Kurstag 1 Maßanalyse 1. Teil Faktorbestimmung einer ungefähr 0,1 M NaOH Titration und Gehaltsbestimmung einer starken Säure Stichworte zur Vorbereitung Titrationsreaktionen, Stoffmenge, Molarität, stöchiometrisches Rechnen Ziel des Versuchstags Kennen lernen der Begriffe Stoffmenge, molare Masse und verschiedener Konzentrationsangaben. Erlernen quantitativer Analyseverfahren am Beispiel der Titration von Säuren und Basen. Zudem sollen Grundlagen des stöchiometrischen Rechnens vermittelt werden. Kurstag 1: Maßanalyse 1. Teil Betriebsanweisungen und Sicherheitsvorschriften 1. Allgemeine Sicherheitseinrichtungen a) Notausgänge gibt es zu beiden Seiten des Kursraumes in die Nord- bzw. Südhalle des Institutes, b) Löschdecken und Erste-Hilfe-Kästen befinden sich bei den Ausgängen des Kurssaales. c) Atemschutzmasken befinden sich beim Nordausgang des Kurssaales. d) 6 Feuerlöscher sind über den Kurssaal verteilt. e) Ein Telefon befindet sich in der „Chemikalienausgabe“ (Nordseite). f) Notduschen und Augenduschen befinden sich bei jedem Labortisch. Die Einweisung in den Gebrauch erfolgt am 1. Kurstag durch den Assistenten. 2. Sicherheit während der Experimente a) Experimente dürfen nur unter Anleitung der Assistenten durchgeführt werden. In Abwesenheit eines Betreuers ist der Praktikumssaal zu verlassen. b) Rauchen, Essen, Trinken und Schminken sind im Praktikumssaal verboten. c) Im Praktikumssaal muss während der Experimente ständig ein geschlossener Laborkittel getragen werden. Geschlossene Schuhe sind obligatorisch. d) Schutzbrillen müssen während des gesamten Aufenthaltes im Praktikumssaal getragen werden. e) Fluchtwege, Notausgänge, Zugänge zu Feuerlöschern und Notduschen müssen permanent frei zugänglich sein. Sie dürfen keinesfalls durch Kleidung, abgelegte Schreibmappen oder andere Stückgüter versperrt sein. Schließen Sie bitte Kleidung und Mappe in den Schränken im Untergeschoss der Nordhalle ein. f) Betriebsfremde Personen dürfen sich nur mit Erlaubnis der Praktikumsleitung im Kursraum aufhalten. g) Das Pipettieren mit dem Mund ist untersagt! h) Kurschemikalien dürfen nicht aus dem Kursbereich entfernt werden. Chemisches Praktikum für Mediziner Interfakultäres Institut für Biochemie, Universität Tübingen 1 Kurstag 1: Maßanalyse 1. Teil 3. Abfallentsorgung a) Im Kurssaal stehen Container für alle Abfallsorten aus. b) Gebrauchte Plastikpipettenspitzen werden in bereitgestellten Behältern gesammelt. c) Plastikreagenzröhrchen, -küvetten und -pipetten, Eppendorf-Gefäße und Einmalhandschuhe gehören zum Restmüll (Behälter unter den Waschbecken). d) Der Assistent gibt Anweisungen, wie die Reaktionslösungen zu entsorgen sind. Bitte beachten Sie, dass toxische Chemikalien (z.B. PCMBS-haltige Lösungen beim Versuch „Enzyme“) in besonderen Gefäßen gesammelt werden. 4. Verhalten bei Unfällen a) Bei Unfällen sind der Assistent und der Praktikumsleiter unverzüglich zu verständigen. b) Bei Verätzungen der Haut kontaminierte Hautstellen mit viel Wasser spülen. Kleidungsstücke, die mit dem Ätzstoff in Berührung gekommen sind, sofort ablegen. Bei großflächigen Verätzungen die Notdusche verwenden. c) In die Augen gelangte Chemikalien mittels der Augenduschen gründlich spülen. d) Brennende Kleidung mit Notdusche, Feuerlöschdecke oder Umwälzen am Boden löschen. e) Notrufe: Bei mechanischen Verletzungen: i ) Chirurgische Poliklinik, Notaufnahme, Ambulanz, Klinikum Schnarrenberg. Eingang Straßenebene im Gebäudeteil, in den die Krankenwagen einfahren. Telefon: 86682 ii) Alternativ: Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik. Mit Auto oder zu Fuß zur Ambulanz (=Notaufnahme). Telefonische Voranmeldung nicht nötig. Für telefonische Rücksprache vor Einlieferung Schwesternzimmer anrufen, das mit dem diensthabenden Arzt in Verbindung steht. Telefon: 188-2225 Bei Augenverletzungen: Augenklinik, Schleichstr. 