Kurstag 9 Aldolreaktionen Stichworte zur Vorbereitung Stereochemie, Chiralität, Keto-Enol-Tautomerie, Aldolkondensation, Addition von Wasser, Alkoholen und Aminen an Carbonylverbindungen, Addition an C=CDoppelbindungen, oxidative Decarboxylierung Ziel des Versuchstags Einführung in die Reaktionsmöglichkeiten von Carbonylverbindung und die Schwierigkeiten beim Identifizieren organischer Verbindungen. Kurstag 9: Estersynthese Theorie: Identifizierung einer organischen Verbindung Zur Identifizierung einer chemischen Verbindung dient als erstes Kriterium die so genannte Bruttozusammensetzung. Diese gibt an, welche Atome in welchem Verhältnis in der zu bestimmenden Verbindung vorliegen. Bei anorganischen Verbindungen ist diese Zusammensetzung in aller Regel zur eindeutigen Charakterisierung der Verbindung ausreichend: enthält z.B. eine Verbindung nur Na und Cl im Verhältnis 1:1, so kann es sich dabei nur um NaCl handeln. Bei organischen Verbindungen reicht die Bruttozusammensetzung zur eindeutigen Charakterisierung nicht mehr aus, weil der Kohlenstoff die Eigenschaft hat, sehr stabile C-C-Bindungen auszubilden. Schon sehr einfach erscheinende Bruttozusammensetzungen sind meist mehrdeutig, so lassen sich z.B. für die Bruttozusammensetzung C3H6O mindestens 4 verschiedene Strukturen formulieren: Struktur Name Siedepunkt in °C Aceton 56 Propionaldehyd 49 Allylalkohol 97 Methylvinylether 30 Diese so genannte Funktionsisomerie ist eine Untergruppe der Strukturisomerie. Isomerieformen in der organischen Chemie 1.Strukturisomerie (Konstitutionsisomerie): a) Skelettisomerie: sie kommt zustande durch unterschiedliche Reihung der C-Atome im Kohlenstoffgerüst n-Butan iso-Butan Chemisches Praktikum für Mediziner Interfakultäres Institut für Biochemie, Universität Tübingen 1 Kurstag 9: Estersynthese b) Stellungsisomerie: Unterschiedliche Stellungen funktioneller Gruppen im Kohlenstoffgerüst n-Butanol (1-Butanol) iso-Butanol (2-Butanol) t-Butanol (2-Methylpropan-2-ol) nur bei Aromaten: 1,2-Stellung: ortho c) 1,3-Stellung: meta 1,4-Stellung: para Funktionsisomerie: gleiche Bruttozusammensetzung aber verschiedene Struktur Ethanol Dimethylether 2.Stereoisomerie (Konfigurationsisomerie): a) cis-trans-Isomerie: Sie wird verursacht durch den Verlust der freien Drehbarkeit in der C=C-Doppelbindung Fumarsäure (trans) Maleinsäure (cis) Chemisches Praktikum für Mediziner Interfakultäres Institut für Biochemie, Universität Tübingen 2 Kurstag 9: Estersynthese Durch die Aufhebung der freien Drehbarkeit um eine C-C-Bindung beobachtet man auch an Ringsystemen eine cis-trans-Isomerie: trans-1,2-Dimethylcyclohexan b) cis-1,2-Dimethylcyclohexan Chiralität (optische Aktivität): Sie tritt dann auf, wenn ein C-Atom 4 verschiedene Substituenten enthält (asymmetrisches C-Atom) D-Form L-Form Da zur Identifizierung einer organischen Verbindung die Bruttozusammensetzung nicht ausreicht, müssen zusätzliche weitere Kriterien hinzugezogen werden. In erster Linie bedient man sich dabei einiger leicht zu bestimmender physikalischer Eigenschaften, nämlich dem Siedepunkt für Flüssigkeiten und dem Schmelzpunkt für kristalline Verbindungen. Der Siedepunkt einer Flüssigkeit ist die Temperatur, bei der der Übergang von der flüssigen in die gasförmige Phase erfolgt (für Wasser z.B. 100°C). Der Schmelzpunkt einer kristallinen Verbind ung ist die Temperatur, bei der der