LEONARDO-BRÜCKE IST ES ZU SCHAFFEN, AUS DEN HOLZBRETTERN EINE BRÜCKE OHNE NÄGEL, FÄDEN ODER KLEBSTOFF ZU BAUEN? Die Zeichnung von Leonardo Da Vinci kann bei der Aufgabe helfen. Tipp: Darauf achten, dass sich die Bretter durch ihre Lage gegenseitig stützen. Je nachdem, wie viele Hölzer man verwenden möchte, kann man größere und auch kleinere Brücken nach dem immer selben Muster bauen. Mathematischer Hintergrund: Die kleinste Brücke kann aus acht Hölzern gebaut werden. Jede größere Brücke erhält man, indem die Brücke mit jeweils vier Brettern erweitert wird. Besonders interessant beim Bau der Brücken ist die Frage, was die größtmögliche Spannweite einer Leonardo-Brücke ist. Die Spannweite der kleinen Brücke kann man berechnen, wenn man die Länge der Bretter l, die Dicke der Bretter d und den Anstellwinkel α der Brücke kennt. Um die Spannweite berechnen zu können, muss man noch zwei weitere Größen einführen: Die tragende Länge l´ der Bretter und den Abstand a zwischen den beiden Querbalken. 𝑑 𝑠𝑖𝑛 𝛼 = 1 Aus der Skizze ergibt sich: 2 𝑎 𝑎= 2𝑑 𝑠𝑖𝑛 𝛼 𝑆 𝑎 + 2 2 Damit erhält man für die Spannweite: cos 𝛼 = Also: 𝑆 (𝛼) = 2 𝑙´ cos 𝛼 − 𝑎 = 2 𝑙´ cos 𝛼 − 𝑙` 2𝑑 sin 𝛼 Die Spannweite hängt also neben den gegebenen Größen d und l entscheidend vom Anstellwinkel ab. Es stellt sich die Frage, ob es einen optimalen Winkel, d. h. eine maximale Spannweite gibt. Die Spannweite S (α) wächst zunächst mit dem Winkel α. Sie erreicht ihr Maximum, wenn S`(α) = 0 ist: 0 = 𝑆´ (𝛼) = −2𝑙´ sin 𝛼 + 2𝑙´ sin 𝛼 = 𝑙´ 𝑑 = 𝑠𝑖𝑛³𝛼 cos 𝛼 2𝑑 ∙ cos 𝛼 𝑠𝑖𝑛²𝛼 2𝑑 ∙cos 𝛼 𝑠𝑖𝑛²𝛼 cos 𝛼 𝑠𝑖𝑛²𝛼 = 𝑑 𝑙´ Wird der Winkel α noch größer, wird die Spannweite wieder kleiner. Foto: Inhalte und Grafiken nach: zusammengestellt von: Mathematikum Gießen Begleitbuch zur Ausstellung „Mathematik zum Anfassen“ (Team zur Vorbereitung des Mathematikmuseums in Gießen) Sieglinde Milisterfer, Mittelschule Ampfing KNOBELTISCH IST ES ZU SCHAFFEN, ALLE AUF DEM TISCH BEFINDLICHEN KNOBELSPIELE ZU LÖSEN? Aus den vier Holzteilen ein gerades „T“ legen Durch geschicktes Puzzeln den 15. Zwerg verschwinden lassen Die zwei bzw. vier Körper zu einem Tetraeder zusammensetzen Die sechs Waben so anordnen, dass nur gleiche Farben aneinanderstoßen Aus den Kugelkörpern eine Pyramide erstellen Zusatzinformationen: Das T-Puzzle Aus vier unterschiedlichen Holzteilen soll ein „ganz normales, völlig gerades T“ gelegt werden. Auch wenn diese Aufgabe sehr einfach klingt, ist die Lösung keinesfalls einfach: Um das „T“ zu legen, muss man „um die Ecke denken“ und die offensichtlichen sechs „Ecken“ so zusammenfügen, dass sich zwei weitere Ecken ergeben. Dieses klassische Knobelspiel erschien erstmalig 1903 in einer Werbung für „White Rose Ceylon Tea“. Ein Zwerg verschwindet Je nachdem, wie die drei Puzzleteile aneinandergelegt werden, zählt man 14 oder 15 Zwerge. Der Effekt ist eindeutig und nachprüfbar – aber unglaublich. Welcher Zwerg verschwindet? Wohin verschwindet er? Wann kommt er wieder? Das sind die falschen Fragen! In folgender Abbildung wurden die Zwerge soweit abstrahiert, dass sie zu Strichen degeneriert sind: Einmal sind es 15 Striche, das andere Mal 14. Genauer gesagt: Aus 15 etwas kürzeren Strichen werden 14 etwas längere. Genauso werden aus 15 etwas kleineren Zwergen 14 etwas größere. Zur Ergründung des Geheimnisses ist es eine Möglichkeit, den fehlenden Zwerg nicht als Ganzes, sondern als eine Zusammensetzung aus mehreren Teilen zu sehen. Tetraeder-Puzzle Bei diesen beiden Knobelspielen soll aus zwei bzw. vier Körpern jeweils ein Tetraeder gebaut werden. Das Interessante daran ist, dass man aus jeweils zwei kleinen Körpern einen großen zusammensetzen kann, der wieder das erste Puzzle ergibt. Und dann sollte es nicht mehr schwierig sein... Sechseck-Puzzle Bei diesem Puzzle sollen sechs vorhandene Waben so um das feste Sechseck angeordnet werden, dass immer nur zwei gleiche Farben aneinanderstoßen. Betrachtet man bereits im Vorfeld die auf den einzelnen Waben befindlichen und zur Aufgabenstellung passenden Farbkombinationen, so ist es gleich nicht mehr ganz so schwierig... Kugelpyramide Die Kugelpyramide, welche insgesamt aus 20 Kugeln besteht, soll aus gebündelten Kugelkörpern zusammengesetzt werden. Hier ist vor allem räumliches Vorstellungsvermögen gefragt! Foto: Inhalte und Grafiken nach: zusammengestellt von: Mathematikum Gießen Begleitbuch zur Ausstellung „Mathematik zum Anfassen“ (Team zur Vorbereitung des Mathematikmuseums in Gießen) Sieglinde Milisterfer, Mittelschule Ampfing TURM VON IONAH IST ES ZU SCHAFFEN, ALLE FÜNF SCHEIBEN IN EINEM ANDEREN TRICHTER UNTERZUBRINGEN? Pro Zug darf nur eine Scheibe bewegt werden. Es darf nie eine kleinere Scheibe auf einer größeren liegen. Der nächste Trichter im Uhrzeigersinn kann bei der Lösung der Aufgabe entscheidend helfen. Geschichte: „Im großen Tempel zu Benares, der den Mittelpunkt der Welt bezeichnet, stehen drei diamantene Säulen. Auf eine davon hat der Herr zu Beginn der Zeiten 64 goldene Scheiben gesteckt, welche von unten nach oben einen kleiner werdenden Durchmesser haben; dieser Turm ist dem Brahma geweiht. Tag und Nacht sind die Tempelpriester damit beschäftigt, den Turm nach folgenden Regeln umzubauen: Die Scheiben dürfen nur einzeln umgesetzt, eine Scheibe darf nie auf eine kleinere gelegt, und zum Umbau des Turms dürfen alle drei Säulen benutzt werden. Wenn das Werk vollendet, d. h. der Turm von der ersten auf die zweite Säule umgesetzt ist, zerfallen Turm und Priester zu Staub und das Ende der Welt ist gekommen.“ Diese Geschichte veröffentlichte der französische Mathematiker Edouard Lucas (1842 – 1891) anlässlich der Weltausstellung 1889 in Paris. Lucas ist somit der Erfinder der „Turms von Hanoi“. Mathematischer Hintergrund: Man kann beweisen, dass das Problem des Turms von Hanoi lösbar ist. Genauer gesagt, braucht man mindestens 2n – 1 Schritte, um n Scheiben von einem Stab auf einen anderen zu bewegen, und es gibt Verfahren, bei denen man mit 2n – 1 Schritten auskommt. Der Beweis erfolgt durch „Induktion nach n“: Im Fall n = 1 hat man nur eine Scheibe und diese kann man natürlich in einem Zug umsetzen. Die Anzahl der Züge wird also in diesem Fall durch 2 n – 1 richtig ausgedrückt. Nun nehmen wir an, dass wir n Scheiben durch 2n – 1 Züge auf einen anderen Stab umsetzen können. Unsere Aufgabe besteht also darin, n + 1 Scheiben umzusetzen. Angenommen, diese befinden sich auf dem ersten Stab und sollen auf den dritten umgesetzt werden. Dazu betrachten wir die unterste Scheibe zunächst gar nicht, sondern nur die n obersten Scheiben. Diese können nach Induktionsvoraussetzung in genau 2n – 1 Zügen auf den zweiten Stab umgesetzt werden. Nun nehmen wir die unterste Scheibe und setzen sie auf den dritten Stab. Schließlich müssen wir die obersten n Scheiben vom zweiten auf den dritten Stab bringen. Wir wenden noch einmal die Induktionsvoraussetzung an, um diese in 2n – 1 Zügen umzusetzen. Insgesamt haben wir (2n – 1) + 1 + (2n – 1) = 2 • 2n – 1 = 2n + 1 – 1 Züge gebraucht. Selbst im günstigsten Fall müssten die Priester zu Benares 264 – 1 Züge ausführen, um den Turm gemäß den Regeln zu versetzen. Auch wenn die Priester für das Bewegen einer einzelnen Scheibe nur eine Sekunde benötigten, dauert das Versetzen des gesamten Turms ca. 582 Millionen Jahre. Geht man davon aus, dass die Entstehung der Welt durch den Urknall vor ca. 20 Milliarden Jahren stattfand, so müssen wir uns um ein baldiges Ende der Welt gemäß dieser mathematischen Geschichte keine allzu großen Sorgen machen. Das Spiel in der Ausstellung ist der umgedrehte Turm von Hanoi (d. h. die kleinste Scheibe liegt unten) und wird deshalb Turm von Ionah genannt. Man kann hier alle Scheibe mit insgesamt 31 Zügen in einen anderen Trichter bringen. Foto: Inhalte und Grafiken nach: zusammengestellt von: Mathematikum Gießen Begleitbuch zur Ausstellung „Mathematik zum Anfassen“ (Team zur Vorbereitung des Mathematikmuseums in Gießen) Sieglinde Milisterfer, Mittelschule Ampfing DER LEONARDO-MANN ÜBERRASCHENDES ZU DEN EIGENEN KÖRPERPROPORTIONEN ENTDECKEN! Vor dem projizierten Bild des