Liebe Patientin, lieber Patient, Prof. Dr. Carolin Tonus Dr. Gero Neupert Chefärztin Allgemein- und Viszeralchirurgie Oberarzt Allgemein- und Viszeralchirurgie Erkrankungen der Schilddrüse sind häufig. Es gibt verschiedene Behandlungsverfahren in Abhängigkeit von dem jeweiligen Grundleiden. Der chirurgische Eingriff stellt eine Therapiemöglichkeit dar. Jährlich werden in Deutschland ca. 120.000 Betroffene operiert. Sie sind nicht alleine! Wir haben uns in der Asklepios Klinik Nord auf die Behandlung von Schilddrüsenerkrankungen spezialisiert. Der chirurgische Eingriff erfüllt – für Ihre Sicherheit – höchste medizinische und technische Standards (z.B. Operateure tragen Lupenbrille, Verwendung von Neuromonitoring zur Kontrolle und Schonung der Stimmbandnerven). Es ist schön, dass Sie zu uns gekommen sind. Ein erfahrenes Behandlungsteam wird sich um Ihr Wohlergehen kümmern. Persönliche Fürsorge ist uns dabei besonders wichtig! Mit den besten Wünschen für Ihre Genesung. Prof. Dr. Carolin Tonus www.asklepios.com/nord 1 Spezialsprechstunde Schilddrüsenerkrankung Terminvereinbarung: Interdisziplinäres Zentrum Telefon: (040) 18 18 - 87 16 00 Weitere Auskünfte erteilt Ihnen gerne das Sekretariat. Prof. Dr. Carolin Tonus Chefärztin Allgemein- und Viszeralchirurgie Fachärztin für Chirurgie / Viszeralchirurgie / Proktologie Telefon: (040) 18 18 - 87 36 67 Fax: (040) 18 18 - 87 31 12 Mail: [email protected] www.asklepios.com/nord 2 Erkrankungen der Schilddrüse Medizinische Grundlagen In der Schilddrüse wird das Schilddrüsenhormon produziert. Es hat eine wichtige Funktion bei der Regulation von Stoffwechselaktivitäten des Körpers. Bei einer Schilddrüsen-Überfunktion wird zu viel, bei einer Unterfunktion zu wenig Schilddrüsenhormon gebildet. Im Rahmen von Studien zeigt sich, dass jeder dritte Deutsche eine krankhaft veränderte Schilddrüse aufweist. In der Regel handelt es sich um eine gutartige Schilddrüsenvergrößerung (Kropf). Frauen und Männer sind gleichermaßen betroffen. Ursache ist in den meisten Fällen Jodmangel. Die häufigste Erkrankung ist die sog. Knotenstruma (knotige Vergrößerung der Schilddrüse; einknotig oder mehrknotig) ohne Störung der Schilddrüsenfunktion. Seltenere Erkrankungen sind [4]: • Knotenstruma mit Überfunktion (sog. autonomes Adenom) • Knotenstruma mit sog. „kalten Knoten“ • Morbus Basedow • Schilddrüsenentzündungen (z.B. Autoimmunthyreoiditis Hashimoto) • Fehlanlage des Organs • Schilddrüsenkrebs www.asklepios.com/nord 3 Anatomie der Schilddrüse Die Schilddrüse ist wie ein "H" geformt und liegt vor der Luftröhre. Der rechte und linke Lappen wölbt sich um Schildknorpel und Ringknorpel des Kehlkopfes. Das mittlere Verbindungsstück, das auch Isthmus genannt wird, hält beide Hälften zusammen. Die Lappen haben eine Länge von ca. 3 cm bis 5 cm. Bei Frauen beträgt das Gewicht der Schilddrüse etwa 18 g und bei Männern 25 g. Die hier beschriebene Form und insbesondere die Größe sind die "Norm". Sie können im Einzelfall sehr unterschiedlich sein, ohne dass ein krankhafter Befund vorliegt. Manchmal kommt es z. B. sogar zu einer Auswölbung eines Lappens bis in den Bereich des Mundbodens. Abbildung Abbildung 1: Anatomische Lage der Schilddrüse 3. Schilddrüse, 4. Luftröhre) [3]. www.asklepios.com/nord (1. Rachen, 2. Schildknorpel, 4 Anlass für die Benennung der Schilddrüse stellt die Tatsache dar, dass sie sich anatomisch in Form eines Schmetterlings „schildartig“ unterhalb des Schildknorpels befindet. Die Schilddrüse ist ein sehr gut durchblutetes Organ. Abbildung 2: Gefäßversorgung der Schilddrüse [5]. www.asklepios.com/nord 5 Funktion der Schilddrüse und Nebenschilddrüsen Die