06 Rosenduft und Geruchssinn_3_Layout 1 20.11.13 13:57 Seite 90 90 Rosenduft und Geruchssinn Den Rosenduft empfinden Das limbische System als Chefdirigent im Duftkonzert Das limbische System ist Sitz der Emotionen und der Heimatort des Lustzentrums. Es ist auch unser Informationsfilter. Die Komplexität und die vielfältigen Bestandteile des limbischen Systems – alles in Blau. B eim limbischen System handelt es sich um einen ringförmigen Bereich im Mittelhirn. Er ist aus einer ganzen Reihe miteinander verbundener NervenzellenHaufen zusammengesetzt. Das limbische System ist ein sehr alter Teil des Gehirns, der sich aus dem Riechhirn heraus entwickelt hat. Es erfüllt eine Vielfalt von Aufgaben, hat vielseitige Funktionen, ist wie ein Chefdirigent, der auch bei komplexen Konstellationen die Übersicht nicht verliert. Zudem spielt das limbische System eine Vielzahl von Rollen, die es zu kombinieren gilt. Auf einige besonders bedeutsame soll im Folgenden kurz hingewiesen werden. Das limbische System gilt als Sitz der Gefühle. Es reagiert auf das, was der Mensch erlebt; wählt aus, ob eine bestimmte Situation Angst und Aggression oder Freude und Begeisterung auslösen soll. Nun spielt das limbische System aber auch beim Wahrnehmen von Düften eine entscheidende Rolle. Das heißt, dass Düfte und Emotionen aufs Engste miteinander verbunden sind. Auch die Lust hat ihre Heimat im limbischen System. Lust wird ja weitgehend auch durch Düfte und Gerüche geweckt. In der Regel werden diese Ausdrücke unterschiedlich verwendet: Von Duft spricht man dann, wenn der Sinneseindruck als angenehm empfunden wird. Geruch aber steht häufig für eine unangenehme Wahrnehmung, ist also fast schon gleichbedeutend wie Gestank. Der Übergang von Duft und Geruch ist jedoch fließend. 06 Rosenduft und Geruchssinn_3_Layout 1 20.11.13 13:57 Seite 92 92 Rosenduft und Geruchssinn Den Rosenduft denken Wie das Großhirn uns zu Menschen und Rosenfreunden macht Das Großhirn ist der größte und meistentwickelte Teil des menschlichen Gehirns, das in eine linke und rechte Gehirnhälfte (Hemisphäre) geteilt ist. Die Großhirnrinde ist das Denkzentrum des Menschen Links: Ansicht von links-lateral. Rechts: Ansicht von medial. S o spontan der Riechvorgang ist, er dringt auch ins Bewusstsein, beschäftigt das Denken, bewegt zur Poesie. Kurz, der Duft der Rose hat nicht nur mit dem limbischen System, sondern auch mit dem Großhirn zu tun. Das Großhirn ist der größte Teil des menschlichen Gehirns; darum auch der meistentwickelte. Es ist zweigeteilt. Die beiden Gehirnhälften heißen Hemisphären. Das Wort stammt aus dem Griechischen, »hemisphairion« bedeutet »Halbkugel«. Den interessantesten Bereich des Gehirns bildet die stark gefaltete Großhirnrinde (Cortex und Neocortex). Cortex stammt aus dem Lateinischen und heißt »Rinde« oder »Hülle«. Dem Großhirn verdanken wir einen Großteil unseres Bewusstseins, unserer Sinnesleistungen, unserer Bewegungsfähigkeit, unseres Denk- und Vorstellungsvermögens sowie unsere einzigartigen sprachlichen Fähigkeiten. Diese – im wahrsten Sinne des Wortes – graue Masse erzeugt unsere Gedanken, ist der Sitz der Sprache. Sie kontrolliert fast alle Sinnesempfindungen. Was aber nicht vom Großhirn gesteuert oder kontrolliert wird, sind die willkürlichen Bewegungen sowie die Wahrnehmung von Düften und Gerüchen. Die Rinde des Großhirns ist zwar nur etwa 5 Millimeter dick. Sie enthält aber rund 75 Prozent der Nervenzellen, die sogenannten Neuronen. Insgesamt besteht das menschliche Gehirn aus hundert Milliarden dieser Neuronen; ausgeschrieben gibt dies eine Zahl mit elf Nullen: 100 000 000 000. _____ Unser Gehirn besteht aus 100 000 000 000 (hundert Milliarden) Neuronen, die 10 000 000 000 000 (zehn Billionen) Verbindungen haben! _____ 06 Rosenduft und Geruchssinn_3_Layout 1 20.11.13 13:57 Seite 95 Rosenduft und Geruchssinn 95 Den Rosenduft atmen Vom Geruchssinn und dem Riechhirn D och wie wird aus einem in der Luft schwebenden Duftmolekül eine Duftwahrnehmung? Wie gelangt das, was in der Luft des Rosengartens liegt, auch tatsächlich ins Gehirn des Rosenliebhabers? Dazu braucht es einen eigentlichen Mechanismus, den Geruchsmechanismus. Dieser beschreibt den Weg eines Duftmoleküls von der Nase durch die Riechbahnen und via Riechkolben (Teile des limbischen Systems) zum Riechhirn (das ein Teil des Großhirns ist). Der eigentliche Sitz unseres Geruchssinns sind zwei »Bezirke« der Nasenschleimhaut, beide 3 Quadratzentimeter groß. Im oberen Teil der Nasenhöhle sitzen auf dieser rund 6 Quadratzentimeter großen Fläche ungefähr 10 Millionen Riechzellen, Riech- neuronen oder Riechrezeptoren. Sie sind im nachstehenden Bild als Fasern der Riechzellen zu erkennen und weiß gekennzeichnet. Als Riechhirn werden üblicherweise alle alten Hirnteile bezeichnet, denen man früher vorwiegend olfaktorische Affinitäten zuschrieb und in denen der Geruchssinn und Riechmechanismus lokalisiert werden. Bedeutsam ist, dass im Riechhirn auch Steuerungs-Mechanismen liegen. Das Riechhirn ist eine Art Kapitän, der die Wahrnehmung durch ein Meer von Emotionen, Erinnerungen, Informationsselektion, Inspiration, Intuition, Kreativität, Motivation, Sympathie, Antipathie und Sexualität steuert. Nicht erstaunlich, dass sich Kapitän Riechhirn im Rosengarten besonders gern aufhält. Wesentliche Bestandteile des Riechhirns sind Riechzellen, Riechbahnen oder Riechstrang, Riechepithel, Riechkolben, Riechlappen und Riechoder Geruchsnerven. Corpus callosum Riechbahnen Riechkolben Nervenfasern, die von der Nasenhöhle zum Gehirn ziehen Hippocampus Das Riechhirn und das limbische System.