die Rechnung zeigt, dass diese Gerade die Zeitachse t bei 8.2 Jahren schneidet. In dem Moment, da Eugen (instantan) am Zielort umgekehrt ist, sind für ihn auf der Erde 6.4 Jahre (in einem einzigen Augenblick) vergangen. Wie gesagt, kann er das nicht direkt nachprüfen. Wenn er aber wieder auf der Erde ankommt, sind auf der Erde nicht 3.6 Jahre vergangen, wie er berechnet hat, ohne seine Fahrtrichtungsänderung beim Umkehren zu berücksichtigen, sondern tatsächlich 10 Jahre, wie auch Albert auf seiner Kalenderuhr abliest. Das Zwillingsparadoxon Albert: Erde Eugen: Raumschiff mit v = 0.8c Entfernung des Zielsterns: 4 Lichtjahre Reisezeit von der Erde aus gesehen: Reisezeit an Bord des Raumschiffs: 5 3 Jahre Jahre Vom Raumschiff aus gesehen: Erde entfernt sich mit v = 0.8c Reisezeit an Bord des Raumschiffs: Reisezeit auf der Erde: 3 Jahre 1.8 Jahre Reisezeit für Hin- und Rückflug: Albert: Eugen: Albert aus der Sicht Eugens: Differenz für Alberts Alterung: 10 6 3.6 6.4 Jahre Jahre Jahre Jahre Paradox? Die 6.4 Jahre, die während Eugens Fahrtrichtungsänderung auf der Erde vergehen, sind genau die Differenz, die sich bei den beiden Rechnungen in Alberts und Eugens Bezugssystemen ergeben haben. Es ist also kein Paradoxon. Ein Paradoxon ergibt sich nur, wenn nicht richtig gerechnet wird. Kein Paradoxon! Albert ist wirklich 10 Jahre älter geworden, während für Eugen nur 6 Jahre vergangen sind. Eine augenblickliche Beschleunigung von 0 auf 0.8c ist natürlich nicht nur technisch, sondern auch physikalisch unmöglich. Denkbar wäre ein Raumschiff, mit dem konstant mit 10 m/s 2 beschleunigt wird, d.h. in jeder Sekunde nimmt die Geschwindigkeit des Raumschiffs um 10 m/s zu (von einem momentan mit konstanter Geschwindigkeit mitbewegten System aus gesehen). Wenn wir ein solches Raumschiff haben, beschleunigen wir bis zur Wegmitte mit 10 m/s2 , schalten das Triebwerk ab, drehen das Schiff um 180° herum,... ...schalten das Triebwerk wieder ein und bremsen bis zum Ziel konstant ab mit 10 m/s2 , d.h. in jeder Sekunde wird das Raumschiff 10 m/s langsamer (von einem momentan mit konstanter Geschwindigkeit mitbewegten System aus gesehen). Raumschiff: konstante Beschleunigung mit 10 m/s2 Die Passagiere spüren ihr normales Gewicht. „Unten“ ist das Heck des Schiffes. Raumschiff: konstante Beschleunigung mit 10 m/s2 Die Passagiere spüren ihr normales Gewicht. „Unten“ ist das Heck des Schiffes. Erde: mit zunehmender Geschwindigkeit nimmt die Beschleunigung des Raumschiffes immer mehr ab und geht gegen null Während Eugen an Bord des Raumschiffs auf Grund seiner Messungen (und seines gefühlten „Gewichts“) schliesst, dass er konstant mit 10 m/s 2 beschleunigt, würde Albert feststellen, dass die Beschleunigung von Eugens Schiff immer kleiner wird. Reisezeiten für relativistische Reisen Zielstern Alpha Centauri Distanz Reisezeit in Jahren Hinflug Retour Lichtjahre Erdzeit Bordzeit Erdzeit Bordzeit 4.3 5.90 3.52 11.8 7.04 Fliegen wir also auf diese Weise zum nächsten Fixstern, zum Alpha Centauri, der 4.3 Lichtjahre entfernt ist. Genau genommen ist Alpha Centauri ein Doppelsternsystem, und es ist umstritten, ob auch der 4.22 Lichtjahre entfernte Zwergstern Proxima Centauri zu diesem System gehört. Von der Erde aus gesehen dauert die Reise 5.9 Jahre, aber an Bord vergehen nur 3.5 Jahre. Wenn wir zurückkommen, sind auf der Erde 11.8 Jahre vergangen, während wir an Bord des Raumschiffes nur 7 Jahre älter geworden sind. Reisezeiten für relativistische Reisen Zielstern Alpha Centauri Sirius Distanz Reisezeit in Jahren Hinflug Retour Lichtjahre Erdzeit Bordzeit Erdzeit Bordzeit 4.3 5.90 3.52 11.8 7.04 8.6 10.3 4.55 20.6 9.10 Je weiter wir fliegen, d.h. je länger wir beschleunigen und je näher wir an die Lichtgeschwindigkeit herankommen, umso grösser wird der Zeitdilatations-Effekt. Wenn wir von einer Reise zum Sirius zurückkommen, sind wir nur etwas mehr als 9 Jahre älter geworden, während auf der Erde mehr als 20 Jahre vergangen sind. Reisezeiten für relativistische Reisen Zielstern