12 tagsüber: Schwesternzimmer, Ambulanz, im Erdgeschoss. Telefon: 84766 nachts: Piepser diensthabender Arzt: Telefon: 151-4251 Chemisches Praktikum für Mediziner Interfakultäres Institut für Biochemie, Universität Tübingen 2 Kurstag 1: Maßanalyse 1. Teil Bei Hautverätzungen und -verbrennungen: Hautklinik, Liebenmeisterstr. 25 tagsüber: Pforte anrufen Telefon: 84555 nach 16.30: Piepser diensthabender Arzt a) Telefon: 151-2130 (Arzt ruft zurück; Telefonhörer auflegen nach Anwählen: Nummer des Anrufers erscheint beim Arzt auf dem „Display“.) b) Telefon: 157-2130 (Arzt meldet sich direkt, d.h. am Telefon bleiben nach Anwählen). Chemisches Praktikum für Mediziner Interfakultäres Institut für Biochemie, Universität Tübingen 3 Kurstag 1: Maßanalyse 1. Teil Anleitung zum Protokolle schreiben Im Zuge dieses Praktikums wird von jedem Praktikanten erwartet, dass zu jedem Kurstag ein Vorprotokoll und ein Protokoll geschrieben wird. Entsprechen die Protokolle nicht den Erwartungen, muss eine Korrektur angefertigt werden. Diese wird zusammen mit der ursprünglichen Fassung beim nächsten Versuchstag abgegeben. Inhalt des Vorprotokolls - Kurze (!) Zusammenfassung der Theorie zum Kurstag in eigenen Worten (nicht das Skript abschreiben!). - Beantwortung der Vorfragen des jeweiligen Kurstags Das Vorprotokoll ist spätestens am Praktikumstag beim Assistenten abzugeben. Inhalt des Protokolls - Genaue Auswertung der Versuche, d.h. genaue Beschreibung der Beobachtungen und deren Erklärung. An dieser Stelle sollen Fragestellungen („Warum-Fragen“) in der Anleitung beantwortet werden. - Es geht darum, die eigenen und nicht nur die erwarteten Ergebnisse wiederzugeben und diese zu diskutieren (Stimmen eigene und erwartete Ergebnisse überein? Warum oder warum nicht?) - Es ist nicht notwendig, die Durchführung des jeweiligen Versuchs wiederzugeben - Bearbeitung der Übungsaufgaben des jeweiligen Kurstags Das Protokoll ist am nächsten Praktikumstag beim Assistenten abzugeben. Falls es bezüglich der Protokolle anderweitige Absprachen mit dem Assistenten gibt, so gelten diese. Chemisches Praktikum für Mediziner Interfakultäres Institut für Biochemie, Universität Tübingen 4 Kurstag 1: Maßanalyse 1. Teil Theorie Grundlegendes Summenformeln geben die Zusammensetzung von Reinstoffen wie z.B. HCl, H2SO4, H2O oder NaOH an. Die Atome des Stoffes werden durch Buchstabencodes dargestellt, wobei einige Elemente nur durch einen einzelnen Großbuchstaben, andere durch einen Groß- und einen Kleinbuchstaben gekennzeichnet sind. Die Indizes geben das kleinste ganzzahlige Verhältnis der Atomzahlen zueinander an, der Index 1 wird hierbei vereinbarungsgemäß weggelassen. Im Fall von Wasser bedeutet dies, dass in einem Wassermolekül zwei Wasserstoffatome und ein Sauerstoffatom vorkommen, diese also im Verhältnis 2 : 1 zueinander stehen. Strukturformeln geben zusätzlich Informationen über die Anordnung der Atome in einem Molekül zueinander an und über deren Bindungs- und freie Elektronenpaare. Im Fall von Wasser bedeutet dies: Wie zu erkennen ist, hat das Sauerstoffatom im Wassermolekül zwei freie Elektronenpaare und zwei