Leonardo-Mannes positionieren (und dem neongrünen Kreis sowie dem neonblauen Quadrat) Den Kreis und das Viereck an die Körpergröße anpassen: So oft auf die Maus klicken, bis man mit ausgestreckten Armen und Fingern die Schnittpunkte des Quadrats mit dem Kreis berührt ( ) Man kann sich dazu im Bildschirm unter der Kamera sehen. Eine zweite Person das Kamerasymbol drücken lassen, wenn man mit der Anpassung fertig ist. Das Foto wird auf dem USB-Stick gespeichert Was kann man beobachten, wenn man die Arme und Finger seitlich vom Körper ausstreckt? Mathematischer Hintergrund: Leonardo da Vinci (1452 – 1519) war einer der ersten, der durch seine Proportionsstudien die Kunst in eine völlig neue, wirklichkeitsgetreuere Richtung lenkte. Durch das Experiment wird die Erkenntnis angesprochen, dass alle Menschen gleiche oder ähnliche Proportionen haben. Das bedeutet, dass die Größenverhältnisse der einzelnen Gliedmaßen eines Menschen annähernd proportional zu denen eines anderen Menschen sind. Das heißt: Wenn ein Mensch 1,50 m groß ist und eine Armspannweite von 1,50 m hat, dann hat auch ein Mensch, der 1,80 m groß ist, eine Armspannweite von 1,80 m. Gleiches kann man mit unterschiedlichen Größen durchführen. Man kann auch sagen, die Größen bzw. die Kreise und Quadrate des Vitruvschen Mannes gehen durch zentrische Streckung auseinander hervor. Eine zentrische Streckung mit dem Zentrum Z und dem Streckfaktor k ist eine Abbildung der Ebene auf sich, bei der Z fest bleibt, und jeder andere Punkt P auf einen Punkt P‘ so abgebildet wird, dass gilt: P‘ liegt auf der Geraden durch P und Z ZP‘ = k • ZP In unserem Fall liegt das Streckenzentrum Z in der Mitte der unteren Seite des Quadrates. Seit den 90er-Jahren nimmt man an, dass es sich beim Vitruvschen Mann nicht um eine reine Proportionsstudie handelt, sondern dass die Skizze auch das 2500 Jahre alte Problem der Quadratur des Kreises aufgreift. Platon hatte als Aufgabe gestellt, zu einem gegebenen Kreis nur mit Zirkel und Lineal ein Quadrat mit gleichem Flächeninhalt zu konstruieren. Erst 1882 konnte Ferdinand Lindemann mit Hilfe der modernen Algebra beweisen, dass dies möglich ist. Wenn man die Zeichnung Leonardos ausmisst, dann stellt man fest, dass der Kreis deutlich größer ist als das Quadrat. Das Interessante ist aber, dass man mit seiner Zeichnung sowohl einen Kreis konstruieren kann, der annähernd den gleichen Flächeninhalt hat wie das vorgegebene Quadrat als auch ein Quadrat konstruierbar ist, das annähernd den gleichen Flächeninhalt hat wie der vorgegebene Kreis. Der Kreis, der den annähernd gleichen Flächeninhalt hat wie das vorgegebene Quadrat, ist der Kreis durch die Fingerspitzen der seitlich ausgestreckten Hände und den Mittelpunkt der unteren Quadratseite, der am großen Zeh des rechten Fußes liegt. Das Quadrat das den annähernd gleichen Flächeninhalt hat wie der vorgegebene Kreis, erhält man auf etwas kompliziertere Weise: Wenn man Quadrate und Kreise nach diesem von Leonardo implizit beschriebenen Verfahren konstruiert, dann stellt man fest, dass sich die Flächeninhalte von Kreis und Quadrat immer mehr annähern. Foto und Computerprogramm: PI München Inhalte und Grafiken Mathematischer Hintergrund nach: Begleitbuch zur Ausstellung „Mathematik zum Anfassen“ (Team zur Vorbereitung des Mathematikmuseums in Gießen) zusammengestellt von : Sieglinde Milisterfer, Mittelschule Ampfing ROTE WÜRFEL RAUS KANN MAN DEN ANTEIL DER ROTEN WÜRFEL JE WURF ERKENNEN? Mit allen vorhandenen Würfeln werfen. Die Würfel, die eine rote Seite zeigen, in die erste Rinne einsortieren. Erneut mit allen übrigen Würfeln werfen. Wieder die Würfel, welche eine rote Seite zeigen, in die zweite Rinne einsortieren. Das Experiment solange wiederholen, bis alle Würfel einsortiert sind. Mathematischer Hintergrund: Durch eine einfach Überlegung kann man herausfinden, um welche Kurve es sich handelt: Da zwei der sechs Seiten eines Würfels rot sind, ist die Wahrscheinlichkeit, dass beim Würfeln eine rote Seite nach oben 1 zeigt, gleich 3. Beim ersten Wurf werden durchschnittlich 1 3 • 60 = 20 rote Würfel aussortiert. Übrig bleiben etwa 40 Würfel, mit denen in der nächsten Runde gewürfelt wird. Von diesen wird dann wieder ein Drittel aussortiert und so weiter. Insgesamt ergibt sich: 2 Nach dem ersten Wurf sind 60 • Würfel nicht-rot. Nach dem zweiten Wurf sind 60 • 3 • 3 Würfel nicht-rot. Nach dem dritten Wurf sind 60 • 3 • 3 • 3 Würfel nicht-rot. Nach dem x-ten Wurf sind noch 60 • ( 3 )x Würfel nicht-rot. 3 2 2 2 2 2 2 Da nach jedem Wurf 2 3 der Würfel nicht-rot und 1 3 der Würfel rot sind, gibt es nach jedem Wurf halb so viele rote wie nicht-rote Würfel. Da beim x-ten Wurf 60 • ( 1 2 3 )x Würfel nicht-rot sind, ist die Anzahl der roten Würfel nach dem x-ten Wurf 2 ungefähr gleich 2 • 60 • ( 3 )x Die roten Würfel formen damit annähernd eine Exponentialkurve. Solche Kurven spielen auch bei vielen Vorgängen in der Natur, wie beispielsweise dem radioaktiven Zerfall von Atomkernen, eine Rolle. Foto: Inhalte und Grafiken nach: zusammengestellt von: Mathematikum Gießen Begleitbuch zur Ausstellung „Mathematik zum Anfassen“ (Team zur Vorbereitung des Mathematikmuseums in Gießen) Sieglinde Milisterfer, Mittelschule Ampfing DIE WÜRFELSCHLANGE WELCHE ÜBERRASCHUNG BIRGT DIE FERTIGE WÜRFELSCHLANGE? Aufgabe 1: Die einzelnen Würfeln werfen und die gewürfelten Würfel zu einer Schlange aneinander legen. Aufgabe 2: Beim ersten Würfel der Schlange starten, seine Augenzahl ablesen und genauso viele Würfel weiterzählen. Diese Aufgabe so lange wiederholen, bis das Ende der Schlange erreicht ist. Bleiben am Ende der Schlange Würfel übrig, weil man nicht mehr so viele Würfel weiterzählen kann, diese zur Seite legen und sie nie mehr beachten. Aufgabe 3: Mit dem ersten Würfel der Schlange würfeln. Er zeigt nun eine andere Zahl. Das Durchzählen aus der zweiten Aufgabe wiederholen. Was passiert? Aufgabe 3 so lange wiederholen, bis mit allen Augenzahlen des ersten Würfels gestartet wurde. Mathematischer Hintergrund: Um sich dem Problem zu nähern, betrachtet man eine feste Würfelschlange. In der ersten Phase landet man durch Zählen auf bestimmten Würfeln. Diese werden im Folgenden die markierten Würfel genannt. Diese Würfel ergeben einen „Würfel-Pfad“, der mit dem letzten Würfel endet. Wenn man einmal auf einen markierten Würfel trifft, dann bleibt man immer auf diesem Pfad, das ist klar. Das bedeutet: Die Wahrscheinlichkeit, mit dem letzten Würfel zu enden, ist gleich der Wahrscheinlichkeit, im Verlauf des Zählens irgendwann einmal auf einem markierten Würfel zu landen. Um diese Wahrscheinlichkeit zu bestimmen, überlegt man nun die Gegenwahrscheinlichkeit, nämlich niemals auf einen markierten Würfel zu treffen. Da unter den ersten sechs Würfeln der Schlange mindestens einer markiert ist, ist die Wahrscheinlichkeit, im ersten Schritt keinen markierten Würfel zu treffen, höchstens 5 6 (≈ 0,83) Auch beim zweiten Schritt ist die Wahrscheinlichkeit, keinen markierten zu treffen, höchstens 5 6 . Daher ist die Wahrscheinlichkeit, im ersten und zweiten Schritt keinen markierten Würfel getroffen zu haben, höchstens 5 6 • 5 6 (≈ 0,69) Entsprechend ist die Wahrscheinlichkeit, in den ersten drei Schritten keinen markierten Würfel getroffen zu haben, höchstens 5 6 • 5 6 • 5 6 (≈ 0,578) 5 Bei n Schritten ist die Wahrscheinlichkeit, nie einen markierten Würfel zu treffen, höchstens ( )n 6 Da dieser Term mit wachsendem n sehr schnell gegen 0 geht, wird die Wahrscheinlichkeit schnell verschwindend klein. Dementsprechend ist die Wahrscheinlichkeit, mindestens einmal auf einen markierten Würfel zu treffen, 5 mindestens 1 – ( 6 )n, und diese Zahl geht sehr schnell gegen 1. Für n = 10 (60 Würfel) liegt diese Wahrscheinlichkeit schon bei 84 %. Foto: Inhalte und Grafiken nach: zusammengestellt von: Mathematikum Gießen Begleitbuch zur Ausstellung „Mathematik zum Anfassen“ (Team zur Vorbereitung des Mathematikmuseums in Gießen) Sieglinde Milisterfer, Mittelschule Ampfing DER ZWEITE IST IMMER DER ERSTE IST ES ZU GLAUBEN, DASS MAN GEWINNEN