Dysphagie/Schluckstörung Logopädie für Patienten mit ALS Die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine Erkran- Therapieziele: Kennzeichen: kung des Nervensystems, bei der motorische Zentren – Optimierung der Kommunikationsmöglichkeiten des – Schwäche der Zunge des Gehirns und des Rückenmarks degenerieren. Der Patienten – Faszikulieren der Zunge Verlauf ist kontinuierlich fortschreitend. Krankheitspro- – Information bzgl. technischer Hilfsmittel – Atrophie der Zungenmuskulatur zesse über viele Jahre sind keine Seltenheit, allerdings ist – Erarbeitung von Kommunikationsstrategien für den – Kloßgefühl im Hals ein Verlauf über wenige Jahre sehr viel häufiger. Es gibt bisher keine ursächliche Therapie, aber eine Reihe von Alltag des Patienten – Beratung der Angehörigen – Hinweise auf deutliche Verlängerung der Mahlzeiten günstig beeinflussen können. Dazu gehört neben der Physiotherapie auch die logopädische Therapie. Therapieinhalte: Der Krankheitsverlauf bedarf ärztlich und therapeutisch – Optimierung der Körperhaltung beim Sprechen im Problemen adäquat begegnet werden kann. Hierbei bewährt sich eine intensive interdisziplinäre Zusammenarbeit der behandelnden Therapeuten. – schwacher/ fehlender Mundschluss – Vermeidung bestimmter Nahrungsmittel Therapieansätzen, die den Verlauf und die Auswirkungen einer exakten Beobachtung, damit neu auftretenden – Speichellaufen – Essen kann im Mund nicht gesammelt und transportiert werden Rahmen der Möglichkeiten des Patienten – in – brodeliger Stimmklang Zusammenarbeit mit der Physiotherapie – Aspiration, meist mit schwachem Hustenstoß – Atemtherapie – in Zusammenarbeit mit der Physiotherapie – Flüssigkeitsmangel – Gewichtsverlust, Mangelernährung – Stimmübungen: funktionelle Stimmreserven nutzen Eine logopädische Therapie ist notwendig, wenn – Aufrechterhaltung der Kommunikation unter Einbezie- – das Sprechen schwierig wird, hung von handschriftlichen Medien sowie entspre- Problematik: – das Schlucken betroffen ist. chenden Hilfsmitteln, von einfachen Alphabet- und Die Progredienz der ALS erfordert in vielen Fällen die Schrifttafeln bis zu elektronischen Kommunikations- Anlage einer PEG (Magensonde). Hier ist ein guter Kon- systemen mit individuell angepassten Steuerungen. takt zum behandelnden Arzt wichtig, um entscheidende Dysarthrie/Dysarthrophonie (Sprechstörung) Hinweise zur Indikation zu geben. Auch nach Anlage einer PEG sollte die logopädische Therapie fortgesetzt Kennzeichen: z. B. Therapiegestaltung werden, um z. B. die Mundpflege und/oder die orale – verwaschene, verlangsamte Artikulation Die Therapie orientiert sich immer am Patienten und sei- Ernährung zu begleiten (Geschmackserleben). Das – gepresster Stimmklang nem jeweiligen Krankheitszustand. Sprechmotorische Speichellaufen kann auch medikamentös behandelt – nasaler Beiklang Übungen, das laute Lesen von Texten, wie man es z. B. werden. – prosodische Auffälligkeiten (Sprechmelodie monoton, in der Therapie von Schlaganfallpatienten vorfindet, instabil) – Störungen des Atem-Sprechrhythmus haben hier keinen Platz. Atemunterstützend können Übungen wie z. B. Riechen an Duftöl, Flankenschere, Therapieziele: Vibration, Wahrnehmen von Atemräumen, etc. einge- – sicheres Handling von Essen und Trinken Problematik: setzt werden. Phonationsübungen wie z. B. Summen, – Speichelabschlucken Häufig nehmen die Patienten lediglich die Schwierigkeit Brummen, Seufzen können entspannend auf die Kehl- – Mundinnenraumaktivierung des Sprechens wahr – aber meistens sind auch mehr kopfmuskulatur wirken. – Atmung (Hustenstoß) oder weniger diskrete Auffälligkeiten des Schluckens vorhanden! Therapieinhalte: Aktive Kompensationsmechanismen wie z. B. das – genaue Diagnostik durch Schluckscreening, Essens- supraglottische Schlucken, etc. sind zu kraftvoll und beobachtung, medizinische Schluckuntersuchung benötigen eine kräftige Atmung, daher sind sie – wie die – Optimierung der Körperhaltung DGM-Informationen Praxis zeigt – für ALS Patienten nicht geeignet. – Atemübungen – Tonisierung des Gesichtsbereiches – aktivierende Mundpflege Hinweise zur Auswahl geeigneter Therapiemethoden bei ALS Patienten Eine gute Essensbeobachtung kann schon erste Hin- Die Arbeit mit ALS Patienten erfordert eine fundierte weise auf Kompensationsmechanismen geben, die der Auseinandersetzung mit dem Mechanismus der Erkran- Patient spontan anwendet. Diese – meist sehr effekti- kung und eine ständige, kritische Überprüfung der The- ven – Mechanismen sollen dem Patienten nicht genom- rapiemethoden. Wichtige Parameter für eine Überforde- men werden. Sie ermöglichen ihm ein sicheres Essen. rung des Patienten sind: Bei der Auswahl der Übungen darf es nicht zu einer – Ermüdung des Patienten während der Übung Übermüdung des Patienten kommen. Er muss danach – Ermüdung des Patienten nach der Übung auch noch seinen Speichel weiterhin abschlucken kön- – Verkrampfungen (z. B. der Kehlkopfmuskulatur) – Mundinnenraumstimulation Logopädie für Patienten mit ALS nen. Deshalb sind mundmotorische Übungen für ALS Patienten nicht geeignet. Besser geeignet sind Elemen- Hier sollten die gewählten Methoden und die Dosierung te aus dem F.O.T.T. sowie Castillo Morales Therapiekon- der Übungen dringend überprüft werden! Dabei kann zepten. Eisstimulation im Mundinnenraum regt die ein intensiver Austausch mit den mitbehandelnden The- Schluckbereitschaft an. Im Gesichtsbereich können rapeuten eine große Unterstützung sein. Wärme, Massage sowie kurze Eisstimulationen je nach Zielsetzung gute Impulse setzen. Eine Mundbodenmas- Bei der DGM können folgende Informationsbroschüren sage kann die Schluckreflextriggerung unterstützen. zum Thema ALS angefordert werden: Während dieser Maßnahmen steigt die Schluckfrequenz – Wissenswertes über die Amyotrophe Lateralsklerose. deutlich. Auch hier muss immer genau beobachtet wer- Eine Information der Faltblatt für erste Informationen den, ob der motorische Ablauf sicher erfolgt. Eine bro- – ALS – Eine Information für Patienten und Angehörige. delige Stimme ist ein eindeutiger Hinweis darauf, dass – ALS-Handbuch „Mit der Krankheit leben lernen“ nicht mehr sicher abgeschluckt wird. – Physiotherapie bei ALS Der Schwerpunkt der logopädischen Arbeit liegt im adaptiven (Hilfsmittel, Andicken von Flüssigkeit, geeignete Nahrungsmittel) und im restituierenden Bereich Deutsche Gesellschaft für Muskelkranke e.V. DGM (Hinauszögern der Funktionsverluste). Stand: April 2011 Arbeitskreis Physiotherapie, Logopädie und Ergotherapie der DGM Freiburg i. Brsg. www.dgm.org