SUW–BASICS Didaktisches Material zu diesem Beitrag: www.wissenschaft-schulen.de abb. 1: Schmalbandfilter wie der hier gezeigte lassen nur licht einer gewünschten Wellenlänge passieren. Planetarische nebel, die ihr licht in charakteristi­ schen emissionslinien aussen­ den, lassen sich damit kontrast­ reich beobachten. Im Lambda-Viertel-Takt zu besseren Bildern Dünne optische Schichten für die Astronomie nebelfilter und Vergütungen von linsen sorgen in optischen Syste­ men für brillante Bilder. In beiden Fällen beruht die Wirkung auf der lichtreflexion und Interferenz an extrem dünnen, auf Glasoberflä­ chen gedampften Schichten. doch wie lässt sich licht durch derart feine Strukturen präzise manipulieren? D ünne Schichten s­pielen in der Optik eine bedeutende Rol­ le. Auf Glas­oberflächen aufge­ bracht, helfen s­ie Reflexionen und damit unerwüns­chte Lichtverlus­te zu vermei­ den. Und beim präzis­en Filtern von Licht ermöglichen s­ie die kontras­treiche Ab­ bildung von Objekten, die ihr Licht bei charakteris­tis­chen Wellenlängen aus­s­en­ den. Sich mit der Wirkungs­weis­e dünner Schichten zu bes­chäftigen, eröffnet nicht nur Eins­ichten in einen äußers­t interes­­ s­anten Zweig der Optik, s­ondern s­chafft zudem ein bes­s­eres­ Vers­tändnis­ für die eigene As­troaus­rüs­tung. Wie funktionieren Vergütungen? Die Teilreflexion von Licht is­t eine grund­ s­ätzliche phys­ikalis­che Eigens­chaft jeder Grenzfläche zwis­chen zwei vers­chie­ denen Medien. Eine für die Optik wich­ tige Eigens­chaft lichtdurchläs­s­iger Me­ dien is­t ihr jeweiliger Brechungs­index n. 84 Sterne und Weltraum april 2007 Dies­er gibt das­ Verhältnis­ der Lichtge­ s­chwindigkeit c0 im Vakuum zur Licht­ ges­chwindigkeit cM im Medium an: n = c0/cM. Beim Auftreffen des­ Lichts­ auf eine optis­che Grenzfläche zwis­chen zwei Me­ dien 1 und 2 mit Brechungs­indizes­ n1 und n2 wird s­tets­ ein Teil des­ Lichts­ reflektiert. Bei s­enkrechtem Lichteinfall beträgt der Anteil R des­ reflektierten Lichts­ n1 – n2 2 R = –––––– . n1 + n2 Beim Übergang von Luft (n1 1) zu Glas­ (n2 1.46) is­t R = 0.04. Somit reflektiert jede Glas­fläche eines­ optis­chen Sys­tems­ vier Prozent – zu viel, wenn man be­ denkt, das­s­ in der As­trooptik s­tets­ meh­ rere Grenzflächen vorhanden s­ind. Der reflektierte Lichtanteil s­teht für die op­ tis­che Abbildung nicht mehr zur Verfü­ gung. Zudem können Mehrfachreflexi­ onen s­törendes­ Licht hervorrufen, das­ den Bildkontras­t vermindert. VOn Helmut JaHnS Es­ s­cheint zunächs­t s­o, als­ gäbe es­ kei­ ne Möglichkeit, den Lichtverlus­t durch Reflexion zu unterbinden. Ein Aus­weg zeigt s­ich jedoch auf, wenn wir uns­ ins­ Gedächtnis­ rufen, das­s­ Licht auch Wel­ lencharakter bes­itzt. Lichtwellen las­s­en s­ich auf unters­chiedliche Weis­e überla­ gern. Hierbei können s­ie s­ich gegens­eitig vers­tärken oder teilweis­e beziehungs­wei­ s­e volls­tändig aus­lös­chen. Weitere Infor­ mationen zu dies­em als­ Interferenz be­ zeichneten Phänomen enthält der Kas­ten auf Seite 86. Gelingt es­, eine einfallende Welle in mehrere reflektierte Teilwellen aufzu­ s­palten und dies­e s­o zu überlagern, das­s­ s­ie einander aus­lös­chen, s­o läs­s­t s­ich die Intens­ität der Ges­amtreflexion verrin­ gern. Durch das­ Auftragen einer dünnen, ebenen Schicht trans­parenten Materials­ auf das­ Glas­s­ubs­trat wird nunmehr an beiden Grenzflächen ein Teil der einfal­ lenden Lichtwelle reflektiert. Ob s­ich die beiden Teilwellen aus­lös­chen oder ver­ s­tärken, hängt