KANN, WENN MAN EINER ANDEREN PERSON BEIM WÄHLEN DEN VORTRITT LÄSST? Einen Partner einen der bereit liegenden Würfel wählen lassen. Selbst einen der übrigen Würfel aussuchen, von dem man sich die höchste Gewinnchance erhofft. Gegeneinander würfeln: Wer die höchste Augenzahl würfelt, bekommt einen Punkt. Sieger ist, wer nach 10 Durchgängen die meisten Punkte erreicht hat. Tipp: Wenn man den eigenen Würfel wählt, sollte man die Beschriftung genau beachten. Mathematischer Hintergrund: Die Seiten der bereit liegenden Würfel sind wie folgt beschriftet: Um die Gewinnwahrscheinlichkeit dieser so genannten Efronschen Würfel zu bestimmen, ist es nützlich, die entsprechenden Baumdiagramme zu betrachten. Die Würfel seien A, B, C und D. Wenn der erste Spieler den Würfel A wählt, so sollte der zweite Spieler den Würfel B wählen. Das Baumdiagramm der möglichen Spielverläufe sieht so aus: Im Baumdiagramm ist am Ende jedes Asts das Ereignis aufgetragen, seitlich auf dem Ast ist die zugehörige Wahrscheinlichkeit zu finden. Beispiel: Mit Würfel A erhält Spieler 1 mit der Wahrscheinlichkeit 1 3 den Wert o und 2 mit der Wahrscheinlichkeit 3 den Wert 4. Spieler 2 hingegen erhält beim Würfeln mit Würfel B die 1 und die 5 mit 1 jeweils einer Wahrscheinlichkeit von . Wenn das Würfelergebnis von 2 Spieler 2 höher als das von Spieler 1 ist, so hat er das Spiel gewonnen , andernfalls verloren . Die Wahrscheinlichkeit dafür ist jeweils das Produkt der Wahrscheinlichkeiten entlang der Äste. Wenn man nun die Gewinnwahrscheinlichkeiten für Spieler 2 addiert, ergibt sich stets die Gesamtwahr2 scheinlichkeit 3. Spieler 2 besitzt also eine doppelt so große Chance, das Spiel zu gewinnen, wie Spieler 1. Wenn der erste Spieler den Würfel B wählt, so nimmt der zweite Spieler Würfel C. Wenn der erste Spieler Würfel C wählt, so nimmt der zweite Spieler Würfel D. Wenn der erste Spieler sich für Würfel D entscheidet, so wählt Spieler 2 Würfel A aus, um zu gewinnen. Die entsprechenden Bäume sehen wie folgt aus: 2 Der zweite Spieler gewinnt bei richtiger Wahl des Würfels stets mit einer Wahrscheinlichkeit von 3. Foto: Inhalte und Grafiken nach: zusammengestellt von: Mathematikum Gießen Begleitbuch zur Ausstellung „Mathematik zum Anfassen“ (Team zur Vorbereitung des Mathematikmuseums in Gießen) Sieglinde Milisterfer, Mittelschule Ampfing DER GOLDENE SCHNITT IST ES TATSÄCHLICH ZU GLAUBEN, DASS DIE NATUR EINEM SCHÖNHEITSIDEAL FOLGT? Mit dem goldenen Zirkel den goldenen Schnitt am eigenen Körper erkunden und erkennen. Den Goldenen Schnitt in vielen weiteren Beispielen aus Kunst, Architektur und anderen Bereichen entdecken. Mathematischer Hintergrund: Der Goldene Schnitt beschäftigt die Mathematiker schon seit Jahrtausenden und hat bis heute seine Faszination nicht verloren. Schon bei Euklid (ca. 300 v. Chr.) wird er wie folgt definiert: Eine Strecke wird durch einen Punkt T im Goldenen Schnitt geteilt, wenn die ganze Strecke zum größeren Teil (= Major) im selben Verhältnis steht wie der größere Teil zum kleineren (= Minor). Als Gleichung ausgedrückt, heißt das AB : AT = AT : BT Wenn man den Punkt berechnet, stellt sich heraus, dass er bei knapp 62 % der Gesamtstrecke liegt. Zur Berechnung bezeichnet man die Länge der Gesamtstrecke AB mit s und die Länge von AT mit x. Dann ist TB = s – x. s s-x x Nach der Definition des Goldenen Schnitts gilt: AB : AT = AT : BT und mit den neuen Bezeichnungen s / x = x / (s – x) Durch Umformen ergibt sich daraus die Gleichung x² + sx – s² = 0 Dies hat die positive Lösung x = s (- 1 + √5) / 2 Für das „goldene Verhältnis“ errechnet man damit 𝐴𝐵 𝐴𝑇 = 𝑠 𝑥 = 1 2 (√5 + 1) Diese Zahl, der Goldene Schnitt, wird meist mit dem griechischen Buchstaben 𝜑 (Phi) oder 𝜏 (Tau) bezeichnet. Aus der obigen Gleichung folgt 𝜑 = 1,6180... Der Goldene Schnitt fasziniert auch deswegen, weil er in der Natur vorkommt. Besonders schöne Beispiele sind die fünfzähligen Symmetrien bei der Glockenblume, dem Efeuaralienblatt und dem Seestern. Bei vielen Blättern stehen Länge und Breite im Verhältnis des Goldenen Schnittes, so zum Beispiel beim Eichenblatt. Auch am menschlichen Körper sind zahlreiche Goldene Schnitte zu entdecken. So teilt der Bauchnabel die Körpergröße im Goldenen Schnitt und auch Fingerglieder sollen im Goldenen Schnitt stehen ebenso wie die Augenbrauen die Strecke zwischen Haaransatz und Kinn im Goldenen Schnitt teilen. Foto: Inhalte und Grafiken nach: zusammengestellt von: Sieglinde Milisterfer Begleitbuch zur Ausstellung „Mathematik zum Anfassen“ (Team zur Vorbereitung des Mathematikmuseums in Gießen) Sieglinde Milisterfer, Mittelschule Ampfing DAS GESCHNÜRTE FÜNFECK WAS SIEHT MAN DURCH DAS GUCKLOCH, WENN MAN DIE SCHNUR ZWISCHEN DEN STÄBEN HINDURCHFÜHRT? Durch das Guckloch sehen und beobachten, was passiert, wenn man die Schnur um die vorhandenen Stäbe herumführt. Welche Beobachtung kann man machen, wenn man die Schnur zwischen den Stäben hindurchführt? Mathematischer Hintergrund: Dieses Experiment macht das Grundprinzip der Perspektive deutlich. Man stellt sich dazu einen Beobachter vor, der unbewegt den ihn umgebenden Raum betrachtet. Der Punkt, von dem aus er die Welt betrachtet, wird durch das Guckloch dargestellt. Dann werden je zwei Punkte, die mit dem Auge des Betrachters auf einer Geraden liegen, von diesem nur als ein Punkt wahrgenommen. Genauer gesagt: Alle Punkte auf einem Sehstrahl werden vom Betrachter identifiziert, d. h. als nur ein Punkt gesehen. Im Experiment ist es so, dass die fünf Stäbe auf das Guckloch zulaufen; deshalb sieht man jeden Stab nur als einen einzigen Punkt. Wenn wir uns eine Ebene vorstellen, die das Guckloch berührt, dann sieht der Betrachter diese Ebene nur als Gerade. (Diesen Effekt erlebt man auch im Alltag, wenn man beispielsweise die Schneide eines Messers mit dem Auge fixiert). Im Experiment erzeugen je zwei Stäbe eine Ebene, die durch das Guckloch gehen würde. Daher wird die rote Schnur, ganz gleich, wie die Schnur von einem Stab zum anderen gespannt wird, vom Guckloch aus gleich aussehen. Foto: Inhalte und Grafiken nach: zusammengestellt von: Sieglinde Milisterfer Begleitbuch zur Ausstellung „Mathematik zum Anfassen“ (Team zur Vorbereitung des Mathematikmuseums in Gießen) Sieglinde Milisterfer, Mittelschule Ampfing ALLE DREIECKE SIND GLEICH SCHAFFT MAN ES, EIN VOLLKOMMEN UNREGELMÄßIGES DREIECK SO IN DEN LICHTKEGEL ZU HALTEN, DASS ES GENAUSO AUSSIEHT WIE EINES DER DREIECKE AN DER WAND? Das unregelmäßige Dreieck zur Hand nehmen. Dieses so in den Lichtkegel halten, dass der Schatten des Dreiecks. genauso aussieht wie eines der Dreiecke an der Wand. Nur nicht entmutigen lassen! Man muss sich ganz schön verrenken, um den perfekten Schatten zu erhalten. Mathematischer Hintergrund: Bei diesem Experiment geht es um die Zentralprojektionen. Das sind die Abbildungen einer Ebene E auf eine Ebene E‘, die ein Zentrum Z haben. Ein Punkt P in der Ebene E wird so abgebildet, dass die Gerade durch P und das Zentrum mit der Ebene E geschnitten wird; dies ergibt den Bildpunkt P‘. Formal: P auf P‘ : = ZP ∩ E‘ Wir machen uns klar, warum je zwei Dreiecke aufeinander projiziert werden können. Sei ABC ein beliebiges Dreieck (das ist das Metalldreieck) und ein anderes Dreieck A’B’C‘ (eines der gleichseitigen Dreiecke). Wir zeigen, dass es ein Zentrum gibt, mit dem die Punkte A, B, C auf A‘. B‘, C‘ abgebildet werden. Das bedeutet nur, dass die Geraden AA‘, BB‘ und CC‘ durch das Zentrum laufen. Man kann die Position für ABC auf folgende Weise finden: Wir betrachten die Geraden AB, AC und BC (die Verlängerungen der Seiten des Dreiecks ABC) und entsprechend die Geraden A’B‘, A’C‘ und B’C‘. Wir wollen eine Position von ABC finden, sodass (a) die Geraden A’B‘ und AB, sowie A’C‘ und AC, sowie B’C‘ und BC sich schneiden und (b) die Schnittpunkte kollinear sind. Wir wählen eine Gerade g, welche die Geraden A’B‘, A’C‘ und B’C‘ (die verlängerten Seiten des Dreiecks A’B’C‘) in den Punkten C*, B* und A* trifft. Wir stellen und C* und B* als Ösen vor, durch welche die Geraden AB und AC gesteckt werden. Dann kann man ABC drehen. Das machen wir so lange, bis die Gerade BC durch die Öse A* zeigt. Nun haben wir die Bedingungen (a) und (b) erfüllt. Es gibt einen grundlegenden Satz der Geometrie, nämlich den Satz von Desargues (Girard Desargues, 1591 – 1661), der besagt, dass unter diesen Bedingungen die Geraden AA‘, BB‘ und CC‘ durch einen gemeinsamen Punkt gehen. Die Projektionsmethode steht in diesem Zusammenhang mit einem anderen wichtigen Satz der darstellenden Geometrie, dem Satz von Pohlke (Karl Wilhelm Pohlke, Landschaftsmaler und Professor für Architektur, 1810 – 1876). Dieser lautet: „Jedes ebene Dreibein ist ein Parallelriss eines räumlichen, kartesischen Dreibeins, dessen Einheitsstrecken durch das ebene Dreieck bestimmt sind.