Alpha Centauri Sirius Wega Distanz Reisezeit in Jahren Hinflug Retour Lichtjahre Erdzeit Bordzeit Erdzeit Bordzeit 4.3 5.90 3.52 11.8 7.04 8.6 10.3 4.55 20.6 9.10 25 26.8 6.35 53.6 12.7 Wenn wir zur Wega fliegen, sind wir bei der Rückkehr weniger als 13 Jahre älter geworden, aber auf der Erde sind mehr als 53 Jahre vergangen. Und viel weiter als bis zur Wega dürfen wir nicht reisen, wenn wir bei der Rückkehr die Menschen noch treffen wollen, die wir gekannt haben. Reisezeiten für relativistische Reisen Zielstern Alpha Centauri Sirius Wega Aldebaran Distanz Reisezeit in Jahren Hinflug Retour Lichtjahre Erdzeit Bordzeit Erdzeit Bordzeit 4.3 5.90 3.52 11.8 7.04 8.6 10.3 4.55 20.6 9.10 25 26.8 6.35 53.6 12.7 62 63.9 8.00 128 16.0 Reisezeiten für relativistische Reisen Zielstern Alpha Centauri Sirius Wega Aldebaran Polarstern Distanz Reisezeit in Jahren Hinflug Retour Lichtjahre Erdzeit Bordzeit Erdzeit Bordzeit 4.3 5.90 3.52 11.8 7.04 8.6 10.3 4.55 20.6 9.10 25 26.8 6.35 53.6 12.7 62 63.9 8.00 128 16.0 400 402 11.5 804 23.0 Wenn wir vom Polarstern zurückkommen, sind wir 16 Jahre älter geworden, während auf der Erde mehr als 800 Jahre vergangen sind. Reisezeiten für relativistische Reisen Zielstern Alpha Centauri Sirius Wega Aldebaran Polarstern Galaxiszentrum Distanz Reisezeit in Jahren Hinflug Retour Lichtjahre Erdzeit Bordzeit Erdzeit Bordzeit 4.3 5.90 3.52 11.8 7.04 8.6 10.3 4.55 20.6 9.10 25 26.8 6.35 53.6 12.7 62 63.9 8.00 128 16.0 400 402 11.5 804 23.0 28'000 28'000 19.6 56'000 39.6 Sogar das 28'000 Lichtjahre entfernte Zentrum unserer Milchstrasse kann in nur 20 Jahren Bordzeit erreicht werden. Wenn Sie dorthin fliegen, nehmen Sie doch einen Astrophysiker mit. Den machen Sie damit überglücklich. Der kommt auch mit, wenn Sie sagen, es gebe keine Rückfahrkarte. Wenn (falls !) Sie zurückkommen, sind Sie nur 40 Jahre älter geworden, aber auf der Erde sind 56'000 Jahre vergangen. Reisezeiten für relativistische Reisen Zielstern Alpha Centauri Sirius Wega Aldebaran Polarstern Galaxiszentrum Andromeda Distanz Reisezeit in Jahren Hinflug Retour Lichtjahre Erdzeit Bordzeit Erdzeit Bordzeit 4.3 5.90 3.52 11.8 7.04 8.6 10.3 4.55 20.6 9.10 25 26.8 6.35 53.6 12.7 62 63.9 8.00 128 16.0 400 402 11.5 804 23.0 28'000 28'000 19.6 56'000 39.6 2.3 M 2.3 M 27.9 4.6 M 55.8 Auch die nächste Galaxie, die Andromeda-Galaxie, ist erreichbar. Wenn wir zurückkommen, sind wir „nur“ 56 Jahre älter geworden, aber auf der Erde sind inzwischen 4.6 Millionen Jahre vergangen. Es fragt sich, ob dann die „Heim“-Reise sich überhaupt noch lohnt... Gute Nachricht: Gute Nachricht: Mit einem Raumschiff, das mit 10 m/s2 beschleunigt, kann innerhalb eines Menschenlebens jeder beliebige Punkt des (bekannten) Universums erreicht werden. Gemeint ist damit nur die „einfache Fahrt“ ohne Rückfahrt. Weil während der ganzen Fahrt ständig beschleunigt wird, kommt das Raumschiff immer näher an die Lichtgeschwindigkeit heran, und die Zeitdilatation wird immer grösser. Gute Nachricht: Mit einem Raumschiff, das mit 10 m/s2 beschleunigt, kann innerhalb eines Menschenlebens jeder beliebige Punkt des (bekannten) Universums erreicht werden. Schlechte Nachricht: Gute Nachricht: Mit einem Raumschiff, das mit 10 m/s2 beschleunigt, kann innerhalb eines Menschenlebens jeder beliebige Punkt des (bekannten) Universums erreicht werden. Schlechte Nachricht: Wie ist das aber mit dem Antrieb? Rakete Ausströmgeschwindigkeit des Treibstrahls: u Chemische Triebwerke: Nukleare Triebwerke: Ionentriebwerke: 4.5 km/s 10 km/s 250 km/s Rakete Ausströmgeschwindigkeit des Treibstrahls: u Chemische Triebwerke: Nukleare Triebwerke: Ionentriebwerke: m0 v = u ln m 4.5 km/s 10 km/s 250 km/s m0 /m ist das so genannte Massenverhältnis der Rakete. m0 ist Anfangsmasse der Rakete, d.h. die Masse der mit Treibstoff vollgetankten Rakete. m ist die Endmasse der Rakete, d.h. die Masse der Rakete, wenn aller Treibstoff verbraucht worden ist. ln ist der natürliche Logarithmus. Man muss diese Funktion nicht kennen, um das in der