1 Juncaceae – Binsengewächse (Juncales) © Dr. VEIT M. DÖRKEN, Universität Konstanz, FB Biologie 1 Systematik und Verbreitung Zur Familie der Binsengewächse aus der Ordnung Juncales (Magnoliopsida, Monokotyledoneae) werden derzeit 7 Gattungen mit ca. 450 Arten gestellt. Die Familie ist kosmopolitisch verbreitet mit einem Schwerpunkt in den kühleren und gemäßigten Klimaten und Gebirgen. Der Großteil der Arten kommt auf feuchten bis nassen, teilweise sogar regelmäßig überfluteten Standorten vor. Abb. 1: Verbreitungskarte (vgl. HEYWOOD, 1982); 2 Morphologie 2.1 Habitus Die Juncaceae sind grasartig erscheinende, ein- oder mehrjährige Kräuter. Nur wenige Arten verholzen. Die ausdauernden Kräuter haben entweder aufrechte oder kriechende Rhizome, aus denen sie sich stark verzweigen. Abb. 2 & 3: Juncus effusus, Stängel vollständig mit sog. Sternparenchym gefüllt (links Längsschnitt, rechts REMAufnahme); 2 Abb. 4 & 5: Juncus inflexus, Stängel (links Aufsicht) durch zahlreiche kleine Querwände stark gekammert (rechts, Längsschnit, REM-Aufnahme); Die Stängel sind bei allen Arten aufrecht und stielrund und entweder vollständig mit Mark gefüllt oder gekammert. Bei den meisten Arten sind die oberen Bereiche der Stängel blattlos und die Blätter stehen nur basal dicht gedrängt. 2.2 Blatt Die Blätter sind entweder wie der Stängel stielrund und markgefüllt (z.B. Juncus) oder grasartig abgeflacht und ohne Mark (z.B. Luzula). Die Blätter haben eine deutliche Blattscheide. Bei einigen Arten sind die Blätter bis auf diese Blattscheide reduziert und meist in einem grundständigen Schopf konzentriert. Die Blätter sind kahl (z.B. Juncus) oder können am Rand stark weißlich behaart oder bewimpert sein (z.B. Luzula). 2.3 Blüte Juncaceae sind windbestäubt und das Perigon ist ohne Schauwirkung. Die Blüten sind in rispen- oder knäuelartigen Blütenständen angeordnet. Abb. 6: Blütendiagramm Juncus; das Blütendiagramm entspricht dem der Liliaceae, Perigonblätter jedoch spelzenartig; Abb. 7: Juncus subnodulosus, Perigonblätter als Anpassung an die Windbestäubung stark reduziert und ohne Schauwirkung; Narbe mit auffälligen Papillen; 3 Bei einigen Arten steht die Blüte allein in der Achsel des Tragblattes. Bei anderen Arten können vor der den Seitenspross beendenden terminalen Blüte noch weitere Blätter wie ein stängelumfassendes Vorblatt sowie weitere Laubblätter ausgebildet sein. Bei diesen Arten erfolgt die Verzweigung immer aus dem auf das Vorblatt folgende Blatt, sodass letztendlich der Teilblütenstand eines Sichels entsteht. Abb. 8: Juncus effusus, Blütenstand; Abb. 9: Juncus subnodulosus, Blütenstand; Innerhalb der Gattung Juncus lassen sich Stängel finden, an denen die Blütenstände scheinbar nicht in der Achsel eines Tragblattes inserieren. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass die Sprossachse durch ein aufrechtes, sprossartig gestaltetes Blatt verlängert wird. Somit steht also der Blütenstand auch bei diesen Arten in der Achsel eines Tragblattes. Abb. 10 & 11: Luzula nivea, Übersicht Blütenstand (links) und Blütendetail (rechts); die 6 Perigonblätter sind stark reduziert und weiß gefärbt; Die Einzelblüten sind radiärsymmetrisch und entweder zwittrig oder eingeschlechtlich. Die eingeschlechtlichen Blüten sind dabei monözisch (einhäusig) oder diözisch (zweihäusig) verteilt. Dem unauffälligen Perigon, das sich aus je 2 Kreisen von je 3 schuppenartigen, braunen oder weißlichen Perigonblättern aufbaut, 4 folgen meist 2 Kreise mit je 3 Staubblättern. Die Perigonblätter bleiben auch meist noch an der Frucht erhalten. Bei einigen Arten kann auch ein Staubblattkreis reduziert sein. Das oberständige Gynoeceum baut sich aus 3 verwachsenen Karpellen auf. Es gibt nur einen Griffel, der sich im oberen Bereich in 3 Narbenäste kommissural zu den Karpellen verzweigt. Der Fruchtknoten ist entweder ein- oder dreifächerig mit artspezifisch einer oder mehreren Samenanlagen, die bei wenigen Samenanlagen in basaler bis zentraler Position stehen, bei vielsamigen Arten können die Samenanlagen auch parietal stehen. 2.4 Frucht Die Früchte der Juncaceae sind trockene fachspaltige Kapseln, die sich entlang der Karpellmitte (dorsizid) öffnen. Die Samen sind entweder eckig oder zusammengedrückt und enthalten ein sehr stärkehaltiges Endosperm. Abb. 12: Luzula luzuloides, Kapselfrüchte; Abb.13: Juncus compressus, Kapselfrüchte; 3 Nutz- und Zierpflanzen Unter den Juncaceae gibt es kaum Nutzpflanzen. Einige Juncus-Arten (Binsen) werden für Flechtarbeiten wie Körbe, Matten oder Stühle verwendet. Ansonsten gibt es wenige Zierpflanzen, die in Wassergärten gepflanzt werden (z.B. Juncus ensifolius). Luzula sylvatica ist ein beliebter Bodendecker für schattige Bereiche. 5 4 Weiterführende Literatur DÜLL, R. & KUTZELNIGG, H. (2011): Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Länder. 7. Auflage. – Quelle & Meyer, Wiebelsheim. HEYWOOD, V. H. (1982): Blütenpflanzen der Welt. – Birkhäuser Verlag, Basel. LEINS, P. & ERBAR, C. (2010): Flower and Fruit; Morphology, Ontongeny, Phylogeny; Function and Ecology. – Schweizerbart Science Publishers, Stuttgart. LIEBEREI, R. & REISSDORF, C. (2007): Nutzpflanzenkunde. 7. Auflage. – Thieme, Stuttgart. MABBERLEY, D.J. (2008): MABBERLEY´s plant book, 3rd ed. – Cambridge University Press, Cambridge. STEVENS, P. F. (2001): Angiosperm Phylogeny Website. Version 12, July 2012. http://www.mobot.org/mobot/research/apweb/ STÜTZEL, TH. (2015): Botanische Bestimmungsübungen. 3. Auflage. – Ulmer, Stuttgart. WEBERLING, F. (1981): Morphologie der Blüten und der Blütenstände. – Ulmer, Stuttgart.