Bindungselektronenpaare, die die Wasserstoffatome mit dem Sauerstoffatom verbinden. Unter Stoffmenge Mol versteht man in der Chemie eine Mengenangabe mit dem Formelzeichen n und dem Einheitenzeichen mol. Die Stoffmengenangabe 1 mol ist definiert als die Teilchenanzahl, die in 12g des Kohlenstoffisotops 12C enthalten ist: 1 mol entspricht also 6,022 ∙1023 Teilchen (Avogadro-Zahl). (Mehr Informationen zu Isotopen z.B. im Zeeck, Chemie für Mediziner) Vergleichbar ist diese Angabe mit der im Alltag gebräuchlichen Angabe 1 Dutzend, wobei 1 Dutzend 12 Stück entspricht. Als molare Masse Mm bezeichnet man den Quotienten aus der Masse m und der Stoffmenge n Chemisches Praktikum für Mediziner Interfakultäres Institut für Biochemie, Universität Tübingen 5 Kurstag 1: Maßanalyse 1. Teil Mm m [g] n [mol ] (1) einer Stoffportion mit der Einheit g/mol. Sie gibt also an, wie viel ein mol Teilchen eines bestimmten Stoffes in Gramm wiegt. Die molare Masse M sollte nicht mit dem Molekulargewicht verwechselt werden! Das Molekulargewicht mit dem Formelzeichen MG und der Einheit u beschreibt die Masse eines einzelnen Teilchens. Das Molekulargewicht eines Teilchens setzt sich zusammen aus den Atommassen der Atome in diesem Teilchen. Die Atommassen der einzelnen Teilchen lassen sich aus der Massenzahl des entsprechenden Elements im Periodensystem ablesen. So enthält ein Molekül Wasser zwei Atome Wasserstoff mit der Atommasse 1u und ein Atom Sauerstoff mit der Atommasse 16u, somit hat ein Molekül Wasser das Molekulargewicht 18u. Dennoch besteht zwischen molarer Masse und Molekulargewicht eine Beziehung: für eine bestimmte Verbindung, z.B. Wasser, ist der Zahlenwert für die molare Masse eines Mols dieser Verbindung und das Molekulargewicht eines Teilchens derselbe, nämlich im Fall von Wasser 18. Der Unterschied besteht lediglich in der Einheit, d.h. ein Teilchen Wasser wiegt 18 u und ein Mol Wasser 18 g. Die Stoffmengenkonzentration mit dem Formelzeichen c und der Einheit mol/l gibt an, wie viel Mol (also Teilchen) eines Stoffes in einem Gesamtflüssigkeitsvolumen von 1l gelöst sind. Sie entspricht dem Quotienten von Stoffmenge n und Volumen V c n [mol ] [M ] V [l ] (2) Man spricht deshalb meist kurz von der Molarität M einer Lösung. Bei einer 0,1 molaren bzw. 0,1M Lösung eines Stoffes sind also in einem Liter dieser Lösung 0,1 mol Teilchen enthalten. Herstellung von Lösungen bestimmter Stoffmengenkonzentration Im Bezug auf das Praktikum kann man zwei Fälle unterscheiden: 1. Der Stoff, der in Lösung gebracht werden soll, lässt sich abwiegen, es handelt sich also um einen Feststoff. Man bestimmt die molare Masse des zu lösenden Stoffes aus dem Periodensystem. Nun weiß man, wie viel ein Mol dieses Stoffes in Gramm wiegt. Soll nun eine 1 M Lösung hergestellt werden, überführt man diese Menge in einen 1l-Messkolben und füllt mit destilliertem Wasser auf 1l auf. Soll z.B. nur eine Chemisches Praktikum für Mediziner Interfakultäres Institut für Biochemie, Universität Tübingen 6 Kurstag 1: Maßanalyse 1. Teil 0,1 M Lösung hergestellt werden, wird nur 1/10 der Anzahl der Teilchen und folglich auch nur 1/10 der Masse des Stoffes benötigt. Beispiel: Herstellung einer 0,5M Kochsalz-Lösung Mm (NaCl) = 58,5 g/mol d.h. 1 mol NaCl wiegt 58,5 g. Folglich wiegen 0,5mol NaCl 58,5g = 29,25g . 