Zeitschrift für Personalforschung, 16. Jg., Heft 2, 2002 169 Gerhard Blickle* Mikropolitik – eine ethische Analyse** In diesem Beitrag werden zunächst die Begriffe Mikropolitik, Moral und Ethik kurz umrissen, um dann die ethische Zulässigkeit mikropolitischer Aktivitäten mit Hilfe verschiedener ethischer Theorien zu untersuchen. Diese sind der Kontraktualismus, der Utilitarismus, der Grundrechte-Ansatz, die thomistische Lehre vom doppelten Effekt, die Diskursethik sowie die hermeneutische Ethik. Die dezisionistische Position, wonach die Anerkennung ethischer Prinzipien nicht rational fundierbar sei, wird zurückgewiesen. Es wird die Integration der verschiedenen Normen im Sinne eines kohärenten Reflexionsgleichgewichts vorgeschlagen. Micro-politics – an ethical analysis This paper commences by briefly sketching the concepts of micro-politics, morality, and ethics. Building on this, the question as to whether micro-political activities are ethically justified is analyzed by drawing on different ethical theories: contractualism, utilitarianism, the basic rights approach, the Thomasian doctrine of double effect, discourse ethics, and hermeneutic ethics. Decisionism which holds that ethical principles cannot be justified rationally is rejected. The integration of the different ethical norms in a coherent reflective equilibrium is proposed. ____________________________________________________________________ * ** Prof. Dr. Gerhard Blickle, Jg. 1959, Leiter der Abteilung für Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie am Psychologischen Institut der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, 55099 Mainz. Ich danke Jens Badura, Eva Gauler, Inge Lindner, Marcus Mohr, Friedemann Nerdinger, Alexander Schlegel und Horst Steinmann sowie den Herausgebern, die mir für diesen Beitrag wertvolle Hinweise und Ratschläge gegeben haben. Artikel eingegangen: 29.12.2001. revidierte Fassung akzeptiert nach zweifachem Begutachtungsverfahren: 16.1.2002. 170 Gerhard Blickle: Mikropolitik – eine ethische Analyse „Wenn wir die Menschen nur so nehmen, wie sie sind, so machen wir sie schlechter; wenn wir sie behandeln, als wären sie, was sie sein sollten, so bringen wir sie dahin, wohin sie zu bringen sind.“ (J. W. v. Goethe, Wilhelm Meister) Das geistige Klima des vergangenen Jahrzehnts ist durch eine Rückbesinnung auf die moralische Verantwortung der Akteure im Bereich der Biotechnologie und Medizin, der Ökologie, der Wissenschaftspraxis sowie im Wirtschafts- und Berufsleben gekennzeichnet (Deutsche Gesellschaft für Psychologie/Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen). Einen umfassenden Überblick über den Stand der vielfältigen Diskussionen in der angewandten Ethik gibt für den anglo-amerikanischen Bereich die vierbändige Encyclopedia of Applied Ethics (Chadwick 1998) und für den deutschsprachigen Bereich das Handbuch der angewandten Ethik (NidaRümelin 1996). Eine systematische Einführung in den Bereich der Wirtschaftsethik leistet das Handbuch der Wirtschaftsethik (Korff u.a. 1999) sowie das Werk von Steinmann/Löhr (1994) für den Bereich der Unternehmensethik. Auch die moralische Verantwortung bei der Zusammenarbeit in Organisationen (Blickle 1998; Witt 2001) und am Arbeitsplatz (Blickle 2002a) sind einer eingehenden Analyse unterzogen worden. Allerdings fehlt es auch nicht an skeptischen Einwänden gegen eine angewandte Ethik, nämlich dass man sich für ethische Prinzipien nur nach persönlichen Präferenzen entscheiden könne und dass zwischen abstrakten Prinzipien und konkreter Realität zu große Differenzen bestünden, als dass man die Prinzipien einfach anwenden könnte. Dieses Spannungsfeld soll im Folgenden am Beispiel der Mikropolitik, ein Gebiet mit hoher moralischer Brisanz für Akteure in Organisationen, ausgeleuchtet werden, um aufzuzeigen, dass die Vielfalt der relevanten und ethisch begründbaren moralischen Normen und Situationseinschätzungen in ein rational kohärentes Überlegungsgleichgewicht (Rawls 1975) münden können. Zum Begriff der Mikropolitik Unter Mikropolitik soll im Anschluss an Neuberger (1995, 14) der Einsatz von Interaktions- und Kommunikationsformen (Blickle 2002b) verstanden werden, mit denen Macht aufgebaut und eingesetzt wird, um den eigenen Handlungsspielraum in Organisationen zu erweitern und sich fremder Kontrolle zu entziehen. Diese Formen der sozialen Einflussnahme zielen oft darauf ab, nicht als solche erkannt zu werden. Vielmehr ist von den Akteuren beabsichtigt, dass sie unterschwellig und verdeckt wirken, indem sie die Weichen für offizielle Entscheidungen stellen. Per definitionem dient Mikropolitik also der Durchsetzung eigener Interessen. Allerdings wird auch der Versuch von Personen, in Organisationen ihre Identität zu behaupten und eigene Bedürfnisse zu verwirklichen, mit zum Phänomenbereich der Mikropolitik gerechnet. Also auch die Interaktions- und Kommunikationsprozesse, mit denen Personen versuchen, ihren „Eigensinn“ zu wahren, zählen zur Mikropolitik. Als ein weiteres typisches Merkmal für mikropolitische Formen der Interaktion und Kommunikation ist der Umstand anzusehen, dass sie aus der Perspektive der geltenden Organisations- Zeitschrift für Personalforschung, 16. Jg., Heft 2, 2002 171 normen oft als regelwidrig einzuschätzen sind, weil durch sie Personen oder Personengruppen ihre eigenen Interessen zu Lasten der Interessen der Organisation, so wie diese von der jeweils herrschenden Koalition in der Organisation aktuell definiert werden, zu realisieren versuchen. Mikropolitische Aktivitäten in Organisationen stellen daher häufig undurchsichtige Umtriebe und heimliche mafiöse Machenschaften dar, zumindest aber sind sie ein Schachern um Vorteile oder ein Operieren mit diplomatischen Winkelzügen in einer Mischung aus Zwang, Schmeichelei, Täuschung oder Korruption. Sehr anschauliche Beschreibungen von Intrigen und Seilschaften in Organisationen gibt Paris (1991; 1996). Von Mintzberg (1983) ist ein Versuch der Systematisierung regelwidriger Interaktionen vorgenommen worden. Er unterscheidet mikropolitische Widerstandsspiele, Spiele gegen Widerstandsspiele, Spiele zum Aufbau von Macht, Spiele zur Bekämpfung von Rivalen sowie Spiele zur Realisierung organisationalen Wandels. Mikropolitische Interaktionssituationen sind nach Neuberger (1995, 157) dadurch charakterisiert, dass die Akteure sowohl über Handlungsspielräume als auch Ressourcen