Schilddrüse ist eine Hormondrüse. Deren Hauptfunktion besteht in der Jodspeicherung, Bildung der Schilddrüsenhormone (T3, T4) und des Calcitonins. Die jodhaltigen Schilddrüsenhormone spielen eine wichtige Rolle im Energiestoffwechsel. Das Calcitonin senkt das Kalzium im Blut. Auf beiden Seiten kommen neben der Schilddrüse zwei kleine rehbraune Nebenschilddrüsen zur Darstellung. Diese bilden das Parathormon mit der Zielsetzung, den Kalziumspiegel im Blut zu erhöhen. Calcitonin, Parathormon und Vitamin D regulieren gemeinsam den Kalziumhaushalt unseres Organismus, insbesondere den Kalziumspiegel im Blut. Angriffspunkte für die Steuerung sind die Aufnahme von Kalzium aus dem Darm, der Einbau in bzw. die Freisetzung aus den Knochen sowie die Ausscheidung über die Nieren. Abbildung 3: Lage von Schilddrüse und Nebenschilddrüsen [1]. www.asklepios.com/nord 6 Erkrankungen der Schilddrüse • Struma Die häufigste Erkrankung ist die sog. Knotenstruma (knotige Vergrößerung der Schilddrüse; einknotig oder mehrknotig) ohne Störung der Schilddrüsenfunktion. 0a 0b I II III Keine Struma Tastbare, aber nicht sichtbare Struma Tastbare und bei zurückgebeugtem Kopf eben sichtbare Struma Sichtbare Struma Große sichtbare Struma Tabelle 1: Klassifizierung der Strumagröße nach WHO [7]. Abbildung 4: Struma Grad II [1]. www.asklepios.com/nord 7 Abbildung 5: Struma Grad III [9]. • Autonomes Adenom Das autonome Adenom entspricht einem Knoten in der Schilddrüse, der eigenständig Schilddrüsenhormon produziert und so zu einer Schilddrüsenüberfunktion führen kann. Die Schilddrüsenzellen sind in ihrem Wachstum und ihrer Funktion nicht mehr abhängig von der Hirnanhangsdrüse. • Morbus Basedow Der Morbus Basedow trägt seinen Namen nach dem Erstbeschreiber dieser Erkrankung, der von 1799 bis 1854 lebte. Herr Dr. Basedow entdeckte die Kombination einer Schilddrüsenvergrößerung, einhergehend mit Herzrasen und hervortretenden Augen. Heute wissen wir, dass der Morbus Basedow eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse ist, die auf der Bildung von Antikörpern gegen Schilddrüsenzellen beruht. Die Folge ist neben einer Überfunktion häufig auch eine Vergrößerung der Schilddrüse. Bei etwa 60% der Patienten zeigt sich ein Hervordrängen der Augäpfel (sog. Glotzauge oder Exophtalmus). www.asklepios.com/nord 8 • Endokrine Orbitopathie Die endokrine Orbitopathie ist eine Entzündung des Gewebes in und um die Augenhöhle, die zusammen mit einer bestimmten Autoimmunerkrankung der Schilddrüse (Morbus Basedow) auftritt. Allerdings kann die Entzündung der Augenhöhle auch der Entzündung der Schilddrüse vorausgehen oder, was häufiger ist, erst nach der Diagnose der Schilddrüsenerkrankung beginnen. Durch die Entzündung in der Augenhöhle können die Augäpfel nach vorne hervortreten (Exophtalmus), (Exophtalmus) was der Volksmund früher „Glotzauge“ genannt hat. Außerdem ist es möglich, dass die Entzündung auch die Augenlider erfasst und hier einen gestörten Lymphabfluss bedingt, so dass eine starke Schwellung der Augenlider resultiert. Abbildung 6: Exophtalmus [6]. • Thyreoiditis (z.B. Autoimmunthyreoiditis nach Hashimoto) Entzündungen der Schilddrüse werden als Thyreoiditis bezeichnet. Es gibt akute und chronische Formen. Entzündungen können durch Bakterien, Pilze oder Autoimmunprozesse entstehen. Die Behandlung richtet sich nach Form, Ausdehnung und Ursache und ist meistens nicht operativ. Durch die Vermehrung von Entzündungszellen in der Schilddrüse kann diese wachsen (hypertrophe Autoimmunthyreoiditis). In Deutschland ist die atrophe Autoimmunthyreoiditis wesentlich häufiger. Hierbei führt die Entzündung zu einem Untergang