von der Schichtdicke, dem Brechungs­index der Schicht und der Wel­ lenlänge des­ einfallenden Lichts­ ab. Die Schichtdicke läs­s­t s­ich auch durch die s­o genannte optis­che Dicke bes­chrei­ ben. Dies­e is­t der Quotient aus­ der geo­ metris­chen Schichtdicke und dem Bre­ Luft Schicht Glas einlaufende Welle Reflexion an der Grenzfläche Luft-Schicht (mit Phasensprung) Reflexion an der Grenzfläche Schicht-Glas (mit Phasensprung) reflektierte Teilwellen 1 2 einlaufende Welle transmittierte Teilwellen 3 { 4 chungs­index der Schicht. Optische Schicht­dicken werden oft in Vielfachen von l/4 angegeben, wobei l eine feste Be­ zugs­wel­len­län­ge, die so genannte Zen­tral­ wel­len­län­ge ist. Wie kommt die Reflexionsminderung zustande? Betrachten wir eine Schicht der optischen Dicke l/4 mit einem Bre­ chungsindex, der niedriger ist als der des Glases (Abb. 2). Eine einlaufende Welle mit der Wellenlänge l wird sowohl an der Grenzfläche Luft-Schicht als auch an der Grenzfläche Schicht-Glas reflektiert. Somit besteht die reflektierte Welle aus zwei Teilwellen 1 und 2. Zu beachten ist noch, dass die einfal­ lende Welle bei einer Reflexion an einer Grenzfläche zu einem Medium mit hö­ herem Brechungsindex einen Phasen­ sprung von l/2 erleidet. Dies ist bei der Reflexion der in Abbildung 2 eingezeich­ neten Teilwellen der Fall. Die zweite Teil­ welle erfährt jedoch aufgrund der größe­ ren Wegstrecke von 2 mal l/4 eine zu­ sätzliche Phasenverschiebung. Insgesamt sind die beiden Teilwellen somit um l/2 außer Phase, sodass sich die reflektierten Teilwellen destruktiv überlagern. Die aus den beiden Teilwellen bestehende reflek­ tierte Welle wird somit ausgelöscht oder zumindest in ihrer Intensität vermindert. Es ist jedoch keineswegs so, dass bei diesem Vorgang Energie verschwindet; vielmehr kommt sie der hindurch ge­ lassenen (transmittierten) Welle zugute. Analog zur Betrachtung der Reflexion lässt sich nämlich begründen, dass in die­ ser Anordnung die transmittierten Teil­ wellen 3 und 4 konstruktiv interferieren und einander verstärken. Die bisher beschriebenen Verhältnisse kehren sich um, wenn der Brechungsindex der Schicht größer als der des Substrats ist. In diesem Fall tritt an der Grenzfläche Schicht-Glas kein l/2-Phasensprung auf. Beide reflektierten Teilwellen sind genau in Phase und interferieren konstruktiv. Hochbrechende l/4-Einzelschichten er­ höhen demnach die Refle­xion. Ob eine Vergütungsschicht die Refle­ xion vollständig oder nur teilweise be­ seitigt, hängt nicht allein von ihrer Dicke ab: Sollen sich die reflektierten Teilwellen vollständig auslöschen, dann müssen sie »Sterne und Weltraum« im Physik-Unterricht Z u diesem Beitrag stehen Ihnen auf unserer Internetseite unter der URL www.wissenschaft-schulen.de didakti­ sche Ma­terialien zum kostenlosen Her­ unterladen zur Verfügung. Dabei wird der Vorgang der Reflexion unter ver­ schiedenen Aspekten betrachtet. Unter anderem wird das »Gucksonn« vorge­ stellt, bei dem eine Lichtabschwächung durch Reflexion von Nutzen ist. Unser Projekt »Wissenschaft in die Schulen!