“ Foto: Inhalte und Grafiken nach: zusammengestellt von: Mathematikum Gießen Begleitbuch zur Ausstellung „Mathematik zum Anfassen“ (Team zur Vorbereitung des Mathematikmuseums in Gießen) Sieglinde Milisterfer, Mittelschule Ampfing AUF DEN BLICKPUNKT KOMMT ES AN WAS KANN MAN BEZÜGLICH DER SCHIENEN BEOBACHTEN, WENN MAN DURCH DAS GUCKLOCH SCHAUT? Einen Blick durch das Guckloch wagen und gespannt sein, was bezüglich der Schienen zu beobachten ist! Mathematischer Hintergrund: Leonardo da Vinci soll über die Perspektive als wissenschaftlichen Beitrag zur Malerei gesagt haben: „Die Perspektive ist nichts anderes als die Betrachtung eines Ortes so, als ob er sich hinter einer Glasscheibe befände... An der Oberfläche der Glasscheibe sind die Objekte als Hinterglasmalerei ausgeführt.“ – Dies wird in dem Exponat deutlich. In der Mathematik versteht man unter „Perspektive“ die Erzeugung eines zweidimensionalen Bildes einer dreidimensionalen Szene durch Zentralprojektion. Allgemein spricht man von einer Projektion, wenn ein Körper oder eine Figur Punkt für Punkt auf eine Ebene abgebildet wird. Die Strahlen, die die Punkte des Körpers bzw. der Figur mit den dazugehörigen Bildpunkten der Ebene verbinden, heißen Projektionsstrahlen. Bei einer Zentralprojektion gehen die Projektionsstrahlen durch einen festen Punkt, das Projektionszentrum. Das natürliche einäugige Sehen ist dem Vorgang der Zentralprojektion ähnlich, denn auch beim Sehvorgang gehen alle Projektionsstrahlen („Sehstrahlen“) durch einen zentralen Punkt, den Augpunkt. Man kann sich alle Punkte eines Gegenstandes durch Sehstrahlen mit dem (fixierten) Auge des Betrachters verbunden denken. Die Schnittpunkte dieser Strahlen mit der Bildebene stellen die Schnittfigur dar. Neben der von da Vinci sogenannten „Hinterglasmalerei“ kann man die Figur auf der Glasscheibe des Exponats auch durch geometrische Konstruktion gewinnen. Dabei macht man sich zunutze, dass bei der Zentralprojektion Geraden wieder auf Geraden abgebildet werden. Die Bilder der Geraden, die senkrecht zur Bildebene verlaufen (die Gleise) schneiden sich in einem gemeinsamen Punkt, dem Fluchtpunkt. Dieser Fluchtpunkt liegt in derselben Höhe wie der Augpunkt, und zwar so, dass die Verbindung zwischen Fluchtpunkt und Augpunkt auf der Bildebene senkrecht steht. Die Bilder der Gleise entstehen, indem man den Fluchtpunkt mit den (gedachten) Berührungspunkten von Gleisen und Glasscheibe verbindet. Die Geraden, die zur Bildebene parallel sind, werden wieder auf Parallelen abgebildet. Sie liegen alle horizontal in der Bildebene. Anhand des Strahlensatzes kann man bestimmen, in welcher Höhe sie verlaufen. Foto: Inhalte und Grafiken nach: zusammengestellt von: Mathematikum Gießen Begleitbuch zur Ausstellung „Mathematik zum Anfassen“ (Team zur Vorbereitung des Mathematikmuseums in Gießen) Sieglinde Milisterfer, Mittelschule Ampfing ICH BIN EINE FUNKTION IST ES ZU SCHAFFEN, SICH SO ZU BEWEGEN, DASS DIE EIGENE BEWEGUNG DEM GRAPHEN ENTSPRICHT? Der zu sehende Graph stellt ein Weg-Zeit-Diagramm dar. Startknopf drücken und es erscheint eine neue, zufällige Kurve. Nun sind 10 Sekunden Zeit, die Kurve zu betrachten, dann erfolgt ein Startschuss. Die Zeit sollte dazu genutzt werden, sich notwendige Bewegungen zu überlegen. In den nächsten 10 Sekunden kann man den Graphen so gut wie möglich nachlaufen. Die eigene Bewegung wird als gepunktete Linie dargestellt. Nach Ende der Aufzeichnung kann man den vorgegebenen und den nachgelaufenen Graphen vergleichen. Mathematischer Hintergrund: Eine Funktion ist im Grunde etwas ganz Einfaches: Man versteht darunter eine Vorschrift, die jedem Element einer Menge x (dem Definitionsbereich) genau ein Element der Menge y (dem Wertebereich) zuordnet. In diesem Experiment wird jedem Zeitpunkt genau ein Abstand zugeordnet. Eine Funktion ist also nichts weiter als eine eindeutige Zuordnung. Um Funktionen zu beschreiben, gibt es viele Möglichkeiten. Zum Beispiel kann man einen Funktionsterm bestimmen, eine Wertetabelle aufstellen oder ein Pfeildiagramm zeichnen. Die übersichtlichste Darstellung ist jedoch meist der Funktionsgraph. Er eröffnet den Blick auf die Funktion als Ganzes. Oft entsteht bei dieser Veranschaulichung jedoch das Problem, dass die Verbindung zum eigentlich beschriebenen Sachverhalt aus dem Blick gerät. Hier setzt dieses Exponat an: Indem der Besucher ein vorgegebenes Weg-Zeit-Diagramm nachläuft und seinen eigenen Funktionsgraphen entstehen sieht, erfährt er den Funktionsbegriff „am eigenen Leibe“. Auf diese Weise kann die Kluft zwischen dem abstrakten Graphen und der konkreten Bewegung überwunden werden. Weiterhin wird mit diesem Exponat spielerisch und interaktiv die Fähigkeit geschult, einen Funktionsgraphen zu interpretieren. Um den Graphen erfolgreich nachzulaufen, genügt es nämlich nicht, auszuprobieren, wie man sich bewegen muss. Vielmehr ist es hilfreich, sich einige Eigenschaften der Funktion im Vorfeld klarzumachen. Der Besucher sollte daher den Countdown zum Überlegen nutzen und seine Bewegungen planen. Im Einzelnen kann er sich folgende Fragen stellen: Welche Größe ist auf welcher Achse abgetragen und wie groß sind die Einheiten der Achse? Auf der y-Achse ist der Abstand in Metern und auf der x-Achse ist die Zeit in Sekunden abgetragen. Wo ist der Startpunkt? Die Entfernung, bei der zu starten ist, wird durch den y-Achsenabschnitt des Graphen angegeben. In welche Richtung muss ich laufen? Bei einem ansteigenden Kurvenabschnitt muss man sich vom Abstandsmesser entfernen. Bei einem abfallenden Kurvenabschnitt muss man sich an den Abstandsmesser annähern. Ist der Abschnitt des Graphen waagerecht, so muss man stehenbleiben. Wie schnell muss ich laufen? Die Geschwindigkeit wird durch die Steigung des Graphen angegeben; je „steiler“ desto schneller Nur wer sich anhand dieser Fragen im Vorfeld gut überlegt, wie er sich bewegen muss, wird den vorgegebenen Graphen gut „treffen“. Foto: Inhalte und Grafiken nach: zusammengestellt von: Mathematikum Gießen Begleitbuch zur Ausstellung „Mathematik zum Anfassen“ (Team zur Vorbereitung des Mathematikmuseums in Gießen) Sieglinde Milisterfer, Mittelschule Ampfing RIESENSEIFENHAUT IST ES ZU SCHAFFEN, SICH VOLLKOMMEN IN EINEN SEIFENLAUGENRING EINZUHÜLLEN? In die Mitte der Seifenlaugenwanne stellen. Über den Seilzug den Ring mit der Seifenlaugenflüssigkeit nach oben ziehen. Bald schon ist man in einen wunderbaren Seifenlaugentunnel gehüllt. Wie hoch kann man den Tunnel ziehen, bis er platzt? Mathematischer Hintergrund: Bei der Riesenseifenhaut geht es um so genannte Minimalflächen. Seifenhäute haben eine mathematische Eigenschaft – nur eine, aber die halten sie konsequent durch: Sie bilden sich stets so, dass die Gesamtfläche kleinstmöglich ist. Bei der Riesenseifenhaut entsteht zwischen dem hochgezogenen Reifen und der Wanne eine Seifenhautfläche mit minimalem Flächeninhalt. Diese Minimalfläche lässt sich mathematisch als Rotationsfläche beschreiben. Die hier dargestellte Seifenhautfläche lässt sich folgendermaßen erzeugen: Wenn man eine Kette so hält, dass die beiden Enden gleich hoch sind, dann bildet die Kette eine Kurve, die man Kettenlinie nennt. Nun denkt man sich diese Kurve um eine waagrechte Achse A gedreht, die unterhalb der Kette liegt. Dann entsteht eine Minimalfläche. Wenn man