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Teil 1
Übelkeit und Fatigue:
Schon morgens immer müde
Unsichtbare Belastungen
Teil 2
Eisgekühlte Handschuhe lindern
Folgen der Chemo
Haut- und Nagelveränderungen
© Getty Images/iStockphoto
Zertifizierte Fortbildung in Zusammenarbeit mit
2013; 65 (7-8)
G
ILDU
Teil 3
Wenn Schlucken nur noch schmerzt
Orale Mukositis, Ösophagitis
und Soorstomatitis
Heilberufe / Das Pflegemagazin
N
TB
E
3
RT
ZE
IFIZIE
Punkte
R
Krebstherapie:
Folgen managen
FO
PflegeKolleg
RT
29
PflegeKolleg
Folgen managen
Unsichtbare Belastungen
Übelkeit und Fatigue:
Schon morgens immer müde
Fatigue und Übelkeit sind häufige und besonders stark belastende Begleitsymptome
onkologischer Erkrankungen und ihrer Therapien. Bei beiden ist von außen kaum
zu beurteilen, wie schwer die Belastung für den Patienten wiegt. Fatigue bleibt von
Behandelnden sogar oft unerkannt, unterschätzt und somit unbehandelt.
KEYWORDS
Erschöpfung
Antiemetika
Nausea
Emesis
Emetogenität
Bis zu 90% der
Krebspatienten
klagen während und
nach ihrer Behandlung
über Müdigkeit
und Erschöpfung.
30
Entwicklung krebsbedingter Erschöpfung
Die Entstehung von Fatigue hat viele Ursachen. Sie
können unterschieden werden in therapiebedingt,
tumorbedingt und tumorbedingte Begleiterkrankungen sowie diverse andere Einflussfaktoren. Therapiebedingte Ursachen sind beispielsweise Zytostatika, Bestrahlung oder Immuntherapie. Tumorbedingt
kann Fatigue unter anderem entstehen durch die
behinderte Blutversorgung von Organen, Knochenmarkinfiltration oder neuromuskuläre Veränderungen. Als Begleiterkrankungen sind beispielsweise
Anämie, Tumorfieber, Elektrolytverschiebung oder
kardiale und pulmonale Erkrankungen zu nennen.
Zu den anderen Einflussfaktoren zählen Depressionen, Behandlungsnebenwirkungen, chronische
Schmerzen sowie körperliche und psychische Belastungen.
So erleben Betroffenen Fatigue
Fatigue ist wie Schmerz ein subjektives Empfinden
und von daher von außen kaum zu beurteilen. Wenn
der Patient sie nicht von sich aus anspricht, bleibt sie
oftmals vom Pfleger und Behandler unentdeckt – vor
allem, wenn der nicht gezielt danach fragt. Dem Erfassen von Fatigue kommt eine zentrale Bedeutung
zu, wobei der Patient selbst die Stärke einstufen sollte,
ähnlich wie bei der Schmerzerfassung mit einer numerischen Skala von 0 bis 10. Für das Empfinden des
Patienten gilt: „Müdigkeit ist, was immer der Patient
sagt, dass es ist, wann immer er sagt, dass sie da ist“.
(Glaus 1999). Um die Selbsteinschätzung zu differenzieren sollte weiterhin erfragt werden:
▶▶Welche Auswirkung gibt es auf Selbstbestimmung
und Lebensqualität?
▶▶Gibt es ein Verlaufsmuster der Erschöpfung (Tagebuch führen)?
▶▶Was lindert die Erschöpfung?
▶▶Was sind auslösende Begleitumstände (Schmerz,
Anämie, Schlafstörungen, Stress…)?
Patientenorientierte Ziele aushandeln
Pflegende und Behandler sollten an die Anamnese
anknüpfen und gemeinsam mit dem Patienten Behandlungsziele festlegen, die sowohl seinen eigenen
Wünschen als auch seinem Erkrankungsstadium
angepasst sind. Dazu können Verbesserung des Kräfte- und Energiehaushaltes, Verständigung und Akzeptanz in der Familie, Steigerung des Wohlbefindens,
Selbstständigkeit und Selbstkontrolle und vor allem
die Reduktion von Therapieabbrüchen gehören.
Da Fatigue nur bedingt medikamentös behandelt
werden kann, kommt der Beratung und Information
Heilberufe / Das Pflegemagazin 2013; 65 (7-8)
© Getty Images/Thinkstock
DOI: 10.1007/s00058-013-0755-3
B
is zu 90% der Krebspatienten klagen während
und nach ihrer Behandlung über Müdigkeit
und Erschöpfung. Sie fühlen sich in ihrem
Alltag und in ihrer Lebensqualität stark eingeschränkt. Oft führt das sogar dazu, dass sie onkologische Therapien abbrechen. Bei den betroffenen
Angehörigen stößt der Patient auf Unverständnis
und auch er selbst kann, gerade nach Ende einer
onkologischen Behandlung, nicht damit umgehen,
dass er so stark geschwächt ist. Eigentlich soll jetzt
der Neuanfang da sein, jeder möchte zurück in die
Normalität. Doch das ist wegen der andauernden
Erschöpfung, die schon nach dem Aufwachen da ist,
kaum möglich. Das bewirkt bei ihnen ein hohes Maß
an Frustration und das Gefühl zu versagen.
Trotzdem gibt es bis heute kaum eine Behandlung
oder Beratung zur Fatigue, viele interprofessionelle
Teams vernachlässigen dieses Symptom. Ein Auszug
aus der Definition der Deutschen Fatigue Gesellschaft
macht jedoch klar, was das Symptom für die Betroffenen bedeutet, nämlich ein „krankheitswertiges,
unüberwindliches, anhaltendes und ganzkörperliches
Gefühl einer emotionalen, mentalen und physischen
Erschöpfung.“ Dieses Erschöpfungsgefühl „lässt sich
durch Schlaf nicht aufheben“.
der Patienten und Angehörigen zur Stärkung der
eigenen Bewältigungsstrategien im Umgang mit der
Erschöpfung (Empowerment) eine zentrale Bedeutung zu. Die Behandlung in einem multiprofessionellen Team aus Pflegenden, Ärzten, Physiotherapeuten, Sozialarbeitern und Psychoonkologen ist
unerlässlich, um das multikausale Symptom durch
multimodale Ansätze zu lindern. Beratung und Information der Patienten und Angehörigen können
folgenden Themen beinhalten:
▶▶Erklären der Ursachen, Einflussfaktoren und wechselseitigen Beeinflussung bei der Entstehung von
Fatigue.
▶▶Besprechen des Erlebens, der Symptome und der
Auswirkungen von Fatigue auf Teilhabe und Partizipation (Arbeit, Familie, soziales Leben, Krankheitsbewältigung).
▶▶Ermuntern zu konkreten Handlungsstrategien in
der Bewältigung von Fatigue. Dazu zählen energieund kräftesparende Maßnahmen, energieerhaltende und energieerhöhende Aktivitäten, Krankheitsverarbeitung und ablenkende Aktivitäten.
▶▶Körperliche Aktivitäten anregen, wie Spaziergänge,
Fahrrad fahren oder Entspannungsübungen.
▶▶Medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten.
Ziel der Pflegeberatung ist es, individuell angepasste
Maßnahmen mit den Betroffenen zu vereinbaren und
die individuellen Ressourcen zu stärken. Der Beratung der Angehörigen kommt eine besondere Bedeutung zu, da Partner und Freunde oft Mitbetroffene
der Fatigue sind. Müdigkeit ist unsichtbar und kann
daher zu Ungeduld und Hilflosigkeit und dadurch
zu Konflikten führen. Beratung kann hier zu mehr
gegenseitigem Verständnis und Entlastung führen.