« führen wir in Zusammenar­ beit mit der Landesakademie für Lehrer­ fortbildung in Donaueschingen durch. Es wird von der Klaus Tschira Stiftung gGmbH großzügig gefördert. l/4 Abb. 2: Lichtreflexionen an der Glasfläche eines optischen Ele­ ments lassen sich mit Hilfe einer Vergütungsschicht vermeiden. Das von links kommende Licht der Wellenlänge l wird zum Teil an der Grenzfläche Luft-Schicht beziehungsweise Schicht-Glas reflektiert. Aufgrund der Schicht­ dicke von l/4 löschen sich die reflektierten Teilwellen gegen­ seitig aus, während hindurch ge­ lassene Wellen sich gegenseitig verstärken. die gleiche Intensität aufweisen. Wie be­ reits beschrieben, hängt die Intensität der reflektierten Welle vom Brechzahlver­ hältnis der beteiligten Medien ab. Betrach­ ten wir wieder Licht, das im Medium Luft (Brechungsindex nL) auf eine Vergütungs­ schicht (Brechungsindex nS) trifft, die sich auf einem Glas mit dem Brechungsindex nG befindet. Dann gilt für den Brechungs­ index der Schicht nS = nG 3 nL . In unserem Beispiel einer Vergütung von Glas mit nG = 1.46 bedeutet dies, dass die Glasfläche mit einem Material mit einem Brechungsindex von nS 1.204 zu be­ schichten wäre; jedoch gibt es kein festes Material, das einen derart niedrigen Bre­ chungsindex aufweist. Der Anforderung am nächsten kommt Natriumfluorid (NaF) mit einem Bre­ chungsindex von 1.32, jedoch ist dieses Material wegen seiner zu geringen mecha­ nischen Beständigkeit für die dauerhafte Sterne und Weltraum April 2007 85 Interferenz von Lichtwellen ine Lichtwelle beschreibt die klas­ sische Physik als wellenförmige Ver­ änderung eines elektromagnetischen Feldes, die sich mit Lichtgeschwindigkeit durch den Raum fortpflanzt. Dieses elek­ tromagnetische Feld setzt sich aus ei­ ner elektrischen und einer senkrecht zu ihr stehenden magnetischen Komponen­ te zusammen; der Anschaulichkeit halber beschränken wir uns hier auf die elek­ trische Komponente. Die Feldstärke besitzt nicht nur einen Betrag, sondern auch eine Richtung. Sie lässt sich anschaulich als Pfeil (Vektor) darstellen: Je größer die Feldstärke ist, desto länger ist der Pfeil. Bei der Über­ Identische Phasen zweier Wel­ len I und II ergeben eine kons­ truktive Interferenz. Destruktive Interferenz I II I + II lagerung zweier oder mehrerer Lichtwel­ len (Interferenz) können ihre Pfeile in die gleiche Richtung weisen oder einan­ der entgegengerichtet sein. Dementspre­ chend kann sich der Betrag der Feldstär­ ke bei der Überlagerung der Wellen so­ wohl verstärken als auch abschwächen, je Konstruktive Interferenz I II I + II Vergütung eines Glases nicht geeignet. In der Praxis wird daher Magnesiumfluo­rid (MgF2, n = 1.38) als Schichtmaterial mit dem niedrigsten Index eingesetzt. Mit ei­ ner MgF2-Einzelschicht wird die Reflexi­ on auf etwa 1.84 Prozent herabgesetzt. Eine vollständige Entspiegelung lässt sich mit einer einzelnen Schicht jedoch nicht erreichen. Als Schichtmaterial verwen­ det man gewöhnlich transparente Me­ talloxide und -fluoride, so genannte Di­ elektrika, die im Vakuum auf das Substrat gedampft werden. Die Tabelle 1 listet die Brechungsindizes einiger wichtiger di­ elektrischer Materialien auf. Vergütung durch Doppelschicht Glücklicherweise ist das Interferenzprin­ zip nicht auf Einzelschichten beschränkt. Betrachten wir ein Beispiel mit zwei auf Glas mit nG = 1.46 befindlichen l/4 di­ 86 Sterne und Weltraum April 2007 cken Einzelschichten mit Brechungsindi­ zes n1 und n2. Für eine vollständige Ent­ spiegelung gilt [1] n1 nG –– = –– . n2 nL Diese Bedingung lässt sich mit Titan­oxid (TiO2, n1 2.4) und Neodymoxid (Nd2O3, n2 2) relativ gut erfüllen (Abb. 3); die rechnerische Restreflektivität beträgt we­ niger als 0.01 Prozent! Wir halten fest: Durch Hinzunahme weiterer Schichten bekommen wir nicht nur weitere Frei­ heitsgrade, sondern können obendrein die optischen Eigenschaften unseres Schichtsystems verbessern. Die