folgenden Tabelle wiedergegebene Resultat zu verstehen. Die Formel gilt für eine Rakete, die nicht in einem Schwerefeld startet. Wenn die Rakete beim Aufstieg „ihre Schwerkraft überwinden“ muss, ist die erreichte Endgeschwindigkeit natürlich kleiner. Bei einem interstellaren Flug wird aber nahezu die ganze Wegstrecke in einem praktisch schwerefreien Raum zurückgelegt. Rakete Ausströmgeschwindigkeit des Treibstrahls: u Chemische Triebwerke: Nukleare Triebwerke: Ionentriebwerke: 4.5 km/s 10 km/s 250 km/s m0 v = u ln m Massenverhältnis der Rakete 10 30 1000 1000000 Endgeschwindigkeit der Rakete 2.3 u 3.4 u 6.9 u 13.8 u Wenn die Rakete ein Massenverhältnis von 10 aufweist, ist die Endgeschwindigkeit, die sie erreicht, nur 2.3 mal grösser als die Ausströmgeschwindigkeit des Treibstrahls. Ein Massenverhältnis von 10 ist schon ein sehr hoher Wert. Das kann am Beispiel eines Autos veranschaulicht werden. Auto mit Massenverhältnis 10 Auto mit Massenverhältnis 10 Auto vollgetankt: 1500 kg Auto mit Massenverhältnis 10 Auto vollgetankt: 1500 kg Auto mit leerem Tank: 150 kg Ein Auto mit einem Massenverhältnis von 10, das im vollgetankten Zustand eine Masse von 1500 kg hat, darf mit leerem Tank nur eine Masse von 150 kg haben. Chassis, Motor, Räder und Fahrer dürfen also zusammen nicht mehr als 150 kg Masse haben. Für eine Karosserie reicht es wohl nicht mehr. Rakete Ausströmgeschwindigkeit des Treibstrahls: u Chemische Triebwerke: Nukleare Triebwerke: Ionentriebwerke: 4.5 km/s 10 km/s 250 km/s m0 v = u ln m Massenverhältnis der Rakete 10 30 1000 1000000 Endgeschwindigkeit der Rakete 2.3 u 3.4 u 6.9 u 13.8 u Lichtgeschwindigkeit: 300'000 km/s Selbst mit einem absurden Massenverhältnis von 1'000'000 könnte nur das 13.8-fache der Treibstrahl-Geschwindigkeit erreicht werden, also bestenfalls rund 3500 km/s. Das ist ein wenig mehr als 1 % der Lichtgeschwindigkeit. Ein Vergrössern des Massenverhältnisses führt offenbar nicht zum Ziel. Viel mehr bringt ein Vergrössern der Strahlgeschwindigkeit. Ziel: möglichst grosse Strahlgeschwindigkeit Ziel: möglichst grosse Strahlgeschwindigkeit Radikale Lösung: u=c Die maximale Treibstrahl-Geschwindigkeit, die (theoretisch) erreicht werden kann, ist die Lichtgeschwindigkeit c. Da Lichtquanten Photonen genannt werden, wird eine Rakete, die einen Lichtstrahl als Antrieb verwendet, als Photonenrakete bezeichnet. Ziel: möglichst grosse Strahlgeschwindigkeit Radikale Lösung: Photonenrakete u=c Gibt es denn Photonenraketen? Gibt es denn Photonenraketen? Ja, seit über 100 Jahren! Taschenlampe als Photonenrakete P a= mc v = at vt s= 2 Auch wenn einem diese drei Formeln nichts sagen, kann man trotzdem wieder das Resultat verstehen. Taschenlampe als Photonenrakete P a= mc m = 1 kg v = at vt s= 2 P=2 W Die Taschenlampe habe eine Masse von 1 kg und gebe einen Lichtstrahl mit einer Leistung von 2 W ab. Die Taschenlampe werde irgendwo im Weltraum, weit weg von Schwerefeldern von irgendwelchen Körpern (Sterne, Planeten usw.) deponiert und eingeschaltet. Die Batterie liefere für unbegrenzte Zeit Strom, und die Glühlampe habe eine unbegrenzte Lebensdauer. Durch das abgestrahlte Licht erfährt die Taschenlampe einen Rückstoss und wird beschleunigt. Die Beschleunigung ist allerdings sehr klein. Taschenlampe als Photonenrakete P a= mc m = 1 kg v = at vt s= 2 P=2 W a = 6.67⋅10−9 ms−2 Damit die Bewegung der Taschenlampe besser festgestellt werden kann, wird neben ihr eine „Boje“ deponiert. Nach einem Jahr schauen wir wieder nach, was passiert ist. Taschenlampe als Photonenrakete P a= mc v = at m = 1 kg P=2 W a = 6.67⋅10−9 ms−2 Nach 1 Jahr: v = 21 cm/s vt s= 2 Nach einem Jahr ununterbrochener Beschleunigung hat also unsere Photonenrakete die phantastische Geschwindigkeit von 21 cm/s erreicht. Taschenlampe als Photonenrakete P a= mc v = at m = 1 kg P=2 W a = 6.67⋅10−9 ms−2 Nach 1 Jahr: v = 21 cm/s s = 3320 km vt s= 2 Aber immerhin hat sie in dieser Zeit eine Strecke von 3320 km zurückgelegt. Zu Fuss wäre man allerdings weiter gekommen... Photonenrakete