CME Eine Kooperation mit Fortbildung Schilddrüsen­ erkrankungen Einleitung S childdrüsenerkrankungen gehören zu den häufigsten Krankheiten in der Endokrinologie. Gleichzeitig handelt es sich bei Schilddrüsenhormonen um die in Deutschland am häufigsten verschriebenen Medikamente. Bei den Schilddrüsenerkrankungen unterscheidet man zwischen Funktionsstörungen der Schilddrüse und morphologischen Veränderungen. Es gibt jedoch durchaus Erkrankungen, bei denen morphologische Veränderungen Funktionsstörungen bedingen (z.B. autonome Adenome). Zu den häufigsten Schilddrüsenerkrankungen gehören knotige Veränderungen sowie Entzündungen des Schilddrüsengewebes, die sehr häufig durch autoimmune Phänomene ausgelöst werden. Tumore in der Schilddrüse, insbesondere differenzierte Schilddrüsenkarzinome, haben bei frühzeitiger und ausreichender Behandlung eine sehr gute Prognose. Daher sollte die differenzierte Diagnostik von Schilddrüsenerkrankungen schon im hausärztlichen Bereich erfolgen. Basisdiagnostik Zu jeder Untersuchung der Schilddrüse gehört ein Tastbefund der Schilddrüse mit der Frage nach knotigen Veränderungen sowie Druckschmerzhaftigkeit und Konsistenz der Schilddrüse. Des Weiteren gehört die Bestimmung der Schilddrüsenwerte dazu – in Sie können auch online teilnehmen unter www.der-niedergelasse-arzt.de/nc/cme Bei Online-Teilnahme werden Ihre Punkte direkt an die Ärztekammer gemeldet. 64 — der niedergelassene arzt 09/2015 Priv.-Doz. Dr. med. Markus Schubert, Scivias Krankenhaus St. Josef, Rüdesheim am Rhein Dr. med. Johanna Zemva, Medizinische Klinik I, Universität Heidelberg CME der Regel reichen hier TSH und fT4 aus. Um morphologische Veränderungen der Schilddrüse zu erfassen, gehört beim Verdacht auf eine Schilddrüsen­erkrankung die sonographische Untersuchung der Schilddrüse zum diagnostischen Standard. Hier können Veränderungen des Binnenechos, der Durchblutung und fokale Läsionen sehr schnell und sicher diagnostiziert werden. Die Bestimmung des Gesamtvolumens sowie der Größe möglicher fokaler Veränderungen sollten zur Routine bei jeder sonographischen Untersuchung der Schilddrüse gehören. Bei den funktionellen Veränderungen der Schilddrüse werden manifeste von latenten Funktionsstörungen unterschieden. Bei den latenten Funktionsstörungen findet sich eine Veränderung des TSH-Wertes, jedoch sind die peripheren Schilddrüsenhormone noch im Normbereich. Ist das TSH erhöht und die peripheren Schilddrüsenhormone normwertig, sprechen wir von einer latenten Hypothyreose. Ist das TSH erniedrigt, die peripheren Schilddrüsenhormone jedoch normwertig, sprechen wir von einer latenten Hyperthyreose. Finden sich neben der Veränderung des TSH-Wertes auch entsprechend veränderte, periphere Schilddrüsenhormone, sprechen wir von einer manifesten Hyper- oder Hypothyreose. Entzündliche Erkrankungen der Schilddrüse FOTO: ALEXANDRA GL - FOTOLIA Entzündungen der Schilddrüse gehören zu den häufigsten endokrinen Erkrankungen. Wir unterscheiden die Thyreoiditis Hashimoto vom Morbus Basedow und der Thyreoiditis de Quervain. Sehr selten kommen septische Entzündungen oder Abszesse der Schilddrüse vor. Hashimoto Thyreoiditis Die Hashimoto Thyreoiditis geht in der Regel mit einer ­Hypothyreose einher. ­Diese lymphozytäre Thyreoiditis ist durch das Auftreten von sogenannten TPO-Antikörpern (antithyreoidale Peroxidase-Antikörper) charakterisiert. Das Auftreten dieser Antikörper sowie typische morphologische Veränderungen im Ultraschall