von Schilddrüsenzellen, so dass das Organ immer kleiner wird und gelegentlich nach längerem Verlauf vollständig verschwindet. www.asklepios.com/nord 9 Zu Beginn der Erkrankung kann eine milde Schilddrüsen-Überfunktion vorliegen. Diese ist durch die Freisetzung von Schilddrüsenhormon aus untergehendem Schilddrüsengewebe erklärt. Im weiteren Verlauf kommt es typischerweise zu einer Unterfunktion der Schilddrüse, wenn nicht mehr genügend Schilddrüsenhormon-bildende Zellen erhalten sind. Oft verläuft die Erkrankung unbemerkt über Jahre, insbesondere wenn noch keine oder nur eine milde Funktionsstörung besteht. • Schilddrüsenkrebs Knotige Schilddrüsenveränderungen sind in Deutschland sehr häufig. Nur in wenigen Fällen verbirgt sich dahinter eine bösartige Erkrankung (etwa 2 bis 3 Fälle / 100.000 Einwohner / Jahr). Für den betroffenen Patienten ist die Diagnose Schilddrüsenkrebs jedoch immer ein Schicksalsschlag. Ohne das Leiden verharmlosen zu wollen, bleibt festzustellen, dass es sich heutzutage bei der Mehrzahl der Patienten, die an Schilddrüsenkrebs leiden, um eine heilbare Erkrankung handelt. Zur Einschätzung ist die genaue Diagnosestellung unerlässlich, da es verschiedene Formen von bösartigen Schilddrüsentumoren gibt, die wiederum unterschiedlicher Behandlung bedürfen. Ursächlich geht der Krebs meistens von Schilddrüsenzellen oder den Calcitonin produzierenden CZellen aus. Je nach Gewebetyp werden die unterschiedlichen Krebsarten eingeteilt. Am häufigsten ist das sog. papilläre Schilddrüsenkarzinom, gefolgt von dem follikulären Schilddrüsenkarzinom. Papilläre Karzinome Follikuläre Karzinome C-Zell-Karzinome (medulläre Karzinome) Undifferenzierte Karzinome Metastasen Sonstige Tabelle 2: Bösartige Tumoren der Schilddrüse [7]. www.asklepios.com/nord 10 Beschwerden und Symptome Schilddrüsenknoten können durch Beschwerden im Halsbereich auffallen. Oft werden sie auch als Zufallsbefund bei einer Schilddrüsenuntersuchung entdeckt. Vergrößerungen der Schilddrüse können zu folgenden Symptomen führen: • Engegefühl • Kloßgefühl im Hals • Luftnot • Schluckstörungen • Kosmetische Beschwerden (Asymmetrie des Halses) Abbildung 7: Sichtbar vergrößerte Schilddrüse am Hals, sog. Kropf [10]. www.asklepios.com/nord 11 Die Überfunktion der Schilddrüse kann zu folgenden Beschwerden führen: • Herzrasen • Schwitzen • Gewichtsverlust • Haarausfall • Nervosität • Augenbeschwerden (bei Morbus Basedow) Untersuchungen Wenn bei Ihnen eine Schilddrüsenerkrankung vermutet wird, sollten folgende Untersuchungen erfolgen [2]: • Körperliche Untersuchung • Bestimmung des TSH basal (Schilddrüsenregulationshormon) • Ultraschalluntersuchung der Schilddrüse Mit diesen drei Untersuchungen ist ein Großteil der Schilddrüsenerkrankungen abgeklärt. Eventuell müssen jedoch noch weitere Tests durchgeführt werden: • Zusätzliche Laboruntersuchungen (T3, T4, TRH-Test, Kalzium, Calcitonin, Thyreoglobulin, Schilddrüsen-Antikörper) • Szintigraphie (bei Knoten-Kropf zur Unterscheidung zwischen „heißen“ und „kalten“ Knoten) • Feinnadelpunktion (bei Verdacht auf Bösartigkeit zur Entnahme einer kleinen Gewebeprobe) • EKG zum Ausschluss von Herzerkrankungen www.asklepios.com/nord 12 • Röntgenuntersuchungen mit der Frage nach Verlagerung/Einengung der Luftröhre bzw. der Speiseröhre • MRT (Magnetresonanztomographie) oder CT (Computertomographie) ohne Kontrastmittel zur bildgebenden Untersuchung des Schilddrüsenorgans sowie dessen Umfeld Die schmerzlose Beurteilung der Stimmbandfunktion vor und nach einer Schilddrüsenoperation durch einen Hals-Nasen-Ohren Arzt ist zwingend erforderlich. www.asklepios.com/nord 13 Operationsvorbereitung