verfügen, die von anderen auch erstrebt werden. In den Beziehungen zwischen den Akteuren spielen emotionale und subjektive Aspekte eine wichtige Rolle. Zwischen den Akteuren existieren Interessen-, Beurteilungs-, Verteilungs- oder persönliche Konflikte. Einerseits gibt es Machtunterschiede zwischen den Akteuren, andererseits bestehen gleichzeitig wechselseitige Abhängigkeiten. Die Interaktionskonstellationen sind durch Rechte, formale Positionen und unhinterfragte Gepflogenheiten vorstrukturiert. Gleichwohl verändern sich die Konstellationen und Beziehungen zwischen den Akteuren fortwährend. Und schließlich ist die Handlungssituation für mindestens eine der Parteien nicht völlig transparent. Wie die Organisationsforschung zeigt (Rosenfeld/Giacalone/Riordan 1995, 15), treten mikropolitische Aktivitäten häufiger auf, wenn unklare Zielvorgaben vorliegen, organisationale Entscheidungsprozesse schlecht definiert oder Leistungsmaßstäbe vage formuliert sind, Tätigkeiten intransparent bleiben, in der Organisation ein harter Wettbewerb herrscht oder wenn Veränderungen in Organisationen anstehen. Das eigene mikropolitische Handeln lässt sich mit einem bestimmten Menschenbild scheinbar rechtfertigen: „Menschen und Organisationen sind unvollkommen (irrational, kurzsichtig, lernunwillig, egoistisch, widersprüchlich, dumm, scheinheilig usw.) und weil das so ist, muss man das Beste daraus machen. Weniger für die ‘Organisation’ als für sich“ (Neuberger 1995, 191). Dem kann entgegengehalten werden, dass unmoralisch handelt, „wer Betroffenen die Beteiligung an Entscheidungen verweigert bzw. sich ohne Mandat zum Vertreter fremder Interessen ernennt oder seine Sicht und Berücksichtigung dieser fremden Interessen nicht offen legt und ernsthaft zur Diskussion stellt“ (Neuberger 1989, 4). Gleichwohl, so wird argumentiert, sei Mikropolitik für Organisationen nützlich: „Mikropolitik ist ... notwendig, um die Steuerungslücken in schlecht strukturierten komplexen Entscheidungssituationen überbrücken zu können“ (Neuberger 1995, 190). Allerdings müsse Mikropolitik zur Eindämmung ihrer negativen Wirkungen durch ein System von Checks und Balances kontrolliert werden, wie z. B. durch bürokratische Regeln, die Beachtung technologi- 172 Gerhard Blickle: Mikropolitik – eine ethische Analyse scher Imperative, durch strategische Planung, Budgetierung oder organisationskulturelle Werte. Um gravierende Nachteile für die Organisation zu vermeiden, dürfe keine dieser Steuerungsstrategien ein Monopol erhalten (Neuberger 1990, 267). Diese Argumente zeigen, dass Mikropolitik ein moralisch brisantes Phänomen darstellt: Es ist weit verbreitetet, es wird einerseits moralisch verurteilt, und trotzdem möchte man ihm andererseits aber eine gewisse Berechtigung auch nicht absprechen. Es kommt daher darauf an, die Moral ethisch zu reflektieren. Dazu gehört auch „die Aufklärung des eigenen moralischen Selbstverständnisses hinsichtlich der darin enthaltenen Vorurteile über das Moralische“ (Pieper 1994, 200). Damit wird dann das vom Akteur zunächst für moralisch angemessen und legitim Betrachtete ethisch relativiert, und das zuerst Ausgeschlossene und Abgelehnte rückt möglicherweise in greifbare Nähe. Zu den Begriffen Moral und Ethik Moralisches Urteilen und moralisches Handeln sind feste Bestandteile der menschlichen Alltagspraxis. Eigenes und fremdes Handeln beurteilen wir nicht nur, aber auch unter den Aspekten von gut und schlecht, berechtigt und unberechtigt, gerecht und ungerecht. Es gibt Situationen, in denen wir uns moralisch zu einem bestimmten Tun oder Unterlassen verpflichtet fühlen, ohne dabei Kosten- und Nutzenüberlegungen anzustellen. In Bezug auf unser eigenes Handeln gibt es Situationen, in denen wir Emotionen erleben, die durch unsere moralischen Urteile und unser Handeln ausgelöst sind, wie beispielsweise Schuld, Scham oder Reue, manchmal aber auch das Gefühl einer inneren Gewissheit, auf dem richtigen Weg zu sein. Auch in Bezug auf das Handeln anderer und ihr Schicksal können wir moralisch inspirierte Emotionen erleben, wie etwa Empörung, Verachtung, Mitleid oder Respekt. Dies kann dazu führen, dass wir andere aus moralischen Gründen kritisieren oder sie dazu auffordern, sich zu rechtfertigen. Es kann ebenso sein, dass andere uns um Rat fragen und wir versuchen, ihnen eine begründete Empfehlung zu geben. Wir erleben im Alltag aber auch, dass Moral als Kampfmittel eingesetzt wird, um anderen ein schlechtes Gewissen zu machen, um für sich Privilegien zu reklamieren, um andere von bestimmten Rechten auszuschließen oder um die Solidarität mit bestimmten Gruppen zu mobilisieren. All diese Phänomene treten nicht nur im Privatbereich auf, sondern auch am Arbeitsplatz (Bird/Westley/Waters 1989). Neuberger (1989, 17) charakterisiert Moral wie folgt: Moralisch entscheidet, wer berücksichtigt, dass die gewählte Handlung oder Absicht von anderen und von dem oder der Handelnden selbst als ‘gut’ oder ‘schlecht’ bewertet wird und wer außerdem mögliche Alternativen kennt und ausschlägt und sich dabei Ansprüchen unterwirft, die im Prinzip für jedermann gelten sollen, sowie Verantwortung für eine Entscheidung übernimmt, d.h. sie sich selbst zurechnet. Ethik ist die philosophisch-wissenschaftliche Reflexionsform der Moral, so wie die Betriebswirtschaftslehre eine wissenschaftliche Reflexionsform einzelwirtschaftlicher Entscheidungen oder die Volkswirtschaftslehre die Reflexionsform gesamt- Zeitschrift für Personalforschung, 16. Jg., Heft 2, 2002 173 wirtschaftlicher Prozesse darstellt. Ethik ist also eine Teildisziplin der Philosophie und hat zwei wesentliche Arbeitsgebiete, nämlich zum einen die sogenannte MetaEthik und zum anderen die sogenannte normative Ethik (Frankena 1972). In der Meta-Ethik geht es um die begriffliche Analyse moralsprachlicher Ausdrücke und Sätze, also z.B. was bedeutet der Begriff „Verantwortung“ oder „In welcher Relation stehen deskriptive und normative Sätze“ etc. Am Verantwortungsbegriff kann beispielhaft dieser Übergang von der Moral zur Ethik verdeutlicht werden (s. zum Folgenden Lenk/Maring 1998). Verantwortung ist ein zentraler Begriff der präskriptiven Alltagssprache. Man wird zur Verantwortung gezogen. Man trägt Verantwortung. Andere werfen einem unverantwortliches Handeln vor. Man akzeptiert Verantwortung, z. B. indem man sein Handeln rechtfertigt. Die analytische Durchdringung zeigt nun, dass zwischen