rechtfertigen diese Diagnose. Das Ultraschallbild zeichnet sich durch ein fleckiges, eher echoarmes Bild aus. In der Regel führt diese Form der Thyreoiditis im Verlauf zum Verlust der Schilddrüsenfunktion und damit zur Substitutionsbedürftigkeit. Auch ein typischer Ultraschallbefund mit einhergehender Hypothyreose ohne Nachweis erhöhter TPO-Antikörper macht die Diagnose wahrscheinlich. In der Anfangs- phase einer solchen Thyreoiditis kann es jedoch zu einer Schilddrüsenüberfunktion kommen, die durch den Untergang von Schilddrüsengewebe charakterisiert ist. Dementsprechend wirken Inhibitoren der Schilddrüsenhormonsynthese – wie z.B. Carbimazol – bei dieser sogenannten Hashitoxikose nicht. Die symptomatische Therapie steht dann im Vordergrund. Es ist derzeit unklar, wann und bei welchem TSH-Wert eine Substitution erfolgen sollte. Die aktuelle Datenlage unterstützt die These, dass ab einem TSH von 10 mU/L eine Substitution erfolgen sollte. Hiervon ausgenommen sind explizit Schwangere, auf die in diesem Artikel nicht eingegangen werden kann. Morbus Basedow Der Morbus Basedow ist durch das Auftreten von sogenannten TRAK-Antikörpern (TSH-Rezeptor-AK) charakterisiert. In über 90 Prozent der Fälle sind diese Anti­körper stimulierend für die Schilddrüse und lösen so eine Hyperthyreose aus. Häufig kommt es zu einem Wachstum der Schilddrüse und zur Ausbildung einer Struma, die erhebliche Ausmaße annehmen kann. Die Basedow-Hyperthyreose kann in der Regel durch eine Blockade der Schilddrüsenhormonsynthese – z.B. durch Carbimazol – behandelt werden. Bei der Therapie des Morbus Basedow kommen in der Regel drei Strategien zum Tragen. Die erste Strategie ist die sogenannte konservative Therapie. Bei dieser wird z.B. durch Abb. 1 Heißer oder kalter Knoten, Hyper- oder Hypothyreose, benigne oder maligne? Diagnostische Algorithmen zur Abklärung stehen zur Verfügung. 65 — der niedergelassene arzt 09/2015 Carbimazol oder Thiamazol die Hormonsynthese bis zum Erreichen der Euthyreose blockiert und die Euthyreose für circa zwölf bis 18 Monate beibehalten. Danach ist ein Absetzen der Therapie möglich, jedoch muss erwähnt werden, dass ein nicht unerheblicher Teil der Patienten im weiteren Verlauf unter dieser Therapiestrategie ein Rezidiv erleidet. Ungünstig für diese Art der Therapie sind große Schilddrüsen, hohe Antikörpertiter oder fortgesetzter Nikotinabusus. Zwei weitere definitive Strategietherapien wären die operative oder die Radio­ jodtherapie. Die operative Therapie saniert die Erkrankung, führt jedoch zu einer Substitutionspflicht des Patienten. Chirurgische Therapien sollten für die Behandlung des Morbus Basedow ausgelegt sein und in operationserfahrenen Zentren durchgeführt werden. Leider kommen operationsbedingt, wenn auch heutzutage nur in sehr geringem Ausmaße, Komplikationen (wie z.B. eine Schädigung des Nervus laryngeus recurrens oder ein Hypoparathyreoidismus) vor. Die nuklearmedizinische Therapie des Morbus Basedow hat letztendlich ein ablatives Konzept. Auch bei dieser Therapie wird im Verlauf die Schilddrüse zerstört. In erfahrener Hand lassen sich auch größere Strumen durch eine solche Therapie gut behandeln. Eine eventuell bestehende endokrine Orbitopathie kann sich jedoch unter einer solchen Therapie verschlechtern. Hier wäre unter Umständen eine CME operative Sanierung der Schilddrüse vorzuziehen. Alle drei Therapieregime haben ihren Stellenwert: Das geeignete Therapieverfahren sollte in spezialisierten