Übelkeit trotz Antiemetika belastend
Ähnlich belastend wie Fatigue wird von den Patienten
das Symptom Übelkeit (Nausea) empfunden. Und
ähnlich wie bei der Fatigue können Pfleger, BehandHeilberufe / Das Pflegemagazin 2013; 65 (7-8)
ler und Angehörige nicht einschätzen, wie schwer die
Belastung für den Patienten wiegt.
Obwohl durch die standardisierte Gabe von Antiemetika das Auftreten von Erbrechen deutlich zurückgegangen ist, erleben viele Patienten während
ihrer onkologischen Therapie aber auch in der Palliativphase Übelkeit und/oder Würgen. Belastend ist
nicht nur das Krankheitsgeschehen an sich, sondern
damit einhergehende Faktoren wie einem Gefühl der
Ohnmacht, Kontrollverlust sowie Ekel (auch bei den
Angehörigen) und Schuldgefühle gegenüber Angehörigen zubereitetes/mitgebrachtes Essen abzulehnen.
Da Fatigue nur bedingt
medikamentös
behandelt werden
kann, kommt der
Beratung der Patienten
und Angehörigen
zentrale Bedeutung zu.
Ätiologie von Nausea
Ursächlich für Nausea können beispielsweise Hirntumore und Metastasen sein. Sie steigern den intercraniellen Druck und wirken so auf das Brechzentrum. Tumore können emetogene Toxine produzieren, welche von der Chemorezeptoren-Trigger-Zone
(CTZ) als Giftstoffe registriert werden. Sie löst daraufhin Übelkeit aus. Gleiches kann für bestimmte
Medikamente (besonders Opiate) gelten. Obstrukti-
Medikamentöse Maßnahmen bei Fatigue
Für den Erfolg der Therapie krebsbedingter Fatigue ist das
Erkennen der Ursachen und Einflussfaktoren entscheidend:
▶▶Bei Schmerzen: Pflegerisches Schmerzmanagement,
Anpassung der Analgetika
▶▶Bei Depression: Antidepressiva, Psychotherapie
▶▶Bei Mangelernährung: Ernährungsberatung, Vitaminsubstitution, Nahrungsergänzung, enterale/parenterale Ernährung
▶▶Bei Schlafstörungen: Antidepressiva, Neuroleptika
▶▶Bei Hyperkalzämie: Bisphosphonate
▶▶Bei Anämie: Erythrozyten-Konzentraten (iv), Erythropoetin (s.c.)
31
PflegeKolleg
Folgen managen
B E R ATU N G B E I FATI G U E
Energie- und kräftesparende Maßnahmen
Ermutigen Sie Betroffene,
▶▶ihre Prioritäten für Aufgaben aufzuschreiben
▶▶unwichtigere Dinge zu delegieren
▶▶wichtige Dinge in Zeiten mit geringer Müdigkeit zu erledigen
▶▶nicht zu viele Dinge auf einmal zu machen
▶▶den Tagesablauf zu planen und zu strukturieren
▶▶Dinge langsamer zu tun und Pausen einzulegen
▶▶Erleichterungen im Alltag einzusetzen
(z.B. Hilfsmittel bei der Körperpflege und Mobilität, Energiespartipps
im Haushalt, beim Einkaufen und Kochen)
▶▶die Balance zwischen Anstrengendem und weniger Anstrengendem
zu halten
Energieerhaltende Aktivitäten
Empfehlen Sie
▶▶Maßnahmen zur Schlafförderung
▶▶Nickerchen am Vormittag und Nachmittag von 30–60 Minuten
▶▶Stress und Belastungen zu reduzieren
(z.B. Gespräche über Sorgen/Ängste)
▶▶Entspannungstechniken und Ruhe zu genießen
▶▶Lieblingsbeschäftigungen nachzugehen
▶▶Therapeutische Angebote zu nutzen
(z.B. Psychotherapie, Kunst-/Musiktherapie)
▶▶Persönliche Energiequellen zu nutzen
▶▶Mangelernährung zu verhindern oder zu reduzieren
(z.B. häufige kleine Mahlzeiten)
▶▶Ausreichendes Trinken, denn es stabilisiert den Elektrolytund Flüssigkeitshaushalt
▶▶Ernährungsberatung und eventuell Substitution
Energieerhöhende Aktivitäten
▶▶Eine gute Balance von Ruhe und bewusster Aktivität hilft, den Teufelskreis zwischen reduzierter Aktivität und Fatigue zu durchbrechen
▶▶Spezielle Sportangebote für Krebskranke von Selbsthilfegruppen
und Gesundheitsorganisationen
▶▶Spaziergänge, Gymnastik und individuelles Training
(z.B. unter Anleitung eines Physiotherapeuten)
Krankheitsverarbeitung und ablenkende Aktivitäten
Aktivieren Sie Betroffene zu
▶▶Tätigkeiten, die Spaß machen und mit Lebensqualität verbunden sind
▶▶sozialen Kontakte
▶▶Hobbys, gemeinsamen Unternehmungen, Spielen, Vorlesen lassen,
Malen, Handarbeiten, liebgewonnenen Tätigkeiten
▶▶Selbstpflege, Verwöhnprogrammen
▶▶Austauschen über Fatigue mit Freunden und Familie, in Selbsthilfegruppen oder mit professionellen Begleitern
▶▶Aufnahme des Arbeitsprozess bis zur Überlastungsgrenze. Damit wird
ein Gegengewicht zu den Belastungen durch Krankheit und Therapie
geschaffen.
32
on oder eingeschränkte Motilität des Darmes führen
zu Stauung von Speisebrei und somit ebenfalls zu
Übelkeit oder Erbrechen. Entzündungen im MagenDarm-Trakt sowie ernährungsbedingte oder auch
psychische Ursachen können der Nausea zugrunde
liegen. Radiotherapie-indizierte Nausea und Vomiting (RINV) ist noch nicht hinreichend erforscht.
Möglicherweise aber führt die Bestrahlung zu vermehrter Ausschüttung von Serotonin und Dopamin
aus Darmzellen und triggert das Brechzentrum. Speziell bei Krebspatienten gibt es drei Formen von
Anorexia-Nausea-Emesis (ANE):
▶▶chemotherapieinduzierte,
▶▶radiotherapieinduzierte und
▶▶Übelkeit bei terminalen Erkrankungen.
Bei der Chemotherapieinduzierten Nausea (CINV)
unterscheidet man in akut auftretender Übelkeit, also
innerhalb von 24 Stunden nach Therapiebeginn, verzögerter Übelkeit ein bis drei Tage nach Therapiebeginn, und antizipatorischer Übelkeit, erst nach der
ersten Therapie und dann vor den Folgetherapien.
Letztere ist durch Konditionierung erlernt. Gegen
Erfahrungen und Begleitumstände, die schon einmal
Übelkeit erregt haben, wird eine Aversion entwickelt.
Zytostatika haben eine unterschiedlich starke emetogene (übelkeitserregende) Wirkung. Tabellen mit
den fünf verschiedenen Stufen der Emetogenität stellen Klinikapotheken zur Verfügung und sind im Internet zu finden.
Die radiotherapieindizierte Nausea (RINV) tritt
typischerweise akut auf. Nach 10 bis 15 Bestrahlungen
tritt bei den Patienten ein Gewöhnungseffekt ein und
die Übelkeit nimmt ab. Rund 35% der bestrahlten
Patienten klagen über Übelkeit und rund 17% über
Erbrechen. Schwierig dabei ist, dass Patienten mit
Bestrahlung seltener eine antiemetische Therapie
bekommen als Patienten mit Chemotherapie.
Terminal erkrankte Menschen leiden zu 60% unter
Übelkeit, 40% sogar bis zu ihrem Tod. Zu den auslösenden Faktoren zählen unter anderen Hirnödeme,
Tumortoxine, Obstruktion sowie Medikamente.
