Der Satz von Kuiper

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Der Satz von Kuiper
über die
Zusammenziehbarkeit von GL(H)
für unendlich-dimensionale Hilberträume H
Diplomarbeit
am Mathematischen Seminar
der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
vorgelegt von
Walther Paravicini
Kiel 2003
Betreuer: Priv.-Doz. Dr. Olaf von Grudzinski
Inhaltsverzeichnis
1
Reduktion des Satzes von Kuiper auf Hilfsmittel aus der Homotopie- und Hilbertraum-Theorie
8
1.1 Das notwendige Vokabular . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
1.2 Der Satz von Kuiper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
1.3 Beweis-Hilfsmittel aus der Homotopie-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
1.4 Beweis-Hilfsmittel aus der Hilbertraum-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
1.5 Herleitung des Satzes von Kuiper unter Verwendung der genannten BeweisHilfsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
2
Homotopie und Deformation
20
2.1 Homotopie und die Kategorie hTop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
2.2 Homotopie und Teilmengen topologischer Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
2.3 Der Homotopietyp von U(A) und G(A) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
3
Zusammenziehbare Räume
3.1 Zusammenziehbarkeit . . . . . . . . . . . . .
3.2 Schwache Zusammenziehbarkeit . . . . . . .
3.3 Simplizialkomplexe . . . . . . . . . . . . . .
3.4 Zusammenziehbarkeit in normierten Räumen
3.5 Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . .
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31
32
36
40
52
57
4
Die Hilbertraum-Summe
59
I
I
4.1 Die Kategorien HilbSp und HilbSp∞ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
4.2 Die Hilbertraum-Summe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
5
Die Hilbertraum-Dimension
5.1 Zwei Hilfsgrößen . . . . . . . . . . .
5.2 Definition der Hilbertraum-Dimension
5.3 Orthogonalzerlegungen . . . . . . . .
5.4 Die Ko-Dimension . . . . . . . . . .
6
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69
69
72
74
74
Beweise der Lemmata aus Abschnitt 1.4
77
6.1 Beweis des Füge-Lemmas (Lemma 1.4.2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
1
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
6.2
6.3
6.4
6.5
7
2
Beweis des Zerlege-Lemmas (Lemma 1.4.3) . . . .
Beweis des Dreh-Lemmas (Lemma 1.4.4) . . . . .
Beweis des Untergruppen-Lemmas (Lemma 1.4.7)
Ein Alternativer Beweis des Zerlege-Lemmas . . .
Der Satz von Kuiper-Mingo
7.1 Hilbert-Moduln . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.2 Der Satz von Kuiper-Mingo . . . . . . . . . . .
7.3 Inwieweit läßt sich mein Beweis für den Satz
Kuiper-Mingo übertragen? . . . . . . . . . . .
A Topologischer Anhang
A.1 Homotopie und stetige Wege im Vergleich
A.2 Die induktive und die schwache Topologie
A.3 Die Weg-Topologie . . . . . . . . . . . .
A.4 Minkowski-Funktionale . . . . . . . . . .
A.5 Kugelartige Mengen . . . . . . . . . . .
A.6 Parakompaktheit . . . . . . . . . . . . .
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von Kuiper
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79
82
87
93
98
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den Satz von
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112
112
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124
131
133
B Das Rechnen mit Kardinalzahlen
135
B.1 Gleichmächtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135
B.2 Kardinalzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
C Kategorieller Anhang
C.1 Grundlegende Definitionen . . . . .
C.2 Funktoren . . . . . . . . . . . . . .
C.3 Spezielle Morphismen . . . . . . .
C.4 Null-Objekte und Null-Morphismen
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140
146
151
157
D Logarithmus und Polarzerlegung in C ∗ -Algebren
162
∗
D.1 C -Algebren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162
D.2 Logarithmus und Polarzerlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163
Einleitung
Im Jahre 1964 bewies Nicolaas Kuiper1 den folgenden Satz, dem diese Arbeit gewidmet ist:
Satz (Kuiper, 1965). Ist H ein unendlich-dimensionaler R- oder C-Hilbertraum, so ist die unitäre Gruppe U(H) zusammenziehbar.
Zusätzlich zeigte er die folgende Umformulierung dieses Satzes:
Satz (Kuiper, 1965). Ist H ein unendlich-dimensionaler R- oder C-Hilbertraum, so ist die Gruppe GL(H) der invertierbaren stetigen Operatoren auf H zusammenziehbar.
Beide Sätze bewies Kuiper für separable Hilberträume. Luc Illusie veröffentlichte bald darauf einen Artikel2 , in dem er den nicht-separablen Fall auf den separablen zurückführte und für
letzteren einen alternativen Beweis angab.
Kuipers Beweis ist als eine Abfolge konkreter Rechnungen angelegt und wirkt dadurch vergleichsweise unübersichtlich. Illusie hingegen gliedert seinen Beweis in klar voneinander abgegrenzte Lemmata und gibt dem allgemeinen und kurzen Argument den Vorrang. Allerdings führt
dies auch dazu, daß an mehreren Stellen dem Leser deutlich mehr Vorwissen abverlangt wird, so
etwa über einige Eigenschaften von Hauptfaserbündeln.
Diese Diplomarbeit bietet einen ausführlichen Beweis des Satzes von Kuiper, wobei ich
grundsätzlich denselben Beweisplan wie Illusie verfolge. Genauer:
• Alle benötigten Hilfsmittel werden systematisch erarbeitet und ausführlich vorgestellt.
• Die verwendeten Hilfsmittel sind gegenüber denen im Beweis von Illusie elementarer (so
konnte ich etwa auf einen Rückgriff auf die oben erwähnten Hauptfaserbündel verzichten).
• Im hier vorgestellten Beweis werden die eleganten Beweisschritte von Illusie in leicht verbesserter Form deutlich und gründlich ausgeführt.
• Ich zeige den Satz direkt für beliebige unendlich-dimensionale Hilberträume, ohne einen
Reduktionsschritt auf den separablen Fall machen zu müssen.
Um einen schnellen Einstieg in den Satz und seinen Beweis zu ermöglichen, führe ich im
ersten Kapitel – zunächst ohne Beweis – einige Hilfssätze auf und leite dann den Satz von Kuiper
aus diesen Hilfsaussagen her. In den folgenden Kapiteln werden dann die Hilfsmittel, die zum
Teil aus der Homotopie-Theorie, zum Teil aus der Theorie der Hilberträume stammen, nach und
nach systematisch hergeleitet.
1
2
Siehe [Kui65].
Siehe [Ill65].
3
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
4
Der Homotopie-theoretische Rahmen
Zentral sowohl für das Verständnis des Satzes von Kuiper als auch für seinen Beweis sind die
Begriffe Homotopie und Deformation. Einer Einführung in diese Begriffsbildungen ist deshalb in dieser Arbeit ein ganzes Kapitel gewidmet. Hierbei lege ich einerseits Wert darauf, in
einem geeigneten kategoriellen Rahmen zu arbeiten, das heißt in der Homotopie-Kategorie, andererseits ist die hier gegebene kleine Einführung in die Homotopie-Theorie auf die Bedürfnisse
dieser Arbeit zugeschnitten. Es werden die Begriffe Retrakt und Deformationsretrakt analysiert, und schließlich wird gezeigt, daß für jede C ∗ -Algebra A, ob reell oder komplex, die unitäre
Gruppe U(A) ein strenger Deformationsretrakt von GL(A) ist. Hieraus ergibt sich, wie wir sehen
werden, sofort, daß die beiden oben genannten Versionen des Satzes von Kuiper äquivalent sind.
Einer der zentralen Begriffe in dieser Arbeit ist der der Zusammenziehbarkeit topologischer
Räume. Anschaulich gesprochen bedeutet die Zusammenziehbarkeit eines topologischen Raumes, daß man diesen stetig zu einem einzigen seiner Punkte verformen – eben zusammenziehen –
kann. Dies ist eine Eigenschaft, die zum Beispiel Vollkugeln, nicht jedoch endlich-dimensionalen
Sphären haben. Der Begriff der Zusammenziehbarkeit wird in einem eigenen Kapitel näher beleuchtet: So wird etwa gezeigt, daß ein topologischer Raum genau dann zusammenziehbar ist,
wenn er in der Homotopie-Kategorie isomorph zu einem einpunktigen Raum ist. Ich stelle ein
wichtiges Instrument vor, mit dem man die Zusammenziehbarkeit von offenen Teilmengen normierter Räume nachweisen kann, nämlich den folgenden Satz, für den ich einen Beweis angebe:
Satz. Eine offene Teilmenge eines normierten Raumes ist genau dann zusammenziehbar, wenn
sie schwach zusammenziehbar ist.
Dabei heißt ein topologischer Raum schwach zusammenziehbar, wenn alle seine Homotopiegruppen trivial sind. In dieser Arbeit werden von den Homotopiegruppen eines topologischen
Raumes nur die zugrundeliegenden Mengen eingeführt. Ich verzichte jedoch darauf, die Gruppenstruktur auf den Homotopiegruppen zu etablieren, da wir diese hier nicht benötigen, um die
Trivialität von Homotopiegruppen nachzuweisen.
Es sei angemerkt, daß es relativ leicht ist, topologische Räume zu konstruieren, die zwar
schwach zusammenziehbar aber nicht zusammenziehbar sind. Ein Beispiel gebe ich in Anhang
A.3 an. In diesem Anhang stelle ich auch die sogenannte Weg-Topologie ausführlich vor, die
sich als ein nützliches Instrument bei der Konstruktion dieses Beispiels herausstellt.
Um den angegebenen Satz über die Zusammenziehbarkeit offener Teilmengen zu beweisen,
wird gezeigt, daß jede offene Teilmenge eines normierten Raumes von einem Simplizialkomplex
dominiert wird. Deshalb gebe ich zunächst eine Einführung in die Theorie der Simplizialkomplexe und stelle vor, wie man Topologien auf deren Realisierungen konstruieren kann und wie
sie sich zusammen mit Homotopien verhalten. Insbesondere wird bewiesen, daß jeder topologische Raum, der von einem Simplizialkomplex dominiert wird, genau dann zusammenziehbar ist,
wenn er schwach zusammenziehbar ist.
Schließlich werden die Nerven von Überdeckungen eingeführt, und es wird gezeigt, wie
man mit der Wahl geeigneter Überdeckungen für jede offene Teilmenge jedes normierten Raumes einen Simplizialkomplex konstruieren kann, der diese dominiert.
Mit dem obigen Satz beweist man sofort das folgende Resultat:
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
5
Satz. Für jeden unendlich-dimensionalen normierten Raum ist die Einheitssphäre zusammenziehbar.
Im Hilbertraumfall kann man dieses Ergebnis – wie gezeigt wird – auch direkt erzielen. Der
Beweis für diesen Spezialfall läßt sich aber nicht in offensichtlicher Weise auf die allgemeine
Situation übertragen.
Grundlagen und Hilfsmittel aus der Hilbertraum-Theorie
Zwei grundlegende Konzepte aus der Theorie der Hilberträume sind für den Beweis des Satzes von Kuiper von zentraler Bedeutung: Die Hilbertraum-Summe und die HilbertraumDimension.
Einem systematischen und Kategorien-theoretischen Zugang zur Hilbertraum-Summe, deren
Spezialfälle die innere und die äußere Hilbertraum-Summe bilden, ist in dieser Arbeit das zweite
Kapitel gewidmet.
An verschiedenen Stellen im Beweis des Satzes von Kuiper wird eine einfache Methode zur
Konstruktion von Homotopien mit Werten in GL(H) benutzt, bei welcher stetige Funktionen
mit Werten in GL(H 0 ) für verschiedene Unterräume H 0 von H zu einer stetigen Funktion mit
Werten in GL(H) zusammengefügt werden. Als Hilfsmittel zum Beweis des Satzes von Kuiper
gebe ich einfache Bedingungen an, unter welchen diese Methode funktioniert.
Im dritten Kapitel erinnere ich an die Definition der Hilbertraum-Dimension und leite einige
einfache Rechenregeln her. Der Beweis des Satzes von Kuiper ist im separablen Fall deshalb einfacher, weil man bei Unterräumen nur zwischen endlicher und abzählbar unendlicher Dimension
unterscheiden muß, während es im allgemeinen Fall jedoch notwendig ist, Unterräume verschiedener unendlicher Dimension zu diskriminieren. Man kann im separablen Fall das Rechnen mit
unendlichen Hilbertraum-Dimensionen fast völlig umgehen. Aus diesem Grund hat Illusie seinen Beweis auch mit einem Reduktionsschritt des allgemeinen auf den separablen Fall begonnen.
Bei ihm bleibt aber im Dunkeln, an welcher Stelle im Beweis dieser Reduktionsschritt gemacht
werden sollte.
Ich gebe in dieser Arbeit wie gesagt einen Beweis des Satzes von Kuiper ohne Reduktionsschritt an, wobei ich mit unendlichen Hilbertraum-Dimensionen, also mit unendlichen Kardinalzahlen, rechne. Zusätzlich dazu habe ich einen Vorschlag ausgearbeitet, an welcher Stelle im
Beweis der Reduktionsschritt von Illusie anwendbar ist: Die Anwendung beschränkt sich dabei
allerdings nur auf einen alternativen Beweis eines Hilfssatzes.
Dieser Hilfssatz und einige weitere, speziellere Hilfsmittel aus der Hilbertraum-Theorie sind
im ersten Kapitel detailiert aufgeführt und werden im sechsten Kapitel bewiesen.
Ausblick: Der Satz von Kuiper-Mingo
Es ist möglich, den Satz von Kuiper auf sogenannte Hilbert-Moduln zu verallgemeinern. HilbertModuln über einer C ∗ -Algebra A stellen eine Verallgemeinerung von Hilberträumen dar, wobei
im wesentlichen das K-wertige innere Produkt eines Hilbertraumes durch ein A-wertiges inneres
Produkt ersetzt wird. Auf die exakten Definitionen gehe ich in Kapitel 7 näher ein.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
6
Die Rolle des Standard-Modells l2 (N, K) für einen separablen Hilbertraum spielt in der Theorie der Hilbert-Moduln der Hilbert-Modul l2 (N, A). Die Rolle der Gruppe GL(l2 (N, K)) spielt
die Gruppe GL∗ (l2 (N, A)) der invertierbaren adjungierbaren Operatoren auf l2 (N, A).
Der Satz von Kuiper-Mingo, den Mingo im Jahre 1982 bewiesen hat, besagt nun:
Satz (Kuiper-Mingo). 3 Ist A eine unitale C ∗ -Algebra über C, so ist die Gruppe GL∗A (l2 (N, A))
zusammenziehbar.
Inzwischen gibt es eine ganze Reihe von Beweisen dieses Satzes4 , von denen zwei sich am
Beweisplan von Kuiper orientieren: Bei dem von Troitskii 5 wird wie bei Kuiper viel gerechnet,
der von Kasimov6 wäre zwar elegant und elementar, ist aber wohl fehlerhaft 7 . Es liegt also nahe,
zu versuchen, den in dieser Diplomarbeit vorgestellten Beweis des Satzes von Kuiper zu einem
Beweis des Satzes von Kuiper-Mingo auszubauen.
Bei einigen in dieser Arbeit verwendeten Hilfsmitteln aus der Hilbertraum-Theorie, wie zum
Beispiel bei der Hilbertraum-Summe, ist die Verallgemeinerung auf den Hilbert-Modul-Fall zwar
ohne nennenswerte Probleme möglich. Für andere Hilfsmittel kann man sich immerhin Ersatz
verschaffen, wenn auch recht mühsam.
Schwierigkeiten bereitet jedoch, daß es in Hilbert-Moduln abgeschlossene Teilmoduln geben
kann, die kein orthogonales Komplement besitzen. Die Zerlegung von Hilberträumen in orthogonale Summen, wie sie in dieser Arbeit mehrfach durchgeführt wird, ist für Hilbert-Moduln
deshalb nur in sehr speziellen Situationen möglich. Die Hilbertraum-Dimension hat – wie zu
erwarten – keine Verallgemeinerung in der Theorie der Hilbert-Moduln.
Statt hier einen kompletten Beweis für den Satz von Kuiper vorzulegen, begnügne ich mich
daher damit, in Kapitel 7 knapp die Grundzüge der Theorie der Hilbert-Moduln zu schliedern
und zu skizzieren, in welchem Ausmaß ich meinen Beweis und die einzelnen Hilfsmittel aus der
Hilbertraum-Theorie bereits auf Hilbert-Moduln übertragen konnte.
Eine detailliertere Behandlung des Satzes von Kuiper-Mingo bleibt einer späteren Arbeit
vorbehalten.
Anhänge
Diese Diplomarbeit hat vier Anhänge.
Der erste, topologische Anhang stellt verschiedene topologische Begriffe und Sätze für diese
Arbeit zur Verfügung. Hervorzuheben ist dabei der Abschnitt über die zu Unrecht wenig bekannte Weg-Topologie, in dem diese eingeführt und eingehend erläutert wird.
Im zweiten Anhang führe ich einige grundlegende Definitionen und Regeln zum Rechnen mit Kardinalzahlen auf. Dieses Material wird benötigt für das Rechnen mit unendlichen
Hilbertraum-Dimensionen.
3
Siehe [Min82].
Näheres hierzu findet sich in Kapitel 7
5
Siehe [Tro86].
6
Siehe [Kas82].
7
Siehe Kapitel 7, Abschnitt 7.2.2.
4
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
7
Sowohl in den Homotopie-theoretischen Teilen dieser Arbeit als auch bei der Erörterung der
Hilbertraum-Summe benutze ich die Sprache der Kategorien-Theorie. Eine kurze Einführung
in diese bietet der dritte Anhang.
Den Schluß der Arbeit bildet ein kuzer Anhang zu Logarithmus und Polarzerlegung in
∗
C -Algebren. Diese werden benötigt, um Homotopien in C ∗ -Algebren zu konstruieren.
Danksagung
An dieser Stelle möchte ich zunächst meinem Betreuer Priv.-Doz. Dr. Olaf von Grudzinski für
seine Unterstützung und konstruktive Kritik danken.
Ebenso danke ich Prof. Dr. Volker Wrobel, der mir im Rahmen eines Seminarvortrages das
Thema dieser Arbeit gestellt hat.
Ich danke auch Herrn Prof. Dr. Carl-Friedrich Bödigheimer, der mich auf die Möglichkeit eines direkten Beweises für die Zusammenziehbarkeit der Einheitskugel eines unendlichdimensionalen Hilbertraumes aufmerksam gemacht hat. Ferner danke ich Prof. Dr. Jens Heber
und Andreas Thom, die mir alternative Beweismöglichkeiten für das Dreh-Lemma erläutert haben, auf die ich dann doch nicht zurückgegriffen habe.
Zu guter Letzt bleibt mir noch Jennifer Salau für unendliche Mengen Tee und Unterstützung
zu danken.
Bezeichnungen und Konventionen
Sei K ∈ {R, C}. Sofern nichts anderes gesagt wird, ist jeder in dieser Arbeit auftretende normierte Raum ein normierter Raum über K. Selbiges gilt für Hilberträume.
Sind E und F normierte Räume, so schreibe L(E, F ) für den Raum der linearen, stetigen
Operatoren von E nach F und GL(E, F ) für die Menge der linearen, stetigen, invertierbaren
Operatoren von E nach F mit stetigen Inversen.
Für jeden normierten Raum E sei S(E) die Einheitssphäre von E; ferner schreiben wir L(E)
für L(E, E) und GL(E) für GL(E, E).
Für jedes n ∈ N0 setze S n := {x ∈ Rn+1 | kxk2 = 1} und Dn := {x ∈ Rn | kxk2 ≤ 1}.
Kapitel 1
Reduktion des Satzes von Kuiper auf
Hilfsmittel aus der Homotopie- und
Hilbertraum-Theorie
Diese Kapitel gliedert sich in drei Blöcke:
Den ersten bilden die Abschnitte 1.1 und 1.2, in denen der Satz von Kuiper samt dem benötigten Vokabular vorgestellt wird.
In den Abschnitten 1.3 und 1.4 werden die Beweishilfsmittel aus der Homotopie- und Hilbertraum-Theorie vorgestellt, die in den späteren Kapiteln bewiesen werden.
Im letzten Abschnitt wird schließlich der Satz von Kuiper unter Verwendung dieser Hilfsmittel bewiesen.
1.1 Das notwendige Vokabular
1.1.1 Die Unitäre Gruppe U(H)
Definitionssatz 1.1.1 (unitäre Abbildungen). Seien H, H 0 Hilberträume und ϕ ∈ GL(H, H 0 ).
Dann heißt ϕ unitär, wenn ϕ−1 = ϕ∗ gilt.
Die Menge aller unitären Abbildungen von H nach H 0 bezeichnen wir mit U(H, H 0 ). Im
Falle H = H 0 schreiben wir dafür U(H).
Satz 1.1.2. Die Hintereinanderausführung unitärer Abbildungen ist unitär. Die Identität auf einem Hilbertraum ist unitär. Die Hilberträume zusammen mit den unitären Abbildungen zwischen
ihnen bilden eine konkrete Kategorie.
Bemerkung 1.1.3. Seien H, H 0 Hilberträume und ϕ ∈ U (H, H 0 ). Dann ist offenbar auch ϕ−1 =
ϕ∗ unitär, und es gilt, wenn H nicht trivial ist, die Gleichung kϕk = kϕ−1 k = 1. Die Abbildungen ϕ und ϕ−1 sind also insbesondere isometrisch.
Definitionssatz 1.1.4 (die unitäre Gruppe). Sei H ein Hilbertraum. Dann ist U(H) eine Untergruppe von GL(H), genannt die unitäre Gruppe von H.
8
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
9
1.1.2 Zusammenziehbare Räume
Schreibweisen 1.1.5. Seien T, X, Y Mengen. Ist H : T × X −
→ Y eine Funktion, so bezeichnen
wir für jedes t ∈ T die Funktion H(t, ·) : X −
→ Y mit Ht .
Definition 1.1.6 (zusammenziehbar). Sei X ein topologischer Raum.
1. Sei A ⊆ X nicht leer und x0 ∈ X. Eine stetige Abbildung K : [0, 1] × A −
→ X mit den
Eigenschaften
• K0 = IdA und
• ∀x ∈ A : K1 (x) = x0
heißt Kontraktion in X von A auf x0 . Gibt es eine solche Kontraktion, so nennen wir A
in X auf x0 zusammenziehbar.
2. Ist A ⊆ X nicht leer, nennen wir A zusammenziehbar in X, wenn es ein x0 ∈ X gibt, auf
das A zusammenziehbar ist.
3. Ist X in sich zusammenziehbar, so nennen wir den topologischen Raum X schlicht zusammenziehbar oder kontrahierbar. Eine Kontraktion von X in sich heißt schlicht Kontraktion von X.
1.2 Der Satz von Kuiper
Wir führen hier nun die beiden Versionen des Satzes von Kuiper auf, deren Äquivalenz später 1
gezeigt wird. Die erste Version wird im folgenden bewiesen.
Satz 1.2.1 (Kuiper, 1965).
zusammenziehbar.
2
Ist H ein unendlich-dimensionaler K-Hilbertraum, so ist GL(H)
Satz 1.2.2 (Kuiper, 1965). Ist H ein unendlich-dimensionaler K-Hilbertraum, so ist U(H) zusammenziehbar.
1.3 Beweis-Hilfsmittel aus der Homotopie-Theorie
1.3.1 Grundbegriffe
Definition 1.3.1 (Homotopie). Seien X und Y topologische Räume.
• Dann heißt eine stetige Funktion H : [0, 1] × X −
→ Y Homotopie von X nach Y .
1
2
Siehe Abschnitt 2.3 und Abschnitt 3.1.2.
Vergleiche [Kui65] und [Ill65].
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
10
• Sind f, g : X −
→ Y stetige Funktionen und H : [0, 1] × X −
→ Y eine Homotopie mit
H0 = f und H1 = g, so heißt H Homotopie von f nach g.
• Sind f, g : X −
→ Y stetige Funktionen, dann nennen wir f homotop zu g, geschrieben
f 'C(X,Y ) g oder schlicht f ' g, wenn es eine Homotopie von f nach g gibt.
Eine spezielle Art von Homotopien sind die Deformationen:
Definition 1.3.2 (Deformation). Sei X ein topologischer Raum und seien A, B Teilmengen von
X. Dann ist eine Deformation von A in X eine Homotopie
D : [0, 1] × A −
→ X,
mit der Eigenschaft D0 = IdA . Ist zusätzlich D1 (A) ⊆ B, so nennt man D eine Deformation in
X von A nach B hinein und A in X nach B hinein deformierbar. Ist X selber in sich nach B
hinein deformierbar, so nennt man X schlicht nach B hinein deformierbar.
Offensichtlich vererbt sich die Deformierbarkeit in folgendem Sinne auf Teilmengen:
Bemerkung 1.3.3. Ist X ein topologischer Raum, sind A, B Teilmengen von X und ist A in X
nach B hinein deformierbar, so ist auch jede Teilmenge von A in X nach B hinein deformierbar.
Der Zusammenhang zwischen Zusammenziehbarkeit und Deformierbarkeit ist der folgende:
Bemerkung 1.3.4. Sei X ein topologischer Raum. Dann gilt: Eine Teilmenge A von X ist genau
dann in X zusammenziehbar, wenn A nicht leer ist und es ein x0 ∈ X so gibt, daß A in X nach
{x0 } hinein deformierbar ist.
1.3.2 Schrittweises Deformieren
Das Deformieren ist bei der Konstruktion von Kontraktionen wichtig, weil man einen Raum
durch sukzessives Deformieren in kleinere oder einfachere Mengen schrittweise zusammenziehen kann. Es gilt nämlich die folgende einfache Bemerkung:
Bemerkung 1.3.5 (Methode des schrittweisen Deformierens). Sei X ein topologischer Raum.
Seien n ∈ N, und sei für jedes i ∈ {1, . . . , n} eine Teilmenge Ai von X gegeben. Ist dann für
alle i ∈ {1, . . . , n − 1} die Menge Ai in X nach Ai+1 hinein deformierbar, so ist A1 in X nach
An hinein deformierbar.
Beweis. Haben wir dieses Lemma für den Fall n = 3 bewiesen, so folgt daraus die allgemeine
Aussage unmittelbar per Induktion. Sei also n = 3. Setze A := A1 , B := A2 und C := A3 .
Seien D0 eine Deformation in X von A nach B hinein und D00 eine Deformation in X von B
nach C hinein. Setze
(
D0 (2t, a)
für 0 ≤ t ≤ 1/2
D : [0, 1] × A −
→ X, (t, a) 7→
.
00
0
D (2t − 1, D (1, a)) für 1/2 ≤ t ≤ 1
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
11
Dann ist D wohldefiniert, da für alle a ∈ A gilt
D00 (2 · (1/2) − 1, D0 (1, a)) = D00 (0, D0 (1, a)) = IdB (D0 (1, a)) = D0 (1, a) = D0 (2 · (1/2), a).
Ferner ist D stetig, da es eine Vereinigung von stetigen Abbildung ist, der Definitionsbereiche
eine endliche abgeschlossene Überdeckung von [0, 1] × A bilden. Es ist schließlich D eine Deformation von A in X nach C hinein, denn es gilt
D0 = D00 = IdA
und
D1 (A) = (D100 ◦ D10 )(A) ⊆ C.
1.3.3 Das Hauptlemma
Das entscheidende Hilfsmittel aus der Homotopietheorie für den Beweis des Satzes von Kuiper
ist die folgende Aussage.
Hauptlemma 1.3.6. Sei E ein normierter Raum und X eine offene Teilmenge. Dann sind äquivalent:
1. X ist zusammenziehbar;
2. X ist nicht leer, und für jeden endlich-dimensionalen Unterraum V von E gilt: V ∩ X ist
leer oder in X zusammenziehbar.
Dieses Hauptlemma ist ein sehr schlagkräftiges Hilfsmittel beim Nachweis der Zusammenziehbarkeit offener Teilmengen X von normierten Räumen, da man nicht eine Kontraktion der
gesamten Menge X angeben muß, sondern sich auf Kontraktionen in X von Schnitten von X
mit endlich-dimensionalen Teilräumen beschränken kann. Hierbei ist wichtig, daß im Falle, daß
X eine offene Teilmenge eines unendlich-dimensionalen normierten Raumes ist, diese endlichdimensionalen Schnittmengen im Vergleich zu X „klein“ sind und trotzdem die Kontraktionen
dieser Schnittmengen in X verlaufen dürfen, wo „viel Platz ist.“
Wir beweisen das Hauptlemma im Abschnitt3 3.4, nachdem im zweiten und dritten Kapitel
die notwendigen Methoden zur Verfügung gestellt worden sind.
1.4 Beweis-Hilfsmittel aus der Hilbertraum-Theorie
Erinnerung. Sei H ein Hilbertraum und (Hi )i∈IL
eine Familie von paarweise orthogonalen, abgeschlossenen Teilräumen von H. Setze H̃ :=
i∈I Hi . Dann wird H̃ die innere l2 -direkte
Summe oder innere Hilbertraum-Summe von (Hi )i∈I genannt, und wir schreiben
²¯
H̃ = ±°
i∈I Hi .
3
Dort findet es sich als Teilaussage von Satz 3.4.14.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
12
1.4.1 Die Hilbertraum-Dimension
Bekanntlich besitzt jeder Hilbertraum eine Orthonormalbasis und je zwei Orthonormalasen haben dieselbe Mächtigkeit4 . Somit kann man folgende Setzung vornehmen:
Definition 1.4.1 (Hilbertraum-Dimension). Für jeden Hilbertraum H definieren wir die Hilbertraum-Dimension dim H als die Mächtigkeit einer und damit aller seiner Orthonormalbasen.
Wenn es um Hilberträume geht, dann ist im folgenden, wenn nichts weiteres gesagt wird,
mit Dimension bzw. dim die Hilbertraum-Dimension (und nicht die algebraische) gemeint. Für
endlich-dimensionale Räume stimmt die Hilbertraum-Dimension mit der algebraischen überein.
Mehr zur Hilbertraum-Dimension findet sich in Kaiptel 5.
1.4.2 Das Füge-Lemma
Ist ein Hilbertraum H die innere Hilbertraum-Summe einer Familie (Hi )i∈I , so kann man unter
bestimmten Bedingungen eine Homotopie in GL(H) konstruieren, indem man Homotopien mit
Werten in den Räumen GL(Hi ) zu einer mit Werten in GL(H) zusammenfügt. Bedingungen,
unter denen dies funktioniert, nennt das folgende Lemma 5 .
Lemma 1.4.2 (Füge-Lemma). Sei H ein Hilbertraum und (Hi )i∈I eine Familie von paarweise
orthogonalen, abgeschlossenen Teilräumen von H. Sei H̃ die innere Hilbertraum-Summe von
(Hi )i∈I . Sei X ein topologischer Raum, und für jedes i ∈ I sei eine Funktion hi : X −
→ GL(Hi )
gegeben. Es gelte
(F1) ∀x ∈ X : supi∈I khi (x)k < ∞.
(F2) ∀x ∈ X : supi∈I khi (x)−1 k < ∞.
(F3) Für jedes x ∈ X ist die Familie (hi )i∈I gleichgradig stetig in x, das heißt
∀ε > 0 ∃U Umgebung von x ∀y ∈ U ∀i ∈ I : d0i (hi (x), hi (y)) < ε.
Dann gibt es genau eine Funktion h : X −
→ GL(H) mit den folgenden Eigenschaften:
1. ∀x ∈ X ∀i ∈ I : h(x)|Hi = hi (x).
2. ∀x ∈ X : h(x)|H̃ ⊥ = IdH̃ ⊥ .
Diese Funktion h ist stetig.
Gilt für alle i ∈ I sogar hi (X) ⊆ U(Hi ), dann gilt h(X) ⊆ U(H). Man beachte, daß im
letzteren Fall die Bedinungen (F1) und (F2) automatisch erfüllt sind.
Das Füge-Lemma wird in Abschnitt 6.1 bewiesen, wobei ich Begriffe und Sätze, die das
Verständnis dieses Lemmas verbessern und den Beweis vereinfachen in Kapitel 4 vorstelle.
4
Vergleiche Abschnitt 5.2.
Um das Füge-Lemma später leichter anwenden zu können, setzen wir hier nicht voraus, daß die innere Hilbertraum-Summe der Familie (Hi )i∈I den Raum H ganz ausschöpft.
5
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
13
1.4.3 Das Zerlege-Lemma
Dieses Lemma ermöglicht es und, den unendlich-dimensionalen Hilbertraum H im Beweis des
Satzes von Kuiper geeignet in kleinere Räume zu zerlegen, um dann Homotopien in den Gruppen
der invertierbaren Operatoren dieser kleineren Räumen mit Hilfe des Füge-Lemmas zu Homotopien in GL(H) zusammenzusetzen.
Lemma 1.4.3 (Zerlege-Lemma). Sei H ein unendlich-dimensionaler Hilbertraum, d ∈ N und
U ein d-dimensionaler Teilraum von L(H) mit IdH ∈ U . Dann gibt es eine unendliche Menge I,
eine Familie (Ei )i∈I von Unterräumen von H und eine Familie (ai )i∈I von Einheitsvektoren in
H mit den folgenden Eigenschaften
1. Die Mächtigkeit von I ist gleich der Hilbertraum-Dimension dim H.
2. Die Mitglieder der Familie (Ei )i∈I sind d+1-dimensional und paarweise orthogonal.
3. Für alle i ∈ I gilt U ai ⊆ Ei (also insbesondere ai ∈ Ei ).
Das Zerlege-Lemma wird in Abschnitt 6.2 bewiesen, wobei ich Begriffe und Sätze, die für
den Beweis dieses Lemmas notwendig sind, vornehmlich das Rechnen mit der HilbertraumDimension, in Kapitel 5 vorstelle.
1.4.4 Das Dreh-Lemma
Das folgende Lemma kann man als den geometrischen Kern des Beweises des Satzes von Kuiper
auffassen.
Lemma 1.4.4 (Dreh-Lemma). Sei E ein Hilbertraum und F ein echter, abgeschlossener Unterraum. Sei a ∈ S(F ). Dann gibt es eine Homotopie
g : [0, 1] × S(F ) −
→ U(E)
derart, daß für alle f ∈ S(F ) gilt:
g0 (f ) = IdE
und
g1 (f )f = a.
Das Dreh-Lemma wird in Abschnitt 6.3 bewiesen.
1.4.5 Das Untergruppen-Lemma
Um dieses Lemma formulieren zu können, benötigen wir den folgenden Begriff:
Definitionsbemerkung 1.4.5. Sei H ein Hilbertraum und H 0 ein Unterrraum. Dann ist
GL(H)H 0 := {ϕ ∈ GL(H) : ϕ|H 0 = IdH 0 }
eine Untergruppe von GL(H).
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
14
Eine kurze Rechnung zeigt:
Bemerkung 1.4.6. Sei H ein Hilbertraum und seien H1 , H2 orthogonale, abgeschlossene Unterräume von H mit H = H1 + H2 . Sei ϕ ∈ GL(H)H2 . Man findet ϕ11 ∈ L(H1 ) und ϕ21 ∈
L(H1 , H2 ) mit der Eigenschaft, daß die Darstellung von ϕ als Blockmatrix bezüglich (H1 , H2 )
die folgende Form hat:
µ
¶
ϕ11
0
,
ϕ21 IdH2
wobei ϕ11 invertierbar, also in GL(H1 ), ist und ϕ−1 die folgende Blockmatrix hat:
¶
µ
ϕ−1
0
11
.
−ϕ21 ϕ−1
IdH2
11
Das folgende Lemma stellt eine Vorstufe zum Satz von Kuiper dar. Es dient uns aber auch
als Ansatzpunkt für den Beweis des Satzes.
Lemma 1.4.7 (Untergruppen-Lemma). Sei H ein unendlich-dimensionaler Hilbertraum und
sei H 0 ein abgeschlossener Unterraum von H mit dim H 0 = dim H. Dann ist GL(H)H 0 in
GL(H) zusammenziehbar.
Offenbar folgt dieses Lemma aus dem Satz von Kuiper. Die Aussage dieses Lemmas war
aber schon vor Kuiper bekannt und wurde schon von Kuiper selbst zum Beweis seines Satzes
herangezogen.
Das Untergruppen-Lemma wird in Abschnitt 6.4 gezeigt. Hierbei werden wir sowohl den Begriff der Hilbertraum-Summe benutzen, den ich in aller Ausführlichkeit in Kapitel 4 bereitstelle,
als auch Eigenschaften der Hilbertraum-Dimension (siehe Kapitel 5) und das Füge-Lemma.
1.5 Herleitung des Satzes von Kuiper unter Verwendung der
genannten Beweis-Hilfsmittel
Sei H ein unendlich-dimensionaler K-Hilbertraum.
Nach dem Hauptlemma 1.3.6 ist nun zu beweisen, daß für jeden endlich-dimensionalen Teilraum U von L(H) die Menge U ∩ GL(H) leer oder in GL(H) zusammenziehbar ist. Wegen
des Untergruppen-Lemmas 1.4.7 reicht es dazu, einen abgeschlossenen Teilraum H 0 von H mit
dim H 0 = dim H zu finden und nachzuweisen, daß U ∩ GL(H) in GL(H) nach GL(H)H 0 hinein
deformierbar ist.
Sei also U ein endlich-dimensionaler Teilraum von L(H), für den der Schnitt U ∩ GL(H)
nicht leer ist.
Wir können ohne Einschränkung annehmen, daß IdH ∈ U gilt, denn ist GL(H)∩(U + KIdH )
in GL(H) zusammenziehbar, so auch die Teilmenge GL(H) ∩ U . Setze d := dim U .
Wir wählen nun eine Menge I, Familien (Ei )i∈I und (ai )i∈i wie im Zerlege-Lemma 1.4.3.
Setze
H 0 := hai : i ∈ Ii.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
15
Die Hilbertraum-Dimension von H 0 ist gleich der Mächtigkeit von I, und nach Wahl von I
ist diese gleich der Hilbertraum-Dimension von H.
Es ist für jedes i ∈ I der Raum U ai ≤ Ei höchstens d-dimensional, weshalb wir für jedes
i ∈ I einen d-dimensionalen Unterraum Fi von Ei mit der Eigenschaft
U ai ⊆ Fi
und somit insbesondere mit ai ∈ Fi finden. Auch eine solche Familie (Fi )i∈I fixieren wir.
Setze nun
B := {ϕ ∈ GL(H) : ∀i ∈ I : ϕ(ai ) ∈ Fi }.
Es gilt GL(H) ∩ U ⊆ B. Setze
C := {ϕ ∈ GL(H) : ∀i ∈ I : ϕ(ai ) ∈ S(Fi )}.
Wir zeigen im folgenden:
1. B ist in GL(H) nach C hinein deformierbar.
2. C ist in GL(H) nach GL(H)H 0 hinein deformierbar.
Dann ist auch GL(H) ∩ U ⊆ B in GL(H) nach GL(H)H 0 deformierbar und damit der Satz von
Kuiper bewiesen.
Konstruktion einer Deformation in GL(H) von B nach C hinein
Ich gebe nun eine Deformation h0 : [0, 1] × B −
→ GL(H) von B nach C hinein an, das heißt
eine Homotopie mit den folgenden Eigenschaften:
h00 = IdB
und
∀i ∈ I ∀ϕ ∈ B :
Setze dazu
h0 (1, ϕ)ai ∈ S(Fi ).
²¯
F̃ := ±°
i∈I Fi .
Für alle t ∈ [0, 1], ϕ ∈ B und i ∈ I definiere die Abbildung
µ
¶
1
0
gi (t, ϕ) := (1 − t) + t
IdFi ∈ GL(Fi ).
kϕ(ai )k
Die Familie (gi0 )i∈I erfüllt die Voraussetzungen des Füge-Lemmas 1.4.2, wie wir weiter unten
nachweisen.
Wir finden also nach dem Füge-Lemma eine stetige Funktion g 0 : [0, 1] × B −
→ GL(H) mit
folgenden Eigenschaften:
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
16
1. Für alle t ∈ [0, 1], ϕ ∈ B und i ∈ I gilt:
g 0 (t, ϕ)|Fi = gi0 (t, ϕ).
2. Für alle t ∈ [0, 1] und ϕ ∈ B gilt:
g 0 (t, ϕ)|F̃ ⊥ = IdF̃ ⊥ .
Dann gilt für alle ϕ ∈ B und i ∈ I:
g 0 (0, ϕ)|Fi = gi0 (0, ϕ) = IdFi .
Da g 0 (0, ϕ) linear und stetig ist, folgt g 0 (0, ϕ)|F̃ = IdF̃ . Also gilt g 0 (0, ϕ) = IdH .
Andererseits gilt für alle ϕ ∈ B und i ∈ I:
1
ϕ(ai ) ∈ S(Fi ).
g 0 (1, ϕ) ϕ(ai ) = gi0 (1, ϕ)ϕ(ai ) =
| {z }
kϕ(ai )k
∈Fi
Setzen wir nun
h0 : [0, 1] × B −
→ GL(H), ϕ 7→ g 0 (t, ϕ) ◦ ϕ,
so ist diese Abbildung stetig und hat auch die anderen gewünschten Eigenschaften.
Nachweis der Bedingung (F1)
Sei t ∈ [0, 1] und ϕ ∈ B.
Sei i ∈ I. Dann gilt wegen
1
kϕ(ai )k
≤ kϕ−1 k:
°
°
°ª
© °
kgi0 (t, ϕ)k ≤ (1 − t) + t °ϕ−1 ° ≤ max 1, °ϕ−1 ° .
Nachweis der Bedingung (F2)
Sei t ∈ [0, 1] und ϕ ∈ B.
Sei i ∈ I. Dann gilt
¯
¯
¯(1 − t) + t
¯
und somit
Also gilt
¯
½
¾
½
¾
1 ¯¯
1
1
≥ min 1,
≥ min 1,
,
kϕ(ai )k ¯
kϕ(ai )k
kϕk
1
¯
¯ ≤ max {1, kϕk} .
¯
¯
1
¯(1 − t) + t kϕ(ai )k ¯
° 0
°
°gi (t, ϕ)−1 ° ≤ max {1, kϕk} .
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
17
Nachweis der Bedingung (F3)
Sei ε > 0. Seien s ∈ [0, 1] und ϕ ∈ B. Weil die Inversion in GL(H) stetig ist, finden wir ein
δ 0 > 0 so, daß für alle ψ ∈ GL(H) mit kϕ − ψk < δ 0 gilt: kψ −1 k < 2 kϕ−1 k. Setze nun
½
¾
ε
ε
0 ε
,
.
δ := min δ , ,
3 6s kϕ−1 k2 6 kϕk kϕ−1 k2
Seien t ∈ [0, 1] und ψ ∈ B mit |s − t| < δ und kϕ − ψk < δ. Für alle i ∈ I gilt dann
°
°·
¸
°
°
s
t
°
IdFi °
kgi (s, ϕ) − gi (t, ψ)k = ° (1 − s) − (1 − t) +
−
°
kϕ(ai )k
kψ(ai )k
¯
¯
¯
s kψ(ai )k − t kϕ(ai )k ¯¯
¯
= ¯(t − s) +
kϕ(ai )k kψ(ai )k ¯
¯
¯
¯
¯
¯ s kψ(ai )k − t kϕ(ai )k ¯
≤ |t − s| +
kϕ(ai )k kψ(ai )k
¯
¯ °
°°
°
ε
¯
¯
≤
+ ¯ s kψ(ai )k − t kϕ(ai )k ¯ °ϕ−1 ° °ψ −1 °
3
¯
¯ °
° °
°
ε
¯
¯
≤
+ ¯ s kψ(ai )k − s kϕ(ai )k + s kϕ(ai )k − t kϕ(ai )k ¯ °ϕ−1 ° 2 °ϕ−1 °
3
µ ¯
¶
¯
°
°2
ε
¯
¯
+ s¯ kψ(ai )k − kϕ(ai )k ¯ + |s − t| kϕ(ai )k 2 °ϕ−1 °
≤
3
³
´ °
°2
ε
+ s kψ − ϕk + |s − t| kϕk 2 °ϕ−1 °
≤
3
°
°2
°
°2
ε
=
+ kψ − ϕk 2s °ϕ−1 ° + |s − t| 2 kϕk °ϕ−1 °
3
ε
ε
ε
≤
+
+
= ε.
3
3
3
Konstruktion einer Deformation in GL(H) von C nach GL(H)H 0 hinein
Ich gebe nun eine Deformation h00 : [0, 1] × C −
→ GL(H) von C nach GL(H)H 0 hinein an, das
heißt eine Homotopie mit den folgenden Eigenschaften:
h000 = IdC
und
∀i ∈ I ∀ϕ ∈ C :
h00 (1, ϕ)ai = ai .
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
18
Setze dazu
²¯
Ẽ := ±°
i∈I Ei .
Fixiere einen d+1-dimensionalen Hilbertraum E und einen d-dimensionalen Unterraum F
sowie einen Einheitsvektor a von F . Finde dazu eine Homotopie g : [0, 1] × S(F ) −
→ U(E) wie
im Dreh-Lemma 1.4.4. Für jedes i ∈ I wähle eine unitäre Abbildung αi von Ei auf E derart, daß
αi (Fi ) = F und αi (ai ) = a gilt.
Für alle t ∈ [0, 1], ϕ ∈ C und i ∈ I definieren wir die Abbildung
gi00 (t, ϕ) := αi−1 ◦ g(t, αi (ϕ(ai ))) ◦ αi ∈ U(Ei ).
Die Familie (gi00 )i∈I erfüllt die Voraussetzungen des Füge-Lemmas 1.4.2, wie wir weiter unten
nachweisen (wobei die Bedingungen (F1) und (F2) trivialerweise erfüllt sind).
Wir finden also nach dem Füge-Lemma 1.4.2 eine stetige Funktion g 00 : [0, 1] × C −
→ U(H)
mit folgenden Eigenschaften:
1. Für alle t ∈ [0, 1], ϕ ∈ C und i ∈ I gilt:
g 00 (t, ϕ)|Fi = gi00 (t, ϕ).
2. Für alle t ∈ [0, 1] und ϕ ∈ C gilt:
g 00 (t, ϕ)|Ẽ ⊥ = IdẼ ⊥ .
Für alle ϕ ∈ C und i ∈ I gilt dann:
g 00 (0, ϕ)|Ei = gi00 (0, ϕ) = αi−1 ◦ g(0, αi (ϕ(ai ))) ◦αi = IdEi
|
{z
}
=IdE
Weil g 00 (0, ϕ) stetig und linear ist, gilt somit g 00 (0, ϕ)|Ẽ = IdẼ und folglich g 00 (0, ϕ) = IdH .
Ferner gilt für alle ϕ ∈ C und i ∈ I:
¡
¢
g 00 (1, ϕ) ϕ(ai ) = gi00 (1, ϕ)ϕ(ai ) = αi−1 ◦ g(1, αi (ϕ(ai ))) ◦ αi ϕ(ai )
| {z }
∈S(Fi )
µ
=
αi−1
´¶
◦ g 1, αi (ϕ(ai ))
αi (ϕ(ai ) = αi−1 (a) = ai .
| {z }
³
∈S(F )
Setzen wir nun
h00 : [0, 1] × C −
→ GL(H), ϕ 7→ g 00 (t, ϕ) ◦ ϕ,
so ist diese Abbildung stetig und hat auch die anderen gewünschten Eigenschaften.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
19
Nachweis der Bedingung (F3)
Wir zeigen sogar etwas mehr als notwendig, nämlich:
∀ε > 0 ∃δ > 0 ∀s, t ∈ [0, 1] ∀ϕ, ψ ∈ C :
|s − t| , kϕ − ψk < δ ⇒ ∀i ∈ I : kgi00 (s, ϕ) − gi00 (t, ψ)k < ε.
Sei ε > 0. Da g eine stetige Abbildung auf einem Kompaktum ist, ist g gleichmäßig stetig.
Wir finden also ein δ > 0 derart, daß gilt:
∀s, t ∈ [0, 1] ∀x, y ∈ S(F ) : |s − t| , kx − yk < δ ⇒ kg(s, x) − g(t, y)k < ε.
Seien nun s, t ∈ [0, 1] und ϕ, ψ ∈ C mit |s − t| , kϕ − ψk < δ. Für alle i ∈ I gilt
kαi (ϕ(ai )) − αi (ψ(ai ))k = kϕ(ai ) − ψ(ai )k ≤ kϕ − ψk < δ,
und somit
° −1
°
°α ◦ g(s, αi (ϕ(ai ))) ◦ αi − α−1 ◦ g(t, αi (ψ(ai ))) ◦ αi °
i
i
= kg(s, αi (ϕ(ai ))) − g(t, αi (ψ(ai )))k < ε.
2
Kapitel 2
Homotopie und Deformation
Der erste Abschnitt dieses Kapitels stellt den Begriff der Homotopie vor. Dieser wird mit kategorien-theoretischen Konzepten analysiert: Es wird festgestellt, daß die Homotopie-Relation eine
Kongruenz auf der Kategorie der topologischen Räume (mit oder ohne Basispunkt) ist. Nach
einer in Anhang C vorgestellten Methode kann man die Homotopie-Relation also „rausfaktorisieren“, und erhält so die sogenannte Homotopie-Kategorie, die den natürlichen Rahmen für die
Homotopie-Theorie bildet.
Im zweiten Abschnitt beschäftigen wir uns mit Unterräumen topologischer Räume und deren kanonischen Inklusionsabbildungen. Zentral sind hier die Begriff der Deformation und der
Deformierbarkeit in einen Unterraum. Es wird aber auch der Begriff des Deformationsretraktes
systematisch besprochen.
Als Anwendung beweisen wir im dritten Unterabschnitt, daß für jede unitale C ∗ -Algebra
die Gruppe der unitären Elemente U(A) ein strenger Deformationsretrakt der Gruppe der invertierbaren Elemente G(A) ist. Dies führt dann zum oben erwähnten Resultat, daß für jeden
Hilbertraum H die Gruppe U(H) genau dann zusammenziehbar ist, wenn GL(H) es ist, wie wir
im nächsten Kapitel sehen werden.
2.1 Homotopie und die Kategorie hTop
Das erste Kapitel beginne ich mit der Einführung des Homotopie-Begriffes. Hierbei wähle ich
einen Zugang, der die Sprache der Kategorientheorie benutzt. Die Grundzüge dieser Sprache,
soweit sie hier relevant sind, stelle ich im Anhang C vor.
Im Zusammenhang mit dem Homotopie-Begriff benutze ich folgende Notation:
Schreibweisen 2.1.1. Seien T, X, Y Mengen.
• Ist H : T × X −
→ Y eine Funktion, so bezeichnen wir für jedes t ∈ T die Funktion
H(t, ·) : X −
→ Y mit Ht .
• Zusätzlich schreiben wir H̃ für die Funktion, die jedes t ∈ T auf Ht abbildet.
20
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
21
• Ist andersherum γ eine Funktion von T nach F(X, Y ), so setzen wir γ̂ : T × X −
→
Y, (t, x) 7→ γ(t)(x).
2.1.1 Homotopie
Definition 2.1.2 (Homotopie). Seien X und Y topologische Räume.
• Dann heißt eine stetige Funktion H : [0, 1] × X −
→ Y Homotopie von X nach Y .
• Sind f, g : X −
→ Y stetige Funktionen und H : [0, 1] × X −
→ Y eine Homotopie mit
H0 = f und H1 = g, so heißt H Homotopie von f nach g.
→ Y stetige Funktionen, dann nennen wir f homotop zu g, geschrieben
• Sind f, g : X −
f 'C(X,Y ) g oder schlicht f ' g, wenn es eine Homotopie von f nach g gibt.
Eine Homotopie H : [0, 1] × X −
→ Y kann auch als eine Familie von stetigen Wegen in Y
oder als Weg in C(X, Y ) verstanden werden. Dies präzisiert der folgende Satz:
Satz 2.1.3 (Homotopie und stetige Wege). Seien X und Y topologische Räume und H : [0, 1]×
X−
→ Y eine Funktion. Dann gilt
1. Ist H stetig, so auch H̃ : [0, 1] −
→ (C(X, Y ), τko ), t 7→ Ht , wobei τko die Kompakt-Offen1
Topologie auf C(X, Y ) sei.
2. Ist X lokalkompakt und hausdorffsch, dann gilt auch die Umkehrung.
3. H ist genau dann stetig, wenn die Funktion X −
→ (C([0, 1], Y ), τko ), x 7→ H(·, x), stetig
ist, wobei τko die Kompakt-Offen-Topologie auf C([0, 1], Y ) sei.
Beweis. Dies folgt aus dem Satz A.1.3 aus Anhang A.
Haben f und g aus der letzten Definition zusätzlich zur Stetigkeit noch weitere gemeinsame
Eigenschaften (stimmen sie zum Beispiel auf einer Teilmenge von X überein), so fordert man
manchmal dieselben Eigenschaften von allen Funktionen Ht , t ∈ [0, 1]. Ich fasse dies begrifflich
mit der folgenden Definition:
Definition 2.1.4 (homotop in einer Menge von Funktionen). Seien X und Y topologische
Räume und f, g : X −
→ Y stetige Funktionen und M ⊆ C(X, Y ) eine Menge von stetigen
Funktionen von X nach Y . Dann heißt f genau dann homotop zu g in der Menge M , wenn es
eine Homotopie H von f nach g gibt, daß Ht ∈ M für alle t ∈ [0, 1] gilt. Wir schreiben dann
f 'M g oder kurz f ' g, wenn klar ist, von welcher Menge M ausgegangen wird.
Eine Homotopie, die nicht in einer vorgeschriebenen Menge verläuft wird zur Verdeutlichung
auch frei genannt.
1
Siehe Definition A.1.1.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
22
Beispiel 2.1.5 (Homotopie relativ zu einer Menge). Seien X, Y topologische Räume, A ⊆ X
und f ∈ C(X, Y ). Sei M die Menge aller stetigen Funktionen von X nach Y , die auf A mit f
übereinstimmen. Ist ein g ∈ M homotop zu f in M , so schreiben wir auch f ' g rel A, und
sagen, g ist homotop zu f relativ zu A.
Satz 2.1.6 (Homotopie als Äquivalenzrelation). Seien X, Y topologische Räume und M ⊆
C(X, Y ). Dann definiert die Homotopie ' in M auf M eine Äquivalenzrelation.
Beweis. Seien f, g, h ∈ M . Zunächst gilt f 'M f , denn H : [0, 1] × X −
→ Y, (t, x) 7→ f (x) ist
offenbar eine Homotopie von f nach f in M .
Es gelte f 'M g, und es sei H eine Homotopie von f nach g in M . Dann ist die Funktion
H 0 : [0, 1] × X −
→ Y, (t, x) 7→ H(1 − t, x) eine Homotopie von g nach f in M .
Seien nun drittens f homotop zu g und g homotop zu h in M . Seien H eine Homotopie von
f nach g in M und H 0 eine von g nach h in M . Dann ist
(
H(2t, x)
für t ∈ [0, 21 ]
H 00 : [0, 1] × X −
→ Y, (t, x) −
→
H 0 (2t − 1, x) für t ∈ [ 21 , 1]
eine Homotopie von f nach h in M .
Definition 2.1.7 (homotop in einer Kategorie). Seien K eine Kategorie und F : K −
→ Top
ein Funktor. Seien ferner A, B Objekte von K und f, g ∈ homK (A, B). Dann heißen f und g
homotop in K (bezüglich F ), wenn F (f ) und F (g) in F (homK (A, B)) zueinander homotop
sind. In diesem Fall schreiben wir ohne K, F , A oder B in der Schreibweise zu berücksichtigen
f ' g, wenn dies nicht zu Uneindeutigkeiten führt.
Bemerkung 2.1.8. Die letzte Definition ist besonders dann von Interesse, wenn K eine konkrete
Kategorie ist und F ein Vergiß-Funktor. Weiter unten finden sich hierfür zahlreiche Beispiele.
Die „Homotopie in einer Kategorie“ ist verträglich mit der Hintereinanderausführung von
Morphismen. Diese Beobachtung wird im kategorientheoretischen Begriff der Kongruenz 2 erfaßt:
Satz 2.1.9 (Homotopie als Kongruenz). Seien K eine Kategorie und F : K −
→ Top ein Funktor.
Dann ist die Homotopie ' in K eine Kongruenz auf K.
Beweis. Seien A, B und C Objekte von K, f1 , f2 ∈ homK (A, B) und g1 , g2 ∈ homK (B, C). Es
gelte ferner f1 ' f2 und g1 ' g2 . Das heißt, wir finden Homotopien H von F (f1 ) nach F (f2 ) in