in den vorangegangenen Absät­ zen aufgestellten Bedingungen gelten genau genommen nur für die Entspiege­ lung einer Optik für Licht einer wohlde­ finierten Wellenlänge l o (monochroma­ E Sind die Phasen zweier Wel­ len um eine halbe Wellenlänge versetzt, interferieren sie des­ truktiv. nachdem, welche Phasenlage die Wellen relativ zueinander aufweisen. In der Abbildung links interferieren zwei Wellen gleicher Wellenlänge derart, dass ein Wellenberg der einen Welle je­ weils auf einen Wellenberg der anderen Welle trifft. Ihre Überlagerung ergibt eine Welle mit der gleichen Phase und Wellen­ länge, aber eine erhöhte Amplitude: Die Intensität des Lichts verstärkt sich, man spricht von konstruktiver Interferenz. Anders verhält es sich, wenn Wel­ lenberge auf Wellentäler treffen (Bild oben). Die Feldvektoren sind in diesem Falle entgegengesetzt gerichtet, sodass die Beträge der Feldstärken voneinander abgezogen werden müssen: Die Licht­ intensität sinkt somit, man spricht von destruktiver Interferenz. Im Extremfall genau entgegen gerichteter, gleichlan­ ger Vektoren löschen sich die Lichtwel­ len vollständig aus. tisches Licht). Für alle anderen Wellen­ längen weist jede Einzelschicht eine von l/4 verschiedene optische Schichtdicke und somit auch völlig andere optische Eigenschaften auf. Abbildung 2 zeigt, dass die Reflektivität abseits der Zentral­ wellenlänge von 550 Nanometern deut­ lich ansteigt. Ein anderer Weg: Optimierung In der Astrooptik versuchen die Kons­ trukteure, beispielsweise bei der Berech­ nung von Nebelfiltern, eine vorgegebene Transmissions- oder Reflexionskurve für einen bestimmten Wellenlängenbereich, zum Beispiel für das gesamte sichtbare Licht, zu realisieren. Die Komplexität der Berechnungen wächst hierbei enorm. Anstelle geschlos­ sener Formeln benötigt man nunmehr flexible, auf eine variable Anzahl von Material Brechungsindex n NaF 1.32 MgF2 1.38 SiO2 1.46 Al2O3 1.76 Nd2O3 2.00 Ta2O5 2.05 TiO2 2.40 Ta2O5 Al2O3 Substrat Abb. 5: Mit der in Abb. 4 darge­ stellten Dreifachschicht bleibt der Anteil der reflektierten Strah­ lung im Bereich des sichtbaren Lichts kleiner als 0.7 Prozent. 0.7 0.6 reflektivität [%] Abb. 3: Aufgetragen ist die Re­ flektivität eines mit einer Dop­ pelschicht aus Titanoxid und Neo­ dymoxid beschichteten Glases in Abhängigkeit von der Wellen­ länge l des einfallenden Lichtes (rote Kurve). Bei 550 nm sinkt die Reflektivität auf nahezu null ab. Ein unbeschichtetes Glas re­ flektiert hingegen rund vier Pro­ zent (grüne Kurve). 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 25 0 400 20 15 10 5 0 400 Abb. 4: Diese auf einem Glas­ substrat befindliche Dreifach­ schicht mindert wirksam Licht­ reflexionen über den gesamten optischen Wellenlängenbereich hinweg. MgF2 30 reflektivität [%] Tabelle 1: Brechungsindizes von Beschichtungsmaterialien für eine Wellenlänge von 550 nm. Im sichtbaren Licht ist TiO2 das Material mit dem höchsten Bre­ chungsindex. 450 500 550 600 650 Wellenlänge l [nanometer] 700 Optische Schichtdicke [l/4] 450 500 550 600 650 Wellenlänge l [nanometer] Tabelle 2: Konstruktion einer Dreifachschicht, bei der eine Aluminiumoxidschicht an das Glas grenzt. Die Schichtdicken sind in Viertelwellenlängen an­ gegeben (Zentralwellenlänge: l = 550 nm) Material Index n Al2O3 1.76 1.367 109.3 Ta2O5 2.05 0.279 18.7 MgF2 1.38 1.022 99.8 Schichten anzuwendende Rechenme­ thoden. Der Rechenweg ändert sich aber auch in anderer Hinsicht: Bislang wurden Anforderungen an die Schichtmaterialien vorgegeben, die ihre Brechungsindizes erfüllen müssen. Da sich die Brechungs­ indizes in der Praxis nicht kontinuierlich sondern nur in diskreten Werten verän­ dern lassen (siehe Tabelle 1), unterliegt diese Vorgehensweise starken Einschrän­ kungen. Vielmehr geht man bei der Kons­ truktion dazu über, die Brechungsindizes konstant zu lassen und die Dicke der Ein­ zelschichten zu variieren. 