jetzt das ganze Gebilde noch um 90° dreht, erhält man eine Fläche, die der Riesenseifenhaut entspricht. Diese 1744 von Euler beschriebene Fläche heißt Kettenfläche oder Katenoid (von lateinisch catena = Kette) Foto: Inhalte und Grafiken nach: zusammengestellt von: Mathematikum Gießen Begleitbuch zur Ausstellung „Mathematik zum Anfassen“ (Team zur Vorbereitung des Mathematikmuseums in Gießen) Sieglinde Milisterfer, Mittelschule Ampfing WUNDERBARE SEIFENHÄUTE WAS WIRD WOHL PASSIEREN, WENN MAN DIE KANTENMODELLE IN SEIFENLAUGE TAUCHT? Vorhandene Kantenmodelle in den Eimer mit der Seifenlauge tauchen und vorsichtig wieder herausziehen. Kantenmodell vorsichtig schütteln und die entstehende Faszination beobachten. Mathematischer Hintergrund: Die beim Experimentieren entstandenen Seifenhäute sind Flächen kleinstmöglichen Flächeninhalts, sogenannte Minimalflächen. Die Kantenmodelle können verschiedene Minimalflächen besitzen. Beim Tetraeder gibt es eine wunderschöne Möglichkeit für eine Minimalfläche: Im Inneren des Tetraeders bildet sich eine Ecke, die genau im Schwerpunkt des Tetraeders sitzt. Von dieser gehen sechs dreieckige Seifenhäute aus, welche die mittlere Ecke mit den sechs Kanten des Tetraeders verbinden. Im Folgenden wird der Flächeninhalt dieser Minimalfläche M des Tetraeders ausgerechnet. Damit wird klar, dass dieser Flächeninhalt tatsächlich viel kleiner ist, als die Oberfläche des Tetraeders. Zum Beweis wird die Tatsache genutzt, dass sich jedes reguläre Tetraeder in einen Würfel so einbeschreiben lässt, dass die Kanten des Tetraeders auf den Seiten des Würfels liegen. Wenn der Würfel die Seitenlänge 1 hat, hat das Tetraeder die Seitenlänge √2. Ferner treffen sich die Raumdiagonalen des Würfels im Schwerpunkt des Tetraeders und werden von diesem halbiert. Jede Raumdiagonale hat die Länge d = √3. Jedes der sechs Dreiecke, aus denen sich die Fläche M zusammensetzt, ist gleichschenklig. Dabei hat die Grundseite g die Länge g = √2, die Schenkel betragen a = 𝑑 2 = √3 2 Für die Höhe h jedes Dreiecks erhält man: 𝑔 1 h = √𝑎² − ( 2 )² = 2 Daraus ergibt sich für den Flächeninhalt A jedes Dreiecks: A = √2 • 1 2 • 1 2 √2 4 = Somit beträgt der Flächeninhalt der Minimalfläche M: M=6A=6• √2 4 = 3 2 • √2 (≈ 2,121) Nun stellt man diesem Ergebnis die Oberfläche des Tetraeders gegenüber: Für eine Seitenfläche mit der 3 Kantenlänge g = √2 ergibt sich die Höhe h‘ = √2 und daraus der Flächeninhalt A‘ = √3 2 Die Oberfläche des Tetraeders beträgt also O = 4 A‘ = 4 • √3 2 = 2 • √3 (≈ 3,464) Somit nimmt die Minimalfläche M nur etwa 61 % der Oberfläche O des Tetraeders ein. Foto: Inhalte und Grafiken nach: zusammengestellt von: Mathematikum Gießen Begleitbuch zur Ausstellung „Mathematik zum Anfassen“ (Team zur Vorbereitung des Mathematikmuseums in Gießen) Sieglinde Milisterfer, Mittelschule Ampfing WER KOMMT AM SCHNELLSTEN RUNTER? WELCHE DER DREI BAHNEN BRINGT DIE KUGEL WOHL SCHNELLER ANS ZIEL? Wettrennen 1: Gleichzeitig zwei Kugeln verschiedene Bahnen hinunterrollen lassen und beobachten, welche schneller am Ziel ist. Wettrennen 2: Beide Kugeln von verschiedenen Stellen der gekrümmten Bahnen starten lassen und sehen, welche schneller das Ziel erreicht. Mathematischer Hintergrund: Die Zeit, die eine Kugel für das Durchlaufen einer Bahn benötigt, hängt von ihrer Durchschnittsgeschwindigkeit ab. Diese ist umso größer, je größer die Geschwindigkeitszunahme am Anfang ist. Deshalb führt eine am Anfang steilere Bahn zu einer größeren Durchschnittsgeschwindigkeit. Und eine größere Durchschnittsgeschwindigkeit führt zu einer kleineren Durchlaufzeit. Welche Form hat die Bahn, welche die schnellste unter allen möglichen Verbindungen zwischen Anfangsund Endpunkt ist? Diese Frage hat eine lange Tradition. Vermutlich hat sich Galileo Galilei (1564 – 1642) als erster mit diesem Problem beschäftigt. Als Lösung schlug er einen Kreisbogen vor, was sich aber als falsch erwies. Johann Bernoulli (1667 – 1748) griff das Problem wieder auf und stellte es 1696 als Herausforderung „für die klügsten Mathematiker der Welt“. Er selbst hatte zu diesem Zeitpunkt bereits eine Lösung für dieses sogenannte Brachystochronenproblem (brachys = schnell / chronos = Zeit) gefunden. Die fünf bedeutendsten Mathematiker, darunter Gottfried Wilhelm Leibniz und Isaac Newton, fanden als Lösung, dass die Brachystochrone (d. h. die Kurve, auf der ein Körper zum Hinabgleiten die kürzeste Zeit benötigt) die Form eines Zykloidenbogens hat. Eine Zykloide ist die Bahnkurve eines Kreispunktes beim Abrollen des Kreises auf einer Geraden. Anschaulich gesprochen bewegt sich ein Punkt des Reifens eines Fahrrades (beispielsweise das Ventil) auf einer Zykloide. Die Zykloide hat die Parameterdarstellung x (t) = r • (t – sin(t)) y (t) = r • (1 – cos(t)) Die Brachystochrone zu zwei Punkten A und B, von denen A der Anfangspunkt ist, findet man, indem man zunächst über der horizontalen Geraden durch A eine beliebige Zykloide konstruiert, die in A beginnt. Der erzeugende Kreis habe den Radius r‘. Dann spiegelt man die Zykloide an der horizontalen Geraden durch A und bestimmt den Schnittpunkt S des Spiegelbildes mit der Geraden AB. Da Zykloiden zueinander ähnlich sind, gilt für den Radius r des Kreises, der die gesuchte Zykloide erzeugt: |𝐴𝐵| r = 𝑟 ′ • |𝐴𝑆| Je nachdem, wie A und B zueinander liegen, kann die Brachystochrone von oben, von unten oder horizontal am Endpunkt ankommen. Am meisten verwundert wohl, dass die Brachystochrone selbst dann die schnellste Verbindung zwischen A und B ist, wenn sie von unten im Endpunkt ankommt. Zykloiden haben noch eine weitere verblüffende Eigenschaft: Sie sind tautochron (tautos = gleich). Das bedeutet, dass unabhängig davon, wo man auf einer nach unten gespiegelten Zykloide eine Kugel loslässt, sie immer die gleiche Zeit benötigt, um am tiefsten Punkt der Bahn anzukommen. Foto: Inhalte und Grafiken nach: zusammengestellt von: Mathematikum Gießen Begleitbuch zur Ausstellung „Mathematik zum Anfassen“ (Team zur Vorbereitung des Mathematikmuseums in Gießen) Sieglinde Milisterfer, Mittelschule Ampfing GLEICHDICKS IST ES MÖGLICH, MIT DREIECKIGEN AUSSEHENDEN RÄDERN EINE RUCKELFREIE BEWEGUNG ZU ERZEUGEN? Platte auf die „Räder“ legen und losfahren. Gibt es tatsächlich eine ruckelfreie Bewegung? Mathematischer Hintergrund: Diese Gebilde heißen Gleichdicks oder, in der mathematischen Fachsprache Kurven konstanter Dicke. Sie haben eine Eigenschaft mit dem Kreis gemeinsam: Wenn man sie zwischen zwei parallele Geraden einspannt, haben diese immer den gleichen Abstand, unabhängig davon, in welcher Lage das „Gleichdick“ dazwischen liegt. Sicher hat ein Kreis diese Eigenschaft. Daneben gibt es aber noch eine Fülle anderer Gleichdicks. Das einfachste und spektakulärste Gleichdick ist das Reuleaux-Dreieck, das nach dem deutschen Mathematiker Franz Reuleaux (1829 – 1905) benannt ist. Dabei geht man von einem gleichseitigen Dreieck aus. Man zeichnet einen Kreisbogen zwischen zwei Eckpunkten, der den gegenüberliegenden Eckpunkt als Mittelpunkt hat. Die drei Kreisbögen ergeben insgesamt das Reuleaux-Dreieck. Dieses ist ein Gleichdick, denn wenn man es zwischen zwei parallelen Geraden einspannt, liegt an einer immer eine Ecke und an der anderen der gegenüberliegende Kreisbogen. Die Dicke dieser Kurve ist genau der Radius des Kreisbogens. Ganz allgemein kann man aus jedem regulären Vieleck mit einer ungeraden Zahl von Ecken auf folgende Weise ein Gleichdick machen. Jede Ecke ist Mittelpunkt eines Kreisbogens, der die beiden gegenüberliegenden Ecken miteinander verbindet. Die Dicke der so entstehenden Reuleaux-Polygone ist gleich der Länge der Sehne, die zwei gegenüberliegende Eckpunkte verbindet. Eine weitere besonders einfache Methode, Kurven konstanter Dicke zu erzeugen, ist die Methode der gekreuzten Linien. Man zeichnet zunächst beliebig viele gerade Linien, die sich alle gegenseitig schneiden. Eine Kurve konstanter Dicke erhält man dadurch, dass je zwei Linien, die direkt nebeneinander enden, durch einen Kreisbogen verbunden werden, welcher seinen Mittelpunkt