2 Diese Menge festes NaCl wird abgewogen und in einen 1l-Messkolben überführt, welcher dann mit destilliertem Wasser auf 1l aufgefüllt wird. 2. Der zu lösende Stoff kann nicht abgewogen werden und liegt schon als Lösung bekannter Konzentration vor. Ist die Konzentration der Ausgangslösung bekannt, so muss diese lediglich im richtigen Verhältnis mit destilliertem Wasser verdünnt werden. Soll z.B. aus einer 1M Lösung eine 0,1M Lösung der gleichen Sorte hergestellt werden, muss die herzustellende Lösung also nur 1/10 der Teilchenanzahl der Ausgangslösung enthalten. Folglich muss die Ausgangslösung 1:10 verdünnt werden. Üblicherweise entnimmt man der Ausgangslösung ein bestimmtes Volumen, z.B. 5ml, und füllt dieses in einem Messkolben mit destilliertem Wasser auf das 10fache des Volumens, hier 50ml, auf. Eine andere Konzentrationsangabe ist die Angabe in Massenprozent (w/w = weight/weight). Diese sagt aus, wie viel Prozent die Masse des gelösten Stoffes an der Gesamtmasse der Lösung ausmacht. Möchte man die Menge eines bestimmten Stoffes in einer Lösung in Massenprozent (xStoff %) angeben, bietet sich zur Berechnung folgende Formel an: mStoff mStoff x% = x% = 100% mLösung 100% mLösung (3) Um die Masse der Lösung zu bestimmen, benötigt man in den meisten Fällen eine Angabe zur Dichte der entsprechenden Lösung. Die Dichte ρ wird ausgedrückt in g/ml und gibt damit Auskunft, wie viel Gramm 1 ml einer Lösung wiegen: ρ = m [g] = V [ml] (4) Bei der in diesem Versuchstag durchgeführten Titration handelt es sich um eine Maßanalyse, die eine von vielen Möglichkeiten zur quantitativen Analyse von Stoffen Chemisches Praktikum für Mediziner Interfakultäres Institut für Biochemie, Universität Tübingen 7 Kurstag 1: Maßanalyse 1. Teil darstellt. Grundsätzlich lassen sich folgende quantitativ-analytische Methoden unterscheiden: 1. Gravimetrie 2. Maßanalyse 3. a. Säure-Basen-Reaktionen (Acidimetrie, Alkalimetrie) b. Redox-Reaktionen (Iodometrie, Manganometrie) c. Komplexbildungsreaktionen (Komplexometrie) Physikalische Methoden (Photometrie Spektralanalyse) Gravimetrie Die einfachste Methode zur quantitativen Bestimmung einer Substanz ist die Gravimetrie: die Substanz wird isoliert und abgewogen. Diese Methode eignet sich jedoch nur für Substanzen bzw. Ionen, die sich leicht in schwerlösliche Niederschläge verwandeln lassen, die dann abfiltriert, getrocknet und gewogen werden können, z.B. BaSO4. Maßanalyse Zur quantitativen Bestimmung von H+-Ionen, wie sie in diesem Versuchstag benötigt wird, eignet sich die Gravimetrie nicht. Man bestimmt die H+-Ionen indirekt, indem man sie in einer bekannten Reaktion mit OH--Ionen zu Wasser umsetzt. Dazu benötigt man, wie aus folgender Reaktionsgleichung ersichtlich wird H+ + OH- H2O ebenso viele H+-Ionen, wie OH--Ionen. Soll also der Gehalt an H+-Ionen einer Lösung bestimmt werden, benötigt man eine OH--Ionen enthaltende Lösung bekannter Konzentration oder umgekehrt. Die Lösung, deren Konzentration ermittelt werden soll, bezeichnet man als Analyse, die Lösung, deren Konzentration bekannt ist, als Maßlösung. Aus dem verbrauchten Volumen der Maßlösung lässt sich dann die Konzentration der Analyse berechnen. Man sieht sofort, dass zur Durchführung einer maßanalytischen Bestimmung gewisse Voraussetzungen gegeben sein müssen: 1. Die der Analyse zu Grunde liegende Reaktion (in unserem Fall die Reaktion von Natronlauge mit Salzsäure) muss rasch verlaufen und ihre Stöchiometrie muss Chemisches Praktikum für Mediziner Interfakultäres Institut für Biochemie, Universität Tübingen 8 Kurstag 1: Maßanalyse 1. Teil bekannt sein, d.h. man muss wissen, wie viel H+-Ionen mit wie viel OH--Ionen reagieren. 