einer rechtlichen und einer moralischen Verantwortung zu unterscheiden ist. Außerdem muss zwischen einer allgemeinen Handlungsergebnisverantwortung, einer Rollen- und einer Aufgabenverantwortung differenziert werden. Insgesamt zeigt sich, dass Verantwortung ein mehrstelliger Relationsbegriff ist (Lenk/Maring 1998, 22): Jemand, also ein Verantwortungssubjekt, -träger (Person; Korporation), ist für etwas (Handlung, Handlungsfolgen, Zustände, Aufgaben etc.) gegenüber einem Adressaten vor einer (Sanktions-, Urteils-) Instanz in Bezug auf ein (präskriptives, normatives) Kriterium im Rahmen eines Verantwortungs-, Handlungsbereiches verantwortlich. Solche begrifflichen Analysen sind Gegenstand der Meta-Ethik. Eine zentrale meta-ethische Prämisse der neuzeitlichen Ethik ist das nach dem schottischen Philosophen David Hume (1711-1776) benannte Humesche Gesetz (Mackie 1983, 79-92), wonach allein aus deskriptiven, also Ist-Sätzen keine Sollenssätze logisch abgeleitet werden können. Dies bedeutet etwa, dass aus dem Umstand, dass Frauen Kinder gebären können, keineswegs logisch folgt, dass es auch ihre ethisch geprüfte, moralische Verpflichtung ist, Kinder zu gebären. Ebenso wenig kann allein aus der psychologischen Erfassung irgendwelcher menschlicher Bedürfnisse oder Dispositionen logisch abgeleitet werden, dass es gut oder ethisch geboten sei, diese Bedürfnisse auch zu erfüllen. Dies wäre ein sogenannter Sein-SollenFehlschluss. Aus Ist-Sätzen lassen sich erst in Verbindung mit normativen Prämissen weitere Sollenssätze ableiten. So kann z.B. die normative Gerechtigkeitsprämisse lauten: Personen, die in einer relevanten Hinsicht gleiche Eigenschaften haben, sollen auch in dieser Hinsicht gleich behandelt werden. Man stelle sich nun vor, dass ein Arbeitgeber zwei Stellen besetzen möchte. Es bewerben sich fünf Männer und eine Frau. Wenn nun der deskriptive Satz lautet, dass einer der Männer und diese Frau die für die beiden Stellen erforderlichen Qualifikationen erfüllen, folgt aus der normativen Prämisse (dem Sollenssatz) und dem deskriptiven diagnostischen Ist-Satz ein weiterer abgeleiteter Sollenssatz, nämlich dass es ungerecht wäre, einen der vier ungeeigneten männlichen Bewerber der geeigneten weiblichen Bewerberin vorzuziehen, bzw. dass die Frau eingestellt werden sollte. Aus dem Umstand, dass allein aus deskriptiven Sätzen keine Sollenssätze logisch abgeleitet werden können, folgt außerdem, dass selbst dann, wenn die meisten Personen gegen eine begründete Norm ver- 174 Gerhard Blickle: Mikropolitik – eine ethische Analyse stoßen, diese Norm deswegen nicht ungültig wird. Begründete Normen haben eine kontrafaktische Geltung, d.h. z.B., obwohl Bestechung eine weithin gängige Praxis ist, ist sie gleichwohl ethisch inakzeptabel, es sei denn, es gibt in der konkreten Situation höherwertige Güter, die durch Bestechung geschützt werden können, wie z.B. die Bestechung eines Beamten in einer Diktatur zur Rettung einer politisch verfolgten Person vor der Folter. In der normativen Ethik geht es um die rationale Prüfung und Begründung von Normen, also z.B. um die Frage der Begründung, warum man in Organisationen nicht lügen, täuschen oder manipulieren soll. In diesem Beitrag soll die Frage geprüft werden, wie mikropolitische Aktivitäten aus ethischer Perspektive bewertet werden können. Dazu sollen im Folgenden die führenden Theorien der normativen Ethik in Bezug auf ihre Implikationen für die Bewertung mikropolitischer Aktivitäten untersucht werden, also der Kontraktualismus, der Utilitarismus, der Grundrechte-Ansatz, die thomistische Lehre vom doppelten Effekt sowie die Diskursethik. Ziel dieses Beitrages ist es, einen Überblick über die Argumente zu geben, die mikropolitische Aktivitäten ethisch rechtfertigen oder verwerfen. Es geht also um eine Klärung von Argumenten und nicht um die Rechtfertigung einer bestimmten Position. Eine ausführliche Analyse der normativen Grundlagen der Zusammenarbeit am Arbeitsplatz allgemein gibt Blickle (2001; 2002 a), speziell für Unternehmen Steinmann/Löhr (1994). Von der Meta-Ethik und der normativen Ethik ist deutlich die sozialwissenschaftliche Erforschung moralischer Phänomene, wie sie z. B. in der Sozialpsychologie oder Organisationspsychologie betrieben wird (Bierhoff, 2000; Bierhoff/Fechtenhauer 2001; Müller 1998) zu unterscheiden. Während die philosophische Ethik rationale Analysen, Systematisierungen und Begründungen anstrebt, will die psychologische Moralforschung diese Phänomene wertneutral beschreiben und kausal erklären. Der vertragstheoretische Ansatz Der auf Thomas Hobbes (1651/1966) zurückgehende vertragstheoretische Ansatz der Ethik (Tugendhat 1993, 79-97) geht davon aus, dass ethische Normen, wie z.B. dass man andere nicht absichtlich täuschen soll, auf wechselseitigen Vereinbarungen bzw. Verträgen beruhen, die, wenn sie von allen eingehalten werden, für alle zum Nutzen sind. Ausgangspunkt des Vertrages sind also Selbstbindungen primär eigeninteressierter Personen. Sie schließen den Vertrag und lassen sich auf die ihre Handlungsmöglichkeiten beschränkenden Selbstbindungen ein, um so langfristig ihren eigenen Nutzen zu mehren. Auf diese Weise soll aus dem Eigeninteresse der Individuen die moralische Norm als Vorteil für alle hervorgehen. Da per definitionem das Eigeninteresse am Anfang steht, gibt es unter diesen Voraussetzungen aber keine rationale Rechtfertigung dafür, warum eine Person sich insbesondere dann nicht an den Vertrag halten soll, wenn sich alle anderen an den Vertrag halten. Denn in dieser Situation kann die betreffende Person alle Vorteile des Vertrages nutzen, ohne selbst Zeitschrift für Personalforschung, 16. Jg., Heft 2, 2002 175 dafür einen Beitrag zu leisten. Dies aber ist genau das Kennzeichen vieler mikropolitischer Handlungskonstellationen: Ein Akteur glaubt, zum eigenen Vorteil andere täuschen zu können, ohne dass sie etwas davon bemerken. Auch wenn man iterative Gefangenen-Dilemmata-Situationen zugrunde legt (Axelrod 1987), ist zwar die Kooperation im Prozess rational, beim letzten Zug bleibt aus einer Perspektive des Eigeninteresses aber die nicht-kooperative Option vorzugswürdig. Denn der letzte Zug in einem iterativen Spiel legt eine Wettbewerbswahl nahe, wenn er durch das Eigeninteresse bestimmt ist, da der letzte Zug der Logik des einmaligen Gefangenendilemmas folgt, in dem das Eigeninteresse Wettbewerb nahe legt (Osterloh 1993; Bierhoff 2000, 393-406). Die ethische Vertragstheorie liefert also keinen Ansatzpunkt dafür, warum der Akteur dies nicht tun dürfte, denn das Fundament der Vertragstheorie ist das (aufgeklärte) Eigeninteresse. Die moralische Intuition, dass man andere nicht absichtlich täuschen soll, findet also in der Vertragstheorie keinen ethischen Rückhalt. Das Prinzip „Verträge müssen eingehalten werden (pacta sunt servanda)“ wird zwar postuliert, kann aber, wie gerade ausgeführt, aus den eigenen Denkprämissen nicht abgeleitet werden. Die Denkfigur des Staates als Leviathan, nämlich als übermächtiger, sekundärer Akteur, geht zwar auch auf Hobbes (1651/1966) zurück. Aber in der am menschlichen Individuum orientierten Denktradition des Kontraktualismus werden Organisationen und Unternehmen nicht als Akteure, sondern als Netzwerke von Verträgen verstanden (Ebers/Gotsch 1999). Es ist in dieser Denktradition daher auch nicht sinnvoll, vom Interesse der Organisation an Mikropolitik zu sprechen, denn Interessen können in diesem Bezugssystem nur Vertragsparteien haben, wie z. B. Agenten und ihre Prinzipale. Wenn diese sich gegen Lug und Trug durch ihren potenziellen Vertragspartner schützen wollen, entstehen Agenturkosten, nämlich z.B. die Kosten von Anreizen für die Verhaltenssteuerung, die Kosten der direktiven Verhaltenssteuerung (Disziplinierung) oder die Kosten von Informationssystemen wie Rechenschaftspflichten, Leistungsvergleiche oder Controllingsysteme. Per definitionem kann man diese Kosten zwar nicht der Organisation zurechnen, sondern nur den Vertragsparteien, aber wer mit den Vorteilen von Mikropolitik im Sinne der Schließung von Steuerungslücken argumentiert, sollte die durch die Antizipation von Mikropolitik entstehenden Agenturkosten auch nicht vernachlässigen. Der Utilitarismus Der Utilitarismus (Höffe 1997, Sp. 311-314) postuliert das Prinzip der Nützlichkeit. Es lautet: „Wähle diejenige Handlung, die das Wohl aller am meisten mehrt!“ bzw. diejenige Handlung ist ethisch geboten, die das größtmögliche Glück der größtmöglichen Zahl von Menschen bewirkt. Der Utilitarismus ist also eine Ethik des Gemeinwohles und eine Ethik der Konsequenzen von Handlungen. Wenn man das Wohl aller dadurch am meisten mehren kann, ist es nicht nur erlaubt, sondern geboten zu lügen, sein Wort zu brechen, Intrigen zu spinnen etc. Aber: Nach dem Moral- 176 Gerhard Blickle: Mikropolitik – eine ethische Analyse prinzip des Utilitarismus ist es dem Einzelnen per se nicht freigestellt, seine eigenen Interessen zu verfolgen. Denn das Wohl aller Menschen zählt gleich – das eigene wie das fremde. Es kommt nicht darauf an, das eigene Wohl zu mehren, sondern das größtmögliche Glück der größtmöglichen Zahl von Menschen zu befördern. Das heißt, Mikropolitik ist per se unzulässig. Eigene Interessen dürfen nur dann verfolgt werden, wenn dadurch zugleich den Interessen der Allgemeinheit maximal gedient ist. Eine neuere Variante des Utilitarismus ist der sogenannte Präferenz-Utilitarismus. Demnach kommt es nicht darauf an, das Glück aller maximal zu mehren, sondern die Erfüllung der Präferenzen aller Personen zu maximieren. Diese Position wird auch von vielen Ökonomen geteilt. Aus ethischer Perspektive ist dies jedoch kurzschlüssig. Eine utilitaristische Ethik kann nicht von den bestehenden Präferenzen von Personen ausgehen, denn es kommt dem Utilitarismus als ethischer Theorie doch gerade darauf an, zu klären, was Personen wollen sollen bzw. wollen dürfen. Zur utilitaristisch begründeten Pflicht ein Beispiel, das den Bereich der Mikropolitik zentral tangiert: Planungsfehler, die Milliardenschäden zur Folge haben, sind Begleiterscheinungen der technisch-industriellen Forschung und Produktion. Wie viele Fallbeispiele belegen (Bultmann 1997), waren diese Mängel und Fehler in den Betrieben, Planungsbüros und Labors oft längst bekannt, ohne dass von der Organisationsspitze die Notbremse gezogen wurde. Wenn Organisationsmitglieder wider alle Regeln der Loyalität und des Arbeitsrechtes diese Missstände heimlich an die Öffentlichkeit bringen – man bezeichnet eine solche Vorgehensweise als whistle blowing, –, handeln sie zwar formal unzulässig, aber durchaus im Sinne des Gemeinwohles. Diese „Form der Mikropolitik“ wäre nach den Grundsätzen des Utilitarismus nicht nur zulässig, sondern sogar eine moralische Pflicht. Es stellt sich allerdings die Frage, ob man eine solche Handlungsweise überhaupt mikropolitisch nennen kann. Zwar handelt es sich um ein verdecktes und organisationsschädliches Handeln, aber es ist eben nicht durch die Verfolgung der eigenen Interessen, sondern durch die moralische Fürsorge für das Wohl anderer Menschen motiviert. Wie bereits ausgeführt, wird Mikropolitik mit dem Hinweis zu legitimieren versucht, dass dadurch Steuerungslücken in schlecht strukturierten komplexen Entscheidungssituationen überbrückt werden könnten (s. o. Neuberger 1995, 190). Ethisch gewendet bedeutet dieses Argument, dass durch Mikropolitik zwar menschliche Akteure materiellen, emotionalen oder moralischen Schaden erleiden können, aber der Akteur Organisation oder Unternehmen davon profitiert und Mikropolitik deswegen auch legitim sei. Hierzu lassen sich aus dem Utilitarismus ganz klare Positionen ableiten: Das vom Utilitarismus angestrebte Allgemeinwohl ist nicht gleichzusetzen mit dem Wohl einer Organisation, sondern das Allgemeinwohl ergibt sich als die Summe des Glückes aller von einer Handlung betroffenen Menschen. Sekundäre soziale Akteure wie Organisationen oder Unternehmen haben im Utilitarismus kein eigenständiges ethisches Gewicht. Man darf daher auch nicht den Nutzen für die Organisation mit dem Nutzen für die Menschen verrechnen, sondern höchstens mit den positiven und negativen Konsequenzen, die das Handeln von Organisationen für Menschen hat. Zeitschrift für Personalforschung, 16. Jg., Heft 2, 2002 177 Die moralische Ablehnung von Mikropolitik findet also in der utilitaristischen Ethik einen Rückhalt. Allerdings hat der Utilitarismus folgende Probleme: (a) Das Moralprinzip des Utilitarismus, das größtmögliche Glück für die größtmögliche Zahl von Menschen, wird nur postuliert, aber nicht weiter begründet. Warum soll z.B. das Glück und die Wohlfahrt von Menschen ein höheres Gut sein als ihre Würde oder ein gerechter Ausgleich von Interessen? Wie kann begründet werden, dass die Summe des Glücks aller, also das