F (homK (A, B)) und H 0 von g1 nach g2 in F (homK (B, C)). Dann ist
H 00 : [0, 1] × F (A) −
→ F (C), (t; x) 7→ H 0 (t, H(t, x)).
eine Homotopie von F (g1 ) ◦ F (f1 ) = F (g1 ◦ f1 ) nach F (g2 ) ◦ F (f2 ) = F (g2 ◦ f2 ). Sei t ∈
[0, 1]. Dann gilt H 00 t = H 0 t ◦ Ht ∈ F (homK (A, C)), da Ht ∈ F (homK (A, B)) und H 0 t ∈
F (homK (B, C)).
2
Siehe Definition C.1.12 im entsprechenden Anhang.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
23
Definition 2.1.10 (Homotopieklasse). Seien K eine Kategorie und F : K −
→ Top ein Funktor.
Seien A, B Objekte von K und sei f ∈ homK (A, B). Dann bezeichnen wir die Äquivalenzklasse
von f bezüglich ', gennant die Homotopieklasse von f , mit [f ]AB oder noch kürzer mit [f ]. Die
Menge der Homotopieklassen von Morphismen von A nach B bezeichnen wir mit [A, B].
2.1.2 Beispiele relevanter Kategorien
Beispiel 2.1.11 (Raumpaare). Die Kategorie der Raumpaare hat als Objekte die Paare (X, A),
wobei X ein topologischer Raum und A eine Teilmenge von X ist. Sind (X, A) und (Y, B)
Raumpaare, so wählt man als Morphismen zwischen (X, A) und (Y, B) alle stetigen Funktionen
von X nach Y , die A nach B hinein abbilden. Die Kategorie der Raumpaare ist offenbar eine
konkrete Kategorie, für die der Vergiß-Funktor als Funktor nach T op verstanden werden kann.
Bemerkung 2.1.12. Die Kategorie der Raumpaare enthält zwei in kanonischer Weise zu Top
isomorphe Teilkategorien, nämlich die Teilkategorie der Paare der Form (X, ∅) und die Teilkategorie der Paare der Form (X, X). Eine weitere wichtige Teilkategorie der Kategorie der
Raumpaare ist isomorph zur im folgenden Beispiel eingeführten Kategorie pTop.
Beispiel 2.1.13 (Räume mit Basispunkt). Die Objekte der Kategorie der Räume mit Basispunkt sind die Paare (X, x0 ), wobei X ein topologischer Raum ist und x0 ein Punkt in X. Die
Morphismen sind diejenigen stetigen Abbildungen, die Basispunkte auf Basispunkte abbilden.
Homotopien in dieser Kategorie nennt man basispunkterhaltend. Wir nennen diese Kategorie
auch pTop.
Beispiel 2.1.14 (Normierte Räume). Wichtig ist auch die Kategorie K NormSp der normierten Räume über K mit den stetigen K-linearen Abbildungen dazwischen. Eine Homotopie in
NormSp von einem stetigen linearen Operator zu einem anderen ist also eine, die zwischendurch nur über stetige lineare Operatoren führt.
2.1.3 Konstruktion der Homotopie-Kategorie
Wenn man eine Kongruenz auf einer Kategorie gefunden hat, so kann man diese „rausfaktorisieren“, das heißt zur Quotientenkategorie3 nach dieser Kongruenz übergehen. Dieses wollen wir
nun für den Fall der Homotopie in einer Kategorie durchführen.
Generalvoraussetzung 2.1.15. Im Abschnitt 2.1.3 sei K eine Kategorie und F : K −
→ Top ein
Funktor. Sei ' die durch F auf K definierte Homotopiekongruenz auf K.
Definition 2.1.16 (die Kategorie hK). Die Quotientenkategorie K/' nennt man die zu K gehörige Homotopie-Kategorie hK. Ihre Objekte sind die Objekte von K, ihre Morphismen die
Homotopieklassen von K-Morphismen. Die Hintereinanderausführung von Homotopieklassen
ist repräsentantenweise definiert.
Wir kommen zu den wichtigsten Beispielen für Homotopie-Kategorien.
3
Vergleiche Definitionssatz C.1.13.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
24
Beispiel 2.1.17 (Die Kategorien hTop und hpTop). Im Falle K = Top und F = IdTop erhalten
wir die Homotopie-Kategorie topologischer Räume hTop. Im Falle K = pTop und F = der
Vergißfunktor nach Top erhalten wir die Homotopie-Kategorie hpTop der topologischen Räume
mit Basispunkt.
Immer wenn wir eine Kategorie gefunden haben, erhalten wir auch einen Isomorphie-Begriff.
Im vorliegenden Fall gibt dies zur folgenden Definition Anlaß.
Definition 2.1.18 (Homotopie-äquivalent). Zwei Objekte von K, die in hK isomorph sind,
heißen Homotopie-äquivalent oder „vom gleichen Homotopietyp“. Sind A und B K-Objekte
und f : A −
→ B eine K-Morphismus, dessen Äquivalenzklasse [f ] ein Isomorphismus ist, so
heißt f eine Homotopie-Äquivalenz von A nach B.
Beispiel 2.1.19. 4 Ein Morphismus f : A −
→ B ist definitionsgemäß genau dann eine Homotopie-Äquivalenz, wenn es einen Morphismus g : B −
→ A gibt, mit f ◦ g ' IdB und g ◦ f ' IdA .
In der Kategorie Top heißt dies etwa, daß eine stetige Funktion f : X −
→ Y genau dann eine
Homotopieäquivalenz ist, wenn es eine stetige Funktion g : Y −
→ X gibt mit f ◦ g ' IdY und
g ◦ f ' IdX .
Häufig hat man die Frage vorliegen, ob zwei gegebene topologische Räume homöomorph
sind. Um dieses Problem anzugehen, bietet es sich an, bestimmte Größen für beide Räume zu
bestimmen, die unter Homöomorphie invariant sind. Stimmen die errechneten Größen nicht überein, können die Räume nicht homöomorph sein. Eine solche Homöomorphie-Invariante stellt der
Homotopietyp dar:
Bemerkung 2.1.20. Da die Zuordnung P' : K −
→ hK, die auf den K-Objekten identisch wirkt
und jeden K Morphismus auf seine Homotopieklasse abbildet, ein Funktor ist, ist das Bild eines
jeden Isomorphismus in K unter P' ein Isomorphismus in hK.
Für Top und hTop heißt das: Jeder Homöomorphismus ist eine Homotopie-Äquivalenz.
Homöomorphe Räume haben also denselben Homotopietyp. Diese Invariante ist jedoch nicht
sehr trennscharf: Wir werden etwa sehen, daß eine große Zahl sehr verschiedenartiger topologischer Räume denselben Homotopietyp wie ein einpunktiger Raum hat.
2.1.4 Retrakte in Top und hTop
Weiter unten werden wir uns mit Teilmengen topologischer Räume auseinandersetzen und Begriffe wie Retrakt und Deformationsretrakt für Teilmengen topologischer Räume einführen. Der
Begriff Retrakt ist allerdings auch aus der Kategorientheorie bekannt:
→B
Erinnerung 2.1.21 (Retrakt). Sei K eine Kategorie, seien A, B K-Objekte und sei r : A −
ein K-Morphismus. Dann heißt r eine Retraktion von A nach B, wenn es einen K-Morphismus
s:B−
→ A so gibt, daß r ◦ s = 1B gilt:
A ¾
4
Vgl. [SZ94], Def. 2.4.1
r B ,
s
r ◦ s = 1B .
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
25
Eine Retraktion ist also ein rechts-invertierbarer Morphismus. Gibt es eine Retraktion von A
nach B, so nennt man B einen Retrakt von A (im Kategoriensinne).
Auf die Kategorie der topologischen Räume angewendet erhalten wir:
Bemerkung 2.1.22. Seien X, Y topologische Räume. Dann heißt Y Retrakt von X in der Kategorie Top, wenn es eine stetige Abbildung r : X −
→ Y und eine stetige Abbildung s : Y −
→X
gibt mit r ◦ s = IdY .
Zur Illustration dieser Begriffsbildung nun das folgende Beispiel, das sich später auch als
nützlich erweisen wird, wenn wir die Zusammenziehbarkeit von GL(H) für endlich-dimensionale Hilberträume untersuchen:
Beispiele 2.1.23.
1. Sei E ein normierter K-Vektorraum. Dann ist die Einheitssphäre S(E)
von E ein Retrakt von E \ {0}. Die Abbildung
x
r : E \ {0} −
→ S(E), x 7→
kxk
ist eine Retraktion von E \ {0} nach S(E).
2. Ist n ∈ N, dann ist K \ 0 ein Retrakt von GLn (K) in Top. Betrachte dazu die Funktion
r : GLn (K) −
→ K \ {0}, A 7→ det A. Dann ist r stetig. Betrachte ferner die Funktion
(wobei wir die Blockmatrizenschreibweise benutzen):
µ
¶
λ 0
s : K \ {0} −
→ GLn (K), λ 7→
.
0 In−1
Hierbei sei In−1 die (n − 1) × (n − 1)- Einheitsmatrix. Offenbar ist auch s : K \ {0}
−
→ GLn (K) stetig, und es ist r ◦ s = IdK\{0} . Also ist K \ {0} ein Retrakt von GLn (K) in
Top.
3. Führen wir die letzen beiden Nummern zusammen, so erhalten wir: Ist K = R, so ist die
zweipunktige Menge {−1, 1} mit der diskreten Topologie ein Retrakt von GLn (R) in Top.
Ist K = C, dann sehen wir, daß der Einheitskreis S 1 in C mit der kanonischen Topologie
ein Retrakt von GLn (C) in Top ist.
In der Kategorie hTop kennt man das Konzept des Retraktes auch, allerdings nennt man es
anders:
Definition 2.1.24 (Dominieren). Sind X und Y topologische Räume, so sagt man anstelle von
„Y ist Retrakt von X in hTop“ auch „X dominiert Y “.
Hinweis 2.1.25. Wie ich in Anhang C im Abschnitt C.3.2 im allgemeinen dargestellt habe, bedeutet, daß der Raum X den Raum Y dominiert, daß der Raum Y keinen „komplexeren“ Homotopietyp als der Raum X besitzt.
Wie in Anhang C im Abschnitt C.3.4 nachzulesen, bilden Funktoren Retraktionen auf Retraktionen ab. Somit gilt
Bemerkung 2.1.26. Sind X und Y topologische Räume und ist Y ein Retrakt von X in Top, so
ist Y ein Retrakt von X in hTop, d.h. X dominiert Y .
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
26
2.2 Homotopie und Teilmengen topologischer Räume
Generalvoraussetzung 2.2.1. Für den Abschnitt 2.2 sei X ein topologischer Raum. Für jede
Teilmenge A von X sei iA : A −
→ X die Inklusionsabbildung.
Dieser Abschnitt könnte auch „Homotopietheorie von Inklusionsabbildungen“ überschrieben
sein: Es geht um die Rechts- und Links-Invertierbarkeit der Abbildungen iA für Teilmengen A
von X. Hierbei betrachten wir sowohl die Invertierbarkeit in Top als auch in hTop.
2.2.1 Teilmengen als Retrakte
Zunächst kümmern wir uns um die Links-Invertierbarkeit von Inklusionsabbildungen. Wir engen
hierzu den Begriff „Retrakt“ für Teilmengen des Raumes X ein:
Definition 2.2.2 ((Schwacher) Retrakt). Sei A ⊆ X.
• Eine stetige Funktion r : X −
→ A heißt Retraktion von X nach A, wenn gilt
r|A = IdA .
• Die Teilmenge A heißt Retrakt von X, wenn es eine Retraktion von X nach A gibt.
• Eine stetige Funktion r : X −
→ A heißt schwache Retraktion von X nach A, wenn gilt
r|A ' IdA .
• A heißt schwacher Retrakt von X, wenn es eine schwache Retraktion von X nach A gibt.
Bemerkung 2.2.3. Die hier eingeführten Begriffe hängen folgendermaßen mit dem Begriff „Retrakt“ im Sinne der Kategorientheorie zusammen:
• Ist r : X −
→ A eine Retraktion im Sinne der letzten Definition, dann gilt
r ◦ iA = IdA .
Die Abbildung r wird also von iA von Rechts invertiert. Insbesondere ist also A ein Retrakt
von X in Top. Es kann jedoch auch Retrakte von X in Top geben, die nicht Teilmengen
von X sind, und es ist auch nicht ausgeschlossen, daß eine Teilmenge A von X ein Retrakt von X in Top sind, jedoch nicht ein Retrakt im Sinne der letzten Definition, da die
zugehörige Retraktion nicht von iA , sondern von einer anderen Abbildung von A nach X
von Rechts invertiert wird. Sagen wir jedoch von einer Teilmenge A von X, sie sei ein
Retrakt von X (und sagen nicht „in Top“), so meinen wir „Retrakt“ im Sinne der letzten
Definition.
→ A eine schwache Retraktion von X nach A, so gilt
• Ist r : X −
[r] ◦ [iA ] = [r ◦ iA ] = [r|A ] = [IdA ].
Die Homotopieklasse von iA wird also in hTop von Rechts durch [r] invertiert. Insbesondere ist also A ein Retrakt von X in hTop, sprich: A wird von X dominiert.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
27
2.2.2 Deformationen
Wir kommen nun zur Rechts-Invertierbarkeit von Inklusionsabbildungen. In Top ist diese jedoch
sehr uninteressant: Sei A ⊆ X und r : X −
→ A ein stetiges Rechts-Inverses von iA . Dann gilt
IdX = iA ◦ r = r,
da r(X) ⊆ A gilt. Somit ist A = X.
In hTop ist die Sache jedoch ungleich reizvoller. Zunächst die folgende Definition:
Definition 2.2.4 (Deformation). Seien A, B Teilmengen von X.
• Dann ist eine Deformation von A in X eine Homotopie
D : [0, 1] × A −
→ X mit der Eigenschaft D0 = iA .
• Gilt zusätzlich
D1 (A) ⊆ B,
so nennt man D eine Deformation in X von A nach B hinein
• Gibt es eine Deformation in X von A nach B hinein, so nennt man A in X nach B hinein
deformierbar.
• Ist X selber in sich nach B hinein deformierbar, so nennt man X schlicht nach B hinein
deformierbar.
Bemerkung 2.2.5. Ist X ein topologischer Raum, sind A, B Teilemengen von X und ist A in X
nach B hinein deformierbar, so ist auch jede Teilmenge von A in X nach B hinein deformierbar.
Was Deformationen mit Rechts-Inversen von Inklusionsabbildungen zu tun haben, sagt nun
die folgende Bemerkung:
Bemerkung 2.2.6. Sei A eine Teilmenge von X.
1. Ist D eine Deformation von X nach A hinein, so ist [D1 ] ein Rechts-Inverses von [iA ].
2. Ist f : X −
→ A stetig und H eine Homotopie von IdX nach f , so ist H eine Deformation
von X nach A hinein.
3. X ist genau dann nach A hinein deformierbar, wenn die Homotopieklasse [iA ] der Inklusionsabbildung von A ein Rechts-Inverses in hTop hat.
Beweis.
1. Sei D : [0, 1] × X −
→ X eine Deformation von X nach A hinein. Dann gilt
D1 (X) ⊆ A, also D1 = iA ◦ D1 . Dann ist also D eine Homotopie von IdX nach iA ◦ D1
und somit [D1 ] ein Rechts-Inverses von [iA ].
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
28
2. Sei f : X −
→ A eine stetige Funktion und H : [0, 1] × X −
→ X eine Homotopie von
IdX nach f . Dies bedeutet, daß H eine Deformation von X ist. Zusätzlich gilt D1 (X) =
f (X) ⊆ A. Also ist X nach A hinein deformierbar.
3. Ist X nach A hinein deformierbar, so ist mit 1. die Homotopieklasse [iA ] von rechts invertierbar.
Sei nun f : X −
→ A und [f ] ein Rechts-Inverses von [iA ]. Dann gilt
[f ]XX = [iA ◦ f ]XX = [iA ]AX ◦ [f ]XA = [IdX ]XX .
Es gibt also eine Homotopie von IdX nach f . Mit 2. schließen wir, daß X nach A hinein
deformierbar ist.
Im Abschnitt 1.3.2 wurde der folgende Satz schon einmal bewiesen. Mit der in diesem Kapitel vorgestellten Notation können wir nun aber den Beweis sehr viel kürzer durchführen:
Satz 2.2.7 (Methode des schrittweisen Deformierens). Seien n ∈ N, und sei für jedes i ∈
{1, . . . , n} eine Teilmenge Ai von X gegeben. Ist dann für alle i ∈ {1, . . . , n − 1} die Menge Ai
in X nach Ai+1 hinein deformierbar, so ist A1 in X nach An hinein deformierbar.
Beweis. Haben wir dieses Lemma für den Fall n = 3 bewiesen, so folgt daraus die allgemeine
Aussage unmittelbar per Induktion. Sei also n = 3. Setze A := A1 , B := A2 und C := A3 .
Sei iA homotop in X zu einer Abbildung f : A −
→ B und sei iB homotop in X zu einer
Abbildung g : B −
→ C. Dann ist
[iA ]AX = [f ]AX = [iB ◦ f ]AX = [iB ]BX ◦ [f ]AB = [g]BX ◦ [f ]AB = [g ◦ f ]AX .
Da g(f (A)) ⊆ C gilt, folgt die Behauptung.
2.2.3 Deformationsretrakte
Wir bringen nun Links- und Rechts-Invertierbarkeit von Inklusionsabbildungen zusammen. Zuerst kommt aber wieder eine Definition, welche die Verbindung zur Invertierbarkeit nicht unmittelbar offenbart, aber diese Verbindung wird sofort danach hergestellt.
Definition 2.2.8 ((Schwacher, strenger) Deformationsretrakt.). Sei A ⊆ X. Eine Deformation
D von X nach A heißt,
• schwache Retraktionsdeformation von X nach A, wenn gilt:
D1 |A 'C(A,A) IdA .
• Retraktionsdeformation von X nach A, wenn gilt:
D1 |A = IdA .
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
29
• strenge Retraktionsdeformation von X nach A, wenn gilt:
Dt |A = IdA für alle t ∈ [0, 1].
Die Menge A heißt (schwacher, strenger) Deformationsretrakt von X, wenn es eine (schwache, strenge) Retraktionsdeformation von X nach A gibt.
Bemerkung 2.2.9. Sei A eine Teilmenge von X. Nach Bemerkung 2.2.6 bedeutet die Existenz
einer Deformation D von X nach A hinein gerade, daß [D1 ] ein Rechts-Inverses von [iA ] in hTop
ist. Es gilt somit:
1. Ist D eine schwache Retratktionsdeformation, so ist [D1 ] auch ein Links-Inverses von [iA ]
nach Bemerkung 2.2.3. Also ist iA eine Homotopie-Äquivalenz von A nach X. Insbesondere ist A ein schwacher Retrakt von X
Andersherum gilt: Ist A ein schwacher Retrakt von X und X nach A hinein deformierbar,
so ist A ein schwacher Deformationsretrakt von X.
2. Ist D eine Retraktionsdeformation, so ist D1 eine Retraktion von X nach A. Insbesondere
ist also A ein Retrakt von X.
Andersherum gilt: Ist A ein Retrakt von X und X nach A hinein deformierbar, so ist A ein
Deformationsretrakt von X.
3. Ist D eine strenge Retraktionsdeformation, so gilt IdX ' D1 rel A.
Andersherum gilt: Gibt es eine stetige Abbildung r von X nach A so, daß gilt IdX '
r rel A, so ist A ein strenger Deformationsretrakt von X.
Beweis. Ich beweise jeweils nur die „andersherum“ -Aussage.
1. A ist genau dann ein schwacher Retrakt von X, wenn [iA ] ein Links-Inverses [l] hat. X
ist genau dann nach A hinein deformierbar, wenn [iA ] ein Rechts-Inverses [r] hat. Aus der
Kategorientheorie wissen wir, daß in so einem Fall die beiden Inversen übereinstimmen.
Sei D eine Homotopie von IdX nach r. Dann ist D eine schwache Retraktionsdeformation.
2. Analog.
3. Sei r : X −
→ A stetig und D : [0, 1] × X −
→ X eine Homotopie von IdX nach r relativ A.
Offenbar ist dann D eine strenge Retraktionsdeformation von X nach A.
Zur Illustration nun das folgende einfache Beispiel:
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
30
Beispiel 2.2.10. Wir können Beispiel 1. aus 2.1.23 nun präzisieren: Sei E ein normierter KVektorraum. Dann ist die Einheitssphäre S(E) von E ein strenger Deformationsretrakt von E \
{0}. Betrachte dazu die Abbildung
H : [0, 1] × E \ {0} −
→ E \ {0}, (t, x) 7→ (1 − t)x + t
x
.
kxk
Offenbar ist H stetig und H0 = IdE\{0} . Ferner gilt Ht |S(E) = IdS(E) für alle t ∈ [0, 1]. Insbesondere hat S(E) den gleichen Homotopietyp wie E \ {0}.
2.3 Der Homotopietyp von U(A) und G(A)
Als Anwendung der in den letzten Abschnitten vorgestellten Begriffsbildungen beweise ich nun
den folgenden Satz:
Satz 2.3.1. Sei A eine unitale K-C ∗ -Algebra. Dann ist U(A) ein strenger Deformationsretrakt
von G(A).
Beweis. 5 Es ist G(A) vermöge der Polarzerlegung homöomorph zu U(A) × A>0 . Der Raum
A>0 ist vermöge des Logarithmus log homöomorph zum normierten R-Vektorraum Ah . Somit ist
{eA } ein strenger Deformationsretrakt von A>0 und U(A) × {eA } dementsprechend ein strenger
Deformationsretrakt von U(A) × A>0 . Somit erhalten wir unser Ergebnis.
Wir können die gesuchte Homotopie aber auch direkt angeben: Wir definieren
h : [0, 1] × G(A), (t, a) 7→ a exp (−t log |a|)
Dann ist h stetig. Für alle a ∈ U(A) gilt a∗ a = eA , also |A| = eA und somit log(a∗ a) = 0. Somit
gilt
∀t ∈ [0, 1] ∀a ∈ U(a) : h(t, a) = a exp(0) = a.
Ferner gilt für alle a ∈ G(A):
h(0, a) = a exp(0) = a
und
h(1, a) = a exp (− log |a|) = a |a|−1 ∈ U(A).
Somit ist U(A) ein strenger Deformationsretrakt von G(A).
Hieraus ziehen wir nun zwei Korollare, wobei wir benutzen, daß schwache, und somit insbesondere auch strenge Deformationsretrakte eines Raumes denselben Homotopietyp wie dieser
Raum haben.
Korollar 2.3.2. Sei A eine unitale K-C ∗ -Algebra. Dann hat U (A) denselben Homotopietyp wie
G(A).
Korollar 2.3.3. Sei H ein Hilbertraum. Dann hat U(H) denselben Homotopietyp wie GL(H).
5
Zu Polarzerlegung und Logarithmus vergleiche Abschnitt D.
Kapitel 3
Zusammenziehbare Räume
Ziel dieses Kapitels ist es, die Zusammenziehbarkeit topologischer Räume zu definieren und
zu erläutern und Kriterien für die Zusammenziehbarkeit offener Teilmengen normierter Räume
bereitzustellen.
Im ersten Abschnitt wird der Begriff der Zusammenziehbarkeit systematisch eingeführt. Ferner gebe ich mehrere äquivalente Bedingungen für die Zusammenziehbarkeit topologischer Räume an. Hierbei wird auch die Stellung der zusammenziehbaren Räume in der Homotopiekategorie deutlich: Ein topologischer Raum ist nämlich genau dann zusammenziehbar, wenn er den
Homotopietyp eines einpunktigen Raumes hat. Der Satz von Kuiper besagt also, daß die Gruppe GL(H) für einen unendlich-dimensionalen Hilbertraum H vom Standpunkt der HomotopieTheorie aus vollkommen trivial ist.
Der zweite und dritte Abschnitt bereiten den folgenden Satz vor, der dann im vierten Abschnitt bewiesen wird:
Satz. Jede offene Teilmenge eines normierten Raumes ist genau dann zusammenziehbar, wenn
sie schwach zusammenziehbar ist.
Im zweiten Abschnitt werden die Homotopiegruppen eines topologischen Raumes definiert.
Die schwache Zusammenziehbarkeit eines topologischen Raumes bedeutet, daß alle seine Homotopiegruppen trivial sind.
Im dritten Abschnitt beschäftigen wir uns mit der Kategorie der Simplizialkomplexe. Alternativ hätte ich hier die umfassendere Kategorie der sogenannten CW -Komplexe vorstellen
können, denen eigentlich im Rahmen der Homotopietheorie größere Bedeutung zukommt. Jedoch ist die Definition dieser Räume weniger leicht verdaulich als die der Simplizialkomplexe.
Ferner treten im Beweis des obigen Satzes nur Simplizialkomplexe auf, weshalb es nicht auf uns
nehmen müssen, CW -Komplexe einzuführen
Es werden dann in diesem Abschnitt ausführlich mögliche Topologien auf (Realisierungen von) Simplizialkomplexen besprochen und das Verhalten von Simplizialkomplexen in der
Homotopie-Theorie untersucht. Hierbei zeige ich zum Beispiel, daß Simplizialkomplexe genau
dann zusammenziehbar sind, wenn sie schwach zusammenziehbar sind.
Im vierten Abschnitt benutzen wir dann eine Variante dieser Aussage, um die Zusammenziehbarkeit offener Teilmengen normierter Räume zu analysieren. Hierzu betrachten wir zunächst
31
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
32
Nerven von Überdeckungen und stetige Teilungen der Eins, die als Hilfsmittel zur Konstruktion von Simplizialkomplexen bzw. stetigen Abbildungen in Simplizialkomplexe hinein benutzt
werden.
Nachdem wir all diese Hilfsmittel bereitgestellt haben, beweisen wir den obengenannten
Satz, sogar in einer verfeinerten Version.
Den Abschluß bildet dann der fünfte Abschnitt mit einer Anwendung dieses Satzes: Wie
in der Einleitung erwähnt, kann man mit ihm zeigen, daß die Einheitssphäre jedes unendlichdimensionalen normierten Raumes zusammenziehbar ist. Zusätzlich habe ich hierzu für Hilberträume einen elementaren Beweis angegeben.
3.1 Zusammenziehbarkeit
3.1.1 Definition und Erläuterung des Begriffs
Definition 3.1.1 (zusammenziehbar). Sei X ein topologischer Raum.
1. Sei A ⊆ X nicht leer und x0 ∈ X. Eine Homotopie K : [0, 1] × A −
→ X mit den
Eigenschaften
• K0 = IdA und
• ∀x ∈ A : K1 (x) = x0
heißt Kontraktion in X von A auf x0 . Gibt es eine solche Kontraktion, so nennen wir A
in X auf x0 zusammenziehbar.
2. Ist A ⊆ X nicht leer, nennen wir A zusammenziehbar in X, wenn es ein x0 ∈ X gibt,
auf das A zusammenziehbar ist.
3. Ist X in sich zusammenziehbar, so nennen wir den topologischen Raum X schlicht zusammenziehbar oder kontrahierbar. Eine Kontraktion von X in sich heißt schlicht Kontraktion von X.
4. Sei x0 ∈ X. Eine Kontraktion K von X auf x0 nennen wir strenge Kontraktion von X
auf x0 , wenn für alle t ∈ [0, 1] gilt: Kt (x0 ) = x0 . Gibt es eine solche Kontraktion, so
nennen wir X streng auf x0 zusammenziehbar.
Beispiel 3.1.2. Sei V ein topologischer Vektorraum, x1 ∈ V und M eine bezüglich x0 sternförmige Teilmenge von V . Dann ist M streng zusammenziehbar auf x0 .
Beweis. Setze
K : [0, 1] × M −
→ M, (t, x) 7→ tx0 + (1 − t)x.
Dann ist K stetig, K(0, ·) = IdM und K(1, x) = x0 für alle x ∈ M . Also ist K eine Kontraktion
von M auf x0 . Ferner gilt K(t, x0 ) = x0 für allet ∈ [0, 1]. Somit ist K eine strenge Kontraktion.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
33
Die folgenden Bemerkungen klären das Verhältnis von Kontraktion zu Deformation:
Bemerkung 3.1.3. Sei X ein topologischer Raum. Sei A ⊆ X nicht leer und x0 ∈ X. Sei
K : [0, 1] × A −
→ X. Dann sind äquivalent
1. K ist eine Kontraktion von A in X auf x0 .
2. K ist eine Deformation von A in X nach {x0 } hinein.
Kontraktionen sind also lediglich spezielle Deformationen. Unter Anwendung der Methode des
schrittweisen Deformierens kann man somit Kontraktionen aus mehreren Deformationen zusammensetzen.
Insbesondere gilt mit Bemerkung 2.2.5:
Bemerkung 3.1.4. Sei X ein topologischer Raum. Ist B ⊆ X in X zusammenziehbar und
A ⊆ B, so ist auch A in X zusammenziehbar.
Bemerkung 3.1.5. Sei X ein topologischer Raum. Sei x0 ∈ X. Sei K : [0, 1] × X −
→ X. Dann
sind äquivalent
1. K ist eine Kontraktion von X auf x0 .
2. K ist eine Deformation von X nach {x0 } hinein.
3. K ist eine Retraktionsdeformation von X nach {x0 }.
Ferner sind äquivalent
1. K ist eine strenge Kontraktion von X auf x0 .
2. K ist eine strenge Retraktionsdeformation von X nach {x0 }.
Beweis. Zum ersten Block: Die Äquivalenz von 1. und 2. ist ein Spezialfall von 3.1.3. Offenbar
folgt aus 3. schon 2.. Sei nun K eine Kontraktion von X auf x0 . Dann ist K eine Deformation
von X nach A hinein. Ferner gilt K1 (x0 ) = x0 , also ist K eine Retraktionsdeformation.
Zum zweiten Block: Klar nach Definition.
Zusammenziehbarkeit ist eine recht starke Eigenschaft eines topologischen Raumes. Sie impliziert zum Beispiel Wegzusammenhang und einfachen Zusammenhang. Die erste Aussage zeigen wir sofort, die zweite wird bei der Betrachtung der Homotopiegruppen gezeigt.
Bemerkung 3.1.6. Sei X ein topologischer Raum. Ist X zusammenziehbar, so ist X wegzusammenhängend.
Beweis. Sei x0 ∈ X und X auf x0 zusammenziehbar. Ich zeige, daß jeder Punkt von X in
derselben Wegkomponente von X wie x0 liegt, also durch einen stetigen Weg mit x0 verbunden
werden kann. Sei K eine Kontraktion von X auf x0 und sei x ∈ X. Dann ist die Funktion
γx : [0, 1] −
→ X, t 7→ K(t, x)
ein stetige Weg von x nach x0 .
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
34
Der Satz von Kuiper sagt nur etwas über unendlich-dimensionale Hilberträume aus. Hier
kommt einer der Gründe dafür:
Korollar 3.1.7. Für alle n ∈ N ist GLn (R) nicht wegzusammenhängend, also auch nicht zusammenziehbar.
3.1.2 Charakterisierung der Zusammenziehbarkeit
Um die Bedeutung des Begriffes der Zusammenziehbarkeit besser zu verstehen, lohnt es sich,
einen Blick auf die Rolye zusammenziehbarer Räume in der Homotopiekategorie hTop zu werfen. Dies wollen wir nun tun, indem wir zusammenziehbare Räume unter anderem anhand von
Homotopieklassen charakterisieren.
Zunächst aber eine einfache Definition:
Definition 3.1.8 (nullhomotop). Sei Y ein weiterer topologischer Raum und f : X −
→ Y stetig.
Die Abbildung f heißt nullhomotop, wenn f homotop zu einer konstanten Abbildung von X
nach Y ist.
Satz 3.1.9 (Charakterisierung der Zusammenziehbarkeit). Es sind äquivalent:
1. X ist zusammenziehbar;
2. X hat den Homotopietyp eines einpunktigen topologischen Raumes;
3. X ist nicht leer, und IdX ist nullhomotop;
4. Für jeden topologischen Raum Y enthält [Y, X] genau ein Element, insbesondere sind alle
stetigen Abbildungen von Y nach X homotop;
5. X ist nicht leer, und [X, X] enthält nur ein einziges Element, d.h. alle stetigen Selbstabbildungen von X sind homotop;
6. X ist nicht leer, und man kann den Raum X auf jeden seiner Punkte zusammenziehen;
Beweis. 1. ⇒ 2.: Sei X auf x0 ∈ X zusammenziehbar. Es ist {x0 } ein einpunktiger topologischer Raum. Nach Bemerkung 3.1.5 ist {x0 } ein Deformationsretrakt von X, also insbesondere
homotopieäquivalent zu X.
2. ⇒ 3.: Sei P = {p} ein einpunktiger Raum und f : P −
→ X eine Homotopieäquivalenz.
f ist eine konstante Abbildung und sein Bild, also auch X, nicht leer. Sei w : X −
→ {p} die
einzige Abbildung von X nach P , also auch das Homotopieinverse von f . Dann ist aber f ◦ k
eine konstante Selbstabbildung von X und homotop zur Identität.
3. ⇒ 4.: Seien X nicht leer und k : X −
→ X eine zur Identität homotope konstante Selbstabbildung. Sei Y ein topologischer Raum. Seien f, g : Y −
→ X stetige Abbildungen. Dann
gilt
[f ] = [IdX ◦ f ] = [IdX ] ◦ [f ] = [k] ◦ [f ] = [k ◦ f ] = [k ◦ g] = [IdX ◦ g] = [g].
4. ⇒ 5.: Gilt 4., so kann X offenbar nicht der leere Raum sein. Setze Y := X.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
35
5. ⇒ 1.: Es gelte 5.. Sei x0 ∈ X und k := X −
→ X, x 7→ x0 . Dann ist IdX homotop zu k
und jede Homotopie von IdX nach k ist eine Deformation von X nach {x0 } hinein.
1. ⇒ 1.: Klar.
Anmerkung 3.1.10. Die Bedingung 4 in Satz 3.1.9 charakterisiert die Stellung zusammenziehbarer Räume in der Kategorie hTop. Objekte T in einer Kategorie K, für die die Morphismenmenge homK (A, T ) für alle K-Objekte genau ein Element enthält, nennt man terminal. Hier
wurde also bewiesen, daß die zusammenziehbaren Räume gerade die terminalen Objekte von
hTop sind. Mehr Hintergrundinformationen zu terminalen Objekten findet sich in Anhang C.4.
Korollar 3.1.11. Je zwei zusammenziehbare Räume sind homotopieäquivalent. Hat ein Raum
den Homotopietyp eines zusammenziehbaren Raumes, so ist auch er zusammenzirhbar.
Korollar 3.1.12. Aus Korollar 2.3.3 folgt: Ist H ein Hilbertraum, so ist U(H) genau dann zusammenziehbar, wenn GL(H) zusammenziehbar.
Bemerkung 3.1.13. Jeder Raum, der von einem zusammenziehbaren Raum dominiert1 wird, ist
selbst zusammenziehbar.
Beweis. Seien X, Y topologische Räume, X zusammenziehbar und f : X −
→ Y, g : Y −
→X
stetigen Funktionen mit [f ] ◦ [g] = [IdY ]. Sei k : X −
→ X eine konstante Abbildung. Dann gilt
[IdY ] = [f ] ◦ [g] = [f ] ◦ [IdX ] ◦ [g] = [f ] ◦ [k] ◦ [g] = [f ◦ k ◦ g].
Die Funktion f ◦ k ◦ g ist aber konstant, also Y zusammenziehbar (offenbar kann Y nicht leer
sein).
Auch im komplexen Fall können wir nicht hoffen, daß der Satz von Kuiper auch für endlichdimensionale, nicht-triviale Hilberträume wahr ist:
Korollar 3.1.14. Für alle n ∈ N ist GLn (C) nicht zusammenziehbar.
Beweis. Der Raum S 1 ist nach Beispiel 2.1.23 Punkt 3. ein Retrakt des Raumes GLn (C). Es ist
[S 1 , S 1 ] gleichmächtig zu Z, wobei eine Bijektion über die Umlaufzahl definiert werden kann2 .
Also ist S 1 nicht zusammenziehbar. Nach Bemerkung 3.1.13 ist GLn (C) also auch nicht zusammenziehbar.
1
2
Siehe Definition 2.1.24
Näheres kann man z.B. in [Spa66], Kapitel 1, Abschnitt 8, Theorem 12 und Lemma 13 nachlesen.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
36
3.2 Schwache Zusammenziehbarkeit
Dieser Abschnitt stellt nun den Begriff der schwachen Zusammenziehbarkeit bereit. Hierzu führen wir die Homotopiegruppen topologischer Räume (mit und ohne Basispunkt) ein, wobei wir
nur die zugrundeliegenden Mengen angeben und nicht die Gruppenstruktur darauf etablieren.
Uns interessiert besonders der Fall, daß alle diese Homotopiegruppen trivial sind, wofür wir
gegebenenfalls nur nachzuweisen haben, daß die Homotopiegruppen nur jeweils ein Element
haben. Dies wird in dieser Arbeit stets ohne Rückgriff auf die Gruppenstruktur bewerkstelligt,
weshalb wir auf die Einführung der Gruppenstruktur der Homotopiegruppen verzichten können.
3.2.1 Allgemeiner Ansatz: Hom-Funktoren
Erinnerung 3.2.1 (Kovarianter Hom-Funktor). Sei K eine Kategorie und A ein K-Objekt.
Dann bezeichnen wir mit H A oder homK (A, ·) den sogenannten kovarianten Hom-Funktor3
von K nach Set. Dieser ordnet jedem K-Objekt B die Menge homK (A, B) zu und jedem KMorphismus f : B −
→ C die Abbildung
homK (A, f ) : homK (A, B) −
→ homK (A, C), u 7→ f ◦ u.
Wie jeder Funktor erhält auch ein kovarianter Hom-Funktor Isomorphismen, Retrakte sowie
Schnitte. Retrakte in Set sind gerade die surjektiven, Schnitte die injektiven (nicht-leeren) Abbildungen.
Wenden wir dieses Konzept aud die Homotopiekategorien hTop und hpTop and, so erhalten
wir:
Definitionssatz 3.2.2. Sei X ein topologisches Raum. Dann definiert die Zuordnung, die jedem
topologischen Raum Y die Menge [X, Y ] und der Homotopieklasse [f ] jeder stetigen Funktion
f :Y −
→ Z die Funktion
[X, [f ]] : [X, Y ] −
→ [X, Z], [g] 7→ [f ◦ g] = [f ] ◦ [g]
zuordnet, einen Funktor von hTop nach Set. Analog gehe für topologische Räume mit Basispunkt und für Raumpaare vor.
Mit den Funktoren [X, ·], wobei X alle topologischen Räume durchläuft, kann man die Zusammenziehbarkeit eines Raumes erkennen:
Bemerkung 3.2.3. Ein Raum Y ist genau dann zusammenziehbar, wenn sein Bild unter [X, ·]
für jeden topologischen Raum X eine einelementige Menge ist.
Läßt man nur die einpunktigen Räume P zu, so erkennt man mit dem Funktor [P, ·] immerhin
noch den Wegzusammenhang:
3
Siehe Abschnitt C.2.2 im Anhang.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
37
Satz 3.2.4. Seien P, X topologische Räume und P = {p} einpunktig. Für alle x ∈ X sei kx
die konstante Abbildung {(p, x)}. Dann sind zwei Punkte x, y ∈ X genau dann in der selben
Wegkomponente von X, wenn kx und ky homotop sind. Insbesondere ist X genau dann wegzusammenhängend, wenn [P, X] einelementig ist.
Beweis. Seien x, y ∈ X. Sei zunächst γ ein stetiger Weg von x nach y in Y . Setze
H : [0, 1] × P −
→ X, (t, p) 7→ γ(t).
Dann ist H stetig und eine Homotopie von x nach y. Entsprechend andersherum.
3.2.2 Spezialfall: Die Homotopiegruppen
Als Spezialfall des Definitionssatzes 3.2.2 führen wir ein:
Definition 3.2.5 (Homotopie-Gruppen). Sei n ∈ N0 .
• Ist X ein topologischer Raum, so setze πn (X) := [S n , X].
→ Y stetig, so setze
• Sind X und Y topologische Räume und f : X −
πn (f ) := πn ([f ]) := [S n , [f ]].
• Ist (X, x0 ) ein topologischer Raum mit Basispunkt, so setze
πn (X, x0 ) = [(S n , e1 ), (X, x0 )].
• Sind (X, x0 ), (Y, y0 ) Räume mit Basispunkt und f : X −
→ Y basispunkterhaltend und
stetig, dann setze
πn (f ) := πn ([f ]) := [(S n , e1 ), [f ]]
analog zu oben.
Satz 3.2.6. Sei n ∈ N0 . Dann ist πn ein Funktor von Top bzw. pTop nach Set.
Anmerkung 3.2.7. Für alle n ∈ N kann man auf πn (X, x0 ) eine Gruppenstruktur so definieren,
daß πn als ein Funktor von hTop nach Grp aufgefaßt werden kann. Die Gruppe πn (X, x0 ) nennt
man dann die n-te Homotopiegruppe von X zum Basispunkt x0 .
Aus der Kategorientheorie wissen wir, daß Funktoren Isomorphismen erhalten, was hier bedeutet, daß Homotopieäquivalenzen Isomorphismen der Homotopiegruppen induzieren. Die Homotopiegruppen eines Raumes mit Basispunkt sind also Invarianten des Homotopietyps.
Unter moderaten Bedingungen an den Raum X kann man auch auf πn (X) eine Gruppenstruktur definieren, und zwar so, daß πn (X) für jedes x0 ∈ X zu πn (X, x0 ) isomorph ist.
Die Bestimmung und Untersuchung der Homotopiegruppen und die Ausbeutung der Zusammenhänge von Homotopie- und Homologiegruppen ist eines der zentralen Gebiete der algebraischen Topologie.
Schreibweisen 3.2.8. Sind n ∈ N0 und (X, x0 ) ein topologischer Raum mit Basispunkt, dann
schreiben wir genau dann πn (X, x0 ) = 0, wenn πn (X, x0 ) nur genau ein Element hat, und sagen,
πn (X, x0 ) sei trivial. Analog für πn (X) für topologische Räume X.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
38
3.2.3 Schwache Zusammenziehbarkeit
Wir kommen nun zum zentralen Begriff dieses Abschnittes:
Definition 3.2.9 (schwach zusammenziehbar). Sei X ein topologischer Raum. Dann heißt X
genau dann schwach zusammenziehbar, wenn πn (X) für alle n ∈ N0 trivial ist.
Anmerkung 3.2.10. Jeder zusammenziehbare Raum ist schwach zusammenziehbar. Andersherum muß das nicht so sein, wie ich im Anhang A.3 mit einem Beispiel4 belege.
Wir haben die schwache Zusammenziehbarkeit über die Mengen πn (X) eingeführt. Man
könnte dies auch in ähnlicher Form über die Mengen πn (X, x0 ) machen, wobei man dort ein
wenig vorsichtig sein muß.
Zunächst ein Satz, der gut zur Konstruktion von Homotopien benutzt werden kann.
Satz 3.2.11. 5 Sei Y ein topologischer Raum und n ∈ N0 . Sei ferner p0 ein Punkt in S n . Sei
f : Sn −
→ Y . Dann sind äquivalent:
1. f ist nullhomotop.
2. f kann stetig auf Dn+1 fortgesetzt werden.
3. f ist nullhomotop relativ zu {p0 }.
Beweis. 1. ⇒ 2.: Sei c : S n −
→ Y eine konstante Funktion, die S n auf ein y0 ∈ Y abbildet. Sei
H eine Homotopie von f nach c. Wir definieren
(
y0 ³
n+1
´ für 0 ≤ kxk ≤ 1/2 .
f˜ : D
−
→ Y, x 7→
x
, 2 − 2 kxk
für 1/2 ≤ kxk ≤ 1
H kxk
Diese Abbildung ist wohldefiniert, da H1 = c. f˜ ist eine Fortsetzung von f . Ferner ist die Abbildung f˜ stetig, da ihre Einschränkungen auf die beiden abgeschlossenen Teilmengen {x ∈
Dn+1 | 0 ≤ kxk ≤ 1/2} und {x ∈ Dn+1 | 1/2 ≤ kxk ≤ 1} stetig sind.
2. ⇒ 3. Sei f˜ eine stetige Fortsetzung von f auf Dn+1 . Definiere
H : [0, 1] × S n −
→ Y, (t, x) 7→ f˜((1 − t)x + tp0 ).
Dann sind H0 = f˜|S n = f und H1 konstant. Ferner ist H(t, p0 ) = f˜(p0 ) = f (p0 ) für alle
t ∈ [0, 1]. Somit ist H eine Homotopie von f in eine konstante Abbildung relativ {p0 }.
3. ⇒ 1.: Dies ist offensichtlich.
Hieraus folgt sofort:
Korollar 3.2.12. Sei (X, x0 ) ein topologischer Raum mit Basispunkt.
4
5
Siehe A.3.30.
Vergleiche [Spa66], Kapitel 1, Abschnitt 3, Theorem 12.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
39
• Für alle n ∈ N0 gilt: Ist πn (X) trivial, so auch πn (X, x0 ).
• Ist X schwach zusammenziehbar, so gilt πn (X, x0 ) = 0 für alle n ∈ N0 .
Somit folgt also aus der schwachen Zusammenziehbarkeit, die wir über die Mengen πn (X)
eingeführt haben, die schwache Zusammenziehbarkeit, wenn wir sie über die Mengen πn (X, x0 )
eingeführt hätten. Zur Rückrichtung nun der folgende Hinweis:
Hinweis 3.2.13. Es gilt auch die Umkehrung in folgendem Sinne: Ist (X, x0 ) ein wegzusammenhängender topolgischer Raum mit Basispunkt und ist n ∈ N0 , dann ist πn (X) trivial, wenn
πn (X, x0 ) es ist. Der Beweis dieser Aussage ist nicht schwer, aber technisch, wenn man nicht
vorher näher auf die Gruppenstruktur auf πn (X) eingeht. Ich lasse ihn fort, da wir die Aussage
nicht benötigen.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
40
3.3 Simplizialkomplexe
Die Simplizialkomplexe (oder vielmehr ihre Realisierungen als topologische Räume) bilden eine
Kategorie, in der manche Komplikationen, die in der Kategorie aller topologischen Räume auftreten, nicht vorkommen. Dies zeigt sich besonders im Verhalten von Simplizialkomplexen und
Homotopien. So gibt es, wofür ich im topologischen Anhang ein Beispiel angebe, topologische
Räume, die zwar schwach zusammenziehbar sind, aber dennoch nicht zusammenziehbar. Dies
kann bei Simplizialkomplexen nicht sein.
Zunächst einmal sind jedoch Simplizialkomplexe noch keine topologischen Räume, sondern
nur rein kombinatorische Objekte, die wir im ersten Abschnitt definieren.
Im zweiten werden diesen Objekten Räume zugeordnet, wobei es sich hierbei um Teilmengen
von Vektorräumen handelt.
Im dritten Unterabschnitt erst geht es darum, sinnvolle Topologien auf diesen Räumen zu
konstruieren, wobei zunächst besprochen wir, was unter einer sinnvollen Topologie zu verstehen ist (Siehe Definition „zulässige Topologisierung“). Ich konstruiere dann die beiden gängigen
Topologien, nämlich die sogenannten metrische und die schwache Topologie. Die schwache Topologie ist die Standard-Topologie auf Simplizialkomplexen.
Im vierten Unterabschnitt schließlich werden einige Sätze über das Wohlverhalten von Homotopien auf Sipmlizialkomplexen bewiesen.
3.3.1 Die Kategorie der Simplizialkomplexe
Definition 3.3.1 (Simplizialkomplex). Ein Simplizialkomplex K = (E, S) ist ein Paar, wobei
E eine Menge ist, deren Elemente Ecken von K genannt werden, und S eine Menge nicht-leerer
endlicher Teilmengen von E ist, die Simplizes von K genannt werden, das folgende Bedingungen erfüllt:
1. ∀e ∈ E : {e} ∈ S, d.h. jede Menge, die genau eine Ecke von K enthält, ist ein Simplex
von K;
2. ∀s ∈ S ∀s0 ⊆ s : s0 6= ∅ ⇒ s0 ∈ S, d.h. jede nicht-leere Teilmenge eines Simplex von K
ist selber ein Simplex.
Wir schreiben auch EK für E und SK für S.
Definition 3.3.2 (nützliche Bezeichnungen). Sei K = (E, S) ein Simplizialkomplex.
• Sind q ∈ N0 und s ∈ S und enthält s genau q + 1 Ecken, so nennt man s ein q-Simplex
von K; die Zahl q heißt dann Dimension von s, geschrieben dim s.
• Sind s, s0 ∈ S und s0 ⊆ s, so nennt man s0 eine Seite, im Falle s0 ( s eine echte Seite von
s.
• Ist s ∈ S, so ist der Abschluß s von s als der Simplizialkomplex definiert, der aus den
Ecken von s zusammen mit allen Seiten von s besteht. Der Simplizialkomplex, der aus
den Ecken von s zusammen mit allen echten Seiten von s besteht, wird mit ṡ bezeichnet
und Rand von s genannt.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
41
• Ist q ∈ N0 , so heißt ist das q-Skelett von K definiert als der Simplizialkomplex, der aus den
Ecken von K zusammen mit den Simplizes von K mit Dimension höchstens q besteht. Das
q-Skelett von K bezeichnen wir mit K q . Wir setzen aus technischen Gründen K −1 := ∅
• Ist q ∈ N0 und gilt K q = K sowie K q−1 6= K, so heißt q Dimension von K. Die
Dimension von K ist dann offenbar eindeutig und wird mit dim K bezeichnet. Ist K q 6= K
für alle q ∈ N0 , so setzen wir dim K = ∞. Der leere Simplizialkomplex hat per Setzung
Dimension −1.
• Ein Simplizialkomplex heißt endlich6 , wenn er nur endlich viele Simplizes (oder äquivalent: nur endlich viele Ecken) hat.
Beispiele 3.3.3.
1. Sei X eine Menge und U eine Familie von Teilmengen von X. Man wähle als Ecken die nicht-leeren Elemente von U und als Simplizes diejenigen nicht-leeren
endlichen Teilmengen von U, die nicht-leeren Schnitt haben. Der so konstruierte Simplizialkomplex wird Nerv von U genannt und mit K(U) bezeichnet.
2. Sei E eine Menge und S die Menge der nicht-leeren, endlichen Teilmengen von E. Dann
ist (E, S) ein Simplizialkomplex.
3. Ist im letzten Besipiel E nicht-leer und endlich, dann ist E selber ein Simplex und es gilt
E = E.
Definition 3.3.4 (simpliziale Abbildung). Sind K und K Simplizialkomplexe, so ist eine simpliziale Abbildung f von K nach K 0 eine Abbilddung von EK nach EK 0 mit f (s) ∈ SK 0 für
alle s ∈ SK (Simplizes werden auf Simplizes abgebildet). Wir schreiben dann f : K −
→ K 0.
Bemerkung 3.3.5. Die Klasse der Simplizialkomplexe zusammen mit den simplizialen Abbildungen bildet eine konkrete Kategorie.
Definition 3.3.6 (Teilkomplex). Seien K und K 0 Simplzialkomplexe. Dann heißt K 0 Teilkomplex von K, geschrieben K ≤ K 0 , wenn EK ⊆ EK 0 und SK ⊆ SK 0 gilt.
Beispiele 3.3.7. Sei K ein Simplizialkomplex. Für jedes q ∈ N0 ist das q-Skelett K q von K ein
Teilkomplex von K. Für jedes Simplex s ∈ SK ist sowohl s als auch ṡ ein Teilkomplex von K.
Es ist dann auch ṡ ein Teilkomplex von s.
Bemerkung 3.3.8. Seien K, K 0 Simplizialkomplexe. Dann sind äquivalent
1. K 0 ≤ K;
2. EK 0 ⊆ EK und die Inklusionsabbildung von E 0 nach E ist eine simpliziale Abbildung;
3. SK 0 ⊆ SK .
Ferner gilt:
• Ist K ein Teilkomplex von K 0 und K 0 ein Teilkomplex von K, so gilt K = K 0 .
• Ist ein Simplizialkomplex K 00 ein Teilkomplex von K 0 und K 0 ein Teilkomplex von K, so
ist auch K 00 ein Teilkomplex von K.
6
Jeder endliche Simplizialkomplex hat endliche Dimension, aber nicht umgekehrt.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
42
3.3.2 Realisierungen eines Simplizialkomplexes
Wir ordnen nun jedem Simplizialkomplex K einen Raum |K| zu. Dies geschieht so, daß |K|
in einem Vektorraum enthalten ist, die Ecken sich als linear unabhängige Menge in |K| wiederfinden lassen und immer, wenn eine Menge von Ecken von K einen Simplex bilden, alle
Konvexkombinationen dieser Ecken in |K| enthalten sind.
Definition 3.3.9 (Standard-Realisierung). Sei K = (E, S) ein Simplizialkomplex. Für alle
α ∈ RE setze:
supp α := {e ∈ E| α(e) 6= 0}.
(
Ferner setze
|K| :=
α ∈ [0, 1]E | supp α ∈ S,
X
)
α(e) = 1 .
e∈E
Die Menge |K| wird Standard-Realisierung von K genannt.
Bemerkung 3.3.10. Identifiziert man jede Ecke e ∈ E mit 1{e} : E −
→ [0, 1], so besteht |K| aus
allen Konvexkombinationen von solchen Ecken von K, die Ecken eines gemeinsamen Simplex
sind. Man kann K aus |K| rekonstruieren, denn die Simplizes von K sind gerade die Teilmengen
von E, die als Träger
Elementen von |K| vorkommen. Häufig wird für ein typisches Element
Pvon
n
von |K| dann auch i=1 αi ei oder ein ähnlicher Ausdruck geschrieben.
Bemerkung 3.3.11. Sei K ein Simplizialkomplex, q ∈ N und s ∈ SK ein q-Simplex. Dann ist
der Raum
¯
(
)
¯ X
¯
V := α ∈ Rs ¯
α(e) = 1
¯
e∈s
s
ein affiner, q-dimensionaler Teilraum von R . Auf V betrachten wir die euklidische Topologie.
Es gilt dann:
1. |s| ist eine konvexe, abgeschlossene Teilmenge von V .
2. {α ∈ V | ∀e ∈ s : α(e) > 0} das Innere von |s| in V .
3. |ṡ| ist der Rand von |s| in V .
Beweis. Klar.
Wir haben nun jedem Simplizialkomplexe eine Realisierung zugeordnet. Im folgenden werden wir nun jeder simplizialen Abbildung eine Abbildung zwischen den realisierten Komplexen
zuordnen:
→ K 0 eine simpliDefinition 3.3.12 (Realisierungen simplizialer Abbildungen). Ist f : K −
ziale Abbildung, so definieren wir die (Standard-)Realisierung von f als die Abbildung