Assessmentinstrument einsetzen
Folgende Begleiterscheinungen der Übelkeit, wie
Blässe oder kaltschweißige Haut, und die Folgen von
Nausea/Emesis sind beobachtbar: Kachexie, Schwäche, Dehydration und Appetitverlust. Erschwerend
kommt dazu, dass die Patienten dazu neigen, sich
zurückzuziehen. Ihr Leidensbild kann bis zur Depression und damit einhergehend zu einem Abbruch
der Behandlung führen.
Voraussetzung für eine gute antiemetische Therapie ist eine genaue Anamnese, eventuell mit Hilfe
eines Assessmentbogens. Folgende Fragen können
zu einer Einschätzung der individuellen Belastung
des Patienten beitragen:
▶▶Wann begann die Übelkeit, wann tritt sie auf?
Heilberufe / Das Pflegemagazin 2013; 65 (7-8)
▶▶Wie stark schätzt der Patient seine Be-
schwerden auf einer Skala von 0 bis 10
ein?
▶▶Wie sehr beeinträchtigt die Übelkeit den
Patienten?
▶▶Gibt es auslösende, verstärkende oder
lindernde Faktoren?
Tagebücher, die der Patient selbst führt,
können ein hilfreiches Mittel sein, mehr
herauszufinden. Zudem sollten Pflegende
beobachten, wie häufig und in welchem
Umfang der Patient Mahlzeiten zu sich
nimmt, wie viel er trinkt, und auch die
Stuhlgangfrequenz und Darmgeräusche
sowie die Hautsituation beobachten.
Symptommanagement von
Nausea und Emesis
Ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen
Patient und Pflegendem ist wichtig: Fühlt
sich der Patient verstanden und wird er
über die Ursachen seiner Übelkeit und
des Erbrechens aufgeklärt, fühlt er sich
nicht mehr ganz so ausgeliefert. Gemeinsam mit Angehörigen kann dann nach
individuellen Lösungsansätzen gesucht
werden.
Zur Aufklärung und Hilfe gehört beispielsweise eine transparente Therapieplanung mit den zu erwartenden Nebenwirkungen, Gespräche über Ängste und
Bedenken bezüglich einer Chemotherapie
oder auch Aufklärung über Dauer- oder
Bedarfsmedikation. Die Pflege in der Onkologie trägt die Verantwortung dafür,
dass die antiemetische Behandlung passend zum Chemoprotokoll regelmäßig
und vorbeugend durchgeführt und deren
Wirksamkeit und gegebenenfalls Nebenwirkungen dokumentiert werden. Dazu
brauchen Pflegende grundlegende Kenntnisse über Antiemetika (Leitlinie der
MASCC).
Pflegekräfte können den Patienten aber
auch Mittel zur Selbsthilfe an die Hand
geben, ihnen Entspannungstechniken und
komplementäre Maßnahmen empfehlen.
All das stärkt den Patienten darin, dass er
der Übelkeit nicht hilflos ausgeliefert ist.
In die Ernährungsberatung können
auch Angehörige einbezogen werden. Bei
der antizipatorischen Übelkeit ist es besonders wichtig, schon im Vorfeld darauf
zu achten, dass es möglichst gar nicht erst
zu einem Unwohlsein kommt, denn dann
kann auch keine Aversion erlernt werden.
Auf jeden Fall muss hier frühzeitig eine
Heilberufe / Das Pflegemagazin 2013; 65 (7-8)
FA Z IT FÜ R D I E PFLEG E
▶▶Fatigue und Übelkeit sind häufige und
stark belastende Begleitsymptome
onkologischer Erkrankungen. Wie
Schmerzen sind sie ein subjektives
Empfinden. Es gilt der Grundsatz: Der
Patient bestimmt den Grad seiner Beeinträchtigung. Beurteilungsskalen
können hilfreich sein.
▶▶Empathische Beratung und Informa-
tion der Patienten und ihrer Angehörigen tragen zur Stärkung ihrer Bewältigungsstrategien bei. Wird der Patient
über die Ursachen seiner Erschöpfung
und/oder Übelkeit aufgeklärt, fühlt er
sich nicht mehr ganz so ausgeliefert.
▶▶Eine antiemetische Therapie sollte
frühzeitig durchgeführt werden. Besonders bei der antizipatorischen
Übelkeit ist im Vorfeld darauf zu achten, dass es gar nicht erst zu einem
Unwohlsein kommt.
WALA-Arzneimittel
antiemetische Therapie durchgeführt werden. So sollten angstlösende Medikamente wie Benzodiazepine am Vorabend
der Therapie verabreicht werden. Bei
palliativer Erkrankung steht das Ausschalten oder Lindern von Entstehungsmechanismen (Kortison bei Hirnödem, MCP/
Haloperidol bei opiatinduzierter Übelkeit
(OINV) im Vordergrund.
Bei beiden Symptomen, der Fatigue und
der Nausea, kommt den Pflegenden eine
große Bedeutung zu, da sie eine intensive
Beziehung zu ihren Patienten entwickeln.
Gelingt es, ein vertrauensvolles Miteinander aufzubauen, kann trotz aller Widrigkeiten eine sinnvolle Hilfe geschaffen
werden.
Axel Doll
Bereichsleiter Lehre
Palliativmedizin
Uniklinik Köln
Kerpener Str. 62, 50924 Köln
[email protected]
Britta Wels
Assistentin Bereichsleitung
Lehre Palliativmedizin
Uniklinik Köln
[email protected]
33
PflegeKolleg
Folgen managen
Haut- und Nagelveränderungen
Eisgekühlte Handschuhe
lindern Folgen der Chemo
KEYWORDS
Verändertes
Körperbild
Wundversorgung
Antibiotika
Hautpflege
Partieller
Haarausfall nach
Bestrahlung bei
Leukämie.
Geschädigter
Fingernagel nach
Chemotherapie
bei Brustkrebs.
34
K
rebserkrankungen und Krebstherapien können
Haut- oder Nagelveränderungen auslösen.
Dafür gibt es verschiedene Ursachen. Diese
lassen sich in drei Kategorien einteilen:
▶▶Tumorbedingte Veränderungen
(z.B. Tumore der Haut wie Melanome)
▶▶Therapiebedingte Veränderungen
(z.B. durch chirurgische Eingriffe, Chemotherapie, Radiotherapie)
▶▶Infektionen (z.B. Herpes simplex oder Pilze)
Tumorbedingte Veränderungen
Direkte tumorbedingte Hautveränderungen, wie Melanome, können je nach Lage, beispielsweise im Gesicht, eine sehr hohe Belastung für die Psyche des
Patienten sein. Das Körperbild verändert sich. Oft
ulzerieren diese Tumore und die dadurch entstandene
Wunde infiziert sich. Es kann zu Fäulnisgeruch kommen, dies kann jeder sehen und riechen. Patienten
haben Angst vor ablehnenden Reaktionen aus der
Gesellschaft. Schamgefühle entstehen. Oft kommt es
zur doppelten Isolation, das heißt, dass nicht nur der
Patient sich zurückzieht, sondern dass sich auch Familienmitglieder entziehen. Dies hat einen großen
Einfluss auf die Lebensqualität.
Aber auch andere tumorbedingte Körperveränderungen können zu chronischen Wunden führen. Hier
unterscheidet man zwischen nicht ulzerierenden und
ulzerierenden Wunden.
Nicht ulzerierende Wunden. Die pflegerische Therapie bei nicht ulzerierenden Wunden ist in erster Linie
präventiv. Dazu gehört eine sorgfältige Hautpflege
und Beobachtung der Haut auf Veränderungen. Hautpflege sollte mit milder Seife erfolgen, kein Trockenreiben, sondern Tupfen. Patienten sollten Druck,
Reibung und Verletzungen vermeiden. Auch die
Kleidung darf nicht einengen oder reiben. Verbände
als Schutz vor mechanischen Verletzungen sollten
weich und atmungsaktiv sein.