Einrichtungen in Diskussion mit dem Patienten und dem betreuenden hausärztlichen Kollegen getroffen werden. Thyreoiditis de Quervain Deutlich seltener ist die sogenannte Thyreoiditis de Quervain. Dabei handelt es sich um eine schmerzhafte Entzündung der Schilddrüse, die in der Regel mit systemischen Entzündungszeichen einhergeht. Die Schilddrüse selbst ist hart und druckschmerzhaft. Zytologisch zeichnet sich diese Form der Thyreoiditis durch das Auftreten von Riesenzellen aus. Eine mögliche Behandlung ist eine Therapie mit NSAR oder Cortison. In der Regel heilen diese, häufig nach viralen Infekten auftretenden Entzündungen folgenlos aus. Jedoch sind Kontrollen der Schilddrüsenfunktion notwendig, um eine im Verlauf auftretende Hypothyreose nicht zu übersehen. Eisenharte Struma Riedel Eine vierte in der Literatur auftretende Schilddrüsenveränderung ist die sogenannte eisenharte Struma nach Bernhard Moritz Carl Ludwig Riedel. Diese seltene Veränderung zeichnet sich durch einen fibrotischen Umbau der Schilddrüse aus. Patienten mit dieser Form der Schilddrüsenveränderung werden häufig substitutionspflichtig. Fokale Veränderungen der Schilddrüse: Die häufigste Veränderung der Schild­ d rüse ist ein sogenannter Schilddrüsenknoten. Bei diesem Schilddrüsenknoten gilt es, maligne von benignen sowie hyperfunktionelle Veränderungen zu unterscheiden. Sonographische Untersuchungen können einen gewissen Anhalt zur Klärung dieser Frage bieten. So sind echoarme, unscharf begrenzte Knoten häufiger maligne, jedoch ist die Sensitivität und Spezifität der sonographischen Untersuchung nicht ausreichend, sodass zur Abklärung einer fokalen Schilddrüsenverän- derung oberhalb einer Größe von einem Zentimeter eine Technetium-99m Szintigraphie gehört. Hierbei werden dann sogenannte „kalte“ (hypofunktionelle) von „heißen“ (hyperfunktionelle) Veränderungen unterschieden. Heiße Knoten sind nicht malignitätsverdächtig, können jedoch eine Schilddrüsenüberfunktion auslösen, insbesondere nach Gabe von jodhaltigen Kontrastmitteln. Kalte Knoten können maligne sein. Zur weiteren Abklärung kann hier eine MIbI-Szintigraphie herangezogen werden. Im Falle einer Mehrbelegung ist eine maligne Veränderung wahrscheinlicher, jedoch ist dies in keiner Weise beweisend. Szintigraphisch kalte Knoten sollten daher zytologisch abgeklärt werden. In erfahrener Hand bietet die Zytologie in der Zusammenschau der sonographischen Beurteilung und der szintigraphischen Untersuchung ausreichende Sicherheit, um Malignome zu diagnostizieren. Große Schilddrüsenknoten, die die Nachbarorgane komprimieren und so zur Beeinträchtigung des Patienten führen, werden in der Regel chirurgisch behandelt. Nuklearmedizinische Verfahren sind jedoch in Einzelfällen zur Verkleinerung der Schilddrüse ebenfalls denkbar. Bei nicht malignitätsverdächtigen Knoten ist zur Verkleinerung der Knoten eine Therapie aus der Kombination mit Schilddrüsenhormonen und Jod denkbar. Diese Therapie führt zumindest bei einem Teil der Patienten zur Verkleinerung der Schilddrüsenknoten. Die aktuelle Datenlage legt einen Therapieversuch zwischen zwölf und 18 Monaten nahe. Sonographische Malignitätskriterien >50 Prozent Volumenzunahme Eine Hyperthyreose factitia und eine Therapie mit Jod bei hyperfunktionellen Knoten sollte vermieden werden. Bei Verdacht auf maligne Schilddrüsenerkrankungen sollte die zytologische oder histologische Abklärung erfolgen (siehe unten). Schilddrüsenkarzinome Bei circa 