Fragen und Antworten 19 Vegetationsentwicklung. Aufgrund der ökologischen Ansprüche der Arten kann dann auf das jeweils vorherrschende Klima geschlossen werden. Mithilfe der Pollenanalyse wurde beispielsweise die nacheiszeitliche Waldentwicklung Nord- und Mitteleuropas rekonstruiert. Ein weiteres, wichtiges Verfahren zur Altersbestimmung von biologischen und geologischen Proben, ist die Radiokarbonmethode Datierungs(14C-Methode). Grundlage hierfür ist die Tatsache, dass das in der At- methode mosphäre natürlicherweise vorkommende radioaktive Kohlenstoffisotop 14C durch die Fotosynthese und durch die Aufnahme organischer Nahrung in Lebewesen eingebaut wird. Nach dem Tod wird kein 14C mehr zugeführt und das radioaktive Isotop zerfällt. Aufgrund der bekannten Halbwertszeit von 14C und dem Gehalt von 14C in einer Probe, lässt sich daher das Alter der Probe mithilfe von Kalibrierungskurven präzise bestimmen. Die Radiokarbonmethode eignet sich für Altersbestimmungen von 300 bis 50.000 Jahre. GWas versteht man unter „historischen Faktoren“, welche die Zusammensetzung und Verteilungsmuster von Organismen bestimmen? Unter „historischen Faktoren“ versteht man langfristige Umweltverän- Langfristige derungen, welche die Vegetationsentwicklung und das Vorkommen Umweltverände­ verschiedener Tierarten und Tiergemeinschaften beeinflussen. Lang- rungen fristige Rhythmen des Klimas, wie beispielsweise Eiszeiten (Glaziale) und die damit verbundenen Bewegungsmuster großer Gletscher, bewirken einen Rückzug der verschiedenen Organismenarten, die dann später nach dem Eisrückzug in einer anderen Artenkombination wieder in die frei gewordenen Lebensräume vorrücken. So drang z. B. in Mitteleuropa die skandinavische Vereisung bis in die norddeutsche Tiefebene vor und arktische Arten wie das Rentier (Rangifer tarandus) dehnten ihren Lebensraum bis zu den Pyrenäen aus. Durch die Kontinentaldrift haben sich Kontinente in ihrer Lage zueinander verändert. So ist sich beispielsweise die Tierwelt in Nordamerika und Europa ähnlicher als die von Südamerika und Afrika, da letztere schon seit 80 Millionen Jahren voneinander getrennt sind. Zwischen den Kontinenten Nordamerika und Europa dagegen bestand bis vor ca. 40 Millionen Jahren noch eine Landbrücke. Eine Ausbreitung von Arten kann auch erschwert werden, wenn sich durch das Aufeinandertreffen von Kontinentalplatten Gebirge bilden, die je nach Ausrichtung und Höhe Barrieren darstellen. Ein weiterer „historischer Faktor“ ist die Verinselung und die damit einhergehende räumliche Isolation von Lebensräumen, welche die Artenvielfalt beeinflusst (s. Kap. 6.1.2, Frage 5). HWas ist die innertropische Konvergenzzone (ITCZ) und was verursacht sie? Angetrieben durch das Aufsteigen warmer Luft in der Nähe des Äquators, bewirken die atmosphärischen Luftzirkulationszellen die Ent- 20 Umweltbedingungen Abb. 1.4: Die innertropische Konver­ genzzone (ITCZ). ft lu Warm Nordostpassat Wolken Solarstrahlung Südostpassat Wolken Warm l uft ITCZ wicklung des Nordostpassats nördlich des Äquators und des Südostpassats südlich vom Äquator (s. Frage 3). Den Bereich des Äquators, an dem diese beiden Luftströmungen zusammentreffen, bezeichnet man als innertropische Konvergenzzone (ITCZ). Diese Region zeichnet sich durch hohe Niederschlagsmengen aus (s. Abb. 1.4). Die ITCZ wandert entsprechend der Veränderungen des Sonnenstandes und den jeweils höchsten Oberflächentemperaturen in Bereiche nördlich bzw. südlich des Äquators. Im nördlichen Sommer verschiebt sich die ITCZ nach Norden und hinterlässt dem Südwinter trockenes Wetter. Im nördlichen Winter wandert sie südwärts und bringt dem Südsommer Regen. Aufgrund dieser jahreszeitlichen Wanderung der ITCZ entstehen auch die Regen- und Trockenzeiten in den Tropen. JWas versteht man unter dem Phänomen El Niño und welche Auswirkungen hat es? Das Phänomen El Niño ist eine im Abstand mehrerer Jahre im Winter auftretende Klimarhythmik und hängt mit dem Wechsel