Ulzerierende Wunden. Bei den ulzerierenden Wunden
liegt der Schwerpunkt auf der Geruchsminderung
und Schmerzlinderung, auf dem Verhindern einer
Infektion und dem Aufnehmen des Exsudates. Während und nach der Wundversorgung sollten Patienten
keine Schmerzen verspüren. Eine ausreichende Analgetikagabe – am besten 30 Minuten vor einem Verbandwechsel – ist daher sehr wichtig. Beim Verbandwechsel selbst ist zügiges Arbeiten gefragt. Das Erklären der Vorgehensweise und der Handgriffe beruhigt den Patienten.
Die sorgfältige Reinigung mit lauwarmen Wasser
oder das Spülen der Wunden mit NaCl 0,9% sollte
mindestens zweimal pro Tag durchgeführt werden.
Das Wundmilieu muss sauber, feucht und atmungsaktiv gehalten werden. Salben und Puder sind zu
vermeiden, denn in Verbindung mit dem Exsudat
ergeben sie eine schwer ablösbare Masse, die das BakHeilberufe / Das Pflegemagazin 2013; 65 (7-8)
© DR P. MARAZZI/SCIENCE PHOTO LIBRARY/Agentur Focus
DOI: 10.1007/s00058-013-0756-2
Haut- und Nagelveränderungen nach Krebstherapien
können bis zu einem gewissen Maß von Patienten,
Pflegenden und Ärzten beeinflusst werden. Dabei spielt das
Beobachten und Erkennen von entsprechenden körperlichen
Veränderungen eine wichtige Rolle, um gezielt prophylaktische Maßnahmen einleiten zu können. Und oft sind es
kleine, alltägliche Dinge, die effektiver gegen unangenehme
Begleiterscheinungen wirken als Medikamente.
terienwachstum begünstigt und eine Infektion auslösen kann.
Bei stark nässenden Wunden sind Hydrofaser- oder
Schaumstoffauflagen von Vorteil. Bei kleinen Wunden eigenen sich auch Alginate. Diese sollten locker
aufliegen und mit hautfreundlichem Pflaster fixiert
werden. Um unangenehme Gerüche zu verhindern,
können die Reinigung und der Verbandwechsel bis
zu dreimal täglich wiederholt werden. Zusätzlich hilft
eine Antibiotikagabe, entweder als systemische oder
lokale Therapie. Bei oberflächlichen Wunden empfehlen sich Aktivkohlefilter. Der Raum sollte gut
gelüftet werden. Tupfer mit Duftölen helfen, die Gerüche zu binden.
Höchste Priorität besitzt das Verhindern einer Infektion. Deshalb erfolgt die Wundversorgung konsequent aseptisch. Kreuzinfektionen während einer
Spülung müssen vermieden werden. Antiseptische
Spülungen können allerdings die Wundheilung stören. Eine regelmäßige Wundinspektion und -dokumentation gibt Aufschluss über den Erfolg und/oder
Misserfolg der angewandten Therapie.
Therapiebedingte Veränderungen
Anders als bei den tumorbedingten Hautveränderungen, kommt es bei den therapiebedingten Veränderungen nur als Spätfolge oder Komplikation zu
Veränderungen von Haut und Nägeln.
Hautveränderung nach Operation. Nach operativer
Tumorentfernung kann es trotz optimierter Operationsverfahren zu Wundheilungsstörungen oder
Hautreaktionen kommen. Diese können entweder
direkt am Wundgebiet entstehen oder durch andere
Erkrankungen und/oder einen schlechten Allgemeinzustand des Patienten begünstigt werden. Eine lokale äußerlich sichtbare Entzündung/Hautreaktion ruft
Rötung, Druckempfindlichkeit, Überwärmung und/
oder pochende Wundränder sowie eventuell eine
Absonderung von eitrigen Sekret hervor. Eine nicht
sofort sichtbare Infektion äußert sich durch Fieber
mit oder ohne Schüttelfrost, Verschlechterung des
Allgemeinzustandes und die Erhöhung der Leukozyten/C-reaktives Protein (CRP). Behandelt wird hier
mit einer systemischen Antibiotikagabe. Darüber
hinaus sind regelmäßige Temperaturkontrollen nötig.
Kommt es im Prozess der Wundheilung zu hypertropher Narbenbildung, zu Verwachsungen und Verklebungen, führt das, je nach Lage der Narbe, zu
Schmerzen und Bewegungseinschränkungen. Narbenpflege sollte daher sowohl das Aussehen als auch
die Funktion der verletzten Haut wieder herstellen.
Eine frische Narbe darf keinem Druck, Zug oder keiner Dehnung ausgesetzt sein. Hitze und direkte Sonneneinstrahlung sollten vermieden werden. Während
der Wundheilung darf keine Lotion benutzt werden,
diese könnte die Narbe aufweichen. Nach der abgeHeilberufe / Das Pflegemagazin 2013; 65 (7-8)
Verlauf der akuten Hautreaktion auf die Bestrahlung
Stadium 1
▶▶Gesamtdosis ca. 20–30 Gray (Gy)
(bei normaler Fraktionierung à 2 Gy pro Sitzung)
▶▶Erythem (entzündliche Rötung des Bestrahlungsfeldes, bedingt
durch Kapillarerweiterung), ähnlich wie ein Sonnenbrand I. Grades
▶▶Evtl. leichtes Ödem im Bestrahlungsfeld
▶▶Minimaler Schaden; die Therapie wird weitergeführt
Stadium 2
▶▶Gesamtdosis ca. 30–40 Gy
▶▶Häufig Juckreiz oder leichtes Brennen
▶▶Beginnender Haarausfall im Behandlungsfeld
▶▶Die Therapie wird gewöhnlich weitergeführt
Stadium 3
▶▶Gesamtdosis ca. 40–50 Gy
▶▶Blasenbildung (entsprechend einen Sonnenbrand II. Grades)
▶▶Lokale Schmerzen
▶▶Der erlittene Hautschaden ist teilweise reversibel
▶▶Bleibender Haarausfall im bestrahlten Gebiet
▶▶Die Therapie wird evtl. unterbrochen, bis sich der Hautzustand
wieder gebessert hat
Stadium 4
▶▶Gesamtdosis ca. 65–70 Gy
▶▶Suppression der Talg- und/oder Schweißdrüsenfunktion
▶▶Definitiver Verlust der Haare im bestrahlten Hautareal
▶▶Nekrosen, irreversible Schädigung
(Quelle: Margulies et al. 2011, S. 465)
schlossenen Wundheilung gibt es spezielle Cremes
zu Narbenpflege, diese machen die Narbe weich und
geschmeidig.
Hautveränderungen bei Strahlentherapie. Eine Strahlentherapie wirkt örtlich begrenzt, daher ist das Ausmaß der Nebenwirkung auch lokal. Bei einer Strahlentherapie wird unterschieden zwischen akuten
Nebenwirkungen, die schon während der Therapie
entstehen und den Spätreaktionen. Zu den akuten
Reaktionen zählt unter anderem die Hautrötung, zu
den Spätfolgen Hautverfärbungen oder Verhärtungen
des Unterhautgewebes. Vorbeugend muss die Haut
während der Bestrahlung solange wie nur möglich
intakt gehalten werden, um Infektionen und Schmerzen zu vermeiden. Eine Hautpflege erfolgt immer erst
nach der Bestrahlung. Mechanische Reize, ausgelöst
durch enge und raue Kleidung, Druck oder Kratzen
sind kontraproduktiv. Pflegeprodukte mit Parfums,
Alkohol, Make-up mit Silikoninhalt, Schwimmen in
Ein Malignom kann
das Körperbild
verändern. Das führt
nicht selten zu
sozialer Isolation.
35
PflegeKolleg
Folgen managen
FA Z IT FÜ R D I E PFLEG E
▶▶Jede Therapie ist nur dann effektiv, wenn das therapeutische Team gemeinsam mit dem Patienten an der Genesung arbeitet. Die Patienten sollten
über mögliche Komplikation und über Verhaltensmaßnahmen gut aufgeklärt werden.