mit einer Beschleunigung von 10 m/s2 Wir möchten aber eine Photonenrakete, die eine Beschleunigung von 10 m/s 2 erreicht. Photonenrakete mit einer Beschleunigung von 10 m/s2 Spezifische Leistung: 3000 MW / kg Dazu müsste das Triebwerk eine spezifische Leistung von 3000 MW/kg haben, genauer gesagt, nicht das Triebwerk, sondern das ganze Raumschiff müsste diese spezifische Leistung haben. Das bedeutet, dass zum Beispiel diese Taschenlampe, die eine Masse von 1 kg hat, einen gerichteten Lichtstrahl mit einer Leistung von 3000 Megawatt liefern müsste, und das während Jahren. Bei einem Raumschiff stände ja nicht die ganze Masse für das Triebwerk zur Verfügung, sondern ein (grosser) Teil der Masse würde auf die Hülle des Schiffs, den Treibstoff und die Nutzlast entfallen. Eine solche Leistungsdichte scheint auch für eine noch so fortgeschrittene Technik nicht möglich zu sein. Für eine interstellare Reise muss man sich also etwas Besseres als eine Photonenrakete einfallen lassen... Relativitätstheorie l Bezugssysteme, Relativitätsprinzip l Zeitdilatation, Zwillingsparadoxon l Masse bewegter Körper l E = mc2 Masse und Impuls m= m0 2 v 1− 2 c In vielen populärwissenschaftlichen Texten über Relativitätstheorie findet man diese Formel und/oder die Feststellung, dass die Masse eines Körpers mit der Geschwindigkeit zunehme. Masse und Impuls m= m0 2 v 1− 2 c Masse und Impuls m= m0 m0 2 v 1− 2 c m Die Physiker verwenden jedoch diese Formel nicht und brauchen auch nicht den Begriff „relativistische Masse“, weil diese im Prinzip gar nicht gemessen werden kann. Wenn sie von „Masse“ sprechen, meinen sie stets die Masse m 0 des ruhenden Teilchens, aber nennen das nicht „Ruhmasse“, sondern nur einfach Masse. Masse und Impuls m= m0 2 v 1− 2 c m0 p = m m v v2 1− 2 c Was die Physiker brauchen, ist der Impulserhaltungssatz und die Formel für den Impuls. Was daraus folgt, kann am folgenden einfachen Beispiel veranschaulicht werden. Kollision von PW und LKW PW: 1 Tonne LKW: 40 Tonnen Ein Personenwagen mit einer Masse von 1000 kg pralle gegen einen stillstehenden Lastwagen mit einer Masse von 40 Tonnen. Kollision von PW und LKW PW: 1 Tonne Kollisionsenergie: LKW: 40 Tonnen Q = 0.976 T Der Lastwagen wird sich durch den Aufprall kaum bewegen, und der Personenwagen wird sofort praktisch vollständig abgebremst. Dadurch wird nahezu seine ganze kinetische Energie (Bewegungsenergie) T in Kollisionsenergie (das ist eigentlich „Formänderungsarbeit“) Q umgewandelt. 97.6 % der kinetischen Energie wird in Kollisionsenergie umgesetzt. Kollision von PW und LKW PW: 1 Tonne Kollisionsenergie: LKW: 40 Tonnen Q = 0.0244 T Wenn dagegen der Lastwagen gegen den stillstehenden Personenwagen prallt, schiebt er diesen vor sich her und wird dabei nur wenig verlangsamt. Nur ein kleiner Bruchteil (2.4 %) seiner kinetischen Energie wird in Kollisionsenergie umgewandelt. Da seine Masse 40 mal grösser ist als die Masse des Personenwagens, ist bei gleicher Geschwindigkeit auch seine kinetische Energie 40 mal grösser als die des Personenwagens. Die „Formänderungsarbeit“ ist daher in beiden Fällen gleich gross. Inelastischer Stoss von Protonen Bei Autozusammenstössen ist die „Formänderungsarbeit“ sehr unerwünscht. In der Teilchenphysik dagegen sind die Physiker sehr interessiert an möglichst hohen Kollisionsenergien. Inelastischer Stoss von Protonen Reaktionsenergie Klassisch: 1 Q= T 2 Wenn zum Beispiel Protonen gegen ruhende Protonen (Kerne von Wasserstoffatomen) geschossen werden, dann ist in der klassischen Physik die Kollisionsenergie gleich der Hälfte der kinetischen Energie der Protonen. Q = ½ T. Der Teilchenbeschleuniger muss also die Protonen auf eine Energie beschleunigen, die doppelt so gross ist wie die erwünschte Reaktionsenergie (Kollisionsenergie). Das ist nicht weiter schlimm. Inelastischer Stoss von Protonen Reaktionsenergie Relativistisch (für T >> mc2 ): Q = 2 mc T 2 In der Relativitätstheorie ergibt sich leider ein ganz anderes Resultat. Die Reaktionsenergie ist bei