X
|f | : |K| −
→ |K 0 | , α 7→ e0 7→
α(e) .
e∈f −1 ({e0 })
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
43
Bemerkung 3.3.13. |f | kann man bei geeigneten Identifizierungen auch folgendermaßen notieren:
n
n
X
X
|f | : |K| −
→ |K 0 | ,
αi ei 7→
αi f (ei ).
i=1
i=1
Hierbei wird deutlich, daß es sich bei |f | um die Einschränkung einer linearen Abbildung handelt.
Bemerkung 3.3.14. Die Zuordnung |·| ist funktoriell mit Werten in Set.
Bemerkung 3.3.15. Sind K, K 0 Simplizialkomplexe und K 0 ≤ K, dann ist |i|, wobei i die
Einbettungsabbildung von K 0 in K ist, eine Injektion von |K 0 | in |K|. Wir betrachten ab jetzt in
einem solchen Fall |K 0 | vermöge dieser Injektion als Teilmenge von |K|. Es gilt dabei




X
α(e) = 1 .
|i| (|K 0 |) = α ∈ [0, 1]EK | supp α ∈ SK 0 ,


e∈EK 0
3.3.3 Topologien auf der Standardrealisierung
Welche Topologien sollte man nun auf den Realisierungen von Simplizialkomplexen ansetzen?
Für endliche Simplizialkomplexe drängt sich hierbei natürlich die folgende Wahl auf:
Definition 3.3.16 (Topologie auf endlichen Komplexen). Sei K ein endlicher Simplizialkomplex. Dann ist |K| eine Teilmenge des endlich-dimensionalen Teilvektorraums REK . Auf diesem
Raum gibt es genau eine Topologie, die von einer Norm induziert wird. Die von dieser Topologie
auf |K| induzierte Topologie wollen wie als die Standard-Topologie auf |K| betrachten.
Zulässige Topologisiserungen
Für beliebige Simplizialkomplexe gibt es mehrere sinnvolle Wahlmöglichkeiten für eine Topologie auf der Realisierung. Deshalb möchte ich mit der folgenden Ad-hoc-Definition Mindestanforderungen für solche Topologisierungen festlegen.
Definition 3.3.17 ((zulässige) Topologisierung). Eine Funktion τ , die jedem Simpilizialkomplex K eine Topologie auf |K| auf eine Weise zuordnet, daß für alle Simplizialkomplexe K, K 0
und alle simplizialen Abbildungen f : K −
→ K 0 die Abbildung |f | von (|K| , τ (K)) nach
(|K 0 | , τ (K 0 )) stetig ist, nennen wir eine Topologisierung (der Kategorie der Simpilizialkomplexe).
Wir nennen eine Topologisierung τ zulässig, wenn sie die folgenden Bedingungen erfüllt:
1. Für jeden Simplizialkomplex K und für jedes e ∈ EK ist die Punktauswertung δe :
(|K| , τ (K)) −
→ [0, 1], α 7→ α(e) stetig.
2. Ist K ein endlicher Simplizialkomplex, so soll die Topologie τ (K) auf |K| die sein, die von
der (eindeutigen) Norm-Topologie auf REK herrührt. Diese wollen wir Standard-Topologie
auf |K| nennen.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
44
3. Für jeden Simplizialkomplex K und jeden Teilkomplex K 0 von K soll, nach kanonischer
Identifizierung, die Topologie τ (K 0 ) auf |K 0 | die von der Topologie τ (K) auf |K| stammenden Teilraumtopologie sein.
Bemerkung 3.3.18. Sei K ein endlicher Simplizialkomplex. Für jeden endlichen Teilkomplex
K 0 von K ist die Standard-Topologie auf |K 0 | gerade die Einschränkung der Standard-Topologie
auf |K| auf den Teilraum |K 0 |. Ferner ist die projektive Topologie, die von den in Bedingung 1.
beschriebenen Punktauswertungen erzeugt wird, die Standard-Topologie auf |K|.
Insofern sind die drei Bedingungen für die Zulässigkeit einer Topologisierung miteinander
verträglich.
Bemerkung 3.3.19. Sei τ eine Topologisierung. Die Zuordnung, die jedem Simplizialkomplex
K den Raum (|K| , τ (K)) und jeder simplizialen Abbildung f die Abbildung |f | zuordnet, ist
ein Funktor von der Kategorie der Simplizialkomplexe nach Top.
Die metrische Topologie
Ist K ein Simplizialkomplex, so ist |K| eine Teilmenge der Funktionen mit endlichem Träger
von EK nach R. Dieser Funktionenraum ist für jedes p ∈ [1, ∞] in lp (EK , R) enthalten, was uns
eine Fülle möglicher Metriken auf |K| beschert. Hier bietet sich besonders die von l1 induzierte
Metrik an:
Definition 3.3.20 (metrische Topologie auf |K|). Sei K ein Simplizialkomplex. Da alle α ∈ |K|
endlichen Träger haben, können wir |K| auch als Teilraum des metrischen Raums l1 (EK , K)
auffassen. Die Topologie, die von diesem metrischen Raum induziert wird, wird metrische Topologie auf |K| genannt und mit τm (K) bezeichnet.
Wir zeigen nun, daß dies eine zulässige Topologisierung ergibt. Zunächst ein einfaches Lemma:
Lemma 3.3.21. Seien E und E 0 Mengen und f : E −
→ E 0 eine Funktion. Dann ist die Funktion