▶▶Pflegekräfte achten auf Veränderungen von Haut und Nägeln der Patienten
und reagieren mit adäquaten Maßnahmen, um eine Verschlechterung des
Zustandes zu verhindern und somit einem Therapieabbruch vorzubeugen.
▶▶Patienten müssen angeleitet werden, sich intensiver mit ihrem Körper zu
beschäftigen und einen gesünderen und bewussteren Umgang zu pflegen.
Haut- und Nagelzellen
gehören zu den sich
schnell teilenden
Zellen, die mit Veränderung ihrer Struktur
oder Farbe reagieren.
36
gechlortem oder salzigem Wasser, direkte Sonnenbestrahlung, heiße Vollbäder, Saunagänge sowie Heizkissen sollten ebenfalls vermieden werden.
Bei Hautreaktion sollte viel Luft an die betroffene
Körperstelle gelangen. Eine Reinigung mit lauwarmem Wasser ist möglich. Bei brennenden Schmerzen darf ein Kühlelement für drei bis fünf Minuten
auf die entsprechende Stelle gelegt werden. Auch eine
1%ige Kortikosteroidcreme kann appliziert werden.
Ist eine Wunde entstanden, ist je nach Grad der Wunde die entsprechende Wundversorgung durchzuführen. Bei anogenitalen Läsionen sind kühlende Sitzbäder bis zu fünf Minuten mit lauwarmem Wasser
indiziert. Dazu kann der Bereich mit dünn aufgetragener Bepanthen®-Salbe geschützt werden. Oft leiden
die Patienten an Juckreiz während der Strahlentherapie. Juckreiz kann mit Kühlelementen, Bepanthen®Salbe oder mit Kortikos­teroidsalben gelindert werden.
Hautveränderungen nach Chemotherapie. Die Hautund Nagelzellen gehören zu den sich schnell teilenden
Zellen, die mit Veränderung ihrer Struktur oder Farbe reagieren. Die Haut reagiert mit Rötung, Trockenheit verbunden mit Juckreiz. Eine Pigmentveränderung an Haut und Nägeln kann schon zwei bis drei
Wochen nach Beginn der Therapie vorkommen, ist
aber in der Regel nach Beendigung der Therapie innerhalb von zehn bis zwölf Wochen reversibel. Oft
kommt diese Störung an mechanisch beanspruchten
Hautregionen vor. Bei der Behandlung mit Hemmstoffen des EGFR (epithelial growth factor) kann es
zu akneähnlichen Veränderungen kommen. Sie werden begleitet von Rötung, Schuppung, Knötchenbildung und juckenden Pusteln, die eine Hauttrockenheit zu Folge haben.
Pflegende können den Patienten über geeignete
Pflegeartikel aufklären. Der Patient sollte nicht Baden,
sondern lieber kurz Duschen. Vor Sonneneinstrahlung schützt eine Sonnencreme mit ausreichendem
Lichtschutzfaktor.
Auch die Nägel werden unter einer Chemotherapie
in Mitleidenschaft gezogen. Sie können brüchig werden, sich verfärben, Längs-/Querrillen oder schmerz-
hafte Nagelbettentzündungen und Nagelablösungen
entwickeln. Aber auch Fissuren an Fingern oder
Fersen stellen ein Problem dar, da sie die Fingerfertigkeit und das Gehen beeinträchtigen.
Viele Probleme könnten durch das prophylaktische
Tragen von eisgekühlten Handschuhen während der
Chemotherapie vermieden werden. Dadurch wird
die Blutzirkulation gesenkt und die Chemo gelangt
nicht bis zu den Spitzen. Das Auftragen von Nagellack
mit Silikon – eine Woche vor Therapiebeginn jeden
Abend – stärkt die Nägel. Während der Therapie
dürfen keine Kunstnägel aufgeklebt werden, ein fes­
tigender Nagellack wirkt jedoch positiv. Zudem müssen die Hände bei Arbeiten im Haus oder Garten mit
Baumwollhandschuhen geschützt werden. Bequeme
Schuhe sind wichtig, damit kein Druck auf das Nagelbett entsteht. Die Nägel sollten stets kurz und grade geschnitten werden. Hände und Füße können
zweimal pro Tag mit einer Feuchtigkeitscreme gepflegt werden, Lotionen mit Harnstoff eigenen sich
besonders. Je nach Schwere der Haut- und Nagelveränderung muss diese mit kortison- oder antibiotikahaltigen Cremes oder Tabletten behandelt werden.
Wichtig ist aber, jede Art von Veränderungen an Haut
oder Nägeln dem Arzt anzuzeigen.
Hautveränderungren durch Infektionen
Immunsupprimierte Patienten haben ein erhöhtes
Risiko für eine Infektion durch Bakterien, Viren oder
Pilze. Oft kommt es dabei zu einer Herpes simplex
Infektion. Dies wird mit Aciclovirhaltigen Cremes
oder Tabletten behandelt. Die lokale Behandlung mit
Acic sollte mehrmals täglich wiederholt werden, dies
vermindert den Juckreiz und fördert die Heilung.
Sonneneinstrahlung, Hautkontakt mit infizierten
Körperteilen und Gegenständen sowie Nähe zu einer
anderen Person muss vermieden werden.
Bei jeder Therapie kann es zu Nebenwirkungen
kommen. Deshalb muss auf Veränderungen geachtet
werden, um prophylaktische Maßnahmen frühzeitig
einleiten zu können. Effektiver als Medikamente sind
oft einfache Dinge, wie das Tragen gekühlter Handschuhe während der Chemo oder einer erhöhten
Flüssigkeitszufuhr unter der Therapie. So werden
beispielsweise Rückstände leichter aus dem Körper
gespült. Genauso sind naturheilkundliche Maßnahmen immer öfter Bestandteil der Therapien. Sie werden ergänzend zur Linderung der Nebenwirkungen
eingesetzt.
Johanna Podkowinski
Gesundheits- und Krankenpflegerin
Breast Care Nurse
Kliniken Essen Mitte
Henricistr. 92, 45136 Essen
[email protected]‘
Literatur bei der Verfasserin
Heilberufe / Das Pflegemagazin 2013; 65 (7-8)
I NTE RV I E W
Pflegewissenschaft und Praxis vernetzen
Prof. Dr. Stefanie Seeling ist Sprecherin der Sektion Onkologische Pflege
der DGP. An der Hochschule Osnabrück hat sie eine Professur für Pflege­
wissenschaft im Bachelorstudiengang Pflege dual inne.
HEILBERUFE: Frau Professor Seeling, welche
Ziele verfolgt die Sektion Onkologische Pflege
der DGP?
Seeling: Die Sektion ist eine von zwölf Arbeitsgrup­
pen der Deutschen Gesellschaft für Pflegewissen­
schaft, thematisch reiht sie sich in die Klinische Pflege
ein. Die Mitglieder der Sektion forschen im Fachge­
biet Onkologie. Ziel ist es, pflegewissenschaftliche
Forschung und Praxis miteinander zu vernetzen,
pflegewissenschaftlich gestützte Konzepte für Pfle­
gende in der Onkologie zu generieren und Imple­
mentierungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Ein weiteres
Ziel ist es, Kooperationen zu Einrichtungen und Or­
ganisationen mit einem komplementären Ansatz
aufzubauen und Synergien aus diesen spezifischen
Angeboten für die onkologische Pflege zu nutzen.
Gibt es aktuell einen Forschungsschwerpunkt?
Seeling: Gegenwärtig arbeiten wir an dem Thema
Hautstörungen als Nebenwirkung von Target- und
Chemotherapie. Hautstörungen sind in der Pflege­
praxis weit verbreitet und nehmen offensichtlich zu.
