Innenohr Christian Mozet Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde Universitätsmedizin Leipzig Direktor: Univ.-Prof. Dr. med. Andreas Dietz Sektion Phoniatrie und Audiologie Leitung: Prof. Dr. med. Michael Fuchs Leipzig, 02.06.2014 Otosklerose • Ursache: Knochenumbauprozess mit Verknöcherung der Stapesfußplatte (Stapesankylose) • Symptome: Schwerhörigkeit, Tinnitus • Frauen häufiger, 20.-40. LJ, nach SS, familiär • Befund: „Arzt sieht nichts, Patient hört nichts“ Otosklerose – Audiogramm präoperativ Stapesplastik Stapesplastik Stapesplastik Otosklerose – Audiogramm postoperativ Innenohr Labyrinth-Bogengänge Vestibulum Stapes und Fußplatte * * * * * N. Vestibulocochlearis Cochlea Tube * Anatomie Felsenbein Innenohr Hör- und Gleichgewichtsorgan Knöchernes-häutiges Labyrinth Cochlea, Vestibulum, Bogengänge Perilymphraum (zwischen häutigem und knöchernen Labyrinth—über Ductus perilymphaticus mit SAR in Verbindung) Endolymphraum (füllt häutiges Labyrinth, Resorption in Saccus endolymphaticus) Gehör • Das Ohr ist ein wichtiges Sinnesorgan • Grundlage für : • Sprach- und Intelligenzentwicklung • Kommunikation • Umgebungskontrolle (z.B.: Gefahrenabwehr) Nicht sehen trennt von den Dingen, nicht Hören trennt von den Menschen Immanuel Kant Hören 16Hz-20.000Hz; 20x10-6-20 Pa Schalltransport (Impedanzwandlung durch TF und Kette bis 22-fach) Tonotopie (frequenzabh. Amplitudenmaximum/Wanderwellentheorie) Schalltransformation (mechanoelektrische Transduktion) Reizfortleitung Reizverarbeitung Grundbegriffe Hören Tonotopie/Dispersion Schalltransformation Hörbahn 1. Neuron: (bipolare NZ) Ganglion spirale cochleae bis Cochleariskern im HS (ventral/dorsal) 2. Neuron: Von dorsal gekreuzt zu Colliculus inferior von ventral zur oberen Olive 3. Neuron Lemniscus lateralis zum Corpus geniculatum 4. Neuron zu Heschl-Querwindung im Schläfenlappen/sekundäre Hörrinde Hörsturz Def.: Plötzliche Schallempfindungsschwerhörigkeit cochleärer Genese Symptome: HM, (Schwindel, Tinnitus) „Verzerrthören“ (Diplakusis) Pathomechanismen Durchblutungsstörungen,Störungen der Ionenkanäle der Haarzellen,NeurotransmitterDysfunktion, efferente Fehlsteuerungen, Störungen der Ionenkanäle, entzündliche Veränderungen Therapie: Infusionstherapie (Rheologika, Glukokortikoide, Lärmhygiene) Apherese, ionotrope Therapie, Sauerstofftherapie (HBO), Antioxydantien CAVE: (toxische Innenohrschäden) Innenohrtoxische Stoffe Aminoglykosidantibiotika Reserveantibiotika ! Cisplatin Schleifendiuretika Chinin ASS (2-5g) Quecksilber, Mangan, Cadmium, Benzol Cochlea Implantation ?? Gleichgewicht Gleichgewichtssinn Zentrum: Innenohr und Kleinhirn. Verbindung mit den Augenmuskelkernen sowie mit Stellreflexen Gleichgewichtssinn: Empfinden für oben und unten (Lotrichtung), für Winkel bzw. Neigungen (Lageorientierung) sowie für Linear- und Drehbeschleunigungen des Kopfes in allen Richtungen Verschaltung der Vestibulariskerne mit: --- Halsmuskulatur (N. spinalis accessorius) --- Skelettmuskulatur (Motoneurone des RM, Tractus vestibuloreticulospinalis --- Augenmuskelkerne Gleichgewicht Gleichgewichtsorgan: 2 