im Schnittpunkt der beiden Linien hat. Die Endpunkte der Linien müssen dabei bei Bedarf angepasst werden. Der Radius des benachbarten Bogens wird so gewählt, dass eine geschlossene Kurve entsteht. Die Reuleaux-Polygone haben an den Punkten, an denen die Kreisbögen zusammentreffen, Ecken. Im Gegensatz dazu erhält man mit der Methode der gekreuzten Linien Gleichdicks mit abgerundeten Ecken. Kurven konstanter Dicke haben erstaunliche Eigenschaften: Satz von Barbier: Der Umfang eines jeden Gleichdicks der Dicke d beträgt d • Satz von Blaschke: Von allen Kurven der konstanten Dicke d hat der Kreis den größten und das Reuleaux-Dreieck den kleinsten Flächeninhalt Foto: Inhalte und Grafiken nach: zusammengestellt von: Mathematikum Gießen Begleitbuch zur Ausstellung „Mathematik zum Anfassen“ (Team zur Vorbereitung des Mathematikmuseums in Gießen) Sieglinde Milisterfer, Mittelschule Ampfing DAS SPIEGELBUCH IST ES MÖGLICH, NEBEN DEM EINEN BEKANNTEN SPIEGELBILD AUCH NOCH ANDERE SPIEGELMUSTER ZU ERZEUGEN? Eine Figur zwischen das Spiegelbuch legen und mehrfach sehen. Den Spiegel immer ein Stück enger zusammen drücken und schließlich so eng zusammen drücken, dass man kaum mehr hineinschauen kann und sehen, was Faszinierendes passiert. Mathematischer Hintergrund: Dass man in einem Spiegel sein eigenes Spiegelbild erkennt, ist mathematisch betrachtet, noch nichts Aufregendes. Interessant wird es, wenn man mehrere Spiegel benutzt und das Bild, welches der erste Spiegel produziert, im zweiten erneut gespiegelt wird, dieses wieder im ersten usw. Mathematisch entspricht das einer „Verkettung“ der einzelnen Spiegelbilder, wodurch viele – manchmal unendlich viele – Bilder entstehen. Wenn man die beiden Spiegel des Buches im Winkel von 60° zueinander stellt, werden die Spiegelbilder der beiden Spiegel erneut gespiegelt. Insgesamt sieht man das Objekt dann sechsmal. Man kann natürlich auch andere Winkel einstellen. Bei einem Winkel von 45° sieht man insgesamt 8 Bilder, und bei einem Winkel von 36° insgesamt 10 Bilder (jeweils inklusive des Originals). Je kleiner der Winkel, desto größer die Anzahl der Bilder. Allgemein ist die Anzahl der Bilder 360° : 𝛼 wobei 𝛼 der Winkel zwischen den Spiegeln ist. Man kann beobachten, dass nicht alle Spiegelbilder gleich sind; die Hälfte der Bilder sind rechte Hände, die andere linke Hände. Man erhält die rechten Hände, indem man von der Originalhand ausgeht und diese um die Winkel 2𝛼, 4𝛼, 6𝛼, ... dreht. Die linken Hände erhält man, indem man die originale (rechte) Hand zunächst spiegelt und dann dieses Spiegelbild ebenfalls um die Winkel 2𝛼, 4𝛼, 6𝛼, ... dreht. Formal mathematisch kann man diesen Sachverhalt so darstellen: Wir betrachten zwei Spiegelungen, deren Spiegelachse einen Winkel von 𝛼 einschließen; dabei soll es so sein, dass die Zahl n = 360° : 𝛼 eine gerade Zahl ist. Dann erzeugen diese Spiegelungen eine Gruppe, die so genannte Diedergruppe (sprich: Di-eder). Diese Gruppe hat n Elemente; die n Bilder, die man sieht, sind die Bilder des Originals und der Diedergruppe. Die Diedergruppe hat eine zyklische Untergruppe der Ordnung n/2 (nämlich die Drehung um 0°, 2𝛼, 4𝛼, ..., n𝛼). In der obigen Darstellung sind die rechten Hände die Bilder der Originalhand unter dieser zyklischen Gruppe. Die Elemente der Diedergruppe, die nicht in der zyklischen Untergruppe liegen, sind alles Spiegelungen. Dies erkennt man daran, dass jede linke Hand durch eine einfache Spiegelung einer rechten Hand hervorgeht. Foto: Inhalte und Grafiken nach: zusammengestellt von: Mathematikum Gießen Begleitbuch zur Ausstellung „Mathematik zum Anfassen“ (Team zur Vorbereitung des Mathematikmuseums in Gießen) Sieglinde Milisterfer, Mittelschule Ampfing DAS PENROSE-PUZZLE IST ES MÖGLICH, DURCH GESCHICKTES PUZZELN EIN VOLLSTÄNDIGES MOSAIK OHNE LÖCHER ZU ERSTELLEN? Aus den vielen Puzzlesteinen ein vollständiges Mosaik ohne Löcher erstellen – mit etwas Probieren geht das Puzzle auch tatsächlich auf. Das fertige Muster lädt zur genauen Betrachtung ein, denn man kann darin viele Strukturen erkennen. Mathematischer Hintergrund: In der Sprache der Mathematiker heißen solche Mosaike „Parkette“. Ein Parkett besteht aus Parkettsteinen, welche die ganze Ebene lückenlos überdecken, von denen sich aber keine überlappen. Neben den gleichnamigen Holzfußböden sind also auch Bienenwaben, Schachbretter und Karopapiere Alltagsbeispiele für Parkette. Genauer gesagt sind sie Ausschnitte aus unendlich großen Parketten. Doch es reicht, diesen Ausschnitt zu kennen, um zu wissen, wie es weitergeht: So kann man das Muster einer Bienenwabe erhalten, indem man ein Sechseck immer wieder verschiebt, bis die ganze Ebene bedeckt ist. Parkette, welche auf diese Art – also durch Verschieben eines Musterausschnitts – konstruiert sind, heißen periodische Parkette. Man fragt sich, ob es überhaupt nicht-periodische (sogenannte aperiodische) Parkette gibt und es gibt in der Tat sehr viele! Mathematiker sind in der Regel mit einfachen Antworten nicht zufrieden und haben radikal gefragt. Gibt es Parkettsteine, mit denen man ausschließlich aperiodische Parkette erzeugen kann? Lange Zeit glaubte man, dass es solche Figurensätze von Parkettsteinen nicht gäbe. Nach einer theoretischen Lösung von 1964 gelang dem Oxforder Mathematik-Professor Roger Penrose im Jahr 1974 der Durchbruch: Er fand zwei Figuren, mit denen man nur nicht-periodische Muster legen kann. Die Penrose-Parkettsteine, genannt Drachen und Pfeil, können aus einer Raute mit den Winkeln 72° und 108° durch geschicktes Zerschneiden hergestellt werden. Die Schnittkanten gehen von den stumpfwinkligen Ecken der Raute aus und bilden mit den Seiten der Raute Winkel von 72° bzw. 36°. Interessanterweise treffen sich die Schnittkanten auf der längeren Diagonale in einem Punkt, der diese im Verhältnis des goldenen Schnitts teilt. Um aus Drachen und Pfeilen ein aperiodisches Parkett zu erhalten, muss man nur darauf achten, dass nie eine Raute entsteht. Dies wird durch die sogenannten Legeregeln erzwungen. In dem Experiment werden diese Regeln durch die puzzleartigen Einbuchtungen und Vorsprünge realisiert. Beim Zusammenlegen der Steine bemerkt man überraschenderweise, dass man mehr Drachen als Pfeile benötigt. Tatsächlich entspricht in einem unendlich großen Parkett das Verhältnis von Drachen zu Pfeilen dem goldenen Schnitt. Das bedeutet, knapp 62 % aller Steine sind Drachen. Foto: Inhalte und Grafiken nach: zusammengestellt von: Mathematikum Gießen Begleitbuch zur Ausstellung „Mathematik zum Anfassen“ (Team zur Vorbereitung des Mathematikmuseums in Gießen) Sieglinde Milisterfer, Mittelschule Ampfing WER FINDET DEN FISCH? IST ES ZU SCHAFFEN, DEN VOLLSTÄNDIGEN FISCH EXAKT IN DEM MUSTER ZU FINDEN? Den Fischkörper mit den Flossen exakt in das Muster einfügen. Eine der wenigen Möglichkeiten finden, an denen der Fisch in das Muster passt. Mathematischer Hintergrund: Auf blauem Grund sieht man grüne „Kreise“, die fast wie Seerosen wirken. Die Aufgabe besteht darin, den Fisch in das zugrundeliegende Muster einzupassen. Das ist nicht ganz einfach, denn der Fisch muss 100 %ig passen. Nicht nur der Körper, sondern auch die Flossen müssen sich perfekt in das Muster einfügen. Bei dem Muster handelt es sich um einen Ausschnitt aus einem Penrose-Parkett (der mathematische Hintergrund zum Penrose-Parkett ist beim entsprechenden Exponat nachzulesen): Die Aperiodizität des Penrose-Parketts spiegelt sich in der Schwierigkeit wider, den Fisch exakt einzupassen, denn wenn man den Fisch verschiebt, passt er im Allgemeinen nicht in das Muster. Foto: Inhalte und Grafiken nach: zusammengestellt von: Mathematikum Gießen Begleitbuch zur Ausstellung „Mathematik zum Anfassen“ (Team zur Vorbereitung des Mathematikmuseums in Gießen) Sieglinde Milisterfer, Mittelschule Ampfing WER KOMMT AM WEITESTEN RAUS? IST ES ZU SCHAFFEN, DIE STEINE SO AUF DEM PODEST AUFZUBAUEN, DASS DIESE MÖGLICHST WEIT ÜBERSTEHEN ODER EINER SOGAR VOLLSTÄNDIG ÜBER DEM ABGRUND SCHWEBT? Die Steine so auf dem Podest aufbauen, dass sie möglichst weit überstehen und einer am besten sogar vollständig über dem Abgrund schwebt Mit Geduld, Geschick und Einsicht ist es zu schaffen, dass einer der fünf Steine vollständig „in der Luft hängt“ Mathematischer Hintergrund: Die übersichtlichste Weise, das Problem zu lösen, ist die folgende: Man stapelt zunächst alle Steine übereinander auf, sodass sie mit ihrer Vorderkante genau an der Kante des Podests anliegen. Dann schiebt man den obersten Stein soweit nach vorne, dass er gerade noch hält, also bis zur Hälfte. Dann schiebt man den zweitobersten Stein so weit, wie es geht, nach vorne, wobei der oberste Stein mitgeschoben wird. Es geht um ein Viertel. Jetzt sind über dem Abgrund und über dem Podest jeweils vier Viertelsteine; also ist das Gebilde im Gleichgewicht. Dann schiebt man den drittobersten Stein um ein Sechstel nach vorne; jetzt befinden sich innen und außen insgesamt genau neun Sechstelsteine; also ist der Turm genau im Gleichgewicht. 