Haut-,Weichteil-,Knocheninfektionen

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Mikrobiologisches Praktikum für
Humanmediziner
Vorbereitung zu Kurs 3:
Haut-, Wund- und Knocheninfektionen
Prof. Dr. med. Bettina Löffler
Institut für Medizinische Mikrobiologie
Universitätsklinikum Jena
Lernziele: Infektionen

Kenntnis über das Keimspektrum (häufige
Keime)

Möglichkeiten der Materialgewinnung und
Versandtechniken

Differentialdiagnosen, die bei den betreffenden
Krankheitsbildern in Frage kommen

Interpretation des erhobenen mikrobiologischen
Befundes

Kalkulierte und gezielte Antibiotika-Therapie
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Haut-, Weichteil-, Knocheninfektionen
Bettina Löffler
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Kolonisation versus Infektion
Kolonisation:
Verschiedene Bakterien
Invasive und systemische Infektionen
kolonisieren epitheliale
Oberflächen
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Haut- und Weichteilinfektionen
primäre Infektion durch Kontakt und Inokulation
meist durch einen Keim verursacht
sekundäre Infektion = Superinfektion vorbestehender
Läsionen (Ekzem, Verbrennung, Ulcus)
häufig Mischinfektionen durch mehrere Erreger, auch
aerob/anaerob
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Osteomyelitis
1. hämatogen Osteomyelitis, v.a. durch S.
aureus
2. fortgeleitete Osteomyelitis als
Konsequenz eines Traumas. Breites
Erregerspektrum, insbesondere
fakultativ pathogene Keime (P.
aeruginosa, S. epidermidis,
gramnegative Stäbe, Pilze usw.)
3. Osteomyelitis bei vaskulärer Insuffizienz
(Diabetes mellitus, Angiopathie); meist
Mischflora  anspruchsvolle Diagnostik
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Wie diagnostiziert man Wund-/Weichteilinfektionen und
Osteomyelitis…..?
• Klinik
• Blutbild (Leukos, CRP, BSG, Procalcitonin….)
• Bildgebung:
•Sono
•Röntgen (2 Ebenen)
•MRT (mit Kontrastmittel)
•Szintigraphie: 3-Phasen Skelett
Leukozyten Szinti
•PET-CT
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Diagnostik !!!!!
Wichtig !!!!!
Wichtig !!!!!
Wichtig !!!!!
Keimgewinnung
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Probenmaterial
Abstriche
offene oder feuchte Wundflächen bzw. Blasengrund
spezielle Tupfer mit sterilem Transportröhrchen und
Transportmedium
Biopsien
geeignet bei soliden Prozessen oder Ulzera
Biopsate vom Rand und Grund der Läsion sind besonders
wertvoll
Material nativ und steril verschicken, ggf. bis 1 ml
physiologische Kochsalzlösung zugeben;
kein Formalin
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Probenmaterial
Bläscheninhalt oder Abszessmaterial
verschlossene Spritze oder anderer steriler Behälter der luftdicht schließt
Serum
bei Verdacht auf eher untypische Erreger (indirekter Erregernachweis)
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Probenmaterial
Verarbeitung des Probenmaterials
Stufe 0: Viele Infektionen der Haut (z.B. unkomplizierte Wundinfektionen, Warzen,
Rötungen) bedürfen keiner mikrobiologischen Diagnostik.
Stufe 1/Stufe 2:
Gramfärbung
Kultur in Flüssigmedium (Thioglykolat-Boullion) und auf komplexen - bluthaltigen
Medium (Columbia), McConkey-Agar und kochbluthaltiges Vollmedium
aerob und/oder 5-10% CO2 ; 36 °C; min. 2 Tage bebrüten
anaerobe Atmosphäre; 36 °C; min. 4 Tage bebrüten
Stufe 3:
ggf. weitere Selektivmedien und Spezialuntersuchungen für Bakterien, Pilze, Viren
und Parasiten zusätzlich zu Stufe 2
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Probenmaterial
Probenmaterial: Interpretation
Eindeutige Befunde sollten unmittelbar mitgeteilt werden
Korrelation mit anamnestischen Daten und klinischen Befunden
Schwierige Interpretation bei Mischflora mit fakultativ pathogenen
Keimen, v.a. bei offenen Wunden Kontamination möglich
Fehlendes Keimwachstum aus eindeutig entzündlichen Prozessen
schließt eine bakterielle Ätiologie nicht aus
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Probenmaterial
Probenmaterial: Beispiel
Von dem Abstrich aus einem diabetischen Fußulcus werden folgende Keime
kulturell nachgewiesen:
E. coli, S. aureus, Koagulase-neg. Staphylokokken, Enterokokken.
Welche(r) Keim(e) könnte(n) eine pathogenetische Bedeutung haben?
1.
2.
3.
4.
5.
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Alle Keime
E. coli, S. aureus, Enterokokken
Nur S. aureus
Nur E. coli
Kein Keim
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Probenmaterial: Interpretation
Häufig polymikrobielle Flora in Ulcera
Häufig isolierte Keime: Staphylokokken (incl. S. aureus), Streptokokken
Enterokokken, Korynebakterien, Enterobacteriaceae, Pseudomonaden,
Anaerobier, …….
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Probenmaterial: Interpretation
Bei infizierten vaskulären/diabetischen Fußulzerationen
•
Klinik: verzögerte Wundheilung,
Farbänderung, Geruch (periphere
Neurophathie und Ischämie können
Infektionen verschleiern)
•
Tiefes Wundmaterial besser als
oberflächliche Wundabstriche
 bessere Detektion der
entzündungsauslösenden Keime
•
Wenig virulente Pathogene, z.B.
Enterokokken, koagulase-negative
Staphylokokken, Korynebakterien können
zwar auch Infektionen verursachen, können
aber auch nur Bestandteil der Hautflora sein.
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Therapie bei schweren Wund- und Knocheninfektionen
•
Multidisziplinärer Ansatz: Stoffwechsel, Durchblutung,
Mikrobiologie, Wundversorgung
•
Chirurgie
•
Stufentherapien bei Antibiotikagabe:
leichte bis mittelgradige Infektion: AB gegen aerobe
Gram-positive Kokken (S. aureus)
schwere Infektion: Breitspektrumtherapie
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Bakterielle Verursacher von posttraumatischen Osteomyelitiden
Grampositive Bakterien
S. aureus
S. epidermidis
Streptococcus spp.
Enterococcus spp.
Gramnegative Bakterien
Pseudomonas
Enterobacter
E. coli
Proteus
Citrobacter
Serratia
Klebsiella
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Anzahl (%)
70,6
50,0
11,9
6,3
2,4
29,6
12,0
4,8
5,6
3,2
1,6
0,8
1,6
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Staphylococcus aureus chronische Osteomyelitis
Bilder: Prof. Raschke, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Münster
S. aureus chronische Osteomyelitis
Auslösender Keim: Staphylococcus aureus, sehr sensibel
Bilder: Prof. Raschke, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Münster
S. aureus chronische Osteomyelitis
Bilder: Prof. Raschke, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Münster
S. aureus chronische Osteomyelitis
Bilder: Prof. Raschke, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Münster
S. aureus chronische Osteomyelitis
Bilder: Prof. Raschke, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Münster
S. aureus chronische Osteomyelitis
Bilder: Prof. Raschke, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Münster
Osteomyelitis: Problematik bei Antibiotikatherapie
20% Therapieversagen
15 - 30 % chronischer Verlauf
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© 2005 Innovative Infusions Inc.
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Bakterielle Persistenzstrategien: 1. SCV-Bildung
SCVs
(small colony variants)
Phänotyp
Normaler
Phänotyp
SCVs
•
kommen häufig bei chronischen Infektionen vor; z.B. Osteomyelitis
•
langsames Wachstum, reduzierte Expression von vielen Virulenzfaktoren
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Bakterielle Persistenzstrategien: 1. SCV-Bildung
Inflammation und Gewebedestruktion
durch viele Virulenzfaktoren
Persistenz im Gewebe oder in
Wirtszellen durch „schlafende“ Bakterien
(z.B. SCVs); Dormancy
D. Parkins
From Nature. 2009 Feb 26;457(7233):1083
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Bakterielle Persistenzstrategien: 2. Biofimbildung
Bakterien
1: Adhärenz
2: Akkumulation
Bakterielle Anheftung an Polymer (u.a.
modifiziert)
Oberfläche
Biofilm: Extrazelluläre Matrixproteine (Fg,
Fn, Vn), Plättchen, …….
3: Maturation
4: Ablösung
Peters et al (1982) J Infect Dis 146:479-482
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Bakterielle Persistenzstrategien: 2. Biofimbildung
Probleme bei Biofilmbildung für die Therapie:
•