In der Pflege gibt es zwar ein großes Erfahrungswis­
sen zum Umgang mit Hautstörungen, aber evidenzbasierte Pflegestandards fehlen. Dabei stellen
Hautstörungen für Patienten eine elementare Ein­
schränkung der Lebensqualität dar.
Aktuell laufen Literaturrecherchen, um den Stand der
Forschung zu den verschiedenen Hautstörungen
und deren Therapien abzubilden. Wir eruieren Infor­
mationsschriften zum Thema und stellen Kontakte
her zu Personen, die ebenfalls diesen Forschungs­
schwerpunkt im nationalen und internationalen
Kontext haben.
In der Pflegepraxis erarbeiten Mitglieder der Sektion
eine Fotodokumentation der wahrgenommen Phä­
nomene. Weiter ist geplant, eine Befragung zur
Thematik in Kliniken in Norddeutschland durchzu­
führen. Dafür entwickeln wir gerade einen Fragebo­
gen. Zudem möchten wir ein pflegewissenschaftliches,
evidenzbasiertes Versorgungskonzept entwickeln, in
dem auch die Ergänzung der onkologischer Fach­
krankenpflege durch komplementäre Pflegemaß­
nahmen bei Hautstörungen vorgesehen ist.
Eine Präsentation der Ergebnisse ist für 2014/2015
geplant.
Heilberufe / Das Pflegemagazin 2013; 65 (7-8)
Sollten onkologische Fachkrankenpfleger akademisch ausgebildet sein?
Seeling: Die Sektion vertritt die Position, dass die
onkologische Pflege zukünftig eine weitere Speziali­
sierung erfahren soll und im Sinn eines klinischen
Masters Kompetenzen durch ein Studium erworben
werden müssten. Die Zunahme von hochkomplexen
Versorgungssituationen bei onkologischen Patien­
ten zieht diesen Bedarf nach sich.
Die Diskussion über Delegation und Substitution
ärztlicher Aufgaben ist auch in der Onkologie sehr
gegenwärtig. In der Praxis wird vieles von dem, was
da diskutiert wird, schon praktiziert. Für akademisch
spezialisierte Pflegende könnten diese Tätigkeiten
konkret definiert werden und in ihren Verantwor­
tungsbereich übergehen. So kann das, was bisher
meist in einem stillschweigenden Abkommen läuft,
transparent und kompetenzbasiert organisiert wer­
den. Damit wäre auch die Voraussetzung geschaffen,
pflegewissenschaftliche Forschungsergebnisse in
der Praxis umzusetzen. Langfristig sollten diese
Überlegungen bei der Konzeption von Masterstudi­
engängen berücksichtigt werden und dann eine Er­
gänzung der bewährten Fachweiterbildung in der
onkologischen Pflege sein.
Das Interview führte Heike Ottow
Sektion Onkologische Pflege
Die Sektion Onkologische Pflege wurde 2005 als eine Sektion der
DG-Pflegewissenschaft gegründet. Mitglieder sind Pflegepraktiker,
die in der onkologischen Pflege tätig sind, aber auch Pflegewissenschaftler. Alle haben einen Arbeits-, Forschungs- oder Promo­
tionsschwerpunkt in der onkologischen oder palliativen Pflege. Die
Prozesse in der Sektion laufen arbeitsteilig. Die Mitglieder treffen sich
viermal im Jahr. Interessierte Kollegen sind herzlich willkommen.
www.dg-pflegewissenschaft.de
37
PflegeKolleg
Folgen managen
Orale Mukositis, Ösophagitis und Soorstomatitis
Wenn Schlucken nur noch schmerzt
Schleimhautentzündungen gehören zu den typischen
Nebenwirkungen von Krebstherapien. Sie sind mit
schmerzhaften Veränderungen im Mund- und Rachenraum
verbunden und führen zu gravierenden Einschränkungen
der Lebensqualität. Nur unter Schmerzen essen und
trinken zu können, führt schnell zu Mangelernährung
und Tumorkachexie.
KEYWORDS
Dysphagie
Entzündung
Supportive
Maßnahmen
D
a persistierende Schleimhautentzündungen
im schlimmsten Fall eine Sepsis auslösen und
somit zu einer vitalen Bedrohung werden
können, ist eine frühzeitige Behandlung unerlässlich.
Weil das Beschwerdebild der Mukositis Gesundheitsund Krankenpfleger schon seit jeher beschäftigt, liegt
mittlerweile ein breiter Erfahrungsschatz an Behandlungsmöglichkeiten vor.
Funktion von Schleimhäuten
Der gesamte Verdauungsapparat ist mit Schleimhaut
(Mukosa) bedeckt. Auch der Bauchinnenraum sowie
die inneren Geschlechtsorgane und sämtliche Hohlorgane sind mit Mukosa ausgekleidet. Dieses Körpergewebe produziert Schleim- und Schmierstoffe zur
Reinigung und Feuchthaltung der Organe. Nährstoffe
können so leichter transportiert und Organe vor Keimen und Pilzen geschützt werden.
Enstehung und Einteilung der Mukositis
Bei Anwendung folgender Chemotherapeutika ist
mit dem Entstehen einer Mukositis zu rechnen: Alkylantien, Antimetabolite, Topoisomerasehemmern
und Mitosehemmstoffe. Die Ausprägung und Schwere der Erkrankung ist von der Dosierung und Dauer
der Chemotherapie abhängig. Dies gilt auch für die
Strahlentherapie. Je höher die applizierte Strahlendosis im Kopf -und Halsbereich ist, desto größer das
Mukositisrisiko. Auch Faktoren wie mechanische
Schädigungen (falsches Zähneputzen), chemische
Reize (Alkohol, Nikotin), zu heiße oder kalte Nahrungsmittel, zu scharf gewürzte Speisen und säurehaltige Lebensmittel, Infektionen, schlechte Mundhygiene, Begleiterkrankungen wie Immunerkrankungen, Diabetes mellitus, rheumatische Erkrankungen, bestimmte Medikamente und zu geringe
Flüssigkeitszufuhr können eine Mukositis hervorrufen beziehungsweise begünstigen. Welchen Einfluss
bestimmte genetische Voraussetzungen mit sich
bringen, wird derzeit in Studien untersucht.
Die World Health Organisation (WHO) hat eine
Gradeinteilung zur Einschätzung von Mukositis ver-
38
© Matthias Ernert
DOI: 10.1007/s00058-013-0757-1
Vorbereitung
für eine
Schwerionenbestrahlung im
Ion-Beam Therapy Centre in
Heidelberg. Mit
einer Schwerionenbestrahlung
können auch
langsam wachsende Tumoren
mit geringem
Zellteilungsindex erfolgreich behandelt
werden.
Heilberufe / Das Pflegemagazin
2013; 65 (7-8)
EINTEILUNG DER MUKOSITIS-SCHWEREGRADE NACH WHO
Schweregrad
Objektive Symptome
Subjektive Symptome
Grad I
Leichte Rötung einzelner Stellen und Schwellungen der Mundschleimhaut bzw. Gingiva
Schmerzempfindlichkeit, Überempfindlichkeit bei heißen
und scharfen Speisen und Getränken, Brennen
Grad II
Fleckenförmige Stomatitis, vereinzelte fibrinöse Beläge, kleine
Erosionen, helle Flecken (Ø unter 5 mm)
Schmerzen beim Essen, Einnahme weicher Speisen meist
noch möglich
Grad III:
Fortgeschrittenes
Stadium
Konfluierende Stomatitis, flächige Erosion an der Mundschleimhaut,
bzw. Gingiva oder Gaumen, evtl. leicht blutende Ulzerationen, betroffen ca. 25% der Mundschleimhaut. Verkrustungen, vereinzelt oder
gehäufte Aphthen (schmerzende weiße oder rote kleine Bläschen)
Sehr starkes Brennen und starke Schmerzen, nicht nur bei
der Nahrungsaufnahme, der Patient mag oft nur noch
Flüssiges zu sich nehmen.
