Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 13 / 3213 13. Wahlperiode 17. 05. 2004 Kleine Anfrage der Abg. Heike Dederer GRÜNE und Antwort des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Kunstkäufe aus Privatsammlungen in Baden-Württemberg Kleine Anfrage Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Kunstgegenstände oder historische Dokumente, zu welchem Preis und von wem hat das Land in den letzten 15 Jahren angekauft? 2. Welche dieser Käufe wurden getätigt, um die vermeintliche Abwanderung der Kunstschätze bzw. der historischen Dokumente zu verhindern? 3. Welche dieser Käufe wurde von privaten Geldgebern finanziell unterstützt, von wem und in welcher Höhe? 4. Wie bringt die Landesregierung diese Käufe in Einklang mit der Haushaltslage des Landes und insbesondere mit den Kürzungen der laufenden Haushaltsmittel für Kultureinrichtungen im Land? 5. Welches vom Land geförderte Kulturkonzept steht hinter diesen offenbar widersprüchlichen Entscheidungen der Landesregierung, die auf der einen Seite die laufenden Zuschüsse an Kultureinrichtungen kürzt, aber auf der anderen Seite privaten Sammlern Kunstgegenstände in Millionenhöhe abkauft? 14. 05. 2004 Dederer GRÜNE Eingegangen: 17. 05. 2004 / Ausgegeben: 21. 06. 2004 1 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 13 / 3213 Begründung In den letzten Jahren hat das Land laut aktuellen Zeitungsberichten mehrere Millionen Euro darauf verwendet, Kunstgegenstände aus privaten Sammlungen, z. B. aus dem Haus Fürstenberg, in Baden-Württemberg aufzukaufen. Antwort Mit Schreiben vom 9. Juni 2004 Nr. 52-7903.0/48 beantwortet das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst im Einvernehmen mit dem Finanzministerium die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung Der Verbleib wertvoller Kulturgüter und Kunstschätze im Land wird u. a. durch staatliche Einrichtungen und deren vielfältige Sammlungsbestände gesichert. Eine wesentliche Aufgabe der staatlichen Museen, der wissenschaftlichen Bibliotheken und Archive ist dabei die Bewahrung, Pflege, gezielte Mehrung, wissenschaftliche Erschließung sowie Präsentation und Vermittlung dieser Bestände. Die hierbei den Einrichtungen zukommende generelle und grundlegende Aufgabe der Dokumentation und Archivierung unersetzlicher Originalzeugnisse auch für die kommenden Generationen kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Kunstgegenstände oder historischen Dokumente, zu welchem Preis und von wem hat das Land in den letzten 15 Jahren angekauft? Eine detaillierte Beantwortung dieser Frage würde umfangreiche Erhebungen in den nachgeordneten Bereichen des Finanzministeriums und des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst voraussetzen. Dies war wegen des erheblichen Verwaltungsaufwandes aus Ressourcengründen leider nicht möglich. Dies erscheint auch nicht erforderlich, da die Erwerbungen für den Museumsbereich in den Jahrbüchern der Staatlichen Kunstsammlungen in Baden-Württemberg, die auch der Bibliothek des Landtags zur Einsichtnahme und zum Verbleib übergeben werden, dokumentiert sind. Die Preise und die Veräußerer der erworbenen Objekte können aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht genannt werden, zumal zahlreiche Objekte dem Land oftmals deutlich unter dem eigentlichen Marktwert überlassen wurden. Kunstgegenstände oder historische Dokumente haben in den vergangenen 15 Jahren die staatlichen Archive, die wissenschaftlichen Bibliotheken, die Staatlichen Schlösser und Gärten und die staatlichen Museen erworben. Der Großteil dieser Erwerbungen wurde über den privaten Kunsthandel abgewickelt. Die Ankäufe des Landes aus Privatsammlungen im Archiv- und Bibliotheksbereich sind aus folgender Tabelle zu ersehen: 2 Drucksache 13 / 3213 Landtag von Baden-Württemberg Nr. Jahr 1. 1991 Gegenstand Luftbildarchiv Ewald 2. 1991 Briefsammlung aus dem Umfeld König Friedrichs V. von der Pfalz 3. 