2. Man muss die Möglichkeit haben, z.B. mit Hilfe von Indikatoren, das Verschwinden einer Ionenart (in diesem Falle von H+-Ionen) aus der Lösung zu erkennen (Farbumschlag des Indikators). 3. Der Gehalt der Reagenzlösung (in diesem Falle der OH--Ionenlösung, siehe Faktorbestimmung) muss genau bekannt sein. 4. Man benötigt eine Vorrichtung, die es gestattet Flüssigkeitsmengen genau abzumessen. Beispiel Gegeben seien 10ml einer HCl-Lösung unbekannter Konzentration, deren Konzentration durch Titration mit 0,1 M NaOH bestimmt werden soll. Bei der Titration wurden 8,75 ml NaOH verbraucht. Wie viel molar ist die HCl-Lösung? Sowohl HCl als auch NaOH liegen in Wasser vollständig dissoziiert vor (siehe Kurstag 2): HCl H+ + ClNaOH Na+ + OHWerden diese beiden Lösungen zusammengegeben, läuft folgende Reaktion ab (Teilchen, die nicht an der Reaktion teilnehmen, werden nicht berücksichtigt): OH- + H+ H2O Die beiden Stoffe reagieren im Verhältnis 1:1 miteinander. Nun berechnet man mit Hilfe der bekannten Konzentration der Natronlauge und dem verbrauchten Volumen der NaOH die Stoffmenge der Natronlauge, die zu dieser Neutralisationsreaktion benötigt worden ist. Hilfreich ist folgende Formel: c NaOH = n NaOH VNaOH n NaOH = c NaOH VNaOH Mit eingesetzten Zahlenwerten folgt für die Stoffmenge der verbrauchten NaOH: n NaOH = 0,1 mol mol 8,75 ml = 0,1 0,00875 l = 0,000875 mol l l Wie bereits erwähnt, reagieren die Stoffe im Verhältnis 1:1 miteinander, folglich müssen in den 10ml HCl-Lösung ebenfalls 0,000875 mol HCl-Teilchen befunden Chemisches Praktikum für Mediziner Interfakultäres Institut für Biochemie, Universität Tübingen 9 Kurstag 1: Maßanalyse 1. Teil haben. Mit der Volumenangabe 10ml und der Formel c n V ergibt sich die Konzentration der HCl-Lösung: c = n 0,000875 mol 0,000875 mol mol = = = 0,0875 V 10 ml 0,01 l l Ist nicht nach der Konzentration der HCl, sondern nach der Masse aller HCl-Teilchen in der Lösung gefragt, so wird die Stoffmenge wie oben gezeigt berechnet. Es befinden sich in der Lösung also 0,000875 mol HCl-Teilchen. Zum Berechnen der Masse wird die molare Masse (Mm (HCl) = 36,5g/mol) und folgende Formel benötigt: M m,HCl = m HCl n HCl m HCl = M m,HCl n HCl Mit den eingesetzten Zahlenwerten folgt für die Masse der enthaltenen HCl: m HCl = 3,65 g 0,000875 mol 0,032 g mol Indikatoren Bei den meisten maßanalytischen Bestimmungen ist der Äquivalenzpunkt, der Punkt, an dem gerade alle zu bestimmenden Ionen umgesetzt sind, nicht zu erkennen, da die Umsetzungen ( z.B. Neutralisationsreaktion H+ + OH- H2O ) ohne Farbänderungen ablaufen. Man muss daher zur Erkennung des Äquivalenzpunktes Indikatoren zugeben. Das bei der Acidimetrie verwendete Methylorange hat die Eigenschaft, bei H+-Konzentrationen größer 10-5 mol/l eine rote Farbe zu haben. Sinkt die Konzentration der H+-Ionen unter 10-5 mol/l, ändert Methylorange seine Farbe von rot über orange nach gelb. Der Farbumschlag von rot nach gelb zeigt also an, dass die H+-Konzentration unter 10-5 mol/l abgesunken ist, d.h. praktisch alle H+Ionen umgesetzt sind (99,99%). Der Grund für die Farbänderung wird in der Theorie zu Kurstag 2 ausführlich erläutert. Herstellung von Verdünnungen Häufig werden Lösungen definierter niedriger Konzentration durch Verdünnung einer „Stammlösung“ hergestellt (z.B. zur Aufnahme einer Eichkurve). Hierbei gilt: Verdünnung 1:100 = 1 Teil Stammlösung auf 100 Teile verdünnte Lösung also: 1 ml Stammlösung auf 100 ml Lösung auffüllen. Chemisches Praktikum für Mediziner