Grad IV
Blutende Ulzerationen, Nekrosen, betroffen ca. 50% der
Mundschleimhaut
Sehr starke Schmerzen, peroorale Ernährung ist nicht
mehr möglich
Ösophagitis
Dieselben wie bei Stomatitis
Schwierigkeiten und Schmerzen beim Schlucken und fester
Nahrung und Flüssigkeit, „Kloß im Hals“, sternale Schmerzen
(Quelle: www.onkologie-landshut.de/therapieinfo/8-therapieinfo/33-mukositis)
öffentlicht. An dieser Gradeinteilung orientieren sich
Erfassungsassessments zur Beurteilung des MundRachen-Raums.
Prophylaxe und Pflege
Die prophylaktische Behandlung einer Mukositis
begrenzt sich laut AWMF-Leitlinien (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften) auf eine gute Mundhygiene, Mundspülungen und das Meiden von Noxen.
Eine Mukositis betrifft in vielen Fällen immungeschwächte Menschen. Daher sind prophylaktische
Maßnahmen vor einer bevorstehenden immunsuppressiven Therapie zur Vorbeugung einer Mukositis
empfehlenswert. Der Mukosa IST-Zustand im Mundund Rachenraum und der Zahnstatus sollten erhoben
werden. Zähne müssen saniert werden.
Medikamente. Verschreibungspflichtige Medikamente, wie Benzydaminhaltige Mundspüllösung oder
Lutschtabletten besitzen antimikrobielle und
schmerzlindernde Wirkung und werden prophylaktisch eingesetzt. Der Wirkstoff Amifostin (Ethyol®)
hat zellschützende und antioxidative Eigenschaften,
die auch Entzündungen im Ösophagus lindern.
Supportive Maßnahmen. Ergänzende Maßnahmen
sind in vielerlei Hinsicht bei Mukositis-Beschwerden
hilfreich. Bei deren Anwendung können Patienten
oft selbst aktiv werden: Mechanische Schädigungen
durch harte Zahnbürsten oder scharfkantige/harte
Lebensmittel müssen vermieden werden, ebenso wie
chemische Reize durch Alkohol, Nikotin, zu heiße
oder zu kalte und zu scharfe oder zu säurehaltige
Nahrungsmittel. Auch handelsübliche Mundwasser
sind oft zu aggressiv.
Heilberufe / Das Pflegemagazin 2013; 65 (7-8)
Viele kleine Mahlzeiten sind besser als drei große,
die Nahrungsmittel sollten lange gekaut und nach
jeder Mahlzeit sollten der Mund gespült und die Zähne geputzt werden. Zahnprothesen müssen unbedingt
gut und exakt sitzen. Auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr (mindestens 30 ml/kg Körpergewicht täglich)
ist zu achten.
Pflegend wirkt auch das so genannte Öl ziehen.
Dabei wird beispielsweise Sonnenblumen- oder Sesamöl in Bioqualität morgens vor dem Essen im
Mund zwischen den Zähnen hin- und hergezogen
bis es schaumig wird. Das dauert drei bis fünf Minuten, anschließend wird das Öl ausgespuckt und die
Zähne geputzt.
Spülungen mit Salbeitee, dreimal täglich, oder auch
verdünnte Salbeitropfen tun den Mundschleimhäuten
gut. Bewährt hat sich auch Leinsamenschleim. Dafür
werden zwei bis drei Esslöffel Leinsamen (nicht geschrotete) in 500 ml Wasser mindestens 30 Minuten
geköchelt, dann durchgesiebt. Die so entstandene
visköse Flüssigkeit kann dann schluckweise warm
getrunken werden. In einer Thermoskanne hält sie
bis zu zwei Tage. Zudem kann die Schleimhaut auch
mit einer salzhaltigen Lösung (NaCl 0,9%) benetzt
und befeuchtet werden. Da NaCL 0,9% der physiologischen Körperflüssigkeit entspricht, verursacht
das keine Reizung.
Fünf Minuten vor und während der Chemotherapie können auch Eiskugeln aus stillem Wasser, Ana­
nas­saft oder Salbeitee gelutscht werden. Das Lutschen
der Eiskugel führt zu einer Vasokonstriktion und
damit zu einer verminderten Durchblutung im Bereich der Schleimhäute. So dringt weniger des Wirkstoffes der Chemotherapie in die Schleimhaut ein.
Diese Maßnahme bietet sich vor allem bei Chemotherapien mit kurzer Halbwertzeit an und wird in
Eine Mukositis kann
im schlimmsten
Fall zu einer Sepsis
führen und somit
zu einer vitalen
Bedrohung werden.
39
PflegeKolleg
Folgen managen
FA Z IT FÜ R D I E PFLEG E
▶▶Schleimhautentzündungen können zu schwerwiegenden Folgen führen.
Eine frühzeitige Mukositisbehandlung ist daher unerlässlich.
▶▶Prophylaktische Maßnahmen sollten schon vor einer geplanten immunsuppressiven Therapie durchgeführt werden.
▶▶Supportive Maßnahmen binden den Patienten langfristig in ein Betreu-
ungskonzept ein und werden ergänzt durch kontinuierliche Anleitung und
Motivation durch Pflegende.
▶▶Unter www.PUBmed.de sind viele Studien zum Thema Mukositis zu finden.
Vor einer bevor­
stehenden immun­
suppressiven Therapie
sind prophylaktische
Maßnahmen zur
Vorbeugung einer
Mukositis empfeh­
lenswert
den europäischen Leitlinien empfohlen (European
Society for Medical Oncology, Mucositis Study Section
of Multinational Association of Supportive Care in
Cancer and the International Society for Oral Onco­
logy). Cave: Eiswürfel sollten nicht scharfkantig sein.
Prophylaktisch wirken auch Mundsprays mit Blutwurz, Ratanhiawurzel, Pfefferminz und Myrrhe. Sie
können fünf bis sechsmal täglich ab dem ersten Tag
der Chemotherapie verwendet werden. Die Gerbstoffe
der Blutwurz und der Ratanhiawurzel wirken zusam-
Mukositis nach
Chemotherapie
bei Kehlkopfkrebs.
menziehend (adstringierend) und bilden mit Eiweißstoffen der oberen Gewebeschicht der Schleimhaut
eine schützende Schicht. Blutwurz hat darüber hinaus
auch eine antibakterielle Wirkung. Cave: Bei bestehender Entzündung ist das Spray zu scharf.
Bei trockener Mundschleimhaut kommen Übung
aus dem Qi-Gong zum Einsatz: Zungenspitze hinter
den Schneidezähnen an die Nahtstelle von Zahn und
Zahnfleisch ansetzen, mit leichtem Druck Zahn für
Zahn abrollen, jeweils viermal nach rechts und links
und dasselbe wiederholen von außen vor den Schneidezähnen. Liegt keine Entzündung vor, hilft saures
Obst gegen trockene Mundschleimhaut. Auch langes
Kauen verbessert den Speichelfluss, ein milder Kaugummi kann Linderung schaffen. Zudem können
Akupunktur/Akupressur Beschwerden verringern.
Zur prophylaktischen Behandlung einer Ösophagitis empfehlen die Leitlinien der AWMF eine optimierte Therapieplanung sowie das Einsetzen von
Präparaten mit Amifostin. Bei einer akuten Ösophagitis sollte eine gesicherte Nahrungszufuhr und eine
optimierte Schmerztherapie im Vordergrund stehen.
Auch bei einer chronisch auftretenden Speiseröhrenentzündung muss die Nahrungsaufnahme gesichert
werden und eine medikamentöse und gegebenenfalls
eine symptomatische Therapie mittels Dilatation,
Stent, PEG erfolgen.