hohen Energien proportional zur Wurzel aus der kinetischen Energie der Teilchen. Wenn also die Theoretiker den Experimentalphysikern sagen „Bei einer 10 mal höheren Energie könnte man dieses interessante Resultat der Theorie testen“, dann müssen die Experimentalphysiker nicht eine Maschine bauen, die eine 10 mal höhere Teilchenenergie liefert, sondern eine Maschine, die eine 100 mal höhere Energie liefert. Kollidierende Strahlen Um diese Schwierigkeit zu vermeiden, ist man auf die Idee der „kollidierenden Strahlen“ gekommen. Kollidierende Strahlen Zwei gleiche Teilchen, zum Beispiel Protonen, werden mit gleicher Geschwindigkeit frontal gegeneinander geschossen. Nach dem Impulserhaltungssatz bewegen sich die Teilchen nach dem Stoss nicht mehr. Das folgt schon aus Symmetriegründen. In welche Richtung sollten sich die Teilchen denn bewegen? Nach links oder nach rechts? Da also nach dem Stoss keine kinetische Energie mehr vorhanden ist, wurde die ganze kinetische Energie der beiden Teilchen in Reaktionsenergie umgesetzt. LHC Large Hadron Collider Das Prinzip der kollidierenden Strahlen wird beim Large Hadron Collider des CERN eingesetzt. CERN CERN photo LHC CERN photo Der LHC ist ein Beschleuniger, der in einem Ringtunnel von 27 km Umfang untergebracht ist. Wenn Sie diesen Beschleuniger zu Fuss ganz besichtigen möchten, müssten Sie etwa 5 Stunden marschieren! LHC Large Hadron Collider Zwei kollidierende Protonenstrahlen mit je 7 TeV Wenn der LHC seine volle Leistung erreicht hat, werden zwei Protonenstrahlen mit je 7 TeV gegeneinander geschossen. eV bedeutet Elektronvolt. Das Elektronvolt ist eine Energieeinheit, die im Bereich der Atom-, Kern- und Teilchenphysik zweckmässig ist. T ist die Abkürzung für Tera. Der Vorsatz Tera bedeutet 10 12. Elektronvolt Durchläuft eine Elementarladung im leeren Raum eine Potentialdifferenz von 1 Volt, so gewinnt sie eine Energie von 1 Elektronvolt. 1 eV = 1.602 · 10−19 J 1 TeV = 1012 eV LHC Large Hadron Collider Zwei kollidierende Protonenstrahlen mit je 7 TeV LHC Large Hadron Collider Zwei kollidierende Protonenstrahlen mit je 7 TeV Kollisionsenergie: 14 TeV (14 ⋅ 1012 eV) LHC Large Hadron Collider Zwei kollidierende Protonenstrahlen mit je 7 TeV Kollisionsenergie: 14 TeV (14 ⋅ 1012 eV) Kollisionsenergie für Protonen mit 7 TeV auf ruhende Protonen: 0.113 TeV Wenn Protonen mit einer Energie von 7 TeV auf ruhende Protonen geschossen würden, ergäbe sich eine Kollisionsenergie von nur 0.113 TeV. LHC Large Hadron Collider Zwei kollidierende Protonenstrahlen mit je 7 TeV Kollisionsenergie: 14 TeV (14 ⋅ 1012 eV) Kollisionsenergie für Protonen mit 7 TeV auf ruhende Protonen: 0.113 TeV Notwendige Energie eines Beschleunigers für eine Kollisionsenergie von 14 TeV bei Beschuss von ruhenden Protonen: 105'000 TeV Wollte man beim Beschuss von ruhenden Protonen eine Reaktionsenergie von 14 TeV erreichen, müsste der Beschleuniger eine Energie von 105'000 TeV liefern. Dieser Beschleuniger hätte (bei sonst gleichen Maschinenparametern) einen Durchmesser von 128'000 km. LHC Large Hadron Collider Zwei kollidierende Protonenstrahlen mit je 7 TeV Kollisionsenergie: 14 TeV (14 ⋅ 1012 eV) Kollisionsenergie für Protonen mit 7 TeV auf ruhende Protonen: 0.113 TeV Notwendige Energie eines Beschleunigers für eine Kollisionsenergie von 14 TeV bei Beschuss von ruhenden Protonen: 105'000 TeV Durchmesser dieser Maschine: 128'000 km Relativitätstheorie l Bezugssysteme, Relativitätsprinzip l Zeitdilatation, Zwillingsparadoxon l Masse bewegter Körper l E = mc2 E = mc2 E = mc2 ist wohl die berühmteste physikalische Gleichung. Es ist jedoch keineswegs eine „Wunderformel“. Was soll das heissen? Die Maxwellschen Gleichungen des Elektromagnetismus könnte man als „Wunderformeln“ bezeichnen, denn diese vier Gleichungen (in relativistischer Formulierung nur zwei Gleichungen) beschreiben alle Phänomene des Elektromagnetismus und der Optik. Die Gleichung E = mc2 beschreibt dagegen keine Phänomene und erklärt nichts, sondern ist „nur“ eine „Bilanzgleichung“, die allerdings oft recht nützlich ist. E = mc 2 Einstein hat in seiner berühmten Arbeit „Ist die Trägheit eines Körpers von seinem Energieinhalt abhängig?