Interfakultäres Institut für Biochemie, Universität Tübingen 10 Kurstag 1: Maßanalyse 1. Teil Bei nicht sehr konzentrierten Stammlösungen ist der Fehler klein, wenn man 1 Teil Stammlösung mit 99 Teilen Lösemittel versetzt. Zum Beispiel: 10 µl Stammlösung + 990 µl Lösemittel oder umgekehrt: 50 µl Stammlösung + 1 ml Lösemittel = 1:21 verdünnt! Wichtig ist gründliches Mischen (mit dem Schüttelmixer oder - nach Abdecken des Gefäßes mit Parafilm - durch Umschütteln). Zur Herstellung einer Verdünnungsreihe (serielle Verdünnung) wird in eine Reihe von Reagenzgläsern ein definiertes Volumen Lösemittel vorgelegt (z.B. 1 ml). Dann gibt man in das 1. Reagenzglas ein definiertes Volumen Stammlösung (z.B. 1 ml) und mischt gut durch. Nun wird 1 ml aus Glas 1 entnommen und in Glas 2 transferiert; nach Mischen entnimmt man 1 ml aus Glas 2 und transferiert ihn in Glas 3, usw. Aus dem letzten Glas wird schließlich 1 ml entnommen und verworfen. Jetzt enthält jedes Reagenzglas ein gleiches Volumen verdünnter Stammlösung, wobei folgende Verdünnungen vorliegen: Glas 1 Glas 2 Glas 3 Glas 4 1:2 1:4 1:8 1:16 …. Verdünnen von Stammlösungen: Um Stammlösungen zu verdünnen, verwenden Sie folgende Formel c1 ∙ V1 = c2 ∙ V2 c1 = Konzentration der Stocklösung V1 = das Volumen vor dem Verdünnen c2 = die gewünschte Endkonzentration V2 = das gewünschte Endvolumen Beispiel Sie benötigen 100 ml einer 1 M Lösung und haben eine 5M Stammlösung von NaCl: 5M ∙ V1 = 1M ∙ 100 ml V1= 20 ml Chemisches Praktikum für Mediziner Interfakultäres Institut für Biochemie, Universität Tübingen 11 Kurstag 1: Maßanalyse 1. Teil Füllen Sie 20 ml der 5M Lösung in 80 ml destilliertes Wasser, um 100 ml 1M Lösung zu erhalten. Beachte: 1:1 oder 1:2? Nicht in allen Laboren bedeutet Verdünnen immer das Gleiche. Wenn man 1 ml einer konzentrierten Lösung zu 9ml Verdünnungsmittel (meist Wasser) gibt, wird das üblicherweise als 1:10 geschrieben. Diese Notation ist verwirrend, denn wenn man 1 ml einer konzentrierten Lösung zu 1 ml Verdünnungslösung gibt, wird das mal als 1:1, mal als 1:2 bezeichnet. Korrekt ist 1:2! Chemisches Praktikum für Mediziner Interfakultäres Institut für Biochemie, Universität Tübingen 12 Kurstag 1: Maßanalyse 1. Teil Neue Geräte und Arbeitsweisen Bürette Beim Befüllen der Bürette mit dem Trichter ist darauf zu achten, diesen anzuheben, damit die von der Flüssigkeit verdrängte Luft ungehindert entweichen kann. Ist die Bürette befüllt, ist der Trichter zu entfernen, damit nach dem Eichvorgang keine Maßlösung mehr in die Bürette tropft. Weiteres in Aufgabe 1. Pipette Beim Aufstecken des Piläusballs bzw. der Pipettierhilfe auf die Voll- oder Messpipette ist darauf zu achten, die Pipette kurz unter dem Ende zu halten. Damit wird vermieden, dass die Pipette beim Aufstecken abbricht. Beim Entfernen des Piläusballs bzw. der Pipettierhilfe ist genauso zu verfahren. Die Pipetten sind auf Auslauf geeicht, der nach ca. 10 Sekunden noch in der Pipette verbleibende Rest darf nicht ausgeblasen werden. Des Weiteren sollte es vermieden werden, Flüssigkeiten in den Piläusball bzw. die Pipettierhilfe zu saugen. Chemisches Praktikum für Mediziner Interfakultäres Institut für Biochemie, Universität Tübingen 13 Kurstag 1: Maßanalyse 1. Teil Vorfragen 1. Erklären Sie den Unterschied zwischen Stoffmenge und Stoffmengenkonzentration 2. Zeichnen Sie die Strukturformel von: HCl; NaOH; H2SO4;CH3COOH; H3PO4, H2CO3, Übungsaufgaben 1. Bestimmen Sie das Molekulargewicht von H2SO4, NaCl, Glucose, H3PO4, CO2. 