90 Prozent der Malignome der Schilddrüse handelt es sich um differenzierte Schilddrüsenkarzinome (DTC) welche von den Thyreozyten ausgehen. In circa fünf Prozent der Fälle liegt ein medulläres Karzinom (MTC) vor, welches seinen Ursprung in den Calcitonin-produzierenden C-Zellen hat. Das anaplastische (undifferenzierte) Karzinom (ATC) macht rund drei Prozent aller Schilddrüsenkarzinome aus. Selten (insgesamt <3 %) liegen nicht-epitheliale Malignome (wie Lymphome, Sarkome) oder Metastasen (Nierenzell-Ca, Mamma-Ca, Adenokarzinom der Lunge, Malignes Melanom etc.) vor. Klinik Im Frühstadium sind Schilddrüsenkarzinome häufig symptomarm bis symptomfrei. Daher sollte bei Neudiagnose bzw. Zufallsbefund eines Schilddrüsen­knotens eine weitere diagnostische Abklärung erfolgen. Symptome können im Sinne von Verdrängungserscheinungen auftreten, wie etwa Schluckbeschwerden, Ohrenschmerzen, Stridor oder auch als obere Einflussstauung. Des Weiteren können vergrößerte Halslymphknoten, Heiserkeit (Recurrensparese) sowie ein Horner-Syndrom (Miosis, Ptosis, Enopthalmus) auffallen. Tab. 1 Sonographische Malignitätskriterien Echoarmut Mikrokalk unscharf begrenzt, unregelmäßiger Rand kein Halozeichen höher als breit nur ein solider Knoten zentrale Perfusion 66 — der niedergelassene arzt 09/2015 Diagnostik An erster Stelle sollte hierbei die Schilddrüsensonographie stehen, ergänzend sollten laborchemisch Calcitonin, CEA, TSH, fT3 und fT4 bestimmt werden. Liegen in der Sonographie zwei oder mehr Malignitätskriterien vor, wird die Durchführung einer Feinnadelpunktion empfohlen (sonographische Malignitätskriterien siehe Tab. 1). Bei niedrigem TSH und Knoten größer als ein Zentimeter sollte eine 99m-Tc-PTT-Szintigraphie durch- CME geführt werden. Eine Autonomie, bei der szintigraphisch eindeutig speichernde Knoten nachweisbar sind, schließt eine Malignität i.d.R. aus. Ein kalter Knoten hingegen hat keine Aussagekraft, hierbei bedarf es weiterer Diagnostik wie etwa der bereits erwähnten Feinnadelpunktion. Ggf. kann man auch die Durchführung einer 99m-T cMIBI-­Szintigraphie in Erwägung ziehen. Ein Mismatch, sprich ein nicht speichernder Knoten in der 99m-T c-PTT-Szintigraphie und ein speichernder Knoten in der 99m-T c-MIBI-Szintigraphie, ist hierbei Malignom-verdächtig. Differenzierte Schilddrüsenkarzinome (DTC) Einteilung Wie bereits oben erwähnt, macht diese Form etwa 90 Prozent aller Schilddrüsenkarzinome aus. Man unterscheidet hier weiter zwischen papillären (PTC, ca. 70 %), follikulären (FTC, ca. 15 %), deren Mischformen und gering differenzierten Karzinomen (PDTC, ca. 4 %), Einteilung der DTC siehe Tab. 2. Das papilläre Schilddrüsenkarzinom metastasiert vor allem lymphogen, wohingegen das follikuläre Schilddrüsenkarzinom meist hämatogen metastasiert. Therapie Bei einseitigem Knoten ohne gesicherte Malignität mit unauffälligem, kontralateralen Schilddrüsenlappen erfolgt die Hemithyreodektomie. Stellt sich hinterher als Zufallsbefund in der Pathologie ein papilläres Mikrokarzinom (< 1cm) oder ein mikroinvasives follikuläres Schilddrüsenkarzinom ohne Angioinvasion (< 1cm) heraus, so werden bei Unifokalität keine weiteren onko- Einteilung Differenzierter Schilddrüsenkarzinome (DTC) Papillär (PTC) ca. 70 Prozent • Konventioneller Typ • Varianten: großzellig, insulär, klarzellig, onkozytär, kolumnär (aggresive Histologie) Tab. 2 Einteilung Differenzierter Schilddrü­ senkarzinome (DTC). Follikulär (FTC) ca. 15 Prozent • Minimal