Operationsvorbereitung Bei Planung einer Operation über unser chirurgisches Patientenmanagement kann der chirurgische Eingriff wunschgemäß an dem Tag stattfinden, an dem Sie im Krankenhaus stationär aufgenommen werden. Bringen Sie an dem Tag der Operationsvorbereitung (frühestens eine Woche vor dem chirurgischen Eingriff) bitte alle Voruntersuchungsergebnisse mit. Die Dauer der stationären Behandlung beträgt 3 bis 5 Tage. Um ein möglichst optimales kosmetisches Ergebnis zu erzielen, wird Ihr Operateur die Schnittführung am Tag der Operation vor der Narkoseeinleitung anzeichnen. Abbildung 8: Anzeichnen der Schnittführung am Hals vor der Operation, um ein möglichst optimales kosmetisches Ergebnis zu erreichen. www.asklepios.com/nord 14 Operationsverfahren Jährlich werden in Deutschland ca. 120.000 Patienten an der Schilddrüse operiert. Die Eingriffe erfolgen heute grundsätzlich in Vollnarkose. Der Beweis für den hohen allgemeinen Sicherheitsstandard von Schilddrüsenoperationen ist die extrem niedrige Operationssterblichkeit zwischen 0 – 0,05 %. Diese hohe Sicherheit gilt auch für Patienten im 8. – 9. Lebensjahrzehnt. Ob und wie eine Schilddrüsenerkrankung operiert werden sollte, muss jeweils individuell entschieden werden. Vor der Durchführung eines geplanten chirurgischen Eingriffs ist grundsätzlich eine möglichst normale Schilddrüsenfunktion anzustreben (ggf. durch die Gabe von Medikamenten). Ziel ist die sichere und dauerhafte Beseitigung des zugrunde liegenden Leidens. Lupenbrille, um eine optimale Entsprechend moderner Standards trägt der Chirurg eine Lupenbrille Sicht auf das Operationsgebiet zu haben. Zur Darstellung der Stimmbandnerven nutzen wir aktuelle technische Hilfsmittel, das sog. Neuromonitoring. Neuromonitoring Hierunter versteht man die Kontrolle von Nervenbahnen durch kontinuierliche optische und akustische Darstellung ihrer Aktivität. Abbildung 9: Die Operation erfolgt unter Zuhilfenahme einer Lupenbrille. www.asklepios.com/nord 15 Im Folgenden finden Sie die Begriffsdefinitionen der unterschiedlichen Operationsverfahren [2]: • Enukleation Ausschälen eines Knotens entlang seiner Kapsel • Knotenexzision Entfernung eines Knotens mit einem Saum normalen Schilddrüsengewebes • Isthmusresektion Entfernung des vor der Luftröhre gelegenen Schilddrüsengewebes, das als Verbindungsstück beide Lappen zusammen hält • Subtotale Lappenresektion Teilentfernung eines Schilddrüsenlappens mit einem Geweberest von 1 bis 4 ml • FastFast-totale Lappenresektion Teilentfernung eines Schilddrüsenlappens weniger als 1 ml mit einem Geweberest • Hemithyreoidektomie Die vollständige Entfernung eines Schilddrüsenlappens inklusive des Isthmus und Lobus pyramidalis • Operation Operation nach HartleyHartley-Dunhill Hemithyreoidektomie und Teilentfernung des anderen Schilddrüsenlappens mit einem Geweberest von 1 bis 4 ml • Beidseits subtotale Resektion Teilentfernung beider Schilddrüsenlappen mit einem Geweberest von 1 bis 4 ml • Fast totale totale Thyreoidektomie Die fast vollständige Entfernung der Schilddrüse mit Belassen eines einseitigen oder beidseitigen Geweberestes von insgesamt weniger als 2 ml www.asklepios.com/nord von 16 • Totale Thyreoidektomie Die vollständige Entfernung beider Schilddrüsenlappen inklusive des Isthmus und des Lobus pyramidalis ohne Belassen von Geweberesten • MinimalMinimal-invasive Operationsverfahren Hierbei handelt es sich um eine Vielzahl unterschiedlicher Zugangsverfahren in „Schlüssellochtechnik“, deren Ziel es ist, das kosmetische Resultat im Halsbereich zu optimieren. Der intraoperative Gefrierschnitt (=Schnellschnitt Schnellschnitt) Schnellschnitt