wenke◼net 1/3 — 02.11.11 «limbic media» Ich fühle, also denke ich Medien sind Partner des „limbischen Systems“ im Hirn Keinen größeren Blödsinn kann man über Menschen reden als, sie seien „vernünftig, logisch, rational“. Wenn sie eins nicht sind, dann genau das. Menschen waren, sind, bleiben emotional. Das Zentrum unseres Gehirns wird präsentiert durch das limbische System, als der Vermittlung und Schaltstelle zwischen elementaren Vitalfunktionen (in etwa: Stammhirn) und dem „Denkapparat“, zu dem im übrigen auch die Verarbeitung von Sinneseindrücken gehört („Großhirn“). Es ist prägend und verantwortlich für Gefühle. Die Funktion des limbischen Systems (symbolisiert dargestellt) grau = Großhirn, übrige Hirnareale rot = limisches System gelb = Stammhirn grün = Körper Das limbische System bildet und steuert Emotionen. Daraus leiten sich Phänomene ab wie „Trieb“ (oder auch „Instinkt“) und „Motivation“ (Sinngebung). Es ist die Schaltstelle für Beurteilungen und zugleich „Steuerstand“ für „primäres Verhalten“: Essen, Trinken, Sex, Kampf/Verteidigung, Sozialverhalten. Es regelt sozusagen das „am Leben bleiben“ und das Überleben inklusive der eigenen Reproduktion. Generelle Funktionen Das limbische System besteht aus verschiedenen deutlich differenzierten „Spezial-Abteilungen“. Die wichtigsten: ERINNERN ‣ Hippocampus Er wird oft als „Zentrale des Bewusstseins“ bezeichnet. Er bildet Gedächtnis, seine wichtigste Funktionen sind die Bearbeitung der Sinneseindrücke, darin eingeschlossen, manche gleich wieder zu vergessen und andere in Erinnerung zu halten (also Verschaltungen im Gehirn anzuregen). Mit den Funktionen des Hippocampus eng verwoben das Fornix („Gewölbe“), an der Gedächtnisbildung beteiligt durch Ausschüttung diese fördernde Botenstoffe. FÜHLEN ‣ Mandelkern (Amygdala) Seine Aufgabe ist, „Richter“ zu sein, indem hier Bewertungen vorgenommen werden (es ist die verkörperte „innere Einstellung“), es ist die „Zentrale der Individualität“. Damit auch der Freude und Angst/Furcht, also Optimismus und Pessimismus. AKTIVIEREN ‣ Gürtel (Gürtelwindung, Gyrus Cinguli) Vermittlungs und „Übersetzungs“Station zwischen den beiden Gehirnhälften und damit gleichzeitig auch zwischen Kreativität und Aktivität. Daneben gibt es eine Reihe von spezifischen Bereichen und hochkomplexen Funktionen (z. B. Mamillarkörper), die als Schalt- und Übersetzungs- wenke◼net 2/3 — 02.11.11 Funktion Körperfunktionen, Sinneswahrnehmungen und Gehirnleistungen verbinden bzw. ermöglichen. Wichtig ist und bleibt jedoch die Tatsache, dass die Verbindung von „außen“ (via Körper und die Sinneskanäle) und „innen“ („Denkerstübchen“) über ein Zentrum läuft, das ‣ Gefühle regelt, ‣ Erinnerungen schafft, ‣ Bewertungen vornimmt — und zwar eindeutig im nichtsteuerbaren Unterbewusstsein. „Bauchhirn“, „Innere Stimme“ Das limbische System ist das, was wir oft sehr nebulös als „Ahnung“ oder „Ur-Instinkt“, aber auch „Bauernschläue“ zu beschreiben versuchen. Wenn jemand „aus dem Bauch heraus“ entscheidet, dann sicherlich nicht, wie manch verwegene Interpretatoren behaupten, das Gedärm eine Art zweites Hirn ist. Das limbische System sitzt dagegen sehr wohl „im Bauch des Gehirns“, also eingebettet, bildet die Mitte. Und es ist eben eine Mischung aus Reflex (was man auch als „archaisch“, „von Geburt an mitgegeben“, „in den Genen liegend“ übersetzen kann) und willkürlich-bewussten Verhaltens-Profil als Repräsentanz der Individualität. Mit einem Wort: Das limbische System charakterisiert, formt, „inszeniert“ die Persönlichkeit. An diese Instanz muss man sich beim „persönlichen Gespräch“, in der „1:1-Kommunikation“ wenden. Medien müssen „limbisch“ sein Medien – Print, Elektronik, Text, Bild, Grafik — haben ganz generell eine klar definierbare Aufgabe; diese leitet sich aus dem Begriff selbst ab. Medium = Vermittler; das, was dazwischen ist, „beiden Seiten dient“. Medien sind Boten, Überbringer, Transporteure. Ihr Transportgut: Ideen, Informationen, Ideale, Ideologien — und, hat es den Anschein, leider auch immer öfter pure Idiotie. Doch genau das, die Definition, was „Sinn macht“ und eben nicht, ist nicht subjektiv (neutral, sozusagen faktisch), es ist immer objektiv, auf eine einzelne Person und ihre Meinung/Einstellung, ihr Wissen und die Vorkenntnisse bezogen, – und damit argumentativ, apellierend. Die Funktionen des limbischen Systems erklären, warum Medien niemals bei allen Menschen (Nutzern, Lesern, Hörer, Zuschauern) gleiches auslösen und bewirken können. Warum ein und dieselbe Botschaft oder Information bei verschiedenen Menschen ganz unterschiedliche, nicht selten entgegengesetzte Reaktionen auslösen können. Oder, warum die einen „etwas damit anfangen können“ und andere eben nicht. Selbstverständlich sind daran auch noch andere Gehirnprozesse, vor allem in der Großhirnrinde beteiligt. Aber diese sind sozusagen nachgelagerte Funktionen. Ihren Input bekommen sie und die Nutzung ihrer Kapazitäten und Fähigkeiten wird eben signifikant mitgesteuert über die permanenten Emotionen, Gefühle, die ihren Ursprung im limbischen System haben. Medien müssen „limbisch“ sein — gefühlsbetont. Je mehr sie ärgern oder erfreuen, je stärken sie Bewertungen fordern, je kontrastreicher zur sicheren Ebene der Gewohnheiten und bequemen „Geht mich nichts an“-Ebene stehen, je verblüffender ihre Form (Desing) oder Inhalte (Content) sind, desto intensiver werden Reaktionen im limbischen System eine individuelle und ein- 3/3 — 02.11.11 wenke◼net deutige Reaktion erzeugen. Werden sie abgelehnt und sofort vergessen oder „graben sich tief ins Gedächtnis ein“. „Wühlen auf“ oder „werden durchgewunken“. Sind beim nächsten Mal „Alarmglocke“ oder der Speichelfluss-Reflex wie bei den Pavlowschen Hunden: da „läuft einem das Wasser im Mund zusammen“, wenn man nur daran denkt oder das Futter sieht.