X
f˜ : l1 (E, K) −
→ l1 (E 0 , K), α 7→ 
αe 
e∈f −1 ({e0 })
e0 ∈E 0
wohldefiniert, linear und stetig mit Norm ≤ 1.
Beweis. Sei α ∈ l1 (E, K).
¯
¯
¯
¯ X ¯¯ X
¯
°
°
X
X
X
¯
¯
¯˜
°˜ °
¯≤
¯
|αe | = kαk1 .
α
¯f (α)e0 ¯ =
°f (α)° =
e
¯
¯
1
¯ e0 ∈E 0 e∈f −1 ({e0 })
e0 ∈E 0 ¯e∈f −1 ({e0 })
e0 ∈E 0
Somit ist f˜(α) ∈ l1 (E 0 , K). Die Linearität von f˜ ist offenkundig.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
45
Satz 3.3.22. τm ist eine zulässige Topologisierung.
Beweis. Wenn wir gezeigt haben, daß τm eine Topologisierung ist, so ist klar, daß τm auch zulässig ist.
Seien also K und K 0 Simplizialkomplexe. Sei f : K −
→ K 0 eine simpliziale Abbildung. Mit
den Bezeichnungen des letzten Lemmas gilt
|f | = f˜||K| .
Somit ist |f | stetig (und sogar Lipschitz-stetig mit Lipschitz-Konstante 1, wenn wir auf |K| und
|K 0 | die l1 -Metriken heranziehen).
Wir hätten uns oben übrigens auch für ein anderes p entscheiden können, ohne daß es einen
Unterschied gemacht hätte, wie der folgende Satz zeigt:
Satz 3.3.23. Sei K ein Simplizialkomplex und p ∈ [1, ∞]. Dann sind auf |K| die folgenden
Topologien gleich:
• Die von l1 (EK , K) induzierte Topologie.
• Die von lp (EK , K) induzierte Topologie.
• Die von der Produkttopologie auf [0, 1]EK induzierte Topologie.
Dieser Satz ergibt sich aus dem folgenden Lemma, da |K| eine Teilmenge der Einheitssphäre
von l1 (EK , K) ist.
Lemma 3.3.24. Sei E eine Menge. Sei M := S(l1 (E, K)) die Einheitssphäre des Banachraumes
l1 (E, K). Sei p ∈ [1, ∞]. Dann sind die folgenden Topologien auf M gleich:
• Die von l1 (E, K) induzierte Topologie τ1 .
• Die von lp (E, K) induzierte Topologie τp .
• Die von der Produkttopologie auf KE induzierte Topologie τπ .
Beweis. Es gilt sicherlich τπ ⊆ τp ⊆ τ1 . Zu zeigen ist, daß τ1 ⊆ τπ gilt.
Sei also f ∈ M und ε > 0. Setze
U := {g ∈ M | kg − f k1 < ε}.
Finde nun eine endliche Menge T ⊆ E mit
X
ε
kf k1 −
|f (e)| < .
4
e∈T
Setze n := |T |. Setze
ε o
.
V := g ∈ M | ∀e ∈ T : |g(e) − f (e)| <
4n
n
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
46
Die Menge V ist eine τπ -Umgebung von f . Ich zeige nun V ⊆ U . Sei dazu g ∈ V . Dann gilt für
alle e ∈ T :
ε
|g(e)| ≥ |f (e)| − |f (e) − g(e)| > |f (e)| − .
4n
Somit ergibt sich
X
X
ε
ε ε
ε
|g(e)| >
|f (e)| − > kf k1 − − = 1 −
4
4 4
2
e∈T
e∈E
Da g ein Element von M ist, gilt kgk1 = 1, also
X
e∈E\T
ε
|g(e)| < .
2
Somit errechnen wir
kg − f k1 =
X
|g(e) − f (e)| +
e∈T
X
|g(e) − f (e)|
e∈E\T
X ε
X
X
|f (e)|
<
|g(e)| +
+
4n
e∈T
e∈E\T
e∈E\T
ε ε ε
<
+ + = ε.
4 2 4
Somit gilt g ∈ U .
Für die metrische Topologie ergibt sich also die folgende „universelle Eigenschaft“:
Korollar 3.3.25. Für jede zulässige Topologisierung τ und für jeden Simplizialkomplex K ist
die Topologie τ (K) feiner als die Topologie τm (K). Insbesondere ist τ (K) Hausdorffsch.
Beweis. Es ist τm (K) die von den Punktauswertungen (δe )e∈EK erzeugte projektive Topologie.
Ist τ eine zulässige Topologisierung, so ist δe für jedes e ∈ EK stetig bezüglich τ (K). Somit ist
die Topologie τ (K) feiner als die Topologie τm (K).
Die schwache Topologie
Eine andere Möglichkeit für die Topologisierung von Simplizialkomplexen tut sich auf, wenn
man sich fragt, welche Topologie denn die feinste zulässige sein könnte. Hier hilft nämlich der
Begriff der schwachen oder kohärenten Topologie weiter:
Erinnerung 3.3.26 (Kohärente Teilraumfamilie, schwache Topologie). Sei X eine Menge.
Eine kohärente Teilraumfamilie7 (A, τA )A∈A ist eine Paar, wobei A eine Menge von Teilmengen von X, τA für jedes A ∈ A eine Topologie auf A ist und die folgenden beiden Bedingungen
erfüllt sind:
7
Vergleiche Definition A.2.2 und Definitionssatz A.2.5.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
47
1. Für alle A, A0 ∈ A ist A ∩ A0 in (A, τA ) abgeschlossen.
2. Für alle A, A0 ∈ A stimmen die von (A, τA ) und (A0 , τA0 ) induzierten Subraumtopologien
auf A ∩ A0 überein.
Ist (A, τA )A∈A eine kohärente Teilraumfamilie, dann gibt es auf X eine Topologie τw auf X
mit den folgenden Eigenschaften:
1. Alle A ∈ A sind in (X, τw ) abgeschlossen
2. Für alle A ∈ A ist τA die von τw induzierte Subraumtopologie
3. τw ist die feinste Topologie mit der Eigenschaft 2. .
4. Eine Teilmenge B von X ist genau dann offen (abgeschlossen), wenn für alle A ∈ A die
Menge A ∩ B abgeschlossen in (A, τA ) ist.
τw wird als schwache Topologie auf X bezüglich A bezeichnet.
Somit können wir die folgenden Definition wagen:
Definitionssatz 3.3.27 (die schwache Topologie auf |K|). Sei K ein Simplizialkomplex.
Fassen wir nun |K 0 | für jeden endlichen Teilkomplex K 0 als Teilmenge von |K| auf8 , dann
ist (A, τA )A∈A , wobei wir
A := {|K 0 | : K 0 endlicher Teilkomplex von K}
setzen und τA für alle A ∈ A die Standard-Topologie sei, eine kohärente Teilraumfamilie.
Dann definieren wir τw (K) als die schwache Topologie bezüglich A.
Die Topologie τw (K) bezeichnen wir als induktive, kohärente oder schwache Topologie
auf |K|.
Bevor wir zeigen, daß wir hiermit eine zulässige Topologisierung angegeben haben, beweise
ich folgende Hilfsaussage:
Bemerkung 3.3.28. Sei K ein Simplizialkomplex. Dann gilt
1. Ist X ein topologischer Raum und f : |K| −
→ X, dann ist f genau dann stetig bezüglich
der schwachen Topologie auf |K|, wenn f ||K 0 | für jeden endlichen Teilkomplex K 0 ≤ K
stetig ist.
→ V eine lineare Funktion, dann ist ϕ||K| stetig
2. Ist V ein normierter Raum und ϕ : K(EK ) −
bezüglich der schwachen Topologie.
Beweis.
8
1. Dies folgt aus der Definition der schwachen Topologie.
Siehe Bemerkung 3.3.15.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
48
2. Dies folgt aus 1., da lineare Funktionen von einem endlich-dimensionalen Raum in einen
normierten Raum immer stetig sind.
Nun ergibt sich, daß auch die schwache Topologie eine zulässige Topologisierung ist, und
auch diese hat eine „universelle Eigenschaft“:
Satz 3.3.29. τw ist eine zulässige Topologisierung. Für jede andere zulässige Topologisierung τ
ist für jeden Simplizialkomplex K die Topologie τ (K) gröber als die Topologie τw (K).
Beweis. Nach der letzten Bemerkung ist τw eine Topologisierung und es gilt die erste Bedingung
für die Zulässigkeit. Die Bedingungen 2. und 3. aus der Definition der Zulässigkeit ergeben sich
automatisch aus der Definition von τw .
Ist τ ein zulässige Topologisierung und K ein Simplizialkomplex, so bedeutet Bedingung 3.
gerade, daß τ (K) gröber sein muß als τw (K).
Bemerkung 3.3.30. Sei K ein Simplizialkomplex. Ist A ⊆ |K|, dann ist A genau dann abgeschlossem in (|K| , τw (K)), wenn für jedes s ∈ SK die Menge A ∩ |s| abgeschlossen in |s| ist.
Es ist also τw (K) auch die schwache Topologie bezüglich {|s| : s ∈ SK }.
Beweis. Ist A abgeschlossen in (|K| , τw (K)) und s ∈ SK , so ist s ein (endlicher) Teilkomplex
von K, also A ∩ |s| abgeschlossen in |s|.
Es gelte nun für alle s ∈ S
SK , daß A ∩ |s| abgeschlossen in |s| ist. Sei K 0 ein endlicher
Teilkomplex. Dann ist |K 0 | = s∈SK 0 |s|, und diese Vereinigung ist endlich. Dann ist A ∩ |K 0 |
abgeschlossen, da für alle s ∈ SK 0 die Menge |s| abgeschlossen in |K 0 | ist und A ∩ |s| abgeschlossen in |s| ist.
Als Korollar folgern wir hieraus:
Bemerkung 3.3.31. Sei K ein Simplizialkomplex und X ein topologischer Raum. Dann ist eine
Funktion f : |K| −
→ X genau dann stetig, wenn f ||s| für alle s ∈ SK stetig ist.
Hinweis 3.3.32. Es gilt9 , daß |K| für alle Simplizialkomplexe K ein normaler Hausdorffraum
ist. Darüberhinaus ist dieser Raum sogar parakompakt. Er ist genau dann lokalkompakt, wenn K
die Eigenschaft hat, daß jede Ecke nur in endlich vielen Simplizes von K vorkommt, und genau
dann stimmen auch die metrische und die induktive Topologie überein.
3.3.4 Simplizialkomplexe und Homotopie
Realisierungen von Simplizialkomplexen sind (wie schon erwähnt) sehr „gutartig“, was ihr Zusammenspiel mit dem Homotopiebegriff anbelangt. Dies zeigt etwa der folgende Satz:
Satz 3.3.33. Sei K ein Simplizialkomplex und |K| schwach zusammenziehbar. Dann ist |K|
zusammenziehbar.
9
Vergleiche [Spa66], Kapitel 3, Abschnitte 1 und 2.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
49
Hauptergebnis dieses Abschnittes ist jedoch der folgende Satz, der offenbar Satz 3.3.33 impliziert.
Satz 3.3.34. Wird ein schwach zusammenziehbarer, nicht-leerer topologischer Raum Y von der
Realisierung |K| eines Simplizialkomplexes K dominiert, so ist der Raum Y schon zusammenziehbar.
Diesen Satz wiederum beweisen wir aus dem folgenden:
Satz 3.3.35. Seien K ein Simplizialkomplex und Y ein schwach zusammenziehbarer topologischer Raum. Dann hat auch [|K| , Y ] nur genau ein Element, d.h. alle stetigen Abbildungen von
|K| nach Y sind zueinander homotop.
Beweis von 3.3.34 aus 3.3.35
Seien r : |K| −
→ Y und s : Y −
→ |K| stetige Funktionen derart, daß r ◦ s ' IdY . Dann ist r wie
jede stetige Abbildung von |K| nach Y nach Satz 3.3.35 homotop zu einer konstanten Funktion
k : |K| −
→ Y . Es folgt
[IdY ] = [r ◦ s] = [r] ◦ [s] = [k] ◦ [s] = [k ◦ s].
Die Abbildung k ◦ s ist konstant, also ist Y zusammenziehbar.
Beweis von 3.3.35
Lemma 3.3.36. Sei K ein Simplizialkomplex, q ∈ N0 und s ein q-Simplex von K. Dann gibt es
einen Homöomorphismus von |s| auf Dq , der |ṡ| genau auf S q−1 abbildet.
Beweis. Es gelten die Bezeichnungen von Bemerkung 3.3.11. Dann finden wir einen affinlinearen Homöomorphismus ϕ von Rq auf V . Es ist dann A := ϕ−1 (|s|) eine abgeschlossene, konvexe Teilmenge von Rq mit nicht-leerem Inneren. Somit gibt es nach Korollar A.5.11
einen Homöomorphismus von Dq nach A, der S q−1 genau auf den Rand von A abbildet. Nun ist
ϕ−1 (|ṡ|) aber dieser Rand, weshalb das Lemma bewiesen ist.
Lemma 3.3.37. Sei K ein Simplizialkomplex, q ∈ N0 und s ein q-Simplex von K. Dann gibt es
einen Homöomorphismus von [0, 1] × |s| auf Dq+1 , der
∆ := [0, 1] × |ṡ|
∪
{0} × |s|
∪
{1} × |s|
genau auf S q abbildet.
Beweis. Dies folgt aus dem vorangegangenen Lemma, Bemerkung A.5.4 und Korollar A.5.11.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
50
Nun zum eigentlichen Beweis: Sei Y ein schwach zusammenziehbarer, nicht-leerer topolgischer Raum und K ein Simplizialkomplex.
ISt Y , so gibt es von |K| nur dann eine Abbildung nach Y , wenn K der leere Simplizialkomplex ist. In diesem Fall gibt es nur eine Abbildung von |K| nach Y und wir sind fertig.
Sei Y nicht leer. Somit finden wir ein y0 ∈ Y . Sei f : |K| −
→ Y stetig. Wir zeigen, daß f
zu der Abbildung k : |K| −
→ Y, x 7→ y0 homotop ist. Wir konstruieren eine Homotopie von f
nach k rekursiv, indem wir von Skelett zu Skelett des Simplizialkomplexes K fortschreiten. Wir
nutzen also aus:
[
|K| =
|K q | .
q∈N0
Die Rekursion lassen wir bei q = −1 beginnen. Das (−1)-Skelett von K ist definitionsgemäß
leer. Somit setzen wir H −1 := ∅. Dies ist eine Homotopie von f ||K −1 | nach k||q−1 | .
Sei nun q ∈ N0 und H q−1 : [0, 1] × |K q−1 | −
→ Y eine Homotopie von f ||K q−1 | nach k||K q−1 | .
10
Es gilt
[
Kq = Kq−1 ∪
s
dim s=q
und für alle s ∈ SK mit dim s = q:
ṡ = s ∩ K q−1 ⊆ K q−1 .
Ferner gilt für je zwei s, s0 ∈ SK mit s 6= s0 und dim s = dim s0 = q:
s ∩ s0 = ṡ ∩ ṡ0 ≤ K q−1 .
Die ensprechenden Gleichungen und Inklusionen gelten offensichtlich auch für die Realisierungen dieser Teilkomplexe. Wenn wir nun für jeden q-Simplex s von K eine Homotopie Hs :
[0, 1] × |s| −
→ Y von f ||s| nach k||s| finden, die auf [0, 1] × |ṡ| mit H q−1 übereinstimmt, dann
können wir also diese Funktionen zu einer Funktion
[
Hs
H q := H q−1 ∪
dim s=q
zusammenfügen.
Sei s ∈ SK ein q-Simplex von K.
Wir setzen nun
→ Y, (0, x) 7→ f (x)
f0,s : {0} × |s| −
und
→ Y, (1, x) 7→ k(x) = y0
k1,s : {1} × |s| −
und schließlich
hs := H q−1 |[0,1]×|ṡ| ∪ f0,s ∪ k1,s .
Hier und im folgenden sind die Vereinigung und der Schnitt von Teilkomplexen von K analog zu Definition als
Vereinigung der Ecken und der Simplizes zu verstehen.
10
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
51
Die Funktion hs ist eine stetige Funktion, die auf der Menge
∆ := [0, 1] × |ṡ|
∪
{0} × |s|
∪
{1} × |s|
definiert ist. Nach Lemma 3.3.37 finden wir einen Homöomorphismus ϕ von Ddim s+1 auf den
topologischen Raum [0, 1] × |s|, der S dim s genau auf ∆ abbildet. Dann ist hs ◦ ϕ eine stetige
Funktion auf S dim s , also wegen der schwachen Zusammenziehbarkeit von Y nullhomotop, also
gibt es nach Satz 3.2.11 eine stetige Fortsetzung Hs0 von hs ◦ ϕ auf ganz Ddim s+1 . Dann ist
Hs := Hs0 ◦ ϕ−1 eine stetige Fortsetzung von hs auf ganz [0, 1] × |s|.
Setze nun wie angekündigt
[
H q := H q−1 ∪
H s.
dim s=q
S
Wir setzen H := q∈N0 H q . Diese Funktion ist eingeschränkt auf [0, 1] × s stetig für alle
s ∈ SK . Nach Korollar A.2.8 ist also H stetig. Es ist ferner H0 = f und H1 = k.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
52
3.4 Zusammenziehbarkeit in normierten Räumen
Das wichtigste Zwischen-Resultat dieses Abschnittes ist der folgende Satz:
Satz 3.4.1. Jede offene Teilmenge eines normierten Raumes11 wird von der Realisierung eines
Simplizialkomplexes dominiert.
Bringen wir diesen Satz mit Satz 3.3.34 zusammen, erhalten wir als Korollar den Hauptsatz
dieses Abschnitts:
Satz 3.4.2. Eine offene Teilmenge eines normierten Raumes ist genau dann zusammenziehbar,
wenn sie schwach zusammenziehbar ist.
Zum Ende dieses Abschnitts beweise ich eine Folgerung dieses Hauptsatzes, in der für eine
offene Teilmenge eines normierten Raumes insgesamt 5 zur Zusammenziehbarkeit äquivalente
Bedinungen angegeben werden. Insbesondere beweise ich dabei das Hauptlemma 1.3.6, das ein
wesentlicher Pfeiler des Beweises des Satzes von Kuiper ist.
3.4.1 Nerven und stetige Teilungen der Eins
Generalvoraussetzung 3.4.3. Im Unterabschnitt 3.4.1 sei X ein topologischer Raum und U eine
offene Überdeckung von X aus nicht-leeren Teilmengen.
Erinnerung 3.4.4. Der Nerv K(U) von U ist als derjenige Simplizialkomplex definiert, dessen
Eckenmenge EK(U ) die Menge U und dessen Simplexmenge SK(U ) die Menge derjenigen nichtleeren endlichen Teilmengen von U ist, die nicht-leeren Schnitt haben.
Definition 3.4.5. Ist f : X −
→ |K(U)| eine Funktion, so setze für alle U ∈ U:
fU : X −
→ [0, 1], x 7→ (f (x))(U ).
Bemerkung 3.4.6. Sei f : X −
→ |K(U)|. Dann gilt
X
X
∀x ∈ X :
fU (x) =
( f (x) )(U ) = 1.
|{z}
U ∈U
U ∈U
∈|K(U )|
Ist f stetig, so ist fU für alle U ∈ U stetig.
Spanier beschäftigt sich in [Spa66] mit der Frage, welche Bedingungen an f zu stellen sind,
damit (fU )U ∈U eine stetige Teilung der Eins ist. Hierbei muß sichergestellt sein, daß für jedes
U ∈ U der Träger supp fU in U enthalten ist. Ferner muß an f oder an U eine Bedingung
gestellt werden, die garantiert, daß die Familie (supp fU )U ∈U eine lokal-endliche Überdeckung
von X ist. Zum Zusammenhang zwischen Nerven und stetigen Teilungen der Eins siehe [Spa66],
Kapitel 3, Übungsaufgaben, Abschnitt G.
Zum Beweis des Satzes 3.4.1 beschreiten wir den umgekehrten Weg: Wir geben uns eine
stetige U untergeordnete Teilung der Eins vor und konstruieren daraus eine Funktion von X
nach |K(U)|.
11
Dieses Ergebnis kann man leicht für metrisierbare, lokal-konvexe Räume verallgemeinern.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
53
Lemma 3.4.7. Sei (fU )U ∈U eine stetige U untergeordnete Teilung der Eins. Setze
f :X−
→ |K(U)| , x 7→ (U 7→ fU (x)) .
Dann ist f eine stetige Funktion von X nach |K(U)|. Diese hat die Eigenschaft:
\
(3.1)
∀x ∈ X x ∈
supp f (x).
Beweis. Sei x ∈ X. Da (supp fU )U ∈U eine lokal-endliche Überdeckung von X ist, finden wir
eine Umgebung V von x mit der Eigenschaft, daß V := {U ∈ U | supp fU ∩ V 6= ∅} endlich
(und nicht leer) ist. Sei v ∈ V . Dann gilt für alle U ∈ supp f (v):
0 6= f (v)(U ) = fU (v),
und somit
v ∈ supp fU ⊆ U,
womit wir den letzten Teil der Behauptung bewiesen haben. Für alle U ∈ supp f (v) gilt insbesondere
supp fU ∩ V 6= ∅.
T
T
Somit gilt supp f (v) ⊆ V und v ∈ supp f (v), also supp f (v) 6= ∅. Es ist also supp f (v) ein
Simplex von K(U). Ferner gilt (f (v))(U ) ∈ [0, 1] für alle U ∈ U und
X
X
(f (v))(U ) =
fU (v) = 1.
U ∈U
U ∈U
Also ist f (v) ∈ |K(U)|.
Sei K 0 der Teilkomplex von K(U), dessen Eckenmenge die Menge V ist und dessen Simplixmenge die Menge aller Simplizes von K(U) is, die in V enthalten sind. Dann ist K 0 ein endlicher
Komplex und es gilt
f (V ) ⊆ |K 0 | .
Nun ist aber die Topologie auf der Realisierung des endlichen Komplexes K 0 die Produkttopologie. Die Funktion f ist definitionsgemäß komponentenweise stetig, also ist f |V stetig mit Werten
in |K 0 |. Da V aber eine Umgebung von x ist und |K 0 | ein Unterraum von |K(U)|, wobei die
Topologie auf |K(U)| kohärent ist mit der auf |K 0 |, ist f stetig in x.
Lemma 3.4.8. Ist X parakompakt, so gibt es eine stetige Funktion von X nach |K(U)|, welche
die Bedingung (3.1) erfüllt.
3.4.2 Beweis von Satz 3.4.1
Definition 3.4.9 (kleine Menge). Sei E ein normierter Raum und X eine Teilmenge von E.
Dann bezeichnen wir eine Teilmenge M von X als klein (in X), wenn es solche x ∈ X und
r > 0 gibt, daß
M ⊆ KE (x, r) ⊆ KE (x, 3r) ⊆ X.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
54
Bemerkung 3.4.10. Teilmengen kleiner Mengen sind klein.
Notation 3.4.11. Ist V ein reeller Vektorraum und M ⊆ V , so bezeichne die konvexe Hülle von
M mit Γ(M ).
Kleine Mengen sind so klein, daß in der umgebenden Menge auch noch genug Platz für
Konvexkombinationen ist. Damit meine ich:
Lemma 3.4.12. Sei E ein normierter Raum und X eine Teilmenge von E. Sei A eine nicht-leere
Menge
S von kleinen Teilmengen von X, deren Schnitt nicht leer ist. Dann ist die konvexe Hülle
Γ ( A) in X enthalten.
T
Beweis. Sei x0 ∈ A. Seien n ∈ N und A1 , . . . An ∈ A. Für alle i ∈ N≤n findet man solche
ri > 0 und xi ∈ X, daß Ai ⊆ KE (xi , ri ) ⊆ KE (xi , 3ri ) ⊆ X. Für alle i ∈ N≤n ist x0 ∈
KE (xi , ri ), also KE (xi , ri ) ⊆ KE (x0 , 2ri ). Sei j ∈ N≤n mit rj = max{r1 , . . . , rn }. Dann ist
KE (xi , ri ) ⊆ KE (x0 , 2rj ) für alleSi ∈ N≤n . Es ist umgekehrt KE (x0 , 2rj ) ⊆ KE (xj , 3rj ) ⊆ X.
Zusammen ist also auf jedenSFall ni=1 Ai ⊆ KE (xj , 3rj ) ⊆ X. Da Kugeln aber konvex sind, ist
auch die konvexe Hülle von ni=1 Ai in X enthalten.
Beweis von Satz 3.4.1
Sei X eine offene Teilmenge eines normierten Raumes E. Ohne Einschränkung sei X nicht leer.
Wähle eine Überdeckung U von X aus kleinen offenen Mengen so, daß kein Element von U leer
ist.
Sei N := |K(U)| die Standardrealisierung des Nervs von U.
Aus jedem U ∈ U wähle einen Punkt xU .
Setze nun
X
ρ:N −
→ E, α 7→
α(U )xU .
U ∈U
Diese Funktion ist stetig nach Bemerkung 3.3.28, da sie eine Einschränkung einer linearen Funktion ist.
Für alle α ∈ N ist supp α ein Simplex von K(U), also eine endliche Teilmenge von U mit
nicht-leerem Schnitt. Somit gilt nach Lemma 3.4.12:
³[
´
X
X
ρ(α) =
α(U )xU =
α(U )xU ∈ Γ
supp α ⊆ X.
U ∈U
U ∈supp α
Wir zeigen nun, daß [ρ] ein Rechts-Inverses in hTop hat.
Da X parakompakt ist, finden wir nach Lemma 3.4.8 eine stetige Abbildung σ : X −
→N
mit der Eigenschaft:
\
∀x ∈ X : x ∈
supp σ(x).
Es gilt für alle x ∈ X einerseits
(ρ ◦ σ)(x) ∈ Γ
³[
´
supp σ(x)
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
und andererseits,
x∈
\
supp σ(x) ⊆ Γ
55
³[
´
supp σ(x) .
Nach Lemma 3.4.12 hat die folgende Funktion also tatsächlich ihr Bild in X:
H : [0, 1] × X −
→ X, (t, x) 7→ tρ(σ(x)) + (1 − t)x.
Diese Funktion H ist offenbar stetig und somit eine Homotopie von IdX nach ρ ◦ σ.
3.4.3 Verfeinerung des Satzes 3.4.2
Wir wollen den Satz 3.4.2 noch etwas verbessern. Hierzu beobachten wir, daß sich kompakte
Teilmengen von offenen Teilmengen eines normierten Raumes in endlich-dimensionale Unterräume deformieren lassen. Genauer:
Satz 3.4.13. Sei E ein normierter Raum und X eine offene Teilmenge von E. Sei C eine kompakte
Teilmenge von X. Dann gibt es einen endlich-dimensionalen Unterraum V von E so, daß man
C in X nach X ∩ V hinein deformieren kann.
Beweis. Sei C ohne Einschränkung nicht leer. Sei U eine Überdeckung von C mit nicht-leeren,
kleinen, offenen Teilmengen von X. Sei ohne Einschränkung U endlich (sonst wähle eine
S endliche Teilüberdeckung). Sei (fU )U ∈U eine stetige, U untergeordnete Teilung der Eins auf U. Für
alle U ∈ U wähle ein xU ∈ U . Setze
X
h:C−
→ E, x 7→
fU (x)xU .
U ∈U
h ist als endliche Summe stetiger Funktionen stetig. Setze ferner
H : [0, 1] × C −
→ E, (t, x) 7→ th(x) + (1 − t)x.
Offenbar ist H eine Homotopie von IdC zu h. Nach Lemma 3.4.12 hat ist da Bild von H enthalten in X. Das Bild von h ist im Aufspann von {xU : U ∈ U} enthalten, und dies ist ein
endlichdimensionaler Unterraum von E.
Satz 3.4.14. Sei E ein normierter Raum und X eine offene Teilmenge. Dann sind äquivalent:
1. X ist zusammenziehbar;
2. X ist schwach zusammenziehbar;
3. für jeden kompakten topologischen Raum K hat [K, X] nur genau ein Element;
4. X ist nicht leer, und für jeden kompakten topologischen Raum K sind alle stetigen Abbildungen von K nach X nullhomotop;
5. X ist nicht leer, und jede nicht-leere, kompakte Teilmenge C von X ist in X zusammenziehbar;
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
56
6. X ist nicht leer, und für jeden endlich-dimensionalen Unterraum V von E gilt: V ∩ X ist
leer oder in X zusammenziehbar.
Beweis. 2 ⇔ 1: Das ist die Aussage von Satz 3.4.2.
3 ⇒ 2: Alle endlich-dimensionalen Einheitssphären sind kompakt.
4 ⇒ 3: Es gelte 4.. Ist K ein zweipunktiger diskreter topologischer Raum, so bedeutet, daß
[K, X] genau ein Element hat, daß X Weg-zusammenhängend ist. Sei K nun ein beliebiger kompakter topologischer Raum. Sei K ohne Einschränkung nicht leer. Da X Weg-zusammenhängend
ist, sind alle konstanten Funktionen von K nach X paarweise homotop. Wegen 4 ist jede stetige Abbildung von K nach X homotop zu einer konstanten Abbildung. Also sind alle stetigen
Abbildungen von K nach X paarweise homotop.
5 ⇒ 4: Es gelte 5.. Sei K ein kompakter topologischer Raum und K ohne Einschränkung
nicht leer. Sei f : K −
→ X stetig. Setze C := f (K). Diese Menge C ist als stetiges Bild
eines kompakten Raumes kompakt und somit nach Voraussetzung in X zusammenziehbar. Mit
anderen Worten: Die Einbettung IdC von C nach X ist homotop zu einer konstanten Abbildung.
Somit ist aber auch f = IdC ◦ f nullhomotop.
6 ⇒ 5: Es gelte 6.. Sei C eine nicht-leere kompakte Teilmenge von X. Nach Satz 3.4.13
finden wir einen endlich-dimensionalen Unterraum V von E so, daß man C in X nach X ∩
V hinein deformieren kann. Da C nicht-leer ist, ist auch X ∩ V nicht-leer und wir können 6
benutzen: Es ist also X ∩ V in X zusammenziehbar. Somit ist auch C in X zusammenziehbar.
1 ⇒ 6: Klar, da mit X auch jede Teilmenge von X in X zusammenziehbar ist.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
57
3.5 Anwendungen
3.5.1 Die Einheitssphäre eines unendlich-dimensionalen Raumes
Das folgende Lemma ist nicht besonders überraschend, jedoch hat es, unseres Hauptsatzes wegen, weitreichende Konsequenzen.
Lemma 3.5.1. Sei E ein normierter Raum und F ein nicht-trivialer echter Teilraum von E.
Dann ist F \ {0} in E \ {0} zusammenziehbar.
Beweis. Sei e ∈ E \ F . Dann ist e + F ein affiner Unterraum von E, der die Null nicht enthält.
Dieser affine Unterraum ist homeomorph zu F , und F ist zusammenziehbar, also auch e + F .
Damit ist e + F auch in E \ {0} zusammenziehbar. Die Abbildung
H : [0, 1] × F \ {0} −
→ E \ {0}, (t, f ) 7→ f + te
ist sicher stetig und eine Deformation von F \ {0} nach e + F hinein. Somit ist F \ {0} in E \ {0}
zusammenziehbar.
Unter Berücksichtigung von Äquivalenz 6. aus Satz 3.4.14 folgt hieraus:
Satz 3.5.2. Ist E ein unendlich-dimensionaler normierter Raum, so ist E \{0} zusammenziehbar.
Ziehen wir nun das Beispiel 2.2.10 heran, dann ergibt sich:
Satz 3.5.3. Ist E ein unendlich-dimensionaler normierter Raum, so ist seine Einheitssphäre zusammenziehbar.
3.5.2 Elementarer Beweis im Hilbertraum-Fall
Einen direkten Beweis für 3.5.3 kann man recht anschaulich im Hilbertraum-Fall führen.
Satz 3.5.4. Die Einheitssphäre S(E) von E := l2 (N) ist zusammenziehbar.
Beweis. Wir zeigen die folgende, äquivalente Aussage:
E \ {0} ist zusammenziehbar.
Sei nämlich h0 eine Kontraktion von E \ {0}, dann ist
h : [0, 1] × S(E) −
→ S(E), (t, x) 7→ h0 (t, x)/ kh0 (t, x)k
eine Kontraktion von S(E).
Definiere
ρ:E−
→ E, (xn )n∈N 7→ (xn−1 )n∈N ,
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
58
wobei wir immer x0 := 0 ansetzen (Der Rechts-Shift). ρ ist eine Isometrie auf E mit Bild
F := (1, 0, 0, . . .)⊥ . Wir setzen
h1 : [0, 1] × E \ {0} −
→ E, (t, x) 7→ (1 − t)x + tρ(x).
Offenbar ist h1 stetig und eine Homotopie von IdE\{0} nach ρ|E\{0} . Wir rechnen nach, daß das
Bild von h1 in E \ {0} enthalten ist:
Angenommen wir finden ein t ∈ [0, 1] und x ∈ E \ {0} mit (1 − t)x + tρ(x) = 0. Es ist
t 6= 0, da x 6= 0. Es folgt
1−t
ρ(x) = −
x,
t
d.h. − 1−t
ist ein Eigenwert von ρ. Die Abbildung ρ hat aber keine Eigenwerte!
t
Es ist also die Identität auf E \ {0} homotop zu einer Abbildung, deren Bild in einem echten
Unterraum F von E enthalten ist.
Wir konstruieren nun eine Homotopie h2 : [0, 1] × F \ {0} −
→ E \ {0} von der Identität
auf F \ {0} in eine konstante Funktion. Sei e ∈ E \ F (z.B. der erste Einheitsvektor). Für alle
t ∈ [0, 1/2] und alle x ∈ E \ {0} setze
h2 (t, x) := x + 2te
und für alle t ∈ [1/2, 1] und alle x ∈ F \ {0} setze
h2 (t, x) := (2 − 2t)x + e.
Dann ist für alle x ∈ F \ {0} der Bildpunkt h2 (1/2, x) = x + e enthalten in F + e, und insgesamt
h2 stetig mit Bild in E \ {0}. Es ist h2 (1, ·) konstant.
Fügt man nun h1 und h2 zusammen, erhält man eine Kontraktion von E \ {0}.
Bemerkung 3.5.5. Der Beweis läßt sich leicht auf beliebige separable und nicht-separable Hilberträume verallgemeinern (wobei man die topologische Komplementierbarkeit von abgeschlossenen Unterrräumen ausnutzt. Im Kern muß man nur eine nicht-surjektive stetige lineare Abbildung konstruieren, deren Punktspektrum in der geschlitzen Ebene C\] − ∞, 0] enthalten ist. Dies
ist in ähnlicher Weise wie oben auch für lp -Räume möglich oder auch für C([0, 1]) (VolterraOperator).
Kapitel 4
Die Hilbertraum-Summe
In diesem Kapitel wird der Begriff der Hilbertraum-Summe von Räumen und linearen Abbildungen zur Verfügung gestellt. Hierbei werden die wohlbekannten Konzepte der inneren und
äußeren Hilbertraum-Summe begrifflich zusammengefaßt, damit Rechnungen und Überlegungen, die für die innerer und äußere Summe gleichermaßen angestellt werden müssen, in einem
Durchgang erledigt werden können.
Die Hilbertraum-Summe von Räumen und linearen Abbildungen hat Eigenschaften, die sich
am besten beschreiben und verstehen lassen, wenn man die Hilbertraum-Summe als Funktor
darstellt. Zu diesem Zweck wird zuerst die Kategorie der über einer Menge I indizierten Familien
von Hilberträumen HilbSpI eingeführt und eine Teilkategorie HilbSpI∞ davon definiert, die als
Definitionsbereich dieses Funktors dient.
Generalvoraussetzung. Sei I in diesem Kapitel eine nicht-leere Menge. Wenn nichts anderes
gesagt wird, so sind alle auftretenden Familien von Hilberträumen über I indiziert.
Konvention. Wir bezeichnen Familien von Hilberträumen mit großen Fraktur-Buchstaben, die
einzelnen Mitglieder der Familie aber mit den entsprechenden großen lateinischen Buchstaben.
Der Buchstabe H steht also für eine Familie (Hi )i∈I von Hilberträumen. Ich greife zu dieser
Konvention, um den Buchstaben H für die Hilbertraum-Summe der Familie H = (Hi )i∈I zu
reservieren.
4.1 Die Kategorien HilbSpI und HilbSpI∞
4.1.1 Die Kategorie HilbSpI
Definition 4.1.1 (L(H, H0 ), GL(H, H0 ) und U(H, H0 )). Seien H = (Hi )i∈I und H0 = (Hi0 )i∈I
Familien von Hilberträumen. Dann definieren wir
Q
1. L(H, H0 ) := i∈I L(Hi , Hi0 ).
Q
2. GL(H, H0 ) := i∈I GL(Hi , Hi0 ) ⊆ L(H, H0 ).
Q
3. U(H, H0 ) := i∈I U(Hi , Hi0 ) ⊆ GL(H, H0 ).
59
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
60
Die Elemente der zuletzt definierten Mengen nennen wir unitär.
Bemerkung 4.1.2. Mit den Bezeichnungen der letzten Definition gilt: Als Produkt von KVektorräumen ist L(H, H0 ) auf offensichtliche Weise ein K-Vektorraum.
Definition 4.1.3. Seien H, H0 und H00 Familien von Hilberträumen. Dann definiere
◦ : L(H0 , H00 ) × L(H, H0 ) −
→ L(H, H00 ), (ψ, ϕ) 7→ ψ ◦ ϕ := (ψi ◦ ϕi )i∈I .
Bemerkung 4.1.4. Sind H,H0 und H00 Familien von Hilberträumen, so ist die Hintereinaderausführung
◦ : L(H0 , H00 ) × L(H, H0 ) −
→ L(H, H00 )
bilinear.
Definition 4.1.5 (die Kategorie HilbSpI ). Die Kategorie HilbSpI ist folgendermaßen definiert:
• Die Objekte sind die über I indizierten Familien von Hilberträumen.
• Die Menge der Morphismen zwischen einer Familie H und einer Familie H ist die Menge L(H, H0 ), d.h. die Morphismen sind die über I indizierten Familien stetiger linearer
Operatoren.
• Die Hintereinanderausführung ist wie in 4.1.3 definiert.
Bemerkung 4.1.6. Sind H und H0 Familien von Hilberträumen, und ist ϕ ∈ L(H, H0 ), so ist ϕ
genau dann in GL(H, H0 ), wenn ϕ ein Isomorphismus in HilbSpI ist. Ist ϕ ein Isomorphismus,
so gilt
ϕ−1 = (ϕ−1
i )i∈I .
Definition 4.1.7 (die ∗-Abbildung in HilbSpI ). Seien H und H0 Familien von Hilberträumen.
Dann definiere
∗ : L(H, H0 ) −
→ L(H0 , H), (ϕi )i∈I 7→ (ϕ∗i )i∈I .
Bemerkung 4.1.8. Es ist ∗ anti-multiplikativ und reell linear bzw. komplex anti-linear.
Bemerkung 4.1.9. Seien H und H0 Familien von Hilberträumen und sei ϕ ∈ L(H, H0 ). Dann ist
ϕ genau dann in U(H, H0 ), also ein unitärer Morphismus in HilbSpI , wenn ϕ invertierbar ist und
gilt:
ϕ∗ = ϕ−1 .
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
61
4.1.2 Die Kategorie HilbSpI∞
Definition 4.1.10 (L∞ (H, H0 )). Seien H und H0 Familien von Hilberträumen. Dann definiere
k·k∞ : L(H, H0 ) −
→ [0, ∞], (ϕi )i∈I 7→ sup kϕi k .
i∈I
Setze nun
und
¯
n
o
¯
L∞ (H, H0 ) := ϕ ∈ L(H, H0 ) ¯ kϕk∞ < ∞
¯
o
n
°
°
¯
GL∞ (H, H0 ) := ϕ ∈ GL(H, H0 ) ¯ kϕk∞ , °ϕ−1 °∞ < ∞ .
Bemerkung 4.1.11. Seien H und H0 Familien von Hilberträumen, dann gilt
U(H, H0 ) ⊆ GL∞ (H, H0 ).
Eine Definition von U∞ (H, H0 ) erübrigt sich somit.
Bemerkung 4.1.12. Seien H und H0 Familien von Hilberträumen. Dann ist L∞ (H, H0 ) ein Untervektorraum von L(H, H0 ), der mit der Norm k·k∞ ein Banachraum ist.
Satz 4.1.13. Seien H, H0 und H00 Familien von Hilberträumen. Sei ϕ ∈ L(H, H0 ) und ψ ∈
L(H0 , H00 ). Dann gilt1
kψ ◦ ϕk∞ ≤ kψk∞ kϕk∞ .
Somit ist die eingeschränkte Hintereinanderausführung, die wir auch mit ◦ bezeichnen, also
◦ : L∞ (H0 , H00 ) × L∞ (H, H0 ) −
→ L∞ (H, H00 ),
eine wohldefinierte, stetige und bilineare Abbildung.
Definition 4.1.14 (die Kategorie HilbSpI∞ ). Die Teilkategorie HilbSpI∞ von HilbSpI ist folgendermaßen definiert:
• Die Objekte sind die über I indizierten Familien von Hilberträumen, also dieselben Objekte wie in HilbSpI .
• Die Menge der Morphismen zwischen einer Familie H und einer Familie H0 ist die Menge
L∞ (H, H0 ) ⊆ L(H, H0 ).
• Die Hintereinanderausführung ist so wie in HilbSpI punktweise definiert.
Bemerkung 4.1.15. Sind H und H0 Familien von Hilberträumen, und ist ϕ ∈ L(H, H0 ), so ist ϕ
genau dann in GL∞ (H, H0 ), wenn ϕ ein Isomorphismus in HilbSpI∞ ist.
Bemerkung 4.1.16 (Die ∗-Abbildung in HilbSpI∞ ). Seien H und H0 Familien von Hilberträumen. Dann gilt für alle ϕ ∈ L(H, H0 ):
kϕ∗ ◦ ϕk∞ = kϕk2∞ = kϕ∗ k2∞ .
Insbesondere ist ϕ genau dann in L∞ (H, H0 ) enthalten, wenn ϕ∗ in L∞ (H0 , H) enthalten ist.
Hinweis 4.1.17. Die Kategorie HilbSpI∞ wird mit der ∗-Operation zu etwas, was man auch C ∗ Kategorie nennt. Dieser Begriff ist eine Verallgemeinerung des Begriffes der C ∗ -Algebra.
1
Hier setzen wir 0 · ∞ := ∞ · 0 := 0.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
62
4.2 Die Hilbertraum-Summe
4.2.1 Innere und äußere Hilbertraum-Summe
Erinnerung 4.2.1 (Innere Hilbertraum-Summe). Sei H eine Familie von Hilberträumen. Dhnn
heißt ein Hilbertraum H inrere Hilbertraum-Summe von H, wenn gilt
1. H ist eine Familie von paarweise orthogonalen Teilräumen von H.
L
2. Die innere direkte Summe i∈I Hi ist dicht in H.
Wir schreiben dann
²¯
H = ±°
i∈I Hi .
Notation 4.2.2. Ist H ein Hilbertraum und H 0 ein abgeschlossener Teilraum von H, dann bezeichnen wir mit πH 0 die Orthogonalprojektion von H auf H 0 .
Hat man einen Hilbertraum als innere Hilbertraum-Summe dargestellt, kann man sein Skalarprodukt und seine Norm vollständig durch die Skalarprodukte bzw. die Normen der einzelnen
Summanden beschreiben:
Erinnerung 4.2.3. Ist H die innere Hilbertraum-Summe von H, dann gilt für alle x, y ∈ H:
X
x=
πHi (x)
i∈I
und
hx, yi =
X
hπHi (x), πHi (y)i
i∈I
sowie
kxk2 =
X
kπHi (x)k2 .
i∈I
Erinnerung 4.2.4. Ist H die innere Hilbertraum-Summe von H und ist Bi für alle i ∈ I eine
Orthonormalbasis von Hi , so ist
[
B=
Bi
i∈I
eine Orthonormalbasis von H.
Definitionssatz 4.2.5 (äußere Hilbertraum-Summe). Sei H = ((Hi , h·, ·ii ))i∈I eine Familie
von Hilberträumen. Setze
¯
)
(
¯ X
M
Y
¯
kxi k2 < ∞ .
H := l2−
Hi := x ∈
Hi ¯
¯
i∈I
i∈I
i∈I
Dies ist ein Vektorraum. Die folgende Abbildung ist wohldefiniert und sesquilinear
X
h·, ·i : H × H −
→ K, (x, y) 7→
hxi , yi ii .
i∈I
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
63
• Es wird H mit dieser Sesquilinearform zum Hilbertraum, und die von h·, ·i herrührende
Norm ist
sX
kxi k2 .
k·k0 : H −
→ R, x 7→
i∈I
• Wir nennen dann (H, h·, ·i) die äußere Hilbertraum-Summe von H.
L
• Die äußere direkte Summe i∈I Hi ist dicht in H.
4.2.2 Definition der Hilbertraum-Summe
Definition 4.2.6 (Hilbertraum-Summe). Sei H eine Familie von Hilberträumen. Dann ist eine
l2 -direkte oder Hilbertraum-Summe von H ein Paar (H, ι), wobei H ein Hilbertraum und ι =
(ιi )i∈I eine Familie von Abbildungen mit den folgenden Eigenschaften ist
1. Für alle i ∈ I ist ιi eine lineare Isometrie von Hi nach H hinein.
²¯
2. Es gilt H = ±°
i∈I ιi (Hi ).
Bemerkung 4.2.7 (Innere Hilbertraum-Summe als Hilbertraum-Summe). Sei H die innere
Hilbertraum-Summe von H. Sei ιi : Hi −
→ H für alle i ∈ I die identische Abbildung auf Hi .
Dann ist (H, ι) eine Hilbertraum-Summe von H.
Bemerkung 4.2.8 (Äußere Hilbertraum-Summe als Hilbertraum-Summe). Sei H die äußere
Hilbertraum-Summe von H. Für alle i ∈ I, vi ∈ Hi und j ∈ I setze
(
xi für i = j
(ιi (xi ))j :=
.
0
sonst
Die so für alle i ∈ I definierte Funktion
ιi : Hi −
→ H,
ist offenkundig linear und isometrisch. Es ist (H, ι) eine Hilbertraum-Summe von H.
Generalvoraussetzung 4.2.9. Für den Rest des Abschnitts 4.2 sei H eine Familie von Hilberträumen und (H, ι) eine Hilbertraum-Summe von H. Bezeichne für alle i ∈ I die Abbildung ι∗i
mit πi , setze also π := ι∗ .
Bemerkung 4.2.10. Es gilt für alge i ∈ I:
πi ◦ ιi = IdHi ,
da ιi eine Isometrie ist. Ferner ist für alle i ∈ I die Abbildung ιi ◦ πi die Orthogonalprojektion
von H auf ιi (Hi ).
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
64
Bemerkung 4.2.11. Es gilt für alle x, y ∈ H:
X
x=
ιi (πi (x))
i∈I
und
hx, yiH =
X
hπi (x), πi (y)iHi
i∈I
sowie
kxk2 =
X
kπi (x)k2 .
i∈I
Bemerkung 4.2.12 (Basen von Hilbertraum-Summen). Für alle i ∈ I sei Bi eine Orthonormalbasis vom Hi . Dann ist die Menge
[
B :=
ιi (Bi )
i∈I
eine Orthonormalbasis von H.
Beweis. Offenbar ist B ein Orthonormalsystem. Der Aufspann von B ist dicht in
und dieser Unterraum ist dicht in H. Also ist B eine Orthonormalbasis von H.
L
i∈I ιi (Hi ),
4.2.3 Die Hilbertraum-Summe von Abbildungen
Generalvoraussetzung 4.2.13. Für den Rest des Abschnitts 4.2 sei H0 eine weitere Familie von
Hilberträumen und (H 0 , ι0 ) eine Hilbertraum-Summe von H0 . Setze π 0 := (ι0 )∗ .
Definitionssatz 4.2.14 (Hilbertraum-Summe von Abbildungen).
Dann gibt es genau eine Abbildung2
M
l2−
ϕi
1. Sei ϕ ∈ L∞ (H, H0 ).
i∈I
in L(H, H 0 ) mit der Eigenschaft, daß für alle i ∈ I das folgende Diagramm kommutiert:
ϕi
- H0
Hi
i
ιi
ι0i
?
H
l2−
?
- H0
L
i∈I
ϕi
Diese Abbildung nennen wir die Hilbertraum-Summe oder l2 -direkte Summe von ϕ.
2
Aus Ermangelung eines suggestiveren Symbols benutze ich für die Hilbertraum-Summe von Abbildungen immer das Symbol, das bei Räumen die äußere Hilbertraum-Summe bezeichnet.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
65
2. Die Funktion
L∞ (H, H0 ) −
→ L (H, H 0 ) , ϕ 7→ l2−
M
ϕi ,
i∈I
ist eine lineare Isometrie.
L
Beweis.
1. Zur Eindeutigkeit: Die Abbildung l2− L
i∈I ϕi ist für alle i ∈ I auf dem Raum
ιi (Hi ) festgelegt, also wegen der Linearität von lL
2− i∈I ϕi auf der inneren direkten Summe
dieser Räume und wegen der Stetigkeit von l2− i∈I ϕi auf ganz H.
Zur Existenz: Sei x ∈ H. Es gilt für alle i ∈ I:
k(ι0i ◦ ϕi ◦ πi ) (x)k = k(ϕi ◦ πi ) (x)k ≤ kϕi k kπi (x)k ≤ kϕk∞ kπi (x)k .
Hieraus folgt
X
2
k(ι0i ◦ ϕi ◦ πi ) (x)k ≤ kϕk2∞
i∈I
X
kπi (x)k2 = kϕk2∞ kxk2 .
i∈I
Ferner gilt für alle i, j ∈ I mit i 6= j:
¡
¢
(ι0i ◦ ϕi ◦ πi ) (x) ⊥ ι0j ◦ ϕj ◦ πj (x).
Somit ist die Familie
¡
¢
(ι0i ◦ ϕi ◦ πi ) (x) i∈I
absolut quadrat-summierbar und summierbar in H 0 . Setze
X
ϕ̃(x) :=
(ι0i ◦ ϕi ◦ πi ) (x).
i∈I
Die so definierte Funktion ϕ̃ von H nach H 0 ist offenkundig linear. Für alle x ∈ H gilt
X
2
kϕ̃(x)k2 =
k(ι0i ◦ ϕi ◦ πi ) (x)k ≤ kϕk2∞ kxk2 .
i∈I
Also ist ϕ̃ stetig, und es gilt genauer
kϕ̃k ≤ kϕk∞ .
Sei i ∈ I. Dann gilt nach Definition von ϕ̃:
ϕ̃ ◦ ιi = (ι0i ◦ ϕi ◦ πi ) ◦ ιi = ι0i ◦ ϕi .
Setze nun l2−
L
i∈I
ϕi := ϕ̃.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
66
2. Die angegebene Abbildung ist offenbar linear. Sei ϕ ∈ L(H, H0 ). Wir haben bereits
°
°
° M °
°
°
ϕi ° ≤ kϕk∞
°l2−
°
°
i∈I
gezeigt. Sei nun i ∈ I. Dann gilt
°
° °
°
°
° M ° ° M
°
° °
°
ϕj |ιi (Hi ) ° = kι0i ◦ ϕi k = kϕi k .
ϕj ° ≥ °l2−
°l2−
°
° °
°
j∈I
j∈I
Also gilt auch
°
°
° M °
°
°
ϕj ° ≥ kϕk∞ .
°l2−
°
°
j∈I
Bemerkung 4.2.15 (Innere Hilbertraum-Summe von Abbildungen). Seien H und H 0 Hilberträume. Sei H = (Hi )i∈I eine Familie von Unterräumen von H mit H = ki∈I Hi . Ebenso sei
H0 = (Hi0 )i∈I eine Familie von Unterräumen von H 0 mit H 0 = ki∈I Hi0 .
0
von ϕ in dieser Situation: l2−
L Sei ϕ ∈ L∞ (H, H ). Dann gilt für die Hilbertraum-Summe
0
ϕ
ist
das
einzige
Element
von
L(H,
H
)
mit
der
Eigenschaft,
daß für alle j ∈ I gilt:
i∈I i
M ¯¯
l2−
ϕi ¯ = ϕj .
i∈I
Hj
Definitionsbemerkung 4.2.16 (äußere Hilbertraum-Summe von Abbildungen). Sei (H, ι)
0 0
die äußere Hilbertraum-Summe
von H
, ι ) die äußere Hilbertraum-Summe von H0 , also
Lund (H
L
0
0
sei H := l2− i∈I Hi und H := l2− i∈I Hi .
Sei ϕ ∈ L∞ (H, H0 ). Dann gilt
M
l2−
ϕi : H −
→ H 0 , (xi )i∈I 7→ (ϕi (xi ))i∈I .
i∈I
4.2.4 Funktorielle Eigenschaften der Hilbertraum-Summe
Satz 4.2.17. Sei ϕ ∈ L∞ (H, H0 ). Dann gilt
l2−
M
i∈I
Ã
ϕ∗i =
l2−
M
!∗
ϕ
,
i∈I
d.h. die Hilbertraum-Summe von Abbildungen erhält die ∗-Operation.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
67
¡ L
¢∗
L
Beweis. Wir weisen nach, daß l2− i∈I ϕ∗i die charakterisierende Eigenschaft von l2− i∈I ϕi
zukommt. Sei also x ∈ H und y ∈ H 0 . Dann gilt
E
M
XD
M
hl2−
ϕi (x), yi =
ϕi (x), πi0 y
πi0 l2−
i∈I
i∈I
=
X
i∈I
*
πi0
i∈I
=
XD
X
+
ι0j (ϕj (πj (x))), πi0 y
j∈I
πi0 (ι0i (ϕi (πi (x)))), πi0 y
i∈I
=
XD
i∈I
=
XD
ϕi (πi (x)), πi0 y
E
E
E
XD
∗
0
πi (x), ϕi (πi (y))
=
i∈I
E D
E
M
πi (x), πi (ιi (ϕ∗i (πi0 (y)))) = x, l2−
ϕi (y) .
i∈I
i∈I
Also gilt die Behauptung.
Satz 4.2.18. Sei H00 eine weitere Familie von Hilberträumen und (H 00 , ι00 ) eine HilbertraumSumme von H00 . Sei ϕ ∈ L∞ (H, H0 ) und ψ ∈ L∞ (H0 , H00 ). Dann gilt:
M
M
M
l2−
(ψi ◦ ϕi ) = l2−
ψi ◦ l2−
ϕi .
i∈I
i∈I
i∈I
Beweis. Das folgende Diagramm ist kommutativ:
ϕj
Hj
ψj
- H0
j
ιj
- H 00
j
ι00j
ι0j
?
?
?
- H0
- H0
L
L
H
l2− i∈I ϕi
l2− i∈I ψi
L
L
L
Also erfüllt l2− i∈I ψi ◦ l2− i∈I ϕi die charakterisiernde Eigenschaft von l2− i∈I (ψ◦ ϕi ).
Bemerkung 4.2.19. Es gilt
l2−
M
IdHi = IdH .
i∈I
Bemerkung 4.2.20. Sei ϕ ∈ GL∞ H, H0 . Dann ist l2−
Ã
l2−
M
i∈I
L
!−1
ϕi
= l2−
i∈I
M
i∈I
ϕi ∈ GL(H, H 0 ) und
ϕ−1
i .
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
68
Satz 4.2.21. Sei ϕ ∈ L∞ (H, H0 ). Dann gilt
L
1. ϕ ∈ L∞ (H, H0 )
⇒ l2− i∈I ϕi ∈ L(H, H 0 ).
L
2. ϕ ∈ GL∞ (H, H0 ) ⇒ l2− i∈I ϕi ∈ GL(H, H 0 ).
L
3. ϕ ∈ U(H, H0 )
⇒ l2− i∈I ϕi ∈ U(H, H 0 ).
Beweis.
Die ersten beiden Punkte wurden bereits bewiesen. Ist nun ϕ ∈ U(H, H0 ), so ist l2−
L
0
i∈I ϕi ∈ GL(H, H ). Es gilt
Ã
l2−
M
!∗
ϕ
= l2−
i∈I
Somit ist l2−
L
i∈I
M
ϕ∗i = l2−
i∈I
M
Ã
ϕ−1
i =
l2−
M
i∈I
!−1
ϕi
.
i∈I
ϕi ∈ U(H, H 0 ).
Satz 4.2.22 (Funktorielle Eigenschaft der äußeren Summe). Die Zuordnung, die jeder Familie
von Hilberträumen ihre äußere Hilbertraum-Summe und jedem Morphismus in HilbSpI∞ seine
äußere Hilbertraum-Summe zuordnet, ist ein Funktor von HilbSpI∞ nach HilbSp. Dieser erhält
die ∗-Operation.
4.2.5 Eindeutigkeit der Hilbertraum-Summe
Satz 4.2.23 (Eindeutigkeit der Hilbertraum-Summe). Seien (H, ι) und (H 0 , ι0 ) HilbertraumSummen von H. Dann gibt es genau ein J ∈ L(H, H 0 ) mit der Eigenschaft, daß für alle i ∈ I
gilt:
ι0i = J ◦ ιi ,
und dieses J ist unitär.
Beweis. Es gilt J = l2−
L
i∈I
IdHi : H −
→ H 0.
Über die konkrete Gestalt des Isomorphismus zwischen innerer und äußerer HilbertraumSumme gibt die folgenden Bemerkung Auskunft:
Bemerkung 4.2.24. Sei H die innere und H 0 die äußere direkte Summe von H. Dann ist
X
J : H0 −
→ H, (xi )i∈I 7→
xi
i∈I
der Isomorphismus aus Satz 4.2.23. Die Umkehrabbildung von J ist
J −1 : H −
→ H 0 , x 7→ (πHi (x))i∈I .
Kapitel 5
Die Hilbertraum-Dimension
Die Hilbertraum-Dimension eines Raumes H ist definiert als die Mächtigkeit1 einer (und wie
wir sehen werden damit jeder) Orthonormalbasis von H.
Um die Wohldefiniertheit der Hilbertraum-Dimension zu zeigen, führe ich im ersten Abschnitt zwei Hilfsgrößen ein, von denen die eine für jeden topologischen Raum, die andere für
jeden normierten Raum definiert ist. Diese Hilfsgrößen sind auch beim Nachweis von Rechenregeln für die Hilbertraum-Dimension nützlich.
Im zweiten Abschnitt wird dann die Hilbertraum-Dimension definiert und zwei Rechenregeln
für sie bewiesen.
Der dritte Abschnitt über Orthogonalzerlegungen zeigt, wann man einen unendlich-dimensionalen Hilbertraum in eine vorgegebene Anzahl zum Ausgangsraum isomorpher Teilräume
zerlegen kann.
Im letzten Abschnitt werden schließlich die Ko-Dimension von Unterraäumen eines Hilbertraumes behandelt, und eine Ungleichung für sie bewiesen. Diese Ungleichung wird für den
Beweis des Zerlege-Lemmas gebraucht.
5.1 Zwei Hilfsgrößen
5.1.1 Die Größe ∆(X) für topologische Räume X
In diesem Unterabschnitt verallgemeinern wir den Begriff der Separabilität für topologische Räume.
Erinnerung 5.1.1. Ein topologischer Raum heißt separabel, wenn er eine abzählbare dichte Teilmenge besitzt.
Da die Klasse der Kardinalzahlen wohlgeordnet ist, macht die folgende Setzung Sinn:
1
Beachte den Anhang zum Rechnen mit Kardinalzahlen.
69
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
70
Definition 5.1.2. Sei X ein topologischer Raum. Dann definiere ∆(X) als die minimale unter
den Mächtigkeiten, die unter den dichten Teilmengen von X vorkommen, d.h.
©
ª
∆(X) := min |D| : D ⊆ X, D = X .
Satz 5.1.3. Seien X, Y topologische Räume und f : X −
→ Y stetig. Dann gilt
´
³
∆ f (X) ≤ ∆(X).
Beweis. Sei D eine dichte Teilmenge von X mit |D| = ∆(X). Dann gilt wegen der BerührpunktErhaltungs-Eigenschaft von f :
¡ ¢
f (X) = f D ⊆ f (D) ⊆ f (X),
also
f (D) = f (X).
Es ist also f (D) dicht in f (X), und somit gilt
³
´
∆ f (X) ≤ |f (D)| ≤ |D| = ∆(X).
Korollar 5.1.4. Seien X und Y homöomorphe topologische Räume. Dann gilt ∆(X) = ∆(Y ).
5.1.2 Die Größe d(E) für normierte Räume E
Für normierte Räume E können wir natürlich wie für andere topologische Räume die Größe ∆(E) untersuchen. Diese unterscheidet allerdings nicht verschieden-dimensionale endlichdimensionale normierte Räume. Wir verfeinern also unsere Überlegungen:
Definition 5.1.5 (erzeugende Menge). Sei E ein normierter Raum. Dann sagen wir, eine Teilmenge X ⊆ E erzeuge E (als normierten Raum), wenn der algebraische Aufspann von X
dicht in E ist. Wir definieren
n
o
d(E) := min |X| : X ⊆ E, hXi = E .
Diese neue Größe d(E) wird im folgenden Satz mit den bisher bekannten Größen in Verbindung gesetzt.
Satz 5.1.6. Sei E ein normierter Raum.
1. Ist E trivial, so gilt: d(E) = dim E = 0 und ∆(E) = 1.
2. Gilt dim E ∈ N, so gilt: d(E) = dim E und ∆E = ℵ0
3. Ist E unendlich-dimensional, so gilt: d(E) = ∆(E).
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
71
Beweis. Die ersten beiden Punkte sind klar.
Sei also E unendlich-dimensional. Offenbar gilt ∆(E) ≥ d(E) und beide Seiten sind nicht
endlich. Sei nun X eine erzeugende Teilmenge von E mit Mächtigkeit d(E). Nach Satz B.2.20
gilt
|Pe (X)| = |X| .
Es gilt
hXiK =
[
hM iK .
M ∈Pe (X)
Zu jedem M ∈ Pe (X) wähle eine im endlich-dimensionalen Raum hM iK dichte abzählbare
Teilmenge DM .S
Setze D := M ∈Pe (X) DM . Dann gilt
X
X
|D| ≤
|DM | ≤
ℵ0 = |Pe (X)| · ℵ0 = |X| .
M ∈Pe (X)
M ∈Pe (X)
Weil D dicht in E ist, folgt: ∆(E) ≤ |D| ≤ |X| = d(E).
Somit erhaltenden wir für den Spezialfall separabler Räume:
Korollar 5.1.7. Ein normierter Raum ist genau dann separabel, wenn er eine abzähbare erzeugende Menge besitzt.
Mit der Größe d kann man leidlich rechnen. Zumindest gilt der folgende Satz:
Satz 5.1.8 (d-Ungleichung für die Summe von Teilräumen). Sei E ein normierter Raum, I
eine nicht-leere Menge und (Ei )i∈I eine Familie von Teilräumen von E. Dann gilt
µD[
E¶ X
(5.1)
d
Ei
≤
d(Ei ).
i∈I
i∈I
Sei Xi für alle i ∈ I eine erzeugende
Menge von Ei mit |Xi | = d(Ei ). Dann ist X :=
Beweis.
S
S
E
i
X
eine
erzeugende
Menge
von
h
i
i∈I
i∈I i und somit gilt
µD[
E¶
X
X
d
Ei
≤ |X| ≤
|Xi | =
d(Ei ).
i∈I
i∈I
i∈I
Satz 5.1.9 (d-Ungleichung für komplementierbare Teilräume). Seien E ein normierter Raum
und F ein komplementierbarer Teilraum. Dann gilt
(5.2)
d(F ) ≤ d(E).
Beweis. Sei E ohne Einschränkung unendlich-dimensional. Wähle eine stetige Projektion π von
E auf F . Dann gilt
d(F ) ≤ ∆(F ) = ∆π(E) ≤ ∆(E) = d(E).
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
72
5.2 Definition der Hilbertraum-Dimension
Wir erinnern zunächst an den folgenden Satz:
Satz 5.2.1. Sei H ein Hilbertraum. Dann besitzt H eine Orthonormalbasis B. Ist B eine solche
ONB von H, so ist H isometrisch isomorph (also als Hilbertraum isomorph) zum Hilbertraum
l2 (B).
Den Beweis, daß alle Orthonormalbasen eines Hilbertraumes H gleichmächtig sind, führe
ich, indem ich die Mächtigkeit einer jeden Orthonormalbasis mit der Größe ∆(H) vergleiche.
Die eine Richtung wird durch das folgende Lemma erledigt:
Lemma 5.2.2. Seien H ein Hilbertraum und B eine ONB von H. Dann gilt:
|B| ≤ ∆(H).
Beweis. Wähle eine dichte Teilmenge D von H mit |D| = ∆(H).
√
Der Abstand zweier verschiedener Elemente von B √
ist nach Pythagoras 2. Da D dicht ist,
gibt es zu allen e ∈ B ein de ∈ D mit ke − de k < 22 . Dies definiert eine Funktion d : B
−
→ D, e 7→ de .
Wir zeigen, daß d injektiv und B damit nicht
p mächtiger als D ist. Seien e1 , e2 ∈ B mit
e1 6= e2 . Dann gilt kde1 − e1 k , kde2 − e2 k < 1/2 nach Wahl von d. Andererseits gilt wegen
der Dreieicksungleichung nach unten:
kde2 − de1 k ≥ ke1 − de2 k − ke1 − de1 k
≥ ke2 − e1 k − ke2 − de2 k − ke1 − de1 k
p
√
2 − 2 1/2 = 0.
>
Also gilt insbesondere de2 6= de1 .
Jetzt können wir den folgenden Satz beweisen:
Satz 5.2.3. Seien H ein Hilbertraum. Dann gilt für jede Orthonormalbasis B von H die Gleichung |B| = d(H). Insbesondere haben je zwei Orthonormalbasen von H gleiche Mächtigkeit.
Beweis. Sei B eine Orthonormalbasis.
• Ist H endlich-dimensional, dann ist B eine algebraische Basis. Also gilt |B| = dim H =
d(H) nach Satz 5.1.6 Aussage 2..
• Ist H unendlich-dimensional dann gilt |B| ≤ ∆(H) = d(H) nach Lemma 5.2.2 und Satz
5.1.6 Aussage 3.. Andererseit ist B eine erzeugende Menge, also gilt auch d(H) ≤ |B|
nach der Definition von d(H).
Wegen des letzten Satzes ist sie folgende Definition möglich:
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
73
Definition 5.2.4 (Hilbertraum-Dimension). Für jeden Hilbertraum H sei die Hilbertraum-Dimension2 dim H definiert als die Mächtigkeit einer und damit aller seiner Orthonormalbasen.
Bemerkung 5.2.5. Es gilt nach Satz 5.2.3 für alle Hilberträume H:
dim H = d(H).
(5.3)
Satz 5.2.6 (Isomorphieklassen von Hilberträumen). Für zwei unendlich-dimensionale3 Hilberträume H und H 0 sind äquivalent:
1. H und H 0 sind unitär isomorph.
2. Es gibt eine stetige, bijektive, lineare Abbildung von H nach H 0 .
3. H und H 0 sind homöomorph.
4. dim H = dim H 0 .
Beweis. 1. ⇒ 2.: Klar.
2. ⇒ 3. folgt aus dem Satz von der offenen Abbildung.
3. ⇒ 4.: Sind H und H 0 homöomorph, so gilt:
dim H = d(H) = ∆(H) = ∆(H 0 ) = d(H 0 ) = dim H 0 .
4. ⇒ 1.: Wähle Orthonormalbasen B von H und B 0 von H 0 . Es ist H unitär isomorph zu
l2 (B, K) und H 0 zu l2 (B 0 , K). Es sind B und B 0 nach 4. gleichmächtig. Somit sind l2 (B, K) und
l2 (B 0 , K) unitär isomorph, also auch H und H 0 .
Mit der Hilbertraum-Dimension kann man zumindest für paarweise orthogonale Räume rechnen wie mit der algebraischen Dimension. Genauer gilt:
Korollar 5.2.7 (aus 4.2.12; Dimensionsformel). Sei eine nicht-leere Menge I und eine Familie
von Hilberträumen (Hi )i∈I gegeben. Dann gilt für jede Hilbertraum-Summe (H, ι) von (Hi )i∈I :
X
(5.4)
dim H =
dim Hi .
i∈I
Für die Dimension nicht-orthogonale Unterräume haben wir folgende Abschätzung.
Satz 5.2.8 (Dimensionsungleichung für Teilräume). Seien H ein Hilbertraum, I eine Menge
und (Hi )i∈I eine Familie von abgeschlossenen (nicht notwendigerweise paarweise orthogonalen)
Unterräumen von H. Dann gilt
E X
D[
Hi ≤
dim Hi .
(5.5)
dim
i∈I
i∈I
Beweis. Dies folgt aus der Ungleichung 5.1 wegen Gleichung 5.3.
2
Wenn es um Hilberträume geht, dann ist im folgenden, wenn nichts weiteres gesagt wird, mit Dimension bzw.
dim die Hilbertraum-Dimension (und nicht die algebraische) gemeint.
3
Dieser Satz ist zwar auch für endlich-dimensionale Räume wahr, allerdings ist dann 3. ⇒ 4. alles andere als
trivial.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
74
5.3 Orthogonalzerlegungen
Im Zerlege-Lemma geht es darum, einen Hilbertraum in orthogonale Teilräume zu zerlegen.
Begrifflich nähern wir uns dem mit der folgenden Definition:
Definition 5.3.1 (Orthogonalzerlegung). Sei H ein Hilbertraum. Dann nennen wir (Hi )i∈I eine
Orthogonalzerlegung (oder orthogonale Zerlegung) von H, wenn I eine nicht-leere Menge
ist, {0} 6= Hi für alle i ∈ I gilt und H die innere Hilbertraum-Summe von (Hi )i∈I ist, wenn also
gilt:
²¯
H = ±°
i∈I Hi .
Bemerkung 5.3.2. Sei H ein Hilbertraum. Dann bildet (E, E ⊥ ) für jeden abgeschlossenen Unterraum {0} < E < H eine orthogonale Zerlegung von H.
In unendlich-dimensionalen Hilberträumen treffen wir auf das bemerkenswerte Phänomen,
daß man solche Räume in orthogonale Unterräume zerlegen kann, die jeweils zum Ausgangsraum isomorph sind. Dies fassen wir mit dem folgenden Begriff.
Definition 5.3.3 (Teilung, Halbierung). Sei H ein Hilbertraum. Dann ist eine Teilung von H
eine orthogonale Zerlegung (Hi )i∈I , wobei Hi für alle i ∈ I zu H isomorph ist. Die Mächtigkeit
von I nennen wir dabei die Anzahl der Teile von (Hi )i∈I . Eine Teilung von H in zwei Teile
nennen wir Halbierung von H.
Bemerkung 5.3.4. Sei H ein Hilbertraum und B eine Orthonormalbasis von H. Dann entspricht
jeder Partition von B in offensichtlicher Weise eine Orthogonalzerlegung von H. Hieraus ergibt
sich der folgende Satz.
Satz 5.3.5. Sei H ein unendlich-dimensionaler Hilbertraum und 0 < κ ≤ dim H. Dann gibt es
eine Teilung von H in κ Teile.
Beweis. Dies folgt aus κ dim H = dim H.
Korollar 5.3.6. Sei H ein unendlich-dimensionaler Hilbertraum. Dann gibt es eine Halbierung
von H, d.h. wir finden ein Paar (H1 , H2 ) von Unterräumen von H mit H = H1 h H2 und der
Eigenschaft, daß H1 , H2 und H isomorph sind.
Korollar 5.3.7. Sei H ein unendlich-dimensionaler Hilbertraum. Dann gibt es eine Teilung von
H in ℵ0 Teile, d.h. wir finden eine Folge (Hn )n∈N von Unterräumen von H mit H = kn∈N Hn
und der Eigenschaft, daß für jedes n ∈ N der Raum Hn zu H isomorph ist.
5.4 Die Ko-Dimension
Im Rahmen des Beweises des Zerlege-Lemmas gehen wir nicht nur mit Dimensionen, sondern
auch mit der Ko-Dimension von Unterräumen um. Hierzu definieren wir:
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
75
Definition 5.4.1 (Ko-Dimension). Sei H ein Hilbertraum und H 0 ein Unterraum. Dann ist die
Ko-Dimension von H 0 (in H) definiert als die Hilbertraum-Dimension von (H 0 )⊥ . Sie wird
abgekürzt mit codim H 0 .
Bemerkung 5.4.2. Nach der obigen Dimensionsformel (5.4) gilt für abgeschlossene Unterräume
H 0 eines Hilbertraumes H offenbar
dim H 0 + codim H 0 = dim H.
Bemerkung 5.4.3. Ist H ein unendlich-dimensionaler Hilbertraum und H 0 ein abgeschlossener
Unterrraum von H mit codim H 0 < dim H, dann ist H 0 isomorph zu H.
Beweis. Es gilt
dim H = dim H 0 + codim H 0 = max{dim H 0 , codim H 0 } = dim H 0 .
Also sind H und H 0 isomorph.
Die Dimensions-Ungleichung (5.5) kann man für die Ko-Dimension folgendermaßen umformulieren:
Satz 5.4.4 (Ko-Dimensions-Ungleichung). Seien H ein Hilbertraum und (Hi )i∈I eine Familie
von abgeschlossenen Unterräumen über einer nicht-leeren Menge I. Dann gilt
\
X
(5.6)
codim
Hi ≤
codim Hi .
i∈I
i∈I
Beweis. Aus den Eigenschaften von ⊥ folgt
\
Hi =
i∈I
\
(Hi⊥ )⊥
=
³[
i∈I
i∈I
Hi⊥
´⊥
.
Bilden wir nun auf beiden Seiten das orthogonale Komplement, so erhalten wir
³\
´⊥ D [
E
Hi
=
Hi⊥ .
i∈I
Nun gilt
codim
\
und mit (5.5):
dim
i∈I
Hi = dim
D[
i∈I
i∈I
³\
i∈I
Hi
´⊥
= dim
D[
i∈I
Hi⊥
E
E X
X
dim Hi⊥ =
codim Hi .
Hi⊥ ≤
i∈I
i∈I
Wenn wir nicht zu viele Räume endlicher Ko-Dimension schneiden, dann behalten wir noch
etwas großes über. Diese Überlegung formalisieren wir in dem folgenden Korollar:
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
76
Korollar 5.4.5. Sei H ein unendlich-dimensionaler Hilbertraum und I eine nicht-leere Menge. Sei (Hi )i∈I eine Familie
Tendlich-ko-dimensionaler abgeschlossener Unterräume von H. Gilt
0
|I| < dim H, so ist H := i∈I Hi zu H isomorph.
Beweis. Wir zeigen codim H 0 < dim H.
Ist dim H = ℵ0 , so ist I endlich. Somit ist H 0 als endlicher Schnitt endlich-ko-dimensionaler
Räume endlich-ko-dimensional.
Ist dim H > ℵ0 , so gilt
X
X
codim H 0 ≤
codim Hi ≤
ℵ0 = |I| ℵ0 = ℵ0 < dim H.
i∈I
i∈I
Kapitel 6
Beweise der Lemmata aus Abschnitt 1.4
In den letzten beiden Kapiteln wurden die Begriffe Hilbertraum-Summe und Hilbertraum-Dimension bereitgestellt. Nun können wir die Lemmata aus Abschnitt 1.4 beweisen und damit den
Beweis des Satzes von Kuiper komplettieren. Bei einigen Beweisen wird von den Techniken
aus den letzten beiden Kapiteln starker Gebrauch gemacht, so etwa beim Zerlege-Lemma. Eine Ausnahme bildet das Dreh-Lemma, da der Beweis ganz ohne Rückgriff auf Ergebnisse der
vorangegangenen Kapitel auskommt.
6.1 Beweis des Füge-Lemmas (Lemma 1.4.2)
In diesem Abschnitt benutze ich die Notation und die Ergebnisse von Kapitel 4. Dies macht es
einfach, genauere Resultate als das Füge-Lemma zu erzielen, und zwar für beliebige Hilbertraum-Summen. Daher könnnen wir die hier vorgestellten Resultate auch gut beim Beweis des
Untergruppen-Lemmas benutzen.
Definition 6.1.1 (gleichgradig stetig). Sei X ein topologischer Raum, I eine nicht-leere Menge
und ((Xi0 , d0i ))i∈I eine Familie von metrischen Räumen. Für jedes i ∈ I sei eine Funktion hi : X
−
→ Xi gegeben. Sei x ∈ X. Dann heißt die Familie (hi )i∈I gleichgradig stetig in x, wenn gilt
∀ε > 0 ∃U Umgebung von x ∀y ∈ U ∀i ∈ I : d0i (hi (x), hi (y)) < ε.
Die Familie (hi )i∈I heißt gleichgradig stetig, wenn sie in jedem Punkt von X gleichgradig stetig
ist.
Generalvoraussetzung 6.1.2. Seien H und H0 Familien von Hilberträumen. Seien H und H 0
Hilbertraum-Summen dazu. Sei ferner X ein topologischer Raum. Sei für jedes i ∈ I eine Funktion hi : X −
→ L(Hi , Hi0 ) gegeben
Satz 6.1.3 (Zusammenfügen in L(H, H 0 )). Die Familie (hi )i∈I habe die folgenden Eigenschaften:
1. ∀x ∈ X : (hi (x))i∈I ∈ L∞ (H, H0 ).
77
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
78
2. Die Familie (hi )i∈I ist gleichgradig stetig.
Dann sind die Funktionen
h̃ : X −
→ L∞ (H, H0 ), x 7→ (hi (x))i∈I ,
und
h:X−
→ L(H, H 0 ), x 7→ l2−
M
hi (x),
i∈I
wohldefiniert und stetig.
Beweis. Nach der ersten Bedingung ist h̃ wohldefiniert. Die Funktion h̃ ist definitionsgemäß
genau dann stetig in x ∈L
X, wenn die Familie (hi )i∈I gleichgradig stetig in x ist. Also ist h̃ stetig
und somit auch h = l2− ◦h̃ als Hintereinanderausführung stetiger Funktionen.
Bemerkung 6.1.4. Im Falle, daß wir im letzten Satz innere Hilbertraum-Summen vorliegen haben, ist h eine Funktion mit der Eigenschaft, daß gilt:
∀x ∈ X ∀i ∈ I : h(x)|Hi = hi (x).
Satz 4.2.21 impliziert nun die beiden folgenden Aussagen:
Satz 6.1.5 (Zusammenfügen in GL(H, H 0 )). Die Familie (hi )i∈I habe die folgenden Eigenschaften:
1. ∀x ∈ X : (hi (x))i∈I ∈ GL∞ (H, H0 ).
2. Die Familie (hi )i∈I ist gleichgradig stetig.
Dann gilt zusätzlich zur Konklusion von Satz 6.1.3: h̃(X) ⊆ GL(H, H0 ) und somit h(X) ⊆
GL(H, H 0 ).
Satz 6.1.6 (Zusammenfügen in U(H, H 0 )). Die Familie (hi )i∈I habe die folgenden Eigenschaften:
1. ∀x ∈ X : (hi (x))i∈I ∈ U(H, H0 ).
2. Die Familie (hi )i∈I ist gleichgradig stetig.
Dann gilt zusätzlich zur Konklusion von Satz 6.1.3: h̃(X) ⊆ U(H, H0 ) und somit h(X) ⊆
U(H, H 0 ).
Aus den letzten beiden Sätzen folgt nun sofort das Füge-Lemma 1.4.2.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
79
6.2 Beweis des Zerlege-Lemmas (Lemma 1.4.3)
Lemma (Zerlege-Lemma). Sei H ein unendlich-dimensionaler Hilbertraum, d ∈ N und U ein
d-dimensionaler Teilraum von L(H) mit IdH ∈ U . Dann gibt es
1. eine Menge I der Mächtigkeit dim H,
2. eine Familie (Ei )i∈I von d+1-dimensionalen und paarweise orthogonalen Unterräumen
von H und
3. eine Familie (ai )i∈I von Einheitsvektoren in H so, daß für alle i ∈ I
U ai ⊆ Ei
und somit insbesondere ai ∈ Ei gilt.
Der hier vorgestellte Beweis dieses Lemmas beruht wesentlich auf dem Rechnen mit Hilbertraum-Dimensionen. Die notwendigen Rechenregeln für die Hilbertraum-Dimension finden sich
in Abschnitt 5.2, Rechenregeln für unendliche Kardinalzahlen sind in Anhang B aufgeführt.
Generalvoraussetzung 6.2.1. Sei im folgenden H ein unendlich-dimensionaler Hilbertraum,
d ∈ N und U ein d-dimensionaler Teilraum von L(H) mit IdH ∈ U .
Vorüberlegungen zum Beweis des Zerlege-Lemmas
Notation 6.2.2. Für jede Teilmenge T von H setze
\
U −1 (T ) :=
ϕ−1 (T ),
ϕ∈U
das heißt U −1 (T ) besteht aus all jenen Elementen von H, die unter allen Elementen von U nach
T hinein abgebildet werden.
Lemma 6.2.3. Sei T ⊆ H.
1. Ist T abgeschlossen, so ist auch U −1 (T ) abgeschlossen.
2. Ist T ein Untervektorraum von H so ist U −1 (T ) auch ein Untervektorraum.
3. Ist T ein abgeschlossener Untervektorraum, so ist auch U −1 (T ) einer, und es gilt die Formel
(6.1)
codim U −1 (T ) ≤ d · codim T.
Beweis.
1. Ist T abgeschlossen, so ist für jedes ϕ ∈ U der Raum ϕ−1 (T ) als Urbild einer
abgeschlossenen Menge unter einer stetigen Funktion abgeschlossen.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
80
2. Sei T ein Untervektorraum von H. Dann ist für jedes ϕ ∈ U die Menge ϕ−1 (T ) ein
Untervektorraum von H. Somit ist U −1 (T ) als Schnitt von Untervektorräumen auch ein
Untervektorraum.
3. Zum Beweis der Formel: Wir wählen uns eine Basis ϕ1 , . . . , ϕd von U . Dann gilt
U
−1
(T ) =
d
\
ϕ−1
i (T ).
i=1
Die Formel (6.1) folgt dann aus der Ko-Dimensionsformel (5.6), da für jedes i ∈ N≤d der
Raum ϕ−1
i (T ) eine Ko-Dimension von höchstens codim T hat.
Eigentlicher Beweis
Wir führen den Beweis, indem wir das Lemma von Zorn benutzen. Sei M die Menge aller
Mengen von d + 1-dimensionalen, paarweise orthogonalen Unterräumen E von H, die einen
Einheitsvektor a mit U a ⊆ E enthalten. Diese Menge ist sicherlich nicht leer, und jede Kette in
M hat in M eine obere Schranke, nämlich die Vereinigung über die Kette.
Somit enthält M nach dem Lemma von Zorn ein maximales Element, sagen wir I. Zu zeigen
ist
dim H = |I| .
Angenommen |I| < dim H. Definiere die innere Hilbertraum-Summe
²¯
Ẽ := ±°
E∈I E ≤ H.
Da dim H unendlich ist, gilt (d + 1) |I| < dim H und somit
dim Ẽ
Formel (5.4)
=
X
dim E = (d + 1) |I| < dim H.
E∈T
Setze
³ ´
R := U −1 Ẽ ⊥ .
Es gilt
³ ´
codim Ẽ ⊥ = dim Ẽ < dim H
und somit nach Ungleichung (6.1):
³ ´
codim R ≤ d codim Ẽ ⊥ = d dim Ẽ < dim H.
Insbesondere sind Ẽ ⊥ und R unendlich-dimensional.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
81
Da R unendlich-dimensional ist, finden wir einen Einheitsvektor ã ∈ R. Definitionsgemäß
gilt U ã ⊆ Ẽ ⊥ . Da Ẽ ⊥ unendlich-dimensional ist, finden wir einen d+1-dimensionalen Teilvektorraum E 0 von Ẽ ⊥ mit U ã ⊆ E 0 . Da IdH ∈ U gilt, folgt ã ∈ U ã ⊆ E 0 . Die Menge I ∪ {E 0 } ist
ein Element von M.
Dies widerspricht aber der Maximalität von I, also folgt |I| = dim H.
Aus jedem E ∈ I wähle nun einen Einheitsvektor aE mit U aE ⊆ E. Die Menge I und die
Familien (E)E∈I und (aE )E∈I haben dann die im Lemma verlangten Eigenschaften.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
82
6.3 Beweis des Dreh-Lemmas (Lemma 1.4.4)
Es wird nun die folgende Aussage bewiesen:
Lemma (Dreh-Lemma). Sei E ein Hilbertraum und F ein echter, abgeschlossener Unterraum.
Sei a ∈ S(F ). Dann gibt es eine Homotopie
g : [0, 1] × S(F ) −
→ U(E)
derart, daß für alle f ∈ S(F ) gilt:
g0 (f ) = IdE
und
g1 (f )f = a.
Für den Beweis dieses Lemmas gibt es mehrere verschiedene Techniken. Kuiper formuliert
dieses Lemma zwar nicht explizit, aber man kann mit seiner Beweistechnik unter Verwendung
von Sinus und Cosinus und dem Zusammensetzen von darüber definierten Drehungen das DrehLemma herleiten.
Illusie hat dieses Lemma zwar in ähnlicher Weise formuliert, beweist es aber mit einem
allgemeinen Argument über Hauptfaserbündel. 1
Ich möchte einen anderen Ansatz wählen, bei dem ich zwar die Homotopie g konkret angebe,
jedoch nur wenige, kurze und einfache Rechnungen durchzuführen habe. Mein Beweis beruht auf
elementaren Eigenschaften der Exponentialfunktion. Wir werden die Abbildung g, oder genauer
eine Hilfsabbildung We , auf der Lie-Algebren-Seite – also in u(E) – definieren, und dann mit
der Exponentialfunktion in die Gruppe U(E) transportieren.
6.3.1 Die Lie-Algebra u(A)
Zunächst gebe ich die Lie-Algebra u(A) an, die eng mit der Gruppe U(A) verknüpft ist:
Definitionssatz 6.3.1 (die Lie-Algebra u(A)). Sei A eine unitale C ∗ -Algebra. Definiere
u(A) := {a ∈ A | a∗ = −a}.
Dann ist u(A) eine reelle Teil-Lie-Algebra von (A, [, ]) und es gilt
exp(u(A)) ⊆ U(A).
Ist H ein Hilbertraum, so bezeichne u(L(H)) mit u(H).
Illusie formuliert in [Ill65] das Lemma nur für endlich-dimensionale Hilbertäume E und Hyperebenen F . Sein
Beweis lautet wie folgt (wobei Illsuie in Homotopien die Zeit in die zweite Variable schreibt und seine Homotpie f
meiner Homotopie g entspricht):
1
Considérons le fibré principal p : U(E) −
→ S(E) défini par p(u) = u−1 (a).
0
Soit S(E) le complémentaire dans S(E) d’un point de S(E) non situé
sur F . Alors S(E)0 est contractile et contient S(F ). Il existe donc,
d’une part une section continue s de p au-dessus de S(E)0 telle que
s(a) = IE , et d’autre part une application continue r : S(F ) × [0, 1]
−
→ S(E 0 ) telle que r(x, 0) = a et r(x, 1) = x pour tout x ∈ S(F ).
L’application f = sr : S(F ) × [0, 1] −
→ U(E) répond alors à la question.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
83
Beweis. Als Übereinstimmungsmenge zweier stetiger reell-linearer Abbildungen ist u(A) ein
abgeschlossener reeller Teilraum von A. Ferner gilt für alle a, b ∈ u(A):
[a, b]∗ = (ab − ba)∗ = b∗ a∗ − a∗ b∗ = ba − ab = −[a, b].
Somit ist u(A) ein Teil-Lie-Algebra. Sei nun a ∈ u(A). Dann gilt
exp(a)∗ = exp(a∗ ) = exp(−a) = (exp(a))−1 .
Also folgt exp(a) ∈ U(A).
6.3.2 Kipp- und Wickel-Abbildungen
Nun wollen wir zuerst eine paar einfache Elemente von U(E) für jeden Hilbertraum E angeben.
Die folgende Definition brauchen wir später nur für den Fall, daß e und f orthogonale Einheitsvektoren sind. Sich in der Definition auf diesen Fall einzuschränken, machte sie allerdings nicht
einfacher:
Definitionssatz 6.3.2 (die Kipp-Abbildung Kippe−
→f ). Sei E ein Hilbertraum. Definiere für
alle e, f ∈ E:
Kippe−
→ E, g 7→ hg, eif − hg, f ie.
→f : E −
Seien e, f, f 0 ∈ E.
1. Sind e und f orthogonale Einheitsvektoren, so gilt
Kippe−
→f (e) = f
und
Kippe−
→f (f ) = −e.
2. Es gilt Kippe−
→f ∈ u(E).
3. Es gilt die Ungleichung
°
°
0
°Kippe−
(6.2)
→f − Kippe−
→f 0 ° ≤ 2 kek kf − f k .
Beweis.
1. Durch Einsetzen.
0
2. Offenbar ist Kippe−
→f linear und stetig. Seien g, g ∈ E. Dann gilt
­
®
0
Kippe−
= hhg, eif − hg, f ie, g 0 i
→f g, g
= hg, eihf, g 0 i − hg, f ihe, g 0 i
= hg, hf, g 0 iei − hg, he, g 0 if i
= hg, hg 0 , f iei − hg, hg 0 , eif i
­
®
0
= g, − Kippe−
→f g .
Also gilt Kippe−
→f ∈ u(E).
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
84
3. Sei g ∈ E. Dann gilt
°
°
0
0
°Kippe−
→f (g) − Kippe−
→f 0 (g)° = khg, ei(f − f ) − hg, f − f iek
≤ khg, ei(f − f 0 )k + khg, f − f 0 iek
≤ 2 kek kf − f 0 k kgk .
Wir führen einige Hilfsabbildungen ein:
Definition 6.3.3 (die Abbildungen pe , we und We ). Sei E ein Hilbertraum und e ∈ S(E). Setze
F := e⊥ . Definiere die Wickel-Abbildungen
we : R × S(F ) −
→ S(E), (t, f ) 7→ cos t e + sin t f
und
¡
¢
We : R × S(F ) −
→ U(E), (t, f ) 7→ exp t Kippe−
→f .
Definiere ferner
pe : L(E) −
→ E, ϕ 7→ ϕ(e).
Lemma 6.3.4 (Eigenschaften von we und We ). Sei E ein Hilbertraum und e ∈ S(E). Setze
F := e⊥ . Dann gilt
1. we und We sind stetige, nach der ersten Variablen unendlich oft differenzierbare Abbildungen.
2. We ist ein Gruppenhomomorphismus bezüglich der ersten Komponente. Insbesondere gilt
We (0, f ) = IdE für alle f ∈ S(F ).
3. Es gilt
we = pe ◦ We .
Das folgende Diagramm ist also kommutativ:
U(E)
µ
¡
¡
¡
¡
pe
We ¡
¡
¡
¡
R×S(F )
4. Ferner gilt für alle f ∈ S(F )
we
und somit
We
we
³π
³π
2
?
- S(E)
´
,f = f
´
, f (e) = f.
2
Bevor wir diese Eigenschaften beweisen, möchte ich zunächst zeigen, wie man das DrehLemma auf die hier aufgelisteten Aussagen zurückführen kann:
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
85
6.3.3 Beweis des Dreh-Lemmas aus Lemma 6.3.4
Sei E ein Hilbertraum und F ein echter, abgeschlossener Unterraum von E. Sei a ∈ S(F ).
Wähle einen Einheitsvektor e ∈ F ⊥ . Ohne Einschränkung sei F = e⊥ , da man für kleinere Untervektorräume F die gesuchte Abbildung dann durch Einschränken der gefundenen Abbildung
g gewinnen kann.
Setze nun
³π ´
³ π
´
g : [0, 1] × S(F ) −
→ U(E), (t, f ) 7→ We
t, a ◦ We − t, f .
2
2
Diese Abbildung ist offenbar stetig. Ferner gilt für alle f ∈ S(f ):
g0 (f ) = We (0, a) ◦ We (0, f ) = Id2E = IdE
und
µ
g1 (f )(f ) =
We
³π
2
´
, a ◦ We
³π
2
,f
´−1 ¶
(f ) = We
³π
´
³π ´
, a (e) = we
, a = a.
2
2
6.3.4 Beweis des Lemmas 6.3.4
Sei E ein Hilbertraum und e ∈ S(E). Setze F := e⊥ .
1. Die Stetigkeit von We ergibt sich aus Ungleichung (6.2). Die anderen Aussagen sind klar.
2. Dies folgt aus den Eigenschaften der Exponentialfunktion.
3. Hierfür bieten sich zwei Beweise an. Der erste zeigt für alle f ∈ S(F ) die Gleichung
Kipp2e−
→f = −πHf ,
wobei Hf der Untervektorraum von E, der durch e und f aufgespannt wird, und πHf
die orthogonale Projektion von E auf Hf ist. Nun folgert man durch Einsetzen in die
Exponentialreihe für alle t ∈ R und f ∈ S(F ) die Formel
¡
¢
We (t, f ) = IdHf⊥ ⊕ cos t IdHf + sin t Kippe−
→f |Hf .
Anwenden von pe zeigt we = pe ◦ We .
Eleganter geht es mit Differentialgleichungen. Sei f ∈ S(F ) fixiert. Wir zeigen nun, daß
we (·, f ) und pe (We (·, f )) dasselbe lineare Anfangswertproblem lösen, so daß wir die Formel we = pe ◦ We aus dem Eindeutigkeitssatz für solche Lösungen erhalten.
Es gilt einerseits für alle t ∈ R
∂
we (t, f ) = − sin t e + cos t f = Kippe−
→f (we (t, f )),
∂t
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
andererseits gilt
µ
¶
d
∂
(pe ◦ We )(t, f ) = pe
We (t, f )
∂t
dt
¢
¡
= pe Kippe−
→f ◦We (t, f )
= Kippe−
→f ((pe ◦ We )(t, f )).
Darüberhinaus gilt
we (0, f ) = e = IdE (e) = We (0, f )(e) = pe (We (0, f )).
Somit folgt we = pe ◦ We .
4. Ist dann klar.
86
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
87
6.4 Beweis des Untergruppen-Lemmas (Lemma 1.4.7)
In diesem Abschnitt werde ich das Lemma 1.4.7 beweisen:
Lemma (Untergruppen-Lemma). Sei H ein unendlich-dimensionaler Hilbertraum und sei H 0
ein abgeschlossener Unterraum von H mit dim H 0 = dim H. Dann ist GL(H)H 0 in GL(H)
zusammenziehbar.
Vorüberlegungen zum Beweis des Untergruppen-Lemmas
Zum Beweis des Lemmas bedarf es einiger Vorbereitungen, die wir in den zwei folgenden Lemmata erledigen.
Lemma 6.4.1. Sei H ein Hilbertraum und (H1 , H2 ) eine orthogonale Zerlegung von H. Dann
ist GL (H1 ) ⊕ {IdH2 }, womit ich hier die Menge {ϕ ⊕ IdH2 : ϕ ∈ GL (H1 )} meine, ein strenger
Deformationsretrakt von GL(H)H2 .
Beweis.
topie
h
µ
ϕ11
ϕ21
Es ist GL (H1 ) ⊕ {IdH2 } eine Teilmenge von GL(H)H2 . Wir definieren eine Homo: [0, 1]
→ GL(H)H2 , indem wir für jedes t ∈ [0, 1] und jedes ϕ :=
¶ × GL(H)H2 −
0
∈ GL(H)H2 setzen:
IdH2
µ
¶
ϕ11
0
h(t, ϕ) :=
.
(1 − t)ϕ21 IdH2
Ohne Rückgriff auf die Matrixschreibweise können wir h angeben, indem wir für jedes i ∈ {1, 2}
mit πi die Orthogonalprojektion von H auf Hi bezeichnen und dann schreiben
h(t, ϕ) = π2 + π1 ◦ ϕ ◦ π1 + (1 − t)π2 ◦ ϕ ◦ π1 .
Offenbar ist h stetig, und es gilt h0 = IdGL(H)H2 und h1 (GL(H)H2 ) ⊆ GL (H1 ) ⊕ {IdH2 }.
Also ist h eine Deformation von GL(H)H2 nach GL (H1 ) ⊕ {IdH2 }. Sei t ∈ [0, 1] und ϕ ∈
GL (H1 ) ⊕ {IdH2 }. Dann gilt
h(t, ϕ) = ϕ.
Also ist h eine strenge Retraktionsdeformation.
Lemma 6.4.2. Sei H ein Hilbertraum. Dann ist die Abbildung2
δH := δ :
[0, π/2] × L(H) × L(H) −
→ L(H ⊕ H);
µ
¶µ
¶µ
¶µ
¶
ϕ 0
cos t sin t
IdH 0
cos t − sin t
(t, ϕ, ψ) 7→
0 IdH
− sin t cos t
0 ψ
sin t cos t
stetig und hat die folgenden Eigenschaften:
Man beachte, daß hier und im folgenden für jedes λ ∈ K statt λIdH auch schlicht λ geschrieben wird, falls
dadurch keine Unklarheiten entstehen.
2
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
88
• Für alle ϕ, ψ ∈ L(H) gilt
µ
δ(0, ϕ, ψ) =
µ
und
δ(π/2, ϕ, ψ) =
ϕ 0
0 ψ
ϕψ 0
0 IdH
¶
=ϕ⊕ψ
¶
= ϕψ ⊕ IdH .
• Es gilt
δ ([0, π/2] × GL(H) × GL(H)) ⊆ GL(H ⊕ H).
Beweis. Die Stetigkeit von δ ist offensichtlich. δ0 und δπ/2 errechnet man durch Einsetzen. Sind
nun t ∈ [0, π/2] und ϕ, ψ ∈ GL(H), so sind alle vier, in der Definitionsgleichung von δ auftretenden Matrizen jeweils invertierbar, also auch ihr Produkt.
Beweis des Untergruppen-Lemmas
Sei H ein unendlich-dimensionaler Hilbertraum und sei H 0 ein abgeschlossener Unterrraum von
H mit dim H 0 = dim H.
Als erstes klären wir, daß wir annehmen können, daß auch dim(H 0 )⊥ = dim H gilt, daß also
((H 0 )⊥ , H 0 ) eine Halbierung3 von H ist. Wähle nämlich orthogonale abgeschlossene Unterräume
K und H̃ 0 von H 0 mit dim H 0 = dim K = dim H̃ 0 und
H 0 = K h H̃ 0 ,
also eine Halbierung von H 0 . Dann gilt
(H̃ 0 )⊥ := (H 0 )⊥ h K.
Es gilt (H̃ 0 )⊥ = dim(H 0 )⊥ + dim K = dim H 0 , und somit ist ((H̃ 0 )⊥ , H̃ 0 ) eine Halbierung von
H mit H 0 ⊇ H̃ 0 . Es folgt GL(H)H 0 ≤ GL(H)H̃ 0 . Ist GL(H)H̃ 0 in GL(H) zusammenziehbar, so
auch der Teilraum GL(H)H 0 .
Ab jetzt gelte also dim(H 0 )⊥ = dim H. Setze H1 := (H 0 )⊥ . Da H 0 unendlich-dimensional
ist, finden wir mit Korollar 5.3.7 eine orthogonale Zerlegung (Hn )n∈N≥2 von H 0 derart, daß für
jedes n ∈ N≥2 der Raum Hn zu H 0 (und damit zu H und H1 ) isomorph ist. Es gilt also
²¯
H = ±°
n∈N Hn
und
²¯
H 0 = ±°
n∈N≥2 Hn .
Wegen Lemma 6.4.1 müssen wir nur zeigen, daß wir GL(H1 ) ⊕ {IdH 0 } in GL(H) zusammenziehen können.
3
Vergleiche Definition 5.3.3.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
89
Sei H̃ ein weiterer zu H isomorpher Hilbertraum. Sei Jn für jedes n ∈ N ein isometrischer
Isomorphismus von H̃ nach
L Hn . Für jedes n ∈ N bezeichnen ιn die kanonische Injektion des
n-ten Summanden in l2− n∈N H̃.
Die Hilbertraum-Summe J der Familie (Jn )n∈N von unitären
L Abbildungen ist ein isometrischer Isomorphismus von der äußeren Hilbertraum-Summe l2− n∈N H̃ auf die innere HilbertraumSumme H = k n∈N Hn , der ιn (H̃) auf H
Da
genau
³ L
´ dann
³ n abbildet.
´ GL(H)H 0 offensichtlich
L
es in GL l2− n∈N H̃ ist, könzusammenziehbar in GL(H) ist, wenn GL l2− n∈N H̃
J(H 0 )
L
nen wir ohne Einschränkung annehmen, daß H = l2− n∈N H̃ und Hn = ιn (H̃) für jedes n ∈ N
gilt.
Heuristik:
Jedes Element von GL (H1 ) h {IdH 0 } läßt sich folgendermaßen für ein geeignetes ϕ ∈ GL(H̃)
als Matrix darstellen:


ϕ 0
0
0 ···
 0 Id
0
0 ··· 
H̃


 0 0 Id

0
·
·
·

.
H̃
 0 0

Id
·
·
·
0
H̃


..
..
..
..
...
.
.
.
.
In einem ersten Schritt wollen wir synchron jede solche Matrix in die Matrix


ϕ 0 0 0 ···
 0 ϕ−1 0 0 · · · 


 0 0 ϕ 0 ··· 


 0 0 0 ϕ−1 · · · 


..
..
..
..
...
.
.
.
.
überführen, in einem zweiten Schritt dann in die Matrix

IdH̃ 0
0
0
 0 Id
0
0
H̃

 0
0
Id
0

H̃
 0
0
0 IdH̃

..
..
..
..
.
.
.
.
···
···
···
···
..
.




.


Hierbei benutzen wir die Drehabbildung δH̃ , um die Summanden von H zu verdrehen. Es
wird im ersten Schritt der zweite mit dem dritten, der vierte mit fünften etc. Summanden verdreht,
im zweiten Schritt der erste mit dem zweiten, der dritte mit dem vierten etc..
Expilzite Konstruktion:
Bezeichne mit κ1 bzw. κ2 die kanonische Injektion des ersten bzw. zweiten Summanden in die
äußere direkte Summe H̃ ⊕ H̃.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
90
Setze
F1 := H̃
und für alle n ∈ N≥2
Fn := H̃ ⊕ H̃.
L
Sei F := l2−
Setze nun
n∈N
Fn . Für alle n ∈ N bezeichne fn die kanonische Injektion von Fn nach F .
ιF1 := f1
und für alle n ∈ N:
ιF2n := fn+1 ◦ κ1
und
ιF2n+1 := fn+1 ◦ κ2 .
Der Raum F zusammen mit der Familie (ιFn )n∈N ist eine Hilbertraum-Summe von (H̃)n∈N . Sei
also JF : H −
→ F die4 unitäre Abbildung mit der Eigenschaft, daß für alle n ∈ N gilt:
ιFn = JF ◦ ιFn .
Wir definieren nun eine Familie von Dreh-Abbildungen:
Setze
h01 : [0, π/2] × GL(H̃) −
→ GL(F1 ), (t, ϕ) 7→ ϕ
und für alle n ∈ N≥2 5 :
h0n : [0, π/2] × GL(H̃) −
→ GL (Fn ) , (t, ϕ) 7→ δH̃ (π/2 − t, ϕ−1 , ϕ).
Diese Familie ist offenbar gleichgradig stetig und erfüllt die Bedingungen von Satz 6.1.5. Zusätzlich gilt für alle n ∈ N≥2 und alle ϕ ∈ GL(H̃):
¡
¢
h0n (0, ϕ) = ϕ−1 ◦ ϕ ⊕ IdH̃ = IdH̃ ⊕ IdH̃
sowie
h0n (π/2, ϕ) = ϕ−1 ⊕ ϕ.
Somit ist
h0 : [0, π/2] × GL(H̃) −
→ GL(H), (t, ϕ) 7→ JF−1 ◦ l2−
M
n∈N
wohldefiniert und stetig, und es gilt für alle ϕ ∈ GL(H̃):
M
h0 (0, ϕ) = l2−
(ϕ, IdH̃ , IdH̃ , . . .)
n∈N
4
5
Zur Existenz und Eindeutigkeit einer solchen Abbildung siehe Satz 4.2.23.
Zur Definition von δH̃ siehe Lemma 6.4.2.
h0n (t, ϕ) ◦ JF ,
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
91
sowie
h0 (π/2, ϕ) = l2−
M
(ϕ, ϕ−1 , ϕ, ϕ−1 , . . .).
n∈N
Setze für alle n ∈ N
L
Gn := H̃ ⊕ H̃.
Sei G := l2− n∈N Gn . Für alle n ∈ N bezeichne gn die kanonische Injektion von Gn nach G.
Setze nun für alle n ∈ N:
ιG
2n−1 := gn ◦ κ1
und
ιG
2n := gn ◦ κ2 .
Der Raum G zusammen mit der Familie (ιG
n )n∈N ist eine Hilbertraum-Summe von (H̃)n∈N . Sei
6
also JG : H −
→ G die unitäre Abbildung mit der Eigenschaft, daß für alle n ∈ N gilt:
G
ιG
n = JG ◦ ιn .
Wir definieren nun wiederum eine Familie von Dreh-Abbildungen:
Setze für alle n ∈ N7 :
h00n : [0, π/2] × GL(H̃) −
→ GL (Gn ) , (t, ϕ) 7→ δH̃ (t, ϕ, ϕ−1 ).
Diese Familie ist offenbar gleichgradig stetig und erfüllt die Bedingungen von Satz 6.1.5. Zusätzlich gilt für alle n ∈ N≥2 und alle ϕ ∈ GL(H̃):
h00n (0, ϕ) = ϕ ⊕ ϕ−1
sowie
¡
¢
h00n (π/2, ϕ) = ϕ ◦ ϕ−1 ⊕ IdH̃ = IdH̃ ⊕ IdH̃ .
Somit ist
h00 : [0, π/2] × GL(H̃) −
→ GL(H), (t, ϕ) 7→ JG−1 ◦ l2−
M
n∈N
wohldefiniert und stetig, und es gilt für alle ϕ ∈ GL(H̃):
M
h00 (0, ϕ) = l2−
(ϕ, ϕ−1 , ϕ, ϕ−1 , . . .)
n∈N
sowie
h00 (π/2, ϕ) = l2−
M
(IdH̃ , IdH̃ , IdH̃ , . . .).
n∈N
6
7
Zur Existenz und Eindeutigkeit einer solchen Abbildung siehe Satz 4.2.23.
Zur Definition von δH̃ siehe Lemma 6.4.2.
h00n (t, ϕ) ◦ JG ,
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
92
Setze nun8
h : [0, 1] × GL(H1 ) ⊕ {IdH 0 } −
→ GL(H),
(
h0 (πt, J1−1 ◦ ϕ ◦ J1 ),
(t, ϕ ⊕ IdH 0 ) 7→
h00 (π(t − 1/2), J1−1 ◦ ϕ ◦ J1 ),
wenn t ∈ [0, 1/2]
wenn t ∈ [1/2, 1].
Dann ist diese Abbildung eine Kontraktion von GL(H1 ) ⊕ {IdH 0 } auf IdH in GL(H).
2
8
Zur Erinnerung: J1 ist ein isometrischer Isomorphismus von H̃ nach H1 .
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
93
6.5 Ein Alternativer Beweis des Zerlege-Lemmas
Es gibt eine zweite Möglichkeit, sich dem Zerlege-Lemma zu nähern. Ist nämlich der Raum H
separabel, so kann man die Anwendung des Lemmas von Zorn im Beweis durch einen Induktionsschluß ersetzen. Der Beweis wird dann darüber hinaus noch etwas einfacher, da man bei
der Abschätzung der Ko-Dimension von R nur wissen muß, daß Ẽ als endliche Summe endlichdimensionaler Räume endlich-dimensional ist.
Kuiper beschränkt sich bei seinem Beweis gänzlich auf den separablen Fall und gibt deshalb nur einen Beweis des Zerlege-Lemmas an, der dem im folgenden ersten Unterabschnitt
ähnlich ist. Illusie gibt zu Beginn seines Beweises ein Argument an, daß unserem Satz 6.5.15
entspricht, und behauptet, daß hiermit der allgemeine Satz auf den Satz von Kuiper für separables H zurückgeführt wäre. Es wird dabei nicht klar, wie genau die Reduktion verläuft. Ich habe
eine Möglichkeit gefunden, diese Reduktion durchzuführen, wobei mit Hilfe von Satz 6.5.15 das
Zerlege-Lemma für den allgemeinen Fall aus dem für den separablen hergeleitet wird. Im weiteren Verlauf des Beweises des Satzes von Kuiper, sowohl in der Version von Kuiper, als auch in
der von Illusie und in meiner, führt es zu keiner Vereinfachung, H als separabel vorauszusetzen.
6.5.1 Beweis des Zerlege-Lemmas im separablen Fall
Sei H separabel. Wir setzen I := N. Die Folge (En )n∈N definieren wir nun rekursiv. Wir wählen
uns einen beliebigen Einheitsvektor a1 ∈ H. Es ist U a1 höchstens d-dimensional, also finden
wir einen d+1-dimensionalen Oberraum E1 von U a1 , da H unendlich-dimensional ist.
Sei nun N ∈ N und setzen wir voraus, daß wir schon paarweise orthogonale, d+1-dimensionale Untervektorräume E1 , . . . , EN und für jedes n ∈ N≤N einen Einheitsvektor an ∈ En mit
U an ⊆ En gefunden haben.
Setze
²¯
N
Ẽ := ±°
n=1 En
und
R := U −1 (Ẽ ⊥ ).
Es ist Ẽ endlich-dimensional. Also sind Ẽ ⊥ und damit auch R endlich ko-dimensional und somit
unendlich-dimensional.
Somit finden wir insbesondere einen Einheitsvektor aN +1 ∈ R. Es gilt
U aN +1 ⊆ Ẽ ⊥ .
Wir finden dann einen d + 1-dimensionalen Oberraum EN +1 von U aN +1 in Ẽ ⊥ . Man beachte,
daß IdH ∈ U , also aN +1 ∈ U aN +1 ⊆ EN +1 gilt.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
94
6.5.2 Invariante Teilräume
Um den Reduktionsschritt von Illusie zu verstehen, bedarf es ein paar Vorüberlegungen zu invarianten Teilräumen. Hierbei greife ich die beiden Hilfsgrößen ∆ und d aus dem fünften Kapitel
wieder auf.
Generalvoraussetzung 6.5.1. Im folgenden sei E ein normierter Raum.
Definition 6.5.2. Sei M ⊆ L(E) und X ⊆ E. Dann definieren wir invM (X) als den kleinsten,
abgeschlossenen Teilraum von E, der X enthält und unter M invariant ist, also
\
invM (X) :=
{F ⊆ E : F ist abg., unter M invarianter Teilraum von E mit X ⊆ F } .
Es gibt zwei triviale Fälle, die wir nur am Rande betrachten:
Bemerkung 6.5.3. Sei M ⊆ L(E) und X ⊆ E.
• Ist M leer, so gilt invM (X) = hXi.
• Ist X leer, so gilt invM (X) = {0}.
Wir wollen den Raum invM (X) nun auch für nicht-triviale Fälle charakterisieren. Hierzu ein
paar Vorüberlegungen.
Definition 6.5.4. Sei M ⊆ L(E). Setze dann
M∞ := {IdE } ∪
∞
[
n=1
M
. . · M} .
| · .{z
k−mal
Lemma 6.5.5. Seien M ⊆ L(E) und X ⊆ E nicht leer. Dann ist M∞ · X die kleinste Teilmenge
von E, die X enthält und unter M invariant ist.
Lemma 6.5.6. Sei M ⊆ L(E) und X ⊆ E. Sei ferner X invariant unter M . Dann gilt:
1. X ist invariant unter M∞ .
2. Das Vektorraumerzeugnis hXi ist invariant unter dem unitalen Algebrenerzeugnis von M .
3. X ist invariant unter M .
Beweis.
1. Mit Induktion.
2. Das unitale Algebrenerzeugnis von M ist das Vektorraumerzeugnis von M∞ in L(E).
P
P
Sei also ni=1 λi xi eine Linearkombination von Elementen von X und kj=1 µj mj eine
Linearkombination von Elementen von M∞ . Dann gilt
!
!Ã n
à k
k X
n
X
X
X
µj λ i m j x i .
λ i xi =
µj mj
j=1
i=1
j=1 i=1
Da X unter M∞ , also insbesondere unter den mj , invariant ist, ist dies ein Element von
hXi.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
95
3. Es gilt M X ⊂ X. Da das Einsetzen in stetige lineare Abbildungen in beiden Variablen
stetig ist, folgt wegen der Berührpunkterhaltungseigenschaft stetiger Funktionen:
M · X ⊆ M X ⊆ X.
Korollar 6.5.7. Sei M ⊆ L(E) und X ⊆ E. Ist X ein abgeschlossener, unter M invarianter
Unteraum, so ist X auch unter der von M erzeugten abgeschlossenen, unitalen Teilalgebra von
L(E) invariant.
Satz 6.5.8 (Charakterisierung von invM (X)). Sei M ⊆ L(E) und X ⊆ E. Dann gilt
invM (X) = hM∞ · Xi.
Ferner ist invM (X) nicht nur unter M , sondern auch unter der von M erzeugten, abgeschlossenen unitalen Teilalgebra von L(E) invariant.
Beweis. Die Aussage ist trivial, wenn X oder M leer sind. Seien diese Mengen also ohne Einschränkung nicht leer.
„⊇“: Es ist M∞ · X die kleinste unter M invariante Teilmenge von E, die X enthält und unter
M invariant ist. Somit gilt M∞ · X ⊆ invM (X). Da invM (X) ein abgeschlossener Teilraum ist,
ist die Inklusion ⊇ gezeigt.
„⊆“: Die rechte Seite ist ein abgeschlossener Teilraum von E, der unter M invariant ist.
Die nachfolgende Überlegung könnte man für beliebige Mächtigkeiten in ähnlicher Weise
anstellen. Wir brauchen sie allerdings nur für separable Räume.
Korollar 6.5.9. Seien M ⊆ L(E) und X ⊆ E separabel. Dann ist invM (X) ein separabler
Teilraum von E.
0
Beweis. Seien M 0 bzw. X 0 abzählbare dichte Teilmengen von M bzw. X. Dann ist M∞
abzähl0
0
bar und dicht in M∞ . Ferner ist M∞ X abzählbar und dicht in M∞ X. Es ist also insbesondere
0 X 0 i. Es folgt
M∞ X enthalten in hM∞
0 X 0 i.
invM (X) = hM∞ Xi = hM∞
Somit ist invM (X) separabel nach Satz 5.1.6.
6.5.3 Invariante orthogonale Zerlegungen
Generalvoraussetzung 6.5.10. Sei H ein K-Hilbertraum.
Im Mittelpunkt des Reduktionsargumentes von Illusie steht die Existenz gewisser orthogonaler Zerlegungen. Wir gehen begrifflich daran heran:
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
96
Definition 6.5.11 (invariante orthogonale Zerlegung). Sei M ⊆ L(H). Dann nennen wir eine
orthogonale Zerlegung (Hi )i∈I eine M -invariante orthogonale Zerlegung von H, wenn für
jedes i ∈ I der Raum Hi unter M invariant ist.
Lemma 6.5.12. Sei M eine Teilmenge von L(H) und X eine Teilmenge von H. Sei ferner X
invariant unter M .
1. X ⊥ ist invariant unter M ∗ .
2. Ist M = M ∗ , so sind X ⊥ und X ⊥⊥ = hXi invariant unter der von M erzeugten unitalen
abgeschlossenen Algebra, die dann eine C ∗ -Unteralgebra ist.
Beweis.
1. Sei y ∈ X ⊥ und m ∈ M . Sei x ∈ X. Dann gilt hx, m∗ yi = hmx, yi = 0, da
mx ∈ X. Somit folgt m∗ y ∈ X ⊥ .
2. Sei M = M ∗ . Dann ist X ⊥ invariant unter M ∗ = M , also auch X ⊥⊥ . Sowohl X ⊥ , als auch
X ⊥⊥ sind abgeschlossene Unterräume, also auch unter dem unitalen Algebrenerzeugnis
invariant.
Lemma 6.5.13. Sei M eine Teilmenge von L(H) mit M ∗ = M und X eine Teilmenge von H.
Dann sind invM (X) und invM (X)⊥ invariant unter M .
Das folgende Lemma ist die zentrale Aussage dieses Unterabschnittes:
Lemma 6.5.14 (Abspaltungslemma). Sei H ein nicht-separabler Hilbertraum und M eine separable Teilmenge von L(H). Dann gibt es eine M -invariante orthogonale Zerlegung (H1 , H2 )
von H so, daß H1 separabel und unendlich-dimensional ist.
Beweis. Setze N := M ∪ M ∗ . Dann gilt N ∗ = N und N ist separabel. Da H unendlichdimensional ist, finden wir ein abzählbares Orthonormalsystem B in H. Setze
H1 := invN (B).
Nach Korollar 6.5.9 ist dann H1 separabel, da N und B separabel sind. Ferner gilt B ⊆ H1 ,
also ist H1 ein unendlich-dimensionaler, separabler, abgeschlossener Teilraum von H. Nach dem
vorangegangen Lemma sind H1 und H2 := H1⊥ invariant unter N , also insbesondere invariant
unter M . Da H nicht separabel ist, ist H2 nicht trivial, also (H1 , H2 ) eine orthogonale Zerlegung
von H.
Als Korollar aus dem Abspaltungslemma erhalten wir den folgenden Satz, der das Reduktionsargument von Illusie darstellt:
Satz 6.5.15 (Ein Zerlegesatz). Sei H ein nicht-separabler Hilbertraum und M eine separable Teilmenge von L(H). Dann gibt es eine M -invariante orthogonale Zerlegung (Hi )i∈I aus
separablen, unendlich-dimensionalen Teilräumen. Ferner gilt |I| = dim H.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
97
Beweis. Sei ohne Einschränkung M = M ∗ . Wir benutzen das Lemma von Zorn.
Sei M die Menge aller Mengen von paarweise orthogonalen, abgeschlossenen, separablen,
unendlich-dimensionalen und nicht-trivialen Teilräumen von H, die unter M invariant sind. Die
Menge M ist nicht leer, da die leere Menge enthalten ist. Ferner ist sie durch Inklusion geordnet.
Jede Kette in M hat eine obere Schranke, nämlich die Vereinigung über die Kette. Wähle also
mit dem Lemma von Zorn ein maximales Element F.
Sei E := k F ∈F F . Dann sind E und damit auch E ⊥ invariant unter M . Wäre E ⊥ nicht
separabel, widerspräche dies nach dem Abspaltungslemma der Maximalität von F. Somit können
wir E ⊥ einem der Elemente von F hinzuschlagen und ohne Einschränkung E = H erreichen.
Die Menge F und die Familie (F )F ∈F leisten also das, was in der Behauptung von I und
(Hi )i∈I verlangt wird.
Zum Zusatz: Es gilt
|I| ≤ dim H ≤ ℵ0 · |I| .
Weil I unendlich ist, folgt dim H = |I|.
6.5.4 Reduktions-Beweis des Zerlege-Lemmas für nicht-separable Räume
Sei H nun nicht separabel.
Es ist U als endlich-dimensionaler Raum separabel. Wir finden also mit Satz 6.5.15 eine
Menge J mit |J| = dim H und eine Familie (Hj )j∈J von separablen, paarweise orthogonalen,
abgeschlossenen, unendlich-dimensionalen Unterräumen von H mit
²¯
H = ±°
j∈J Hj ,
wobei für jedes j ∈ J der Raum Hj unter allen Elementen von U invariant ist.
Wir wenden nun unsere obigen Überlegungen auf jeden der separablen Summanden Hj an.
Für jedes j ∈ J setze Ij := {j} × N; ferner finde eine Familie (Ei )i∈Ij von d+1-dimensionalen,
paarweise orthogonalen Teilräumen von Hj und für jedes i ∈ Ij einen Einheitsvektor ai ∈ Ei
derart, daß gilt
∀i ∈ Ij : U ai ⊆ Ei .
S
Setze I := J × N = j∈J Ij . Es gilt
|I| = |J| · ℵ0 = dim H · ℵ0 = dim H.
Offenbar haben die Menge I und die Familien (Ei )i∈I und (ai )i∈I die im Lemma geforderten
Eigenschaften.
Kapitel 7
Der Satz von Kuiper-Mingo
In diesem Kapitel möchte ich in groben Zügen das Projekt darstellen, den in dieser Arbeit durchgeführten Beweis des Satzes von Kuiper zu einem Beweis des Satzes von Kuiper-Mingo auszubauen. Das Kapitel gliedert sich in drei Teile:
Im ersten habe ich grundlegende Definitionen und Sätze aus der Theorie der Hilbert-Moduln
zusammengestellt. Die Beweise für die meisten dort aufgeführten Aussagen kann man im Buch
von Wegge-Olsen1 nachlesen. Allerdings stelle ich hier einige Konzepte, besonders die l2 -direkte
Summe von Hilbert-Moduln, in allgemeineren Versionen als Wegge-Olsen vor.
Im zweiten Teil dieses Kapitels bespreche ich schlaglichtartig die mir bekannten Beweise
des Satzes von Kuiper-Mingo. Auf den Beweis von Kasimov gehe ich dabei ausführlicher ein:
Wäre dieser Beweis korrekt, lohnte sich eine Übertragung meines Beweises auf den HilbertModul-Fall kaum noch, da Kasimovs Beweis bereits elegant und elementar ist. Jedoch halte ich
Kasimovs Beweis an einer entscheidenen Stelle für unzureichend, was ich hier darlege.
Im letzten Teil skizziere ich kurz, in welchem Ausmaß ich den in dieser Arbeit vorgestellte
Beweis und die verschiedenen verwendeten Hilfsmittel aus der Hilbertraum-Theorie bereits verallgemeinern konnte und wo ich noch Schwierigkeiten sehe, wobei ich optimistisch bin, daß sich
diese ausräumen lassen.
Generalvoraussetzung. Sei in diesem Kapitel A eine komplexe2 C ∗ -Algebra.
7.1 Hilbert-Moduln
7.1.1 Positive Elemente von C ∗ -Algebren
Definition 7.1.1 (positive Elemente in A).
1. Ein Element a ∈ A heißt positiv, wenn a ein
selbst-adjungiertes Element von A ist, dessen Spektrum σ(a) in [0, ∞[ enthalten ist.
2. Sind a, b ∈ A, so schreiben wir a ≤ b, falls b − a positiv ist.
1
Siehe [WO93], Kapitel 15.
Im Prinzip sollte es möglich sein, die in diesem Kapitel vorgestellte Theorie in ähnlicher Weise auch für reelle
C ∗ -Algebren zu entwickeln. Dies führte aber
2
98
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
99
3. Die Menge der positiven Elemente von A bezeichnen wir mit A≥0 .
Bemerkung 7.1.2. Die Menge A≥0 ist abgeschlossen in A und ein Kegel, das heißt es gilt:
1. ∀a, b ∈ A≥0 : a + b ∈ A≥0 .
2. ∀a ∈ A≥0 ∀t ∈ R≥0 : ta ∈ A≥0 .
Bemerkung 7.1.3. Die Relation ≤ ist reflexiv, symmetrisch und transitiv auf A.
Satz 7.1.4. Sei a ∈ A. Dann sind äquivalent:
1. a ist positiv.
2. Es gibt ein b ∈ A mit a = b∗ b.
7.1.2 Hilbert-Moduln
Definition 7.1.5 (Prä-Hilbert-Moduln). (E, ·, h, i) heißt Prä-Hilbert-A-Links-Modul, wenn
(E, ·) ein A-Links-Modul und
h·, ·i : E × E −
→A
ein C- und A-sesquilineares, hermitesches und positiv definites inneres Produkt ist, d.h.
1. ∀x1 , x2 , y ∈ E : hx1 + x2 , yi = hx1 , yi + hx2 , yi.
2. ∀x, y ∈ E ∀a ∈ A : hax, yi = ahx, yi.
3. ∀x, y ∈ E ∀λ ∈ C : hλx, yi = λhx, yi.
4. ∀x, y ∈ E : hx, yi = hy, xi∗ .
¡
¢
5. ∀x ∈ E : hx, xi ≥ 0 ∧ hx, xi = 0 ⇔ x = 0 .
Bemerkung 7.1.6. Ist A unital und E ein Prä-Hilbert-A-Links-Modul, so gilt:
∀x ∈ E : 1A x = x.
Definitionsbemerkung 7.1.7. Die Abbildung
k·k : E −
→ R, x 7→
p
khx, xik,
ist eine Norm auf E, mit den folgenden Eigenschaften:
1. ∀x ∈ E, a ∈ A : kaxk ≤ kak kxk .
2. Es gilt die Cauchy-Schwarz-Ungleichung: ∀x, y ∈ E : khx, yik ≤ kxk kyk .
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
100
Definition 7.1.8. Ein vollständiger Prä-Hilbert-A-Links-Modul heißt Hilbert-A-Links-Modul.
Beispiel 7.1.9 (Der Hilbert-Modul A). Setze
h·, ·i : A × A −
→ A, (a, b) 7→ ab∗ .
Dann ist A mit der Multiplikation und diesem inneren Produkt ein Hilbert-A-Links-Modul. Man
beachte
q
p
kaa∗ k = kak2 = kak ,
das heißt, die Hilbert-Modul-Norm auf A ist die C ∗ -Algebren-Norm.
Definition 7.1.10 (Teil-Hilbert-Moduln). Ist E ein Hilbert-Modul, so heißen die abgeschlossenen Teilmoduln von E Teil-Hilbert-Moduln. Teil-Hilbert-Moduln sind mit den eingeschränkten
Verknüpfungen selber Hilbert-Moduln.
Beispiel 7.1.11. Ist B ein abgeschlossenes Links-Ideal von A, so ist B ein Teil-Hilbert-Modul
des Hilbert-Moduls A.
7.1.3 Stetige und adjungierbare Operatoren
Alle stetigen Operatoren zwischen Hilberträumen besitzen einen adjungierten Operator, sind also
in diesem Sinne adjungierbar. Bei Hilbert-Moduln muß dies nicht mehr der Fall sein3 , weshalb
man den Begriff des adjungierbaren Operators einführt. Mit dem Satz vom abgeschlossenen Graphen ist leicht zu sehen, daß adjungierbare Operatoren zwischen Hilbert-Moduln immer stetig
sind. Die adjungierbaren Operatoren zwischen Hilbert-Moduln, und nicht die bloß stetigen, werden von den meisten Autoren als die angemessene Verallgemeinerung der stetigen Operatoren
zwischen Hilberträumen angesehen.
Stetige Operatoren
Definition 7.1.12 (LA (E, F )). Seien E, F Prä-Hilbert-A-Links-Moduln. Dann bezeichnen wir
die Menge der stetigen C-linearen A-Modul-Homomorphismen von E nach F , kurz stetige Operatoren genannt, mit LA (E, F ). Setze LA (E) := LA (E, E)
Definitionsbemerkung 7.1.13 (A HilbMod). Die Hilbert-A-Links-Moduln zusammen mit den
stetigen Operatoren bilden eine konkrete Kategorie, die wir A HilbMod nennen.
Bemerkung 7.1.14. Sind E und F Prä-Hilbert-A-Links-Moduln, so gilt
1. LA (E, F ) ist ein abgeschlossener Untervektorraum von LC (E, F ) (bezüglich der OperatorNorm-Topologie).
2. LA (E, F ) ist vollständig, wenn F vollständig ist.
3. LA (E) ist eine unitale normierte Algebra.
3
Siehe [WO93], Aufgabe 15E.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
101
Adjungierbare Operatoren
Definitionssatz 7.1.15 (Adjungierte, adjungierbar). Seien E, F Prä-Hilbert-A-Links-Moduln
und sei ϕ : E −
→ F eine Funktion. Dann gibt es höchstens eine Funktion ϕ∗ : F −
→ E mit der
Eigenschaft:
∀x ∈ E ∀y ∈ F : hϕx, yiF = hx, ϕ∗ yiE .
Wenn es eine solche Funktion ϕ∗ gibt, heißt sie Adjungierte von ϕ, und ϕ heißt adjungierbar.
Beispiel 7.1.16. Sei E ein Prä-Hilbert-A-Links-Modul. Dann ist IdE ist adjungierbar, und es gilt
Id∗E = IdE .
Satz 7.1.17. Seien E, F Prä-Hilbert-A-Links-Moduln, und sei ϕ : E −
→ F eine adjungierbare
Funktionen. Dann gilt
1. ϕ ist ein abgeschlossener C-linearer A-Modul-Morphismus.
2. Es gilt
ϕ∗ = {(y, z) ∈ F × E | ∀x ∈ E : hϕx, yi = hx, zi} .
3. ϕ∗ ist adjungierbar, und es gilt (ϕ∗ )∗ = ϕ.
4. ϕ ist genau dann bijektiv, wenn ϕ∗ bijektiv ist, wobei dann (ϕ∗ )−1 = (ϕ−1 )∗ gilt.
5. Ist G ein weiterer Prä-Hilbert-A-Links-Modul und ψ : F −
→ G adjungierbar, so ist auch
∗
∗
∗
ψ ◦ ϕ adjungierbar, und es gilt (ψ ◦ ϕ) = ϕ ◦ ψ .
Definitionsbemerkung 7.1.18 (A HilbMod∗ ). Die Hilbert-A-Links-Moduln zusammen mit den
adjungierbaren Operatoren zwischen ihnen bilden eine konkrete Kategorie, die wir A HilbMod∗
nennen.
Definition 7.1.19 (L∗A (E, F ), GL∗A (E, F )). Seien E und F Prä-Hilbert-A-Links-Moduln.
1. Wir bezeichnen die Menge der adjungierbaren Operatoren von E nach F mit L∗A (E, F ).
2. Die bijekiven adjungierbaren Operatoren bezeichnen wir mit GL∗A (E, F ).
3. Setze L∗A (E) := L∗A (E, E) und GL∗A (E) := GL∗A (E, E).
Bemerkung 7.1.20. Seien E, F Hilbert-A-Links-Moduln. Dann gilt wegen des Satzes vom abgeschlossenen Graphen:
L∗A (E, F ) ⊆ LA (E, F ).
Genauer ist L∗A (E, F ) ein abgeschlossener Untervektorraum von LA (E, F ) und somit vollständig. Ferner gilt GL∗A (E, F ) = L∗A (E, F ) ∩ GLA (E, F ).
Satz 7.1.21. Sei E ein Hilbert-A-Links-Modul. Dann ist L∗A (E) eine abgeschlossene unitale
Unteralgebra von LA (E), die mit der Adjungiertenbildung als ∗-Operation eine C ∗ -Algebra ist.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
102
Bemerkung 7.1.22. Im Falle A = C gilt für alle Hilbert-C-Links-Moduln (i.e. alle komplexen
Hilberträume) E und F :
L∗C (E, F ) = LC (E, F ),
denn dann sind alle stetigen linearen Operatoren adjungierbar.
Hinweis 7.1.23. Daß in der Literatur die adjungierbaren meist als wichtiger als die nur stetigen
Operatoren zwischen Hilbert-Moduln eingeschätzt werden, schlägt sich häufig in der Notation
nieder, wobei die Menge der adjungierbaren Operatoren mit einfacheren Symbolen belegt wird
als die der stetigen (z.B. B(E, F ) für die adjungierbaren und Bb (E, F ) für die stetigen bei WeggeOlsen). Ich habe die oben beschriebene Notation gewählt, weil ich sie für systematischer und
eingängiger halte.
Unitäre Operatoren und Einheiten
Definition 7.1.24 (unitärer Operator, UA (E, F )). Seien E, F Hilbert-A-Links-Moduln, und
sei ϕ ∈ L∗A (E, F ). Der adjungierbare Operator ϕ heißt unitär, falls ϕ bijektiv ist und gilt:
ϕ−1 = ϕ∗ .
Die Menge aller unitären Operatoren von E nach F bezeichnen wir mit UA (E, F ).
Bemerkung 7.1.25. Seien E, F Hilbert-A-Links-Moduln, und sei ϕ ∈ L∗A (E, F ). Dann ist ϕ
genau dann unitär, wenn ϕ invertierbar ist und gilt:
∀x, y ∈ E : hϕ(x), ϕ(y)iF = hx, yiE .
Bemerkung 7.1.26. Seien E, F Hilbert-A-Links-Moduln, und sei ϕ ∈ L∗A (E, F ). Dann gilt
1. ∀x ∈ E : hϕ(x), ϕ(x)iF ≤ kϕk2 hx, xiE .
2. Ist A unital und ϕ ∈ GL∗A (E, F ), so gilt:
∀x ∈ E : hx, xiE ∈ GA ⇔ hϕ(x), ϕ(x)iF ∈ GA.
Definition 7.1.27 (Einheit). 4 Sei A unital und E ein Prä-Hilbert-A-Links-Modul. Ein x ∈ E
heißt Einheit, wenn hx, xi = 1A gilt.
Bemerkung 7.1.28. Unitäre Operatoren bilden Einheiten auf Einheiten ab.
Bemerkung 7.1.29. Sei A unital, und E ein Prä-Hilbert-A-Links-Modul. Ist dann x ∈ E derart,
daß hx, xi in A invertierbar ist, so ist
e := hx, xi−1/2 x
eine Einheit in E und es gilt
x = hx, xi1/2 e.
Insbesondere ist jedes solche Element x ∈ E das Produkt eines positiven Elementes von A und
einer Einheit von A.
4
„Einheit“ ist eine Ad-hoc-Übersetzung des englischen „unit“.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
103
7.1.4 Die äußere l2 -direkte Summe von Hilbert-Moduln
Zuerst sei bemerkt, daß sich die algebraische äußere direkte Summe unmittelbar vom Hilbertraum-Fall auf Hilbert-Moduln übertragen läßt:
Definitionsbemerkung 7.1.30 (die äußere direkte Summe). Sei I eine Menge und (EiL
)i∈I eine
Familie von Prä-Hilbert-A-Links-Moduln. Dann ist die äußere direkte Summe E :=
i∈I Ei
zusammen mit dem inneren Produkt
X
h·, ·i : E × E −
→ A, (x, y) 7→
hxi , yi iEi ,
i∈I
ein Prä-Hilbert-A-Links-Modul.
Sind alle Ei vollständig und I endlich, so ist auch E ein Hilbert-Modul.
Für die von h·, ·i induzierte Norm k·k auf E gilt
sX
∀x ∈ E : sup kxi kEi = kxk∞ ≤ kxk ≤ kxk2 =
kxi k2Ei ,
i∈I
i∈I
wobei die Ungleichungen im allgemeinen strikt sind.
Beispiel 7.1.31 (Der Hilbert-Modul An ). Sei n ∈ N0 . Dann ist An ein Hilbert-A-Links-Modul
mit dem inneren Produkt:
X
h·, ·i : An × An −
→ A, (x, y) 7→
xi yi∗ .
i∈I
Wir wollen nun die äußere l2 -direkte Summe von Hilbert-Moduln definieren und gehen dabei
wiederum analog zum Hilbertraum-Fall vor. Die äußere l2 -direkte Summe von Hilberträumen
enthält die algebraische direkte Summe als dichten Teilraum. Es liegt also nahe, zu versuchen,
das oben definierte innere Produkt auf der algebraischen direkten Summe auf einen geeigneten
möglichst großen Raum fortzusetzen. Ist die Menge IP
unendlich, so erhebt sich somit die Frage,
für welche Familien (xi )i∈I und (yi )i∈I die Summe i∈I hxi , yi iEi noch wohldefiniert ist. Die
einfachste Forderung ist, daß die Familien (hxi , xi iEi )i∈I und (hyi , yi iEi )i∈I summierbar in A
sein sollen. Man kann zeigen, daß dann auch die Familie (hxi , yi iEi )i∈I summierbar ist. Wir
definieren:
Definitionssatz 7.1.32 (die äußere l2 -direkte Summe). Sei I eine Menge und (Ei )i∈I eine Familie von Prä-Hilbert-A-Links-Moduln. Dann definiere
(
)
¯
M
Y ¯
E := l2−
Ei := (xi )i∈I ∈
Ei ¯¯ (hxi , xi iEi )i∈I ist summierbar in A
i∈I
i∈I
und
h·, ·i : E × E −
→ A, (x, y) 7→
X
hxi , yi iEi .
i∈I
Mit diesem inneren Produkt wird E zu einem Prä-Hilbert-A-Links-Modul, den
Lwir als äußere
l2 -direkte Summe der Familie (Ei )i∈I bezeichnen. Die äußere direkte Summe i∈I Ei ist dicht
in E. Ferner ist E ein Hilbert-Modul, wenn alle Ei Hilbert-Moduln sind.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
104
L
Man könnte versucht sein, in der Definition von l2− i∈I Ei statt der Summierbarkeit der Familie (hxi , xi iEi )i∈I ihre absolute Summierbarkeit in A zu fordern. Ist A unendlich-dimensional,
so erhält man dadurch einen in der Regel echt kleineren Raum. Dieser ist im allgemeinen nicht
vollständig, auch wenn alle Summanden vollständig sind. Ist A endlich-dimensional, sco fällt die
Summierbarkeit in A mit der absoluten Summierbarkeit zusammen. Insbesondere erhalten wir
also im Falle A = C die gewohnte Hilbertraum-Summe.
Beispiel 7.1.33 (Der Hilbert-Modul l2 (I, A)). Sei I eine Menge. Dann setzen wir
M
l2 (I, A) := l2−
A ⊆ AI .
i∈I
Dies ist ein Hilbert-A-Links-Modul.
Hinweis 7.1.34. Man beachte, daß hier eine Bezeichnungskollision besteht: Ist E ein normierter
Raum und I eine Menge, so bezeichnet man gewöhnlich mit l2 (I, E) den Raum der absolut
quadtrat-summierbaren über I indizierten Familien in E. Für uns ist aber l2 (I, A) der Raum der
„unbedingt quadrat-summierbaren“ Familien in der C ∗ -Algebra A.
Wie für Hilberträume können wir die l2 -direkte Summe nicht nur für die Räume, sondern
auch für die Operatoren zwischen ihnen definieren. Genauer:
Definitionssatz 7.1.35 (l2 -direkte Summe von adjungierbaren Operatoren). Sei I eine Menge und seien (Ei )i∈I und (Fi )i∈I Familien von Hilbert-A-Links-Moduln. Für alle i L
∈ I sei
∗
ϕi ∈ LA (Ei , FL
i ) ein adjungierbarer Operator. Es gelte supi∈I kϕi k < ∞. Setze E := l2−
i∈I Ei
und F := l2− i∈I fi . Dann ist
l2−
M
ϕi : E −
→ F, (xi )i∈I 7→ (ϕi (xi ))i∈I ,
i∈I
ein adjungierbarer Operator mit
kϕk = sup kϕi k
i∈I
und
Ã
l2−
M
i∈I
!∗
ϕi
= l2−
M
ϕ∗i .
i∈I
Hinweis 7.1.36. Sei I eine nicht-leere Menge. Definiert man nun so wie für Hilberträume die
Kategorie (A HilbMod∗ )I∞ , so ist analog zum Hilbertraum-Fall
L die l2 -direkte Summe ein Funktor
∗
∗ I
ist auf den Morphismenmengen,
von (A HilbMod )∞ nach A HilbMod . Die Abbildung l2−
die in kanonischer Weise Banachräume sind, linear und isometrisch.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
105
7.2 Der Satz von Kuiper-Mingo
Mingo bewies 1982 den folgenden Satz:
Satz (Kuiper-Mingo). 5 Ist A eine unitale C ∗ -Algebra über C, so ist die Gruppe GL∗A (l2 (N, A))
zusammenziehbar.
Für den Fall A = C reduziert sich dieser Satz offenbar zur komplexen Version des Satzes
von Kuiper für separable Hilberträume.
Inzwischen gibt es noch weitere Versionen des Satzes von Kuiper-Mingo, etwa für die Grup6
pe GLA (l2 (N, A)) oder auch für σ-unitale C ∗ -Algebren7 . Wir konzentrieren uns aber auf die
oben angegebene Formulierung.
7.2.1 Die bisher publizierten Beweise
Ich habe in der Literatur eine ganze Reihe von Beweisen für den Satz von Kuiper-Mingo gefunden. Diese gliedern sich in zwei Gruppen:
Auf der einen Seite stehen die Beweise von Mingo8 und von Cuntz und Higson 9 , die mit
Kuipers Beweis für seinen Satz kaum noch Gemeinsamkeiten aufweisen. Mingo greift auf C ∗ Algebren-Techniken und verschiedentliche Vorarbeiten z.B. von Kasparov zurück, Cuntz und
Higson arbeiten mit speziellen Projektionen in C ∗ -Algebren und benutzen Methoden aus der
K-Theorie. Eine ausgearbeitete Version des letzteren Beweises findet sich im Buch von WeggeOlsen10 .
Auf der anderen Seite gibt es Beweise, die mehr oder weniger dem Beweisplan von Kuiper
unter Verwendung elementarer Techniken folgen. Ganz konkret legt etwa Troitskii11 seinen Beweis an. Wie in der Einleitung erwähnt, ist dieser Beweis rechenlastig, und ich glaube, daß man
ihn unter Verwendung der in dieser Arbeit vorgestellten Hilfsmittel verbessern kann.
Ein weiterer Beweis stammt von Kasimov 12 aus dem Jahre 1982, den er nach Angaben von
Troitskii unabhängig von Mingo gefunden haben soll. Wenn dieser Beweis stichhaltig wäre, wäre
er nicht nur ein elementarer und eleganter Beweis für den Satz von Kuiper-Mingo, sondern er
lieferte auch einen Beweis für den Satz von Kuiper, der in vieler Hinsicht einfacher wäre als
der, den ich in dieser Diplomarbeit vorstelle. Allerdings glaube ich, daß Kasimovs Beweis in der
vorliegenden Form an einer zentralen Stelle unzureichend ist, und es ist nicht offensichtlich, wie
sich dieser Mangel beheben läßt:
5
Siehe [Min82].
Siehe [Tro86].
7
Siehe [CH87].
8
Siehe [Min82].
9
Siehe [CH87].
10
Siehe [WO93], Kapitel 16.
11
Siehe [Tro86].
12
Siehe [Kas82].
6
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
106
7.2.2 Ein Fehler in Kasimovs Beweis
Zunächst möchte ich Kasimovs Argumentation im ganzen schildern, bevor ich näher auf die
kritische Stelle eingehe.
Für jede C ∗ -Algebra A bezeichnen wir im folgenden die C ∗ -Algebra L∗A (l2 (N, A)) mit A0 .
Ferner bemerken wir, daß für jeden kompakten Raum X und jede C ∗ -Algebra die Algebra
C(X, A) mit den punktweisen Operationen und der Maximumsnorm wiederum eine C ∗ -Algebra
ist.
Kasimovs Beweisziel ist es, zu zeigen, daß GL(l2 (N, A)) schwach zusammenziehbar ist, daß
also alle Homotopiegruppen von GL(l2 (N, A)) trivial sind. Wir wissen, daß daraus schon die
Zusammenziehbarkeit von GL(l2 (N, A)) folgt.
Hierzu beweist er zunächst das folgende Lemma:
Lemma. Für jede unitale C ∗ -Algebra B ist GL(l2 (N, B)) wegzusammenhängend, d.h. es gilt
¡
¢
π0 GL(l2 (N, B)) = 0.
Das nun folgenden Reduktionsargument fußt darauf, daß die C ∗ -Algebren C(S k , A)0 und
C(S k , A0 ) für alle k ∈ N0 isomorph sind. Wenn wir dies einmal annehmen, dann können wir wie
folgt weiterschließen:
Sei k ∈ N0 . Dann gilt
¡
¢
¡
¢
πk GL∗A (l2 (N, A)) ∼
= π0 C(S k , GL∗A (l2 (N, A)))
¡
¢
= π0 GC(S k , L∗A (l2 (N, A)))
¡
¢
= π0 GC(S k , A0 )
¡
¢
∼
= π0 G(C(S k , A)0 )
¡
¢
= π0 GL∗A (l2 (N, C(S k , A))) .
Wenn man nun das obigen Lemma auf B = C(S k , A) anwendet, sieht man, daß dann ist die
letztgenannte Gruppe trivial ist. Somit wäre auch die erste Gruppe trivial, und die schwache
Zusammenziehbarkeit von GL∗A (l2 (N, A)) nachgewiesen.
Der von Kasimov angegebene Isomorphismus von C(S k , A)0 nach C(S k , A0 ) hat jedoch meiner Ansicht nach aber schon im Falle k = 1 und A = C sein Bild gar nicht im gewünschten
Raum. Er definiert seine Abbildung über die Angabe von Matrizen. Ich notiere sie lieber basisfrei: Jedem Operator ϕ ∈ C(S k , A)0 wird die Funktion
Ã
!
³ ¡
´
¢
ϕ̃ : S k −
→ A0 , s 7→ x 7→ ϕ (1xj )j∈N n (s)
,
n∈N
zugeordnet, wobei hier mit 1 die konstante 1-Funktion auf S k gemeint ist.
Sei nun A = C und k = 1. Ich gebe einen adjungierbaren Operator ϕ an, für den die Funktion
ϕ̃ nicht stetig ist:
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
107
Der Raum S 1 ist homöomorph zur Ein-Punkt-Kompaktifizierung R ∪ {0} von R. Wir stellen
unsere Überlegungen im folgenden für letzteren Raum an, um die Notation zu vereinfachen. Für
alle n ∈ N definiere


falls |s| ≤ n − 1
0
fn : R ∪ {∞} −
→ C, s 7→ |s| − n + 1 falls n − 1 ≤ |s| ≤ n
,


1
falls |s| ≥ n oder s = ∞
und
ϕn : C(R ∪ {∞}, C) −
→ C(R ∪ {∞}, C), g 7→ fn g.
Für alle n ∈ N ist ϕn ein adjungierbarer, ja selbstadjungierter
Operator von C(R ∪ {∞}, C) nach
L
C(R ∪ {∞}, C) mit kϕn k = 1. Setze ϕ := l2− n∈N ϕn . Es gilt
ϕ ∈ C(R ∪ {∞}, C)0 .
Sei ϕ̃ analog zu oben definiert. Eine kurze Rechnung zeigt, daß für alle s ∈ R ∪ {∞}, für alle
x ∈ l2 (N, C) und alle n ∈ N gilt:


falls n ≤ |s| oder s = ∞
 xn
ϕ̃(s)(x)n = (|s| − n + 1)xn falls |s| ≤ n ≤ |s| + 1 .