ermöglicht, bösartige Veränderungen während der Operation zu diagnostizieren. Allerdings birgt dieses Verfahren methodenbedingte Einschränkungen. Die Operationsziele sowie die entsprechenden Operationsverfahren unterscheiden sich bei den unterschiedlichen Schilddrüsenerkrankungen. Die Notwendigkeit zum chirurgischen Eingriff bei einer Struma ohne Knoten und Funktionsstörung resultiert aus lokalen größenbedingten Beschwerden, anatomisch abweichender Lage und etwaigem Verdacht auf eine bösartige Grunderkrankung. • Knotenstruma Ziel: Entfernung aller Knoten Operation: Von der sparsamen Entfernung des Knotens mit gesundem Randsaum, einer Seite bis zur vollständigen Entnahme der Schilddrüse; Bei verdächtigen Knoten ist grundsätzlich die Entfernung des betroffenen Schilddrüsenlappens anzustreben. www.asklepios.com/nord 17 • Morbus Basedow Ziel: Vollständige Entfernung des Schilddrüsengewebes Operation: Entnahme der gesamten Schilddrüse Die Menge des zurückgelassenen Gewebes korreliert mit der erneuten Erkrankungswahrscheinlichkeit (Rezidivquote). • Schilddrüsenüberfunktion Die Therapieempfehlung zur Operation wird vom Ausmaß der Schilddrüsenerkrankung bestimmt. Im Rahmen der Voruntersuchungen sollte eine Zuordnung der Überfunktion zu den beiden Hauptformen – der Autonomie oder der Immunthyreopathie Typ Basedow – erfolgen. Grundsätzlich wird das Erzielen einer Normalfunktion durch die Gabe von Medikamenten angestrebt. Eine Alternative zum chirurgischen Eingriff stellt die Radiojodtherapie dar (siehe unten). Folgende Faktoren sprechen für die Operation: • Je größer die Schilddrüse • Je ausgeprägter die Überfunktion • Je schlechter die Jodaufnahme • Alter jünger als 65 Jahre Ziel/Operation: Ziel/Operation: Maßgebliches Operationsziel ist die vollständige Entfernung aller krankhaften autonomen Areale. www.asklepios.com/nord 18 • Rezidivstruma (Wiederauftreten der Schilddrüsenerkrankung) Ziel: Vollständige Entfernung des erkrankten Gewebes Behandlung: Abwägen von Vor- und Nachteilen einer Operation bzw. einer Radiojodtherapie (siehe unten). Ein wiederholter chirurgischer Eingriff birgt höhere Komplikationsraten! • Bösartige Erkrankung der Schilddrüse Ziel: Vollständige Entfernung des bösartigen Schilddrüsentumors Operation: Regeleingriff ist die Entfernung der gesamten Schilddrüse. Das Vorgehen schließt die Entnahme der zentralen Lymphknotenstationen (Kompartiment 8) ein. Je nach Größe und Art der bösartigen Geschwulst kann auch die Entfernung der seitlichen Halslymphknoten erforderlich sein. Ausnahme: Bei einem papillären Karzinom mit einem maximalen Durchmesser von 1 cm oder weniger (pT1a = Mikrokarzinom) Mikrokarzinom sowie fehlendem Hinweis auf Lymphknotenmetastasen ist die Entfernung bzw. Teilentfernung des betroffenen Schilddrüsenlappens ausreichend. Grundvoraussetzung stellt die Tatsache dar, dass der Tumor allseits im Gesunden abgesetzt wurde. Abbildung 10: Einteilung der Halslymphknoten. Zentrales Kompartiment: Gruppe 1,2,8; Laterales Kompartiment: Gruppe 3 bis 7; Mediastinales Kompartiment: nicht abgebildet [8] www.asklepios.com/nord 19 Operationstechnik 1. Halbsitzende Lagerung 2. „Team-Time-Out“ (Handlungsempfehlung des Aktionsbündnisses Aktionsbündnisses Patientensicherheit) 3. Ausreichend großer Kocher´scher Kragenschnitt, um eine Schnitterweiterung während der Operation zu vermeiden 4. Ausgedehnte Mobilisation von Haut- und Unterhautfettgewebe 5. Schützendes Auseinanderdrängen der geraden Halsmuskulatur 6. Das Operationsfeld ist möglichst absolut trocken zu halten 7. Die beiden Stimmbandnerven werden in ihrem gesamten Verlauf dargestellt 8. Identifikation der vier