Kristall sich verflüssigt, also von der festen in die flüssige Phase übergeht. Der Schmelzpunkt liegt bei anorganischen Salzen, deren Ionen im Kristallgitter durch elektrostatische Kräfte zusammengehalten werden, sehr hoch. Organische Verbindungen kristallisieren in der Regel in Molekülgittern, wobei die Moleküle durch van der Waals‘sche Kräfte zusammengehalten werden. Diese van der Waals‘schen Kräfte sind ziemlich schwach, so dass organische Kristalle schon bei relativ niederen Temperaturen schmelzen (30—300°C). Siedepunkt bzw. Schmelzpunkt einer Verbindung sind charakteristische Eigenschaften, so genannte Stoffkonstanten, die zur Identifizierung herangezogen werden können. Dabei ist allerdings zu beachten, dass der Schmelzpunkt einer Verbindung sehr stark abhängt vom Reinheitsgrad einer Verbindung. Schon geringe Mengen von Verunreinigungen haben zur Folge, dass der Schmelzpunkt sinkt: Durch den Einbau von Fremdmolekülen in das Kristallgitter wird das Kristallgitter etwas destabilisiert und verflüssigt sich daher schon bei etwas niedrigeren Chemisches Praktikum für Mediziner Interfakultäres Institut für Biochemie, Universität Tübingen 3 Kurstag 9: Estersynthese Temperaturen. Zur exakten Bestimmung des Schmelzpunktes einer Verbindung kristallisiert man sie mehrmals aus einem geeigneten Lösungsmittel um, bis sich der Schmelzpunkt nicht mehr ändert. Andererseits erhält man aus dem Vergleich von gemessenem zu theoretischem Schmelzpunkt Anhaltspunkte für die Reinheit der Verbindung: je größer die Abweichung vom theoretischen Schmelzpunkt, desto größer die Verunreinigungen. Reinigung kristalliner Verbindungen durch Umkristallisation Bei der Umkristallisation von kristallinen Verbindungen macht man sich die Eigenschaft zunutze, dass sich die Kristalle in einem geeigneten Lösungsmittel in der Hitze wesentlich besser lösen als in der Kälte. Man stellt sich daher eine gesättigte Lösung der Verbindung in der Hitze her (in der Regel beim Siedepunkt des Lösungsmittels) und kühlt diese dann ab. Dabei erhält man zunächst eine an der umzukristallisierenden Verbindung übersättigte Lösung, aus der dann entsprechend der Löslichkeit bei Zimmertemperatur die kristalline Verbindung wieder auskristallisiert. In der sog. ‘Mutterlauge‘ bleibt nur soviel gelöst, wie der Löslichkeit der Verbindung bei der nach dem Abkühlen erreichten Temperatur entspricht. Die ‘Ausbeute‘ an Kristallen lässt sich daher in vielen Fällen erhöhen, wenn man noch tiefer als Zimmertemperatur abkühlt (Eisbad). Die Verunreinigungen bleiben in der Regel, sofern sie nicht überhaupt unlöslich waren und durch Filtrieren entfernt werden konnten, in der Mutterlauge gelöst und werden mit dieser von den ausgefallenen Kristallen durch Abfiltrieren getrennt. Für sie ist nämlich, da sie nur in sehr kleiner Menge vorhanden sind, die Lösung sehr stark verdünnt, so dass ihre Löslichkeitsgrenze beim Abkühlen noch nicht unterschritten wird. Um anhaftende Reste der Mutterlauge zu entfernen, wäscht man die Kristalle auf dem Hirschtrichter mit wenig kaltem Lösungsmittel nach. Charakterisierung einer organischen Verbindung durch Überführung in ein Derivat In der Regel lässt Bruttozusammensetzung sich eine organische und des Schmelz- Verbindung bzw. mit Siedepunktes Hilfe der eindeutig charakterisieren. Gelegentlich kommt es aber vor, dass zwei verschiedene organische Verbindungen