invasiv • Breit invasiv • Varianten: klarzellig, onkozytär Mischformen Gering differenziert (PDTC) ca. 4 Prozent logische Maßnahmen getroffen, es bleibt bei der Hemithyreoidektomie. In allen anderen Fällen erfolgt die Thyreoidektomie mit angepasster bzw. Stadien-entsprechender Lymphadenektomie. Bei gesicherten Malignomen > 1cm und/oder Metastasierung erfolgt 3-4 Wochen postoperativ eine ablative Radio­ jodtherapie (CAVE: postoperativ keine LT4-Gabe) mit anschließender LT4-Substitution, welche risikostratifiziert erfolgen sollte (siehe Tab. 3). Nachsorge Die Nachsorgeuntersuchungen sollten nach drei, sechs, zwölf, 18 Monaten und dann ab 24 Monaten jährlich erfolgen. Prinzipiell ist eine langjährige Nachsorge empfohlen (bis 30 Jahre). Die Nachsorgeuntersuchung sollte beinhalten: Klinik, Kontrolle von TSH, fT3 und fT4 sowie Thyreoglobulin (Tg) als Verlaufsparameter. Des Weiteren sollte eine Sonographie der Halsorgane durchgeführt werden. Vorgehen bei Rezidiv oder ­Metastasierung Hierbei sollten individuelle Therapieziele- und Möglichkeiten für den einzelnen Patienten interdisziplinär diskutiert werden. Mögliche Optionen sind ein zunächst abwartendes Verhalten im Sinne von einer „Watch and Wait“-Strategie, eine Re-OP oder Radiojodtherapie (ggf. nach Redifferenzierung), eine medikamentöse Therapie oder eine Bestrahlung als Palliativmaßnahme. Von einem Radiojod-refraktärem Verlauf spricht man, wenn keine nutzbare 131Iod-Anreicherung in den Metastasen vorliegt, es bereits innerhalb von zwölf Monaten zu einem Progress nach Radiojod­ therapie kommt oder bereits eine Gesamtdosis > 22GBq verabreicht wurde. In diesen Fällen bieten sich entweder eine Redifferenzierungstherapie mit Retinsäure an (Isotertinoin 1-1,5 mg/kg KG tägl. über 8 Wochen) oder eine medikamentöse Therapie mit Tyrosinkinase-Inhibitoren, zum Beispiel Sorafenib, welches bei Mutationen im RET, VEGFR, BRAF oder FLT Gen Anwendung findet. Als ultima ratio kann eine Chemotherapie mit Doxorubicin und Cisplatin eingesetzt werden1. Medulläres Schilddrüsenkarzinom Das medulläre Schilddrüsenkar­ zinom macht circa 5-7 Prozent der Postoperative LT4-Substitution Tumoreinteilung Rezidiv-Risiko TSH-Ziel pT1a (<1cm = Mikrokarzinom) L0V0 Minimal (0,01 %) 0,4-2,0 mU/l pT1b-2N0M0L0V0R0 Nicht aggressive Histologie Gering (ca. 3 %) 0,1-0,4 mU/l für 12 Mo, dann 0,4-2 mU/l 95 Prozent pT3N1V1 Aggressive Histologie Mittel (ca. 20 %) <0,1 mU/l für 5 Jahre 50 Prozent pT4M1R1 Extrathyreodales Wachstum Hoch (ca. 70 %) <0,1 mU/l 25 Prozent 67 — der niedergelassene arzt 09/2015 10-Jahres-Überleben >99 Prozent Tab. 3 Postoperative LT4-Substitution CME Einteilung Drei Viertel der medullären Schilddrüsenkarzinome treten sporadisch auf und sind in der Mehrzahl unifokal. Sie sind in 50 Prozent der Fälle auf eine somatische RET-Mutation zurückzuführen. Ein Viertel tritt jedoch familiär gehäuft auf, da diese durch eine Keimbahnmutation des RET-Gens verursacht werden. Diese Form tritt meist multifokal auf und lässt sich in drei Untergruppen einteilen (siehe auch Tab. 4): Im Rahmen eines MEN-2A (ca. 80 % der familiären medullären Schilddrüsenkarzinome), im Rahmen eines MEN-2B (ca. 5 %) oder als sogenanntes familiäres medulläres Schilddrüsenkarzinom (hierbei treten keine weiteren endokrinologischen Neoplasien auf). Tab. 4 Familiäre Formen des medullären Schilddrüsenkarzinoms Vorgehen bei Rezidiv oder Metastasierung Bei Rezidiv steht an erster Stelle die ReOP, ggf. kann eine Radiatio der