2. Wie viel Gramm der folgenden Stoffe werden benötigt, um je 1l einer 1M Lösung herzustellen? H2SO4, NaCl, Na2CO3 3. Bei der Titration einer Probe H2SO4-Lösung wurden 25ml 0,1M Natronlauge mit dem Faktor 0,95 verbraucht. Gesucht: Masse der H2SO4 in mg. 4. Wie viel molar ist eine käufliche konzentrierte 35%ige Salzsäure (Dichte 1,175 g/ml)? 5. Meerwasser hat bei 0°C eine Dichte von 1,03 g/ml. Der Salzgehalt beträgt 3,5%. 77,8% davon sind NaCl. Wie viel Gramm NaCl sind in 1l Meerwasser enthalten. Wie groß ist die Molarität? 6. Wie viel Milliliter der konzentrierten Lösung muss man verdünnen, um folgende Lösungen zu erhalten: a) 0,25 l mit c(Essigsäure)=3,5 mol/l aus Essigsäure mit c=17,5 mol/l b) 75 ml mit c(H2SO4)=6mol/l aus H2SO4 mit c=18 mol/l ? Chemisches Praktikum für Mediziner Interfakultäres Institut für Biochemie, Universität Tübingen 14 Kurstag 1: Maßanalyse 1. Teil Durchführung 1a. Aufgabe Faktorbestimmung einer ungefähr 0,1M NaOH mit 0.1 M Salzsäure und Methylorange als Indikator Jede Arbeitsgruppe stellt aus der auf der Fensterbank ausstehenden ca. 1 M NaOH und destilliertem Wasser in ihrem 500ml-Messkolben 500ml einer 0,1M NaOH her. Wichtig ist, die hergestellte Lösung gut zu schütteln. Zur Faktorbestimmung muss zunächst festgestellt werden, ob die Bürette trocken ist. Ist dies nicht der Fall, so muss sie vor dem Befüllen zwei Mal mit je 5ml 0,1M NaOH durchgespült werden. Nun füllt man die Bürette mit Hilfe eines kleinen Trichters mit dieser Lauge bis ca. 1-2cm über der Nullmarke. Dann stellt man den Flüssigkeitsmeniskus durch vorsichtiges Öffnen des Bürettenhahns auf die Nullmarke ein. Es ist darauf zu achten, dass die Auslaufspitze der Bürette vollständig gefüllt ist. Danach holt man sich in einem trockenen Becherglas ca. 50ml der ausstehenden genau 0,1M Salzsäure und pipettiert in 2 Weithalserlenmeyerkolben je 25ml dieser 0,1M HCl. Jeder der beiden Erlenmeyer wird nun mit ca. 5 Tropfen der ausstehenden Methylorangelösung versetzt, wobei die Lösung eine rote Farbe annimmt. Jetzt wird mit der sich in der Bürette befindlichen ungefähr 0,1M NaOH titriert: unter kreisendem Umschwenken lässt man die ersten 20 ml der NaOH relativ schnell zufließen, verlangsamt dann die Zufließgeschwindigkeit so, dass nur Tropfen um Tropfen zufließt. Die Zugabe erfolgt so lange, bis die rote Farbe gerade nach gelb umschlägt. Dann wird das verbrauchte Volumen an 0,1M NaOH in ml abgelesen und mit dem 2. Erlenmeyer genauso verfahren. Die verbrauchten Volumina sollten bis auf 0,1ml Differenz übereinstimmen. Ist dies nicht der Fall, muss der Versuch noch mal durchführt werden. Insbesondere muss darauf geachtet werden, dass zur Bestimmung des Endpunkts der Titration (Umschlag der Farbe) dieselbe Färbung der Lösung erreicht und ein Übertitrieren vermieden wird. Zur Bestimmung des Faktors der ungefähr 0,1M NaOH stellt man folgende Überlegung an: Wie in der Theorie erläutert, reagieren HCl und NaOH in der Neutralisationsreaktion im Verhältnis 1:1 miteinander. (Welcher theoretische Verbrauch ist zu erwarten?) Chemisches Praktikum für Mediziner Interfakultäres Institut für Biochemie, Universität Tübingen 15 Kurstag 1: Maßanalyse 1. Teil Allerdings ist es in der Praxis sehr unwahrscheinlich, den theoretischen Wert zu erzielen. Wurde im Versuch ein größeres Volumen NaOH als erwartet verbraucht, heißt dies, dass die hergestellte NaOH zu sehr verdünnt wurde, d.h. weniger als 0,1 molar ist. Wurde im Versuch ein geringeres Volumen NaOH als erwartet