gleicher Bruttozusammensetzung auch gleiche oder sehr ähnliche Siede- bzw. Schmelzpunkte haben. In diesem Fall kann man die beiden Verbindungen häufig auf chemischem Wege unterscheiden: enthalten die beiden Chemisches Praktikum für Mediziner Interfakultäres Institut für Biochemie, Universität Tübingen 4 Kurstag 9: Estersynthese Verbindungen ‘funktionelle Gruppen‘ (-OH, -C=O, -NH2, -COOH), so lassen sie sich mit Hilfe geeigneter Reagenzien in so genannte ‘Derivate‘ überführen. Die Derivate der beiden Verbindungen unterscheiden sich dann in den allermeisten Fällen in ihrem Siede- bzw. Schmelzpunkt. Reaktionsweise der Carbonylgruppe Ketone besitzen die allgemeine Strukturformel Im Unterschied zu den nahe verwandten Aldehyden ist bei ihnen die Carbonylgruppe mit zwei Kohlenwasserstoffresten verbunden. Die Carbonylgruppe ist die funktionelle Gruppe der Ketone und bestimmt in erster Linie deren chemisches Verhalten. Wie bei den Estern (siehe Kurstag 8) ist die Carbonyl-Gruppe durch die höhere Elektronegativität von Sauerstoff gegenüber Kohlenstoff polarisiert in dem Sinne, dass sich die beiden Elektronenpaare näher beim Sauerstoff befinden. Dies lässt sich durch folgende mesomere Grenzstruktur ausdrücken: Am Carbonyl-C befindet sich daher eine partiell positive Ladung. Ketone reagieren daher sehr leicht am Carbonyl-C-Atom mit Nucleophilen (R-OH, R-NH2). Diese greifen mit einem freien Elektronenpaar am C-Atom der Carbonylgruppe an: Dabei bildet sich zunächst ein meist nicht isolierbares, instabiles Zwischenprodukt. Dieses stabilisiert sich dadurch, dass das H-Atom als Proton an das jetzt wesentlich basischer gewordene O-Atom der Carbonylgruppe hinüberwechselt: Die Reaktion läuft also im Endergebnis auf eine Addition von H-X an die Carbonylgruppe hinaus, wobei der Rest X vom Kohlenstoff, das H-Atom vom Chemisches Praktikum für Mediziner Interfakultäres Institut für Biochemie, Universität Tübingen 5 Kurstag 9: Estersynthese Sauerstoff übernommen wird. In dieser Weise verläuft etwa die Reaktion der Carbonylgruppe mit Alkoholen R-OH zu Halbacetalen: Enthält das angreifende Nucleophil 2 H-Atome (-NH2), so reagiert es zunächst mit der Carbonylgruppe nach obigem Schema unter Anlagerung des Nucleophils: Das gebildete Additionsprodukt kann nun unter Wasserabspaltung weiterreagieren, wobei H+-Ionen katalytisch wirken: Sämtliche formulierte Reaktionsschritte sind reversibel, d.h. das Ketonderivat lässt sich unter geeigneten Reaktionsbedingungen wieder in Keton und Nucleophil spalten (wässrige Säure). Addition an die C=O-Doppelbindung und anschließende Wasserabspaltung tritt vor allem bei der Umsetzung von Ketonen mit NH2-Gruppen enthaltenden Verbindungen ein. Reaktion der Ketone mit Hydrazinderivaten Besonders leicht reagieren Ketone mit Hydrazin NH2—NH2 und seinen Derivaten. Ersetzt man im Hydrazin ein H durch eine Phenylrest-C6H5, so erhält man das Phenylhydrazin NH2-C6H5, den Grundkörper des 2,4-Dinitrophenylhydrazins, Chemisches Praktikum für Mediziner Interfakultäres Institut für Biochemie, Universität Tübingen 6 Kurstag 9: Estersynthese das erfahrungsgemäß besonders gut kristallisierende Reaktionsprodukte mit Ketonen liefert. Hydrazin und Hydrazinderivate reagieren mit der Carbonylgruppe wie bereits für Amine formuliert zunächst unter Addition an die C=O-Doppelbindung. Anschließend erfolgt die H+-katalysierte Wasserabspaltung (Eliminierung): Die entstehenden Verbindungen bezeichnet man als Hydrazone bzw. 2‚4Dinitrophenylhydrazone. Um die in der zweiten Stufe erforderliche H+-Katalyse zu ermöglichen, wird die Umsetzung in essigsaurer Lösung durchgeführt. Würde man eine stärkere Säure, etwa HCl, verwenden würde die Reaktion behindert, da dann das für den nucleophilen Angriff auf das positivierte C-Atom erforderliche Elektronenpaar am substituierten Hydrazin durch Salzbildung blockiert würde: Sämtliche Reaktionsschritte sind wieder reversibel, unter wasserfreien Bedingungen verläuft die Reaktion in Richtung Hydrazon, mit wässriger Säure verläuft die Reaktion in umgekehrter Richtung als eine durch H+-Ionen katalysierte hydrolytische Spaltung des Hydrazons in Keton und Hydrazin bzw. Hvdrazinderivat. Unter dem Einfluss von H+-Ionen wird Wasser an die C=N-Doppelbindung angelagert. Das gebildete Zwischenprodukt zerfällt unter dem Einfluss der starken Säure in Keton und Salz des Hydrazinderivates: Die Umkehrbarkeit der Reaktion zwischen Keton- und Hydrazinderivat ist von großer praktischer Bedeutung. Man kann auf diesem Wege ein Keton (oder Aldehyd) aus Chemisches Praktikum für Mediziner Interfakultäres Institut für Biochemie, Universität Tübingen 7 Kurstag 9: Estersynthese einem Stoffgemisch als Hydrazon isolieren und anschließend wieder in Keton und Hydrazin zerlegen. Aldolkondensation Aldolkondensationen spielen in der Chemie, aber vor allem in der Biochemie eine sehr wichtige Rolle. In der Chemie dienen sie häufig zur Bildung von C-C-Bindungen (Aldolkondensation), in der Biochemie verlaufen praktisch alle C-C-Verknüpfungen und alle C-C-Spaltungen (Aldolspaltung) nach diesem Prinzip (Glykolyse, Fettsäureabbau, Gluconeogenese, Fettsäuresynthese u.v.a.). In der Chemie benötigen diese Reaktionen meist drastische Bedingungen (meist stark alkalisch), in der Biochemie verlaufen die Reaktionen enzymkatalysiert bei physiologischem PH und 37°C. Das Prinzip der Aldolkondensation beruht darauf, dass die Acidität von HAtomen in α-Stellung neben einer C=O-Gruppe gegenüber dem reinen Kohlenwasserstoff sehr stark erhöht ist. Im Methan CH4 sind die H-Atome sehr fest gebunden und haben eine äußerst geringe Tendenz, als H+-Ion abgespalten zu werden. Entsprechend liegt das Gleichgewicht der folgenden Reaktion praktisch ausschließlich auf der Seite von CH4. Die Gleichgewichtskonstante der Reaktion beträgt ca. 10-50. Ersetzt man nun im Methan ein H-Atom durch eine Acetylgruppe CH3-C=O, so erhält man das Aceton. Im Aceton sind die C-H-Bindungen durch die elektronenanziehende Wirkung des Sauerstoffs sehr stark gelockert. Die Gleichgewichtskonstante der Reaktion beträgt nur noch K= 10-20. Die Einführung der C=O-Gruppe bewirkt also einen Anstieg der Acidität der H-Atome am α-C-Atom um 30 Zehnerpotenzen. Das Gleichgewicht liegt aber trotzdem noch praktisch ausschließlich auf der Seite von Aceton, eine wässrige Lösung von Aceton reagiert daher auch nicht sauer. Durch geeignete Reaktionspartner, z.B. durch hohe Konzentrationen an Natronlauge, kann man jedoch erreichen, dass vom Aceton ein H-Atom als H+ abgespalten wird: Chemisches Praktikum für Mediziner Interfakultäres Institut für Biochemie, Universität Tübingen 8 Kurstag 9: Estersynthese Die Bildung des Anions wird noch begünstigt dadurch, dass die negative Ladung nicht an der CH2-Gruppe fixiert ist, sondern