1993 Handschriften aus der Fürstlich Fürstenbergischen Hofbibliothek 4. 1993 Fotosammlung Willy Pragher (Winterkönig) Donaueschingen 5. 1994 Inkunabeln aus der F. F. Hofbibliothek Donaueschingen 6. 1995 Bibliotheks- und Archivgut aus der Großherzoglich Badischen Hofbibliothek im Neuen Schloss in Baden-Baden 7. 1999 Musikalien aus der F. F. Hofbibliothek Donaueschingen 8. 1999–2001 Teile der Handbibliothek Joseph Freiherrn von Laßbergs aus der F. F. Hofbibliothek Donaueschingen Für Erwerbe der Staatlichen Schlösser und Gärten (SSG) im Geschäftsbereich des Finanzministeriums an historischem Kunst- und Gebrauchsgut steht ein Erwerbsetat von lediglich ca. 350.000 Euro pro Jahr zur Verfügung (Anteil am zweckgebundenen Wettmittelfond). Die einzigen großen Erwerbe erfolgten in den Jahren 1995/96 bei der Veräußerung wichtiger Teile des Kunstbesitzes des markgräflich badischen Hauses. Diese Erwerbe sind im Katalog „Was bleibt“ der gleichnamigen Ausstellung im April 1996 im Residenzschloss Rastatt veröffentlicht. Dieser wird gerne zur Verfügung gestellt. Die übrigen Erwerbe der letzten Jahre erfolgten aus verschiedenen Sammlungen, überwiegend aus markgräflich badischem Besitz. 2. Welche dieser Käufe wurden getätigt, um die vermeintliche Abwanderung der Kunstschätze bzw. der historischen Dokumente zu verhindern? Die Landesregierung misst der Sicherung des Verbleibs von für das Land bedeutsamen Kunstschätzen und wertvollen Kulturgütern einen hohen Stellenwert bei. Aus sammlungspolitischen Bedürfnissen und zum Erhalt des Kulturguts ist es daher unabdingbar, dass auch mit privaten Eigentümern Kaufverhandlungen über einzelne Objekte bzw. Sammlungsteile mit landesspezifischem Hintergrund geführt werden. Um im Einzelfall rasch reagieren zu können, hat das Land auch die Museumsstiftung Baden-Württemberg und die Stiftung Kulturgut Baden-Württemberg eingerichtet. Die musealen Erwerbungen sind auch in dem o. g. Jahrbuch nachgewiesen. Solche Erwerbungen erfolgen regelmäßig, um sie für das Land zu erhalten. Die Zweckbestimmung der SSG als Präsentationseinrichtung für historische Monumente beschränkt die Erwerbstätigkeit auf die Rückführung historischen Kunstguts, das nachgewiesenermaßen oder mit hoher Wahrscheinlichkeit aus diesen Monumenten stammt und als Geschichtszeugnis dient. 3. Welche dieser Käufe wurde von privaten Geldgebern finanziell unterstützt, von wem und in welcher Höhe? Ohne die Unterstützung von privaten Geldgebern, der Kulturstiftung der Länder und dem Bundesministerium des Innern hätten zahlreiche der erfolgten Ankäufe nicht getätigt werden können. Die privaten Geldgeber können aus Datenschutzgründen ohne deren Zustimmung nicht genannt werden. Diese Zustimmungen liegen nicht vor. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 13 / 3213 4. Wie bringt die Landesregierung diese Käufe in Einklang mit der Haushaltslage des Landes und insbesondere mit den Kürzungen der laufenden Haushaltsmittel für Kultureinrichtungen im Land? Aufgrund des hohen Stellenwerts der Sicherung des Verbleibs von für das Land bedeutsamen und wertvollen Kulturgütern und Kunstschätzen sind für die Landesgeschichte bedeutsame Erwerbungen unabdingbar. Eine Kürzung der laufenden Haushaltsmittel für Kultureinrichtungen im Land ist hierdurch nicht gegeben, die Erwerbungen erfolgen im Rahmen der im Staatshaushaltsplan des Landes Baden-Württemberg für diese Maßnahmen zur Verfügung gestellten Mittel. 5. Welches vom Land geförderte Kulturkonzept steht hinter diesen offenbar widersprüchlichen Entscheidungen der Landesregierung, die auf der einen Seite die laufenden Zuschüsse an Kultureinrichtungen kürzt, aber auf der anderen Seite privaten Sammlern Kunstgegenstände in Millionenhöhe abkauft? Eventuell haushaltsbedingte Kürzungen der Zuschüsse an Kultureinrichtungen stehen nicht im Zusammenhang mit dem Erwerb von Kunstgegenständen bei privaten Sammlern. Dr. Frankenberg Minister für Wissenschaft, Forschung und Kunst 4