ehemaligen Schilddrüsenloge, des Halses oder des oberen Mediastinums erfolgen. Bei Metastasierung kommen ebenfalls eine Operation, eine Bestrahlung oder aber lokale Verfahren zum Einsatz (z.B. TACE, Transarterielle Chemoembolisation). Falls eine Speicherung nachweisbar ist, kann eine Edotreotid-(gebräuchlich DOTATOC) oder MIBG-(Metaiodbenzylguanidin)Therapie in Erwägung gezogen werden (ca. 30 % Ansprechen). Des Weiteren kommen Somatostatinanaloga zum Einsatz. Bei aggressivem Progress (Abschätzung anhand der Calcitonin- und CEA-Verdopplungszeit) können Tyrosinkinase-Inhibitoren verwendet werden, zum Beispiel Vandenatib bei Mutation des VEGFR, EGFR oder RET (ca. 50 % Ansprechen bei RET, 35 % bei non-RET). Nachsorge Die postoperative Nachsorge sollte nach drei, sechs, zwölf, 18 und 24 Monaten erfolgen, anschließend jährlich für mindestens fünf Jahre. Bestandteil der Nachsorge sollten sein: Klinik, Sonographie des Halses, Calcitonin- und CEA-Spiegel, eine L-Thyroxin-Substitutionstherapie mit TSH-Werten im niedrig-normalen Bereich (0,4-2,0 mU/l —> nicht suppressiv!!!). Medikamentöse Therapieoptionen Bei Nachweis einer BRAF-V600E-­ Mutation kommt Vemurafenib 4 zum Einsatz, man sollte daher unbedingt eine Tumor-Sequenzierung anbieten. Alternativ dazu werden nach wie vor hauptsächlich Chemotherapien wie etwa Paclitaxel + Carboplatin eingesetzt. Familiäre Formen des medullären Schilddrüsenkarzinoms MEN-2A ca. 80 Prozent • klassisch: MTC, Phäochromozytom, primärer Hypoparathyreoidismus • selten: Lichen planus/Amyloidose, M. Hirschsprung MEN-2B ca. 5 Prozent • Phäochromozytom, intestinale Ganglioneuromatose (Megakolon), mukosale Neurome, marfanoider Habitus Familiäres Medulläres Schilddrüsenkarzinom (MTC) 68 — der niedergelassene arzt 09/2015 Anaplastisches Schilddrüsenkarzinom Aufgrund der infausten Prognose des anaplastischen Schilddrüsenkarzinoms handelt es sich hierbei immer um ein T4-Karzinom beziehungsweise um ein Tumorstadium IV. Einteilung Man unterscheidet Stadium IVa, b und c, wobei diese Einteilung ausschlaggebend für die weitere Therapie ist. Im Stadium IVa erfolgt eine radikale OP mit kurativer Absicht, im Stadium IVc steht die palliative Therapie an erster Stelle. 1. K. Shimaoka, D. A. Schoenfeld, W. D. DeWys, R. H. Creech and R. DeConti. A randomized trial of doxorubicin versus doxorubicin plus cisplatin in patients with advanced thyroid carcinoma. Cancer 1985; 56: 2155-60. 2. A. Machens, U. Schneyer, H. J. Holzhausen and H. Dralle. Prospects of remission in medullary thyroid carcinoma according to basal calcitonin level. J Clin Endocrinol Metab 2005; 90: 2029-34. 3. C. Guesgen, A. Willms, A. Zwad, S. Waldeck, H. Wieler and R. Schwab. Investigation of factors potentially influencing calcitonin levels in the screening and follow-up for medullary thyroid carcinoma: a cautionary note. BMC Clin Pathol 2013; 13: 27. 4. M. H. Rosove, P. F. Peddi and J. A. Glaspy. BRAF V600E inhibition in anaplastic thyroid cancer. N Engl J Med 2013; 368: 684-5. FOTO: SNYGGG - FOTOLIA Schilddrüsen­malignome aus. In der Regel handelt es sich um einen langsam wachsenden Tumor. Die 10-Jahres-Überlebensrate beträgt 40-99 Prozent, abhängig vom Metastasierungsgrad. In bis zu zehn Prozent liegen Symptome im Sinne einer Diarrhoe vor. Diagnostik Hier dient neben dem allgemeinen Vorgehen bei Schilddrüsenknoten (siehe oben) vor allem der Clacitonin-Spiegel als Richtwert für die stadienadaptierte Primärtherapie. Normale Calcitonin-Werte