sich auch vor allem am elektronegativeren O-Atom befindet: Das unter Einwirkung von NaOH auf Aceton entstandene Anion ist nun ein äußerst reaktionsfähiges Nucleophil. Es reagiert sehr leicht mit dem positivierten C-Atom einer Carbonylverbindung: Das entstehende Anion entzieht als starke Base dem Lösungsmittel Wasser ein H+: Dabei wird das ursprünglich zur Abspaltung eines H+-Ions aus Aceton verbrauchte OH- wieder zurückgebildet, OH--Ionen wirken also katalytisch. Das entstandene Produkt bezeichnet man als Aldol (Ald für Aldehyd, ol für Alkohol) (streng genommen müsste man das Produkt als Ketol bezeichnen, weil es aus einem Keton entstanden ist). In den meisten Fällen folgt der so genannten Aldol-Addition eine Wasserabspaltung: Die CH2-Gruppe ist flankiert einerseits von einer Carbonylgruppe andererseits von einer OH-Gruppe. Beide ziehen Elektronen an, so dass die H-Atome an der CH2Gruppe relativ acide sind: Es entsteht dabei eine Carbonylverbindung, die in α, β-Stellung zur Carbonylgruppe eine Doppelbindung enthält. Die Gesamtreaktion unter Einschluss der Wasserabspaltung bezeichnet man als ‘Aldolkondensation‘. Chemisches Praktikum für Mediziner Interfakultäres Institut für Biochemie, Universität Tübingen 9 Kurstag 9: Estersynthese Das entstandene Keton aus Aceton und einer Carbonylverbindung enthält noch eine zweite C-H-acide CH3-Gruppe. An dieser CH3-Gruppe können nun die eben skizzierten Reaktionen nochmals ablaufen. Als Endprodukt entsteht schließlich ein Keton mit zwei Doppelbindungen: Setzt man wie im Praktikumsversuch für die Carbonylverbindung Benzaldehyd ein, sind die beiden Reste R durch Phenylgruppen zu ersetzen. Diese Verbindung bezeichnet man als Dibenzalaceton. Reaktion der C = C Doppelbindung C=C-Doppelbindungen sind relativ reaktionsfähig. Sie reagieren gewöhnlich unter Addition zu einer C-C-Einfachbindung: 1. Hydrierung: 2. Bromaddition (elektrophile Addition): Mechanismus: Das sehr große, leicht polarisierbare Brommolekül wird bei Annäherung an die elektronenreiche Doppelbindung polarisiert in dem Sinne, dass das der Doppelbindung benachbarte Bromatom eine partiell positive, das weiter von der Doppelbindung entfernte Brom-Atom eine partiell negative Ladung erhält. Chemisches Praktikum für Mediziner Interfakultäres Institut für Biochemie, Universität Tübingen 10 Kurstag 9: Estersynthese Unter dem weiteren Einfluss der elektronenreichen Doppelbindung wird schließlich ein Br+-Ion addiert. Das zweite Brom-Atom als Br--Ion entlassen. Durch die Addition eines Br+ an ein C-Atom enthält das andere C-Atom eine positive Ladung. Das entstandene Br--Ion reagiert sekundär mit dem positiv geladenen C-Atom. Da der erste Schritt die Addition eines Br+-Ions an ein elektronenreiches Zentrum ist. bezeichnet man die Reaktion als elektrophile Addition. 3. Anlagerung von Wasser (H+-katalysiert): Mechanismus: Chemisches Praktikum für Mediziner Interfakultäres Institut für Biochemie, Universität Tübingen 11 Kurstag 9: Estersynthese Vorfragen 1. Heben oder Senken Verunreinigungen den Schmelzpunkt einer Verbindung? Begründen Sie ihre Antwort. 2. Warum verbleiben beim Umkristallisieren die Verunreinigungen in der Lösung? Erklären Sie mit eigenen Worten. 3. Warum läuft die H+-katalysierte Wasserabspaltung bei der Reaktion von Ketonen mit Hydrazinderivaten nur mit schwachen Säuren ab (wieso kann das gebildete Salz nicht mehr reagieren)? 