Nebenschilddrüsen; bei zweifelhafter Durchblutung erfolgt deren Autotransplantation, das heißt, die Nebenschilddrüse wird in kleine Stückchen zerteilt und in die benachbarte Halsmuskulatur eingebracht 9. Entfernung des gesamten erkrankten Schilddrüsengewebes (ggf. Kapselnaht) 10. Überprüfung auf Bluttrockenheit bei Überdruckbeatmung 11. Drainage bei Bedarf 12. Schichtweiser Wundverschluss 13. Selbstauflösende Hautnaht – Fadenzug entfällt Hilfsmittel: Hilfsmittel: Lupenbrille, Neuromonitoring Abbildung 11: Kosmetisches Ergebnis am Ende der Operation. www.asklepios.com/nord 20 Komplikationen Neben dem allgemeinen Operationsrisiko gibt es zusätzlich eingriffstypische Komplikationen, die in Abhängigkeit von Grunderkrankung, Erst- oder Mehrfach-Eingriff sowie dem geplanten Operationsausmaß variieren [2]. • Nachblutung (0,3 bis 5%) Das Schilddrüsengewebe ist sehr gut durchblutet. Eine Nachblutung ereignet sich in den ersten 8 – 24 Stunden. Sie erfordert eine engmaschige Kontrolle bei geringeren Befunden (z.B. Halsumfangmessung). Kommt es zu einer starken Schwellung, gegebenenfalls mit Luftnot, bedarf es der operativen Entlastung. • Heiserkeit durch Stimmbandfunktionsstörung (vorübergehend bis 10%, dauerhaft dauerhaft bis 3%) Während der Operation wird insbesondere auf die Schonung des bzw. der Stimmbandnerven (Nervus laryngeus recurrens) geachtet, damit es nach dem chirurgischen Eingriff nicht zu Heiserkeit kommt. Am wichtigsten hierbei ist die komplette Darstellung und Sichtschonung des Nervens durch einen erfahrenen Chirurgen. In schwierigen Fällen arbeiten wir zusätzlich mit einer Lupenbrille und dem sog. Neuromonitoring. Die Rate an bleibenden Schäden eines Stimmbandnervens liegt in erfahrener Hand unter 1 %. • Kalziummangel Kalziummangel (Hypoparathyreoidismus) (vorübergehend bis 10%, dauerhaft bis 1%) Des Weiteren gilt unser besonderes Augenmerk der Erhaltung und Schonung der Nebenschilddrüsen (Epithelkörperchen), damit sich nach der Operation keine Kalziumstoffwechselstörungen mit Kribbeln, insbesondere im Mundbereich und an den Händen, entwickeln. Ein seltener und meist vorübergehender Kalziummangel kann durch Gabe von Kalzium-Brausetabletten und Vitamin-DPräparaten gut behandelt werden. • Wundheilungsstörung (bis 1%) 1%) Diese kann in Abhängigkeit vom jeweiligen Befund durch kühlende und medikamentöse Maßnahmen behandelt werden. Alternativ ist eine erneute Operation notwendig. www.asklepios.com/nord 21 Nachsorge Der menschliche Organismus kann ohne eine ausreichende Menge an Schilddrüsenhormon nicht leben! Bei vielen Schilddrüsenoperationen muss so viel Gewebe entfernt werden, dass Schilddrüsenhormon nach der Operation medikamentös zu ersetzen ist [4]. Folgende Maßnahmen sind zu empfehlen: • Einnahme von Schilddrüsenhormon in ausreichender Menge (ggf. lebenslang!) • Kontrolle der Schilddrüsenhormone (Blutentnahme) 6 Wochen nach der Operation • Im weiteren Verlauf einmal / Jahr Blutentnahme und Ultraschall der Halsregion www.asklepios.com/nord 22 Alternative Therapien Nicht alle Patienten mit Veränderungen an der Schilddrüse müssen operiert werden [4]! • Knotenstruma (vergrößerte Schilddrüse mit Knoten) ohne Überfunktion Keine der o.g. Beschwerden, kein Verdacht auf Bösartigkeit: ► Einmal / Jahr Ultraschall und Laborkontrolle Subjektive Beschwerden, sehr große Schilddrüse, Verdacht auf Bösartigkeit: ► Operation • Knotenstruma (knotige Vergrößerung der Schilddrüse) mit Überfunktion Nur ein Knoten, kleine Schilddrüse: ► Therapie mit radioaktiv markiertem Jod oder Operation Viele Knoten, große Schilddrüse: ► Operation • Morbus Basedow (Überfunktion der Schilddrüse) Zunächst über 18 Monate