0
falls n ≥ |s| + 1
Insbesondere gilt also
ϕ̃(∞) = Idl2 (N,C)
und für alle m ∈ N
ϕ̃(m) = πm ,
wobei mit πm ∈ L(l2 (N, C)) die Projektion auf den Aufspann der ersten m Standard-BasisVektoren gemeint ist. Die Funktion ϕ̃ ist somit nicht stetig!
Hinweis 7.2.1. Sei A eine C ∗ -Algebra und X ein kompakter topologischer Raum.
1. Man kann zeigen13 : A0 ∼
= M (K ⊗ A), wobei mit K die C ∗ -Algebra der kompakten Operatoren auf einem separablen Hilbertraum und mit M (·) die Multiplikator-Algebra zu einer
C ∗ -Algebra gemeint ist.
2. Es gilt somit C(X, A0 ) ∼
= C(X, M (K ⊗ A)).
3. Man kann ferner zeigen14 : C(X, A)0 ∼
= Cb (X, M (K ⊗ A)β ), wobei mit M (K ⊗ A)β
die Algebra M (K ⊗ A) mit der sogenannten strikten Topologie, die schwächer ist als
die Normtopologie, und mit Cb (X, M (K ⊗ A)β ) die C ∗ -Algebra der Norm-beschränkten
strikt stetigen Funktionen bezeichnet sei.
Der Funktionen ϕ̃ sind stetig, aber eben nicht bezüglich der Normtopologie auf L∗A (l2 (N, A)),
sondern bezüglich der strikten Topologie.
13
14
Siehe [WO93], Beispiel 15.2.11.
Siehe [WO93], Aufgabe 2.H.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
108
7.3 Inwieweit läßt sich mein Beweis für den Satz von Kuiper
auf den Satz von Kuiper-Mingo übertragen?
Ich bin sehr zuversichtlich, daß dies möglich ist. Ich habe es noch nicht in allen Einzelheiten
durchgeführt, aber möchte hier in informeller Weise schildern, welche Hilfsmittel und Beweisschritte sich wohl problemlos übertragen lassen und wo noch Klärungsbedarf besteht.
Zunächst gehe ich auf das Bilden von orthogonalen Zerlegungen ein, das bei Hilbert-Moduln
schwieriger ist als bei Hilberträumen. Danach bespreche ich kurz die Möglichkeiten der Verallgemeinerung der vier Lemmata aus der Hilbertraum-Theorie, die ich in dieser Arbeit benutzt
habe. Zuletzt skizziere ich die Übertragung des Beweises selber.
Es sei darauf hingewiesen, daß wir hier nur versuchen, den komplexen, separablen Fall zu
verallgemeinern. Im Prinzip sollte es dann aber möglich sein, analoge Argumente auch für reelle
C ∗ -Algebren und reelle Hilbert-Moduln und überabzählbare Indexmengen zu finden.
7.3.1 Orthogonalität und orthogonale Komplemente
Orthogonalität
Definition 7.3.1 (orthogonal). Sei E ein Hilbert-A-Links-Modul.
1. Elemente x, y ∈ E heißen orthogonal, wenn hx, yiE = 0 ∈ A gilt. Wir schreiben dann
x ⊥ y.
2. Sind M, N Teilmengen von E, so schreiben wir M ⊥ N , falls gilt: ∀m ∈ M ∀n ∈ N :
m ⊥ n.
3. Ist M ⊆ E eine Teilmenge von E, so setzen wir
M ⊥ := {x ∈ E | ∀y ∈ M : x ⊥ y} .
Bemerkung 7.3.2. Ist E ein Hilbert-Modul und M ⊆ E, so ist M ⊥ ein abgeschlossener Teilmodul von E.
Das Auffinden orthogonaler Komplemente
Senkrecht zu stehen ist in Hilbert-Moduln eine recht harte Forderung. Es gilt zum Beispiel:
Bemerkung 7.3.3. Ist E ein Hilbert-Modul und F ein abgeschlossener Teilmodul, so gilt zwar
F ⊥ F ⊥ und F ∩ F ⊥ = {0}, jedoch im allgemeinen nicht E = F + F ⊥ . Der Orthogonalraum
F ⊥ ist also im allgemeinen zu klein, um ein Komplement zu sein.
Ein einfaches Gegenbeispiel: Sei E = A = C([0, 1], C) und F = {f ∈ C([0, 1], C) | f (0) =
0}. Es gilt dann F ⊥ = {0}.
Ein Spezialfall, in dem es trotzdem ein orthogonales Komplement gibt, wird im folgenden
Satz vorgestellt. Hier ist der Teilmodul, dessen Orthogonalraum wir bilden, selber klein genug,
so daß wir genug orthogonale Elemente finden.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
109
Satz 7.3.4. 15 Sei A unital, E ein Hilbert-A-Links-Modul und F ein abgeschlossener Teilmodul
von E mit der Eigenschaft, daß es ein n ∈ N gibt, für das F isomorph zu einem direkten Summanden von An ist. Dann gilt
E = F hF ⊥.
Ist E = l2 (N, A), so gilt F ⊥ ∼
= l2 (N, A).
Bemerkung 7.3.5. Den Raum l2 (N, A) können wir in offensichtlicher Weise orthogonal zerlegen, indem wir die Menge N partitionieren. So erhalten wir
l2 (N, A) ∼
= l2 (N, A) ⊕ l2 (N, A)
und sogar
l2 (N, A) ∼
= l2−
M
l2 (N, A).
n∈N
Da es für Hilbert-Moduln keinen Dimensionsbegriff gibt, behilft man sich mit Definitionen
wie der folgenden, um die Größe von Hilbert-Moduln zu beschreiben:
Definition 7.3.6 (abzählbar erzeugt). Ein Hilbert-A-Links-Modul E heißt abzählbar erzeugt,
wenn es eine abzählbare Teilmenge M ⊆ E gibt, deren A-Aufspann hM iA dicht in E ist.
Für abzählbar erzeugte Hilbert-Moduln gilt der Stabilisierungs-Satz von Kasparov, der uns
dabei hilft, von komplizierten Hilbert-Moduln zu welchen überzugehen, in denen uns das Auffinden orthogonaler Zerlegungen leichter fällt.
Satz 7.3.7 (Stabilisierungs-Satz von Kasparov). 16 Sei E ein abzählbar erzeugter Hilbert-ALinks-Modul. Dann gilt:
E ⊕ l2 (N, A) ∼
= l2 (N, A).
7.3.2 Die Lemmata aus Abschnitt 1.4
Das Füge-Lemma
Dieses Lemma läßt sich offenbar problemlos übertragen, denn hierfür benötigen wir nur, daß
das Bilden der l2 -direkte Summe von adjungierbaren Operatoren stetig ist. Man beachte Hinweis
7.1.36.
Das Zerlege-Lemma
Das Zerlege-Lemma stellt uns bei der Übertragung vor die größten Schwierigkeiten. Ein Vorschlag dazu läßt sich aus dem Beweis des Satzes von Kuiper-Mingo von Troitskii17 extrahieren.
15
Siehe [DF81], Main Theorem und Proposition 1.
Siehe [WO93], Satz 15.4.6.
17
Siehe [Tro86].
16
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
110
Diese Version ist aber sehr unübersichtlich, und wahrscheinlich kann man hier durch einen systematischen Zugang eine schönere Fassung finden.
Man hat bei der Formulierung des verallgemeinerten Zerelge-Lemmas Gestaltungsmöglichkeiten, die im Hilbertraum-Fall nicht genutzt werden mußten: Einerseits reicht es, wenn man
sich nicht einen endlich-dimensionalen Unterraum von L∗A (l2 (N, A)) vorgibt, sondern nur eine
kompakte Teilmenge eines solchen Unterraums, von der man sogar noch annehmen kann, daß
sie in GL∗A (l2 (N, A)) liegt. Andererseits reicht es wahrscheinlich, wenn die Teilmoduln, in die
man l2 (N, A) zerlegt, in einem geeigneten Sinne klein genug sind, ohne daß sie dabei auch noch
paarweise isomorph sein müssen. Im Hilbertraum-Fall hätte es ja auch gereicht, wenn die Ei ,
in die man H zerlegt, alle endlich-dimensional sind, sofern man dann die Aussage des DrehLemmas entsprechend genauer gefaßt hätte (etwa mit einer Gleichmäßigkeitsaussage bezüglich
der Dimension der involvierten Räume).
Das Dreh-Lemma
Wie das Dreh-Lemma für Hilbert-Moduln am besten zu formulieren ist, hängt wie angedeutet
davon ab, wie das Zerlege-Lemma umformuliert wird: Es kommt sehr darauf an, in was für
Teilmoduln man den Modul l2 (N, A) zerlegt. Ich gehe aber davon aus, daß sich hier keine Probleme ergeben.
Die Rolle von Einheits-Vektoren im Hilbertraum könnten in Hilbert-Moduln die Einheiten
spielen. Die Einheitssphäre eines Hilbertraumes würde man dann durch die Menge der Einheiten eines Hilbert-Moduls ersetzen. Und wenn wir nur Hilbert-Moduln der Form An betrachten,
haben wir einen reichen Vorrat an Einheiten.
Das Untergruppen-Lemma
Das Untergruppen-Lemma für Hilbert-Moduln zu beweisen ist ganz unproblematisch, wenn man
sich auf folgenden Formulierung einläßt:
Sei A unital und F ein abgeschlossener Teilmodul von l2 (N, A) mit der Eigenschaft
l2 (N, A) = F h F ⊥ .
Ferner sei F isomorph zu l2 (N, A). Dann ist
GL∗A (l2 (N, A))F = {ϕ ∈ GL∗A (l2 (N, A)) | ϕ|F = IdF }
in GL∗A (l2 (N, A) zusammenziehbar.
7.3.3 Der eigentliche Beweis
Gehen wir einmal davon aus, daß wir es geschafft haben, für die verschiedenen Lemmata geeignete Verallgemeinerungen zu finden.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
111
Bei der Verallgemeinerung des eigentlichen Beweises muß dann wohl die Reihenfolge der
Beweisschritte geändert werden. Es liegt zunächst einmal nahe, zu versuchen, die erste Deformation aus dem Beweis analog für Hilbert-Moduln zu konstruieren. Hierbei könnte man sich an
der entscheidenden Stelle die folgende Definition vorstellen:
¡
¢
gn0 (t, ϕ) := (1 − t)1A + thϕ(an ), ϕ(an )i−1/2 IdFn .
Dann wäre man zwar gn0 (1, ϕ)(ϕ(an )) für jedes n eine Einheit, das Problem hierbei aber ist, daß
die Abbildung gi0 (t, ϕ) in der Regel nicht A-linear ist, da hier mit Algebren-Elementen von links
multipliziert wird.
Man umgeht diese Schwierigkeit, indem man einer Idee aus Troitskiis Beweis folgend erst
dreht und dann normiert, was für uns heißen soll, daß wir nun zuerst das Dreh-Lemma anwenden:
Hat man mit dem verallgemeinerten Zerlege-Lemma eine geeignete Familie (En )n∈N von
Teilmoduln von l2 (N, A) sowie in jedem En eine Einheit an und einen Teilmodul Fn mit U an ⊆
Fn gefunden, so benutze man nun das verallgemeinerte Dreh-Lemma und das Füge-Lemma, um
eine Homotopie in den unitären Operatoren auf l2 (N, A) zu konstruieren, die analog zum Hilbertraum-Fall für jedes n ∈ N alle Einheiten von Fn auf an dreht. Jeder Vektor x ∈ Fn wird dann
davon auf hx, xi1/2 an gedreht. Schaltet man diese Homotopie hinter die Elemente von
B = {ϕ ∈ GL∗A (l2 (N, A)) : ∀n ∈ N : ϕ(an ) ∈ Fn },
so wird dann von den so gedrehten Operatoren jedes an auf ein Produkt eines invertierbaren
positiven Algebren-Elementes mit an abgebildet. Wir erhalten dabei Operatoren, die den von
den an aufgespannten Teilmodul H 0 fix lassen und darauf eingeschränkt positiv und invertierbar
sind.
Anstatt nun zu normieren wie im Hilbertraum-Fall, benutzen wir, daß die invertierbaren, positiven Operatoren auf H 0 eine konvexe Menge sind. Durch das Bilden von Konvexkombinationen
kann man so weiter deformieren, daß unsere gedrehten Operatoren nun auf H 0 identisch wirken.
Nun wende man das Untergruppen-Lemma an.
Anhang A
Topologischer Anhang
A.1 Homotopie und stetige Wege im Vergleich
Der erste Teil des topologischen Anhangs faßt einige Sätze zusammen, welche helfen die Frage zu beantworten, inwieweit sich Homotopien auch als stetige Wege auffassen lassen. Die
Kompakt-Offen-Topologie spielt dabei eine zentrale Rolle.
Definition A.1.1 (Kompakt-Offen-Topologie). 1 Seien X und Y zwei topologische Räume. Für
jede kompakte Teilmenge K von X und jede offene Teilmenge U von Y setze
T (K, U ) := {f ∈ C(X, Y )| f (K) ⊆ U }.
Die Topologie auf C(X, Y ), die von den Mengen T (K, U ) erzeugt wird, heißt Kompakt-OffenTopologie. Sie wird mit τko bezeichnet, wenn klar ist, um welche Räume X und Y es geht.
In vielen Fällen läßt die Kompakt-Offen-Topologie eine einfache Beschreibung zu:
Satz A.1.2. 2 Seien X ein topologischer Raum, Y ein metrischer (oder auch nur uniformer)
Raum. Dann ist die Topologie der gleichmäßigen Konvergenz auf kompakten Teilmengen die
gleiche wie die Kompakt-Offen-Topologie auf C(X, Y ).
Der folgende Satz unterstreicht die Bedeutung der Kompakt-Offen-Topologie.
Satz A.1.3. 3 Seien T, X, Y drei topologische Räume und sei f eine Funktion von T × X nach
Y . Ist f stetig, so auch f˜ : T −
→ (C(X, Y ), τko ). Die Umkehrung ist wahr, wenn X lokalkompakt
ist.
Als Anwendung dieses Satz erhalten wir die folgenden Aussagen:
Satz A.1.4 (Homotopie und stetige Wege). Seien X und Y topologische Räume und H : [0, 1]×
X−
→ Y eine Funktion. Dann gilt
1
Vergleiche [Bou89b], X.3.4 Definition 1.
Siehe [Bou89b] X.3.4. Theorem 2.
3
Siehe [Bou89b] X.3.4. Theorem 3.
2
112
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
113
1. Ist H stetig, so auch H̃ : [0, 1] −
→ (C(X, Y ), τko ), t 7→ Ht , wobei τko die Kompakt-OffenTopologie auf C(X, Y ) sei.
2. Ist X lokalkompakt und hausdorffsch, dann gilt auch die Umkehrung.
3. H ist genau dann stetig, wenn die Funktion X −
→ (C([0, 1], Y ), τko ), x 7→ H(·, x), stetig
ist, wobei τko die Kompakt-Offen-Topologie auf C([0, 1], Y ) sei.
A.2 Die induktive und die schwache Topologie
Der zweite Teil dieses Anhangs beschäftigt sich mit der induktiven Topologie und einem wichtigen Spezialfall, der schwachen Topologie. Letztere gibt uns eine mögliche Topologisierung von
Simplizialkomplexen 4 .
A.2.1 Die Induktive Topologie
Definitionssatz A.2.1 (induktive Topologie). 5 Seien Y, I Mengen und (Xi )i∈I eine Familie
topologischer Räume. Sei ferner (fi )i∈I eine Familie von Abbildungen, wobei fi : Xi −
→ Y für
jedes i ∈ I. Dann gibt es genau eine Topologie σ auf Y mit den folgenden Eigenschaften:
• Für alle i ∈ I ist die Funktion fi stetig.
• Ist Z ein weiterer topologischer Raum und g : Y −
→ Z eine Abbildung, so ist diese genau
dann stetig, wenn für alle i ∈ I die Hintereinanderausführung g ◦ fi stetig ist.
Diese Topologie σ wird die von (fi )i∈I definierte finale oder induktive Topologie auf Y genannt.
Eine Teilmenge U von Y ist genau dann in σ, wenn fi−1 (U ) für jedes i ∈ I offen in Xi ist.
A.2.2 Die schwache Topologie
Definition A.2.2 (kohärente Teilraumfamilie). Sei X eine Menge. Eine Teilraumfamilie6
(A, τA )A∈A ist eine Paar, wobei A eine Menge von Teilmengen von X und τA für jedes A ∈ A
eine Topologie auf A ist.
Wenn keine Unklarheiten zu befürchten sind, schreiben wir auch kurz A für eine Teilraumfamilie (A, τA )A∈A .
Eine Teilraumfamilie (A, τA )A∈A heißt kohärent, wenn die folgenden beiden Bedingungen
erfüllt sind:
4
Vergleiche Abschnitt 3.3.3.
Siehe [Bou89a], I.2.4 Propsition 6.
6
Strenggenommen liegen hier keine Teilräume vor, sondern lediglich Teilmengen mit einer Topologie darauf.
Jedoch wären einerseits „Teilmengenfamilie“ oder „Teilmengensystem“ als Namen noch weniger treffend, und andererseits ist vor allem derjenige Fall interessant, in dem man eine Topologie auf X finden kann, die auf jeder Menge
A ∈ A gerade die Topologie τA induziert. In diesem Fall sind also die Räume (A, τA ) tatsächlich Teilräume ein und
desselben Raumes.
5
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
114
1. Für alle A, A0 ∈ A ist A ∩ A0 in (A, τA ) abgeschlossen.
2. Für alle A, A0 ∈ A stimmen die von (A, τA ) und (A0 , τA0 ) induzierten Subraumtopologien
auf A ∩ A0 überein.
Beispiel A.2.3. Sei X ein topologischer Raum. Sei A eine Familie abgeschlossener Teilmengen
von X und τA für jedes A ∈ A die Teilraumtopologie auf A. Dann ist (A, τA )A∈A eine kohärente
Teilraumfamilie.
Generalvoraussetzung A.2.4. Sei X eine Menge und (A, τA )A∈A eine kohärente Teilraumfamilie von X.
Definitionssatz A.2.5 (schwache Topologie). 7 Sei τw die von den Inklusionsabbildungen der
Elemente von A definierte induktive Topologie auf X.
Diese hat die folgenden Eigenschaften:
1. Alle A ∈ A sind in (X, τw ) abgeschlossen
2. Für jedes A ∈ A ist τA die von τw induzierte Subraumtopologie
3. τw ist die feinste Topologie mit der Eigenschaft 2. .
4. Eine Teilmenge B von X ist genau dann offen (abgeschlossen), wenn für jedes A ∈ A die
Menge A ∩ B abgeschlossen in (A, τA ) ist.
τw wird als kohärente oder schwache Topologie auf X bezüglich A bezeichnet.
Beweis. Zu 4.: Die Eigenschaft 4. folgt direkt aus der Definition der induktiven Topologie.
Zu 1.: Sei nun A ∈ A. Dann ist für jedes A0 ∈ A die Menge A∩A0 abgeschlossen in (A0 , τA0 ).
Somit ist A abgeschlossen in (X, τW ).
Zu 2.: Sei A ∈ A. Da die Inklusionsabbildung von (A, τA ) nach (X, τw ) stetig ist, ist τA
feiner als die von (X, τw ) induzierte Topologie. Sei nun B abgeschlossen in (A, τA ). Sei A0 ∈ A.
Dann ist B ∩ A0 abgeschlossen in A ∩ A0 mit der von τA induzierten Teilraumtopologie. Diese
Teilraumtopologie ist gleich der von τA0 induzierten. Ferner ist A ∩ A0 abgeschlossen in A0 .
Somit ist B ∩ A0 abgeschlossen in A0 . Also ist B abgeschlossen in (X, τw ). Also ist B = B ∩ A
abgeschlossen in der von τw auf A induizierten Teilraumtopologie.
Zu 3.: Sei τ 0 eine Topologie auf X mit der Eigenschaft 2.. Dann ist für jedes A ∈ A die
Inklusionsabbildung von (A, τA ) nach (X, τ 0 ) stetig. Nun ist τw die feinste Topologie mit dieser
Eigenschaft, also ist τw feiner als τ 0 .
Generalvoraussetzung A.2.6. Sei im folgenden X immer mit der kohärenten Topologie bezüglich A ausgestattet.
Satz A.2.7. Sei Y ein weiterer topologischer Raum. Dann ist die Produkttopologie auf X × Y
gröber als die schwache Topologie bezüglich {A × Y : A ∈ A}. Es herrscht Gleichheit, wenn
Y lokalkompakt ist.
7
Siehe [Bou89a], I.2.4 Propsition 8.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
115
Beweis. Sei π die Produkttopologie und σ die schwache Topologie auf X ×Y bezüglich {A×Y :
A ∈ A}. Dann ist π gröber als σ, da die Einbettung von A × Y in X × Y für jedes A ∈ A sicher
π-stetig ist.
Sei nun Y lokalkompakt. Sei Z ein weiterer topologischer Raum und g : Y −
→ Z. Um zu
zeigen, daß π die von den Inklusionsabbildungen induzierte Topologie ist, müssen wir zeigen,
daß die Funktion g genau dann π-stetig ist, wenn sie für jedes A ∈ A eingeschränkt auf A × Y
stetig ist. g ist aber genau dann π-stetig, wenn die Funktion g̃ : X −
→ C(Y, Z) stetig ist, da Y
lokalkompakt ist (vergleiche Satz A.1.3). g̃ ist aber genau dann stetig, wenn für jedes A ∈ A die
Einschränkung g̃|A stetig ist. Dies ist aber wiederum nach Satz A.1.3 genau dann der Fall, wenn
g|A×Y für jedes A ∈ A stetig ist, was zu zeigen war.
Korollar A.2.8. Sei Y ein weiterer topologischer Raum und H : [0, 1]×X −
→ Y eine Abbildung.
Dann ist H genau dann stetig (also eine Homotopie), wenn H|[0,1]×A für jedes A ∈ A stetig ist.
A.3 Die Weg-Topologie
Im diesem Abschnitt wird die sogenannte Weg-Topologie8 eingeführt, die man zu jedem topologischen Raum konstruieren kann. Es werden elementare Eigenschaften dieser Topologie gezeigt,
und es wird insbesondere auf das Zusammenspiel zwischen Weg-Topologie und lokal wegzusammenhängenden Räumen eingegangen. Die Weg-Topologie erweist sich als nützliches Instrument
bei der Konstruktion von Gegenbeispielen in der Homotopie-Theorie, wie ich am Ende dieses
Abschnittes demonstriere.
A.3.1 Konstruktion der Weg-Topologie
Lemma A.3.1. Sei X eine Menge und U eine Menge von Teilmengen von X. Dann sind äquivalent:
1. U ist Basis einer Topologie auf X.
2. ∀U, V ∈ U ∀x ∈ U ∩ V ∃W ∈ U : W ⊆ U ∩ V .
Beweis. 1. ⇒ 2.: Sei U die Basis einer Topologie auf X. Seien U, V ∈ U und x ∈ U ∩ V . Da
U ∩ V offen ist, ist U ∩ V Vereinigung von Mengen aus U, also gibt es ein W ∈ U mit x ∈ W
und W ⊆ U ∩ V .
1. ⇒ 2.: Erfülle nun U die zweite Bedingung. Seien U, V ∈ U. Wir müssen zeigen, daß U ∩V
Vereinigung von Mengen aus U ist.
S Wähle für alle x ∈ U ∩ V ein Wx ∈ U mit x ∈ Wx und
Wx ⊆ U ∩ V . Dann ist U ∩ V = x∈U ∩V Wx .
Lemma A.3.2. Sei X eine Menge und fürSalle x ∈ X sei eine Menge Ux von Teilmengen von X
gegeben, die alle x enthalten. Setze U := x∈X Ux . Dann sind äquivalent:
8
Dieser Abschnitt ist inspiriert von den Übungsaufgaben 1 a) - f) zu Abschnitt I.6. in [HN91] bzw. einer Übungsaufgabe in [vG01].
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
116
1. U ist Basis einer Topologie auf X so, daß für alle x ∈ X die Menge Ux eine Umgebungsbasis von x bildet.
2. ∀U, V ∈ U ∀x ∈ U ∩ V ∃W ∈ Ux : W ⊆ U ∩ V .
Beweis. 1. ⇒ 2.: Klar.
2. ⇒ 1.: Sei die zweite Bedingung erfüllt. Nach dem letzten Lemma ist U Basis einer Topologie auf X. Sei x ∈ X und V eine offene Umgebung von x. Dann ist V Vereinigung von
Elementen von U. Dann gibt es ein W ∈ U so, daß x ∈ W und W ⊆ V . Dann finden wir, da wir
die Bedingung 2. auf (W, W ) statt (U, V ) anwenden können, ein U ∈ Ux mit U ⊆ W ⊆ V .
Definitionssatz A.3.3 (Wegkomponente). Sei (X, τ ) ein topologischer Raum. Sei A ⊆ X. Sind
x, y ∈ A, so schreibe x ∼A y genau dann, wenn es einen stetigen Weg in A gibt, der x und y
verbindet. Offenbar ist ∼A eine Äquivalenzrelation auf A. Ist x ∈ A so nenne
WK(x, A) := {y ∈ A | x ∼A y}
die Wegkomponente von x in A.
Definitionssatz A.3.4 (Weg-Topologie). Sei (X, τ ) ein topologischer Raum. Setze für alle x ∈
X:
Ux := {WK(x, U ) : U ∈ τ, x ∈ U }.
S
Dann ist x∈X Ux Basis einer Topologie auf X, die wir mit τ̃ bezeichnen und Weg-Topologie
(bezüglich τ ) nennen. Diese hat die Eigenschaft, daß für alle x ∈ X die Menge Ux eine offene
Umgebungsbasis von x bezüglich dieser Topologie ist. Offenbar ist die Weg-Topologie feiner als
τ.
Beweis. Seien x, y ∈ X und Ux , Uy ∈ τ mit x ∈ Ux und y ∈ Uy . Sei z eine Element aus
WK(x, Ux ) ∩ WK(y, Uy ). Dann ist insbesondere z ∈ Ux ∩ Uy und somit WK(z, Ux ∩ Uy )
nicht leer. Es gilt WK(z, Ux ∩ Uy ) ⊆ WK(z, Ux ) ∩ WK(z, Uy ). Die letzte Menge ist gleich
WK(x, Ux ) ∩ WK(y, Uy ), weshalb wir mit dem letzten Lemma fertig sind.
A.3.2 Universelle Eigenschaften der Weg-Topologie
Definition A.3.5 (lokal wegzusammenhängend). Sei (X, τ ) ein topologischer Raum. Dann
heißt X lokal wegzusammenhängend, wenn es für jeden Punkt x ∈ X und jede Umgebung
U von x eine wegzusammenhängende Umgebung V von x gibt mit V ⊆ U . Die lokal wegzusammenhängenden topologischen Räume mit den stetigen Abbildungen bilden eine volle Unterkategorie der Kategorie Top der topologischen Räume, die ich mit lacTop9 bezeichnen will.
Satz A.3.6. Sei (X, τ ) ein topologischer Raum und W ein lokal zusammenhängender topologischer Raum. Sei ferner f : W −
→ X. Dann ist f genau dann τ -stetig, wenn f eine τ̃ -stetige
Funktion ist.
9
Vom dem Englischen „locally arcwise connected“.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
117
Beweis. Da die Weg-Topologie feiner ist als τ , ist die eine Richtung trivial. Sei also f eine τ stetige Funktion. Sei w ∈ W und Ṽ eine τ̃ -Umgebung von f (w). Wähle eine τ -Umgebung V so,
daß WK(f (w), V ) ⊆ Ṽ gilt. Dann ist f −1 (V ) eine Umgebung von w in W . Diese enthält eine
wegzusammenhängende Umgebung U von w. Dann ist f (U ) ⊆ V und f (U ) als stetiges Bild
einer wegzusammenhängenden Menge auch wegzusammenhängend. Somit ist f (U ) enthalten in
WK(f (w), V ), aldo svu in Ṽ . Somit ist f auch τ̃ -stetig.
Korollar A.3.7. Sei (X, τ ) ein topologischer Raum, dann ist ein Weg in X genau dann τ -stetig,
wenn er τ̃ -stetig ist. Insbesondere ist eine Teilmenge U von X genau dann τ -wegzusammenhängend, wenn sie τ̃ -wegzusammenhängend ist.
Beweis. [0, 1] ist lokal wegzusammenhängend.
Satz A.3.8. Sei (X, τ ) ein topologischer Raum. Dann ist τ̃ die schwächste Topologie auf X, die
feiner ist als τ so, daß X mit dieser Topologie lokal wegzusammenhängend ist.
Beweis. Nach der Definition der Weg-Topologie hat jeder Punkt von X eine τ̃ -Umgebungsbasis
aus τ -wegzusammenhängenden Mengen, die aber auch τ̃ -wegzusammenhängend sind, also ist
(X, τ̃ ) lokal wegzusammenhängend.
Sei nun τ 0 eine weitere Topologie auf X, die feiner ist als τ und so, daß (X, τ 0 ) lokal wegzusammenhängend ist. Dann ist die identische Abbildung von (X, τ 0 ) nach (X, τ ) stetig, also auch
nach (X, τ̃ ).
Korollar A.3.9. Ist (X, τ ) ein lokal wegzusammenhängender Raum, so ist τ = τ̃ .
Satz A.3.10. Seien (X, τ ) und (Y, σ) topologische Räume und f : X −
→ Y . Ist f stetig bezüglich
der Topologien τ und σ, dann auch bezüglich der Weg-Topologien.
Beweis. Es ist f sicherlich stetig von (X, τ̃ ) nach (Y, σ). Ersterer Raum ist lokal wegzusammenhängend, nach Satz A.3.6 ist also auch f : (X, τ̃ ) −
→ (Y, σ̃) stetig.
(X, τ )
f (Y, σ)
6
6
IdX
(X, τ̃ )
IdY
f
- (Y, σ̃)
Korollar A.3.11. ˜· definiert einen Funktor von der Kategorie der topologischen Räume in die
Kategorie lacTop der lokal wegzusammenhängenden Räume. Ferner definiert die Funktion, die
jedem topologischen Raum X die Identität IdX zuordnet, eine natürliche Transformation vom
Weg-Topologie-Funktor in den identischen Funktor auf Top.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
118
A.3.3 Die Weg-Topologie und Produkte
Satz A.3.12. Beliebige Produkte wegzusammenhängender Räume sind wegzusammenhängend.
Räume. Sei I ohne
Beweis. Sei I eine Menge und (Xi )i∈I eine Familie wegzsuammenhängender
Q
Einschränkung nicht-leer. Seien x = (xi )i∈I und y = (yi )i∈I aus i∈I Xi . Für jedes i ∈ I finde
einen Weg γi : [0, 1] −
→ Xi , der xi mit yi verbindet. Setze
Y
γ : [0, 1] −
→
Xi , t 7→ (γi (t))i∈I .
i∈I
Dann ist γ ein stetiger Weg im Produkt, der x mit y verbindet.
Satz A.3.13. Endliche Produkte lokal wegzusammenhängender Räume sind lokal wegzusammenhängend.
Beweis. Sei I eine endliche, nicht-leere Menge und (Xi )i∈IQeine Famile von lokal wegzusammenhängenden Räumen. Sei x = (xi )i∈I ein Punkt in X := i∈I Xi . Sei
QU eine Umgebung von
x in X. Wähle für jedes i ∈ I Umgebungen Ui von xi in Xi so, daß i∈I Ui ⊆ U . Für jedes
i ∈ IQ
finden wir nun eine wegzusammenhängende Umgebung Wi von xi in Ui . Das Produkt
W := i∈I Wi ist in U enthalten und nach dem letzten Satz wegzusammenhängend.
Bemerkung A.3.14. Der Raum Y := {0, 1} mit der diskreten Topologie ist lokal wegzusammenhängend, Y N mit der Produkttopologie aber nicht.
Korollar A.3.15. Sei I eine Menge und ((Xi , τi ))i∈I eine Familie topologischer Räume und X
ihr Produkt. Dann gilt
Y
Y
]
τ̃i ⊆
τi .
i∈I
i∈I
Ist I endlich, dann gilt Gleichheit.
Q
Q
Beweis. Die identische Abbildung von X mit ^
i∈I τi nach X mit
i∈I τ̃i ist genau dann stetig,
wenn sie in jeder Komponente stetig ist. Sei i ∈ I und πi : X −
→ Xi die zugehörige Projektion.
Q
Dann ist πi vom lokal wegzusammenhängenden Raum X mit ^
i∈I τi genau dann τ̃i -stetig, wenn
es τi -stetig ist. Dies ist aber der Fall, da die Weg-Topologie auf dem Produkt feiner ist als die
gewöhnliche Produkttopologie.
Q
Sei I endlich. Dann ist i∈I τ̃i eine Topologie auf X, die feiner ist als die Produkttopologie,
und X ist mit dieser Topologie lokal wegzusammenhängend. Also gilt die umgekehrte Inklusion.
Satz A.3.16 (Produkte in lacTop). Sei I eine Menge und (Xi )i∈I eine Familie von lokal wegzusammenhängenden Räumen. Sei X das Produkt dieser Räume mit der Weg-Topologie τ der
Produkttopologie. Dann ist (X, τ ) mit den Projektionen auf die Faktoren ein Produkt der Familie (Xi )i∈I in der Kategorie lacTop der lokal wegzusammenhängenden Räume.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
119
Beweis. Sei C ein lokal wegzusammenhängender Raum und für jedes i ∈ I sei fi : C −
→ Xi
eine stetige Funktion. Sei
f :C−
→ X, c 7→ (fi (c))i∈I .
Dann ist f stetig bezüglich der Produkttopologie auf X, also auch stetig bezüglich τ , da C lokal
wegzusammenhängend ist.
A.3.4 Die Weg-Topolgie und induktive Topologien
Satz A.3.17 (Induktive Topologien in lacTop). Sind in der Situation von Definitionssatz A.2.1
alle Xi lokal wegzusammenhängend, so ist auch Y mit der induktiven Topologie lokal wegzusammenhängend.
Beweis. Sei τ die induktive Topologe auf Y und τ̃ die Weg-Topologie dazu. Für alle i ∈ I ist die
Funktion fi mit Werten in (Y, τ ) stetig, nach Satz A.3.6 also auch mit Werten in (Y, τ̃ ). Ferner ist
die Weg-Topologie τ̃ feiner als τ . Da die induktive Topologie τ diese aber die feinste Topologie
mit der Eigenschaft ist, daß alle fi stetig sind, folgt τ = τ̃ . Somit ist Y lokal wegzusammenhängend.
Anmerkung A.3.18. Eine Funktion ist genau dann stetig, wenn die durch sie induzierte induktive Topologie im Zielraum feiner ist als die dort vorhandene Topologie. Hieraus kann man den
Satz A.3.6 jetzt als Korollar schließen.
Definition A.3.19. Sei (X, τ ) ein topologischer Raum.
• Es bezeichne P (X, τ ) die Menge der τ -stetigen Wege in X.
• τ̂ sei dann die von den τ -stetigen Wegen kommende induktive Topologie.
Bemerkung A.3.20. Sei (X, τ ) ein topologischer Raum. Dann gilt
(A.1)
P (X, τ̃ ) = P (X, τ ) = P (X, τ̂ ).
Ferner ist (X, τ̂ ) lokal wegzusammenhängend und es gilt somit
τ̂ = τ̃ˆ ⊇ τ̃ ⊇ τ.
Beweis. Das erste Gleichheitszeichen in (A.1) ist die erste Aussage von Korollar A.3.7. Das
zweite Gleichheitszeichen ist nach der Definition von τ̂ klar. (X, τ̂ ) ist lokal wegzusammenhängend, da [0, 1] lokal wegzusammenhängend ist. Die Inklusionen der Topologien folgen dann aus
der universellen Eigenschaft der Weg-Topologie.
Frage A.3.21. Für welche topologischen Räume (X, τ ) gilt τ̃ = τ̂ ?
Satz A.3.22. Sei (X, τ ) ein lokal zusammenhängender topologischer Raum so, daß jeder Punkt
in X eine abzählbare Umgebungsbasis besitzt. Dann ist τ = τ̂ .
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
120
Beweis. Sei U ⊆ X nicht in τ . Ich zeige, daß U auch nicht in τ̂ ist. Sei x ∈ U nicht τ -innerer
Punkt von U . Dann schneidet jede τ -Umgebung von x das Komplement von U . Sei (Un )n∈N
eine τ -Umgebungsbasis von x. Ohne Einschränkung seien alle Un wegzusammenhängend und
die Folge der Un absteigend. Wähle für alle n ∈ N ein xn ∈ Un \ U . Finde für alle n ∈
S N eine
stetige Reise γn : [n − 1, n] −
→ Un mit γn (0) = xn und γn (1) = xn+1 . Setze γ := n∈N γn .
Dann ist γ stetig. Sei f : [0, 1[−
→ [0, ∞[ ein monoton wachsender Homöomorphismus. Setze
(
x
t=1
ϕ : [0, 1] −
→ X, t 7→
.
γ(f (t)) t ∈ [0, 1[
Dann ist ϕ stetig. Jedoch enthält das Urbild von U unter ϕ zwar 1, aber nicht f −1 (N0 ). Also ist
U nicht in τ̂ .
A.3.5 Erhaltungseigenschaften der Weg-Topologie
Satz A.3.23. Ist (X, τ ) ein topologischer Raum, in dem jeder Punkt eine abzählbare Umgebungsbasis besitzt, dann ist dies auch in (X, τ̃ ) der Fall.
Beweis. Ist x ∈ X und (Un )n∈N eine Umgebungsbasis von x, dann ist (WK(x, Un ))n∈N eine
abzählbare Umgebungsbasis von x in der Weg-Topologie.
Korollar A.3.24. Für topologische Räume, in denen jeder Punkt eine abzählbare Umgebungsbasis besitzt, ist die Frage A.3.21 zu bejahen, also etwa für metrisierbare Räume.
Bemerkung A.3.25. Für alle i ∈ {0, 1, 2, 3 21 } gilt: Erfüllt ein topologischer Raum (X, τ ) das
Trennungsaxiom Ti , so auch (X, τ̃ ).
Beweis. Sei i ∈ {0, 1, 2, 3 12 }. Dann erfüllt mit τ auch jede feinere Topologie auf X das Trennungsaxiom Ti .
A.3.6 Die Weg-Topologie und topologische Gruppen
Satz A.3.26. Sei ((G, ·), τ ) eine topologische Gruppe. Dann ist ((G, ·), τ̃ ) ebenfalls eine topologische Gruppe.
Beweis. Wir müssen zeigen, daß die Gruppenmultiplikation und die Inversion auf G auch bezüglich der Weg-Topologien stetig sind. Für die Inversion folgt das allerdings direkt aus Satz
A.3.10, für die Multiplikation aus Satz A.3.10 und Korollar A.3.15.
Korollar A.3.27. Der Weg-Topologie-Funktor auf den topologischen Gruppen (mit den stetigen
Gruppen-Homomorphismen) ist ein Funktor in die lokal wegzusammenhängenden topologischen
Gruppen.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
121
A.3.7 Homotopie und die Weg-Topologie
Satz A.3.28. Seien X, Y topologische Räume und X lokal wegzusammenhängend. Dann gilt
→ Y eine Funktion, so ist H genau dann τ -stetig, wenn H τ̃ -stetig ist,
• Ist H : [0, 1] × X −
denn [0, 1] × X ist lokal wegzusammenhängend.
• Sind f, g ∈ C(X, Y ), dann sind f und g genau dann homotop mit Werten in Y , wenn sie
homotop mit Werten in Ỹ sind.
• Es gilt [X, Y ] = [X, Ỹ ].
Analoges gilt für Räume mit Basispunkt.
Korollar A.3.29. Sei Y ein topologischer Raum. Dann gilt für jedes n ∈ N0 :
πn (Y ) = πn (Ỹ ).
Analoges gilt für Räume mit Basispunkt.
Beweis. Für alle n ∈ N0 ist S n lokal wegzusammenhängend.
Dieses letzte Korollar liefert eine Methode zur Konstruktion von schwach zusammenziehbaren, aber nicht zusammenziehbaren topologischen Räumen. Man gebe sich nämlich einen nicht
lokal wegzusammenhängenden Raum vor, der nicht zusammenziehbar ist. Ist dieser Raum in
der Weg-Topologie zusammenziehbar, dann verschwinden wegen des Korollars alle Homotopiegruppen des Ausgangsraums. Diese Methode illustrieren wir an einem Beispiel10 .
Beispiel A.3.30. (Ein schwach zusammenziehbarer, aber nicht zusammenziehbarer Raum)
Setze
f :]0, 1/π] −
→ R, x 7→ sin(1/x).
Wir fassen f als Teilmenge von R × R = R2 auf. Für alle a, b ∈ R2 bezeichne mit [a, b] die
Verbindungsstrecke zwischen a und b. Setze
X := f ∪ [(1/π, 0), (1/π, 2)] ∪ [(1/π, 2), (0, 2)] ∪ [(0, 2), (0, −1)].
Vergleiche Abbildung A.1. Sei τ die von R2 kommende Topologie auf X. Dann ist (X, τ )
schwach zusammenziehbar, aber nicht zusammenziehbar.
Beweis. Sei τ̃ die Weg-Topologie auf X. Wenn wir gezeigt haben, daß (X, τ̃ ) zu einem reellen
Intervall homöomorph ist, haben wir insbesondere gezeigt, daß (X, τ̃ ) zusammenziehbar, also
(X, τ ) schwach zusammenziehbar ist.
10
Siehe [Whi78], V.3.(3.3).
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
122
Definere die Funktionen:
ϕ1 :]0, 1] −
→ X,
ϕ2 : [0, 1] −
→ X,
ϕ3 : [0, 1] −
→ X,
ϕ4 : [0, 1] −
→ X,
t
t
t
t
7→
7→
7→
7→
(πt, f (πt)),
(1/π, 0) + t(0, 2),
(1/π, 2) + t(−1/π, 0),
(0, 2) + t(0, −3).
Jede dieser Funktionen ist stetig mit Werten in (X, τ ) und sogar Homöomorphismen auf die
jeweiligen Bilder. Da die Definitionsbereiche jeweils lokal wegzusammenhängend sind, sind die
Funktionen auch stetig mit Werten in (X, τ̃ ) und die Umkehrabbildungen sind ebenfalls stetig,
da die Weg-Topologie τ̃ feiner ist als τ .
Wir setzen nun eine Bijektion von ]0, 4] auf X zusammen:

ϕ1 (t)



ϕ (t − 1)
2
ϕ :]0, 4] −
→ X, t 7→
ϕ3 (t − 2)