der innertropischen Strömungen im Pazifischen Ozean zusammen. In normalen Jahren treiben die Passatwinde das warme und nährstoffarme Oberflächenwasser der tropischen Ozeanbereiche entlang des Äquators nach Westen und bringen das kalte und nährstoffreiche Tiefenwasser an der Küste Perus zum Aufsteigen. Aufgrund des warmen Wassers des Westpazifiks steigt die feuchte Meeresluft auf und es kommt in dieser Region zu starken Regenfällen. Entlang der Küste Perus hingegen führt das kühle Wasser des Ostpazifiks zu relativ trockenen Bedingungen. Während eines El-Niño-Ereignisses schwächen sich die Passatwin- Fragen und Antworten 21 de ab und es fließt weniger Oberflächenwasser nach Westen. Infolgedessen verringert sich der Auftrieb des tiefen Kaltwassers und die oberen Schichten des Ostpazifiks erwärmen sich. Die Regengebiete dehnen sich mit dem warmen Wasser in Richtung Osten aus, wodurch es zu Überschwemmungen in Peru und zu Dürren in Indonesien und Australien kommt. Aufgrund der fehlenden nährstoffreichen Kaltwasserzonen in den Küstengebieten Perus und Ecuadors fallen die dortigen, sonst großen Fischbestände aus, was drastische wirtschaftliche Einbußen zur Folge hat. KErläutern Sie den globalen Wasserkreislauf. Was ist die treibende Kraft? Beim globalen Wasserkreislauf gelangt Wasser von der Atmosphäre zur Erdoberfläche und dann wieder zurück in die Atmosphäre (s. Abb. 1.5). Treibende Kraft hierfür ist die Solarstrahlung, welche die Erdatmosphäre erwärmt und die erforderliche Energie für die Verdunstung des Wassers liefert. Der in der Atmosphäre zirkulierende Wasserdampf gelangt in Form von Niederschlag (Regen, Schnee, Hagel) zur Erdoberfläche zurück. Dabei fällt ein Teil des Wassers direkt auf Wasserflächen, ein Teil fällt auf die Erde und versickert und ein weiterer Teil wird von der Vegetation zurückgehalten. Die Benetzung der Pflanzen durch das Niederschlagswasser wird als Interzeption bezeichnet. Das versickernde Wasser sammelt sich zum Teil als Grundwasser, welches sich unterirdisch einen Weg zu Quellen und Bachläufen sucht und schließlich ins Meer gelangt. Durch Verdunstung des Wassers aus den oberen Erdschichten und von Wasserflächen (Evaporation) und der Verdunstung durch die Pflanzen (Transpiration) kehrt das Wasser wieder in die Atmosphäre zurück. Abb. 1.5: Schema der wesentlichen Vorgänge des globalen Wasser­ kreislaufs. Kondensation und Wolkenbildung Energie Niederschlag Verdunstung Versickerung Grundwasser Abfluss zum Meer 22 Umweltbedingungen 1.1.3Vegetationsstruktur und Boden AWelche Faktoren beeinflussen Absorption und Reflexion der Solarstrahlung durch die Vegetation? Die Menge der Solarenergie, die durch das Kronendach eines Waldes dringt, schwankt mit der Größe der Blattfläche der dort vorkommenden Bäume. Neben der Blattgröße und -dichte beeinflussen aber auch die Stellung und die Wuchsrichtung der Blätter die Menge der absorbierten bzw. reflektierten Solarstrahlung. Je senkrechter Sonnenstrahlen auf die Blattoberfläche auftreffen, desto mehr Strahlungsenergie kann das Blatt aufnehmen. Mit Ausnahme der Tropen verändert sich jedoch der Sonnenstand sowohl im Tagesverlauf als auch mit den Jahreszeiten stark und beeinflusst somit auch die Menge der auftreffenden Solarstrahlung. SWie unterscheiden sich spezialisierte Sonnen- und Schattenblätter eines Baumes voneinander? Viele Bäume bilden, je nachdem, ob sie in lichtexponierten oder beschatteten Bereichen angelegt werden, unterschiedliche Blatttypen aus. Dabei sind Sonnenblätter aus dem oberen Kronenbereich dicker und haben mehrere Zellschichten mit vielen Chloroplasten, welche die einfallende Solarstrahlung in chemische Energie umsetzen. Im Gegensatz dazu sind Schattenblätter der unteren Regionen dünner und enthalten weniger Chloroplasten. Obwohl sie lediglich diffuse und gefilterte Strahlung absorbieren, ergänzen sie die Fotosyntheseleistung der Sonnenblätter aus dem Kronenbereich. DWas verstehen Sie unter Thermotropismus? Anpassung