Gute bakterielle Haftung: Schwere
Eradikation
•
Anreicherung von Nährstoffen für
Bakterien
•
Mangelnder Zugriff des Immunsystems
(Immunzellen, Komplementsystem,..)
•
Diffusionsbarriere für Antibiotika
 Entfernung von Implantaten und toten Knochensequestra
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Bakterielle Persistenzstrategien: 1. SCV-Bildung
Genotypische Resistenz
Phänotypische Resistenz
Definierte Resistenzgene auf
Plasmiden oder im bakteriellem
Genom; z.B. Enzyme, die
Antibiotika abbauen
Alles oder nichts Reaktion
Dynamische Regulationsprozesse
bedingen eine mangelnde
Wirkung von Antibiotika; z.B.
durch verlangsamtes Wachstum
und Stoffwechsel und
Biofilmbildung
z.B. MRSA, ESBL, ….
Graduelle Reaktion
Generelles bakterielles Prinzip
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Probleme bei der antibiotischen Behandlung
•
Schlafende „Bakterien“ (SCVs)
befinden sich oft in den Wirtszellen: werden intrazellulär
ausreichende Antibiotikakonzentrationen erreicht?
zeigen langsames Wachstum und haben einen reduzierten
Stoffwechsel: sind die Bakterien sensibel für Antibiotika?
•
Persistenz von Bakterien durch Biofilmbildung, die durch
Antibiotika nicht/schlecht erreicht werden
•
Persistenz von Bakterien an unbelebten Oberflächen, z.B.
Implantaten oder toten Knochensequestra
Eine Kombination aus Chirurgie und Antibiose ist bei schweren
Knochen- und Weichteilinfektionen fast immer erforderlich
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Aufgaben heute im Kurs
• Versuch 1: Bearbeiten eines Patientenmaterials (Wundabstrich)
• Vorbereitung Kurstag 4: Blutkulturdiagnostik
• Demonstrationen
Versuch 1: Bearbeiten eines Patientenmaterials (Wundabstrich) (1)
- Patient 1a mit Wundheilungsstörungen nach Hüftoperation
- Patient 1b mit chronischem Ulcus cruris
- Patient 1c mit Osteomyelitis nach Fraktur
Material:
- je 2er Gruppe eine Bakterienkultur
- Bakterienkultur auf Columbiaschafblutagar, Müller Hinton Agarplatten
(„Resistenzagar“) Antibiotikatestplättchen (vorbereitete Stempel) bei der Kurs- MTA
- Impfösen, Kochsalzröhrchen, Tupfer am Arbeitsplatz
Versuch 1: Bearbeiten eines Patientenmaterials (Wundabstrich) (2)
Durchführung:
- Fertigen Sie ein Grampräparat der Bakterienkultur an.
- Beschreiben und zeichnen Sie das mikroskopische Bild.
- Differenzieren Sie die Bakterien mittels Mikroskopie, Koloniemorphologie, Hämolyseverhalten,
ggfs. Katalase, Koagulase, Oxidase und Indoltest
- Resistenztestung mittels Agardiffusionstest (siehe Methoden, Auswertung Tag 4)
Kulturmedien mit aufgelegten Wirkstoffträgern werden bei 36°C inkubiert und das Ergebnis an
Kurstag 4 protokolliert.
Auswertung:
- Keim ?, Resistenz ?, Therapievorschlag ?
- Vergleichen Sie Ihre Probenergebnisse mit denen der anderen Gruppen.
Vorbereitung Kurstag 4: Blutkulturdiagnostik
- Patientin 1 mit Fieber bei Z.n. Aortenklappenersatz
oder
- Patient 2 mit Sepsis
oder
- Patient 3 mit Fieber bei liegendem ZVK
Material:
- Blutkultur
- Bouillonkultur des ZVK
- Objektträger, Impfösen, leere Agarplatten
Durchführung und Auswertung:
- Anfertigen einer Subkultur der Blutkultur/Bouillonkultur des ZVK auf Blut- und Drigalskiagar
+ ein Grampräparat aus Direktmaterial
- Beschreibung und Zeichnung des mikroskopischen Bilds. (siehe Auswertung Kurstag 4)
Demonstrationen
STAPHYLOKOKKEN:
• nach Gram gefärbtes Staphylokokkenpräparat
• Blutagarplatte mit S. aureus, & S. epidermidis, Mannit-Kochsalzplatte
• Dekapsulationstest
• Resistenzbestimmung MRSA, MSSA,
• MRSA-Platte
• Agardiffusionstest, Reihenverdünnungstest, E-Test
STREPTOKOKKEN:
• nach Gram gefärbtes Bouillonpräparat von B-Streptokokken
• Blutagarplatte mit A-Streptokokken und B-Streptokokken
• Blutagarplatte mit vergrünenden und nicht-hämolysierenden Streptokokken
ANAEROBIER:
• Clostridium perfringens – Gramfärbung
• Clostridium tetani - Gramfärbung
• sporenlose Anaerobier: Kulturen, biochem. Differenzierung
• anaerobe Kulturtechnik
Viel Spaß im Kurs!
18.05.2016
Thema der Präsentation · Name des Vortragenden
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