Allgemeinwohl, höher bewertet werden soll als die Integrität oder Freiheit des Einzelnen? Das Grundprinzip des Utilitarismus erscheint daher als eine nicht weiter begründbare Setzung, die man zwar akzeptieren kann, aber nicht muss. (b) In der Regel sind Personen nicht in der Lage, im Vorhinein abzuschätzen, welche Handlung das Glück aller maximieren wird. (c) Der Utilitarismus macht Personen zu Sklaven der Moral. Denn die Mehrung des Glücks aller steht immer vor der Verwirklichung eigener Lebensziele. Der Utilitarismus fordert also von jeder Person, wie ein säkularer Heiliger zu handeln. Der Grundrechte-Ansatz Ganz anders argumentiert dagegen der Grundrechte-Ansatz (Vossenkuhl 1997, Sp. 117-118). Dort wird nur zwischen einem Bereich verbotener und einem Bereich zulässiger Handlungen unterschieden. Und alles, was nicht verboten ist, ist erlaubt. Verboten ist es, die ethisch begründeten moralischen Grundrechte anderer Personen zu verletzten. Darüber hinaus können eigene Interessen beliebig verfolgt werden. Als Fundament eines solchen Grundrechte-Ansatzes kann die zweite Fassung des kategorischen Imperatives aus der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten von Kant dienen: Sie lautet: „Handle so, daß Du die Menschheit sowohl in Deiner Person als in der Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst“ (Kant 1785/1968, 429). Diese sogenannte Selbstzweckformel des kategorischen Imperativs wird im Sinne der fundamentalen Grundrechte, nämlich Würde, Freiheit und Leben interpretiert, woraus sich abgeleitete Grundrechte wie das Recht auf rationale Selbstbestimmung, psychische und physische Unversehrtheit, Privatheit oder Gewissensfreiheit ergeben. Folgt man dem Grundrechte-Ansatz, sind wesentliche Aspekte von Mikropolitik ethisch nicht rechtfertigbar: Dies betrifft alle Facetten der auf die Mehrung des eigenen Vorteiles abzielenden Täuschung anderer, denn sie sind eine Einschränkung des Grundrechtes auf rationale Selbstbestimmung des Getäuschten. Außerdem sind sämtliche Formen des Mobbings (Neuberger 1994), also Drangsalieren, Schikanieren und Ausgrenzen, um jemanden zur Un-Person zu machen, nicht rechtfertigbar, denn sie verletzen die Integrität und Würde des Opfers. Der Grundrechte-Ansatz liefert klare ethische Urteile, trotzdem verschafft er dem Akteur einen enormen verbleibenden moralfreien Handlungsspielraum, ohne gleichzeitig gegen moralische Grundintuitionen zu verstoßen. Der auf Kant aufbauende Grundrechte-Ansatz kämpft jedoch mit folgendem Problem: Auch hier wird das Moralprinzip, also der kategorische Imperativ, nur postuliert, aber nicht begründet (Apel 1980, 71-74). Und ebenso wie beim Utilitarismus bleibt die Frage nach einer gerechten Lösung von Interessenkonflikten offen. Eine 178 Gerhard Blickle: Mikropolitik – eine ethische Analyse vieldiskutierte Frage ist auch, wer Träger von Grundrechten sein kann. Gegen die Auffassung, dass Organisationen auch ethisch begründbare moralische Rechte haben, wird eingewandt, dass Organisationen weder Schmerzempfindungen, noch eine Sensibilität für das Leid anderer, noch Mitgefühl, noch ein Gewissen haben. Lenk and Maring (1992) gelangen zu der Auffassung, dass in Bezug auf Organisationen aus ethischer Sicht von einer moralanalogen Verantwortung auszugehen sei, die neben und unabhängig von der Verantwortung einzelner Organisationsmitglieder bestehe. Für die moralanaloge Verantwortung spricht, dass Organisationen in der Lage sind, zu handeln, in dem sie Ziele verfolgen, die weder auf die Ziele aller Organisationsmitglieder zurückführbar noch identisch mit den Zielen aller Organisationsmitglieder sind. Aber: Die moralischen Rechte von natürlichen Personen sind immer bedeutungsvoller als die Nutzen von Rechtspersonen, wie Organisationen und Unternehmen sie darstellen. Deswegen kann Mikropolitik auch nicht mit der möglicherweise gelingenden Anpassung an die Steuerungslücken schlecht strukturierter komplexer Entscheidungssituationen gerechtfertigt werden. Wenn man Organisationen allerdings den Status eines moralischen Akteurs abspricht und ihnen lediglich die Qualität von Rechtspersonen beimisst, stellt sich die Frage, warum es dann ethisch illegitim ist, z. B. im Einstellungsinterview absichtlich bestimmte Tatsachen zu verheimlichen und die Unwahrheit über seine eigenen Absichten zu sagen. Man müsste also auch die Rechtsperson Organisation mit bestimmten, ethisch zu rechtfertigenden Grundrechten ausstatten. Im Gegensatz zu menschlichen Personen können Organisationen sicher kein absolutes Recht auf (Über-)Leben und Freiheit in Anspruch nehmen. Allerdings wäre es ethisch nicht abwegig, ein Recht auf Transparenz von Organisationen beim Abschluss von Verträgen zu postulieren, das lautet: Keine Seite darf gegenüber den anderen Parteien absichtlich falsche Angaben in Bezug auf die dem Vertrag zugrunde liegenden Sachverhalte machen oder relevante Sachverhalte bewusst verschweigen! Denn nur unter dieser Transparenz-Bedingung ist der Akteur Organisation überhaupt potentiell in der Lage, rationale Entscheidungen zu treffen. Offen bleibt dann aber, ob man den Akteur Organisation im Sinne Kants im vollen Umfang als rationales Wesen zu verstehen hätte. Die Lehre von der moralischen Doppelwirkung Bisweilen ist auch versucht worden (Velasquez/Moberg/Cavanagh 1983), die Lehre des Thomas von Aquin (1225-1274) von der moralischen Doppelwirkung (Solomon 1992) auf mikropolitische Handlungen anzuwenden. Sie spielt bis heute in der katholischen Moraltheologie eine wichtige Rolle. Diese Lehre besagt, dass eine Handlung, die sowohl gute als auch schlechte Konsequenzen hat, dann zulässig ist, wenn die Handlung als solche selbst nicht ethisch-moralisch verwerflich ist, wenn die schlechte Konsequenz der in Frage stehenden Handlung nicht beabsichtigt, sondern nur missbilligend in Kauf genommen wird, wenn die angestrebte gute Konsequenz nicht erst durch die schlechte Konsequenz ermöglicht wird und wenn die positive Konsequenz die schlechte Konsequenz deutlich überwiegt. Ein Beispiel: Jemand erfährt, dass gegen ihn eine Intrige läuft. Ein Kollege hat ihm absichtlich falsche Daten Zeitschrift für Personalforschung, 16. Jg., Heft 2, 2002 179 geliefert, die er bei einer Sitzung vortragen soll. Ein Vertrauter des Kollegen, der ebenfalls bei der Sitzung erscheinen wird, wird dies als Gelegenheit nehmen, um ihn zu desavouieren. Es besteht jedoch keine Chance, die