an unterschiedliche Sonneneinstrah­ lung Für die meisten Regionen außerhalb der Tropen verändert sich die Sonneneinstrahlung im Tagesverlauf wie auch mit den Jahreszeiten. Einige Pflanzenarten zeigen Anpassungen an diese Veränderungen und können ihre Blätter bewegen und somit den Umfang der auftreffenden Solarstrahlung regulieren. In heißen und trockenen Regionen beispielsweise verringert eine schräge Blattstellung die hohe Strahlungsintensität während der Mittagsstunden, wenn die Umgebungstemperatur und der Wasserverlust am höchsten sind. Eine solche Veränderung der Blattstellung von ortsgebundenen Pflanzen aufgrund von Sonneneinstrahlung und Umgebungstemperatur bezeichnet man als Thermotropismus. Auch beim Kompass-Lattich (Lactuca serriola) kann man solch eine Anpassung beobachten. Der Name dieser Pflanze rührt daher, dass sie ihre Blätter aufrecht entlang der Nord-SüdAchse ausrichtet, wodurch die Blattoberflächen nach Osten und Westen zeigen. Diese besondere Blattstellung schützt die Blattspreiten vor der kräftigen Sonneneinstrahlung am Mittag und verringert dadurch deren Erwärmung und die Verdunstung. Während des weniger intensiven Sonnenlichts des Vor- und Nachmittags sind die Blattoberflächen dem Sonnenlicht jedoch voll ausgesetzt. Fragen und Antworten 23 FWas ist Boden? Unter Boden versteht man die oberste, belebte Verwitterungsschicht der Erdkruste, die unter dem Einfluss von Klima und Lebewesen entstanden ist. Boden stellt einen wichtigen Faktor im Wasserkreislauf dar und dient Pflanzen zur Verankerung und als Nährstoffreservoir. Gleichzeitig ist Boden Lebensraum vieler Pflanzen, Tiere, Pilze und Bakterien. GWie bildet sich Boden und welche Faktoren beeinflussen die Bildung von Boden? Im Laufe der Erdgeschichte verwitterten die Oberflächen von Gesteinen und Mineralien und bildeten eine Vielfalt von Bodentypen. Dabei unterscheidet man die mechanische Verwitterung (physikalische Verwitterung), bei der Gesteine und Mineralien durch die Einwirkung von Wasser, Wind und Temperatur in Bruchstücke zerkleinert werden. Bei der chemischen Verwitterung werden diese Bruchstücke durch chemische Reaktionen mit Wasser, Sauerstoff und Säuren weiter zersetzt. Die Bodenbildung wird durch die physikalische und chemische Beschaffenheit des Ausgangsgesteines bestimmt. Die klimatischen Verhältnisse beeinflussen die Bodenbildung durch Temperatur und Niederschläge. Außerdem spielen biotische Faktoren wie Pflanzen, Tiere und Bakterien bei der Entwicklung der Böden eine entscheidende Rolle. So können beispielsweise Pflanzen durch ihre Wurzeln am Aufbruch des Gesteines beteiligt sein, gleichzeitig aber auch den Boden gegen Erosion stabilisieren. Ein weiteres Beispiel sind Bodenorganismen, die totes organisches Material ab- und umbauen und mit den mineralischen Bestandteilen des Verwitterungsprozesses den Humus bilden. Das Relief einer Landschaft beeinflusst das Ausmaß der Erosion und den Wassergehalt des Bodens. Letztlich ist die Zeit ein für die Bodenbildung ganz entscheidender Faktor. HWarum wäre ohne Boden die Ausbildung der heutigen Landvegetation unmöglich? Die verschiedenen Bodentypen stellen eine für das Pflanzenwachstum notwendige Quelle von gespeichertem Wasser und einen Vorrat an mineralischen Nährstoffen dar. Gleichzeitig ist es eine Trägersubstanz, die es den Pflanzen ermöglicht ihre Wurzeln zu verankern, aufrecht zu wachsen und ihre Blätter dem Sonnenlicht auszusetzen. Der Boden ist außerdem ein Medium für die Bindung von atmosphärischem Stickstoff durch frei lebende, stickstofffixierende Bodenbakterien wie Azotobacter und Azospirillum, sodass die Pflanzen diesen nutzen können. Durch die Anreicherung von organischem und mineralischem Material im Boden tragen die unterschiedlichen Bodentypen zur Komplexität der Umwelt bei und ermöglichen somit einer Vielzahl von Pflanzen und Tieren zu leben. Faktoren der Bodenbildung sind Ausgangs­ gestein, Relief, Klima, biotische Faktoren und Zeit