4. Begründen Sie die im Vergleich zur Einfachbindung erhöhte Reaktivität der Doppelbindung 5. Welche Produkte entstehen bei der Decarboxylierung von α- Ketocarbonsäuren und welche bei der von β-Ketocarbonsäuren Übungsaufgaben 1. Zeichnen Sie mind. 3 Funktionsisomere der Verbindung C4H8O2 und geben Sie deren Funktionelle Gruppe und Verbindungsklasse an. 2. Formulieren Sie die Reaktion von 2-Butanon (Keton!) mit Ammoniak 3. Formulieren Sie die hydrolytische Spaltung eines beliebigen 2‚4- Dinitrophenylhydrazons 4. Formulieren Sie die Aldolkondensation von Propanon und Pentanal. Chemisches Praktikum für Mediziner Interfakultäres Institut für Biochemie, Universität Tübingen 12 Kurstag 9: Estersynthese Neue Geräte und Arbeitsweisen: Umkristallisation: Man bringt die noch etwas Alkoholfeuchten Kristalle mit Hilfe eines Spatels in einen 100 ml Erlenmeyerkolben, gibt zunächst ca. 10 ml Ethanol zu und erhitzt vorsichtig unter Umschwenken auf dem siedenden Wasserbad (Becherglas mit siedendem Wasser) zum Sieden. Lösen sich hierbei nicht alle Kristalle, gibt man in kleinen Anteilen (jeweils 5 ml) weiter Ethanol zu bis sich in der Hitze gerade alle Kristalle aufgelöst haben. Bei Zugabe weiteren Alkohols sollte die Flamme kurz entfernt werden. Man kühlt zunächst in kaltem Wasser, dann kurz in Eis, filtriert die ausgefallenen Kristalle ab und saugt sie einige Zeit trocken. Da die Kristalle zur Bestimmung des Schmelzpunktes völlig frei von Alkohol sein müssen, presst man sie zwischen zwei Filterpapierscheiben und lässt dann noch einige Zeit restliches Ethanol an der Luft verdunsten. Chemisches Praktikum für Mediziner Interfakultäres Institut für Biochemie, Universität Tübingen 13 Kurstag 9: Estersynthese Durchführung 1. Aufgabe: Darstellung des 2,4-Dinitrophenylhydrazons von Methylethylketon In Aufgabe 2 soll ein unbekanntes Keton durch Überführung in das 2,4Dinitrophenylhydrazon und Bestimmung des Schmelzpunktes identifiziert werden. Zur Übung stellt man zunächst das 2,4-Dinitrophenylhydrazon von Methylethylketon her, kristallisiert aus Ethanol um, bestimmt seinen Schmelzpunkt und vergleicht ihn mit dem Schmelzpunkt in der Tabelle. Man holt sich an der Ausgabe in einem Reagensglas 20 ml tiefgelbe 2,4Dinitrophenylhydrazinlösung. Dann löst man 0,5 ml des ausstehenden Methylethylketons in 5 ml Ethanol, gibt 5 ml der 2,4-Dinitrophenylhydrazinlösung zu und mischt gut durch. Nach kurzer Zeit fällt das 2,4-Dinitrophenylhydrazon als orangefarbener kristalliner Niederschlag aus. Man kühlt kurz in Eis, filtriert die Kristalle über einen Hirschtrichter ab, wäscht mit ca. 5 ml eiskaltem Ethanol nach und saugt dann einige Minuten trocken. Die gewonnenen Kristalle werden anschließend umkristallisiert und anschließend der Schmelzpunkt(siehe Kurstag 8) der Kristalle bestimmt (Achtung der Schmelzpunkt des 2,4-Dinitrophenylhydrazons von Methylethylketon liegt bei 117°C! Man heizt daher b is 100°C relativ schnell und verlangsamt dann die Heizung auf ca. 2°C/Min.). 