Angelegenheit kurzfristig aufzuklären. Deshalb entschließt sich die Person, nicht an der Sitzung teilzunehmen und macht an diesem Tag eine Geschäftsreise. Dadurch muss er aber eine Verabredung mit einem Mitarbeiter absagen, um die dieser dringend gebeten hatte. Der Mitarbeiter ist deswegen sehr enttäuscht. Der effektive Selbstschutz vor einer Intrige wiegt hier ethisch deutlich höher als die Enttäuschung des Mitarbeiters, der auf Hilfe und Unterstützung durch das Gespräch gehofft hatte. Vom Utilitarismus unterscheidet sich die Lehre vom doppelten Effekt darin, dass der Utilitarismus keine in sich schlechten Handlungen kennt. Vor dem Hintergrund des Grundrechte-Ansatzes könnten solche Handlungen als in sich ethisch inakzeptabel bezeichnet werden, die Grundrechte anderer Personen verletzen. Wenn man akzeptiert, dass man an sich gute und an sich schlechte Handlungen zu unterscheiden vermag, dann liefert also die Lehre von der moralischen Doppelwirkung eine Entscheidungsanleitung zur Prüfung von mikropolitischen Aktivitäten auf ihre ethische Legitimität. Es bleibt aber eine Sache der Abwägung, wie deutlich die positive Konsequenz die schlechte Konsequenz überwiegen muss, damit die Handlung ethisch zulässig ist. Die Diskursethik Bei der Gerechtigkeitsperspektive geht es um den Ausgleich konfligierender Interessen, also um die Frage, wie die Interessen des Einzelnen mit den Interessen der Organisation und der anderen Organisationsmitglieder legitim verbunden werden können. Mikropolitik ist dagegen der Versuch, eigene Interessen einseitig durchzusetzen. Mikropolitik kann deshalb ungerecht sein, weil Personen Intransparenz ausnutzen, um ihre Arbeitsleistungen zurückzuhalten oder organisationale Ressourcen für eigennützige Zwecke verwenden. Mikropolitik kann ungerecht sein, weil durch sie Personen, z.B. durch Verheimlichung, von der Mitwirkung an sie betreffenden Entscheidungen ausgeschlossen werden. Sie kann ungerecht sein, weil durch sie Personen diskriminiert werden können, d.h., die ihnen zustehende Gleichbehandlung wird ihnen vorenthalten. Und sie kann ungerecht sein, weil durch sie der Abbau ungerechter formaler Regelungen verhindert wird. In der Diskursethik spielen Gerechtigkeitsfragen eine besondere Rolle. Das Moralprinzip der Diskursethik ist der sogenannte Universalisierungsgrundsatz (Habermas 1983, 75-76), der lautet: Jede gültige Norm muss der Bedingung genügen, dass die Folgen und Nebenwirkungen, die sich jeweils aus der allgemeinen Befolgung dieser Norm für die Befriedigung der Interessen eines jeden Einzelnen (voraussichtlich) ergeben, von allen Betroffenen akzeptiert (und den Auswirkungen der bekannten alternativen Regelungsmöglichkeiten vorgezogen) werden können. Dieser Universalisierungsgrundsatz wird von der Diskursethik mit folgenden Überlegungen gestützt: Jeder Skeptiker, der gegenüber anderen die ethische These begründen will, dass es keine allgemein verbindlichen rationalen Normen gäbe, müsse beginnen, zu argumentieren. Der Skeptiker habe sich damit faktisch bereits auf eine rationale Argumentation eingelassen. Wenn er sich aber auf eine 180 Gerhard Blickle: Mikropolitik – eine ethische Analyse rationale Argumentation eingelassen hat, habe er damit die Voraussetzungen des Argumentierens und das Universalisierungsprinzip als dessen Implikation bereits akzeptiert. Im Gegensatz zum Utilitarismus oder zum kategorischen Imperativ Kants ist damit der oberste Grundsatz der Diskursethik nach Auffassung der Vertreter der Diskursethik rational fundiert. Der Universalisierungsgrundsatz lässt sich als Versuch der Synthese utilitaristischer und kantianischer Denktraditionen verstehen. Deswegen sind auch hier nur natürliche und nicht Rechtspersonen (Organisationen, Unternehmen, Staaten) Träger primärer ethischer Ansprüche. Die Legitimation von Mikropolitik mit Organisationsinteressen scheidet daher aus. Die Vertreter der Diskursethik räumen jedoch ein (Apel 1988, 297-305), dass eine rationale, argumentative Klärung von Interessenkonflikten durch alle Betroffenen im Alltag selten anzutreffen ist. Für diejenigen Fälle, in denen sich der Kontrahent gezielt einer argumentativen Auseinandersetzung verweigert oder sie aufgrund von Systemzwängen verweigern muss oder sich an der Argumentation nur in täuschender Absicht beteiligt – mindestens die erste und dritte Bedingung sind klassisch mikropolitische Konstellationen (s.o.), soll der Akteur in einem inneren Dialog mit sich selbst eine Konfliktlösung suchen, die den Interessen aller Beteiligten Rechnung trägt und diese Lösung dann notfalls auch mit mikropolitischen Mitteln, also Verheimlichung, Zwang oder Täuschung durchsetzen. Der Einsatz derartiger Mittel ist jedoch nur in dem Maß erlaubt, wie dadurch schrittweise eine argumentative Klärung von Gerechtigkeitsfragen möglich wird. Die strategische Instrumentalisierung anderer Menschen ist also dem Grundsatz der progressiven Erübrigung unterzuordnen. Auch die Befolgung von mit Kontrahenten argumentativ entwickelten Normen ist nach Auffassung der Diskursethik solange keine ethisch-moralische Pflicht, wie davon ausgegangen werden muss, dass sich nicht alle an die vereinbarten Normen halten und die Befolgung der Normen dadurch mit unzumutbaren Nachteilen verbunden ist (Habermas 1992, 148). Dies kann im Sinne eines Rechtes, sich fremder Kontrolle auch durch mikropolitische Mittel zu entziehen, verstanden werden. Dabei sind m.E. jedoch drei Aspekte zu beachten: Es muss zum Ersten sehr sicher sein, dass der Gegenakteur seine Interessen aggressiv, d.h. mit schädigender Absicht gegen den Akteur, verfolgt. Zweitens muss sich die selbstschützende Gegenaggression am Übermaßverbot orientieren, d.h., sie soll lediglich dazu dienen, den status quo ante wiederherzustellen oder weiteren Schaden abzuwehren. Drittens sind die eingesetzten Mittel und die angestrebten Ziele nach dem Grundsatz der progressiven Erübrigung auszuwählen (s.o.). Die partielle Legitimation mikropolitischer Aktivitäten mit dem Grundsatz der progressiven Erübrigung wirft erneut die Frage auf, ob man solche Handlungsweisen überhaupt mikropolitisch nennen kann. Insofern aber die Handlungen nicht nur von der moralischen Fürsorge für das Wohl anderer Menschen motiviert sind, sondern auch vom eigenen Interesse, die Bedingungen der Möglichkeit für eine argumentative Klärung von Interessenkonflikten in Organisationen herzustellen oder zumindest