ϕ4 (t − 3)
für 0 < t ≤ 1
für 1 ≤ t ≤ 2
.
für 2 ≤ t ≤ 3
für 3 ≤ t ≤ 4
Diese Funktion ist wohldefiniert und bijektiv. Außerdem ist sie stetig mit Werten in (X, τ̃ ), da
sie als Vereinigung von stetigen Funktionen definiert ist, deren Definitionsbereiche eine endliche
abgeschlossene Überdeckung von ]0, 4] bilden. ϕ ist ein Homöomorphismus, wenn die Bilder
der Funktionen ϕ1 , . . . , ϕ4 eine abgeschlossene Überdeckung bilden. Die Bilder von ϕ2 , ϕ3 und
ϕ4 sind schon abgeschlossen in R2 , also erst recht in (X, τ̃ ). Interessant ist das Bild von ϕ1 . Es
gilt
ϕ(]0, 1]) = {(t, f (t)) : t ∈]0, 1/π]}
und somit
τ
ϕ(]0, 1]) = {(t, f (t)) : t ∈]0, 1/π]} ∪ [(0, −1), (0, 1)].
Sei p ∈ [(0, −1), (0, 1)] und sei ε ∈]0, 1/π[. Setze U := KX (p, ε), wobei hier eine Kugel
bezüglich der euklidischen Metrik gemeint ist. Dann ist X eine Umgebung von p in X. Man
kann nun zeigen, daß WK(p, U ) in der y-Achse enthalten ist, daß also kein Punkt von U mit
x-Koordinate größer als 0 mit einem stetigen Weg in U mit x verbunden werden kann. Es ist
also [(0, −1), (0, 1)] nicht im τ̃ -Abschluß von ϕ(]0, 1]). Andererseits ist aber dieser Abschluß im
τ -Abschluß enthalten. Also ist ϕ(]0, 1]) τ̃ -abgeschlossen. Somit ist ϕ ein Homömorphismus von
]0, 4] auf (X, τ̃ ).
Auf der anderen Seite ist (X, τ ) nicht zusammenziehbar. Angenommen wir finden eine Kontraktion k von X. Ohne Einschränkung sei dies eine Kontraktion auf p0 = (0, −1). Es ist der
Raum [0, 1] kompakt. Wir finden also wegen der Stetigkeit von p 7→ k(·, p) in p0 ein δ > 0
derart, daß gilt:
∀p ∈ X : d(p, p0 ) < δ ⇒ max d(k(t, p), k(t, p0 )) < 1/2.
t∈[0,1]
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
123
Bezeichne πi : R2 −
→ R für jedes i ∈ {1, 2} die Projektion auf die i-te Komponente. Wähle
ein p ∈ KX (p0 , δ) mit π1 (p) > 0. Es ist k(·, p) ein stetiger Weg von p nach p0 . Dieser muß also
durch den Punkt (0, 2) führen, weshalb die folgende Größe wohldefiniert ist:
t0 := min{t ∈ [0, 1] : π2 (k(t, p)) = 2 ∨ π2 (k(t, p0 )) = 2}.
Es gilt π1 (k(t0 , p0 )) = 0. Gilt π2 (k(t0 , p)) = 2, so folgt k(t0 , p) = (1/π, 2) und somit
d(k(t0 , p0 ), k(t0 , p)) ≥ 2.
Gilt π2 (k(t0 , p0 )) = 2, so folgt k(t0 , p0 ) = (0, 2). In diesem Fall folgt
d(k(t0 , p0 ), k(t0 , p)) ≥ 1.
Beides darf nicht sein, weshalb X nicht zusammenziehbar ist.
Abbildung A.1: Das Beispiel von Whitehead
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
124
A.4 Minkowski-Funktionale
Im folgenden Abschnitt über kugelartige Mengen werden einige Eigenschaften von MinkowskiFunktionalen benutzt. Anstatt nur genau das anzugeben, was in dieser speziellen Situation gebraucht wird, nutzte ich diese Gelegenheit, um die grundlegenden Eigenschaften von MinkowskiFunktionalen zusammenzutragen und systematisch darzustellen. Hierbei handelt es sich fast
durchgehend um einfache Sachverhalte, die zu dem gehören, was man auch mathematische
„Folklore“ nennt.
Generalvoraussetzung A.4.1. Sei in diesem Abschnitt E ein reeller11 Vektorraum.
Zuerst werden Eigenschaften von Funktionen von E nach [0, ∞] wie etwa Konvexität eingeführt, dann die entsprechenden Eigenschaften für Teilmengen von E angegeben. Der Übergang
von Funktionalen auf E zu Teilmengen von E wird in die eine Richtung durch das Bilden der
Einheitskugel, in die andere Richtung durch die Konstruktion des Minkowski-Funktionals bewerkstelligt. Ich analysiere diese Übergänge und wende schließlich die Ergebnisse auf Teilmengen von bzw. auf Minkowski-Funktionale auf halbnormierten Räumen an.
A.4.1 Funktionale auf E
Definition A.4.2. Eine Funktion p : E −
→ [0, ∞] heißt
1. schwach positiv-homogen, falls p(tx) = tp(x) für alle x ∈ E und t ∈]0, ∞[;
2. symmetrisch, falls p(−x) = p(x) für alle x ∈ E;
3. konvex, falls p(tx + (1 − t)y) = tp(x) + (1 − t)p(y) für alle x, y ∈ E und t ∈]0, 1[;
4. subadditiv, falls die Dreiecks-Ungleichung gilt, i.e. p(x + y) ≤ p(x) + p(y) für alle
x, y ∈ E;
5. sublinear, falls sie endlich, schwach positiv-homogen und subadditiv ist.
6. eine Halbnorm, falls p sublinear und symmetrisch ist.
7. definit, falls p(x) = 0 ⇔ x = 0 für alle x ∈ E gilt.
Generalvoraussetzung A.4.3. Sei p in diesem Unterabschnitt A.4.1 eine Funktion von E nach
[0, ∞].
Bemerkung A.4.4. Sei p schwach positiv-homogen. Dann ist p genau dann konvex, wenn p
subadditiv ist.
Bemerkung A.4.5. Sei p endlich und schwach positiv-homogen. Dann gilt p(0) = 0.
11
Analoge Überlegungen kann man auch für komplexe Räume anstellen.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
125
Bemerkung A.4.6. Sei q : E −
→ [0, ∞] mit p ≤ q gegeben. Ist p definit, so auch q.
Die folgende, einfache Konstruktion kann man benutzen, um aus sublinearen Funktionalen
Halbnormen zu gewinnen.
Definition A.4.7. Definiere die Symmetrisierung ps von p wie folgt:
ps : E −
→ [0, ∞], x 7→ max{p(x), p(−x)}.
Bemerkung A.4.8. Es gilt p ≤ ps . Ferner gilt genau dann ps = p, wenn p symmetrisch ist.
Desweiteren gilt:
1. Ist p schwach positiv-homogen (konvex, subadditiv, endlich, definit), so auch ps .
2. Ist p sublinear, so ist ps eine Halbnorm.
3. Ist p sublinear und definit, so ist ps eine Norm.
→ [0, ∞] mit p ≤ q, so folgt ps ≤ q s .
4. Ist q : E −
Bemerkung A.4.9. Sei p subadditiv. Dann gilt für alle x, y ∈ E:
|p(x) − p(y)| ≤ ps (x − y).
Das folgende Resultat läßt sich natürlich auch ohne den Weg über Symmetrisierungen gewinnen.
Bemerkung A.4.10. Sei p subadditiv und k·k eine Halbnorm auf E. Sei C > 0 mit p ≤ C k·k.
Dann ist p Lipschitz-stetig mit Lipschitz-Konstante C bezüglich der von k·k induzierten Halbmetrik auf E.
Beweis. Seien x, y ∈ E. Dann gilt
|p(x) − p(y)| ≤ ps (x − y) ≤ (C k·k)s (x − y) = C kx − yk .
A.4.2 Teilmengen auf E
Generalvoraussetzung A.4.11. Sei in diesem Unterabschnitt A.4.2 X eine Teilmenge von E.
Definition A.4.12. X heißt
1. absorbant, falls es für jedes x ∈ E ein t > 0 gibt mit x ∈ tX.
2. symmetrisch, falls X = −X gilt.
3. konvex, falls tx + (1 − t)y ∈ X für alle x, y ∈ X und t ∈]0, 1[.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
126
4. absolutkonvex, falls X symmetrisch und konvex ist.
5. sternförmig (bezüglich 0), falls 0 ∈ X und [0, 1]X ⊆ X gilt.
6. fast sternförmig (bezüglich 0), falls ]0, 1[X ⊆ X gilt.
Hierbei ist die Definition im letzten Punkt eine Ad-hoc-Setzung. Eine fast sternförmige Menge ist genau dan sternförmig, wenn die 0 in ihr enthalten ist. Es sei angemerkt, daß ich auch im
folgenden bei (fast) sternförmigen Mengen immer die 0 als Sternzentrum ansetze.
Bemerkung A.4.13. ]0, 1[X ist fast sternförmig. Ist X symmetrisch (konvex, absolutkonvex),
dann auch ]0, 1[X. X ist genau dann absorbant, wenn ]0, 1[ absorbant ist.
Beweis. Ich führe den Beweis hier nur für die Konvexität: Sei also X konvex. Seien r, s ∈]0, 1[
und x, y ∈ X. Sei t ∈ [0, 1]. Dann gilt tr + (1 − t)s ∈]0, 1[. Also folgt
trx + (1 − t)sy = (tr + (1 − t)s)
trx + (1 − t)sy
∈]0, 1[X.
tr + (1 − t)s
{z
}
|
∈X
Bemerkung A.4.14. Sei r > 0. Dann ist X genau dann absorbant (symmetrisch, etc.), wenn
auch rX es ist.
Auch die folgende Definition ist eine Ad-hoc-Definition. Ich habe den Namen „ZentralTopologie“ gewählt, weil das Adjektiv „radial“ in ähnlichem Zusammenhang schon anderweitig
vergeben ist.
Definition A.4.15 (Zentral-Topologie). Für alle x ∈ E definiere
σx :]0, ∞[−
→ E, t 7→ tx.
Dann ist die Zentral-Topologie τz auf E definiert als die induktive Topologie bezüglich der
Funktionenfamilie (σx )x∈E . Eine Menge U ⊆ E ist also genau dann in τz , wenn für alle x ∈ E
die Menge {t ∈]0, ∞[ | tx ∈ U } offen in ]0, ∞[ ist. In diesem Fall nennen wir X eine zentral
offene Menge. Analog definiere zentral abgeschlossen, den zentralen Abschluß etc..
Bemerkung A.4.16. Sei τ eine Topologie auf E, mit der E ein topologischer Vektorraum ist.
Dann ist τz feiner als τ .
Bemerkung A.4.17. ]0, 1[X ist zentral offen.
Beweis. Für jedes x ∈ E ist die Menge ]0, 1[x offensichtlich zentral offen. Es gilt nun
[
]0, 1[X =
]0, 1[x.
x∈X
Diese Menge ist also als Vereinigung zentral offener Mengen zentral offen.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
127
A.4.3 Kugeln (von Funktionalen zu Mengen)
Generalvoraussetzung A.4.18. Sei p in diesem Unterabschnitt A.4.3 eine Funktion von E nach
[0, ∞].
Definition A.4.19 (offene und abgschlossene Kugeln, Sphären). Sei x ∈ E und r ∈ R>0 .
Dann nennen wir
Kp (x, r) := {y ∈ E | p(y − x) < r}
die offene p-Kugel,
K p (x, r) := {y ∈ E | p(y − x) ≤ r}
die abgeschlossene p-Kugel und
Sp (x, r) := {y ∈ E | p(y − x) = r}
die p-Sphäre mit Zentrum x und Radius r.
Bemerkung A.4.20. Es gilt
1. Gilt p(0) = 0, so gilt 0 ∈ Kp (0, 1).
2. Ist p konvex, dann ist Kp (0, 1) konvex.
3. Ist p symmetrisch, so ist Kp (0, 1) symmetrisch.
Analoges gilt für K p (0, 1).
Beweis. Wir zeigen beispielhaft 2.: Sei p konvex. Seien x, y ∈ Kp (0, 1). Sei t ∈]0, 1[. Dann gilt
p(tx + (1 − t)y) ≤ tp(x) + (1 − t)p(y) < t1 + (1 − t)1 = 1,
also tx + (1 − t)y ∈ Kp (0, 1).
Bemerkung A.4.21. Sei p eine schwach positiv-homogene Funktion. Dann gilt:
1. p ist zentral stetig.
2. Kp (0, r) = rKp (0, 1) und K p (0, r) = rK p (0, 1)für alle r > 0.
3. Kp (0, 1) ist fast sternförmig und das zentrale Innere von K p (0, 1), also insbesondere zentral offen.
4. K p (0, 1) ist fast sternförmig und der zentrale Abschluß von Kp (0, 1), also insbesondere
zentral abgeschlossen.
5. Sp (0, 1) ist der zentrale Rand von Kp (0, 1) und K p (0, 1), also insbesondere zentral abgeschlossen.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
128
Die folgende Bemerkung zeigt uns, wie wir Eigenschaften von schwach positiv-homogenen
Funktionalen aus Eigenschaften ihrer Einheitskugeln ablesen können (und umgekehrt).
Bemerkung A.4.22. Sei p eine schwach positiv-homogene Funktion. Dann gilt:
1. Es gilt genau dann p(0) = 0, wenn 0 ∈ Kp (0, 1) gilt.
2. p ist genau dann konvex, wenn Kp (0, 1) konvex ist.
3. p ist genau dann symmetrisch, wenn Kp (0, 1) symmetrisch ist.
4. p ist genau dann endlich, wenn Kp (0, 1) absorbant ist.
5. p ist genau dann sublinear, wenn Kp (0, 1) absorbant und konvex ist.
6. p ist genau dann eine Halbnorm, wenn Kp (0, 1) absorbant und absolutkonvex ist.
Beweis. Wir zeigen beispielhaft 2.: Die eine Richtung wurde oben gezeigt. Sei nun Kp (0, 1)
konvex. Wir zeigen, daß p subadditiv ist. Seien x, y ∈ E. Sei ε > 0. Dann gilt
x
y
,
∈ Kp (0, 1).
p(x) + ε p(y) + ε
Es folgt
z :=
y
x
+ (p(y) + ε) p(y)+ε
(p(x) + ε) p(x)+ε
p(x) + p(y) + 2ε
∈ Kp (0, 1).
Man beachte
x + y = (p(x) + p(y) + 2ε)z.
Es gilt
p (x + y) = (p(x) + p(y) + 2ε)p(z) < p(x) + p(y) + 2ε.
Dies gilt für beliebiges ε > 0, also gilt
p(x + y) ≤ p(x) + p(y).
Bemerkung A.4.23. Sei (E, τ ) ein topologischer Vektorraum und p eine stetige, schwach positiv-homogene Funktion. Dann ist Kp (0, 1) τ -offen. K p (0, 1) und Sp (0, 1) sind τ -abgeschlossen.
Ferner gilt
Kp (0, 1) = int τ K p (0, 1)
und
Sp (0, 1) = ∂τ K p (0, 1).
Beweis. Es gilt Kp (0, 1) = p−1 ([0, 1[), also ist Kp (0, 1) als Urbild einer offenen Menge offen. Analog geht man bei K p (0, 1) und Sp (0, 1) vor. Die Menge Sp (0, 1) ist der zentrale Rand
von K p (0, 1), also enthalten in ∂τ K p (0, 1) (da τz feiner ist als τ ). Die Menge K p (0, 1) ist τ abgeschlossen, weshalb sie ihren τ -Rand enthält. Nun ist K p (0, 1) die disjunkte Vereinigung
von Kp (0, 1) und Sp (0, 1), weshalb die erste Menge das τ -Innere, die zweite der τ -Rand von
K p (0, 1) ist.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
129
A.4.4 Minkowski-Funktionale (von Mengen zu Funktionalen)
Definition A.4.24 (Minkowski-Funktional). Sei X eine Teilmenge von E. Dann definiere das
Minkowski-Funktional mX von X als
mX : E −
→ [0, ∞], x 7→ inf{t > 0 | x ∈ tX}.
Bemerkung A.4.25. Ist X ⊆ Y ⊆ E, so gilt mX ≥ mY .
Generalvoraussetzung A.4.26. Sei X in diesem Unterabschnitt A.4.4 eine Teilmenge von E.
Bemerkung A.4.27. Es gilt für alle x ∈ E und r > 0:
mX (rx) = mr−1 X (x) = rmX (x).
Insbesondere ist mX also schwach positiv-homogen.
Beweis. Es gilt
¯
¯
¯
©
ª ©
ª
©
ª
t > 0 ¯ rx ∈ tX = t > 0 ¯ x ∈ t(r−1 X) = r t > 0 ¯ x ∈ tX .
Man nehme nun das Infimum.
Bemerkung A.4.28. Es gilt X ⊆ K mX (0, 1).
Die nächsten beiden Sätze sind das Kernstück der hier vorgelgten „Dualitäts-Theorie“ für
Funktionale und Teilmengen:
Satz A.4.29. Sei p : E −
→ [0, ∞] schwach positiv-homogen. Dann gilt
p = mKp (0,1) = mK p (0,1)
Es ist K p (0, 1) die größte Menge, zu der p das Minkowski-Funktional ist.
Beweis. Sei x ∈ E. Dann gilt
mKp (0,1) (x) = inf {t > 0 | x ∈ tKp (0, 1)}
= inf {t > 0 | x ∈ Kp (0, t)}
= inf {t > 0 | t > p(x)} = p(x).
Eine ähnlich Rechnung zeigt p(x) = mK p (0,1) (x).
Satz A.4.30. Es gilt
KmX (0, 1) =]0, 1[X
und
τz
K mX (0, 1) = ]0, 1[X .
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
130
Beweis. Zur ersten Gleichung: „⊇“ ist klar. Sei nun x ∈ E mit mX (x) < 1. Setze ε := (1 −
mX (x))/2. Dann finden wir nach der Definition von mX ein t > 0 mit t ∈ [mX (x), mX (x) + ε[
mit x ∈ tX. Dann gilt aber t ∈]0, 1[ und somit x ∈]0, 1[X.
Die zweite Gleichung folgt aus der ersten, wenn man auf beiden Seiten den zentralen Abschluß nimmt.
Korollar A.4.31. Es gilt genau dann X = KmX (0, 1), wenn X fast sternförmig und zentral offen
ist. Analoges gilt für die abgeschlossene Kugel.
Im nächsten Satz finden sich die klassischen Resultate zu Minkowski-Funktionalen:
Satz A.4.32. Es gilt
1. X ist genau dann absorbant, wenn mX endlich ist.
2. Ist X konvex, dann ist mX konvex.
3. Ist X symmetrisch, dann ist mX symmetrisch.
4. Ist X konvex und absorbant, dann ist mX sublinear.
5. Ist X absolutkonvex und absorbant, dann ist mX eine Halbnorm.
Beweis. Wir beweisen beispielhaft 2.: Sei X konvex. Dann ist auch ]0, 1[X konvex. Es gilt
mX = mKmX (0,1) = m]0,1[X .
Somit ist die offene Einheitskugel von mX konvex, also mX eine konvexe Funktion.
A.4.5 Minkowski-Funktionale in halbnormierten Räumen
In diesem Unterabschnitt arbeite ich schon ein wenig auf den Begriff der kugelartigen Menge
hin, den ich im nächsten Abschnitt einführen werde.
Generalvoraussetzung A.4.33. Sei E ein R-Vektorraum und k·k eine Halbnorm auf E. Sei
X ⊆ E.
Bemerkung A.4.34. Ist X eine konvexe Nullumgebung, so ist mX Lipschitz-stetig.
¡
¢
Beweis. Wir finden ein C > 0 mit Kk·k 0, 1/C ⊆ X. Dann gilt
mX ≤ mKk·k (0, 1/C) = mC −1 Kk·k (0, 1) = C mKk·k (0, 1) = C k·k .
Nach Bemerkung A.4.10 ist mX Lipschitz-stetig mit Lipschitz-Konstante C.
Bemerkung A.4.35. Ist X eine abgeschlossene, konvexe Nullumgebung, dann gilt:
KmX (0, 1) = int X
und
SmX (0, 1) = ∂X.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
131
Beweis. X ist abgeschlossen, also insbesondere zentral abgeschlossen. Ferner ist X sternförmig.
Es gilt also X = K mX (0, 1) nach Korollar A.4.31. Ferner ist mX stetig. Nach Bemerkung A.4.23
folgen dann die beiden obigen Aussagen.
Bemerkung A.4.36. Ist X beschränkt, so gibt es ein c > 0 mit c k·k ≤ mX . Insbesondere ist
mX definit, wenn k·k eine Norm ist.
¡
¢
Beweis. Wir finden ein c > 0 mit X ⊆ Kk·k 0, 1/c . Wir erhalten analog zum letzten Beweis:
c k·k ≤ mKk·k (0, 1/c) ≤ mX .
A.5 Kugelartige Mengen
In diesem Abschnitt analysiere ich spezielle abgeschlossene Teilmengen von normierten Räumen, die ich hier kugelartig nennen möchte. Zu diesen gehören abgeschlossene Kugeln, aber
auch Mengen im Rn wie Zylinder und Simplizes. Ich führe als weitere Ad-hoc-Bezeichnung die
randerhaltenden Homöomorphismen ein und zeige, daß alle kugelartigen Mengen in einem normierten Raum berandet homöomorph zur abgeschlossenen Einheitskugel sind. Diese Aussage
benutzen wir bei der Analyse von Simplizialkomplexen in Unterabschnitt 3.3.4.
Wesentliches Beweishilfsmittel in diesem Abschnitt ist das Minkowski-Funktional. Im vorangegangen Abschnitt habe ich die Monkowski-Funktionale systematisch untersucht und fasse
ihre für diesen Abschnitt notwendigen Eigenschaften in Lemma A.5.5 zusammen.
Generalvoraussetzung A.5.1. Sei in diesem Abschnitt E ein normierter Raum.
Definition A.5.2 (kugelartig). Sei X eine Teilmenge von E. Die Menge X heißt kugelartig (in
E), wenn X abgeschlossen, konvex und beschränkt ist und einen inneren Punkt besitzt.
Beispiel A.5.3. Die abgeschlossene Einheitskugel von E ist eine kugelartige Nullumgebung in
E.
Bemerkung A.5.4. Sei F ein weiterer normierter Raum, seien X ⊆ E und Y ⊆ F kugelartig.
Dann ist X × Y kugelartig in E × F .
Beweis. Produkte abgeschlossener Mengen sind abgeschlossen, und Produkte konvexer Mengen
sind konvex und Produkte beschränkter Mengen sind beschränkt. Wenn x ein innerer Punkt von
X ist und y ein innerer Punkt von Y , so ist (x, y) ein innerer Punkt von X × Y .
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
132
Das folgenden Lemma ist ein Destilat aus dem vorangegangen Abschnitt über MinkowskiFunktionale. Die unter 1. benutzten Begriffe sind dort definiert.
Lemma A.5.5. Sei X eine kugelartige Nullumgebung in E. Dann hat das Minkowski-Funktional
mX von X die folgenden Eigenschaften:
1. mX ist sublinear, definit und Lipschitz-stetig.
2. ∃c, C > 0 ∀x ∈ E : c kxk ≤ mX (x) ≤ C kxk.
3. Es gilt
(a) X = {x ∈ E | mX (x) ≤ 1}
(b) int X = {x ∈ E | mX (x) < 1}
(c) ∂X = {x ∈ E | mX (x) = 1}.
Definition A.5.6. Seien X, Y kugelartige Nullumgebungen in E. Seien mX und mY die zugehörigen Minkowski-Funktionale. Definiere
(
0
falls x = 0
.
→ E, x 7→ mX (x)
fXY : E −
x sonst
mY (x)
Lemma A.5.7. Seien X, Y kugelartige Nullumgebungen in E. Dann ist fXY eine Homöomorphismus von E nach E mit Umkehrfunktion fY X . Ferner gilt:
mY ◦ fXY = mX .
Beweis. Wir beobachten zuerst, daß fXY schwach positiv-homogen ist.
Nun zur behaupteten Gleichung: Für x = 0 ist sie klar. Sei x ∈ E \ {0}. Dann gilt wegen der
Homogenität von mY :
¶
µ
mX (x)
mX (x)
mY (fXY (x)) = mY
x =
mY (x) = mX (x).
mY (x)
mY (x)
Außerhalb von 0 ist fXY offenbar stetig. Wegen Lemma A.5.5 2. finden wir eine Konstante
K > 0 mit der Eigenschaft
∀x ∈ E : fXY (x) ≤ K kxk .
Somit ist fXY auch stetig in 0.
Wir berechnen nun die Hintereinanderausführung fY X ◦ fXY . Wenn wir gezeigt haben, daß
dies die Identität auf E ist, so sind wir fertig.
Es gilt
fY X (fXY (0)) = fY X (0) = 0.
Sei x ∈ E \ {0}. Es gilt
fY X (fXY (x)) = fY X
µ
mX (x)
x
mY (x)
¶
=
mX (x)
mX (x) mY (x)
fY X (x) =
x = x.
mY (x)
mY (x) mX (x)
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
133
Definition A.5.8 (randerhaltend homöomorph). Seien X und Y abgeschlossene Teilmengen
von E. Eine Homöomorphismus f : X −
→ Y heißt randerhaltend, wenn er die topologischen
Ränder von X und Y bijektiv aufeinander abbildet, wenn also gilt:
f (∂X) = ∂Y.
Die Räume X und Y heißen randerhaltend homöomorph, wenn es einen randerhaltenden Homöomorphismus von X nach Y gibt.
Bemerkung A.5.9. Es ist randerhaltend homöomorph zu sein eine Äquivalenzrelation auf den
abgeschlossenen Teilmengen von E.
Satz A.5.10. Seien X, Y kugelartig in E. Dann ist X randerhaltend homöomorph zu Y .
Beweis. Sei ohne Einschränkung 0 ein innerer Punkt von X und von Y (ansonsten verschiebe X
und Y entsprechend). Nach dem vorangegangenen Lemmata gilt fXY (X) ⊆ Y und fXY (∂X) ⊆
∂Y . Entsprechendes gilt für fY X . Somit ist fXY |X ein randerhaltender Homöomorphismus von
X nach Y
Korollar A.5.11. Sei X kugelartig in E. Dann ist X randerhaltend homöomorph zur abgeschlossenen Einheitskugel von E.
A.6 Parakompaktheit
Im letzten Abschnitt dieses Anhangs werden diejenigen Ergebnisse zum Stichwort „Parakompaktheit“ zusammengefaßt, die in Abschnitt 3.4 benötigt werden.
Definition A.6.1 (Verfeinerung einer Übedeckung). Sei M eine Menge und U eine Überdeckung von M . Dann heißt U 0 eine Verfeinerung von U, wenn U 0 eine Überdeckung von M
ist und jedes Element von U 0 in einem von U enthalten ist.
Definition A.6.2 (lokal-endlich). Sei X ein topologischer Raum und U eine Menge von Teilmengen von X. Dann heißt U lokal-endlich, wenn jedes x ∈ X eine Umgebung V besitzt, die
nur endlich viele Elemente von U schneidet.
Definition A.6.3 (Träger einer Funktion). Sei M eine Menge, V ein Vektorraum und f : M
−
→ V eine Funktion. Dann Definiere den Träger von f als die Menge
supp f := {m ∈ M : f (m) 6= 0}.
Definition A.6.4 (parakompakt). 12 Ein topologischer Raum X heißt parakompakt, wenn er
Hausdorffsch ist und die folgende Bedingung erfüllt:
• Jede offene Überdeckung U von X hat eine lokal-endliche offene Verfeinerung.
12
Vergleiche [Bou89b], I.9.10 Definition 6
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
134
Bemerkung A.6.5. Jeder kompakte und jeder diskrete Raum sind parakompakt.
Satz A.6.6.
13
Jeder parakompakte Raum ist normal.
Definition A.6.7 (untergeordnet). 14 Sei I eine Menge und (Ai )i∈I eine Familie von Teilmengen
eines topologischen Raumes X. Eine Familie (fi )i∈I von Funktionen von X nach R heißt der
Familie (Ai )i∈I untergeordnet, wenn supp fi ⊆ Ai für alle i ∈ I gilt.
Ist A eine Menge von Teilmengen von X, dann ist eine A untergeordnete Familie von
Funktionen von X nach R eine über A indizierte Familie mit der Eigenschaft
∀A ∈ A : supp fA ⊆ A.
Definition A.6.8 (stetige Teilung der Eins). 15 Eine (über I indizierte) stetige Teilung der Eins
auf X ist eine Familie (fi )i∈I von stetigen nicht-negativen Funktionen auf X, deren Träger eine
lokal-endliche Familie bilden und die folgende Bedingung erfüllt:
X
∀x ∈ X :
fi (x) = 1.
i∈I
Satz A.6.9.
16
Für einen Hausdorffraum X sind äquivalent:
1. X ist parakompakt.
2. Zu jeder offenen Überdeckung U von X gibt es eine stetige Teilung der Eins, die U untergeordnet ist.
Satz A.6.10.
13
17
Jeder metrisierbare Raum ist parakompakt.
Siehe [Bou89b], IX,4.4, Proposition 4.
Vergleiche [Bou89b], IX.4.3, Definition 3.
15
Vergleiche [Bou89b], IX.4.3, Definition 3
16
Siehe [Bou89b], IX.4.4, Korollar 1.
17
Siehe [Bou89b], IX.4.5, Theorem 4.
14
Anhang B
Das Rechnen mit Kardinalzahlen
Da in dieser Arbeit mit unendlichen Mächtigkeiten und Kardinalzahlen, meist in Form von Dimensionen, gerechnet wird, möchte ich in diesem Anhang1 an die entsprechenden Begriffe und
Rechenregeln erinnern, ohne Beweise anzugeben. Ich setze hierbei stillschweigend das Auswahlaxiom voraus. Besonders hervorheben möchte ich Satz B.2.15 über das Rechnen mit unendlichen
Mächtigkeiten („κ · κ = κ“).
B.1 Gleichmächtigkeit
Definition B.1.1 (gleichmächtig, mächtiger). Seien A und B Mengen. Dann sagen wir
• A ist gleichmächtig zu B, geschrieben A ∼ B, wenn es eine Bijektion von A auf B gibt.
• A ist nicht mächtiger als B (A ¹ B), wenn es eine Injektion von A nach B gibt.
• A ist (echt) mächtiger als B (B ≺ A) wenn B nicht mächtiger als A, aber auch nicht
gleichmächtig ist.
Satz B.1.2. Auf der Klasse aller Mengen ist ∼ eine Äquivalenzrelationen. Wir sagen deshalb
auch A und B seien gleichmächtig, wenn A zu B gleichmächtig ist. Ferner gilt für alle Mengen
A, B und C:
• Es gilt A ¹ A (Reflexivität von ¹).
• Aus A ¹ B ¹ C folgt A ¹ C (Transitivität von ¹).
• Es gilt A ¹ B oder B ¹ A (Vergleichbarkeit von Mengen).
• Gilt A ¹ B und B ¹ A, so folgt A ∼ B (Satz von Schröder-Bernstein).
1
Mehr dazu findet sich in der einführenden Literatur über Mengenlehre, beispielsweise in [Obe94].
135
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
136
B.2 Kardinalzahlen
B.2.1 Einführung
Man würde gerne, wie für endliche Mengen üblich, auch jeder unendlichen Menge A sinnvoll
eine „Zahl“ |A| zuordnen, genannt die Mächtigkeit von A, also eine hinreichende Gleichmächtigkeits-Invariante. Die einfachste Möglichkeit wäre, jeder Menge ihre Äquivalenzklasse unter
der Relation ∼ zuzuordnen. Diese Klasse ist aber dann fast immer keine Menge, weshalb der
Umgang mit diesem Mächtigkeitsbegriff sehr umständlich ist. Besser wäre es, aus jeder Äquivalenzklasse einen Repräsentanten zu konstruieren, den man stattdessen nehmen könnte.
John von Neumann hat 1928 zu diesem Zwecke die Klasse Cn der Kardinalzahlen definiert.
Die genaue Definition dieser Klasse besprechen wir hier nicht. Ich verweise hierfür auf [Obe94]
Kapitel IV, speziell Definition 27.2.
Satz B.2.1. Die Klasse Cn hat die folgenden Eigenschaften:
• Für jede Menge M gibt es genau ein Element κ von Cn, das zu M gleichmächtig ist.
• Jede natürliche Zahl und die Null sind Elemente von Cn (wobei die Null als ∅ aufgefaßt
wird, die Eins als {∅} = {0}, die Zwei als {∅, {∅}} = {0, 1} etc., so daß jede natürliche
Zahl n gerade eine n-elementige Menge ist).
• Die Menge N0 ist ein Element von Cn, wird hier jedoch als ℵ0 bezeichnet (lies: AlephNull). Sie ist das einzige abzählbar-unendliche Element von Cn.
• Betrachtet man Cn mit der Relation ¹, für Kardinalzahlen geschrieben ≤, so ist dies eine
total geordnete Klasse. Genauer gilt sogar: Jede nicht-leere Teilmenge von Cn besitzt ein
kleinstes Element („Wohlordnung“).
• ℵ0 ist die kleinste unendliche Kardinalzahl.
• Es gibt unendlich viele unendliche Kardinalzahlen.
Definition B.2.2 (Mächtigkeit einer Menge). Wegen des ersten Punktes des letzten Satzes können wir jeder Menge A ein eindeutig bestimmtes Element |A| ∈ Cn gleicher Mächtigkeit zuordnen. Dieses nennen wir dann die Kardinalzahl oder Mächtigkeit von A.
Bemerkung B.2.3. Nach Setzung gilt für alle Mengen A, B:
A ∼ B ⇔ |A| = |B|
und
A ¹ B ⇔ |A| ≤ |B| .
Ferner fällt für endliche Mengen unsere Setzung mit der üblichen Mächtigkeitsdefinition zusammen. Alle abzählbar unendlichen Mengen haben Mächtigkeit ℵ0 .
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
137
B.2.2 Rechnen mit Kardinalzahlen
Statt arithmetische Operationen direkt auf Cn zu definieren, notieren wir sie gleich in einer Form,
in der augenfällig wird, was sie für die „Mächtigkeitsfunktion“ |·| bedeuten. Die Wohldefiniertheit dieser Setzungen müßte man im einzelnen noch dadurch Nachweisen, daß man zeigt, daß
diese Setzungen robust sind gegenüber dem Übergang zu gleichmächtigen Mengen.
Definition B.2.4 (arithmetische Operationen auf Kardinalzahlen). Seien κ und λ Kardinalzahlen. Dann setze 2
• κ + λ := |{1} × κ ∪ {2} × λ|;
• κ · λ := |κ × λ|;
• κλ := |F(λ, κ)|.
Diese Definition ist gerade so gemacht, daß die folgenden einfachen Rechenregeln für die
Mächtigkeiten von Mengen gelten.
Bemerkung B.2.5 (Rechnen mit Mächtigkeiten). Seien A und B Mengen. Dann gilt
• |A| + |B| := |{1} × A ∪ {2} × B|;
• |A| · |B| := |A × B|;
¯ ¯
• |A||B| := ¯AB ¯.
Bemerkung B.2.6. Für endliche Kardinalzahlen decken sich diese Rechenregeln mit den Rechenregeln in N0 .
Beispiel B.2.7. Da die disjunkte Vereinigung zweier abzählbar unendlicher Mengen wiederum
abzählbar unendlich ist, gilt
ℵ0 + ℵ0 = ℵ0 .
Satz B.2.8 (Eigenschaften der Addition). Seien κ, κ0 , λ, λ0 und µ Kardinalzahlen.
Dann gilt
• Monotonie: Gilt κ ≤ κ0 und λ ≤ λ0 , so folgt κ + λ ≤ κ0 + λ0 ;
• Kommutativität: Es gilt κ + λ = λ + κ;
• Assoziativität: Es gilt (κ + λ) + µ = κ + (λ + µ);
• Neutrales Element: Es gilt κ + 0 = κ.
Satz B.2.9 (Eigenschaften der Multiplikation). Seien κ, κ0 , λ, λ0 und µ Kardinalzahlen. Dann
gilt
In der letzten Setzung habe ich F(λ, κ) für die Menge der Funktionen von λ nach κ geschrieben, um κλ nicht
auch auf der Rechten Seite zu benutzen.
2
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
138
• Monotonie: Gilt κ ≤ κ0 und λ ≤ λ0 , so folgt κ · λ ≤ κ0 · λ0 ;
• Kommutativität: Es gilt κ · λ = λ · κ;
• Assoziativität: Es gilt (κ · λ) · µ = κ · (λ · µ);
• Neutrales Element: Es gilt κ · 1 = κ;
• Null-Element: Es gilt κ · 0 = 0.
B.2.3 Lange Summen und Produkte
Definition B.2.10 (lange Summen und Produkte). Sei I eine Menge und (κi )i∈I eine Familie
von Kardinalzahlen. Dann definieren wir
¯
¯
·
¯
¯[
X
¯
¯
(disjunkte Vereinigung!)
κi := ¯
κi ¯
¯ i∈I ¯
i∈I
und
Y
i∈I
¯
¯
¯Y ¯
¯
¯
κi := ¯ κi ¯ ,
¯
¯
i∈I
wobei auf der rechten Seite das kartesische Produkt der Mengen κi gemeint ist.
Die folgenden Sätze geben uns Rechenregeln für diese langen Summen und Produkte an die
Hand.
Satz B.2.11 (Monotonie der langen Summen und Produkte). Sei I eine Menge, und seien
(κi )i∈I , (λi )i∈I Familien von Kardinalzahlen mit κi ≤ λi für alle i ∈ I. Dann gilt
X
X
κi ≤
λi
i∈I
und
Y
i∈I
i∈I
κi ≤
Y
λi .
i∈I
Satz B.2.12. Sei I eine Menge und (Ai )i∈I eine Familie von Mengen. Dann gilt für die nicht
unbedingt disjunkte Vereinigung:
¯
¯
¯[ ¯ X
¯
¯
|Ai | .
¯ Ai ¯ ≤
¯
¯
i∈I
i∈I
Wir betrachten noch den Fall, daß alle Summen bzw. Faktoren einer langen Summe bzw.
eines langen Produktes gleich sind.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
139
Satz B.2.13. Es sei I eine Menge und κ eine Kardinalzahl. Dann gilt
X
κ = κ · |I|
i∈I
und
Y
κ = κ|I| .
i∈I
Der erste Teil des letzten Satzes läßt sich auf den folgenden zurückführen:
Satz B.2.14. Sei I eine Menge, κ eine Kardinalzahl und (λi )i∈I eine Familie von Kardinalzahlen.
Dann gilt
X
X
κ · λi = κ ·
λi .
i∈I
i∈I
B.2.4 Das Rechnen mit unendlichen Kardinalzahlen
Satz B.2.15. Sei κ eine unendliche Kardinalzahl. Dann gilt
κ · κ = κ.
Korollar B.2.16. Seien κ, λ unendliche Kardinalzahlen. Dann gilt
κ + λ = κ · λ = max{κ, λ}.
Korollar B.2.17. Sei κ eine unendliche Kardinalzahl. Dann gilt für alle n ∈ N:
κ = n · κ = n + κ = ℵ0 · κ = ℵ0 + κ.
Korollar B.2.18. Sei A eine unendliche Menge und 0 < κ ≤ |A|. Dann gibt es Partition von A
der Mächtigkeit κ in Mengen der Mächtigkeit |A|.
Definition B.2.19 (Pe (A)). Sei A eine Menge. Dann definiere Pe (A) als die Menge der endlichen Teilmengen von A.
Als Korollar aus Satz B.2.15 folgern wir den folgenden Satz. Man kann seinen Beweis auch
ohne größere Schwierigkeiten direkt führen.
Satz B.2.20. Sei A eine unendliche Menge. Dann gilt
|Pe (A)| = |A| .
Beweis. Für jedes k ∈ N0 sei Pk (A) die Menge der k-elementigen Teilmengen von A. Für jedes
k ∈ N gilt
¯ ¯
|A| ≤ |Pk (A)| ≤ ¯Ak ¯ = |A|k = |A| .
S
Ferner gilt |P0 (A)| = 1. Offenbar gilt Pe (A) = k∈N Pk (A), wobei diese Vereinigung disjunkt
ist. Es gilt somit
X
X
|Pe (A)| =
|Pk (A)| = 1 +
|A| = 1 + ℵ0 |A| = |A| .
k∈N0
k∈N
Anhang C
Kategorieller Anhang
In diesem Anhang werden die Grundlagen der Kategorientheorie skizziert. Es wird dabei nicht
nur das kategorielle Vokabular zur Verfügung gestellt, das in dieser Arbeit an verschiedenen Stellen gebraucht wird, sondern auch der begriffliche Rahmen beleuchtet, indem etwa Definitionen
mit Beispielen plastisch gemacht und elementare Zusammenhänge der Begriffe untereinander
angegeben werden.
C.1 Grundlegende Definitionen
Generalvoraussetzung C.1.1. Bezeichne S in diesem Anhang die Klasse aller Mengen.
C.1.1 Kategorien
Definition C.1.2 ((abstrakte) Kategorie).
1
Eine Kategorie K ist ein Tripel
K = (O, (hom(A, B))(A,B)∈O×O , (◦ABC )(A,B,C)∈O3 ),
wobei
1. O eine Klasse ist, deren Elemente K-Objekte oder Objekte von K genannt werden,
2. jedem geordneten Paar (A, B) von K-Objekten eine Menge hom(A, B) zugeordnet ist,
deren Elemente Morphismen von A nach B genannt werden;
3. für jedes geordnete Tripel (A, B, C) von K-Objekten eine Komposition
◦ABC : hom(B, C) × hom(A, B) −
→ hom(A, C)
definiert ist, die wir, wenn keine Gefahr von Mißverständnissen besteht, generell mit ◦
bezeichnen werden.
1
Nach [Sch70], jedoch mit der wichtigen Änderung, daß die Morphismenmengen nicht wie bei Schubert disjunkt
sein müssen. Siehe dort Definition 1.1.1. Vergleiche auch [HS79], Kapitel III, Definition 3.1 und die Bemerkung
nach Definition 3.4.
140
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
141
Es sollen dabei folgende Bedingungen erfüllt sein:
1. Assoziativität der Komposition. Sind h ◦ g und g ◦ f erklärt, so gilt stets
(h ◦ g) ◦ f = h ◦ (g ◦ f ).
2. Identitäten. Für jedes Objekt A gibt es einen2 identischen oder Eins-Morphismus 1A ∈
hom(A, A), auch genannt IdA , für den
1A ◦ f = f,
g ◦ 1A = g
stets gilt, wenn die beiden linken Seiten erklärt sind.
Die Klasse O der K-Objekte wird dabei auch |K| oder Obj(K) genannt. Möchte man Mißverständnisse vermeiden, so nennt bezeichnet man hom auch mit homK .
Notation C.1.3. Ist ein K-Morphismus f ein Element von hom(A, B), wobei A und B Objekte
f
von K sind, schreiben wir auch f : A −
→ B oder A −
→ B.
Beispiele C.1.4 (von Kategorien).
3 4
1. Die Kategorie Set (oder auch Ens), deren Objektklasse S ist, für die hom(A, B) für zwei
Mengen A und B aus der Menge aller Funktionen von A nach B besteht und für die die
Hintereinanderausführung von Funktionen als Komposition gewählt ist, heißt Kategorie
der Mengen.
2. Die Kategorie Grp, deren Objekte die Gruppen sind, zusammen mit den Gruppenhomomorphismen und der Hintereinanderausführung, heißt Kategorie der Gruppen.
3. Die Kategorie Top, deren Objekte alle topologischen Räume, für die die Morphismen die
stetigen Abbildungen sind und die Komposition die Hintereinanderausführung ist, heißt
Kategorie der topologischen Räume.
4. Für jeden Körper K heißt die Kategorie K VectSp, deren Objekte die K-Vektorräume sind,
zusammen mit den K-linearen Abbildungen und der Hintereinanderausführung, die Kategorie der K-Vektorräume.
5. Die Kategorie K NormSp (bzw. K BanSp, K PreHilbSp, K HilbSp), deren Objekte die normierten K-Vektorräume (bzw. Banach-, Prä-Hilbert-, Hilberträume) sind, zusammen mit
den stetigen K-linearen Abbildungen, heißt die Kategorie der normierten K-Vektorräume (bzw. Banach-, Prä-Hilbert-, Hilberträume). Wir schreiben auch kurz NormSp für
K NormSp etc..
2
Zur Eindeutigkeit, eines solchen Morphismus, die leicht zu zeigen ist, siehe C.3.4.
Für weitere Beispiele siehe [Sch70] Abschnitt 1.2 und [HS79], Kapitel III, Abschnitt 3.5.
4
Warnung: Die hier eingeführten Bezeichnungen sind bis auf die ersten vier selbstgebaut.
3
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
142
6. Die Kategorie K NormAlg (bzw. K BanAlg), deren Objekte die normierten K-Algebren
(bzw. Banach-Algebren) sind, zusammen mit den stetigen K-linearen Algebren-Homomorphismen, heißt die Kategorie der normierten K-Algebren (bzw. Banach-Algebren).
Wir schreiben auch kurz NormAlg für K NormAlg etc..
7. Die Kategorie K C ∗ -Alg deren Objekte die C ∗ -Algebren über K sind, zusammen mit den
∗-Homomorphismen, heißt die Kategorie der C ∗ -Algebren.
8. Die Kategorie, deren Objektklasse die Klasse S aller Mengen ist, für die aber für je zwei
Mengen A und B die Morphismenmenge hom(A, B) nicht aus der Menge aller Funktionen von A nach B, sondern aus der Menge P(A × B) aller Relationen zwischen A und B
besteht, zusammen mit der Komposition von Relationen wir als Kategorie der Mengenkorrespondenzen genannt.
C.1.2 Isomorphismen
Definitionssatz C.1.5 (Isomorphismus, isomorph). 5 Sei K eine Kategorie und deien A, B ∈
Obj(K). Ein Morphismus f : A −
→ B heißt Isomorphismus von A nach B, wenn es einen
Morphismus g : B −
→ A gibt mit
g ◦ f = 1A
und
f ◦ g = 1B ,
in welchem Fall g eindeutig bestimmt ist und generell mit f −1 bezeichnet wird. f −1 ist dann
ebenfalls ein Isomorphismus, und es gilt (f −1 )−1 = f . Die Objekte A und B heißen isomorph,
wenn es einen Isomorphismus von A nach B gibt.
Beweis. Sei f ein Isomorphismus von A nach B und g : B −
→ A mit g ◦ f = 1A und f ◦ g = 1B .
Sei g 0 : B −
→ A ein weiterer solcher Morphismus. Dann gilt
g = g ◦ 1B = g ◦ (f ◦ g 0 ) = (g ◦ f ) ◦ g 0 = 1A ◦ g 0 = g 0 .
Also ist das Inverse von f eindeutig. Offenbar ist f −1 dann auch ein Isomorphismus mit Inversem
f.
Satz C.1.6. Sei K eine Kategorie. Dann definiert die Isomorphie eine Äquivalenzrelation auf der
Klasse der K-Objekte.
Beweis. Offenbar ist für jedes Objekt A der Identitätsmorphismus 1A ein Isomorphismus. Die
Symmetrie wurde bereits in der letzten Nummer behandelt. Seien nun A, B und C Objekte von K
und f : A −
→ B sowie g : B −
→ C Isomorphismen. Dann ist g ◦ f : A −
→ C ein Isomorphismus
von A nach C mit Umkehrfunktion f −1 ◦ g −1 , denn es gilt
(f −1 ◦ g −1 ) ◦ (g ◦ f ) = f −1 ◦ 1B ◦ f = f −1 ◦ f = 1A
und vice versa. Also ist A isomorph zu B.
5
Vergleiche [HS79], Kapitel IV, Definition 5.13 ff und [Sch70], Abschnitt 1.3.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
Beispiele C.1.7.
gen.
143
1. In der Kategorie Set ist die Isomorphie die Gleichmächtigkeit von Men-
2. In der Kategorie Top der topologischen Räume ist die Isomorphie die Homöomorphie.
3. In den Kategorien Grp bzw. K VectSp ist die Isomorphie die normale Isomorphie von
Gruppen bzw. K-Vektorräumen (wobei K ein Körper sei).
C.1.3 Konkrete Kategorien
Definition C.1.8 (konkrete Kategorie). 6 Eine konkrete Kategorie ist ein Tripel
¡
¢
K = O, (Z(A))A∈O , (hom(A, B))(A,B)∈O×O ,
wobei
1. O eine Klasse ist, deren Elemente wiederum K-Objekte genannt werden;
2. Z(A) für jedes K-Objekt A eine Menge ist, die wir als die dem Objekt A zugrundeliegende Menge bezeichnen;
3. für jedes geordnete Paar (A, B) von K-Objekten hom(A, B) eine Menge von Funktionen
von der A zugrundeliegenden Menge Z(A) in die B zugrundeliegende Menge Z(B) ist,
deren Elemente Morphismen von A nach B genannt werden;
wobei die folgenden Bedingungen erfüllt sein müssen:
1. sind A, B und C jeweils K-Objekte, f ∈ hom(A, B) und g ∈ hom(B, C), so ist die
Hintereinanderausführung g ◦ f ein Element von hom(A, C);
2. für jedes K-Objekt A ist die identische Funktion IdZ(A) ein Element von hom(A, A).
Offenbar kann man leicht aus jeder konkreten Kategorie eine Kategorie im erstgenannten Sinne
machen.
Beispiele C.1.9 (konkreter Kategorien). Set, Grp, Top und
konkrete Kategorien auffassen.
K VectSp
können wir auch als
C.1.4 Teil- und Quotientenkategorien
Teilkategorien
Definition C.1.10 ((volle) Teilkategorie). 7 Eine Kategorie T wird Teilkategorie einer Kategorie K genannt, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
6
7
siehe [HS79], Kapitel III, Definition 2.1.
Vergeiche [HS79], Kapiel III, Definition 4.1 und [Sch70], Abschnitt 1.6.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
144
1. Obj(T ) ⊆ Obj(K).
2. Für alle A, B ∈ Obj(T ) gilt homT (A, B) ⊆ homK (A, B).
3. Die Kompositionen in T sind die Einschränkungen von denen in K, d.h. kurz: Die Komposition in T rührt von K her.
4. Jede Identität in T ist schon eine in K, d.h. gehört das K-Objekt A zu T , so auch der in K
vorliegende identischen Morphismus 1A .
Eine Teilkategorie T einer Kategorie K heißt volle Teilkategorie, wenn für alle Objekte A, B ∈
Obj(T ) schon Gleichheit in (2), also
homT (A, B) = homK (A, B)
gilt.
Beispiele C.1.11.
1. Jede Kategorie K ist volle Teilkategorie von sich selbst.
2. Sei K eine Kategorie und A ∈ Obj(K) ein K-Objekt. Dann ist die Teilkategorie, die man
gewinnt, wenn man A als einziges Objekt und ganz hom(A, A) als Morphismen nimmt,
eine volle Teilkategorie von K.
3. Die Kategorie der Hausdorffräume (mit den stetigen Abbildungen dazwischen) ist eine
volle Teilkategorie von Top.
4. Die Kategorie der Ringe mit Einselement (mit unitalen Ringhomomorphismen dazwischen) ist eine nicht-volle Teilkategorie der Kategorie aller Ringe (mit allen Ringhomomorphismen). Es gibt nämlich zwischen unitalen Ringen auch Ringhomomorphismen, die
das Einselement nicht erhalten, etwa die Nullabbildung.
Quotientenkategorien
Definition C.1.12 (Kongruenz). 8 Unter einer Kongruenz auf einer Kategorie K versteht man
eine Familie (∼AB )(A,B)∈Obj(K)×Obj(K) , mit folgenden Eigenschaften:
1. Für je zwei K-Objekte A und B ist ∼AB eine Äquivalenzrelation auf der Morphismenmenge homK (A, B).
2. ∼ ist mit der Komposition von K-Morphismen verträglich, das heißt sind g ◦ f und g 0 ◦ f 0
definiert, und gilt f ∼ f 0 und g ∼ g 0 , so folgt
g ◦ f ∼ g0 ◦ f 0
(wobei wir hier, wie auch sonst, wenn keine Mißverständnisse zu befürchten sind, die
Indizes unterdrückt haben).
8
Vergeiche [HS79], Kapiel III, Definition 4.4 und [Sch70], Abschnitt 6.4.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
145
Definitionssatz C.1.13 (Quotientenkategorie). Sei ∼ eine Kongruenz auf einer Kategorie K.
g
Für je zwei Objekte A, B von K sei hom(A,
B) die Menge hom(A, B)/ ∼AB und die Komposition ◦˜ der Restklassen sei vertreterweise definiert, was³ wegen der Bedingung
an eine Kongruenz
´
g
geht. Dann ist Obj(K) mit den Morphismenmengen hom(A,
B)
und der Komposition ◦˜
(A,B)
eine Kategorie, genannt die Quotientenkategorie von K bezüglich ∼, geschrieben K/∼ .
Beweis. Die Komposition ist assoziativ, weil sie vertreterweise assoziativ ist. Die Identitätsmorphismen der Quotientenkategorie sind die Restklassen der Identitätsmorphismen der Ausgangskategorie.
Anmerkung C.1.14. Das Paradebeispiel einer Kongruenz, die Homotopierelation, wird an anderer Stelle in dieser Arbeit behandelt. Es gibt aber noch andere interessante Beispiele für Kongruenzen:
Beispiel C.1.15. Sei K die Kategorie der normierten K-Vektorräume zusammen mit den stetigen
linearen Abbildungen. Für zwei Objekte X und Y von K sei K(X, Y ) der Raum der kompakten
Operatoren von X nach Y und wir definieren die Äquivalenzrelation ∼XY auf L(X, Y ) durch
S ∼XY T :⇔ S − T ∈ K(X, Y ) für alle S, T ∈ L(X, Y ).
Dann ist ∼ eine Kongruenz auf K.
Beweis. Seien X, Y und Z K-Objekte und S1 , S2 ∈ L(X, Y ) und T1 , T2 ∈ L(Y, Z). Es gelte
S1 ∼ S2 und T1 ∼ T2 . Dann gilt
T2 ◦ S2 − T − 1 ◦ S1 = (T2 − T1 ) ◦ S2 − T1 ◦ (S1 − S2 ).
Da die Hintereinanderausführung von kompakten mit stetigen und stetigen mit kompakten Operatoren kompakt ist und ferner die Summe kompakter operatoren kompakt ist, gilt T2 ◦ S2 ∼
T1 ◦ S1 . Somit ist ∼ eine Kongruenz.
Beispiel C.1.16. Sei K die Kategorie der Maßräume, wobei die Objekte von K Tripel (Ω, A, µ)
sind, wobei Ω eine Menge, A eine σ-Algebra auf Ω und µ ein Maß auf (Ω, A) sind, und die
Morphismen zwischen zwei K-Objekten (Ω, A, µ) und (Ω0 , A0 , µ0 ) meßbaren Abbildungen f
von (Ω, A) nach (Ω0 , A0 ) sind, für die gilt
∀A0 ∈ A0 ; µ0 (A0 ) = µ(f −1 (A0 )).
Sind X = (Ω, A, µ) und X 0 = (Ω0 , A0 , µ0 ) zwei Ojekte von K, so definiere die Äquivalenzrelation ∼XX 0 auf homK (X, X 0 ) durch
f ∼XX 0 g :⇔ µ(f 6= g) = 0
für alle f, g ∈ homK (X, X 0 ).
Dann ist ∼ eine Kongruenz auf K.
Beweis. Seien X = (Ω, A, µ), X 0 = (Ω0 , A0 , µ0 ) und X 00 = (Ω00 , A00 , µ00 ) K-Objekte und f1 , f2 :
X −
→ X 0 und g1 , g2 : X 0 −
→ X 00 . es gelte f1 ∼ f2 und g1 ∼ g2 . Es gilt dann g1 ◦ f1 ∼
g1 ◦ f2 , da sich diese beiden Funktionen höchstens dort unterscheiden können, wo sich f1 und
f2 unterscheiden. Ferner gilt g1 ◦ f2 ∼ g2 ◦ f2 , da sich diese Funktionen höchstens auf dem
Urbild von {g1 6= g2 } unter f2 unterscheiden können, und das ist eine µ-Nullmenge. Somit gilt
g1 ◦ f1 ∼ g2 ◦ f2 . Somit ist ∼ eine Kongruenz.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
146
C.1.5 Dualität
Die duale Kategorie
Definitionssatz C.1.17 (duale Kategorie). 9 Jeder Kategorie K ist in kanonischer Weise eine sogenannte duale Kategorie Kop zugeordnet, im Englischen treffender auch mit „opposite
Category“bezeichnet: Die Objekte von Kop sind die von K, für alle K-Objekte A und B ist
homKop (A, B) := homK (B, A), und die Komposition g ◦op f in Kop wird als f ◦ g gesetzt, wenn
dies in K definiert ist (Umkehrung aller Pfeile).
Bemerkung C.1.18. Für jede Kategorie K gilt (Kop )op = K.
Das Dualitätsprinzip
Von Ringen (und auch von anderswo) kennt man Dualität, denn dort gibt es zu jedem Ring
einen dualen Ring, der einfach dadurch entsteht, daß man die Multiplikationsreihenfolge bei der
Ringmultiplikation vertauscht. Das führt dazu, daß man zum Beispiel etwas, das man für alle
Links-Ideale von beliebigen Ringen nachgerechnet hat, nicht auch noch für alle Rechts-Ideale
nachrechnen muß, da die Rechts-Ideale eines Ringes die Links-Ideale des dualen Ringes sind,
und für die hat man es ja insbesondere schon nachgerechnet.