2. Aufgabe: Identifizierung eines unbekannten Ketons (Gruppenanalyse) Jede Arbeitsgruppe holt sich an der Ausgabe in einem Reagensglas das zu identifizierende Keton ab. Man löst wie in Aufgabe 1 0,5 ml davon in 5 ml Ethanol, fügt 5 ml der 2,4-Dinitrophenylhydrazinlösung zu, filtriert das ausgefallene 2,4Dinitrophenylliydrazon ab, kristallisiert es wie in Aufgabe 1 einmal aus Ethanol um und bestimmt den Schmelzpunkt. Keton Struktur Schmelzpunkt (°C) Aceton 126 Methyl-ethyl-keton 117 Chemisches Praktikum für Mediziner Interfakultäres Institut für Biochemie, Universität Tübingen 14 Kurstag 9: Estersynthese Diethylketon 156 Pinakolin 125 Cyclopentanon 142 Cyclohexanon 166 Achtung!!! Die Lösung von 2,4-Dinitrophenylhydrazin ist intensiv gelb gefärbt. Bringt man die Lösung auf die Haut, reagiert sie mit Proteinen der Haut unter intensiver Gelbfärbung, die erst nach Regeneration der Haut wieder verschwindet. Bei den Versuchen 1 und 2 sollte daher unbedingt mit Handschuhen gearbeitet werden. 3. Aufgabe: Darstellung von Dibenzalaceton In einem Reagensglas löst man ca. 2 ml Benzaldehyd in 4 ml Ethanol, gibt 1 ml Aceton zu, mischt gut durch und kühlt in Eis. Dann gibt man unter weiterer Kühlung (warum?) 1 ml 20 %ige NaOH (Vorsicht!!!) zu und rührt mit dem Glasstab gut durch. Nach kurzer Zeit scheidet sich das Dibenzalaceton meist zunächst als schmierige Masse, die bei längerem Rühren mit dem Glasstab kristallisiert, am Reagensglasrand ab. In selteneren Fällen kristallisiert das Dibenzalaceton sofort beim Umrühren mit dem Glasstab aus. Das kristallin ausgefallene Produkt wird auf dem Hirschtrichter abgesaugt, mit einigen ml Ethanol nach gewaschen und durch Umkristallisation aus wenig Ethanol gereinigt: Schmelzpunkt 112°C. Vorsicht: 20%ige NaOH nicht auf die Haut oder Kleidung bringen! Chemisches Praktikum für Mediziner Interfakultäres Institut für Biochemie, Universität Tübingen 15 Kurstag 9: Estersynthese 4. Aufgabe: Oxidative Decarboxylierung von Apfelsäure 0,2 g Apfelsäure und eine kleine Spatelspitze Eisen(II)-sulfat werden in 5 ml dest. Wasser in einem Reagenzglas gelöst. Etwa 1 ml dieser Lösung wird zum späteren Vergleich (Blindprobe) mit einer Pipette in ein weiteres Reagenzglas gefüllt. Zu den restlichen 4 ml Lösung pipettiert man 2 Tropfen einer 30%igen H2O2-Lösung (Vorsicht! Schutzbrille tragen!) und verschließt das Reagenzglas sofort mit einem Gärröhrchen, das zuvor mit 1 ml einer gesättigten Ba(OH)2-Lösung gefüllt wurde. Nach der Zugabe des H2O2 färbt sich die Lösung intensiv rot, es setzt Gasentwicklung ein, die zu einer Trübung im Gärröhrchen führt. Sollte sich nach 3 Minuten kein Gas entwickeln, fügt man weitere 2 Tropfen H2O2-Lösung hinzu. Nachdem die Gasentwicklung beendet ist, erwärmt man diese Lösung einige Minuten bei etwa 50-60°C auf dem Wasserbad zum Verk ochen des überschüssigen H2O2. Anschließend versetzt man diese Probe sowie die Blindprobe mit je 1 ml einer 2,4-Dinitrophenylhydrazin-Lösung. Der gelb-orangene Hydrazonniederschlag der durch oxidative Decarboxylierung entstandenen Benztraubensäure bildet sich nur in der mit H2O2 behandelten Probe. Nach Beendigung des Versuches löst man den Niederschlag im Gärröhrchen wieder mit 2 molarer HCl auf und spült anschließend mit dest. Wasser. Welches Bariumsalz ist im Gärröhrchen ausgefallen? Welches Gas ist folglich bei der Reaktion entstanden? Stellen Sie zunächst die Reaktionsgleichung für die Oxidation der Apfelsäure HOOCCH(OH)-CH2-COOH auf! (Hinweis: sekundäre Alkoholgruppe) Formulieren Sie dann auch den zweiten Reaktionsschritt, bei dem eine Spaltung des Moleküls eintritt! Was ist mit der Entsorgung? Kalbacher fragen!!! Chemisches Praktikum für Mediziner Interfakultäres Institut für Biochemie, Universität Tübingen 16