“ von 1905 die Beziehung zwischen Masse und Energie gar nie in der Form E = mc2 geschrieben, sondern seine Gleichung sah folgendermassen aus: E = mc 2 L v2 K0 − K1 = 2 V 2 In der heutigen Schreibweise würde diese Beziehung so aussehen: E = mc 2 m = E c2 Die Physiker verwenden weder die eine noch die andere Gleichung, sondern die folgenden Beziehungen: E = mc 2 m = E c2 E 0 = mc 2 E= mc 2 v2 1− 2 c 2 E = mc T E = mc 2 m = E c2 E 0 = mc 2 2 2 E= 4 2 E =m c p c 2 mc 2 v2 1− 2 c 2 E = mc T E = mc2 Grundlage der Atombombe ? 1. Juli 1946 E = mc2 Grundlage der Atombombe ? Immer wieder kann man hören oder lesen, die Gleichung E = mc 2 sei die Grundlage der Atombombe. Das ist Unsinn. Es ist zwar nicht völlig falsch, aber vollkommen irreführend. Wenn E = mc2 als Grundlage der Atombombe betrachtet wird, dann ist diese Gleichung ebenso sehr die Grundlage für einen Benzinmotor, eine Oelheizung, eine Kerzenflamme oder sogar den Stoffwechsel eines Eichhörnchens. Die Beziehung gilt nämlich ganz allgemein und gilt nicht nur für kernphysikalische Reaktionen, sondern ebenso zum Beispiel für chemische Prozesse. Der Unterschied zwischen kernphysikalischen und chemischen Vorgängen besteht lediglich darin, dass für chemische Reaktionen die Massenunterschiede so klein sind, dass sie nicht gemessen werden können. Für die Entwicklung der Atombombe wurde die Gleichung E = mc 2 nicht wirklich gebraucht. Die Atombombe hätte auch entwickelt werden können, wenn diese Gleichung gar nicht bekannt gewesen wäre. E = mc2 ist, wie gesagt, wohl die bekannteste physikalische Gleichung. Sie ist aber zugleich leider auch die wohl am häufigsten missverstandene Gleichung. Auch wenn man es immer wieder hören oder lesen kann: Bei einer Atombombe wird nicht Materie in Energie umgewandelt. Die Zahl der Protonen und der Neutronen vor und nach der Spaltung der Uranatome (oder Plutoniumatome) ist gleich gross. Die Gesamtmasse der Spaltprodukte und der Neutronen nach der Spaltung eines Urankerns (oder Plutoniumkerns) ist jedoch kleiner als die Masse des Urankerns vor der Spaltung. Genau genommen ist die bei der Kernspaltung freiwerdende Energie gleich dem Unterschied der Coulomb-Energien des Urankerns (oder Plutoniumkerns) und der Kerne der Spaltprodukte. Eine Uran- oder Plutonium-Bombe ist eigentlich eine elektrische Bombe. Nur bei den Fusionswaffen („Wasserstoffbomben“) wird die freiwerdende Energie durch die Kernkräfte verursacht. Das heisst, nur Fusionswaffen sind im eigentlichen Sinn des Wortes Kernwaffen. E = mc2 Grundlage der Atombombe ? Die Gleichung E = mc2 erklärt zwar nicht die Fusionsprozesse in der Sonne, aber sie erlaubt, den Massenverlust der Sonne einfach zu berechnen. Leuchtkraft der Sonne Am Ort der Erde beträgt die Strahlungsintensität S der Sonne 1.37 kW/m 2. Wenn dieser Strahlungsfluss mit der Oberfläche der Kugel multipliziert wird, deren Radius gleich dem Erdbahnradius ist, ergibt sich die von der Sonne total abgestrahlte Leistung. Leuchtkraft der Sonne Leuchtkraft, total abgestrahlte Leistung: L = 4 R 2 S Die Oberfläche einer Kugel mit Radius R ist 4π R2. Leuchtkraft der Sonne Leuchtkraft, total abgestrahlte Leistung: L = 4 R 2 S 11 2 3 L = 41.50⋅10 ⋅1.37⋅10 = 3.87⋅10 26 Der Radius R der (nahezu kreisförmigen) Erdbahn ist rund 150 Millionen km, also 1.5·1011 m. Damit ergibt sich für die von der Sonne total abgestrahlte Leistung 3.87·1026 W. (Der Unterschied zu dem am Anfang genannten Wert von 3.85·1026 W ist darauf zurückzuführen, dass für die Rechnung hier leicht gerundete Werte für R und S verwendet wurden.) Massenverlust der Sonne 26 3.87⋅10 E 9 m= 2 = = 4.30⋅10 8 2 c 3⋅10 Für die Masse, welche die Sonne pro Sekunde verliert, ergibt sich: m = E/c2 = 4.3·109 kg. Massenverlust der Sonne 26 3.87⋅10 E 9 m= 2 = = 4.30⋅10 8 2 c 3⋅10 Massenverlust der Sonne durch Strahlung: 4.3 Millionen Tonnen pro Sekunde