Therapie mit Medikamenten. Wenn nach Absetzen der Medikamente erneut eine Überfunktion auftritt: Bei kleiner Schilddrüse: ► Therapie mit radioaktivem Jod Bei großer Schilddrüse: ► Operation www.asklepios.com/nord 23 Radiojodtherapie Bei der Radiojodtherapie handelt es sich um ein seit Jahrzehnten etabliertes Verfahren zur Behandlung bestimmter Schilddrüsenkrankheiten. In Deutschland werden jährlich etwa 60.000 Radiojodtherapien durchgeführt. Aufgrund der Vorschriften des Strahlenschutzes erfolgen diese Behandlungen stationär, da nur so eine verlässliche individuelle Behandlungskontrolle möglich ist und die Einleitung radioaktiver Abwasser in die öffentliche Kanalisation vermieden werden kann. Die Behandlung erfolgt durch Einnahme eines Radioisotops, meist als Kapsel oder Flüssigkeit. Bei diesem Jodisotop handelt es sich physikalisch um eine Substanz, die elektrisch geladene Teilchen (Elektronen) mit hoher Energie aussendet. Da Jodisotope in der Schilddrüse konzentriert werden, gelingt es, Schilddrüsenzellen im Hinblick auf Funktion und Stoffwechsel auszuschalten. Argumente für Operation – gegen Radiojodtherapie: • Wachsende und große Struma • Nichtansprechen der Radiojodtherapie • Nebenwirkungen der Radiojodtherapie • Zusätzlich bestehende suspekte Knoten • Jodbedingte Überfunktion Eine Radiojodtherapie darf nicht durchgeführt werden bei: • Schwangerschaft • Kinder und Jugendlichen • Jungen Frauen mit Kinderwunsch www.asklepios.com/nord 24 Praktischer Ablauf Ihrer Schilddrüsenoperation Voruntersuchung durch Hausarzt oder Nuklearmediziner mit (V.a.) operationswürdiger Schilddrüsenerkrankung: • Besuch in unserer Spezialsprechstunde • Planung des Operationstermins • Ambulante Durchführung der ergänzenden Voruntersuchungen Operationstag Stationäre Aufnahme am Morgen des Operationstages; Vor der Operation wird sich der Operateur persönlich bei Ihnen vorstellen und die Schnittführung anzeichnen; Sehr gerne begrüßen wir auch Ihre Angehörigen; Am Abend des Operationstages werden Sie bereits wieder aufstehen und ein leichtes Abendessen zu sich nehmen. 1. Tag nach der Operation Blutentnahme 2. Tag nach der Operation HNO-Untersuchung; ggf. erneute Blutentnahme 3. Tag nach der Operation Entlassung in Absprache mit Ihnen möglich Falls die mikroskopische Aufarbeitung des Operationspräparates den Nachweis bösartiger Zellen ergeben sollte, werden wir Sie zeitnah telefonisch informieren und das notwendige Vorgehen mit Ihnen besprechen. Die weitere Betreuung erfolgt durch Ihren Hausarzt bzw. Nuklearmediziner. www.asklepios.com/nord 25 Fachbegriffe und deutsche Übersetzung • Autonomes Adenom = Knoten in der Schilddrüse, der eigenständig Schilddrüsenhormon produziert und so zu einer Schilddrüsenüberfunktion führen kann. Die Schilddrüsenzellen sind in ihrem Wachstum und ihrer Funktion nicht mehr abhängig von der Hirnanhangsdrüse. • Endokrine Orbitopathie = Die endokrine Orbitopathie ist eine Entzündung der Gewebe in und um die Augenhöhle, die zusammen mit einer bestimmten Autoimmunerkrankung der Schilddrüse (Morbus Basedow) auftritt. Allerdings kann die Entzündung der Augenhöhle auch der Entzündung der Schilddrüse vorausgehen oder, was häufiger ist, erst nach der Diagnose der Schilddrüsenerkrankung beginnen. Durch die Entzündung in der Augenhöhle können die Augäpfel nach vorne hervortreten (Exophtalmus), (Exophtalmus) was der Volksmund früher „Glotzauge“ genannt hat. Außerdem ist es möglich, dass die Entzündung auch die Augenlider erfassen und hier einen gestörten Lymphabfluss bedingt, so dass eine starke Schwellung der Augenlider entsteht. • Enukleation = Ausschälen eines Knotens entlang seiner