1 Der vierte Stein wird um ein Achtel, der fünfte um ein Zehntel, allgemein der n-te Stein um n-tel seiner 2 Länge nach vorne geschoben. Daraus erkennt man Folgendes: Wenn man vier Steine nach der Regel verschoben hat, wurde der oberste um 1 2 (1 + 1 2 + 1 3 + 1 4 = 1 2 • 12+6+4+3 12 = 25 24 nach außen geschoben; er hängt also bereits vollständig über dem Abgrund. Genauer gesagt, befindet er sich 1 , also etwa 4 % vom Podest entfernt. 24 Der mathematische Schlüssel ist die sogenannte harmonische Reihe 1 + 1 2 + 1 3 + 1 4 + ⋯ Diese divergiert, das heißt: Sie wird größer als jede vorgegebene Zahl. Für das Experiment bedeutet dies, dass man die Klötze beliebig weit nach außen bauen kann – allerdings wird der Turm dabei außerordentlich hoch. Die Methode, den Turm gemäß der harmonischen Reihe zu bauen, ist die mathematisch übersichtlichste, aber nicht die beste. Manche Besucher stellen die Steine senkrecht, manche legen sie mit einer Ecke nach vorne und erreichen durch solche originellen Anordnungen einen viel größeren Überhang. Foto: Inhalte und Grafiken nach: zusammengestellt von: Mathematikum Gießen Begleitbuch zur Ausstellung „Mathematik zum Anfassen“ (Team zur Vorbereitung des Mathematikmuseums in Gießen) Sieglinde Milisterfer, Mittelschule Ampfing PYTHAGORAS ZUM KLAPPEN IST ES MÖGLICH, DEN SATZ DES PYTHAGORAS ÜBER UMKLAPPEN DER FIGUREN ZU ERKENNEN? Durch geschicktes Umklappen einen Beweis für den Satz des Pythagoras entdecken und sehen. Mathematischer Hintergrund: Pythagoras von Samos (6. Jhdt. vor Christus) war einer der wichtigsten Mathematiker der Antike; in gewissem Sinne war Pythagoras der erste Mathematiker, von dem wir wissen. Die von ihm begründete Schule der Pythagoräer brachte zahlreiche Erkenntnisse in der Geometrie und Zahlentheorie. Der Satz des Pythagoras gilt für rechtwinklige Dreiecke. Im rechtwinkligen Dreieck heißt die Seite, die dem rechten Winkel gegenüberliegt Hypotenuse. Die beiden anderen Seiten heißen Katheten. Mit diesen Worten lautet der Satz des Pythagoras: In einem rechtwinkligen Dreieck ist die Summe der Flächeninhalte der Kathetenquadrate gleich dem Flächeninhalt des Hypotenusenquadrats Man kennt heute über 400 Beweise für den Satz des Pythagoras. Diese bauen auf zahlreichen Zusammenhängen des Satzes mit den verschiedensten Bereichen der Elementargeometrie auf. Der im Experiment dargestellte Zerlegungsbeweis ist besonders schön. Der Mathematiker W. Lietzmann sagt über ihn: „Ein Blick auf die Figur genügt, um den Beweis zu erfassen; er kann sich auf das eine Wort `Siehe!´ beschränken.“ Durch simples Umklappen erhält man aus den beiden Kathetenquadraten das Hypotenusenquadrat. Da die Kathetenquadrate stufenförmig nebeneinander liegen, wurde der Beweis schon im 9. Jahrhundert von den Indern mit dem Namen „Stuhl der Braut“ belegt. Foto: Inhalte und Grafiken nach: zusammengestellt von: Mathematikum Gießen Begleitbuch zur Ausstellung „Mathematik zum Anfassen“ (Team zur Vorbereitung des Mathematikmuseums in Gießen) Sieglinde Milisterfer, Mittelschule Ampfing PYTHAGORAS ZUM WIEGEN IST ES MÖGLICH, ÜBER WIEGEN DEN SATZ DES PYTHAGORAS ZU ERKENNEN? Durch Wiegen verschiedener Formen den Satz des Pythagoras entdecken und erleben Mathematischer Hintergrund: Pythagoras von Samos (6. Jhdt. vor Christus) war einer der wichtigsten Mathematiker der Antike; in gewissem Sinne war Pythagoras der erste Mathematiker, von dem wir wissen. Die von ihm begründete Schule der Pythagoräer brachte zahlreiche Erkenntnisse in der Geometrie und Zahlentheorie. Der Satz des Pythagoras gilt für rechtwinklige Dreiecke. Im rechtwinkligen Dreieck heißt die Seite, die dem rechten Winkel gegenüberliegt Hypotenuse. Die beiden anderen Seiten heißen Katheten. Mit diesen Worten lautet der Satz des Pythagoras: In einem rechtwinkligen Dreieck ist die Summe der Flächeninhalte der Kathetenquadrate gleich dem Flächeninhalt des Hypotenusenquadrats Man kennt heute über 400 Beweise für den Satz des Pythagoras. Diese bauen auf zahlreichen Zusammenhängen des Satzes mit den verschiedensten Bereichen der Elementargeometrie auf. Auch über das Wiegen ist der Satz des Pythagoras zu erkennen. Entsprechend können an diesem Exponat Quadrate, Sterne und Hasen gewogen und so der Satz des Pythagoras nachvollzogen werden. Foto: Inhalte und Grafiken nach: zusammengestellt von: Mathematikum Gießen Begleitbuch zur Ausstellung „Mathematik zum Anfassen“ (Team zur Vorbereitung des Mathematikmuseums in Gießen) Sieglinde Milisterfer, Mittelschule Ampfing KÄNGURU-PUZZLE IST ES MÖGLICH, AUSSCHLIEßLICH AUS KÄNGURU-FORMEN EIN GROßES PARKETT ZU LEGEN? Aus formidentischen aber farblich unterschiedlichen KänguruFormen ein großes Känguru-Parkett legen Zusatzinformation: Im Gegensatz zu gewöhnlichen Puzzles besteht das Känguru-Puzzle nur aus gleichen Teilen – den Kängurus in Blau, Grün, Rot und Gelb. Diese Känguru-Formen werden nun so aneinander gelegt, dass ein Parkett, also eine Fläche, die mit gleichen Teilen lückenlos ausgelegt wird, entsteht. Dieses Exponat ermöglicht der experimentierenden Person ein schnelles Erfolgserlebnis und erlaubt aber auch ein individuelles Maß an Kreativität. Schließlich lassen sich aus den verschieden-farbigen KänguruFormen unterschiedlichste Muster legen. Ob immer abwechselnd, in Farbgruppen, in Farbreihen oder kunterbunt durcheinander – der eigenen Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Die Entstehung eines solchen Parketts ist raffiniert: Als Grundlage dienen geometrische Formen, welche es ermöglichen, ein lückenloses Parkett zu legen. Möglich ist dies beispielsweise mit Quadraten, Rechtecken oder Parallelogrammen – Fünfecke und Kreise funktionieren nicht, da sie Lücken bilden, wenn man sie aneinander legt. Um nun Parkettsteine herzustellen, wird von der geometrischen Form ein Teil weggenommen und – ohne zu Drehen – an der gegenüberliegenden Seite wieder angefügt. Man bezeichnet diesen Vorgang als so genannte „Knabbertechnik“. Die auf diese Weise entstandenen, identischen Teile passen exakt ineinander und können dann zu einem Parkett zusammengelegt werden. Jede Person, die ein kreativer Bastler ist, kann so - mit verhältnismäßig einfacher Vorgehensweise - wunderschöne Parkette herstellen. Foto: Inhalte nach: zusammengestellt von: Mathematikum Gießen Zeitschrift Grundschule (April 2012) – Lisa Peter: Gespenstische Parkette Sieglinde Milisterfer, Mittelschule Ampfing LIGHTS ON KANN MAN ALLE SIEBEN LAMPEN GLEICHZEITIG ZUM LEUCHTEN BRINGEN? Mittels passender Schalter-Kombination alle sieben Lampen gleichzeitig zum Leuchten bringen Jeder der Schalter aktiviert drei Lämpchen und schaltet auch die neben dem erstrangig geschalteten Lämpchen befindlichen beiden an bzw. aus Zusatzinformationen: Das Exponat „Lights On“ ist ähnlich einem mathematischen Knobelspiel und besteht aus sieben an einem Tisch im Kreis angeordneten Lämpchen, sowie jeweils einem zu jedem Lämpchen gehörenden Schalter um die Lämpchen anund ausschalten zu können. Die Besonderheit der Knobelei liegt darin, dass ein Schalter nicht nur das bei ihm befindliche Lämpchen, sondern auch die jeweiligen Lämpchen links und