schließen ein medulläres Schilddrüsenkarzinom praktisch aus. Werte <10pg/ml sollten in drei Monaten erneut kontrolliert werden Bei Werten >10pg/ml sollte eine Penta­ gastrin-Stimulation durchgeführt werden. Alternativ, falls kein Pentagastrin verfügbar ist, kann ein Calcium-Stimulationstest angewendet werden. Bei stimulierten Werten >100pg/ml entscheidet man sich in der Regel für eine Thyreoidektomie2. Liegen die basalen Calcitonin-Werte bereits >20pg/ml kann auch ohne weitere Stimulation von einem medullären Schilddrüsenkarzinom ausgegangen werden, wenn andere Ursachen für die Hypercalcitonin­ämie ausgeschlossen sind. Andere Ursachen können zum Beispiel eine Niereninsuffizienz, eine Hypergastrinämie (PPIs), eine Hypercalci­ ämie, eine große Struma oder auch eine Autoimmunthyreopathie sein3. Präoperativ sollte unbedingt eine Diagnostik bezüglich eines Vorliegens eines Phäochromozytoms (vorher sanieren!) oder eines primären Hyperparathyreoidismus (intraoperativ mitsanieren!) erfolgen. Bei basalen Calcitonin-Spiegeln >100pg/ml sollte außerdem präoperativ ein Staging durchgeführt werden. Des Weiteren sollte bei jedem medullären Schilddrüsenkarzinom eine RETProto­onkogen-Mutationsanalyse erfolgen, idealerweise einhergehend mit einer humangenetischen Beratung. Arztadresse / Stempel Lernerfolg Interne Codierung FrauHerr Titel/akademischer Grad Barcode-Etikett (oder EFN-Nummer) Vor- und Nachname Straße cmi Institut für certifizierte medizinische Information und Fortbildung e. V. Alte Ziegelei 2 – 4 51491 Overath PLZ/Ort Praxis-Telefon-Fax E-Mail-Adresse Ich versichere, alle Fragen ohne fremde Hilfe beantwortet zu haben. Bitte ausgefüllt faxen an: 02204/9731-111 oder per Post zurücksenden. Datum/UnterschriftStempel bei Postversand bitte an der blauen Linie falzen Fragen zur strukturierten Fortbildung „Schilddrüsenerkrankungen“ Es ist immer nur eine Antwort richtig. Schicken oder faxen Sie bitte nur den ausgefüllten Fragenbogen an die oben genannte Adresse. Bei 7, 8, 9 oder 10 richtigen Antworten schicken wir Ihnen das Fortbildungszertifikat „Schilddrüsenerkrankungen“ mit 1cme-Punkt, welches Sie bitte an Ihre Kammer senden. 1. Welche Aussage zu Schilddrüsenknoten trifft zu? □□a) Jeder Schilddrüsenknoten ist benigne □□b)Heutzutage sind Schilddrüsenknoten sehr selten geworden □□c)Schilddrüsenknoten sollten immer einer operativen Therapie zugeführt werden □□d)Schilddrüsenknoten sind häufig gutartig □□e)Praktisch jeder Schilddrüsenknoten lässt sich durch die Gabe von Schilddrüsenhormonen verkleinern 2. Welche Aussage trifft nicht zu? Zur Basisdiagnostik bei Verdacht auf Schilddrüsenerkrankungen gehören □□a) die Erhebung einer gezielten Anamnese □□b)die klinische Untersuchung der Schilddrüse □□c)die Durchführung einer Schilddrüsensonographie □□d)die Bestimmung von TSH und fT4 □□e)die Durchführung eines MRT der Schilddrüse 3. Welche Schilddrüsenentzündung tritt in der Bevölkerung am häufigsten auf? □□a) Morbus Basedow □□b)Hashimoto Thyreoiditis □□c)Thyreoiditis de Quervain □□d)Schilddrüsenabszess □□e)die eisenharte Struma Riedel 4. Welche Aussage ist falsch? Welche Untersuchungen können zur Abklärung eines Schilddrüsenknotens herangezogen werden? □□a) Die Sonographie der Schilddrüse □□b)Technetium 99m Schilddrüsenszintigraphie □□c)MIBI-Szintigraphie □□d)die Feinnadelbiopsie □□e)MIBG-Szintigraphie ✃ 5. Welches Schilddrüsenmalignom hat die schlechteste Prognose? □□a) das papilläre Mikrokarzinom □□b)das