Kapsel • Exzision = Entfernung des gesamten Befundes • Hemithyreoidektomie = Entfernung eines Schilddrüsenlappens • Isthmusresektion = Entfernung des vor der Luftröhre gelegenen Schilddrüsengewebes, das als Verbindungsstück beide Lappen zusammen hält • Krebs = bösartige Erkrankung • MinimalMinimal-invasiv = Vorgehen in „Schlüssellochtechnik“ www.asklepios.com/nord 26 • Morbus Basedow Basedow = Der Morbus Basedow trägt seinen Namen nach dem Erstbeschreiber dieser Erkrankung, der von 1799 bis 1854 lebte. Herr Dr. Basedow entdeckte die Kombination einer Schilddrüsenvergrößerung, einhergehend mit Herzrasen und hervortretenden Augen. Heute wissen wir, dass der Morbus Basedow eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse ist, die auf der Bildung von Antikörpern gegen Schilddrüsenzellen beruht. Die Folge ist neben einer Überfunktion häufig auch eine Vergrößerung der Schilddrüse. Bei etwa 60% der Patienten zeigt sich ein Hervordrängen der Augäpfel (sog. Glotzauge oder Exophtalmus). • Nodus (lateinisch) = Knoten • Resektion = Teilentfernung • Rezidiv = Wiederauftreten der Erkrankung, Rückfall • Struma = Kropf = Tastbare, sichtbare oder messbare Vergrößerung der Schilddrüse unabhängig von der Stoffwechsellage (Über-, Unter- oder Normalfunktion) • Szintigraphie = bildgebende Untersuchung bei Überfunktion der Schilddrüse (unterscheidet zwischen sog. „kalten“ und „heißen“ Knoten) • Thyreoidektomie = Entfernung der gesamten Schilddrüse www.asklepios.com/nord 27 • Thyreoiditis (z.B. Autoimmunthyreoiditis nach Hashimoto) = Entzündungen der Schilddrüse werden als Thyreoiditis bezeichnet. Es gibt akute und chronische Formen. Entzündungen können durch Bakterien, Pilze oder Autoimmunprozesse entstehen. Die Behandlung richtet sich nach Form, Ausdehnung und Ursache und ist meistens nicht operativ. Durch die Vermehrung von Entzündungszellen in der Schilddrüse kann diese wachsen (hypertrophe Autoimmunthyreoiditis). In Deutschland ist die atrophe Autoimmunthyreoiditis wesentlich häufiger. Hierbei führt die Entzündung zu einem Untergang von Schilddrüsenzellen, so dass die Schilddrüse immer kleiner wird und gelegentlich nach längerem Verlauf vollständig verschwindet. Zu Beginn der Erkrankung kann eine milde Schilddrüsen-Überfunktion vorliegen. Diese ist durch die Freisetzung von Schilddrüsenhormon aus untergehendem Schilddrüsengewebe erklärt. Im weiteren Verlauf kommt es typischerweise zu einer Unterfunktion der Schilddrüse, wenn nicht mehr genügend Schilddrüsenhormon-bildende Zellen erhalten sind. Oft verläuft die Erkrankung unbemerkt über Jahre, insbesondere wenn noch keine oder nur eine milde Schilddrüsen-Unterfunktion besteht. • Thyroxin = Schilddrüsenhormon www.asklepios.com/nord 28 Literatur (1) Academic dictionaries and encyclopedias (2010) Hypothyreose. http://www.academic.ru (2) AWMF (2010) Operative Therapie benigner Schilddrüsenerkrankungen. http://www.awmf.de (3) Dr. Gumpert (2010) Anatomie. http://www.dr-gumpert.de (4) Hotz H (2010) Patienteninformation Schilddrüsen-Erkrankungen. http://chi.charite.de (5) MedizInfo (2010) Aufbau der Schilddrüse. http://www.medizinfo.de (6) Schilddrüsen-Liga Deutschland e.V. (2010) Patienteninformation SchilddrüsenErkrankungen. http://www.schilddruesenliga.de (7) Schumpelick V, Bleese NM, Mommsen U (2000) Chirurgie. 5. Auflage. Enke im Georg Thieme Verlag (8) Schwarz NT, Reutter KH (2009) Allgemein- und Viszeralchirurgie. 6. Auflage. Georg Thieme Verlag (9) TibDict.com (2010) Struma. http://www.tib-dict.com (10) Zettinig G, Buchinger W (2010) Schilddrüsenerkrankungen. Verlag für Medizin und Wirtschaft. http://www.kup.at www.asklepios.com/nord 29