Maßnahmen bei bestehenden
Schleimhautproblemen
Alle bisher genannten prophylaktischen Anwendungs­
tipps können auch bei bestehenden Schleimhautproblemen genutzt werden. Darüber hinaus gibt es folgende symptomlindernde Maßnahmen:
▶▶Spülungen mit Sandornfleischöl. Das Wirkprinzip
basiert auf den Inhaltsstoffen des Sanddorns. Viele
Mukositis (Schleimhautentzündung)
Ösophagitis (Speiseröhrenentzündung)
Soorstomatitis (Mundsoor)
Als Mukositis bezeichnet man eine entzündliche Veränderung der Schleimhaut.
Diese Bezeichnung wird je nach Lokalisation genauer differenziert. Eine Mukositis
kann den gesamten Verdauungstrakt betreffen, Mund, Ösophagus, Magen/Darm
Trakt, Anus und Vagina. „Die Mukositis im
oberen Gastrointestinaltrakt zählt zu den
wichtigsten frühen Nebenwirkungen der
Tumortherapie und ist häufig dosislimitierend. Daneben können als frühe Folgen einer Radio-und/oder Chemotherapie der oropharyngealen und perioralen
Region Geschmacksverlust, Heiserkeit, radiogene Sialadenitis etc. auftreten.“
(Hartmann, Dörr, Steingräber, Grötz 2007)
Eine Ösophagitis ist eine entzündliche
Veränderung der Speiseröhre, „meistens
hervorgerufen durch Bestrahlungen im
Hals-, Nasen-, Ohrenbereich. Diese können so gravierend sein, das Patienten
parenteral ernährt werden müssen“ (Vehling, Kaiser 2010). „Klinische Symptome
der akuten Ösophagitis sind Dysphagie
und Odynophagie, gelegentlich scharfe
retrosternale Schmerzen. Zeichen der
späten ösophagalen Nebenwirkungen
(chronische Ulzera, Fisteln, narbige
Stenosen) ist die Dysphagie, evtl. mit
Aspiration.“
(AWMF-Leitlinie Stand 2010).
Als Soorstomatitis bezeichnet man eine
Schleimhautveränderung/-entzündung
im Mund. „Eine Stomatitis entwickelt sich
häufig durch eine Xerostomie (Mundtrockenheit). Bei Xerostomie geben Patien­
ten an, die Zunge klebe am Gaumen und
der Geschmackssinn nehme ab. Die Stomatitis selbst äußert sich durch schmerzhafte Schwellungen im Mund-Rachen
Bereich. Klinisch bemerkt man im Bereich
der Mundhöhle Rötungen und Belege
sowie Mundgeruch. Entscheidend beteiligt sind Erreger wie Pilze, erkennbar an
den weißlichen, schwer abwischbaren
Belägen im Zungen und Wagenbereich.“
(Vehling, Kaiser 2010)
40
Heilberufe / Das Pflegemagazin 2013; 65 (7-8)
© DR P. MARAZZI/SCIENCE PHOTO LIBRARY/Agentur Focus
DEFINITIONEN
Heilberufe
KONGRESSE
Vitamine und ungesättigte Fettsäuren unterstützen
die Wundheilung, reparieren Zellschäden und wirken als Radikalfänger.
▶▶Traumeel S®. Fünf bis sechsmal täglich mit zwei
Ampullen in Wasser verdünnt oder mit Wasser
verdünnter Myrrhe-Tinktur spülen.
▶▶Spülungen mit lokal betäubenden Lösungen wie
Stomatitis Mundspüllösung mit Tetracain. Ein Esslöffel auf ein Glas Wasser, drei- bis fünfmal täglich
anwenden.
▶▶Bei Soor können nach Absprache mit dem Arzt
Antimykotika angewendet werden.
▶▶Bei schmerzenden Lippen schafft ein Gel mit lokalem Anästhetikum und Kamille Linderung.
▶▶Heilerde (innerlich) in Wasser rühren und damit
den Mund spülen.
▶▶Bei bestehendem Schleimhautdefekt sollte der Patient auf Zahnprothesen verzichten.
Ziel einer Therapie sollte immer sein, patientenorientierte Lösungen zu finden. Ein informierter Patient,
der Hilfsmittel an die Hand bekommt, mit denen er
sich selber vor einer Mukositis schützen kann, ist ein
dankbarer Patient. Die Lebensqualität wird gesteigert
und es zeigen sich seltener komplikationsbedingte
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Am 15. und 16. November findet der 11. Gesundheitspflege-Kongress
statt. „Neue Konzepte in der Onkologie“ ist ein Schwerpunkt der Veranstaltung in Hamburg. Unter anderen geht es um Chancen und Grenzen
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Heilberufe / Das Pflegemagazin 2013; 65 (7-8)
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2. Was ist der zentrale Behandlungsansatz bei
Fatigue?
A Beratung und Information der Patienten und
ihrer Angehörigen
B Eine medikamentöse Behandlung
C Eine komplementärmedizinische Behandlung
3. Welche Zellen werden unter einer Chemotherapie angegriffen?
A Sich schnell teilende Zellen
B Sich langsam teilende Zellen
C Nur Tumorzellen
4. Welche Wundversorgung ist bei ulzerierenden
Wunden kontraindiziert und sollte unbedingt
vermieden werden?
A Spülungen mit NaCl
B Salben und Puder
C Hydrofaser- oder Schaumstoffauflagen
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Fragebogen an:
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Redaktion HEILBERUFE
Heidelberger Platz 3
14197 Berlin
(Fax: 030 82787 5505)
5. Welche Prophylaxe ist während der Verabreichung der Chemotherapie gegen Nagelveränderungen am effektivsten?
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B Baumwollhandschuhe
C Es gibt keine
Die Online-Teilnahme ist
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kostenlos; von NichtAbonnenten sowie bei
postalischer Einsendung
wird eine Bearbeitungsgebühr erhoben.
6. Womit werden schwere der Haut- und Nagelveränderung behandelt?
A Mit kortison- oder antibiotikahaltigen
Cremes oder Tabletten
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zum Mitmachen
1. Kann Fatigue objektiv beurteilt werden?
A Fatigue ist mit einem Assessmentinstrument gut
messbar.
B Fatigue ist wie Schmerz ein subjektives Empfinden
und von daher von außen kaum zu beurteilen.
C Fatiguesymptome sind nur eingebildet, man muss
sie nicht messen.
3
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TB
G
Punkte
R
(Es ist jeweils nur eine Antwort richtig.)
IFIZIE
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ILDU
7. In welchen anatomischen Strukturen ist Mukosa
vorhanden?
A Mukosa befindet sich ausschließlich in den oberen
Atemwegen.
B Mukosa ist im gesamten Bereich der Muskulatur zu
finden.
C Der gesamte Verdauungsapparat, der Bauchinnenraum, die inneren Geschlechtsorgane und
alle Hohlorgane sind mit Mukosa ausgekleidet.
8. Wie wird Mukositis definiert?
A Eine Mukositis beschreibt die Produktion von
Schleim im Mund-Rachen-Raum.
B Als Mukositis bezeichnet man eine entzündliche
Veränderung der Schleimhaut.
C Mukositis ist die schlimmste Form der Zahnfleischentzündung.
9. Worauf sollten mukositisgefährdete Patienten
achten?
A Patienten sollten vor der Behandlung einen
Gynäkologen aufsuchen.
B Betroffenen kann nicht geholfen werden, es gibt
keine prophylaktischen Maßnahmen.
C Patienten sollten auf gute Mundhygiene, regelmäßige Mundspülungen und das Meiden von Noxen
achten.
10. Bei welcher Patientengruppe ist mit einem
Schleimhautdefekt zu rechnen?
A Nur Patienten unter Chemotherapie sind gefährdet.
B Weibliche Patienten neigen zu Schleimhautveränderungen.
C Immungeschwächte Menschen und Patienten mit
schlechtem Allgemeinzustand sind besonders gefährdet.
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