follikuläre Schilddrüsenkarzinom □□c)das anaplastische Schilddrüsenkarzinom □□d)das medulläre Schilddrüsenkarzinom □□e)das Onkozytom der Schilddrüse 69 — der niedergelassene arzt 09/2015 Lernerfolgskontrolle gültig bis September 2016. Zur Zertifizierung eingereicht bei der Ärztekammer Westfalen-Lippe ✃ Lernerfolg zum Thema Schilddrüsenerkrankungen September 2015 6. Bei welchem Schilddrüsentumor bzw. welchem Stadium ist eine Hemithyreoidektomie ausreichend? □□a) beim follikulären Schilddrüsenkarzinom im Stadium III □□b)beim metastasierten papillären Schilddrüsenkarzinom □□c)beim papillären Mikrokarzinom □□d)beim medullären Schilddrüsenkarzinom □□e)beim papillären Schilddrüsenkarzinom bei einer Größe von 2 bis 2,5 cm 7. Welcher Untersuchungsbefund lenkt den Verdacht nicht auf einen malignen Prozess der Schilddrüse? □□a) sonographisch echoarmer Knoten □□b)schnelles Wachstum eines Schilddrüsenknotens □□c)Mikrokalk □□d)das Vorhandensein eines Halos □□e)die unscharfe Begrenzung eines Knotens 8. Welche Strategietherapie gehört nicht zur Therapie eines differenzierten Schilddrüsenkarzinoms oder dessen Rezidiv? □□a) Operative Maßnahmen □□b)Radiojodtherapie □□c)Strahlentherapie von Metastasen □□d)Redifferenzierungstherapie mit Retinolsäurederivaten □□e)Chemotherapie mit dem Folfox-6-Schema 9. Welche Aussage zu funktionellen Störungen der Schilddrüse trifft nicht zu? □□a) Eine latente Hyperthyreose zeichnet sich durch ein erniedrigtes TSH und normale periphere Schilddrüsenhormone aus. □□b)Bei einer Euthyreose ist charakteristischerweise das freie T4 erniedrigt. □□c)Eine latente Hypothyreose zeichnet sich durch ein erhöhtes TSH und normale periphere Schilddrüsenhormone aus. □□d)Eine manifeste Hyperthyreose zeichnet sich durch ein erniedrigtes TSH und erhöhte periphere Schilddrüsenhormone aus. □□e)Eine manifeste Hypothyreose zeichnet sich durch ein erhöhtes TSH und erniedrigte periphere Schilddrüsenhormone aus. 10.Die Bestimmung welches Tumormarkers kann bei bestimmten Schilddrüsentumoren sinnvoll sein? □□a) CA 19-9 □□b)Calcitonin □□c)AFP □□d)CA 125 □□e)HCG Strukturierte interaktive Fortbildung (Neutralitätserklärung des Autors liegt vor.) Bitte kreuzen Sie folgende Zahlen zur Bewertung an: 1=sehr gut, 2=gut, 3=befriedigend, 4=ausreichend, 5=mangelhaft, 6=ungenügend 1. Meine Erwartungen hinsichtlich der Lernziele und Inhalte des Fortbildungsbeitrags haben sich erfüllt. □ 1 □ 2 □ 3 □ 4 □ 5 □ 6 2. Die Bearbeitung des Fortbildungsbeitrags hat sich für mich gelohnt, weil ich etwas dazugelernt habe. □ 1 □ 2 □ 3 □ 4 □ 5 □ 6 3. Der Fortbildungsbeitrag hat Relevanz für meine praktische ärztliche Tätigkeit. □ 1 □ 2 □ 3 □ 4 □ 5 □ 6 4. Bitte beurteilen Sie die didaktische Aufbereitung und die Güte der präsentierten Inhalte des Fortbildungsbeitrags. □ 1 □ 2 □ 3 □ 4 □ 5 □ 6 5. Durch die Lernerfolgskontrolle wurde das erworbene Wissen in angemessener Weise abgefragt. □ 1 □ 2 □ 3 □ 4 □ 5 □ 6 6. Bitte beurteilen Sie, ob produkt- oder firmenbezogene Werbung den Inhalt des Fortbildungsbeitrags beeinflusst hat. □ Beeinflussung feststellbar □ Keine Beeinflussung feststellbar 7. Wie sind Sie auf diesen Fortbildungsbeitrag aufmerksam geworden? 8. Wieviel Zeit in Minuten haben Sie für die Bearbeitung des Fortbildungsbeitrags benötigt? □ bis 10 □ 11–20 □ 21–30 □ 31–40 □ 41–50 □ 51–60 □ über 61 9. Weitere Bemerkungen: 70 — der niedergelassene arzt 09/2015 cmi e.V. verpflichtet sich, die Bestimmungen des Bundesdatenschutz-Gesetzes einzuhalten.