verbraucht, heißt dies, dass die hergestellte NaOH zu wenig verdünnt wurde, d.h. mehr als 0,1 molar ist. Um diesen Fehler der Maßlösung bei den folgenden Versuchen zu korrigieren, wird ein Korrekturfaktor F eingeführt: F = Volumen theoretisch benötigt Volumen praktisch verbraucht Ein Faktor von 0.95 bedeutet bei einer 0.1 M NaOH, die NaOH ist tatsächlich 0.095 M. Man sagt aber immer, die NaOH ist 0.1 M und besitzt den Faktor 0.95. Hat man einmal den Faktor bestimmt, kann man aus jedem praktisch verbrauchten Volumen das theoretisch benötigte Volumen berechnen. Mit diesem Wert kann man dann den exakten Gehalt der Analyse berechnen, erhält also keinen durch eine ungenaue Maßlösung verursachten fehlerhaften Wert. 1b. Aufgabe Faktorbestimmung einer ungefähr 0,1M NaOH mit 0.1 M Salzsäure und Phenolphtalein als Indikator Man wiederholt die Faktorbestimmung mit Phenolphtalein als Indikator. Phenolphtalein schlägt bei einem pH von ca 8 von farblos nach rosa um. Wie unterscheiden sich die Werte für Methylorgange und Phenolphtalein? Wo erwarten Sie (geringen) Mehrverbrauch? Für welche Säuren eignet sich Methylorgange, für welche Säuren Phenolphtalein? (s.KT2). Chemisches Praktikum für Mediziner Interfakultäres Institut für Biochemie, Universität Tübingen 16 Kurstag 1: Maßanalyse 1. Teil 2. Aufgabe Maßanalytische Bestimmung von Schwefelsäure (Einzelbestimmung) In einem Reagenzglas holt man sich an der Analysenausgabe eine Probe verdünnter Schwefelsäure ab, deren Massengehalt an H2SO4 in mg bestimmt werden soll. Den Reagenzglasinhalt füllt man in einen Erlenmeyerkolben um und spült das Reagenzglas mehrmals mit destilliertem Wasser nach (Das Spülwasser soll ebenfalls in den Erlenmeyer!!! Warum?). Die Lösung wird im Kolben mit ca. 5 Tropfen Methylorange (da die Indikatoren selbst schwache Säuren oder Basen sind, sollte die Indikatorzugabe so klein wie möglich gehalten werden, die Lösung muss jedoch deutliche gefärbt sein) versetzt. Dann titriert man mit der NaOH, deren Faktor bestimmt wurde, bis zum Farbumschlag von rot nach gelb und liest das verbrauchte Volumen in ml ab. Berechung des Massengehalts an H2SO4: siehe Theorie zu Maßanalyse. Berechung des Massengehalts an H2SO4: Im Unterschied zu HCl reagiert H2SO4 mit NaOH nach folgender Reaktionsgleichung: H2SO4 + 2 NaOH SO42- + 2 H2O + 2 Na+ Es reagiert folglich ein H2SO4-Molekül mit 2 Molekülen NaOH. Es wird also zur Neutralisation aller H2SO4-Moleküle in der Probe doppelt so viel NaOH benötigt, wie für eine HCl Analyse, die die gleich Anzahl an Molekülen enthält wie die H 2SO4Analyse. Die Berechnung der verbrauchten Moleküle NaOH verläuft wie in der Theorie beschrieben ab. Bei der Umrechnung von nNaOH zu n H SO muss man das veränderte 2 Reaktionsverhältnis beachten: 4 n NaOH = n H 2SO4 . 2 Danach wird wie im Theoriebeispiel verfahren. 3. Aufgabe Berechung der Molarität und des Prozentgehaltes der analysierten Schwefelsäure Wurde die Menge der Schwefelsäure richtig bestimmt, gibt der Assistent das Volumen und die Dichte der analysierten Lösung an. Daraus sollen die Molarität und der Prozentgehalt der analysierten H2SO4-Lösung bestimmt werden. Entsorgung Chemisches Praktikum für Mediziner Interfakultäres Institut für Biochemie, Universität Tübingen 17 Kurstag 1: Maßanalyse 1. Teil Die verwendeten Lösungen sind in den verwendeten Mengen nicht umweltbelastend und können dem Abwasser beigegeben werden. Chemisches Praktikum für Mediziner Interfakultäres Institut für Biochemie, Universität Tübingen 18