Für Kategorien kann man das gleiche Prinzip sehr erfolgreich nutzen. Die Bemerkung C.1.18
erlaubt es uns, folgendermaßen zu jedem „kategoriellen Konzept“, ein duales Konzept zu finden:
Man gebe sich ein Konzept für Morphismen und Objekte vor, das man in jeder Kategorie formulieren kann. Für jede Kategorie K formuliere man dann dieses Konzept nun für die Kategorie
Kop und drücke es dann unter Zuhilfenahme der Morphismen und Objekte von K aus. Kurz: Man
drehe alle Pfeile um. Auf diese Weise erhält man das zugehörige duale Konzept für die Kategorie K. Ein Konzept heißt selbst-dual, wenn es mit seinem dualen Konzept übereinstimmt, also
invariant unter Pfeilumkehr ist (z.B. Isomorphie).
Analog kann man auch Aussagen dualisieren. Ist etwa A(K) für jedes Kategorie K eine
Aussageform über die Morphismen und Objekte von K (A also eine Aussageform in Kategorien),
so definieren wir Aop (K) := A(Kop ) für jede Kategorie K. Wegen Bemerkung C.1.18 folgt dann
das sogenannte „Dualitätsprinzip für Kategorien“10 :
Ist eine Aussageform A in Kategorien für alle Kategorien wahr, so ist auch ihre duale Aussageform Aop für alle Kategorien wahr.
Wir werden zahlreiche Beispiele für duale und selbst-duale Konzepte kennenlernen und an
mehreren Stellen aus dem Dualitätsprinzip Nutzen ziehen.
C.2 Funktoren
Ein zentraler Begriff in der Kategorientheorie ist der des Funktors. Funktoren spielen die Rolle
von „Morphismen zwischen Kategorien.“
9
10
Vergleiche [Sch70], Abschnitt 2.4 und [HS79], Definition 4.12.
Siehe auch [HS79], Nummer 4.15 und [Sch70], Nummer 2.4.6.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
147
C.2.1 Ko- und Kontravariante Funktoren
Definition C.2.1 ((kovarianter) Funktor). 11 Seien K und L Kategorien. Ein kovarianter
Funktor F : K −
→ L von K nach L, auch schlicht Funktor genannt, ist ein Paar
³
´
¡ M or ¢
F = F Obj , FAB
,
(A,B)∈Obj(K)×Obj(K)
M or
wobei F Obj eine Funktion von Obj(K) nach Obj(L) und FAB
für je zwei K-Objekte A und
Obj
Obj
B eine Funktion von homK (A, B) nach homL (F (A), F (B)) sei, die die nachfolgenden
Bedingungen erfüllen (im Folgenden werden, wenn keine Mißverständnisse zu befürchten sind,
die Indizes weggelassen):
∀A ∈ Obj(K) : F (1A ) = 1F (A)
und
F (g ◦ f ) = F (g) ◦ F (f ),
wann immer die linke Seite (und damit auch die rechte) definiert ist.
Beispiele C.2.2. (kovarianter Funktoren)
1. Identitätsfunktoren: Sei K eine Kategorie. Dann ist die Zuordnung IdK , die jedes Objekt
und jeden Morphismus von K auf sich selbst abbildet, ein Funktor, genannt der identische
Funktor.
2. Inklusionen: Sei K eine Kategorie und T eine Teilkategorie von K. Der identische Funktor auf T ist gleichzeitig ein Funktor von T nach K, den wir als Inklusionsfunktor oder
kanonische Einbettung von T in K bezeichnen.
3. Projektionen: Sei K eine Kategorie und ∼ eine Kongruenz auf ∼. Wir betrachten die Abbildung P∼ : K −
→ K/∼ , die jedes K-Objekt auf sich selbst abbildet und jeden Morphismus f auf [f ]∼ . Diese Zuordnungen definieren einen Funktor, genannt die (kanonische)
Projektion von K auf ihren Quotienten K/∼ .
4. Der Abelisierungs-Funktor: Die Zuordnungen, die jeder Gruppe G ihre Abelisierung
G/C(G), wobei C(G) den Kommutator von G bezeichnet, und jedem Homomorphismus
den induzierter Homomorphismus zuweisen, bilden einen Funktor von der Kategorie Grp
der Gruppen in sich (bzw. in die Unterkategorie Ab der abelschen Gruppen).
5. Vergiß-Funktoren: Vergiß-Funktoren sind Funktoren, die einen Teil der Struktur der Ausgangskategorie schlicht „vergessen“. Die Hauptklasse von Beispielen bilden Funktoren der
folgenden Art: Sei K eine konkrete Kategorie und Z die Funktion, die jedem Objekt von
K die zugrundeliegende Menge zuordnet, dann definiert Z einen Funktor von K nach Set,
wenn wir Z(f ) für die Funktion f , verstanden als Morphismus in Set, schreiben. Beispielsweise können wir jeder Gruppe die zugundeliegende Menge und jedem Gruppenhomomorphismus die zugrundeliegende Funktion zuordnen, und erhalten so ein klassisches
Beispiel für einen Vergiß-Funktor. Ähnliches macht man für Top.
11
Vergleiche [Sch70], Abschnitt 2.1 und [HS79], Kapitel 5, Paragraph 9.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
148
Eine weitere Klasse von Vergiß-Funktoren vernachlässigt nur einen Teil der Struktur, etwa
der kanonische Funktor von der Kategorie der R-Vektorräume in die Kategorie der abelschen Gruppen, der jedem Vektorraum die zugrundeliegende abelsche Gruppe und jedem
Vektorraumhomomorphismus den zugundeliegenden Gruppenhomomorphismus zuordnet.
Ein weiteres Beispiel aus der linearen Algebra ist das folgende: Sei K ein Teilkörper des
Körpers L. Dann kann man jeden L-Vektoraum auch als K-Vektorraum auffassen, indem
man einen Teil der skalaren Multiplikation „vergißt “. Die Zuordnungen, die jedem LVektorraum den zugrundeliegenden K-Vektorraum und jeder L-linearen Abbildung zwischen L-Vektorräumen sie selbst zuweist, bilden dann einen Vergiß-Funktor von L Mod
nach K Mod. Häufig wird dies in der Konstellation L = C und K = R angetroffen.
Eine ähnlichen Vergißfunktor findet man etwa, wenn man jedem metrischen Raum den
zugrundeliegenden topologischen Raum zuordnet.
6. Die Stone-Čech-Kompaktifizierung: Sei mit CRegT2 die volle Unterkategorie von Top
der vollständig regulären Hausdorffräume und mit CompT2 die der kompakten Hausdorffräume bezeichnet. Dann ist letztere auch eine volle Unterkategorie der ersteren. Dann
ist die Stone-Čech-Kompaktifizierungs-Zuordnung β : CRegT2 −
→ CompT2 ein Funktor.
Definition C.2.3 (kontravarianter Funktor). 12 Seien K und L Kategorien. Ein kontravarianter Funktor T : K −
→ L von K nach L ist eine Abbildung13 für Objekte und Morphismen: Jedem K-Objekt A wird ein L-Objekt T (A), jedem K-Morphismus f : A −
→ B ein L-Morphismus
T (f ) : T (B) −
→ T (A) so zugeordnet, daß gilt
∀A ∈ Obj(K) : T (1A ) = 1T (A)
und
T (g ◦ f ) = T (f ) ◦ T (g),
wann immer die linke Seite definiert ist. Das heißt also, ein kontravarianter Funktor dreht die
Pfeile um.
Beispiele C.2.4. (kontravarianter Funktoren)
1. Der Pfeil-Umkehr-Funktor: Sei K eine Kategorie. Dann ist die Abbildung von K nach
Kop , der jedes K-Objekt auf sich und jeden Morphismus auf den umgekehrten Morphismus
abbildet, ein kontravrianter Funktor, genannt OpK oder schlicht Op. Offenbar gilt OpKop ◦
OpK = IdK , oder in Kurzform Op ◦ Op = Id.
2. Der (kontravariante) Potenzmengenfunktor: Die Zuordnungen P : Set −
→ Set, die
jeder Menge A die Potenzmenge P(A), und jeder Abbildung f : A −
→ B die Funktion
f −1 : P(B) −
→ P(A) beiordnet, definieren einen kontravarianten Funktor. Die Mengen
P(A) für Mengen A haben eine zusätzliche Struktur, nämlich die einer Booleschen Algebra, die von Durchschnitt, Vereinigung und Komplementbildung für Teilmengen herrührt.
Die Funktionen P(f ) respektieren diese Struktur.
12
13
Man vergleiche [Sch70], Abschnitt 2.3 und den elganten Zugang in [HS79], Abschnitt 9.6 in Kapitel V.
Hier gilt analog, was oben zu kovarianten Funktoren gesagt wurde.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
149
Definitionssatz C.2.5. (Komposition von Funktoren) Seien K, L und M Kategorien und T : K
−
→ L sowie U : L −
→ M (kontra- oder kovariante) Funktoren. Die Zuordnungen, die jedes
K-Objekt A auf das M-Objekt U (T (A)) und jeden K-Morphismus f auf U (T (f )) abbilden,
definieren einen Funktor von K nach M, den wir als Hintereinanderausführung oder Komposition U ◦ T von U und T bezeichnen.
Bemerkung C.2.6. Die Hintereinanderausführung von Funktoren ist offenbar assoziativ. Ferner
wirken die identischen Funktoren links- bzw. rechtsneutral. Ordnet man kovarianten Funktoren
die Varianz +1 und kontravarianten die Varianz −1 zu, so ist die Varianz des Kompositums das
Produkt der Varianzen der beteiligten Funktoren.
Definition C.2.7 (Isomorphismus). Ein Funktor T : K −
→ L heißt Isomorphismus von K nach
L, wenn es einen Funktor S : L −
→ K gibt mit S ◦ T = IdK und T ◦ S = IdL .
C.2.2 Hom-Funktoren
Definition C.2.8 (kovarianter Hom-Funktor). 14 Sei K eine Kategorie und A ein K-Objekt.
Dann bezeichnen wir mit H A oder homK (A, ·) den sogenannten kovarianten Homfunktor
von K nach Set. Dieser ordnet jedem K-Objekt B die Menge homK (A, B) zu und jedem KMorphismus f : B −
→ C die Abbildung
homK (A, f ) : homK (A, B) −
→ homK (A, C), u 7→ f ◦ u.
Definition C.2.9 (kontravarianter Hom-Funktor). 15 Sei K eine Kategorie und A ein KObjekt. Dann bezeichnen wir16 mit HA oder homK (·, A) den sogenannten kontravarianten Homfunktor von K nach Set. Dieser ordnet jedem K-Objekt B die Menge homK (B, A) zu und jedem
K-Morphismus f : B −
→ C die Abbildung
homK (f, A) : homK (C, A) −
→ homK (B, A), u 7→ u ◦ f.
Definition C.2.10. (Hom-artiger Funktor)17 Ein ko- bzw. kontravarianter Funktor F von einer
Kategorie K in eine konkrete Kategorie L heißt ko- bzw. kontravarianter Hom-artiger Funktor, wenn es ein K-Objekt A so gibt, daß für den kanonischen Vergiß-Funktor V : L −
→ Set und
A
H := H : K −
→ Set bzw. H := HA : K −
→ Set gilt: H = V ◦ F .
Beispiele C.2.11. (von Hom-artigen und ähnlichen Funktoren)
1. Algebraische Dualräume: Der kontravariante Funktor von der Kategorie der K-Vektorräume K Mod in sich, der jedem K-Vektorraum den algebraischen Dualraum zuordnet, und
jeder K-linearen Abbildung die transponierte Abbildung.
14
Siehe [HS79], Kapitel V, Abschnitt 10 und [Sch70], Nummer 2.2.5.
Vergleiche [Sch70], Nummer 2.3.2 und [HS79], Kapitel V, Definition 10.2.
16
Man beachte, daß hier A als Subskript, in der letzten Definition als Superskript auftritt.
17
Vom englischen „hom-type functor“. Vergleiche [HS79], Kapitel V, Definition 10.5.
15
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
150
2. Topologische Dualräume: Der kontravariante Funktor von der Kategorie der normierten
Räume über K in die K-Banachräume, der jedem normierten Raum seinen topologischen
Dualraum zuordnet.
3. Die Algebra der „clopen sets“: Der kontravariante Funktor von Top in die Kategorie der
Booleschen Algebren, der jedem topologischen Raum die Boolesche Algebra der sowohl
offenen als auch abgeschlossenen Mengen zuordnet.
4. Cb (X, C): Der kontravariante Funktor von Top in die Kategorie der C-Banachalgebren,
der jedem topologischen Raum X die unitale, kommutative C ∗ -Algebra der stetigen beschränkten C-wertigen Funktionen auf X zuordnet.
5. Der Gelfand-Raum: Der Funktor von der Menge der kommutativen C-Banachalgebren
nach Top, der jeder solchen Algebra den lokalkompakten Hausdorffraum der Charaktere
darauf zuordnet.
Bemerkung C.2.12. Aus den letzten beiden Beispielen kann man durch Einschränkungen und
Hintereinanderausführungen den Stone-Čech-Kompaktifizierungsfunktor β gewinnen.
C.2.3 Eigenschaften von Funktoren
→ L ein Funktor. Dann bildet F jeden
Satz C.2.13. 18 Seien K und L Kategorien und F : K −
Isomorphismus f von K auf einen Isomorphismus von L ab, und zwar so, daß gilt F (f )−1 =
F (f −1 ).
Beweis. Seien A und B Objekte von K und f : A −
→ B ein Isomorphismus mit Inversem f −1 .
Da F (1A ) = 1F (A) und F (1B ) = 1F (B) , gelten
F (f ) ◦ F (f −1 ) = F (f ◦ f −1 ) = F (1B ) = 1F (B)
und
F (f −1 ) ◦ F (f ) = F (f −1 ◦ f ) = F (1A ) = 1F (A) .
Somit ist F (f ) ein Isomorphismus von F (A) nach F (B) mit Inversem F (f −1 ).
Definition C.2.14.
die Abbildungen
(C.1)
19
Seien K und L Kategorien und F : K −
→ L ein Funktor. Wir betrachten
M or
: homK (A, B) −
→ homL (F (A), F (B))
FAB
für K-Objekte A und B. Wir nennen F
• treu, wenn die Abbildungen (C.1) für jedes Paar (A, B) ∈ Obj(K) × Obj(K) injektiv
sind;
18
19
Siehe auch [HS79], Kapitel V, Proposition 12.2. und [Sch70], Definition 2.1.1.
Siehe [Sch70], Abschnitt 4.1 und [HS79], Kapitel V, Paragraph 12.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
151
• voll, wenn diese Abbildungen (C.1) alle surjektiv sind;
• völlig treu, wenn sie stets bijektiv sind;
• Einbettung, wenn F treu und F Obj ebenfalls injektiv ist;
• dicht oder repräsentativ, wenn die Klasse der Bildobjekte von F aus jeder Isomorphieklasse von L mindestens ein Objekt enthält, also wenn es für jedes B ∈ Obj(L) ein
A ∈ Obj(K) gibt, so daß B und F (A) isomorph sind.
Beispiele C.2.15.
1. Der Injektionsfunktor einer Unterkategorie T in ihre Mutterkategorie K
ist eine Einbettung. Er ist genau dann voll, wenn T eine volle Unterkategorie von K ist.
Umgekehrt bildet übrigens das Bild einer Einbettung eine Unterkategorie.
2. Der Projektionsfunktor auf einen Quotienten ist voll, aber nur in trivialen Fällen treu. Er
ist natürlich auch dicht.
3. Jeder Vergiß-Funktor von einer konkreteten Kategorie nach Set ist treu. Im allgemeinen ist
so ein Vergiß-Funktor aber weder voll noch eine Einbettung.
4. Der Vergißfunktor von der Kategorie der Körper nach Set ist weder voll noch dicht (es gibt
keinen Körper mit sechs Elementen).
Satz C.2.16. Die Hintereinanderausführung zweier Funktoren, die beide eine der fünf oben definierten Eigenschaften haben, hat auch diese Eigenschaft.
Beweis. Die Hintereinaderausführung injektiver (surjektiver, bijektiver) Funktionen ist auch injektiv (surjektiv, bijektiv), was die ersten vier Fälle klärt. Seien also F : K −
→ L und G : K
−
→ M dichte Funktoren und C ∈ Obj(M). Dann gibt es ein B ∈ Obj(L) so, daß G(B) und C
isomorph sind. Dann gibt es aber auch ein A ∈ Obj(K) so, daß F (A) isomorph zu B ist. Dann
ist F (A) isomorph zu B, also G(F (A)) isomorph zu G(B), also isomorph zu C. Somit ist G ◦ F
auch dicht.
C.3 Spezielle Morphismen
In der Kategorie Set der Mengen und Funktionen kennen wir Begriffe wie Injektivität oder Surjektivität von Morphismen. In diesem Abschnitt geht es darum, diese Begriffe für beliebige Kategorien bereitzustellen. Dies kann einmal dadurch geschehen, daß man auf Links- und RechtsInvertierbakeit abhebt und erhält die Begriff Schnitt und Retraktion. Andererseits kann man die
Links- und Rechts-Kürzbarkeit in den Mittelpunkt rücken, und erhält die Begriffe Mono- und
Epimorphismus. Um diese zu motivieren, setzen wir zunächst Kategorien und Monoide in Beziehung.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
152
C.3.1 Kategorien und Monoide
Definition C.3.1 (Endomorphismen). Ist K eine Kategorie und A ∈ Obj(K), so nennt man
homK (A, A) die Menge der Endomorphismen von A. Man schreibt für die Menge homK (A, A)
auch EndK (A).
Satz C.3.2 (Endomorphismen als Monoide). Sei K eine Kategorie und A ein Objekt von K. Es
ist dann (homK (A, A), ◦) ein Monoid.
Beweis. Die angegeben Verknüpfung auf homK (A, U ) ist laut den Bedingungen an eine Kategorie assoziativ. Das Eins-Element von (homK (A, A), ◦) ist ein neutrales Element von A.
Bemerkung C.3.3. Enthält Obj(K) ohnehin nur ein einziges Element, so kann K also schon als
ein Monoid aufgefaßt werden.
Definition und Korollar C.3.4 (Eindeutigkeit der Identität). Sei K eine Kategorie. Da in Monoiden das Eins-Element eindeutig ist, gibt es für jedes A ∈ Obj(K) nur genau einen Identitätsmorphismus, den wir dann mit gutem Recht als IdA oder 0A bezeichnen können.
Definition C.3.5 (Automorphismengruppe). Sei K eine Kategorie und A ∈ Obj(K). Die Gruppe der invertierbaren Elemente von (homK (A, A), ◦) wird Automorphismengruppe von A genannt, und die zugrundeliegende Menge wird mit AutK (A) bezeichnet. Ein Element dieser Gruppe heißt Automorphismus (von A).
→ B ein IsomorphisSatz C.3.6. Ist K eine Kategorie und A sowie B Objekte von K und f : A −
mus, dann ist die Funktion
F : EndK (A) −
→ EndK (B), g 7→ f ◦ g ◦ f −1 ,
ein Isomorphismus von Monoiden. Insbesondere ist also der Isomorphietyp des Endomorphismen-Monoides und der Automorphismengruppe von K-Objekten unter Isomorphismen invariant.
Beweis. Seien g, h ∈ EndK (A). Dann gilt
F (g) ◦ F (h) = (f ◦ g ◦ f −1 ) ◦ (f ◦ h ◦ f −1 ) = f ◦ g ◦ h ◦ f −1 = F (g ◦ h).
Ferner gilt
F (1A ) = f ◦ 1A ◦ f −1 = f ◦ f −1 = 1B .
Also ist F ein Homomorphismus von Monoiden. Seine Umkehrfunktion ist gegeben durch k 7→
f −1 ◦ k ◦ f für alle k ∈ EndK (B).
Anmerkung C.3.7. Hintergrundinformationen zum letzten Satz findet man in [Sch70] in Beispiel 2.5.5 und in [HS79] in Kapitel 5, Paragraph 10.
Satz C.3.8 (Monoide als Kategorien). Sei (M, ·) ein Monoid. Dann kann M auch als eine Kategorie aufgefaßt werden. Sei genauer O = {A} eine beliebige einelementige Menge. Betrachten
wir dann die Elemente von M als Morphismen von A nach A und wählen als Komposition zweier Morphismen die Multiplikation in (M, ·), so erhalten wir eine Kategorie mit einem Element,
dessen Endomorphismenmenge mit der Komposition ein zu M isomorpher Monoid ist. In diesem
Sinne ist also der Begriff der Kategorie eine Verallgemeinerung des Begriffes des Monoides.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
153
Beweis. Die Bedingungen die erfüllt sein müssen, gelten alle aus mehr oder weniger trivialen
Gründen. Der Identitätsmorphismus von A ist das Einselement von (M, ·).
Bemerkung C.3.9. Wir können den letzten Satz auch so umformulieren, daß wir aus einem
Monoid eine konkrete Kategorie konstruieren. Ein Vorschlag wäre der folgende: Wir betrachten
als Objektklasse die Menge {M }. Die Funktion Z soll die Identität auf dieser Menge sein, und
die Menge der Morphismen sei die Menke der Linksmultiplikationen mit Elementen aus M , also
©
ª
hom(M, M ) := f ∈ M M | ∃m ∈ M ∀x ∈ M : f (x) = m · x .
C.3.2 Schnitte, Retraktixnen und Isomorphismen
Wir haben gesehen, daß Kategorien eine Verallgemeinerung von Monoiden sind. Es lohnt sich
deshalb, Kategorien als spezielle algebraische Objekte anzusehen, auf die wir Begriffe, die wir
für Monoide kennen, verallgemeinern können. Zunächst eine Erinnerung:
Bemerkung C.3.10 (Invertierbarkeit in Monoiden). Sei (M, ·) ein Monoid und e das EinsElement von M . Dann heißt ein Element m ∈ M links-invertierbar (rechts-invertierbar), wenn
es ein n ∈ M gibt mit nm = e (mn = e). Wir nennen m invertierbar, wenn es sowohl linksals auch rechts-invertierbar ist. In diesem Fall hat m genau ein Links- und genau ein RecwtsInverses, und diese sind gleich. Das also eindeutige Inverse wird dann mit m−1 bezeichnet.
Beweis. Sei m ∈ M und l, r ∈ M mit lm = e = mr. Dann gilt l = le = l(mr) = (lm)r =
er = r. Somit sind alle Links-Inversen gleich allen Rechts-Inversen, also gibt es überhaupt nur
jeweils eins, und die sind auch noch gleich.
Wir verallgemeinern dies nun für Kategorien:
Definition C.3.11 (Retraktion, Schnitt). 20 Sei K eine Kategorie. Seien A und B Objekte von
K und f ein Morphismus von A nach B. Dann heißt f
• Retraktion von A nach B, wenn es einen K-Morphismus g von B nach A gibt, ss daß
f ◦ g = 1B gilt, d.h. f hat ein Rechts-Inverses.
• Schnitt, Sektion oder Ko-Retraktion von A nach B, wenn es einen K-Morphismus g von
B nach A gibt, so daß g ◦ f = 1A gilt, d.h. f hat ein Links-Inverses.
→ B genau dann ein
Beispiele C.3.12.
1. In der Kategorie Set ist ein Morphismus f : M −
Schnitt, wenn f injektiv und nicht die leere Funktion von der leeren in eine nicht-leere
Menge ist; f ist genau dann eine Retraktion, wenn f surjektiv ist.
2. In konkreten Kategorien sind Schnitte immer injektiv und Retraktionen immer surjektiv.
Ein kurzes Argument dafür folgt weiter unten, man kann sich aber auch direkt davon überzeugen.
20
Vergleiche [Sch70], Abschnitt 5.2 und [HS79], Japitel IV, Paragraph 5.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
154
Satz C.3.13. Ein Morphismus f : A −
→ B in einer Kategorie K ist ein Isomorphismus von A
nach B, wenn er sowohl Schnitt als auch Retraktion von A nach B ist.
Beweis. Analog zu Bemerkung C.3.10.
Bemerkung C.3.14. Es sei angemerkt, daß Schnitt und Retraktion zueinander duale Konzepte
sind, das heißt ein Schnitt in einer Kategorie ist ein Retrakt in der dualen Kategorie (und umgekehrt). Isomorphismus ist ein zu sich selbst dualer Begriff.
Satz C.3.15. Die Hintereinanderausführung von Retraktionen (bzw. Schnitten, Isomorphismen)
ist ein Schnitt (bzw. eine Retraktion, ein Isomorphismus).
Beweis. Wir zeigen die Aussage für Retraktionen. Für Schnitte ergibt sie sich analog (oder automatisch, da es sich um die duale Aussage handelt), für Isomorphismen wurde sie bereits gezeigt
und folgt auch aus den ersten beiden Fällen.
Sei K also eine Kategorie und A, B, C Objekte von K. Seien fAB : A −
→ B und fBC : B
−
→ C Retraktionen. Dann finden wir Morphismen hBA : B −
→ A und hCB : C −
→ B in K so,
daß fAB ◦ hBA = 1B und fBC ◦ hCB = 1C . Dann gilt
(fBC ◦ fAB ) ◦ (hBA ◦ hCB ) = fBC ◦ (fAB ◦ hBA ) ◦ hCB = fBC ◦ 1B ◦ hCB = 1C .
Also hat fBC ◦ fAB ein Rechtsinverses, ist also eine Retraktion.
Definition C.3.16 (Retrakt und Ko-Retrakt). Sind A und B Objekte einer Kategorie K, so
heißt A ein (Ko-)Retrakt von B, wenn es eine (Ko-)Retraktion von B nach A gibt.
Die folgenden Aussagen formuliere ich nur für Retrakte, sie gelten aber selbstverständlich
analog auch für Ko-retrakte.
Satz C.3.17. Aus dem Satz C.3.15 folgt: Sind A, B und C Objekte einer Kategorie K, und ist A
ein Retrakt von B und B ein Retrakt von C, so ist A ein Retrakt von C. Ferner ist A ein Retrakt
von sich selbst.
Bemerkung C.3.18. Die Eigenschaft, Retrakt von etwas zu sein, bleibt unter Isomorphie invariant. Genauer gilt: Sind A, A0 und B Objekte einer Kategorie K und A isomorph zu A0 , dann ist
A ein Retrakt von B genau dann, wenn A0 ein Retrakt von B ist.
Satz C.3.19. Seien A und B Objekte einer Kategorie K, und sei r : AtoB eine Retraktion von A
nach B mit Rechtsinversem s : B −
→ A. Dann ist
Φ : End(B) −
→ End(A), f 7→ s ◦ f ◦ r
ein injektiver Halbgruppen-Homomorphismus. Die Funktion
Ψ : End(A) −
→ End(B), g 7→ r ◦ g ◦ s
ist ein Linksinverses von Φ, es gilt also Ψ ◦ Φ = IdEnd(B) .
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
155
Beweis. Die Homomorphie-Regel für Φ ist offensichtlich, da r ◦ s = 1B gilt. Sei nun f ∈
End(B). Dann gilt
Ψ(Φ(f )) = r ◦ (s ◦ f ◦ r) ◦ s = (r ◦ s) ◦ f ◦ (r ◦ s) = f.
Somit ist Ψ ein Linksinverses von Φ.
Anmerkung C.3.20. Wenn man die Komplexität eines Objektes A einer Kategorie daran mißt,
wie komplex die Halbgruppe End(A) ist, so besagt der vorangegangene Satz in etwa das folgende: Ist B ein Retrakt von A, so ist B nicht komplexer als H, denn wir finden in End(A) ein
isomorphes Abbild von End(B).
Satz C.3.21. Seien A, B Objekte einer Kategorie K, und sei r : AtoB eine Retraktion von A
nach B mit Rechtsinversem s : B −
→ A. Dann gilt für jedes K-Objekt C: Die Ibbildung
Φr : hom(C, A) −
→ hom(C, B), f 7→ r ◦ f
ist surjektiv mit Rechtsinversem
Φs : hom(C, B) −
→ hom(C, A), f 7→ s ◦ f,
das heißt es gilt Φr ◦ Φs = Idhom(C,B) .
C.3.3 Monomorphismen, Epimorphismen und Bimorphismen
In Monoiden gibt es eine Eigenschaft, die schwächer ist als die Invertierbarkeit, nämlich dde
Kürzbarkeit:
Definition C.3.22 (Kürzbarkeit in Monoiden). Sei (M, ·) ein Monoid. Ein Element m ∈ M
heißt links- (rechts-) kürzbar, wenn gilt
∀x, y ∈ M : mx = my ⇒ x = y
bzw.
∀x, y ∈ M : xm = ym ⇒ x = y.
Ein Element, das links- und rechtskürzbar ist, heißt kürvbar.
Wir verallgemeinern dies für Kategorien.
Definition C.3.23 (Mono-, Epi- und Bimorphismen). 21 Sei K eine Kategorie. Seien A und B
zwei K-Objekte und f : A −
→ B. Der Morphismus f heißt
• Monomorphismus von A nach B, wenn für alle Objekte C und Morphismen g, h : C
−
→ A gilt, daß aus f ◦ g = f ◦ h schon g = h folgt;
21
Siehe [Sch70], Abschnitt 5.1 und [HS79], Kapitel IV, Paragraph 0.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
156
• Epimorphismus von A nach B, wenn für alle Objekte C und alle Morphismen g, h : B
−
→ C, gilt, daß aus g ◦ f = h ◦ f schon g = h folgt;
• Bimorphismus von A nach B, wenn f sowohl Mono- abs auch Epimorphismus ist.
Beispiele C.3.24.
1. In der Kategorie Set sind die Monomorphismen gerade die injektiven
Abbildungen und die Epimorphismen gerade die surjektiven Abbildungen. Also ist ein
Set-Morphismus genau dann ein Bimorphismus, wenn er bijektiv ist.
2. Für konkrete Kategorien sind injektive Funktionen immer Monomorphismen und surjektive Funktionen immer Epimorphismen. Das müssen aber nicht alle sein:
3. Etwa ist in der Kategorie der Hausdorffräume Top2 eine stetige Funktion genau dann
ein Epimorphismus, wenn sie dichtes Bild hat. Dasselbe gilt in der Kategorie der KBanachräume mit den stetigen K-linearen Abbildungen. Also sind die Begriffe Epimorphismus und Retraktion voneinander verschieden. Ebenso sind Monomorphismen nicht
immer Schnitte und Bimorphismen nicht immer Isomorphismen.
4. In den Kategorien Grp, Top und CompT5 sind die Monomorphismen gerade die injektiven
Morphismen und die Epimorphismen gerade die surjektiven Morphismen.
Bemerkung C.3.25. Mono- und Epimorphismus sind zueinander duale Konzepte. Bimorphismus ist ein selbst-duales Konzept.
Satz C.3.26. Die Hintereinanderausführung von Mono-(Epi-,Bi-)morphismen ist wiederum ein
Mono-(Epi-, Bi-)morphismus.
Beweis. Wir zeigen die erste Asssage. Seien A, B, C Objekte von D und f : A −
→ B und g : B
−
→ C Monomorphismen. Sei D ein weiteres Objekt und h, k : D −
→ A. Es gelte (g ◦ f ) ◦ f =
(g ◦ f ) ◦ k. Da g eine Monomorphismus ist, folgt, da auch g ◦ (f ◦ h) = g ◦ (f ◦ k) gilt, daß f ◦ h
und f ◦ k gleich sind. Da f ein Monomorphismus ist, folgt daraus, daß h = k gilt. Also ist g ◦ f
ein Monomorphismus.
Satz C.3.27. Jeder Schnitt ist ein Monomorphismus, jede Retraktion ein Epimorphismus.
Beweis. Wir zeigen dies für Monomorphismen. Sein A, B Objekte einer Kategorie K und f : A
−
→ B ein Schnitt von A nach B. Sei C ein weiteres K-Objekt und g, h : C −
→ A Morphismen
derart, daß f ◦ g = f ◦ h. Es sei k : B −
→ A ein Linksinverses von f . dann gilt
g = 1A ◦ g = (k ◦ f ) ◦ g = k ◦ (f ◦ g) = k ◦ (f ◦ h) = 7A ◦ h = h.
Also ist f ein Monomorphismus.
Satz C.3.28. Folgende Aussagen sind für einen Morphismus f : A −
→ B einer Kategorie K
äquivalent:
1. f ist ein Isomorphismus;
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
157
2. f ist ein Monomorphismus und eine Retraktion;
3. f ist ein Epimorphismus und ein Schnitt.
Beweis. Aus 1. folgen sofort mit dem letzten Satz und der Definition von isomorph die beiden
anderen Aussagen. Wenn wir 2. ⇒ 1. gezeigt haben, dann ist 3. ⇒ 1. die dazu duale Aussage, also auch gezeigt. Es gelte also 3.. Dann ist f eine Retraktion. Dann finden wir also einen
Morphismus g : B −
→ A mit f ◦ g = IdB . Es gilt
f ◦ (g ◦ f ) = (f ◦ g) ◦ f = 1B ◦ f = f ◦ 1A .
Nun ist f eine Monomorphismus, also gilt g ◦ f = 1A , also ist f eine Isomorphismus.
C.3.4 Funktoren und spezielle Morphismen
Definition C.3.29. Sei F ein Funktor von K nach L. Man spricht davon, daß F die kategorielle
Eigenschaft P erhält, wenn jedes Bild unter F eines Morphismus oder eines Objektes, dem die
Eigenschaft P in K zukommt, die Eigenschaft P in L hat. Analog spricht man davon, daß F die
kategorielle Eigenschaft P reflektiert, wenn für jeden Morphismus bzw. jedes Objekt von K gilt:
Hat sein Bild die Eigenschaft P in L, so hat der Morphismus bzw. das Objekt die Eigenschaft P
in K.
Satz C.3.30. Jeder Funktor erhält Isomorphismen, Schnitte und Retraktionen.
Beweis. Das Argument ist jeweils analog zu (bzw. gleich) dem aus C.2.13.
Satz C.3.31. Jeder treue Funktor F : K −
→ L reflektiert Mono-, Epi- und Bimorphismen.
Beweis. Sei F (f ) : F (A) −
→ F (B) ein Monomorphismus in L. Sei C ein weiteres K-Objekt
und g, h : C −
→ B mit f ◦ g = f ◦ h. Es folgt F (f ) ◦ F (g) = F (f ) ◦ F (h). Da F (f ) ein
Monomorphismus ist, folgt F (g) = F (h). Es sind also g und h Morphismen von C nach A mit
gleichem Bild, da F treu ist folgt also g = h, somit ist f ein Monomorphismus.
Die Aussage für Epimorphismen folgt aus dem Dualitätsprinzip, die für Bimorphismen folgt
dann automatisch.
Satz C.3.32. Jeder völlig treue Funktor F : K −
→ L reflektiert Schnitte, Retraktionen und
Isomorphismen.
Beweis. Sei F (f ) : F (A) −
→ F (B) ein Schnitt in L. Sei h : F (B) −
→ F (A) so gewählt, daß
h ◦ F (f ) = 1F (A) . Da F voll ist, finden wir ein g : B −
→ A mit F (g) = h. Es ist F (g ◦
f ) = 1F (A) , da aber F treu ist, folgt g ◦ f = 1A , also ist f ein Schnitt in K. Somit reflektiert
F Schnitte. Da völlige Treue ein selbstduales Konzept ist, reflektiert F auch Retraktionen und
Isomorphismen.
C.4 Null-Objekte und Null-Morphismen
Um Zusammenziehbarkeit in einem kategoriellen Rahmen besser verstehen zu können, lohnt
sich ein Blick auf den Begriff des Null-Objekts. Vergleiche hierzu [HS79], Abschnitt 7.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
158
C.4.1 Initiale, terminale und Null-Objekte
Definition C.4.1 (initiales, terminales, Null-Objekt). Sei K eine Kategorie und A ein KObjekt. Das Objekt heißt
• initiales Objekt in K, wenn es für jedes Objekt B ∈ K genau einen Morphismus von A
nach B gibt;
• terminales Objekt in K, wenn es für jedes Objekt B ∈ K genau einen Morphismus von
B nach A gibt;
• Null-Objekt in K, wenn A sowohl initial als auch terminal ist.
Bemerkung C.4.2. Offenbar sind initial und terminal zueinander duale Konzepte. Null-Objekt
ist ein selbst-duales Konzept.
Satz C.4.3 (Eindeutigkeit). Sei K eine Kategorie und A, A0 zwei initiale (terminale) Objekte in
K. Dann gibt es genau einen Morphismus von A nach A0 und dieser ist ein Isomorphismus.
Beweis. Seien A und A0 initiale Objekte. Da A initial ist, gibt es genau einen Morphismus f von
A nach A0 . Analog gibt es genau einen Morphismus von A nach A, nämlich 1A , von A0 nach A,
sagen wir g, und von A0 nach A0 , nämlich 1A0 . Dann muß gelten g ◦ f = 1A und f ◦ g = 1A0 .
somit ist f ein Isomorphismus.
Satz C.4.4. Sei K eine Kategorie und A ein initiales (terminales) Objekt in K. Sei B ein Retrakt
von A in K. Dann ist B auch initiales (terminales) Objekt.
Beweis. Wir zeigen die Aussage für initiale Objekte. Sei A initial. Seien r : A −
→ B und s : B
−
→ A Morphismen mit r ◦ s = 1B . Sei C ein weiteres K Objekt und f : A −
→ C der einzige
Morphismus von A nach C. Dann ist f ◦ s ein Morphismus von B nach C. Sei g ein weiterer
Morphismus von B nach C. Dann ist g ◦ r = f , da A initial ist. Es folgt
f ◦ s = (g ◦ r) ◦ s = g ◦ (r ◦ s) = g.
Somit ist f ◦ s der einzige Morphismus von B nach C.
Beispiel C.4.5. Jedes Objekt der Form ({x0 }, x0 ) von pTop ist ein Null-Objekt von pTop.
Beweis. Sei {x0 } ein einelementiger Raum und (Y, y0 ) ein beliebiger Raum mit Basispunkt.
Dann ist die Funktion x0 7→ y0 die einzige Basispunkt-erhaltende Funktion von {x0 } nach Y . Andersherum ist y 7→ x0 die einzige Funktion von Y nach {x0 }, die erfreulicherweise Basispunkterhaltend ist. Also ist {x0 } ein Null-Objekt von pTop.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
159
C.4.2 (Ko-)Konstante Morphismen und Null-Morphismen
Definition C.4.6 (konstante, ko-konstante und Null-Morphismen). Sei f : A −
→ B ein Morphismus einer Kategorie K. Dann heißt f
1. konstanter Morphismus von A nach B, wenn für alle Objekte C und alle Morphismen
g, h : C −
→ A gilt: f ◦ g = f ◦ h;
2. ko-konstanter Morphismus von A nach B, wenn für alle Objekte C und alle Morphismen
g, h : B −
→ C gilt: g ◦ f = h ◦ f ;
3. Null-Morphismus von A nach B, wenn f sowohl konstant als auch ko-konstant ist.
Satz C.4.7. Seien f : A −
→ B, g : B −
→ C und h : C −
→ D Morphismen einer Kategorie
K. Sei g ein konstanter (ko-konstanter, Null-) Morphismus. Dann ist h ◦ g ◦ f schon konstant
(ko-konstant, ein Null-Morphismus).
Beweis. Wegen des Dualitätsprinzips reicht es, dieses Lemma nur für konstante Morphismen zu
zeigen. Sei also g konstant. Sei X ein weiteres K-Objekt und r, s : X −
→ A zwei Morphismen.
Dann gilt g ◦ (f ◦ r) = g ◦ (f ◦ s), da g konstant ist, also auch (h ◦ g ◦ f ) ◦ r = (h ◦ g ◦ f ) ◦ s,
also ist h ◦ g ◦ f konstant.
Satz C.4.8. Sei K eine Kategorie und T ein in K terminales Objekt. Seien A und B weitere K-Objekte und f : A −
→ B ein Morphismus. Dann folgt aus 1. immer 2.. Gilt außerdem
homK (T, A) 6= ∅, dann sind 1. und 2. sogar äquivalent.
1. f kann durch T hindurch faktorisiert werden.
2. f ist konstant.
Beweis. Es gelte zunächst 1.. Finde g : A −
→ T und h : T −
→ B mit f = h ◦ g. Sei nun C ein
weiteres K-Objekt und r, s : C −
→ A seien Morphismen. Dann gilt g ◦ r = g ◦ s, da es nur genau
einen Morphismus von C nach A gibt. Somit gilt f ◦ r = h ◦ g ◦ r = h ◦ g ◦ s = f ◦ s, also ist f
konstant.
Sei nun andererseits f konstant und g : T −
→ A. Da T terminal ist, gibt es genau ein u : A
−
→ T . Nun gilt, da f konstant ist,
f = f ◦ 1A = f ◦ (g ◦ u) = (f ◦ g) ◦ u.
Also kann f durch T hindurch faktorisiert werden.
Existiert in einer Kategorie ein Null-Objekt, so lassen sich konstante und Null-Morphismen
besser verstehen:
→ B ein K-Morphismus, dann
Satz C.4.9. Sei K ein Kategorie mit Null-Objekt N . Ist f : A −
sind die folgenden Aussagen äquivalent:
1. f ist ein Null-Morphismus.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
160
2. f ist konstant.
3. f ist ko-konstant.
4. f kann durch N faktorisiert werden.
Beweis. Nach Definition ist 1. zu (2. und 3.) äquivalent. Da N ein Null-Objekt ist, sind nach
Satz C.4.8 2. und 4. äquivalent. Nach Dualisierung nämlichen Satzes erhält man die Aussage,
daß auch 3. und 4. äquivalent sind. Somit sind auch 2. und 3. äquivalent und die Behauptung ist
gezeigt.
Lemma C.4.10. In einer Kategorie K ist für ein K-Objekt T äquivalent:
1. T ist terminal.
2. Für jedes K-Objekt A gibt es einen Morphismus von A nach T , und 1T ist konstant.
Beweis. Sei T zunächst terminal und A ein K-Objekt. Dann gibt es genau einen Morphismus
von A nach T . Sind r, s : A −
→ T , so gilt also schon 1T ◦ r = r = s1T ◦ s, also ist 1T auch
konstant.
Es gelte 2.. Sei A ein K-Objekt und r, s : A −
→ T . Dann gilt r = 1T ◦ r = 1T ◦ s = s, also
gibt es nur genau einen Morphismus von A nach T , also ist T terminal.
C.4.3 Erhaltungseigenschaften unter Funktoren
Satz C.4.11. Jeder treue Funktor reflektiert (ko-)konstante und Null-Morphismen.
Beweis. Seien K und L Kategorien und F : K −
→ L ein treuer Funktor. Sei f : A −
→ B ein
K-Morphismus so, daß F (f ) : F (A) −
→ F (B) konstant ist. Sei C ein weiteres K-Objekt und
r, s : C −
→ A Morphismen. Es gilt dann F (f ◦ r) = F (f ) ◦ F (r) = F (f ) ◦ F (s) = F (f ◦ s).
Da F treu ist, folgt f ◦ r = f ◦ s, also ist f konstant.
Satz C.4.12. Jeder volle und dichte Funktor erhält (ko-)konstante und Null-Morphismen sowie
terminale, initiale und Null-Objekte.
Beweis. Seien K und L Kategorien und F : K −
→ L ein voller und dichter Funktor. Sei f : A
−
→ B ein konstanter Morphismus in K. Sei M ein L-Objekt und r, s : M −
→ F (A) Morphismen
in L. Sei C ein K-Objekt so, daß F (C) zu M isomorph ist. Sei ferner t : F (C) −
→ M ein
Isomorphismus. Dann sind r ◦ t und r ◦ s Morphismen von F (C) nach F (A). Da F voll ist, gibt
es Morphismen g, h : C −
→ A mit F (g) = t ◦ r und F (h) = t ◦ s. Dann gilt
F (f ) ◦ r = F (f ) ◦ F (g) ◦ t−1 = F (f ◦ g) ◦ t−1 = F (f ◦ h) ◦ t−1 = F (f ) ◦ s.
Also ist F (f ) konstant.
Sei nun T ein terminales Objekt von K. Sei M ein L-Objekt. Sei A ein K-Objekt so, daß
F (A) und M isomorph sind. Sei t : M −
→ F (A) ein Isomorphismus. Ferner sei f : A −
→T
der Morphismus von A ins terminale Objekt T . Dann ist F (f ) ◦ t ein Morphismus von M nach
F (T ). Da 1T konstant ist, ist auch F (1T ) = 1F (T ) konstant, also ist F (T ) nach Lemma C.4.10
terminal.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
161
Korollar C.4.13. Sei K eine Kategorie und ∼ eine Kongruenz auf K. Dann erhält der Projektionsfunktor P∼ : K −
→ K/∼ konstante, ko-konstante und Null-Morphismen sowie terminale,
initiale und Null-Objekte.
Anhang D
Logarithmus und Polarzerlegung in
C ∗-Algebren
Dieser kurze Anhang ruft einige grundlegenden Definitionen und Sätze aus der Theorie der C ∗ Algebren ins Gedächtnis. Hierbei ist mir wichtig, daß die hier genannten Aussagen sowohl für
komplexe, als auch für die sonst stiefmütterlich behandelten reellen C ∗ -Algebren gelten. Sie
werden im zweiten Kapitel gebraucht, wo gezeigt wird, daß für jede C ∗ -Algebra A die Gruppe
U(A) ein sternger Deformationsretrakt von G(A) ist.
D.1 C ∗-Algebren
Definition D.1.1 (K-C ∗ -Algebra). Eine K-Banachalgebra A zusammen mit einer Involution
∗:A−
→ A heißt C ∗ -Algebra, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:
1. Es gilt
∀a, b ∈ A : (ab)∗ = ba.
2. ∗ ist R-linear und im Falle K = C komplex anti-linear.
3. Es gilt
∀a ∈ A : ka∗ ak = kak2 .
4. Es gibt einen K-Hilbertraum H so, daß A isometrisch ∗-isomorph zu einer abgeschlossenen ∗-invarianten K-Unteralgebra von LK (H) ist.
Bemerkung D.1.2. Man kann mit Hilfe der sogenannten GNS-Konstruktion zeigen, daß im Falle
K = C die letzte Bedingung überflüssig ist.
162
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
163
Definition D.1.3. ((Strikt) positive und hermitesche Elemente)
1. Sei H ein K-Hilbertraum und ϕ ∈ L(H). Dann heißt ϕ positiv, wenn für alle x ∈ H gilt:
hϕx, xi ≥ 0.
Man kann zeigen, daß ϕ genau dann positiv ist, wenn es ein ψ ∈ L(H) gibt mit ψ ∗ ψ = ϕ.
ϕ heißt strikt positiv, wenn ϕ positiv und invertierbar ist.
2. Ist A eine K-C ∗ -Algebra und a ∈ A, dann nennt man a positiv, wenn es ein b ∈ A gibt
mit a∗ a = b. Dies ist genau dann der Fall, wenn für jeden K-Hilbertraum H und jede
Darstellung π von A als C ∗ -Unteralgebra von L(H) gilt, daß π(a) ein positives Element
von L(H) ist. a heißt strikt positiv, wenn a positiv und invertierbar ist.
Die Menge der positiven Elemente von A bezeichnen wir mit A≥0 , die Menge der strikt
positiven Elemente mit A>0 .
3. Ist A eine K-C ∗ -Algebra, so bezeichne mit Ah die Menge der hermiteschen1 Elemente von
A, also die Menge aller a ∈ A mit a∗ = a.
D.2 Logarithmus und Polarzerlegung
Generalvoraussetzung D.2.1. Sei A im den Abschnitt D.2 eine unitale C ∗ -Algebra über K mit
Eins-Element eA .
Definitionssatz D.2.2 (Logarithmus). Es ist die Einschränkung der Abbildung expA : A −
→A
auf Ah ein Homöomorphismus von Ah auf A>0 . Die Umkehrabbildung dieser Einschränkung bezeichnen wir mit logA oder auch nur mit log. Die Abbildung log ist also ein Homöomorphismus
von A>0 auf Ah .
Definitionssatz D.2.3 (Wurzel und Betrag).
1. Sei p ein strikt positives Element und r ∈ R.
Dann definiere
pr := exp(r log(p)).
Dann ist pr strikt positiv. Es gilt p1/2 p1/2 = p.
2. Ist a ∈ A, dann setze |a| = (a∗ a)1/2 .
Definition D.2.4 (unitäre Elemente). Ein Element a ∈ A heißt unitär, wenn a invertierbar ist
und a∗ = a−1 gilt.
Definitionssatz D.2.5 (unitäre Gruppe). Die unitären Elemente von A bilden eine Untergruppe
von G(A), die wir mit U(A) bezeichnen. Ist H ein nicht-trivialer Hilbertraum, dann schreiben
wir U(H) für U(L(H)).
1
Im reellen Fall nennt man diese Elemente vorzugsweise „symmetrisch“, aber zur Vereinfachung benutzen wir
im reellen und komplexen Fall gleichermaßen den Begriff „hermitsch“.
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
Definitionssatz D.2.6 (Polarzerlegung in G(A)). Dann ist die Multiplikationsabbildung
µ : U(A) × A>0 −
→ G(A), (u, p) 7→ u · p
ein Homöomorphismus, dessen Umkehrabbildung durch
¡
¢
a 7→ a |a|−1 , |a|
gegeben ist. Die Abbildung µ−1 wird Polarzerlegung genannt.
164
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Index
Adjungierte, 101
Automorphismus, 152
erzeugende Menge
eines normierten Raumes, 70
BanAlg, 142
BanSp, 141
Basis
einer Hilbertraum-Summe, 64
Basispunkt, 23
berandet homöomorph, 133
Bimorphismus, 155
Funktor
dichter, 150
Einbettungs-, 150
erhaltender, 157
kontravarianter, 148
kovarianter, 147
reflektierender, 157
treuer, 150
völlig treuer, 150
voller, 150
Cn, 136
C ∗ -Alg, 142
C ∗ -Algebra, 162
GL(H)H 0 , 13
gleichgradig stetig, 77
gleichmächtig, 135
Grp, 141
d(E), 70
Deformation, 10, 27
Deformationsretrakt, 28
schwacher, 28
strenger, 28
deformierbar, 10
deformieren
schrittweise, 10, 28
∆(X), 69
dim, 12, 73
Dimensionsformel
für die Hilbertraum-Summe, 73
Dimensionsungleichung
für Teilräume, 73
dominieren, 25
duale Kategorie, 146
Dualitätsprinzip, 146
d-Ungleichung für Teilräume, 71
Halbierung, 74
Hauptlemma, 11
hermitesch, 163
Hilbert-Modul, 100
Hilbertraum-Dimension, 12, 73
Hilbertraum-Summe
äußere, 62
innere, 11, 62
von Hilberträumen, 63
von stetigen Operatoren, 64
A HilbMod, 100
∗
A HilbMod , 101
HilbSp, 141
Hom-Funktor
kontravarianter, 149
kovarianter, 36, 149
homotop, 9, 21
Endomorphismus, 152
Ens, 141
Epimorphismus, 155
167
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
in einer Kategorie, 22
in einer Menge von Funktionen, 21
relativ zu einer Menge, 22
Homotopie, 9, 21
Homotopie-äquivalent, 24
Homotopie-Kategorie, 23
Homotopiegruppe, 37
Homotopieklasse, 23
Homotopietyp
von U(A) und G(A), 30
hpTop, 24
hTop, 24
invariante orthogonale Zerlegung, 96
invariante Teilräume, 94
invM (X), 94
isomorph, 142
Isomorphismus, 142, 153
Kardinalzahlen, 136
Kategorie
abstrakte, 140
duale, 146
konkrete, 143
Kipp-Abbildung, 83
kleine Menge, 53
Ko-Dimension, 75
Ko-Dimensions-Ungleichung, 75
ko-konstant, 159
Ko-Retrakt, 154
kohärent, 113
Kongruenz, 144
konstant, 159
Kontraktion, 9, 32
kugelartig, 131
l2 (I, A), 104
l2 -direkte Summe
von Hilbert-Moduln, 103
von Hilberträumen, 63
von Operatoren zw. Hilbert-Moduln, 104
von Operatoren zw. Hilberträumen, 64
Lemma
Dreh-, 13, 82
168
Füge-, 12, 77
Untergruppen-, 14, 87
Zerlege-, 13, 79, 93
Logarithmus, 163
lokal wegzusammenhängend, 116
lokal-endlich, 133
mächtiger, 135
Mächtigkeit einer Menge, 136
Menge
kleine, 53
Monoid, 152
Monomorphismus, 155
Morphismus
ko-konstanter, 159
konstanter, 159
Null-, 159
Nerv, 41, 52
NormAlg, 142
NormSp, 141
Null-Morphismus, 159
Null-Objekt, 158
nullhomotop, 34
Objekt
initiales, 158
Null-, 158
terminales, 158
Operator
adjungierbarer, 101
stetiger, 100
orthogonal, 108
Orthogonalzerlegung, 74
parakompakt, 133
Pe (A), 139
πn (X), 37
πn (X, x0 ), 37
Polarzerlegung, 164
positiv, 98, 163
Prä-Hilbert-Modul, 99
PreHilbSp, 141
pTop, 23
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
169
Quotientenkategorie, 145
Träger, 133
Reduktionsschritt, 96
Retrakt, 24, 26, 154
schwacher, 26
Retraktion, 26, 153
Retraktionsdeformation, 28
schwache, 28
strenge, 28
u(A), 82
U(H, H 0 ), 8
unitär, 8, 163
unitär Gruppe, 8
unitäre Gruppe, 163
untergeordnet, 134
Satz
von Kasparov, 109
von Kuiper, 3, 9
Beweis, 14, 77
von Kuiper-Mingo, 6, 105
Schnitt, 153
separabel, 69, 71, 95
Set, 141
simpliziale Abbildung, 41
Realisierung, 42
Simplizialkomplex, 40
Realisierung, 42
Skelette eines Simplizialkomplexes, 40
stetig
gleichgradig, 77
stetige Teilung der Eins, 53, 134
supp, 133
Teilkategorie, 143
Teilkomplex, 41
Teilraumfamilie, 113
Teilung
der Eins, 134
eines Hilbertraums, 74
Top, 141
Topologie
induktive, 113
kohärente, 47, 114
Kompakt-Offen-, 112
metrische, 44
schwache, 47, 114
Standard-, 43
Weg-, 116
Topologisierung, 43
K VectSp,
141
Verfeinerung, 133
Weg-Topologie, 116
und Homotopie, 121
und topologische Gruppen, 120
Wickel-Abbildungen, 84
Zerlege-Satz, 96
Zusammenziehbarkeit, 9, 32
Charakterisierung, 34
der Einheitssphäre von l2 (N), 57
in normierten Räumen, 52, 55
schwache, 38
und Wegzusammenhang, 33
von Einheitssphären, 57
Der Satz von Kuiper, W. Paravicini
170
Hiermit erkläre ich, daß die vorliegende Arbeit selbständig verfaßt worden ist und keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel verwendet worden sind.
Kiel, den 15. März 2003
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