Makulaorgane -- Linearbeschleunigung 3 Bogengangsorgane -- Drehbeschleunigung Motoneurone des Halsmarks Motoneurone der Extremitätenmuskulatur Ncl. vestibulares Augenmuskelkerne Kleinhirn Formatio reticuaris RaumKonzept Gleichgewicht Vestibulum Sacculus und Utriculus Registrierung von Linearbeschleunigung Sinneszellen: Macula sacculi/urticuli Bogengänge Halbkreisförmig, 90-Grad-Winkel Lateral, anterior, vertikal Erweiterung vor Vestibulum=Ampulle, Ort der Sinneszellen Registrierung von Winkelbeschleunigung Gleichgewichtsorgan Macula (Linearbeschleunigung) 100 Stereozilien/1 Kinozilium in gallertige Otolithenmembran eingebettet (Otolithenmembran dichter als Endolymphe) Ampulle (Winkelbeschleunigung) Sinnes- und Stützzellen auf Crista ampullaris Haarzelle mit 50 Stereozilien und 1 Kinozilium (Cupula und Endolymphe mit gleicher Dichte) Ursachen Gleichgewichtsstörungen • • • • • • • Zentrale Gleichgewichtsstörungen Herz-, Kreislauferkrankungen Halswirbelsäulenerkrankungen Ophthalmologische Erkrankungen Vestibuläre Schäden Psychisch … Schwindelanamnese • Frage: zentral oder peripher?? • peripher: systematischer Schwindel !! – – – – – – – Fallneigung zu einer Seite Drehschwindel gerichtet ggf. Hörminderung und/oder Tinnitus keine Cephalgien keine weiteren neurologischen Defizite ggf. Lage-Lagerungsabhängigkeit gerichteter Nystagmus Peripherer Schwindel A) Benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel (bpL) (Kanulolithiasis) B) Vestibularisausfall C) Morbus Meniere (Trias: HM, Schwindel, Tinnitus) D) (Lermoyez-Syndrom) (Anstieg Hörvermögen im Anfall) E) Tumarkin-Krise Otolithenkrise-Druckschwankung Endolymphe—vestibulosp. Tonusverlust/Sturz F) Tullio-Phänomen >90db> Druckwellenankopplung an Vestibulum G) Phobischer Schwankschwindel „Störungen“ des Gleichgewichtsorgans • vestibulärer Reiz führt zur ipsilateralen Tonisierung vestibuläre Tonusverschiebungen führen also zu Abweichreaktionen • vestibulärer Ausfall/Untererregbarkeit führt zu Detonisierung mit Fallneigung zur kranken Seite • vestibuläres Ungleichgewicht führt zu Nystagmus • vegetative Begleitsymptomatik (Übelkeit/Erbrechen) „Schwindel“-Diagnostik • Schwindelanamnese • Abweichreaktionen • klassische Vestibularisprüfungen • Rotationstests Vestibuläre Störungen • Fallneigung… • Gangabweichung.. • Drehung beim Tretversuch… nach der Seite des kranken Ohres bzw. in Richtung der langsamen Komponente der Nystagmusschläge (Kleinhirnkranke fallen variabel in Richtung der Kopfdrehung) Vestibulospinale Reflexe Ziel: Überprüfung von Abweichreaktionen • Romberg-Stehversuch • Unterberger Tretversuch • Gangabweichung Erweiterte vestibulospinale Reflexe • Craniocorporographie• Aufzeichung von Bewegung durch aufgesetzte Lämpchen im Steh und Tretversuch • Posturographie• Registrierung von Körperschwankungen auf der elektronischen Waage, ggf. Kippbühne zur Schwerpunktverlagerung Klassische Vestibularisprüfung • Aufzeichnen von Nystagmusbewegungen in Ruhe, nach Provokation, nach Lagewechseln und nach adäquater Reizung des Gleichgewichtsorgans (Wasser kalt/warm, Luft) Gleichgewichtsorgan- Störungen • • • • • • • • otologische Ursachen Entzündungen ( bakteriell, viral) Intoxikation Traumen M. Meniere Akustikusneurinom akuter Vestibularisausfall benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel Vestibularisausfall • Inzidenz: beträgt 3,5 pro 100000 pro Jahr • dritthäufigste peripher-vestibuläre Schwindelform (nach BPLS und Mb. Meniere) • Erkrankungsmaximum liegt zwischen der 3. und 6. Lebensdekade • Ursache: entzündlicher Prozesse wie Virusinfektion oder -reaktivierung ("Neuritis") oder eine Durchblutungsstörung vermutet Akuter Vestibularisausfall • Akut einsetzender Drehschwindel (gerichtet!!) • Übelkeit, Erbrechen • Dauer: 24 Std bis 4 Wochen, langsam abklingend • Fallneigung, Gehunfähigkeit • Spontannystagmus in das gesunde Ohr – Horizontalnystagmus, ggf. mit rotatorischer Komponente – Verstärkt bei Lagerung auf krankes Ohr • Ipsipulsion zur kranken Seite – (Romberg, Unterberger) Gleichgewichtsstörungen/ Therapie • • • • Bettruhe, frühe Mobilisation Medikamentöse Ruhigstellung (Sedativa) Antiemetika ( z.B.Vomex) Durchblutungsförderung (Infusionstherapie) • Glukokortikoide nach Stennert-Schema • Betahistidin (Äquamen) • Vestibularistraining (Kompensation) Benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel (BPLS) • Erstmals erwähnt von Adler 1897 • Eine der häufigsten Schwindelformen älterer Menschen • Harmlos aber äußerst unangenehm • Canalolithiasis BPL • Diagnosesicherung: Dix-Hallpike-Lagerungsprobe • Ursache: freie Otolithen der Otolithenmembran werden in die Bogengänge gespült und lösen dort Reize aus • Therapie: Abfolge von Körperlagerungs- und Kopflagerungsübungen, mit denen diese aus den Bogengängen herausbefördert und in eine unschädliche Ruheposition gebracht werden • Epley-Mannöver • bei 30-50 % der Patienten innerhalb von 2 Jahren Rückfälle. Mb. Meniere Prosper Menière (Paris, 1799–1862) Symptome: - Hörminderung (Tieftonsenke) - Schwindel (anfallsartig, Reiz- später Ausfallnystagmus) - Tinnitus, ggf. Ohrdruck Mb. Meniere • Ursache : endolymphatischer Hydrops (Hydrops cochleae, Überdruck in der Gehörschnecke, Überproduktion?, Resorptionsstörung im Saccus endlolymphaticus?) • Ein zu hoher Druck auf die Reißner-Membran führt zum Einreißen oder einer erhöhten Durchlässigkeit des Endolymphschlauches. Mischen der Peri- und Endolymphe, elelektrische Prozesse gestört. Therapie des Mb. Meniere • Infusionstherapie • Betahistin (Angriff auf H1-Rezeptoren des Innenohrs und Hemmung der Vestibulariskernen) • Schleifendiuretika (Furosemid, Wirkung nicht belegt) • Salzarme Kost • (Klockhoff-Test)-Glycerolbelastungsprobe (erhöhte Serumosmolalität führt zu Minderung des Endolymphydrops und temporärer Hörverbesserung) • operative Verfahren (Gentamycin-Applikation, Sakkotomie, Neurektomie des Ganglion vestibulare) Gleichgewichtsstörungen/ otologische Ursachen Zusammenfassung • Schlüsselstellung des HNO-Arztes in der DD Schwindel • Lage- und Lagerungsprüfung als einfache und unverzichtbare Diagnostikmethoden • BPLS als häufigste Ursache des periphervestibulären Schwindels • Befreiungsmanöver und Physiotherapie als wichtiger Behandlungsansatz