zu verbessern, fallen Mikropolitik und moralisches Handeln zusammen. Der Grundsatz der progressiven Erübrigung stellt gegenüber der Lehre vom doppelten Effekt eine Zeitschrift für Personalforschung, 16. Jg., Heft 2, 2002 181 Liberalisierung ethischer Anforderungen an mikropolitische Handlungen dar, denn während bei der Lehre vom doppelten Effekt ausdrücklich abgelehnt wird, dass schlechte Mittel für einen guten Zweck eingesetzt werden dürfen, lässt der Grundsatz der progressiven Erübrigung dies zu. Damit wäre eine klare Orientierung gegeben, unter welchen Bedingungen und mit welchen Einschränkungen mikropolitische Aktivitäten ethisch legitim sind. Apel hatte diesen Grundsatz ausdrücklich mit dem Ziel, eine verantwortungsethische Orientierung zu geben, formuliert. Auch in Situationen, in denen moralisch motivierte Personen in einem Umfeld agieren müssen, das zumindest aktuell sich noch nicht an legitimen Formen der Kommunikation und Interaktion orientiert, soll die Person gestaltend die Situation zu verbessern versuchen, anstatt sich untätig darauf zurückziehen zu müssen, dass sie nichts tun könne, weil jedes gewählte Mittel moralisch verwerflich wäre. Max Weber charakterisierte diese von ihm kritisierte gesinnungsethische Moral wie folgt: „Der Christ handelt recht und stellt den Erfolg Gott anheim“ (Weber 1973a, 269). Legitime obgleich regelwidrige Formen der Mikropolitik in diesem verantwortungsethischen Sinne können z.B. Widerstandsspiele oder die Spiele zur Realisierung organisationalen Wandels, wie sie von Mintzberg (1983) systematisiert worden sind, sein. Dies bedeutet aber auch, dass wer organisatorische Strukturen ethisch motiviert (um-)gestalten will, sensibel für ihre mikropolitische Instrumentalisierbarkeit sein muss (Mohr 1999, 152-156). Der Dezisionismus Die Kritiker der normativen Ethik, sei diese nun kontraktualistisch, utilitaristisch, kantianisch, thomistisch oder diskurstheoretisch, vertreten die Auffassung, dass eine allgemeinverbindliche Begründung von ethischen Prinzipien nicht möglich sei. Vielmehr beruhe die Akzeptanz dieser Prinzipien auf einer nicht weiter rational begründbaren – häufig impliziten – Entscheidung. Eine normativ-ethische Reflexion von Mikropolitik würde sich damit erledigen. Die Bindung an letzte Prinzipien oder Werte beruhe auf der Verankerung von Menschen in bestimmten historisch gewachsenen Gemeinschaften. Dieses Argument wurde schon von Hegel gegen Kant vorgebracht und wird heute von den Kommunitaristen (Honneth 1993) vertreten. Der locus classicus dieses Argumentes ist das Werk Max Webers. Für ihn ist eine rationale Begründung von Normen, wie sie von der normativen Ethik angestrebt wird, unmöglich. „Sie ist prinzipiell sinnlos, weil die verschiedenen Wertordnungen der Welt in unlöslichem Kampf untereinander stehen ... Je nach der letzten Stellungnahme ist für den Einzelnen das eine der Teufel und das andere der Gott, und der Einzelne hat sich zu entscheiden, welches für ihn der Gott und welches der Teufel ist“ (Weber 1973b, 328-330). Man bezeichnet dies als dezisionistische Position. Sie sagt, dass man ethische Prinzipien nicht begründen könne, sondern man könne sich lediglich für sie entscheiden. Gegen den Vorwurf des Dezisionismus ist von der Diskursethik (Habermas 1983) zur Verteidigung der normativen Ethik darauf hingewiesen worden, dass jede Person, die dafür argumentiert, dass es keine allgemeinverbindlichen ethischen Prinzipien gebe, sich bereits in einem Selbstwiderspruch verfangen habe. Denn jeder der argumentiert, anerkennt damit, dass er seinen Partner allein durch Einsicht in seine 182 Gerhard Blickle: Mikropolitik – eine ethische Analyse Argumente zur Annahme der eigenen Position bewegen möchte. Damit hat er aber bereits den Grundsatz der Diskursethik akzeptiert, dass eine Norm nur dann gültig ist, wenn sie durch einen zwanglosen Konsens in einer rationalen Argumentation akzeptiert worden ist. Die hermeneutische Ethik Ähnlich wie der Dezisionismus geht auch die hermeneutische Ethik davon aus, dass es kein allgemeines, überhistorisch gültiges Moralprinzip gibt (Gadamer 1968). Ethische Prinzipien werden dort als Abstraktionen von konkreten Situationen verstanden. Das entscheidende Kriterium für die Anwendung einer Norm stellt das Verstehen der Situation dar, in der die Norm potenziell angewendet werden soll. Zwischen der abstrakten Norm und der praktischen Wirklichkeit der Handlungssituation besteht jedoch eine Differenz, weil Normen allgemein sind und deshalb die Situation in ihrer vollen Konkretion nicht enthalten können. Moralische Prinzipien befinden sich daher in einem ständigen Prüf- und Korrekturprozess. Normen können keine Anleitung geben, was in einer konkreten Situation zu tun ist, sondern je nach Situationsverständnis liegt die Orientierung an der einen oder anderen Norm näher. Das Verständnis der ethisch richtigen Entscheidung bildet sich erst im Prozess des Verstehens der Situation. Hat sich der Akteur ein Urteil darüber gebildet, was in einer Situation ein moralisch legitimes Ziel ist, erfordert die Wahl der richtigen Mittel praktische Klugheit. Auch dies ist ein hermeneutischer Prozess der alternativen Konstruktion von Handlungsmöglichkeiten. Der hermeneutische Ansatz macht auf die bedeutende Rolle eines adäquaten Situationsverstehens für ethisch-moralische Entscheidungen aufmerksam. Gleichwohl lässt er den Akteur fast ratlos zurück. Auf die Fragen, „Was soll ich tun?“, „Was darf ich tun?“, bekommt er die Antwort, „Das kommt darauf an“. Mohr (1999) hat vor diesem hermeneutischen Hintergrund mikropolitische Prozesse analysiert und dazu das mögliche moralische Selbstverständnis einer von ihm so genannten pragmatischen Moralistin skizziert. Sie orientiert sich an der Maxime: „Verhalte dich so weit wie moralisch möglich egoistisch“ (Mohr 1999, 61). Sie handelt nicht moralisch aus vernünftiger Einsicht, sondern weil sie es nicht „ausstehen“ kann, wenn anderen die Möglichkeit, sich selbst zu entscheiden, genommen werden soll. Sie hat also diese moralische Norm als Teil ihrer persönlichen postmodernen Identität verinnerlicht. Die Bindung an die Moral ist nicht durch ein „Du sollst!“ sondern durch ein „Ich will es so!