700 Geometr. Schichtdicke [nm] Zur Konstruktion dienen numerische Optimierungsalgorithmen. Diese vari­ ieren die Schichtdicken einer Startkons­ truktion rechnerisch solange, bis eine zu­ friedenstellende Übereinstimmung zwi­ schen dem Transmissionsspektrum der Konstruktion und dem vorgegebenen Transmissionsprofil erreicht ist. Im fol­ genden Beispiel wurde eine Antireflex­ beschichtung aus drei Einzelschichten (Al2O3, Ta2O5 und MgF2) im sichtbaren Spektralbereich optimiert (Reflexions­ kurve in Abb. 5). Einen Überblick über die Daten der zugehörigen Konstruktion Sterne und Weltraum April 2007 87 Wissen Sie, was baryonische Materie ist? gibt die Tabelle 2, Abbildung 4 stellt den Aufbau dar. Das Ergebnis ist beachtlich: im ge­ samten Wellenlängenintervall über­ schreitet der Anteil des reflektierten Lichtes niemals 0.7 Prozent. Im Be­ reich von 450 bis 650 Nanometern, in dem das menschliche Auge eine höhere Empfindlichkeit besitzt, ließ sich das Re­ flexionsvermögen sogar auf Werte von etwa 0.1 Prozent vermindern. Die Start­ konstruktion bestand aus drei Schich­ ten der Dicke l/4. Als Profil wurde eine Solltransmission von hundert Prozent für den Bereich von 400 bis 700 Nano­ metern vorgegeben. Nicht senkrechter Einfall Jeden eu Monatnndel! im Ha In einer astronomischen Optik verlau­ fen die Lichtstrahlen eines Bündels nicht streng parallel, sondern konisch. Daher gibt es Lichtanteile, die das Filter unter einem Einfallswinkel von mehr als 0° zur Flächennormalen durchlaufen. Für diese Strahlen verhält sich das Filter anders als für senkrecht einfallende Strahlen. Die Situation ist in Abbildung 6 dargestellt. Wegstrecken, die das Licht auch bei senk­ rechtem Einfall zurücklegen muss, sind I Abb. 6: Bei nicht senkrechtem Lichteinfall zweier Strahlen auf die Vergütungsschicht muss der Strahl II die zusätzliche Stre­ cke Δs2 (rot) zurücklegen. Diese ist länger als das Doppelte der Strecke Δs1 (gelb), weshalb die Phase des Teilstrahls II gegen­ über der des Teilstrahls I zurück­ bleibt. darin orange gezeichnet. Bei schrägem Einfall kommen die gelb bzw. rot mar­ kierten Strecken Δs1 und Δs2 hinzu. We­ gen des Einfallswinkels ist der Weg des Teilstrahls I, der an der ersten Grenzflä­ che durchgelassen wird, um 2 Δ s1 län­ ger geworden, während der Teilstrahl II, der an der ersten Grenzfläche bereits re­ flektiert wird und mit dem der erste Teil­ strahl zur Interferenz kommen muss, eine Verzögerung von Δs2 erfährt. Aus Abbildung 6 ist zu ersehen, dass die Phasenverschiebung, die der Stre­ cke Δs2 entspricht, stets größer als die auf 2 Δ s1 beruhende ist und dass somit die Phase des ersten Teilstrahls hinter der des zweiten Strahls zurückbleibt. Um dies auszugleichen, sind bei zuneh­ mendem Einfallswinkel die Dicken aller beteiligten Einzelschichten zur Beibehal­ tung des spektralen Verhaltens propor­ tional zu vergrößern, was zu einer Ver­ größerung von Δs1 bei konstantem Δs2 führt. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass sich das Spektrum des Lichts bei zu­ nehmendem Einfallswinkel zu kürzeren Wellenlängen verschiebt. Bei einer licht­ starken Optik, beispielsweise mit dem Öffnungsverhältnis f/5 und einem maxi­ malen Einfallswinkel von 11.3 Grad, be­ trägt die Verschiebung rund ein Prozent der Wellenlänge beziehungsweise fünf Nanometer. Experimentieren Sie selbst! Der beschriebene Optimierungsalgo­ rithmus eignet sich für beliebige Trans­ missionsprofile. Nebelfilter, die sich gro­ ßer Beliebtheit erfreuen, bestehen aus mehreren Dutzend abwechselnd aufge­ II Wir erklären es Ihnen in unserer April- Ds2 Ausgabe von Spektrum der Wissenschaft. Dort berichten internationale Experten Luft schon heute über Forschungsergebnisse, die die Welt von morgen bewegen werden. Kompetent, authentisch, verständlich. Schicht www.spektrum.de Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH Slevogtstraße 3–5 | 69126 Heidelberg | Tel 06221 9126-743 | Fax 06221 9126-751 | service@ spektrum.com Wissen erster Hand 88 Sterne undaus Weltraum April 2007 Ds1 Substrat 100 90 80 transmission [%] 70 60 50 40 30 20 10 450 500 550 600 Wellenlänge l [nanometer] tragenen Einzelschichten zweier Materia­ lien. Die effizientesten Konstruktionen erhält man, wenn der Unterschied im Brechungsindex maximal ist, weshalb man häufig für solche Wechselschicht­ systeme MgF2 und TiO2 verwendet. Mit Nebelfiltern lassen sich die Spek­ trallinien bestimmter Objektklassen, wie zum Beispiel Planetarische Nebel selektieren, während die Wellenlängen­ bereiche störender Lichtquellen unter­ drückt werden. Eine solche Vorgabe lässt sich leicht in ein Transmissionspro­ fil umsetzen, und der passende Aufbau der Schichten berechnen. Die Berech­ nung der Transmission ist aufwändiger und mit den auf der Homepage der VdSFachgruppe Computer-Astronomie an­ gegebenen Formeln nachzuvollziehen. Abbildung 7 zeigt ein Beispiel für die Transmissionskurve eines Nebelfilters, das nur Licht in der Umgebung der Lini­ en des zweifach ionisierten Sauerstoffs (OIII, bei 496 und 501 Nanometer) und Hb (486 Nanometer) passieren lässt. Beide Emissionslinien treten in den Spektren Planetarischer Nebel auf. Die Hb-Linie gehört der Balmer-Serie des Wasserstoffs an, die OIII-Linie entsteht durch einen »verbotenen« Übergang in der Elektronenhülle des zweifach ioni­ sierten Sauerstoffs. Auf der Homepage der Fachgrup­ pe befindet sich das kleine Programm »Multilayer« zum freien Herunterladen [2]. Mit dieser Software können inter­ essierte Leser eigene Experimente mit vorgegebenen Transmissionskurven so­ wie zum optimalen Aufbau eines Filters durchführen. M 0 400 650 700 Abb. 7: Dargestellt ist die berech­ nete Transmissionskurve (rot) eines aus 30 Einzelschichten be­ stehenden Bandpassfilters. Vor­ gegeben war eine Transmission von hundert Prozent im Bereich von 480 bis 505 Nanometer und null Prozent außerhalb davon (blaue Kurve). Weitere Informationen [1]F. und L. Pedrotti: Optik – eine Einführung, Prentice Hall (1996) [2]Programm Multilayer: http:// www.computer-astronomie.de/ index.php?=&datei=download [3]Homepage der VdS-Fachgruppe Computer-Astronomie: http:// www.computer-astronomie.de/ index.php?=&datei=transmissi onsformel Helmut Jahns ist Di­ plomphysiker und ar­ beitet als Software­ entwickler in Hanno­ ver. Seit 1983 widmet er sich der Astronomie mit dem Schwerpunkt visuelle Deep-Sky-Beobachtung und erstellt as­ tronomische Software. Zudem ist er im Arbeits­ kreis Hildesheimer Amateurastronomen und in der Fachgruppe Computer-Astronomie der Verei­ nigung der Sternfreunde e. V. (VdS) aktiv. Sterne und Weltraum April 2007 89