Massenverlust der Sonne 26 3.87⋅10 E 9 m= 2 = = 4.30⋅10 8 2 c 3⋅10 Massenverlust der Sonne durch Strahlung: 4.3 Millionen Tonnen pro Sekunde Massenverlust der Sonne durch Sonnenwind: Massenverlust der Sonne 26 3.87⋅10 E 9 m= 2 = = 4.30⋅10 8 2 c 3⋅10 Massenverlust der Sonne durch Strahlung: 4.3 Millionen Tonnen pro Sekunde Massenverlust der Sonne durch Sonnenwind: ≈ 1 Million Tonnen pro Sekunde Massenverlust der Sonne 26 3.87⋅10 E 9 m= 2 = = 4.30⋅10 8 2 c 3⋅10 Massenverlust der Sonne durch Strahlung: 4.3 Millionen Tonnen pro Sekunde Massenverlust der Sonne durch Sonnenwind: ≈ 1 Million Tonnen pro Sekunde Totaler Massenverlust der Sonne: Massenverlust der Sonne 26 3.87⋅10 E 9 m= 2 = = 4.30⋅10 8 2 c 3⋅10 Massenverlust der Sonne durch Strahlung: 4.3 Millionen Tonnen pro Sekunde Massenverlust der Sonne durch Sonnenwind: ≈ 1 Million Tonnen pro Sekunde Totaler Massenverlust der Sonne: ≈ 5.3 Millionen Tonnen pro Sekunde Totaler Massenverlust der Sonne: 5.3 Millionen Tonnen pro Sekunde Totaler Massenverlust der Sonne: 5.3 Millionen Tonnen pro Sekunde Wie lange kann die Sonne das überleben? Massenverlust der Sonne in 10 Milliarden Jahren: weniger als 1 Promille Missverständnisse Missverständnisse Nur ganz wenige Leute verstehen die Relativitästheorie Nicht nur jeder Physik-Student kann die (spezielle) Relativitätstheorie verstehen, sondern auch jeder Laie, der sich genügend Zeit nimmt und sich die nötigen elementaren Mathematik-Kenntnisse aneignet. Missverständnisse Nur ganz wenige Leute verstehen die Relativitästheorie Alles ist relativ Keineswegs. Im Gegenteil: In allen Inertialsystemen haben die physikalischen Gesetze die gleiche Form. Es wäre viel besser und weniger missverständlich gewesen, wenn man die Relativitätstheorie „Invariantentheorie“ genannt hätte. Missverständnisse Nur ganz wenige Leute verstehen die Relativitästheorie Alles ist relativ Im Weltraum gehen die Uhren langsamer Nein! Eine Uhr im Weltraum, die sich relativ zur Erde nicht bewegt, geht schneller, weil sie sich in einem schwächeren Gravitationsfeld befindet als eine Uhr auf der Erdoberfläche. Hinzu kommt der Effekt, dass die Uhr auf der Erde infolge der Geschwindigkeit, die sie wegen der Erddrehung hat, langsamer geht. Missverständnisse Nur ganz wenige Leute verstehen die Relativitästheorie Alles ist relativ Im Weltraum gehen die Uhren langsamer Alles nur Theorie Keineswegs. Die Resultate der Relativitätstheorie wurden in zahllosen Experimenten immer wieder bestätigt gefunden. Missverständnisse Nur ganz wenige Leute verstehen die Relativitästheorie Alles ist relativ Im Weltraum gehen die Uhren langsamer Alles nur Theorie Was würde nicht richtig funktionieren, wenn die Relativitätstheorie falsch wäre? Was würde nicht richtig funktionieren, wenn die Relativitätstheorie falsch wäre? Grosse Teilchenbeschleuniger z.B.: CERN, DESY, Fermilab Was würde nicht richtig funktionieren, wenn die Relativitätstheorie falsch wäre? Grosse Teilchenbeschleuniger z.B.: CERN, DESY, Fermilab Navigationssysteme LORAN ( Long Range Aid to Navigation ) GPS ( Global Positioning System ) Was würde nicht richtig funktionieren, wenn die Relativitätstheorie falsch wäre? Grosse Teilchenbeschleuniger z.B.: CERN, DESY, Fermilab Navigationssysteme LORAN ( Long Range Aid to Navigation ) GPS ( Global Positioning System ) Synchronisation des weltweiten Systems von Atomuhren Die spezielle Relativitätstheorie ist eine der am besten bestätigten Theorien der Physik Herzlichen Dank für Ihr Interesse Eine etwas erweiterte und leicht modifizerte Fassung des Vortrages steht als Skript zur Verfügung. Google: „Einsteins Relativitätstheorie relativ einfach erklärt“ Kann man ohne Mathematik eine physikalische Theorie wirklich verstehen? Kann man ohne Mathematik eine physikalische Theorie wirklich verstehen? Aussagen und Resultate der Theorie verstehen: grösstenteils Kann man ohne Mathematik eine physikalische Theorie wirklich verstehen? Aussagen und Resultate der Theorie verstehen: grösstenteils Herleitungen und Beweise