“ charakterisiert. An die Stelle von Pflicht- und Anpassungswerten sind Selbstentfaltungs- und Selbstverwirklichungswerte getreten (v. Rosenstiel/Stengel 1987). Es gilt für die postmoderne Moralistin als Mitglied einer Organisation die Fähigkeit zu entwickeln, moralisch relevante Bedrohungen anderer Personen durch Mikropolitik zu entdecken und Handlungsmöglichkeiten zur Abwehr zu erkennen. Eine moralische Solidaritätspflicht liegt dann vor, wenn ein subjektives Recht einer Person verletzt wird und diese sich selbst nicht helfen kann. Die pragmatische Moralistin geht dabei zwei Risiken ein: Zum einen besteht die Gefahr, bei dem Versuch, anderen zu helfen, ihren persönlichen Interessen zu schaden und zum anderen, dass ihr eigenes Handeln Nebenfolgen nach sich zieht, die nicht mehr mit guten Zeitschrift für Personalforschung, 16. Jg., Heft 2, 2002 183 Gründen verteidigt werden können. Die Position der pragmatischen postmodernen Moralistin ist ein aktueller Versuch, das moralische Selbstverständnis mancher mikropolitischer Akteure zu erhellen. Seine Stärke ist, aufzuzeigen, warum Personen motiviert sein könnten, auch in Organisationen moralisch zu handeln, obwohl sie dort täglich die Erfahrung machen, auf Menschen zu treffen, die irrational, kurzsichtig, lernunwillig, egoistisch, widersprüchlich, dumm und scheinheilig agieren. Aber dies ist bereits eine organisationspsychologische Hypothese, und daher muss die ethische Analyse hier enden. Man muss die Unbestimmtheit des hermeneutischen Ansatzes hinsichtlich eindeutiger ethischer Urteile aber nicht nur als Nachteil sehen, sondern kann gerade darin eine besondere Qualität erkennen, wenn damit nicht gleichzeitig ein Verzicht auf rationale Argumentationen in moralischen Fragen impliziert sein soll, sondern lediglich der Anspruch bestimmter allgemeiner Normen, letzte oder höchste Prinzipien zu sein, in Frage gestellt wird. Denn ethische Prinzipien werden dort als Abstraktionen von konkreten Situationen verstanden. Diese sogenannten Prinzipien im Sinne erster Normen wie etwa die Gemeinwohlorientierung, dass durch eine Handlung das größtmögliche Glück für die größtmögliche Zahl von Personen anzustreben sei, dass Menschen im Sinne der Grundrechte nicht nur als Mittel, sondern immer als Zweck in sich selbst zu respektieren sind, oder dass eine Entscheidung im Sinne des Universalisierungsgrundsatzes dann gerecht ist, wenn ihr alle Betroffenen potenziell zustimmen können, bilden gemeinsam orientierende Ausgangspunkte für eine rationale Argumentation zur ethischen Legitimität von Mikropolitik. Die wesentliche Akzentverschiebung ist dabei, dass keiner dieser Normen mehr der Status eines letzten und höchsten Prinzips eingeräumt wird. Die Lehre von der moralischen Doppelwirkung sowie der Grundsatz der progressiven Erübrigung können im hermeneutischen Ansatz als Brückenargumente zwischen Situationsanalysen und allgemeineren ethischen Normen verstanden werden. Beide gilt es mit unseren moralischen Intuitionen zu konfrontieren, die als moralische Vor-Urteile zu verstehen sind. Diese sind selbst theoriebeladen, wandlungsfähig und in vielen Fällen widersprüchlich (Nida-Rümelin 1996, 60). Wenn es gelingt, die reflektierten Vor-Urteile in ein rational kohärentes Überlegungsgleichgewicht (Rawls 1975, 38f.) mit allgemeineren moralischen Normen zu bringen, trägt dies dazu bei, das Rationalitätspotenzial normativer Überzeugungen auszuschöpfen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass in konkreten Entscheidungssituationen der faktische interpersonale Konsens, ob eine bestimmte mikropolitische Strategie oder Handlung ethisch legitim ist, steigt. Denn ein solcher Konsens hängt nicht nur von der normativen Übereinstimmung, sondern auch von der Übereinstimmung hinsichtlich der Einschätzung der empirischen Situationsgegebenheiten im Sinne von Anwendungsbedingungen der moralischen Regeln ab. Fazit Wie die Ausführungen dieses Beitrages zeigen sollen, gibt es aus ethischer Perspektive keine eindeutige Antwort auf die Frage, ob Mikropolitik legitim ist oder 184 Gerhard Blickle: Mikropolitik – eine ethische Analyse nicht. Zunächst kommt es darauf an zu bedenken, wer überhaupt Träger ethisch gerechtfertigter moralischer Ansprüche sein kann, nur natürliche Personen oder auch Rechtspersonen wie Organisationen oder Unternehmen. Weiterhin gilt es darzulegen, wodurch eine Person motiviert sein soll oder muss, moralisch orientiert zu handeln – durch Konvention, rationale Einsicht und/oder eine bestimmte Konstruktion der eigenen Identität? Eine weitere Frage ist, welcher Instanz man den Vorrang einräumt: den ethischen Prinzipien oder dem jeweiligen Situationsverständnis? Aber auch wenn man den ethischen Prinzipien den Vorrang in dem Sinne einräumt, dass man aus ihnen Interpretationsanleitungen für Situationen gewinnen kann, stellt sich die Anschlussfrage, ob man diese Prinzipien gesinnungsethisch oder verantwortungsethisch anwendet. Und ist man schließlich bereit, das zunächst ausgeschlossene Handeln mit schlechten Konsequenzen oder unmoralischen Mitteln aus verantwortungsethischer Perspektive doch zuzulassen, bleibt immer noch ein Abwägen, in welchem Ausmaß schlechte Konsequenzen oder unmoralische Mittel ethisch gerechtfertigt toleriert werden dürfen. Führt die Dosis des Schlechten, die man zu tolerieren bereit ist, letztendlich zu einer rationaleren und gerechteren Klärung von Gerechtigkeitsfragen oder führt das Gutgemeinte eher zu einer Verschlechterung im Sinne einer Destabilisierung von für die Zusammenarbeit in Organisationen essenzieller organisatorischer Regelungen? Auch der hermeneutische Ansatz kann keine eindeutigen Urteile vor der Reflexion der unmittelbaren Situationsgegebenheiten liefern. Allerdings bietet er in Verbindung mit der Denkfigur des kohärenten Reflexionsgleichgewichtes eine Perspektive, die verschiedenen Prinzipienethiken zu integrieren und sie über die beiden Brückenprinzipien, nämlich der Lehre vom doppelten Effekt sowie dem Grundsatz der progressiven Erübrigung mit dem Situationsverständnis zu vermitteln. Im Idealfall sollten dann die Prinzipien in einem dreifachen Sinn durch das kohärente Reflexionsgleichgehwicht aufgehoben sein: nämlich erstens als letzte Prinzipien relativiert, zweitens gleichwohl aber berücksichtig und damit insgesamt drittens auf ein höheres Niveau gehoben. Literatur Apel, Karl-Otto (1980): Studienbegleitbrief 2. Funkkolleg Praktische Philosophie/Ethik. Weinheim. Apel, Karl-Otto (1988): Diskursethik als Verantwortungsethik und das Problem der ökonomischen Rationalität. 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