rechts daneben in ihrem Zustand verändert: Das bedeutet, dass sowohl das zum Schalter „gehörende“ Lämpchen an- bzw. ausgeschaltet, aber auch die beiden daneben befindlichen Lämpchen entweder aus- (wenn vorher an-) oder an- (wenn vorher aus-) geschaltet werden. Ziel des Spiels ist es, egal mit welcher Ausgangssituation, alle sieben Lämpchen durch Betätigen der Schalter zum Leuchten zu bringen. Inhalte und Fotos nach: zusammengestellt von: Mathematikum Gießen Sieglinde Milisterfer, Mittelschule Ampfing QUADRATPUZZLE IST ES ZU SCHAFFEN, AUS VERSCHIEDEN GROßEN QUADRATEN EIN FAST QUADRATISCHES RECHTECK ZU LEGEN? Das kleinste Fliesenquadrat ist bereits an der richtigen Stelle vorgegeben und verankert Durch Umsortieren die übrigen Quadrate so positionieren, dass der Rahmen mit allen Quadratfliesen ausgelegt ist Mathematischer Hintergrund: Dieses Puzzle geht auf eines der typischen Zerlegungsprobleme zurück, von denen es in der diskreten Geometrie zahlreiche Varianten gibt. Die berühmte Zerlegung eines Rechtecks in neun unterschiedlich große Quadrate wurde 1925 von Z. Morón gefunden. Das Besondere daran ist, dass es sich um die kleinste Anzahl von Quadraten handelt, die bei der Zerlegung eines Rechtecks überhaupt vorkommen können. Doch eine noch größere Herausforderung stellt die Suche nach einer sogenannten „perfekten Zerlegung“ von Quadraten dar. Man spricht allgemein von einer perfekten Zerlegung, wenn 1. alle Teilstücke zum Ausgangsvieleck ähnlich sind 2. alle Teilstücke unterschiedlich groß (mathematisch genauer: paarweise inkongruent) sind Das Problem der perfekten Quadratzerlegung konnte erst mit Hilfe moderner Rechentechniken gelöst werden. 1978 fand A. J. W. Duijvestijn heraus, dass man für eine perfekte Quadratzerlegung mindestens 21 Teile benötigt. Heute weiß man, dass es sogar möglich ist, ein Quadrat in beliebig viele Teile – jedoch mindestens 21 – perfekt zu zerlegen. Foto: Inhalte und Grafiken nach: zusammengestellt von: Mathematikum Gießen Begleitbuch zur Ausstellung „Mathematik zum Anfassen“ (Team zur Vorbereitung des Mathematikmuseums in Gießen) Sieglinde Milisterfer, Mittelschule Ampfing RIESEN-KALEIDOSKOP IST ES MÖGLICH, SICH SELBST EINMAL RUNDUM GESPIEGELT ZU BETRACHTEN? Sich selbst in das Kaleidoskop stellen. Dann im Kaleidoskop unendlich viele Spiegelungen seiner selbst sehen und weitere Faszinationen entdecken. Mathematischer Hintergrund: Kaleidoskope sind kleine Rohre, durch welche man durchschauen kann und dann eine Welt voller Glitzer sieht. Wenn man ein solches Kaleidoskop öffnet, entdeckt man ein Rohr mit dreieckiger Grundfläche, welches innen verspiegelt ist. Aufgrund dieser Anordnung werden die wenigen Objekte unendlich oft reflektiert. Diese schönen Muster haben dem Kaleidoskop seinen Namen gegeben, denn aus dem Griechischen übersetzt heißt das Wort „Kaleidoskop“ zu Deutsch „Schönseher“. Das Riesen-Kaleidoskop verwendet dasselbe Prinzip, nur stehen die Spiegelflächen senkrecht und statt Glasperlen werden Personen gespiegelt. Wenn man im Inneren des Kaleidoskops steht, kann man einen ersten Hinweis darauf erhalten, welche Struktur es erzeugt: Man sieht nämlich nicht nur die unendlichen Spiegelbilder seiner selbst, sondern auch das unendlich große Dreiecksmuster, das von den Unterkanten der Spiegel – und den Spiegelbildern der Kanten – gebildet wird. Dieses Muster – ein Parkett – wird von verschiedenen Abbildungen in sich überführt. Neben den Spiegelungen an den Spiegelflächen und deren Bildern gibt es Drehungen und Verschiebungen. Die Drehungen haben Winkel von 120° und 240°. Die räumlichen Drehachsen sind die senkrecht zum Boden verlaufenden Achsen durch diejenigen Punkte des Parketts, an denen die Spiegelkanten zusammentreffen, sowie durch die Bilder dieser Punkte. Die Richtung der Verschiebungen ist senkrecht zu den Spiegelebenen. Diese Abbildungen kann man auch ganz anders beschreiben: Es sind genau die Abbildungen, die durch geeignete Verkettung der Spiegelungen an den drei Spiegeln erzeugt werden. Zum Beispiel entsteht eine Drehung um 120° als Verkettung zweier Spiegelungen, deren Achsen einen Winkel von 60° bilden. Foto: Inhalte und Grafiken nach: zusammengestellt von: Mathematikum Gießen Begleitbuch zur Ausstellung „Mathematik zum Anfassen“ (Team zur Vorbereitung des Mathematikmuseums in Gießen) Sieglinde Milisterfer, Mittelschule Ampfing DIE BINÄRE KUGEL-ADDIERMASCHINE IST ES VORSTELLBAR, DASS DIESE MASCHINE BINÄRZAHLEN DARSTELLEN UND ZUDEM AUCH ADDIEREN KANN? Die Maschine nur mit trockenen Händen bedienen Für die Benutzung der Maschine benötigt man 7 Glasmurmeln Dann kann es losgehen: Vor dem Spielen alle Hebel auf Nullstellung nach links drehen! Es handelt sich um 6 nacheinander geschaltete, mechanische FlipFlop-Schalter. Sie lassen immer nur das zweite Signal (Kugel) durch. Achtung: die Schalter können in ungünstigen Fällen prellen und fehlerhaft reagieren Darstellung der Binär-Zahlen Stellung der roten Hebel Schieber ganz nach links bis zum Anschlag Alle roten Hebel auf Reset = 0 nach links drehen 000000 Nur Eingang „1“ benützen und die roten Hebel nicht mehr berühren Erste Kugel in Eingang „1“ werfen 000001 Zweite Kugel in Eingang „1“ werfen 000010 Dritte Kugel in Eingang „1“ werfen 000011 Vierte Kugel in Eingang „1“ werfen 000100 Fünfte Kugel in Eingang „1“ werfen 000101 ...usw... Addition von Zahlen Beispiel: 11 + 5 Schieber ganz nach rechts bis zum Anschlag Alle roten Hebel auf Reset = 0 nach links drehen Wir schreiben 11 als Summe von Zweierpotenzen: 11 = 8 + 2 + 1 In die Eingaben „8“ und „2“ und „1“ jeweils eine Kugel legen Schieber nach links bewegen 00 1011 Schieber nach rechts bewegen Wir schreiben 5 als Summe von Zweierpotenzen: 5 = 4 + 1 In die Eingaben „4“ und „1“ jeweils eine Kugel legen Schieber nach links bewegen 16 0 1 0 0 0 0 Der Apparat gibt die Ergebnisse im Binärsystem an: nur Nullen und Einsen. Man muss also selbst alle roten Ziffern neben den roten Hebeln addieren und damit in das Dezimalsystem „übersetzen“. Ein ähnlicher Apparat kann beim Konstrukteur und Hersteller Armin Heigl gekauft werden: E-Mail: [email protected] Telefon: 08867 794 Fachlicher Hintergrund: Bei diesem Apparat handelt es sich um sechs mechanische Flip-Flop Schalter, die nacheinander geschalten sind. Ein Flip-Flop ist dabei eine bistabile Kippstufe. Mit anderen Worten: Jeder der kleinen roten Schalthebel besitzt zwei stabile Lagen: nach links gekippt oder nach rechts gekippt. Er eignet sich daher als 1-Bit Speicher. (Eine Kugel oder keine Kugel). Vor dem Spielen sollte man stets alle Schalter nach links kippen. Das entspricht der Nullstellung oder einem Zurücksetzen auf Null, kurz Reset. Trifft jetzt eine erste Kugel auf den ersten Hebel, so kippt dieser nach rechts und hält die Kugel gefangen. Dieser Zustand entspricht der Eins. Erst wenn eine zweite Kugel auf denselben Hebel trifft, kommt die erste Kugel frei und die zweite Kugel wird zum nachfolgenden Schalthebel gelenkt. Der erste Hebel lässt jede zweite Kugel durch. Der nachfolgende zweite Hebel lässt dann ganz klar jede vierte Kugel durch und der nächste jede achte Kugel. Und so weiter. Die Schalter zeigen uns demnach die Potenzen von Zwei an. Ein Beispiel: Vorher alle Hebel nach links kippen = Reset = Null. Nun werfen wir im Eingang „Eins“ 25-mal nacheinander eine Kugel ein. Dann wird die Stellung unserer Hebel von links nach rechts gelesen so sein: 0 1 1 0 0 1. Das entspricht also Null mal der 32 + 1-mal der 16 + 1-mal der 8 + 0-mal der 4 + 0-mal der 2 + 1-mal der 1. Und das sind zusammen genau 25. Erfinder dieses Gerätes ist Matthias Wandel: http://www.sentex.net/~mwandel/ Bei dem von mir entwickelten Gerät habe ich bewusst nur Wert auf die Flip-Flop Schalter gelegt. Diese sind sehr robust und gut gelagert. Auf weitere, auch etwas verwirrende und leider leicht verletzliche Zusatzschieber habe ich aufgrund meiner Erfahrungen bei diesem Modell verzichtet. Text und Foto: zusammengestellt von: Armin Heigl, Konstrukteur und Hersteller der Binären Kugel-Addiermaschine Sieglinde Milisterfer, Mittelschule Ampfing