verstehen, verstehen warum: nur sehr beschränkt Kann man ohne Mathematik eine physikalische Theorie wirklich verstehen? Aussagen und Resultate der Theorie verstehen: grösstenteils Herleitungen und Beweise verstehen, verstehen warum: Aussagen und Resultate sich vorstellen nur sehr beschränkt Kann man ohne Mathematik eine physikalische Theorie wirklich verstehen? Aussagen und Resultate der Theorie verstehen: grösstenteils Herleitungen und Beweise verstehen, verstehen warum: nur sehr beschränkt Aussagen und Resultate sich vorstellen Klassische Physik: weitgehend Kann man ohne Mathematik eine physikalische Theorie wirklich verstehen? Aussagen und Resultate der Theorie verstehen: grösstenteils Herleitungen und Beweise verstehen, verstehen warum: nur sehr beschränkt Aussagen und Resultate sich vorstellen Klassische Physik: weitgehend Relativitätstheorie, Quantenmechanik: kaum Roman Sexl, Herbert Kurt Schmid Raum – Zeit – Relativität Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1978 Horst Melcher Relativitätstheorie in elementarer Darstellung Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1974 Jürgen Freund Spezielle Relativitätstheorie für Studienanfänger vdf Hochschulverlag, ETH Zürich 2005 Ulrich E. Schröder Spezielle Relativitätstheorie Harri Deutsch, Thun 1987 Jürgen Neffe Einstein. Eine Biographie Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2005 Robert Schulmann Seelenverwandte. Der Briefwechsel zwischen Albert Einstein und Heinrich Zangger (1910 – 1947) NZZ Libro, Zürich 2012 Desanka Trbuhović-Gjurić Im Schatten Albert Einsteins Das tragische Leben der Mileva Einstein-Marić Verlag Paul Haupt, Bern und Stuttgart 1988 Albert Einstein geb. 14. 3. 1879 in Ulm gest. 18. 4. 1955 in Princeton 1905: Einsteins „Wunderjahr“ (Annus mirabilis) Albert Einstein geb. 14. 3. 1879 in Ulm gest. 18. 4. 1955 in Princeton 1905: Einsteins „Wunderjahr“ (Annus mirabilis) 1. Eine neue Bestimmung der Moleküldimensionen Molekülgrösse Albert Einstein geb. 14. 3. 1879 in Ulm gest. 18. 4. 1955 in Princeton 1905: Einsteins „Wunderjahr“ (Annus mirabilis) 1. Eine neue Bestimmung der Molekülgrösse Moleküldimensionen 2. Über die von der molekularkinetischen Brownsche Theorie der Wärme geforderte Bewegung Bewegung von in ruhenden Flüssigkeiten suspendierten Teilchen. Albert Einstein geb. 14. 3. 1879 in Ulm gest. 18. 4. 1955 in Princeton 1905: Einsteins „Wunderjahr“ (Annus mirabilis) 1. Eine neue Bestimmung der Moleküldimensionen 2. Über die von der molekularkinetischen Theorie der Wärme geforderte Bewegung von in ruhenden Flüssigkeiten suspendierten Teilchen. 3. Zur Elektrodynamik bewegter Körper Molekülgrösse Brownsche Bewegung Relativitätstheorie Albert Einstein geb. 14. 3. 1879 in Ulm gest. 18. 4. 1955 in Princeton 1905: Einsteins „Wunderjahr“ (Annus mirabilis) 1. Eine neue Bestimmung der Moleküldimensionen 2. Über die von der molekularkinetischen Theorie der Wärme geforderte Bewegung von in ruhenden Flüssigkeiten suspendierten Teilchen. 3. Zur Elektrodynamik bewegter Körper 4. Ist die Trägheit eines Körpers von seinem Energieinhalt abhängig? Molekülgrösse Brownsche Bewegung Relativitätstheorie Relativitätstheorie ( E = mc2 ) Albert Einstein geb. 14. 3. 1879 in Ulm gest. 18. 4. 1955 in Princeton 1905: Einsteins „Wunderjahr“ (Annus mirabilis) 1. Eine neue Bestimmung der Moleküldimensionen 2. Über die von der molekularkinetischen Theorie der Wärme geforderte Bewegung von in ruhenden Flüssigkeiten suspendierten Teilchen. 3. Zur Elektrodynamik bewegter Körper 4. Ist die Trägheit eines Körpers von seinem Energieinhalt abhängig? 5. Über einen die Erzeugung und Verwandlung des Lichtes betreffenden heuristischen Gesichtspunkt Molekülgrösse Brownsche Bewegung Relativitätstheorie Relativitätstheorie ( E = mc2 ) Lichtquanten (Photonen) Einstein war nicht der erste, der einen Zusammenhang zwischen Masse und Energie gefunden hat: Masse und Energie Samuel Tolver Preston 1875 Henri Poincaré 1900 Olinto de Pretto 1903 Hendrik Lorentz 1904 Friedrich Hasenöhrl 1904